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16. Februar 2023 – Ausgabe 8

 

Leserbriefe zu „Der Weltuntergang fällt aus“ von Jochen Bittner

 

Warum schreiben Sie „Klimakrise“ in der Überschrift, wenn im Text von einer globalen Katastrophe die Rede ist? Warum behaupten Sie, dass der Weltuntergang ausfällt, wenn am Ende des Artikels herauskommt, dass dies alles andere als sicher ist? Diese Woche warnt die UN vor „Massensterben biblischen Ausmaßes“. Rekord-Waldbrände, Rekord-Dürren, Rekord-Fluten und dazu das Artensterben. Aufmachung und Ton ihres Artikels klingt wie: „Hoch die Tassen, so schlimm wird es nicht, wir alle können so weitermachen wie bisher“.

Dabei basiert der Inhalt ihres Artikels auf sozialen Kipp-Punkten, also darauf, dass Menschen nach grünem Strom fragen, weniger Fliegen, Fleisch essen, usw. Vor allem reiche Menschen, die überwiegende Zahl Ihrer Leser*innen, müssen schnell ihren Beitrag dazu leisten. Wollen Sie denen ein gutes Gewissen verschaffen? Ist das das Ziel Ihres Artikels? Führen Sie Ihre Leserschaft nicht genau davon weg, was Sie in der Überschrift überschwänglich bejubeln? https://at.scientists4future.org/2021/12/02/die-reichen-und-das-klima, https://www.sueddeutsche.de/wissen/klimawandel-fridays-for-future-kipppunkte-klimaschutz-1.5743205?reduced=true

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0959378020307779?via%3Dihubhttps://www.eurocontrol.int/publication/eurocontrol-data-snapshot-co2-emissions-flight-distance. Gerade wegen solcher Artikel erkennen wir noch zu wenig, dass wir mit der Natur leben müssen, sie fördern und zum Erblühen bringen müssen, um ein gutes Leben zu haben. Billigfleisch, Autotrassen, Fliegen und Luxus sind nichts, wenn es uns an frischer Luft, sauberem Wasser, naher Zugang zu erholsamer Natur und ausreichend gesundem Essen für alle mangelt. Aber uns fehlt die Sprache dazu. Warum? Weil die Zeit über „Klimakrise und Klimawandel“ schreibt, als ob es etwas freibleibendes und neutrales ist, was uns was angehen kann, aber nicht muss. Dabei sind wir schon mitten in einer Katastrophe und das, was gerade real in der Natur und in der Politik passiert, können wir nur als „Katastrophe“ bewerten und so benennen.

Dabei macht sich „Die Zeit“ viel zu oft zum Brandstifter der Arten- und Klimakatastrophe durch werbende Artikel für Zeit-Kreuzfahrt- und Flugreisen, Luxus, Fast-Fashion, SUVs etc. Oder sie stellt sich als Biedermann, wie mit Ihrem Artikel, neutral auf, indem sie kritisch über die Arten- und Klimakatastrophe berichtet. Mit diesem sowohl als auch folgt sie zu sehr HJ Friedrichs Forderung: „sich ja nicht mit einer Sache gemein zu machen, auch nicht mit einer guten“. Dabei verrät sie ihre eigenen und die Interessen unserer Kinder.

Vermutlich dreht sich HJ Friedrichs jedesmal im Grabe, wenn in seinem Namen die Arten- und Klimakatastrophe geradezu befeuert oder verharmlost wird. Denn als Kind des Nationalsozialismus wusste er, dass angesichts einmaliger Vorgänge ganz besonders gilt: „Wer versucht, unpolitisch zu sein, ist politisch ohne es zu wollen“, (Rosa Luxemburg). Vielen Dank, dass Sie mit diesem Heft ein bisschen Haltung bewiesen und Stellung bezogen haben.

Die Zeit hat den Anspruch, Ihren Lesern zu dienen, sie zu warnen und möglichst vollumfänglich aufzuklären. Aber leider verschleiert sie oft den Ernst der Arten- und Klimakatastrophe bzw. fördert einen unrealistischen Blick auf die Wirklichkeit. Denn sie wirbt für schädlichen Luxus und die verschwenderische Nutzung fossiler Energie, während alle Klimawissenschaftler, die EU und die UNO auf einen sofortigen Ausstieg drängen. Ich weis, die Zeit muss zündeln, um wirtschaftlich zu sein. Aber wenn Sie weiterhin Biedermann und Brandstifter zugleich spielen, verlieren sie und damit auch ihre Journalisten den Kern ihrer eigenen Identität. Ich hoffe, Sie finden bald den Mut unserer Gesellschaft auf der von Ihnen und von HJ Friedrichs angestrebten verantwortungsvollen Weise zu dienen. – Klaus Siersch

 

Ich habe mich sehr über die aktuelle Ausgabe geärgert. Das Interview mit Olena Selenska unter ‚Unterhaltung‘ zu veröffentlichen ist geschmacklos und respektlos. Sie werden doch wohl doch verstehen, dass das in dem aktuellen Kontext nicht angebracht ist? Dazu gleich zwei Beschwichtigungs Artikel, zuerst Jan Ross mit ‚die israelische Regierung nimmt Widerstand gegen ihre demokratiefeindlichen Vorhaben zur Kenntnis, alles okay also‘. Aha, dankeschön für diese gut durchdachte und weitsichtige Argumentation.

Dann Jochen Bittner mit ‚es ist nicht zu 100% sicher dass das schlimmste Klimaereignis eintritt, alles okay also‘. Lieber Herr Bittner, so kann man gut reden wenn man selbst die echten Auswirkungen nicht mehr erleben wird, und man bis dahin bitteschön noch alle bisherigen Privilegien ohne schlechtes Gewissen behalten will. Die Zeit bewegt sich leider in Richtung Entertainment. Vereinzelt gibt es noch sehr gute Artikel, aber insgesamt macht mir die Richtung der Zeitung große Sorgen. Immer mehr Fluff Artikel, immer weniger sorgfältige Recherche. Ich würde ja gerne wechseln, nur, wohin? Ein Dilemma. – Jakob Linke

 

Nicht dieser Reduktionismus. Ich frage mich, was dieser Artikel bezwecken soll. Es entsteht der Eindruck, dass es nur darum geht, die Aktivitäten der Klimaaktivisten zu entwerten: Die jungen Leute haben keine Ahnung, sie übertreiben, so einfach ist das. Die Argumentationen in dem Artikel sind insgesamt genauso subjektiv wie es den jungen Menschen unterstellt wird.

Wir sollten endlich begreifen, dass wir als Menschen nie in der Lage sein werden, die Welt wirklich so komplex deuten zu können wie wir immer denken, dass wir das könnten. Entsprechend wäre es zwingend, mit der gehörigen Bescheidenheit unsere Abschätzungen zur Entwicklung zukünftiger Prozesse zu treffen. Denn sie werden immer extrem unterkomplex sein. Die Ängste vor der Zukunft resultieren doch aus der Summe all dessen, was wir seit vielen Jahren immer mehr erfahren.

Und auch das ist nur ein Ausschnitt und nicht das Ende der Erkenntnis. Es geht nicht allein um die Frage, ob oder wann es zu einem Kipppunkt für das Klima kommt, die unsere Überlebensfähigkeit bedroht. Wenn wir uns nur die Weisheit aneignen, das alles mit allem zusammenhängt und dann anfangen, die negativen Trends unserer existenziellen Rahmenbedingungen aufzulisten, kann die Angst der jungen Generation vor ihrer Zukunft und der ihrer Kinder sehr wohl verstanden werden. Und dann müssten wir alle sofort aktiv werden. Ich fange nur mal grob an, die weltweiten Trends zusammen zu tragen:

Vergiftung und Auslaugung der Agrarböden, ungebremste Reduzierung der naturbelassenen Flächen weltweit, Temperaturerhöhungen mit dem Effekt zunehmend ausgedörrter Böden, Vermüllung und Vergiftung durch wachsende Menge überflüssiger nicht abbaubarer Produkte aller Art, Vergiftung von Gewässern bei insgesamt sinkenden Süßwassermengen, massive Abholzung ohne ausreichende Aufforstung, Vertrocknung nachgepflanzter Jungbäume, langsames Nachwachsen überlebender Jungbäume ohne vorerst positiven Klimaeffekt, Vergiftung und Vermüllung der Meere, Artensterben biblischen Ausmaßes auf den offenen Flächen, in den Wäldern, in den Flüssen, in den Bergen, in den Ozeanen (das sogenannte 6. Massensterben), Ausbeutung aller verfügbaren seltenen Rohstoffe für unsere Supertechnik bis sie dann auch zur Neige gehen, Ausbreitung von Zoonosen und wachsende Gefahren weiterer Pandemien usw. usw. Das und vieles mehr unterminiert unsere Lebensgrundlagen.

Parallel wächst die Bevölkerung weltweit vorläufig weiter. Und was heißt Wachstum unserer Wirtschaft nach wie vor? Ob grün oder braun? Es heißt, immer neue Produkte, vor allem neu und profitabel, altes muss weg, neues her…mit aggressiver aufwändiger Werbung, und viel sinnloser Überproduktion und absolut ungerechter Verteilung. Hauptsache Wachstum. Das vor allem ist Kapitalismus. Mögen grüne Energien irgendwann profitabler sein als fossile Energien, damit ist nichts gerettet, nichts! – Dr. C. Lange-Krüger

 

No day for future. Geht ruhig nach Hause, Kinder, beruhigt euch, es wird schon nicht so schlimm mit dem Klima, wir Kapitalisten regeln es schon! Es mag sein, dass die Lage, urteilt man durch die CO2-Brille, nicht so schlimm geworden ist, wie es einige befürchtet haben. Allerdings sind die Emissionen nur eine der vielen Umweltsünden, die zur Katastrophe führen können. Einer der größten europäischen Klimasünder des letzten Jahres dürfte der Krieg in der Ukraine gewesen sein. Er ist nicht nur eine menschliche, sondern auch eine Umweltkatastrophe.

So viel ich weiß, werden die direkten Emissionen in der Statistik nicht ernsthaft berücksichtigt, obwohl sie bekanntermaßen absolut enorm sind, ob durch die Fahrzeuge oder durch die Explosionen verursacht. Die Zerstörung unzähliger Gebäude und allerlei Infrastruktur, Straßen, Brücken, Tunnels, Speicher, etc., die voraussichtlich nicht besonders ökologisch wieder aufgebaut werden können, ist schlimm genug. Dazu kommen Spätfolgen, die großflächige Verseuchung fruchtbarer Flächen – die Ukraine war immerhin einer der wichtigsten Getreideproduzenten der Welt – deren Ausmaß noch kein Mensch ermessen kann.

Ich würde gern optimistisch sein und angenehme Nachrichten verbreiten. In der aktuellen Situation finde ich es fatal, Entwarnung zu geben. Aber in einem Punkt hat Jochen Bittner recht: Der Kapitalismus kommt mit allen Elementen in allen Lagen zurecht, CO2, Wasser, Wind, Sonne, Atom, Krieg, egal, so lange der Gewinn stimmt und Wachstum zu verzeichnen ist, kommt er bestens klar. – Alain Sourrouille

 

Man möchte Jochen Bittner in allen Punkten allzu gern zustimmen – doch sein Optimismus trifft auf eine andersartige Wirklichkeit. Die Notwendigkeit einer Dekarbonisierung wird zwar nur noch von einer (finanzstarken) Minderheit in Frage gestellt, doch der zitierte „soziale Kipppunkt“, der konsequentes Handeln erzwingt, ist noch in weiter Ferne. Die fossilen Energieträger erleben zur Zeit eine Renaissance: Big Oil fährt Riesengewinne ein, der Ruf nach „sauberem“ Fracking in Deuschland wird immer lauter, auch in der ZEIT. Ingo Malcher hält die Erneuerbaren für überschätzt und warnt eindringlich vor einer „Dunkelflaute“.

Zaghafte Ansätze einer Verkehrswende werden in Kulturkampfmanier erstickt und vom Wähler abgestraft – Berlin lässt grüßen. Eine weitreichende Abkehr von Investments in das „flüssige Gold“ ist noch Zukunftsmusik, viele Ökofonds entpuppen sich als Mogelpackungen, die PR-Abteilungen beherrschen das „Greenwashing“ dennoch nach wie vor perfekt. Notwendiges staatliches Handeln, das die Macht der Fossil-Lobbyisten beschränkt und regenerative Energien subventioniert, bis diese ihre Preisvorteile ausspielen können, wird allzu oft als Ökosozialismus diffamiert. Das Gerede von einer drohenden Apokalypse ist unverantwortlich und kontraproduktiv – insoweit ist dem Verfasser zuzustimmen: es zielt auf eine abrupte sozial-ökologische Wende, bewirkt aber genau das Gegenteil, ein trotziges oder resignatives Weiter-so.

Jochen Bittner relativiert allerdings die Folgen der Erderwärmung auf unzulässige Weise, wenn er sie vor dem Hintergrund der (selbst als unwahrscheinlich erkannten) Apokalypse betrachtet. Regionale Kipppunkte sind nicht nur für die unmittelbar betroffene Bevölkerung katastrophal, sondern haben darüber hinaus globale Auswirkungen: sie entwurzeln Menschen, verursachen Flüchtlingsströme, verschärfen die Ernährungslage; ob sie nicht sogar einen physikalischen Dominoeffekt auslösen, ist alles andere als ausgemacht. – Rüdiger Paul

 

Was Jochen Bittner nicht sagt: Ein „Weltuntergang“ droht (oder drohte) nicht nur wegen Erderwärmung. Unser Kapitalismus baut auf Wachstum und der Produktion immer mehr Güter — auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen. – John Stevens

 

Auch ich bin Optimist und klebe weder auf Asphalt noch an Untergangsszenarien. Aber wie mit den Aussagen „es gibt keinerlei Grund zur Entwarnung“, „der globale CO2-Ausstoß nimmt noch immer zu“, „die Höhe der Emissionen legt nahe, dass die Erwärmung bis zum Jahr 2100 mindestens 2 Grad betragen wird“ etc. und den durchweg pessimistischen Zitaten der Soziologin Anita Engels die Meinung begründet werden kann, „die Gründe für Untergangsstimmung…schwinden Tag für Tag“ – das kann ich nicht verstehen.

Probleme wie das Artensterben und die weltweite Vernichtung der Natur werden ja gar nicht angesprochen. Mir scheint, der Autor hat („abends an der Bar“?) etwas zu viel Optimismus getankt. Oder wurde der Text doch von einer KI verfassst? Jedenfalls halte ich es für gefährlich unrealistisch, die ganze Hoffnung auf die Mechanismen des Kapitalismus zu setzen. – Hans Werner Götz

 

Der Weltuntergang fällt aus. Na da können wir uns ja wieder hinlegen oder !? Aus naturwissenschaftlicher Sicht enthält der Artikel von Herr Bittner jedoch einige gravierende und weit verbreitete Irrtümer. 1. Die Welt wird in der Tat nicht untergehen. Darum ging es auch nie. Dieser Kampfbegriff wurde von den Medien in die Diskussion eingeführt um die berechtigten Sorgen aufgeklärter Klimaschützer ins Lächerliche zu ziehen.

Es geht vielmehr darum, dass wir durch unser Handeln gemäß einer Studie aus dem Jahre 2019 eine Welt erschaffen, in der spätestens im Jahre 2050 35 Prozent der weltweiten Landfläche und 55 Prozent der Weltbevölkerung an mehr als 20 Tagen im Jahr tödlichen Hitzebedingungen ausgesetzt sein werden, die die Überlebensfähigkeit des Menschen übersteigen. 2. Alle Indikatoren der fossilen Energienutzung die eigentlich schon seit Jahren sinken müssten, um das oben skizzierte Szenario zumindest abzumildern zeigen nach wie vor nach oben.

Dazu zählen u.a. neu projektierte Gas-, Öl- und Kohlekraftwerke, neu abgeschlossene langfristige Lieferverträge für Gas uns Öl, die Zahl der Verbrenner Kfz weltweit, der weltweite Konsum, die Fläche der abgeholzten Wälder und der trocken gelegten Moore und nicht zuletzt der Energiehunger aufstrebender Länder. 3. Der im Artikel adressierte Stromsektor macht nur einen Bruchteil der Treibhausgasemissionen aus. Der größte Anteil entfällt auf Wärmeerzeugung, Verkehr, Konsum und Industrie.

Auch hier zeigen alle Indikatoren gemäß IEA nach oben, was deutlich macht, dass eine Trendumkehr ein Wunschtraum ist. 4. Das System Treibhausgasemissionen/Klimaerwärmung ist träge. Was wir jetzt und in naher Zukunft sehen, geht auf Folgen unseres Handelns in den letzten Jahrzehnten zurück. Der jetzt noch stattfindende, deutliche Anstieg der Treibhausgasemissionen wirkt sich erst in einigen Jahrzehnten aus. Das bedeutet wir sind jetzt schon auf eine Pfad zum oben skizzierten Szenario. 5. Der Kapitalismus „belohnt“ in der Tat die Investitionen, die den größten Profit versprechen. Das sind aber nicht, oder eher durch Zufall, die notwendigen und sinnvollen Investitionen.

Eine Umlenkung von Investorengeldern in den Bereich der erneuerbaren Energien wird der Logik des Kapitalismus folgend zu einem Druck zu immer höheren Energieverbräuchen führen um die Renditen der Windräder und Solarfarmen zu erzielen. Ein stetiges Wachstum der Anzahl der Windräder und Solarpaneele wie es der Kapitalismus verlangt, ist aber aufgrund der nicht vorhandenen Flächen nicht möglich. In der Tat wird das Gegenteil von Wachstum benötigt, um unsere Klimaproblematik zu lösen, nämlich die drastische Rückführung unseres weltweiten Energiehungers. 6. Der Kapitalismus verführt zum Überkonsum und braucht zu seinem Überleben die immer schnellere Ausbeutung von Ressourcen.

Ein Beispiel ist die Textilindustrie, die durch Fast Fashion mit einem Anteil von 10 % an der weltweiten Umweltverschmutzung der zweitgrößte industrielle Umweltverschmutzer ist und damit vor den Emissionen des Flugverkehrs liegt. Eine Trendumkehr ist aus der Logik von immerwährendem Wachstum heraus nicht zu erwarten. Diese Liste ließe sich sehr weit fortführen. Trotz einiger positiver Ansätze sind die jetzt anlaufenden Veränderungen zu zaghaft und zu spät. Die Gründe für Zukunfts-Besorgnis wachsen mit anderen Worten jeden Tag ungebremst. – Dr. rer. nat. Roger Dietrich

 

Natürlich verwechselt Herr Bittner da etwas, der Weltuntergang stand nie zur Debatte. Die Frage ist lediglich, ob die menschliche Zivilisation in der jetzigen Art fortbestehen wird oder sich dramatisch verändern wird wegen anstehender Hungersnöte, Überschwemmungen etc. durch den Klimawandel. Die Sicht auf dieses singuläre Ereignis im Artikel ist dann leider doch sehr eingeschränkt. Im Artikel wird nur der Klimawandel – andere Umweltprobleme wie Plastikmüll, Artensterben etc. – problematisiert und im Bereich Klimawandel nur die Energieerzeugung, die nur für ein Drittel des CO2-Ausstosses verantwortlich ist.

Das ist leider, wie gesagt, eine sehr eingeschränkte Sicht auf die Umweltproblematiken und selbst in dem einen Bereich Klimawandel kein Deal-Breaker. Bekommen wir die CO2-Emissionen im Bereich Energieerzeugung wirklich in den Griff, wonach es tatsächlich nicht aussieht, bedeutet das noch lange nicht, eine erfolgreiche Bekämpfung des Klimawandels, denn für zwei Drittel der CO2-Emissionen sind ganz andere Bereiche verantwortlich. Über die unsinnige und nicht nachhaltige Grundstromlasterzeugung mit angeblich klimafreundlichem Wasserstoff könnte ich Ihnen jetzt noch einen ganzen Vortrag halten, der aber den Rahmen dieses Leserbriefes sprengen würde. – Volker v. Moers

 

Als langjähriger Leiter der Stadtwerke Aachen und der Stadtwerke Saarbrücken habe ich umfangreiche Expertise in den Bereichen Energieversorgung und Klimawandel erworben. Vor diesem Hintergrund hat mich der o.g. Artikel erschüttert und ich wäre für die Veröffentlichung des nachstehenden Leserbriefes dankbar.

Jochen Bittner führt in seinem Artikel „Der Weltuntergang findet nicht statt“ an vielen Stellen die harten und wissenschaftlich untermauerten Fakten an, die absehbar zu einer katastrophalen Erdüberhitzung führen werden. Dem setzt er eigene Vermutungen und Möglichkeiten gegenüber, dass aufgrund der Triebkraft des Kapitalismus bei Verbilligung der Erneuerbaren Energien die CO2-Verminderung doch schneller gehen könnte als bisher vermutet. Er lässt dabei völlig außer Acht, dass in eben diesem gelobten Kapitalismus die Lobby der fossilen Energien seit fünf Jahrzehnten erfolgreich eine wirksame Hinwendung zu einer echten Energiewende verhindert.

Damit stehen sich zwei Aussagen gegenüber: 1. Die Aussage von etwa 97% der Wissenschaft, dass Milliarden von Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einer Entwicklung der Durchschnittstemperatur, die derzeit auf einen Wert von mindestens 3 Grad hinausläuft, auf eine todbringende Situation zusteuern. 2. Die Spekulationen von Herrn Bittner, dass infolge sinkender Preise für Erneuerbare Energien und später auch der Verfahren, die eine Entfernung von CO2 aus der Luft ermöglichen, die Erwärmung möglicherweise doch nicht so schlimm werden müsste.

Aus der Gegenüberstellung dieser beiden Perspektiven jetzt den stringenten Schluss der Überschrift „Der Weltuntergang findet nicht statt“ zu ziehen, ist eine Verhöhnung der zunehmenden Zahl von meist jüngeren Aktivisten, die die Weltöffentlichkeit auf die drohende Klimakatastrophe aufmerksam machen wollen. – Dr.-Ing. Dieter Attig

 

Bittner schreibt selbst: Das 1,5-Grad-Ziel wird voraussichtlich verfehlt. Ob zuerst die fossile Wirtschaft oder das Klima kippt, ist „noch nicht entschieden“, zitiert er Rahmstorf. Der Klimaforscher warnt in „3 Grad mehr“ (2022) unter anderem: Irgendwo zwischen 1 und 3 Grad werde das Eis auf Grönland „komplett abschmelzen, auch ohne weitere Erderwärmung“. Der daraus folgende Meeresspiegel-Anstieg um 7 Meter wäre „über menschliche Zeiträume unumkehrbar“, unter den katastrophalen Folgen leiden müssten „unzählige Generationen nach uns“. Und was schreibt Wallace-Wells in dem NYT-Artikel, auf den sich Bittner beruft? Wahrscheinlich werden wir die 2 Grad überschreiten, die Folge wäre „endloses Leid“. Dass unsere Regierung nicht diesem Notstand entsprechend handelt: Das ist es, wogegen die „Letzte Generation vor den Kipppunkten“ aufbegehrt. Was ist daran falsch? – Gregor Bauer

 

Optimismus ist also angesagt laut Jochen Bittner. Erklärt er das auch denjenigen, deren Häuser zur Zeit in Neuseeland unter den Fluten verschwinden? Hat er sich in die 50-Grad-Hitze in Pakistan und Indien im letzten Sommer gewagt, hat er den somalischen Familien, deren Kinder nach mehreren ausgefallenen Regenzeiten an Hunger sterben, erklärt, dass der Weltuntergang ausfällt? Die Klimaforscher sind sehr klar: solche Katastrophen werden jedes Jahr weltweit häufiger und schlimmer, während in Deutschland behauptet wird, das beste Mittel gegen die Erhitzung sei der Bau neuer Autobahnen. Beinahe jeder Effizienzfortschritt hierzulande wird vom Rebound-Effekt aufgefressen: während Motoren sparsamer werden,stoßen mehr und schwerere Autos gleich viele Treibhausgase aus. – Mechthild Dierlamm-Harth

 

Man wird den Eindruck nicht los, Sie hätten in der Redaktion Streichhölzer gezogen und Herr Bittner hat verloren: Es muss mal wieder ein klimakritischer Artikel her, sonst wirkt die Zeit viel zu links-grün. Jetzt aber kommt der liberale Anstrich: Habt keine Angst, der Markt wird alles richten! Wie auf einer Wippe entscheidet sich unser Schicksal, denn die entscheidende Frage laute ja „Was kippt zuerst, die fossile Wirtschaft oder das Klima?“ Und das bestätige auch der Klimaforscher Ramstorf ebenso, wie die Tatsache, dass wir noch viel mehr Zeit hätten und die letzte Generation das nicht verstehe. Nichts davon ist von Herrn Ramstorf zu lesen, sondern das genaue Gegenteil:

„Neu ist, dass wir sofort handeln müssen, um unsere Emissionen bis 2030 zu halbieren.“ Und dieses Warten auf die technischen Lösungen (die auch seiner Ansicht selbstverständlich vorangetrieben werden müssen) ist für ihn eine der größten Gefahren. Überhaupt diese letzte Generation, die den „Weltuntergang vorhersagt“ (tut sie nicht, die Welt wird nicht untergehen, unsere Zivilisation ist gefährdet), den Kapitalismus als das entscheidende, abzuschaffende Problem beim Klimawandel anprangert (tut sie definitiv nicht), sich dabei irrt, wenn sie behauptet bei 1,5 Grad Erwärmung bräche plötzlich die Katastrophe aus (tut sie absolut nicht).

Ich werfe Herrn Bittner nicht meinerseits Unkenntnis vor, wie er es fälschlich mit der letzten Generation macht, aber sein Artikel ist gefährlich dumm. Er zählt selbst mehrere „regionale“ Kipppunkte auf (wie regional ist eigentlich der Meeresspiegelanstieg?), die hochwahrscheinlich eintreten, aber doch keinen großen Kipppunkt für das Weltklima auslösten. Ach so, weitere Verwüstungen durch Naturkatastrophen, und Dürren, Ernteausfälle, Überschwemmungen von ganzen Küstenlandstrichen und Inselgruppen, große Flüchtlingsströme, eingeschleppte Krankheiten, massiv beschleunigtes Artenstreben – einen Schnaps drauf, das sind ja nur regionale Ereignisse, die können wir doch wirklich in der Hängematte – natürlich auf dem Kreuzfahrtschiff – beobachten, während der Markt uns vor allem weiteren bewahren wird. Wir haben ja noch so viel Zeit!

Wir haben den höchsten Kohlendioxidausstoß aller Zeiten und dieses Gas sammelt sich für viele Hundert Jahre in der Atmosphäre an. Wenn wir in diesem Moment jeden Ausstoß abschalten, würden wir uns noch immer lange in der Klimaerwärmung befinden. Eine nennenswerte Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre ist nicht in Sicht, aber wir sollen voller Zuversicht auf sie warten. „Die Gründe für Untergangsstimmung schwinden Tag für Tag.“ Herr Bittner, was genau ist in Sie gefahren? – Ulli Wagner

 

Über Ihre Überschrift werden sich viele Menschen gefreut haben, denen der nötige Wandel zu anstrengend scheint und die lieber am Status Quo festhalten. Statt darüber zu philosophieren, wie schlimm es wirklich wird bei 2, 3 oder 5°C durchschnittlicher Erwärmung, sollten wir Risikovorsorge betreiben, indem wir uns so sehr bemühen, wie es uns möglich scheint. Was wäre denn das Risiko von einem etwas zu hohem Engagement? Zumal viele der nötigen Veränderungen auch die Lebensqualität und die Resilienz unserer Gesellschaft verbessern würden. Solange wir in Deutschland nicht einmal in der Lage sind, die niedrig hängenden Früchte (z.B. bei der Verkehrswende) zu ernten oder eine solide Infrastruktur (Digitalisierung, Verkehr, Gesundheitsversorgung) sicherzustellen, scheint mir Ihr Optimismus, den die Überschrift verspricht, unangemessen. – Thomas Schwerdtner

 

Der Kapitalismus ist nicht die Lösung, sondern das Problem. Kapitalisten und -innen verursachen alle Schäden, die sie jetzt reparieren wollen. Was haben Wärmepumpen und Solaranlagen mit Kapitalismus zu tun. Geld ist genug da, man muss es nur holen wollen. Aber das verhindern Kapitalisten und ihre Handlanger. – Hartmut Bernecker

 

Es ist so einfach: Wir zahlen 3,6 Milliarden (!) Euro, um den CO2-Ausstoß der Fußball-WM in Katar (siehe S. 21) wieder aus der Luft zu saugen. Pardon, optimistisch erwarten wir natürlich, dass das nur 1,8 Mrd. Euro kosten wird. Wahrlich, da schwinden die Gründe für Untergangsstimmung doch wirklich. – Dr. Bernhard Wanik

 

Frohgemut beendet Jochen Bittner seinen als „Lagebericht“ bezeichneten Artikel über den drohenden Klimakollaps mit dem Satz, „Die Gründe für Untergangs­stimmung…schwinden Tag für Tag.“ Begründung für diese ebenso schlichte wie gewagte These (die auch im Parteiprogramm der FDP stehen könnte): Der Kapitalismus wird’s richten! Es soll also ausgerechnet jenes Wirtschaftssystem Lösung des Problems sein, für das kontinuierliches Wirtschaftswachstum wesentlicher Teil der DNA ist und das den gegenwärtigen desaströsen Zustand unseres Planeten erst herbeigeführt hat? Das kann nur glauben, wer den Stand der wissenschaftlichen Diskussion entweder nicht kennt oder beiseite wischt.

Mit keinem Wort geht Bittner auf die inzwischen zahlreich vorliegenden Studien ein, die nachweisen, dass „grünes Wachstum“ eine Illusion ist und die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch ein Märchen. Stattdessen verweist er auf die (angebliche) Umlenkung von Investitionen in „grüne“ Technologien. Er übersieht dabei geflissentlich, dass es sich dabei häufig um „greenwashing“ handelt. So sieht sich z. B. einer der weltweit größten Vermögensverwalter (nämlich die mit über 900 Mrd. EUR Anlagever­mögen zur Deutschen Bank gehörende DWS-Group) derzeit mit der Anklage konfrontiert, „irreführende Werbung für angeblich nachhaltige Geldanlagen“ zu betreiben.

Im Gegensatz zu Jochen Bittner bin ich der Meinung, dass der Weltuntergang allen­falls dann ausfällt, wenn es gelingt, aus politisch-gesellschaftlichem Wandel (u.a. Verabschiedung vom Kapitalismus) und persönlicher Veränderung (z. B. des Kon­sum­verhaltens) eine andere, lebensfreundliche und zukunftsträchtige Gesell­schaft zu formen. Grüne Technologien können dabei hilfreich sein, sie – im Verein mit dem Kapitalismus – jedoch zum ent­schei­denden Parameter zu erklären, wird der Komplexität des Problems in keiner Weise gerecht und ist der „ZEIT“ nicht würdig. – Dr. Wolfgang Fischer

 

Jochen Bittner macht sich über „Doomsday-Propheten“ lustig, deren Untergangsprognosen noch nie eingetreten seien. Als ich das las, fiel mir folgender Witz ein: Ein Mann klettert – entgegen aller Warnungen seiner Mitbewohner – aus dem Fenster seiner im 120-ten Stockwerk eines Wolkenkratzers gelegenen Wohnung. Dabei verliert er das Gleichgewicht und stürzt ab. Als er am 10-ten Stock vorbeisaust, denkt er belustigt, „Ich weiss gar nicht, was die Leute haben, es passiert doch gar nichts Schlimmes und macht sogar Spass!“ Es war sein letzter Gedanke… – Eberhard Fischer

 

Der o.g.. Artikel enthält zwar vieles richtige und nichts direkt falsches, erweckt durch die Auswahl, Reihenfolge und Gewichtung der verschiedenen Aussagen aber dennoch einen verheerenden Eindruck und verführt allzu leicht zu verheerenden Haltungen im Sinne eines „Weiter-So, wird schon alles gut“. Schon die Überschrift ist zwar richtig, da „die Welt“ natürlich nicht untergeht, selbst wenn große Teile der Menschheit die katastrophalen Folgen weiterhin unzureichend gebremster Emissionen nicht überleben sollten oder — was selbst der Weltklimarat nicht mehr ausschließen konnte — die menschliche Spezies aussterben sollte. Auch dann würde der Planet sich ungerührt weiterdrehen, nur eben mit Verschwinden unzähliger Spezies und Entstehen neuer besser angepasster.

Meines Wissens befüchtet auch die „letzte Generation“ nicht den „Weltuntergang“, sondern „nur“ den Untergang großer Teile der Menschheit, schlimmsten Falls der Zivilisation, wie wir sie kennen und schätzen. Insofern ist der Überschrift ein völlig unangebrachter spöttischer Ton anzumerken. Sie selbst schreiben ja an verschiedenen Stellen, dass es derzeit noch keinerlei Grund zur Entwarnung gibt, und dass der erhoffte Kippunkt des Bewusstseins, der Verhaltensweisen und Technologien (nur) „womöglich“ rechtzeitig vor den Klimakippunkten kommt, von denen auch Sie dankenswerter Weise mehrere, wenn auch nicht alle (wichtigen) beschreiben.

Auch die Nebenüberschrift mit dem „Irrtum“ der „letzten Generation“ ist nur teilweise richtig: Sie könnte sich irren, aber leider muss das nicht so sein. Und „der“ Kapitalismus könnte mehr Lösung als Problem sein; das hängt aber davon ab, wie wir alle, besonders die Reichen und Mächtigen, ihn regulieren, nutzen, gestalten und „zähmen“. Und das ist derzeit alles andere als garantiert. So wie jedes Fahrzeug kann er uns nur dann zur rettenden Oase führen, wenn wir richtig steuern und den richtigen Kurs einschlagen, selbst dann, wenn das kurzfristig über sehr unkomfortable Strecken führt.

Bisher sind durch die Summe aller weltweiten Bemühungen die Horrorszenarien zwar weniger wahrscheinlich geworden, aber damit noch lange nicht unwahrscheinlich. Wenn ich einen auf einen Abgrund zurasenden Zug nur bremse, aber den Passagieren keine unkomfortabele Notbremsung zumuten will, dann bleibt die Gefahr, dass er nur ein bisschen später in die Tiefe stürzt. Dass die Welt auf einem „besseren CO-2-Reduktionspfad“ angelangt ist als viele noch vor „einiger Zeit zu träumen gewagt hätten“, reicht überhaupt nicht:

Was wir brauchen ist kein besserer Klimaschutz, sondern ein ausreichender und mit dieser Qualität rechtzeitiger. Fachleute und Einzelaussagen für eine bestimmte gewünschte Richtung findet man fast immer. Auch Fachleute sind Menschen und unterliegen Phänommenen wie Wunschdenken, Behebungsbestreben bei kognitiver Dissonanz, dem Wunsch sich bei den Menschen durch angenehme Botschaften beliebt zu machen oder der Versuchung, viel Geld durch Aufträge im Sinne von grünem Image oder Greenwashing für Firmen zu verdienen.

Im Film über die „Deepwater-Hozizon“-Katastrophe wertete der mächtige Manager die Bedenken vortragenden Fachleute ab als „Angsthasen“, offensichtlich getrieben von Profit- und Erfolgs-streben und Angst vor wirtschaftlichen Verlusten, die ihn motivierten anzunehmen dass schon alles gutgehen werde. einer der Experten antwortete ihm darauf: „Hoffnung ist keine Strategie!“. Dass die Methan-Emissionen, die seit 2014 in weiten Bereichen der bisherigen Permafrost-Arktis gefunden wurden, nur ein lokales oder „regionales“ Phänomen sein oder gar bleiben sollten ohne (auch nur) Potential „einen großen Kippunkt für das Weltklima auszulösen“, halte ich eher für Hoffnungs- oder Wunschdenken als fundiert. Dabei ist es banal, dass auch bei Überschreitung von 1,5 Grad Erwärmung die Katastrophe nicht „plötzlich losbricht“.

Natürlich geht es auch dann nur langsam, aber stetig weiter, was aber keine Harmlosigkeit beweist. Derzeit, schreiben Sie mit Berufung auf viele Experten, ist nicht — genau– bestimmbar, welche Erwärmung zwischen 1,5 und 2 Grad noch beherrschbar sein wird. Das bedeutet aber eine Art Russisches Roulette mit dem Klima und Schicksal der Menschheit, wenn man wissentlich den einigermaßen noch sicheren Bereich bis 1,5 Grad verlässt. 100%ig ist nicht einmal die jetzige Erwärmung sicher angesichts der vielfachen schon bisher begonnenen selbstverstärkenden Prozesse.

Noch wäre wahrscheinlich deren Wirkung durch ausreichende und ausreichend baldige menschliche Maßnahmen zu übertreffen, aber niemand kann sicher sagen wie lange noch. Z.B. wurden die ansteigenden Methan-Emissionen aus verschiedenen Stellen der Arktis bis vor wenigen Jahren in keinem Klimamodell berücksichtigt. Netto-Null müsste bis spätestens 2050, besser bis zur befürchteten Überschreitung der 1,5 Grad ca.. 2030 nicht nur die CO-2-Emission sein, sondern die aller Treibhausgase samt Methan, SF-6 und Fluorhaltigen Kohlenwaserstoffverbindungen.

Außerdem dürften keine weiteren Kohlenstoff bindenden Flächen wie Moore und Wälder und grüne Meeres-pflanzen mehr netto geopfert werden. von all dem sind wir noch gelinde gesagt weit entfernt. Selbst die hunderte Milliarden, die jetzt in Klimaschutz weltweit investiert werden, sind, bevor man sie feiert,, nicht nur mit dem bisherigen zu vergleichen, sondern mit den konkurrierenden Summen in neue und alte fossile Anlagen, Geräte und Verhaltensweisen und vor alem mit dem notwendigen. Es ist auch fraglich, ob Investitionen uns allein retten können, oder aber nicht viel mehr dazu kommen muss, vor allem bei Konsum- und Verhaltensänderungen

Allgemein ist bei vielen Entwicklungen beides schädlich und potentiell katastrophal: Zu viel Optimismus wie auch zu viel Pessimismus. Beide verführen zum Weitermachen, wie es gewohnt und damit bequem ist, das eine weil Änderung vermeintlich nicht nötig ist, das andere, weil sie als ohnehin aussichtslos und sinnlos erscheint. Darum geht es auch beim Klima: Hoffnung mag es noch geben, aber sie reicht nicht. Damit sie sich verwirklicht und berechtigt ist, braucht es nicht nur Vertrauen und warten auf Kapitalismus, Marktprozesse, gesellschaflliche „Kippunkte“ und neue Technologien, sondern Aktivität und Bereitschaft zu Anstrengung und Priorisierung, viel Arbeit und Einschränkungen bei anderen Früchten von Arbeit und Ressourcen, die mit einem ausreichenden und rechtzeitigen Klimaschutz noch immer konkurrieren.

Viel plausibler als zu bequemer Optimismus erscheinen mir die auch von ihnen zitierten Hinweise der Soziologin Anita Engels mit der Gefahr sich zu gern etwas vorzumachen und der viel zu großen Langsamkeit und Menge der zu beobachtenden positiven Tendenzen. Und dass die Kosteneffizienz und damit ausreichende rechtzeitige Realisierbarkeit des CO-2-Entzugs aus der Atmosphäre sich noch rechtzeitg und ausreichend verbessern, ist wieder einmal nur eine Hoffnung. Daran sollte man arbeiten, sich aber nicht allein drauf verlassen.

Selbst die optimistisch vorausgesagte 50% Kostenreduktion wäre von ausreichend und rechtzeitig astronomisch weit entfernt. „Was, wenn der Preisrutsch viel schneller kommt als erwartet?“, Diese Frage nutzt überhaupt nichts, außer dabei sich besssere Gefühle einzureden. Höchstens dann sinnvoll, wenn das nötig ist, sich aus lähmender Resignation, Über-pessimismus und damit passiver Hilflosigkeit zu befreien. Auch dem russisch-Roulette-Speler nützt es nicht, wenn er sich die Frage stellt, „Was, wenn ich die kugelleere Kammer erwische und Glück habe und die Wette gewinne?“ Hilfreich wäre eher, die Art des Spiels zu wechseln.

Greta Thunberg konstatierte den Gegensatz zwischen vielfachen Bekenntnissen und (fast) nichts tun der „Erwachsenen“ und insbesondere der Politiker, damit auch der diese beeinflussenden Medien, denen es vorrangig um ihre Beliebtheit gehe (wohl nicht zuletzt als Voraussetzung für Machterhalt oder –Gewinnung), die sich „wie Kinder“ verhalten, so dass Kinder nun die Verantwortung übernehmen müssen. Sie fühlte sich sehr früh nicht nur zu Forderungen, sondern auch weitest möglich zu eigenem konsequentem Verhalten verpflichtet und wunderte sich z.B. auf der Katovitze-Konferenz: „Ich fass‘ es nicht, dass hier (so viel) Fleisch verkauft wird“.

In einer 37 Grd.-Sendung vom 14.2.23 über die Probleme Pellworms mit den schon aktuellen Folgen des Klimawandels wurde eine junge Frau gezeigt, die mit einigen anderen das Klimaurteil des Bundesverfass.-gerichts von 2021 erstritten hatte, das die damalige Klimapolitik für ungenügend erklärte mit dem Argument, man würde ohne deutlich mehr bzw. ausreichenden Klimaschutz den jetzt noch ganz jungen Menschen für die Zukunft ab 2030 sehr viel Freiheit zu Selbstbestimmung und politischem Handeln nehmen, sinngemäß ganz ungerecht mehr an Freiheit als wir jetzt ggf. für ausreichenden Klimaschutz aufgeben müssten. In derselben Dokumentation sagte der Deichgraf sinngemäß: „wir wollen alle Klimaschutz, sind aber nicht wirklich bereit dazu . . . wir werden uns einschränken müssen, es wird auch Verzichte geben müssen“

In einem 3Sat-Thematalk 18.01. 2023 über die sozialen und psychologischen Aspekte der Klimakrise verwies die damit befasste Psychologin auf die in unserem „Steinzeitgehirn“ angelegte „Faulheit“ des Gehirns, das ganz bevorzugt auf kurzfristige erhoffte oder befürchtete Folgen des Handelns zielt und nur wenig oder bei wenigen auf langfristige. In einer kürzlichen Studie seien 56 % der jungen Menschen weltweit der Meinung, dass die Menschheit dem Untergang geweiht sei. Es bestehe die Gefahr, dass viele aktuell vom bisherigen Leugnen der Gefahr fast direkt übergehen zur Resignation, dass jetzt sowieso alles schon zu spät sei.

In einem Kurzbericht von der COP in Ägypten wurde ein Redeausschnitt des UN-Generalsekretärs Guterres gezeigt mit den Worten „Wir kämpfen um unser Leben und wir verlieren diesen Kampf. Wir haben die Wahl entweder zu kooperieren oder unterzugehen. Wir haben die Wahl entweder einen Klimasolidaritäts-Pakt zu schmieden oder kollektiven Suizid zu begehen“. Es wurde (in der Sendung) sogar die Frage ventiliert, ob eine Regierung für das künftige Wohl der Menschheit aufgeklärte moderate Freiheitsbeschränkungen einführen müsse um eine katastrophale Entwicklung — trotz aller Widerstände und kurzfristigen Orientierungen der meisten Menschen – noch zu verhindern. In einem Kurzfilm wurde Luisa Neubauer in einer Talkshow gezeigt, wie sie prophezeite, dass in einer auch nur zwei Grad wärmeren Welt statt der Demokratie nur noch der Notstand regieren werde.

In einer Planet-wissen- Sendung im SWR vom 17.02.23 führte der Studio-Experte aus, wie irrig die Meinung vieler ist, dass man noch Zeit habe, da die schlimmsten Folgen ja erst in etwa 2 Jahrzehnten befürchtet werden; man müsse (u.a.) berücksichtigen wie lange die Planungs- und Umsetzungszeiten für wirksame große Maßnahmen seien. Schon vorher waren die „Kippunkte“ genannt worden, mit der Gefahr, dass es bei deren (völligem) Überschreiten kein Zurück mehr gebe und sich die Phänomene unaufhaltsam weiter verschlechtern. Ein Interview—Wissenschaftler in einem Einspielfilm äußerte, dass wir (nur) bei einem wirklich wirksamen Klimaabkommen schon vor 10 Jahren noch die Zeit gehabt hätten, die Maßnahmen „mit ruhiger Hand“ anzugehen und durchzuführen.

Bei privaten Kontakten hörte ich auch Argumente wie man müsse auf die eigene „Lebensqualität“ achten, womit auch Dinge wie Flugreisen mit über einer Tonne Ökologischer Fußabdruck pro Person gemeint waren; man müsse vorwiegend das positive sehen, womit aber nicht das positive an einem maßvollen bzw. klimaschützenden Lebensstil gemeint war, sondern sich nicht oder nur eher peripher mit Fragen zur Verantwortung für Folgen von Aktivitäten hinsichtlich Zukunft auch anderer bis zu kommenden Generationen zu befassen, vom Ziehen eigener Konsequenzen ganz zu schweigen.

In der Suchttherapie gehört zur Abstinenztherapie beides: Training des Bewusstseins der vor allem langfristig positiven Seiten des abstinenten Lebens wie auch der langfristig negativen bis katastrophalen Seiten des Suchtlebens. Ich sehe im Festhalten an fossilen Annehmlichkeiten und Erleichterungen samt dazu passender Wahlentscheidungen trotz aller wissenschaftlichen Warnungen starke Parallelen zu Süchten bzw. Abhängigkeiten, wo auch starke Ängste und Abwehr bzgl. der nötigen Änderungen bestehen. Manchmal schaffen Süchtige den Sprung in die Abstinenz oder Therapie erst nach Erleben des „ganz unten“ Seins. Bei diesem Punkt wäre es fürs Klima aber voraussichtlich zu spät; unsere einzige chance ist es diesen mit unserer Vorstellungskraft und unserem Wissen vorher zu sehen, nicht um sich zu gruseln, sondern um aktiv zu verhindern, dass es so weit kommt.

Im Buch „Vom Ende der Klimakrise“ von Luisa Neubauer und Alexander Repenning lehnen die Autoren es ab zwischen Optimismus oder Pessimismus hinsichtlich der Zukunft der Klimakrise zu wählen. Sie erklären sich als „Possibilist*Innen“. Ob sie optimistisch in die Zukunft blicken beantworten sie mit „ja und nein“, ob die – noch vorhandenen – Chancen und Möglichkeiten verwirklicht werden „hängt von jedem von uns ab“, wie sie sagen. – Dr. Peter Selmke

 

Wenn es laut Ihrem Beitrag 1000€ kostet eine einzige Tonne CO2 aus der Luft zu saugen, dann ist das genau der Preis, den die Reichen und Superreichen pro Tonne bezahlen müssten, die sie diese Tonnen verursachen und über dem Durchschnitt der Bevölkerung liegen. Aktuell wälzen die Hauptverursacher diese horrenden Kosten und seine Folgen auf die Allgemeinheit ab. Nicht zuletzt kann dann in dieser Bevölkerungsschicht eine Wut entstehen, da sie diese Ungerechtigkeit zwar spürt aber nicht benennen kann. – Armin Klug

 

Herr Bittners Analyse wäre deutlich überzeugender gewesen, wenn sich der Autor nicht dazu hätte hinreißen lassen, die von ihm als „Ikone“ der Klimabewegung bezeichnete Greta Thunberg als „kindlich“ zu beschreiben und mit dem Zusatz „Schulverweigerin“ zu versehen. War er sich nicht bewusst, dass er sich somit freiwillig und unbedrängt in die Reihe alter, weißer Männer eingereiht hat? – Lutz Greve

 

Nein, nein, nein – Herr Bittner! Bloß, weil man es blöd findet, dass einige Leute sich auf der Straße festkleben, ist doch nicht plötzlich alles gut! Nicht einmal Deutschland ist auf einem ausreichend nachhaltigen Weg – unvollständige Liste: unzureichender Ausbau der Erneuerbaren, fehlende Stromleitungen (siehe gleiche ZEIT-Ausgabe), Widerstand der Autoindustrie und Anderer, …. Und wie sieht es in anderen Ländern der EU aus? Ganz zu schweigen von China („nur“ 27 Kohlekraftwerke), Indien, Brasilien, … Lassen wir die paar Schwellen- und noch weniger entwickelten Länder einfach mal weg. Nein, nein, nein – Herr Bittner! – Ernst Lischcke

 

Im Untertitel zu „Der Weltuntergang fällt aus“ heißt es „Warum … der Kapitalismus mehr Lösung als Problem ist“. Beim Lesen des Artikels aber lernt man, dass der Kapitalismus dann zur Lösung beiträgt, wenn er durch „Leitplanken“ in die richtige Richtung gelenkt wird. Genannt wird der „Greta-Effekt“ und „ein klarer politischer Trend: Grüne Energien werden immer stärker gefördert, fossile Energien immer stärker bepreist. … Gesellschaftliches Bewusstsein löst politische Rahmensetzungen aus, die Investitionen anreizen, was wiederum Innovationen antreibt, die ihrerseits einen internationalen Überbietungswettbewerb in Gang setzen“. Ohne die genannten „Leitplanken“ würde der Kapitalismus wohl wenig, wenn überhaupt etwas zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen. Hätte daher nicht folgender Untertitel besser gepasst: „Mit geeigneten politischen Rahmensetzungen hilft der Kapitalismus, die Probleme zu lösen.“ – Dr. Rolf Linn

 


 

 

Leserbriefe zu „WIE SOLL DAS ENDEN?“ von Eva Illouz et al.

 

Retrospektiv sieht der „politische Westen“ die Kriegsschuld bei Hr. W. Putin; gemäß der Vorstellung, dass der Letzte Tropfen der das Fass zum Überlaufen brachte für alle vorhergehende Tropfen verantwortlich ist! Aufgrund unseres Rechtsstaatsverständnisses ist eine derartige Kausalitäts-Erzählung fragwürdig, da alle vergangenen Gegenwartsentscheidungen keine freie Entscheidung der Beteiligten über die Zukunft unterstellt. … Gab es keine Friedensmöglichkeit?

Eine alternativlose Kausalitätsentwicklung ist jenseits zwischenmenschlicher staatlichen Beziehungskisten nur im Verhältnis zur Natur vorstellbar. Da die Summe aller Kohlenstoffemissionen die planetarische Leistungsfähigkeit zunehmend senkt, steigt zunehmend ein Evolutionsdruck auf biologische Arten. Soziologisch löst das bei Menschen einen Dichtestress aus, was politische Ausgrenzung, Wut und Hass hervorbringt. … Der Hass senkt die natürliche Tötungshemmung.

Im Grunde wird bei knapper werdenden Lebensraum die Evolutionsstrategie „Artreduzierung“ wahr. Das ist nicht die Beste Lösung für ein logistisches Mengenproblem im Güterkreislauf; aber es ist das kleinere Übel zum ökologischen Kollaps. … Und angesichts des Hasses den die russische Armee sät, wird zunehmend „Artreduzierung“ populärer. Das ist der Schlüssel zum Verständnis für die Kriegsentwicklung ist ein Wachstumsverständnis von knapp 14 Milliarden Jahre Evolution. Evolution fordert Anpassung; konkret wäre das ein Wachstumsverständnis im Güterkeislauf und ein neues Währungssystem, was Güter- und Finanzkreislauf so vernetzt, dass beide Märkte an einem Strang ziehen. Und das wurde der EU in der EU-Zukunftskonferenz angeboten, um Wachstumsrisiken wie Krieg zu verhindern. … Erst danach begann Hr. W. Putin seinen Angriffskrieg. – Matthias Losert

 

Nach António Manuel de Oliveira Guterres steht die Welt in der Gefahr, sehenden Auges auf einen Weltenkrieg zuzugehen. Die gleiche Befürchtung äußerte H. Kissinger im Januar in Davos. Frau Wagenknecht und Schwarzer haben einem ‚Manifest für den Frieden‘ zu Verhandlungen über den Krieg in der Ukraine aufgerufen. Ihre Haltungen werden von Ihrem Journal wiederholt als naiv und unethisch zurückgewiesen.

Der Philosoph J. Habermas hat an die zunehmend politische Verantwortung Deutschlands als jenes Land, das die Kriegsführung in der Ukraine maßgeblich ermöglicht, für den weiteren Kriegsverlauf erinnert, auch daran, dass nach der Charta der UN das Recht von Staaten, einen Krieg zu beschließen und auszuweiten begrenzt ist. In einem simplen Artikel in der ZEIT haben Sie Herrn Behrends die Möglichkeit gegeben, dem Philosophen eine Unkenntnis Osteuropas vorzuhalten. Dabei hat Habermas als Soziologe nicht über Osteuropa geschrieben, sondern die dramatisch zunehmende Verantwortung unserer Gesellschaft für den Umgang mit Menschen im Krieg aufgerufen.

Sie stimmen in der ZEIT geradezu täglich in den Chor derjenigen ein, die allein die bellizistische Alternative kennen, allein zwischen Sieg – Niederlage zu unterscheiden, jeden Weg, über Verhandlungen dem Sterben, dem Drama und der Zerstörung eines Landes ein Ende zu setzen von sich weisen. Dabei kann der wird ein ‚Sieg‘ über die Atommacht Russland ebenso den Untergang der Ukraine beinhalten, eine Katastrophe über Europa. Daher meinen die Strategen der von den USA geführten NATO, das mögliche Ende so locker wahrnehmen zu können. Die Fortführung des Krieges wird ihn dramatisch ausweiten, wie die Forderungen der Militärs belegen, am Ende in unseren eigenen Untergang führen.

Was ich in meinem Leben für DIE ZEIT nie für möglich gehalten hätte, haben Sie am 18. Febr. 23 zugelassen. Eine Soziologin aus dem Nahen Osten legt Europa die bellizistische Lösung in Reinform nahe, indem sie verlangt, den ‚totalen Sieg‘ über Russland anzustreben, jegliche Verhandlungen mit Moskau zurückzuweisen, damit die Welt in einen Krieg ohne Ende zu führen.

Dieses o.g. Tabuwort erschien im ersten Titel auf der Titelseite von der ZEIT am 18.2.23, auf den Tag genau 80 Jahre, nachdem J. Goebbels zum ’totalen Krieg’ aufgerufen hat, auch von der Mehrzahl seiner Hörer damals bejubelt wurde wie so viele Ihrer Leserbriefe den kämpferischen Artikel von Frau Eva Illouz begrüßt haben. Bitte teilen Sie Frau Illouz mit, dass sie allein mit Ihrem Titel ein maximales Unrecht aufgerufen hat, das unser Volk je begangen hat.

Meine Bitte an DIE ZEIT lautet daher: Korrigieren Sie bitte Ihre bisherige Position, treten Sie für die absolute Notwendigkeit von Verhandlungen für einen Waffenstillstand in UA ein. Öffnen Sie Ihr Journal nicht länger für Frauen und Männer, die für den Kampf bis zum Sieg eintreten, da es – wie Herr Behrends bei Ihnen meinte, schreiben zu müssen -, für Kenner Osteuropas nicht anders geht. Die Notwendigkeit zu siegen, kann niemand mehr angesichts des täglichen Sterbens und der Zerstörung in der Ukraine, die damit verbunden sind, verantworten. Tote Menschen, zerstörte und entvölkerte Regionen rückzuerobern ist weder die Aufgabe Kiews noch Europas. Den Menschen in der Ukraine, würden Sie einen einmaligen Dienst erweisen, für einen Waffenstillstand einzutreten, denn die rein militärische Doktrin ist bereits gescheitert. – P. Graf

 

Ex-Kanzlerin Merkel wird der Spruch zugeschrieben, „Vom Ende her Denken“. Sieht man sich die Bilderflut, egal ob in den Zeitungen oder Fernsehen, an, sieht man oft nur das Ende nach russischen Bombardierungen wie zerstörte Häuser, Straßen oder die Vernichtung der für das zivile Dasein erforderlichen Infrastruktur. Der oben genannte Spruch macht nur deutlich wie unsinnig es wäre, hier wegen der fürchterlichen Irrationalität eines Krieges noch vom Ende eines Denkprozesses zu sprechen. Was aber ist mit den Soldaten in irgendwelchen Kampfgebieten ? Deren Ende wird nicht gezeigt, weil das Grauen von Vernichtung, Verstümmelung oder gar ihr Sterben dem „normalen“ Zuschauern nicht zugemutet wird.

Stattdessen sieht der Zuschauer den „Anfang vom Denken“ in kriegerischen Kategorien wie nagelneue Waffen („Schimmernde Wehr“) die der brutale Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine erforderlich machte. Der Angriffskrieg des Kriegsverbrechers Putin gegen eine friedliche Ukraine entfesselte eine Kriegsmaschinerie die außer Russland niemand gewollt hat, jetzt aber zur Selbstverteidigung der Ukrainer angeworfen werden musste. Der Krieg gegen die Ukraine ist nur als Hirngespinst Putins zur Bestrafung oder Rückführung eines untreu gewordenen Landesteils aus Sowjetzeiten zu verstehen. Zu Gorbatschows und Jelzins Zeiten wurde das Ende der Sowjetunion mit der Unabhängigkeit vieler Teilstaaten Geschichte.

Putins Geschichtsbild dagegen verrät ähnliche Züge wie das von Hitler. Und wie Hitler die Deutschen lässt er die Russen in eine Falle aus Lügen und Propaganda stolpern. Der Westen muss also mit schärferen Sanktionen und weiteren Waffenlieferungen verhindern, dass eventuelle Friedensverhandlungen mit der Ukraine Putin zu einem Gewinner seiner verbrecherischen Aggressionen macht, indem er Gebiete des überfallenen Landes als Beute einstreicht. – Klaus Reisdorf

 

Mit großem Entsetzen habe ich den „Gastartikel“ gelesen. Sie sind gebildet genug, um nachzuvollziehen wie entgleisend allein der Titel ist. Schämen sollten Sie sich! „Ich wünsche mir einen totalen Sieg“. Vielleicht kann nur eine vernichtende Niederlage Russland helfen, aus seiner diktatorischen Geschichte herauszufinden. In Deutschland wurde schon einmal geschrien „Wollt Ihr den totalen Krieg“! Jetzt redet auch die Zeit offen über totalen Krieg und Vernichtung eines anderen Landes! Unfassbar! – Stephan Eichler

 

Ohne totalen Krieg wird der totale Sieg nicht zu machen sein. Eine Soziologin wie Eva Illouz betreibt eine empirische Wissenschaft. Das Wissen um die Geschichte der Kriege, der Kriege Russlands und des Westens, der ” totalen” Kriege, der Ausgänge, der Handelnden und deren Ziele, der Zusammenhänge und der Tatsache, dass “totale Siege” nicht einmal in Nahost erreicht wurden wie dass es nie um edle Menschenrechtsziele, Moral, Freiheit und Demokra-tie ging und geht, iste gesichertes Wissen. Weiß eine Soziologin das nicht?

An der Geschichte der Kriege wäre soziologisch nachweisbar was “totale Siege” gebracht haben und bringen könnten. Kann es den” totalen Sieg” geben? Wie sieht der aus und wie der totale Krieg, die vollständige Vernichtung Russlands? Balkan ist nur ein Beispiel der gewonnenen Freiheiten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit neben zahllosen Regionen und Ländern im Dauerkrieg mit allen sozialen Folgen. Das wünschen sich Soziologen! – Roland Winkler

 

Der Beitrag der israelischen Soziologie – Professorin, in dem sie ihre Kriegsfantasien bis zu einem totalen Sieg über Russland der Leserschaft darlegt, erscheint ausgerechnet an jenem geschichtsträchtigen Datum des 18.02., an dem exakt 80 Jahre zuvor jene unheilvolle Sportpalast-Rede von Joseph Goebbels den Deutschen den blindwütigen Kampfes- und Vernichtungswillen einpeitschte. Wer damals vernichtet wurde, wissen wir alle. Warum ausgerechnet dieses Datum gewählt wurde, um wieder Menschen auf Endsiege einzustimmen, erschließt sich mir nicht, ja entsetzt mIch geradezu. Wo bleiben Besonnenheit, Mitte, Mass, Friedenswille, Diplomatie?

Muss man wirklich konstatieren, dass nur geopolitisches Machtkalkül und neoliberale Gewinnmaximierung alleinige Antriebe westlicher Politik und und (staatsabhängiger?) Medien sind? Ich bleibe optimistisch und hoffe, bitte und bete für friedliche Lösungen. Und weiß mich darin in Verbundenheit mit zum Glück vielen Menschen in unserem Lande; die leider in der aktuellen Berichterstattung krass unterrepräsentiert sind. Mit dem Wunsche, dass Sie Ihrer großen Verantwortung gerecht bleiben. – Dr Franz Josef Müller

 

In letzter Zeit fallen mir zunehmend Artikel auf, die 1:1 die Meinung der Bellizisten in der Regierung wiedergeben. Es wird gar nicht mehr hinterfragt, ob Waffen denn in der Tat Leben retten oder nicht doch töten. In der Zeit online vom 18.02.2023: „ ‚Ich wünsche mir den totalen Sieg‘ – Vielleicht kann nur eine vernichtende Niederlage Russland helfen, aus seiner diktatorischen Geschichte herauszufinden.“

Die Gefahr eines dritten Weltkrieges wird Ihrerseits – genau 80 Jahre nach Göbbels Rede im Sportpalast – fast als Verheißung anstelle als Gefahr dargestellt. Nennen Sie eigentlich noch einen Funken Verantwortung Ihr eigen? Wenn diese Überschrift ein Scherz sein sollte, haben Sie inzwischen jegliches Maß und Anstand verloren! Was wollen Sie erreichen?

Auf der Sicherheitskonferenz in München warnte Kamala Harris China davor, Waffen an Russland zu liefern, da diese den Krieg verlängern würden. Das hat Frau Harris sehr gut erkannt. Waffen retten keine Leben, weder russische noch ukrainische Waffen retten Leben! Leben aber kann man mit Augenmaß und Verhandlungen erreichen!

Es ist die Aufgabe der Medien, umfassend und neutral zu informieren, damit sich der Medienkonsument eine eigene Meinung bilden kann. Das aber ist spätestens seit dem Akt der Versicherheitlichung und des Framing durch J. Biden direkt im Anschluss an den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine nicht mehr der Fall. Sie folgen direkt dem Narrativ der Biden-Administration. Jegliche Wahrheit wird in dieses Narrativ eingebunden und angepasst. Dieses Verhalten aber ist für unser Land gefährlich!

Irak-Krieg: „Bekannte Journalisten wie John Pilger, Charles Lewis oder Dan Rather halten es für sehr wahrscheinlich, dass der Irakkrieg 2003 hätte verhindert werden können, wenn die Medien – vor allem in den USA und Großbritannien – »ihren Job« gemacht hätten. Leider konnte davon keine Rede sein; vielmehr gab es ein großflächiges professionelles Versagen. Journalisten haben in Einzelfällen bewusst die Unwahrheit verbreitet oder eine ihnen bekannte Wahrheit verschwiegen. Vor allem haben sie in ihrer großen Mehrheit die Lügen der Regierenden willfährig an ihre Leser, Hörer und Zuschauer weitergereicht. Die Medien fungierten zu weiten Teilen als Transmissionsriemen. Sie agierten als Hilfstruppe der ersten Gewalt, der Exekutive.“ Ulrich Teusch in „Der Krieg vor dem Krieg“ (2018).

Gleiches geschah in Deutschland bereits zwei Mal. 1. Weltkrieg: Einmal belegt vor dem ersten Weltkrieg, durch Arthur Ponsoby. Er entwickelte unter diesem Eindruck die 10 Prinzipien der Kriegspropaganda von Gut und Böse. Staatliche- und Medienpropaganda zu unterscheiden war damals wegen der Gleichschaltung nicht notwendig, die Realität des grausamen Blutbades wurde unterdrückt. Von der Bevölkerung ferngehalten wurde die grausame Realität des Krieges. Damals wie heute war es nicht möglich, zwischen der Kriegspropaganda der Regierung und der Medien zu unterscheiden, es war und ist auch heute ein Werk aus einem Guss.

2. Weltkrieg: Gem. Kants Theorie vom Frieden sollten Bürger in einem demokratischen Staat sich gegen den Wunsch ihrer Eliten, einen Krieg führen zu wollen schon allein deshalb wehren, weil sie das können. Die Menschen, welche ihr Leben in einem Krieg opfern, die haben keinerlei Vorteil von einem Krieg. Das eigene Heim, die Familie die Natur und das Leben bleiben das Gleiche, unabhängig davon, wer sich als Herrscher über das Land, in welchem ein Mensch lebt, bezeichnet.

Warum also sollen Menschen ihr Leben in einem Krieg opfern, in welchen sie mit geringer Wahrscheinlichkeit ein Leben in Frieden zurückerhalten, welches sie aber mit 100prozentiger Sicherheit auch ohne Krieg genießen können? Warum wehren sich Menschen nicht mit aller Kraft gegen eine Beteiligung an einem Krieg? Widerlegt wurde diese These sowohl im ersten als auch im zweiten Weltkrieg durch die Wirkung der Kriegspropaganda „Göbbels: Alles, was Sie tun müssen, ist ihnen zu sagen, dass sie angegriffen werden, und die Pazifisten wegen mangelnden Patriotismus anzuprangern und das Land einer Gefahr auszusetzen. Es funktioniert in jedem Land auf die gleiche Weise“.

Die Medien haben nachweislich einen Hang zur Kriegspropaganda, welcher sich Staats- und Regierungschefs nur schwerlich entziehen können. Inzwischen sind bedingt durch die neuen Medien die Möglichkeiten, Falschinformationen zu verbreiten und auch der Zensierung angestiegen und werden auch genutzt. Dies aber widerspricht jeglichen Regeln des Journalismus.

Nehmen Sie endlich Ihre Verantwortung im Sinne des Friedens wahr! Informieren Sie die Bürger dieses Landes über die drohende Gefahr! Die Realität ist die, dass die Soldaten in der Ukraine und Russland vollkommen sinnlos sterben, weil es die Kolonialmächte UK und USA so wollen, Mutter und Tochter des Kolonialismus auf der Erde!

Bringen Sie bitte ehrliche Analysen zum Krieg in der Ukraine! Die Ukraine kann allein nicht siegen, wenn sich die übermächtige NATO einmischt, sind wir hier alle tot! Alles dazwischen ist ein Spiel mit dem Leben der Ukrainer und der Menschen auf der Nordhalbkugeldieser Erde! Bringen Sie wieder wahrhaftige und differenzierte Aussagen zur Entwicklung der Ukraine seit 1991, einem Land, welches seitdem darunter leidet, dass die USA alle russlandfeindlichen (auch faschistische) Kräfte nach Kräften auf diesen Krieg vorbereitet hat! Spielen Sie die Rolle des Friedensengels, nicht des Kriegsgottes!

Deutschland und Frankreich gemeinsam haben die Kraft, aus der EU einen Vermittler des Friedens zwischen den Großmächten zu machen! Wecken Sie die Kräfte des Friedens und nicht jene des Krieges! Sie haben die Macht aber auch die Verantwortung. Ich wäre stolz, irgendwann zu lesen, dass es die deutschen Medien waren, die durch ihren Mut und ihre Standhaftigkeit einen dritten Weltkrieg verhindert haben! Das wäre das erste Mal, dass sich Medien gegen einen Krieg stellen! – Doris Wünschmann

 

Ich bin ein mittelalter, wahrscheinlich unterdurchschnittlich gebildeter und belesener Mann. Aber selbst ich muss nur die Überschrift des Kommentars lesen um direkt die Verbindung zum „totalen Krieg“ herzustellen. Wie kann man so mit Sprache umgehen? Wie kann man solch widerliche Verbindungen nicht nur herstellen sondern auch noch prominent veröffentlichen? Das dies am Jahrestag der wahrscheinlich ekelhaftesten Rede die je in deutscher Sprache gehalten wurde auf Ihrem Internetauftritt veröffentlicht wird find ich tatsächlich widerlich. Eine derartige Geschichtsvergessenheit kann ich mir leisten, aber eine Redaktion mit zumindest theoretischem intelektuellem und moralischem Anspruch sollte das dann doch nicht passieren. – Kurt Reiser

 

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, oder wie Olaf Scholz sagen würde: Liebe Mitbürger und Mitbürger, ich studiere im 5. Studienjahr Humanmedizin and der Charité in Berlin und muss meine Gedanken zur aktuellen Lage in Deutschland teilen. Als gebürtiger Sachse kenne ich viele ehemalige DDR-Bürger und habe den Austausch mit selbigen besonders in meiner Jugend ausgiebig gesucht. Die Generationen unter mir bekommen von den alten Geschichten inzwischen deutlich weniger mit. Das Verhältnis in Ostdeutschland zum ehemaligen großen Bruder Russland ist anders als der aktuelle politische Mainstream.

So verwundert es nicht, dass der Aufruf gegen Waffenlieferungen und für Friedensverhandlungen von Menschen wie Wolfgang Krupp, Sarah Wagenknecht und Martin Sonnenborn hier besonders Anklang finden. Diese Gedankenzüge können viele in den alten Bundesländern nicht nachvollziehen. Ausführungen darüber sind müßig. Den Austausch sollte jeder selbst suchen, der das hier liest. Nur so viel sei gesagt: Rentner in Ostdeutschland haben mitunter Adolf Hitler, den Zweiten Weltkrieg, die DDR, die Wende und die Bundesrepublik erlebt – on top die vielzähligen Währungsreformen.

Das deren Lebenserfahrung darin mündet, eher die großen Zusammenhänge zu betrachten als sich immer wieder vor einen neuen Karren spannen zu lassen, egal welcher es auch gerade sein mag, verwundert nicht. Die Auswüchse kann man in den Nachwende-Wahlergebnissen bei PDS/Linke sehen, in den letzten Jahre zu AfD gedreht und an der immer noch hohen Nichtwählerschaft im Osten.

Dieser Horizont fehlt Menschen wie Annalena Baerbock vollständig. Dass ausgerechnet die Grünen das Außenministerium besetzen mussten, tut einem jetzt fast schon leid. Besser wäre die FDP hätte selbiges übernommen, dann wäre die FDP bei der nächsten Bundestagswahl gewohnheitsmäßig abgestraft worden. Stattdessen verdingt sich Annalena, wir sind natürlich per du, in alter Joschka Fischer Manier als Waffenlieferant. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich habe eine der aktuellen Regierungsparteien selbst gewählt und der Agressor im Ukaine-Konflikt ist Wladimir Putin. Mit seiner Skrupellosigkeit hat er unser aller Nachsicht auf Lebenszeit verspielt.

Dennoch wundert es mich, dass wir als eines der ersten europäischen Länder Panzer liefern und damit direkt als verlängerter Arm der USA von Putin wahrgenommen werden. Und obwohl wir etwas unternehmen, muss sich Olaf Scholz im Handelsblatt von dem Putin-Kritiker, Michail Chordorkowski, als „Dreckskerl“ denunzieren lassen – nachzulesen im Handelsblatt vom 17.02.2023. Obendrauf kommt der immer wieder gleiche Kanon von der Integrität der Ukraine und Ihrem Selbstbestimmungsrecht und, dass Grenzen in Europa nicht verschieblich seien.

So sehr mir alle Ukrainer lieber in Frieden leben würden, so vehement muss man hier versprechen: Die Grenzen Europas sind verschieblich. Nationale Grenzen haben sich andauernd verschoben und das weltweit. Anzuführen ist hier das Saarland im Nachkriegsdeutschland und auch Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg. An alle Berlin-Abiturienten: Ja, Deutschland war tatsächlich mal bedeutend größer als es jetzt ist – und das weit vor Adolf Hitler.

Nun muss klargestellt werden dass die Ukraine nicht Hitler-Deutschland ist und für seine Vergehen abgestraft wird. Dennoch sollten wir uns darauf einigen: Grenzen in Europa sind verschieblich. Mit Lebenserfahrung oder Geschichtskenntnis weiß man das. Und wenn selbst ehemalige deutsche Generäle eine andere Auffassung haben als die angebliche Mehrheitsmeinung zur aktuellen Lage, dann sollte wir uns alle etwas zurück nehmen und einmal zuhören. Ein Sieg der Ukraine mit Zurückeroberung der Krim ist absolut unrealistisch. Doch genau das will Wolodymyr Selenskyj. Ich mahne ausdrücklich vor der Situation, in welche uns das alle manövrieren wird.

Ein letztes sei gesagt: am zweiten Weltkrieg verdienten nur zwei Kräfte. Die Waffenindustrie und die Schweiz als Geldtresor der gesamten Welt. Heute ist die Situation ganz anders, denn auch Sie als Bürger oder Bürgerin dieses Landes können mitverdienen: die Rheinmetall-Aktie bewegte sich 2021 noch bei einem Preis von etwa 90€ das Papier. Inzwischen müssen Sie für einen Anteil 257€ aufbringen – Wertpapierkennnummer WKNDE0007030009.

Und das ist die eigentliche Farce, die unter dem Deckmantel von Begriffen wie links, rechts, Putin- Versteher oder Freiheitskämpfer verborgen bleibt. Und es wird sich nie ändern, denn mit Krieg wird stets Geld verdient werden, denn mit Krieg verteidigen wir unsere Interessen. Wenigstens spricht sich Annalena (noch) gegen Kampfjets aus. Ob Sie jetzt Aktien von Rheinmetall oder Airbus kaufen sollten, müssen Sie also selbst entscheiden. – Max Ribeck

 

Herr Kluge hat ja so recht: Nur ein völlig neues Denken kann uns allen den Notausgang weisen aus diesem Dilemma. Frau Baerbock hat sich – wie die meisten – längst verrannt. Jede Rakete, jeder Panzer, jeder Kampfjet und was weiß ich nicht noch alles verlängert diesen Krieg unnötig weiter. Herr Kluge sagt den unbequemen Satz: Damit die Ukraine einen befriedigenden Sonderstatus in der EU erhält, müssen auch Interessen Russlands erfüllbar werden. (Das hat schon vor Monaten ein UN-Berater in einem Beitrag geäußert.) Ja, die Toten mahnen uns – nicht aufzurüsten, sondern zu verhandeln; erst recht die ungezeugten Kinder.

Wir haben ihnen gegenüber eine Verantwortung. In dem Zusammenhang endlich mal ein Hinweis auf das Friedensgebot auf Grund des Grundgesetzes. Auch Herrn Hbermas in der gleichen ZEIT-Ausgabe gebührt mein Dank für seine Idee der Initiative für Verhandlungen. Schämen tue ich mich hingegen für die Worte des ukrainischen Kulturministers, ebenfalls abgedruckt in der Ausgabe. Lassen wir uns nicht vor seinen Karren spannen! Ich hoffe auf ganz viel kulturellen Austausch mit Russland, mit russischer Kultur, mit russischen Menschen. Ja, ich höre weiter gerne Tschaikowsky und unterstütze damit bei mir und allen Zuhörenden Frieden in meiner Seele. – Klaus Aumann

 

Ich bezweifle, ob das derzeit verfügbare diplomatische bzw. militärische Werkzeug ausreicht, diese Katastrophe wirklich zu beenden.Angesichts eines möglich erscheinenden Atomkrieges muss es erlaubt sein, völlig neu und losgelöst von etablierten Glaubenssätzen über die seit Jahrtausenden vorherrschende „Logik“ von Kriegen nachzudenken. Konkret: Was muss verändert werden, damit Kriege einfach nicht mehr möglich sind? Unter welchen Bedingungen ist eine solche Utopie realisierbar? Sicherlich müssen alle, wirklich alle Staaten dieser Erde, auf die Fähigkeiten dazu verzichten. Zieht der potentielle Gegner dabei mit, so würde der Aspekt der Angst und das gegenseitige Misstrauen entfallen.

Die Situation für ein unerhört neues Denken out of the box sind heute ziemlich günstig. Der Ist-Zustand ist unerträglich! Die Blaupause für eine Zukunft ohne Kriege gibt es schon: In den USA hatten alle Teilstaaten Macht an die Zentralregierung abgegeben. Wichtige föderale Strukturen und Eigenständigkeit blieben unangetastet. Damit gehörten Kriege unter den Staaten der Vergangenheit an.

Dies auf die Länder dieser Erde zu übertragen ist um Vieles schwieriger und braucht Zeit. Es geht ja um nichts weniger als um die Abgabe der nationalen Souveränität bei der Verteidigung. Die heutigen Staatenlenker werden von dieser Vision eher weniger überzeugt sein. Sie wäre ohnehin eines der möglichen Ergebnisse einer Debatte unter 8 Milliarden Menschen, die sich erst der weitreichenden Bedeutung dieser Utopie vergewissern müsste. Vielleicht besitzt sie Potential für rasche Friedensverhandlungen? Wer weiß! – Manfred Zinke

 

In einem Ihrer Artikel wird formuliert: „totaler Sieg“. Es fehlen einem die Worte… https://www.youtube.com/watch?v=Mv_7XrH2UW4R. Kenn

 

Ohne Ausgabe 8 zu kennen habe ich mit drei alten Freunde (alles alte, weiße Männer, Durchschnittsalter 80 Jahre) im Skiurlaub beim abendlichen Bier über Ihre Titelfrage nachgedacht. Im Unterschied zu Ihren Autor*innen ging keiner von uns von dem heute üblichen Schema „Sieg oder Niederlage“ aus. Uns war klar: Ein wirklicher, dauerhafter Friede kann sich daraus nie ergeben. Selbst ein noch so schöner Kompromiss wird mindestens eins der Völker unbefriedigt lassen (eher noch beide) und deshalb nur ein vorübergehender Waffenstilland sein. Wirklicher Friede braucht Versöhnung.

Da darrf es keine Verlierer geben. Alle die in diesem Koflikt Einfluss haben und echten Frieden wollen, müssen deshalb nach einem win-win-Ergebnis suchen. Ist das zu viel verlangt? Eine Unmöglichkeit? Sollen wir wirklich abwarten, bis jetzt noch Ungeborene es besser können? Unter uns Vieren gab es weder Politiker, noch Juristen, noch Militärs, noch Diplomaten. Trotzdem – oder vielleicht deshalb – fand jeder von uns eine Möglichkeit für ein Win-win-Ende dieses Konflikts. Noch dazu: Jeder von uns eine andere. Ich will sie hier kurz skizzieren und sie ordnen von der gemeinsam am stärksten gewünschten bis zur am wenigsten gewünschten Lösung:

1. Verbrüderung der Frontsoldaten beider Seiten, analog etwa dem“kleinen Frieden im großen Krieg“ an der deutschen Westfront Weihnachten 1914. Im Unterschied zu damals dürften sie nach der Verbrüderfung aber nicht in Ihren Stellungen bleiben, sondern müssten sich in Richtung der je eigenen Hauptstädte bewegern und ihre Regierungen zu einer Politik des Friedens und der Versöhnung zwingen. Warum sollte es nicht einen großen Frieden im relativ kleinen Krieg etwa zu Ostern 2023 geben können?

2. UNO und / oder Internationaler Gerichtshof schlagen nach international kontrollierter Volksabstimmung und Abwägung sozialer, wirtschaftlicher und historischer Gesichtspunkte einen möglichst gerechten Grenzverlauf vor. So weit dieser Verlauf nicht von beiden Seiten Anerkennung findet, werden aus umstrittenen Gebieten Sonderdistrikte analog dem Sonderdistrikt Brcko nach dem letzten Jugoslawienkrieg. Die Grenze zwischen Ukraine und Russland verlöre an Bedeutung (vgl. Südtirol oder Schleswig-Holstein).

3. Militärbefehlshaber entlegener Gebiete sagen sich von Moskau los und erklären sich zu Chefs selbständiger Staaten. Wenn erst einer den Anfang macht, wenn sich z.B. Sewastopol mit ukrainischer Zustimmung zum neutraler Stadtstaat erklärte – ein „europäisches Singapur“ (die Ukraine bekäme dafür die Krim mit Ausnahme Sewastopols zurück),könnte das bald Schule machen, in Kaliningrad, Grosny, Wladiwostok, . . .und die Zahl russischer Stimmen in der UNO würde rasch wachsen.

4. Analog 1905 und 1917 rebellieren die russischen Soldaten gegen die Zarenclique von 2023. Ohne Intervention von außen, höchstens mit Hilfe Beratung durch die UNO könnte da sicher ein besseres Resultat herauskommen als 1917. Und der heutige Zar mit seinem Hofstaat und Familie müssten nicht umgebracht werden, sondern könnten einen ruhigen Lebensabend auf ihren luxuriösen Schlössern oder Schiffchen verbringen.

Alle 4 Möglichkeiten scheinen uns heute reichlich unwahrscheinlich. Aber auch der Krieg schien uns allen 2021 wohl auch reichlich unwahrscheinlich. Nach Wahrscheinlichkeit geordnet ergäbe sich in meinen Augen die Reihenfolge 2 – 3 – 4 – 1 . Sieg oder Niederlage der einen oder anderen Partei sind aber wohl leider noch wahrscheinlicher. Da ließe sich mit entsprechender Propaganda aber sicher noch einiges ändern. ZEIT mach mit! – Helmut Steiner

 

Unglaublich wie locker Sie hier mit Nazi-Sprech um sich werfen. Was für einen Aufschrei würde es geben, wenn Frau Weidel solche Worte verwenden würde. Aber Linke dürfen das ja….. – Thomas Fechter

 


 

 

Leserbriefe zu „Wer ist hier unanständig?“ Streit von Jana Hensel und Martin Machowecz

 

Die Dreistigkeit von Frau Hensel steht der von Franziska Giffey und Bettina Jarasch in Nichts nach. Wie arrogant ist alleine der Satz: „… sollte Rot-Grün-Rot einfach weitermachen, die Stimmen der konservativen Wähler ignoriert würden, kann man in Berlin zwar bedauerlich finden, ist aber nun mal Usus in einer Demokratie.“ Ach so, knapp 30 Prozent haben zwar den Gewinner gewählt, interessiert aber nicht, weil drei klare (!) Verlierer weiterwurschteln wollen. Wer so denkt, darf sich nicht wundern, wenn immer mehr Menschen radikal abdriften bzw. keine Lust mehr auf Politik haben. Wie ignorant muss man sein, um nicht erkennen zu wollen, dass dieses RRG-Desaster mehr als nur eine simple, knappe Wahl-Niederlage war, die eine weiter-so-Politik rechtfertigen würde?

Und ja, Wahlkampf ist hart. Steckt schon im Wort drin, dass hier nicht mit Wattebällchen geworfen wird. Aber wie, bitte, kann man sich über so harmlose Plakate wie „Berlin, wähl dich neu“ und „Berlin feiern, Senat feuern“ echauffieren und einer Partei vorwerfen, dass sie klare Positionen vertritt, über die man sicher streiten kann? Nein, die geradezu trumpesken Züge, besonders von Franziska Giffey, sind nur noch unanständig, peinlich und erbärmlich. – Thomas Klementz

 

Habe ich Frau Hensel richtig verstanden:? sie plädiert dafür, daß die Opposition im Wahlkampf nicht ihr eigenes Programm anbietet sondern mit Rücksicht auf einen möglichen Koalitionspartner sich dessen Politik annnähert. Mein lieber Mann, auf die Idee muß man erst einmal kommen. Folgendes ist mir bei der Lektüre noch aufgefallen: zweiter Absatz, zweiter Satz: …. alles andere….. Wenn ich mich an meine lange zurückliegende Schulzeit erinnere hätte ich in diesem Fall …Andere…. groß geschrieben. – Klaus Grasenick

 

Dieses Wahlergebnis beschert den demokratischen Parteien ein Dilemma. Wenn man schon die Moral bemüht – jeder mögliche Ausweg ist „unanständig“. „Business as usual“ wird kaum gehen, man ignorierte das weitverbreitete Unbehagen an der Politik der bisherigen Koalition. Die CDU allerdings zum Opfer eines „undemokratischen“ Festhaltens an der Macht durch Rot-Grün-Rot zu stilisieren, wird der verfahrenen Situation nicht annähernd gerecht. – Das unerwartet gute Abschneiden der Christenunion ist zum großen Teil einem polarisierenden, populistischen Wahlkampf geschuldet – hier passt das böse Wort „unanständig“ sehr wohl. Ebendies auszusprechen, ist auch das gute Recht der Verlierer und keineswegs eine „Beleidigung“ der CDU, wie Martin Machowecz urteilt.

Um einen Koalitionspartner zu finden, müssen die Christdemokraten verbal „abrüsten“ und vor allem in der Verkehrspolitik Kompromissbereitschaft signalisieren. Ob sie diesen Mut aufbringen, möchte ich doch arg bezweifeln. Schwarz-Rot wäre der konservativen Wählerschaft vermutlich eher zu vermitteln als Schwarz-Grün, doch die eigentliche Zukunftsaufgabe, die Dekarbonisierung der Wirtschaft entscheidend voranzutreiben, bliebe auf der Strecke. (Eine kleine Fußnote: Wenn ich richtig informiert bin, war es doch der ehemalige Finanzsenator Thilo Sarrazin, der die Verwaltung kaputtgespart hat: ein Mann – zwar SPD-Mitglied -, der aber in der Migrationspolitik und Medienpolitik Positionen vertritt, die in der CDU durchaus mehrheitsfähig sind). – Rüdiger Paul

 

Die Kontroverse ist das Salz in der Suppe des politischen Diskurses. Daran ist nichts Unanständiges. Belanglose Rhetorik, gar Anbiederung verwischen die Konturen und verweisen den Wähler eher auf das heimische Sofa. So geschehen in NRW mit 45 % Nichtwähler. Sollte das eindeutige Wahlergebnis in Berlin nicht zu einem Regierungswechsel führen, wird die Antwort an den Urnen demnächst umso heftiger ausfallen. Dann könnte eine geläuterte AfD eine Rolle spielen, die nicht weniger abstoßend wäre als manche SED Nostalgik. – Christoph Schönberger

 

Herr Machowecz schreibt, „Dabei wurde das (RRG-Bündnis) abgewählt, jedenfalls inhaltlich und moralisch.“ Wenn man sich die Sitzverteilung des neuen Berliner Senats anschaut kann man unschwer erkennen, daß RRG mit 90 Sitzen 10 mehr als die absolute Mehrheit hat. Dies unter der Rubrik „abgewählt“ zu verorten ist eine interessante Interpretation. Zum Glück entscheidet in der deutschen Demokratie die Anzahl der Sitze über Regierungen und nicht die moralische Bewertung von Kommentatoren. Und das ist gut so. – Wolfram Leonhardt

 

„Anständig / unanständig“ ist keine hilfreiche Begrifflichkeit, um den Spielraum für Gespräche, Verhandlungen und eine Regierungsbildung in Berlin näher zu definieren. Markiert das Begriffspaar doch eine Grenze, um kategorische Ausgrenzungen zu ermöglichen. Natürlich erschweren Positionierungen aus dem Wahlkampf das Finden einer gemeinsamen Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit.

Es geht nicht um Anstand, sondern um Verantwortung, für Berlin und die zentralen Themen unserer Zeit. Und es geht um Klugheit, nämlich die Wahlkampfrationalität (die sich immer häufiger als Irrationalität zeigt) hinter sich zu lassen und in der Regierungsrationalität anzukommen. Und um Mut, sich zugunsten eine gemeinsamen Sache auf Risiken einzulassen. Wie groß diese Herausforderungen sind, zeigt die Ampelkoalition im Bund, wo besonders die FDP sich immer noch im Wahlkampfmodus befindet. Wie schön wäre es doch, wenn Weisheit eine Kategorie in der Politik sein könnte. – Reinhard Koine

 

Wer die dicken schwarzen Kreuze auf den – vollzähligen? – Berliner Wahlzetteln ignoriert, wer auf dem schlaglochübersäten rot-grün-roten Weg weiterstolpert, der wird am Ende sein blaues Wunder erleben! Oder sein grünes, wobei grün in diesem Fall nicht etwa die Farbe einer Mitregierungspartei, der Natur oder gar der Hoffnung ist, sondern des Propheten! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

„Abgewählt“ ist der, der ein Abgeordnetenmandat hatte und nach der Wahl nicht mehr hat. „Gewählt“ ist der, der ein Abgeordnetenmandat erhalten hat. Eine Partei, die von knapp 1/5 der Wählerstimmen auf knapp 1/3 der Wählerstimmen kommt, hat definitiv weniger als die absolute Mehrheit. Sie braucht also Koalitionspartner. Eine Partei, die unter die 5% fällt, ist abgewählt und fällt als Koalitionspartner aus. Einen „Regierungsauftrag“ hat keine Partei, keine Koalition, sondern derjenige Abgeordnete, der von der Mehrheit aller Abgeordneten zum neuen Regierungs-Chef gewählt wird und damit den Auftrag bekommt, eine Regierung zu bilden. Unanständig ist jeder, der versucht, den Leuten etwas anderes einzureden. Gefährlich ist, wer den Leuten einreden will, jemand, der seine Minderheit vergrößern konnte, hätte ein Recht auf Koalition mit anderen. – Hans List

 

Die CDU erreichte bei der Bundestagswahl 2021 24,1 % der Wählerstimmen, die SPD 25,7 %. Armin Laschet wollte trotzdem Bundeskanzler werden und sah den Regierungsauftrag bei sich und der CDU. Dieses Ansinnen bescherte ihm bekanntlich nicht nur Hohn und Spott, sondern auch viele böse Worte der politischen Konkurrenz.

Nun sieht sich Franziska Giffey mit 18,4 % als Regierende Bürgermeisterin von Berlin bestätigt und will am liebsten mit den Grünen und Linken weiter koalieren. Frau Giffey hat nicht einmal ihr Direktmandat in Berlin gewonnen, die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Kai Wegner hat fast 10 % mehr Wählerstimmen geholt. In Hinblick auf die Bundestagswahl 2021 müsste jetzt auch die SPD anerkennen, dass sie und Franziska Giffey die Wahl in Berlin verloren haben und entsprechende Konsequenzen daraus ziehen. Das bleibt aus, das Wahlergebnis wird ganz anders interpretiert.

Allen voran macht die SPD – Vorsitzende Saskia Eskens die CDU für eine Spaltung Berlins verantwortlich und meint, dass die CDU deshalb keine „Machtoption“ haben könne. Es ist schon bemerkenswert, wie Saskia Eskens völlig ausblendet, dass die CDU mehr als 28 % der Wählerstimmen erhalten hat und lässt diese Wählerinnen und Wählern damit indirekt wissen, dass ihre Stimme nichts wert ist. Das ist tatsächlich schäbig und eigentlich noch unanständiger, als der CDU Spaltung vorzuwerfen und damit jegliche eigene Verantwortung für den „Zustand“ Berlins von sich zu weisen. Tatsächlich ist Berlin wieder gespalten, in Mitte und den Rest.

Noch bleich von dem Schock über das schlechte Wahlergebnis kündigt Franziska Giffey an, sich jetzt mehr um die innere Sicherheit, die Verwaltungsreform und die Verkehrspolitik in Berlin kümmern zu wollen. Alles Themen, die die CDU in ihrem Wahlkampf aufgegriffen hat. Martin Machowecz bemerkt zu recht, dass so ein Neuanfang in Berlin nicht gelingen kann. Noch viel mehr recht hat er damit, dass aus der Sicht vieler Berliner die rot-grün-rote Regierung eine von Ideologie besetzte Politik betreibt. Das ist der Anfang vom Ende einer sachgerechten Politik und ganz schön ernüchternd für viele Berlinerinnen und Berliner, wenn sie ihrer Regierenden Bürgermeisterin klar das Vertrauen entziehen und dann doch damit zu rechnen haben, dass ihnen diese Bürgermeisterin erhalten bleibt.

Jana Hensel meint, dass man im Wahlkampf nicht so wüten kann wie die CDU, wenn man eine Stadt wie Berlin regieren will. Ein schwaches Argument. Der Wahlkampf allein entscheidet bestimmt nicht, welcher Partei jemand zustimmt oder auch nicht. Wahlkampf ist plakativ und im Grunde nur eine „Momentaufnahme“. Entscheidend ist das politische Tagesgeschäft, wie eine Partei regiert und welche positiven Ergebnisse sie vorzuweisen hat. Und diese Ergebnisse waren bisher in Berlin ganz offensichtlich zu mager. – Regina Stock

 

Ihre rhetorische Frage „So reden Verlierer?“ ist M.E. richtig gestellt. Kleine Ironie: „Erfüllt ein formales System diese Eigenschaft (Widerspruchsfreiheit) nicht, so könnte es kaum wertloser sein. Es würde uns gestatten, jede beliebige Aussage zu beweisen.” Würden wir uns an Widerspruchsvolle Systeme gewöhnen, fiele uns keine unzutreffende Aussage auf, sie wäre sogar beweisbar. Erst wenn wir aus dem System herausträten, fiele uns etwas auf. Frau S. Esken fällt Nichts auf. Quelle des Zitats: Dirk W. Hoffmann, Theoretische Informatik, 5.Aufl. , p. 19. – Dr. Klaus Miltenberger

 

Die Regierungskoalition in Berlin hat einen Dämpfer bekommen und wird gut daran tun, über Konsequenzen zu beraten. Eine Argumentation hingegen, die die Regierungsbeteiligung der CDU als moralisch geboten betrachtet, ist völlig unangebracht: rund 28% aller Wähler wollen, dass die CDU regiert, und 49% (gemäß den Stimmen für SPD, Grüne und Linke) wollen das nicht. Ein eindeutiges Votum. – Stefan Meyer

 

Martin Machowecz unterschlägt, dass die SPD und das Linksbündnis die ursprüngliche Wahl im September 2021 klar gewonnen hatten. Was hat den Stimmungsumschwung in so kurzer Zeit bewirkt: Die ungeliebte, von der FDP häufig sabotierte Ampel-Regierung, die Wahlpanne, die zu dieser Wiederholungswahl führte, und allem voran die Silvesterkrawalle, die von der CDU schamlos und rassistisch ausgebeutet wurden. M.M. fragt dazu verharmlosend: „Wie kann ein Wahlkampf spalterisch sein, der die Probleme anspricht (?), die eine Stadt spalten“.

Vorher heißt es bei ihm allerdings zutreffend: „Und auch wenn sie (die CDU) da rhetorisch manchmal mit dem Hackebeil unterwegs war“. Ich habe gelernt, dass der Sinn und Zweck eines Hackebeils darin besteht, zu spalten. Wer also war hier unanständig? Außerdem wollen immer noch mehr Berliner die linke Koalition als eine konservative Regierung; sonst wäre die Freitspsrtei nicht abgewählt worden. – Sven Herfurth

 


 

 

Leserbriefe zu „»Ich hoffe sehr, dass Deutschland die Entschiedenheit und das Tempo so hoch halten kann«“. Gespräch mit Robert Habeck geführt von Roman Pletter et al.

 

Tabu gewahrt. Es scheint das große Tabu unserer Zeit zu sein: Keine Frage der Journalisten und keine Aussage des Ministers zur Notwendigkeit, den Gesamtenergieumsatz endlich zu senken. Wenn demnächst 10 Milliarden Menschen das Nötige erhalten sollen, werden die Wohlhabenden vernünftiger und wohl auch bescheidener mit den Ressourcen umgehen müssen. – Bernhard G. Suttner

 

Bei aller Förderung von Wind- und Solarenergie, warum bauen wir keine Gezeitenkraftwerke an der Nordseeküste und evtl noch Strömungskraftwerke an Elbe, Weser und Rhein. Die sind alle unabhängig von Wind und Wetter, Sonne und Regen, Winter und Sommer und die Gezeiten funktionieren auch beim Klimawandel. – Wolf Fircks

 

Mit der Lektüre des Artikels „Gründlich verpennt“ in „Die Zeit“ vom 09.02.2023 traf mich die erschreckende Erkenntnis, dass die Abschaltung von 14 Kohlekraftwerken im Jahr 2021 nicht zur Verringerung des CO2-Ausstoßes beigetragen hat, weil das Bundeswirtschaftsministerium bis Ende 2022 keine Löschungsmeldung an die EU geschickt hat, damit CO2-Zertifikate in entsprechendem Umfang (ca. 100 Millionen Tonnen) hätten gelöscht werden können. Nun dürfen andere Unternehmen diese Zertifikate erwerben und dieses CO2 ausstoßen.

Dem Klima ist nicht geholfen. Fassungslos war ich dann, als in dieser Woche (16.02.2023) im Interview auf Seite 19f beim Thema Klimaschutz keinerlei Nachfrage an Herrn Habeck in dieser Angelegenheit erfolgte. Soll auch noch der RWE-Kompromiss dieses Schicksal erleiden und die beharrliche Arbeit so vieler Klimaschützer und Klimaschützerinnen im Nachhinein entwertet werden? Wurden personelle, organisatorische oder rechtliche Schritte eingeleitet, damit sichergestellt ist, dass die Löschungsmeldungen jetzt rechtzeitig erfolgen?

Wie soll der angerichtete Klimaschaden wiedergutgemacht werden? Bitte haken Sie nach! Alle im Klimaschutz engagierten Menschen brauchen das Vertrauen, dass ihre Erfolge am Ende nicht durch bürokratische Fehler wieder zunichte gemacht werden. Falls ich die Zusammenhänge falsch verstanden haben sollte, oder eine Nachfrage bei Herrn Habeck und Berichterstattung darüber bereits zeitnah geplant ist, sehen Sie bitte von einer Veröffentlichung des Textes ab. – Christina Geissel

 

Ja wie? In einer Woche echauffieren sie sich darüber, dass Habecks Ministerium die Zertifikate aus dem vorgezogenen Braunkohleaufstieg vergessen hat aus dem Markt zu nehmen und eine Woche drauf führen sie ein großes Interview mit ihm und das Thema wird mit keinem Wort erwähnt? Wars doch bloß heiße Luft (ohne Kohlendioxid)? – Matthias Jungkurth

 

Liegt es an den Interviewenden oder am Interviewten, wenn Robert Habeck so souverän, authentisch, transparent und aktiv rüberkommt? Keine Frage bringt ihn in Erklärungsnot, Rollenkonflikte oder die Versuchung zu Seitenhieben oder Selbstüberhöhungen. Wir lernen einen sehr trittsicheren Wirtschaftsminister kennen, der sich nicht als abgehobener Lobbyist für die Wirtschaft versteht, sondern als bodenständiger Regierungsarbeiter. Dabei produziert er Ergebnisse und ordnet diese erklärend sehr schlüssig ein.

Weder verliert es sich im Detail noch im Grundsätzlichen. Mit jeder Antwort geht er in eine umfassend reflektierte und abgewogene Verantwortung, immer in der Wir-Form. „Ich“ verwendet er nur bei persönlichen Äußerungen (Meinungen, Empfindungen, Erwartungen). Er steht voll und ganz in der Verantwortung der Bundesregierung, die sogar auch die Arbeit der Vorgängerregierung einschließt. Wenn es allen in der Bundesregierung gelingen würde, mit dem Amt so zu wachsen, dann kann das mit der Ampel durchaus noch etwas werden. Es steht noch aus, eine Ampel-Regierung als ein trag- und zukunftsfähiges Modell zu zeigen und dem ursprünglichen Anspruch einer „Fortschrittskoalition“ gerecht zu werden. – Reinhard Koine

 

Im Juni 2022 kündigte Wirtschaftsminister Habeck an, wegen der drohenden Mangellage „um jede einzelne Kilowattstunde Strom zu kämpfen“. Am 16. Februar 2023 sagte er hier im Interview: „Die Atomkraftwerke sind kein wesentlicher Bestandteil der deutschen Energie- Infrastruktur mehr“. Mitte April werden unsere restlichen 3 AKW abgeschaltet. Bei 3 mal 1.4GW Leistung und 90% Auslastung wird deren Jahreskapazität von 33 112 800 000 kWh Strom vernichtet. Ist sich Habeck dieser Zahlen bewusst? – Manfred Bauer

 

Während Robert Habeck von Termin zu Termin eilt, versucht essentielle Probleme zu lösen und kaum Zeit hat, in Ruhe ein Interview mit Ihnen zu führen, vertritt Christian Lindner auf elegante Weise und öffentlichkeitswirksam die deutschen Interessen auf dem Wiener Opernball. – Dr. Eckhard Bonnet

 

Lieber Herr Harbeck, machen Sie Sich nicht vorzeitig kaputt! Wir brauchen Sie noch eine ganze Zeit als Langstreckenläufer!! – Prof. Dieter Mutschler

 

Die Aussagen von Minister Habeck zur Kernenergie erinnern mich doch sehr an die katholische Kirche und die Unbefleckte Empfängnis Mariens. Schwer zu erklären und noch schwerer zu verstehen, man muss halt dran glauben. – Peter Pielmeier

 

Herr Robert Habeck ist eine politisch tragische Figur. Wollte Kanzler werden, wird aber als ,,ich küsse Eure Füße, oh Emir“ wahr genommen. Ungerecht ? klar ! Und..? – Thomas Walter

 

Den Antworten Habecks braucht und darf man nichts hinzufügen. Es ist alles stimmig, egal in welche Richtung. Wenn man bedenkt, dass seit dem 8. Mai 1945 wir (West-)Deutschen noch nie so eine Eskalation wie den Putinschen Krieg hatten, ist es sehr bemerkenswert, was die Regierung leistet. Dabei hat sich Westdeutschland immer „kuschelig unter dem Rock der Amis“ hochgepäppelt, wovon seit 1990 auch die Ostdeutschen etwas haben. Um so irritierter muß man sein, wenn selbst die „Schwarzen“,, die CDU und die CSU dies als „Problemchen“ unter vielen der letzten Jahrzehnte dem Bundesbürger verkaufen wollen nach dem Motto. Nun macht mal hinne … Dabei haben 32 Jahre Kohl und Merkel doch wohlweislich genug Scherben und Unerledigtes hinterlassen.

Abgesehen davon haben die Grünen natürlich ein völlig anderes Profil „zwangsweise“ erhalten. Die Meinungen , Erklärungen und Diskussionsbeiträge der Gegner der Unterstützung demokratischen ukrainischen Erhaltungstriebes, egal ob Linke, ob AFD, ob S.Wagenknecht gepaart witzigerweise mit Alice Schwarzer sind insofern marginal. Deren Forderung ist so, wie wenn ein Unbeteiligter einem Anderen das Töten dessen Kindes bedauert aber sonst fordert, sich damit abzufinden. In was für einer Welt leben die denn ? Wie Putin „voranzugehen gedenkt“, zeigt sich doch in seiner neuen Androhung, Weißrußland mit ins „russische Boot“ zu holen.

Dabei darf man nie vergessen, dass es nicht die Russen sind, sondern die „geile“ Machtstruktur der Putins, der Stalins, der Lenins ! Auf dem „blutigen Rücken der Russen und anderer Völker“ wurden diese barbarischen Machtstrukturen immer gegründet. Deshalb gehört Putin auch vor ein Kriegsgericht, am besten eines Staates (Texas z.B.) mit Todesstrafe, damit der die gerechte Strafe erhält, egal ob per Spritze, Fallbeil oder per Strick. – Rainer Rehfeldt

 


 

 

Leserbriefe zu „»Angetrieben durch den bellizistischen Tenor einer geballten öffentlichen Meinung«“ von Peter Neumann

 

Hitler, Stalin, Putin. Das Drama des durch nichts zu rechtfertigenden russischen Angriffskrieges auf europäischem Boden gegen die Ukraine nahm seinen ideologischen Anfang im Hitler- Stalin Pakt vom August 1939. Ihm lag nicht nur das kriegerische Denken Hitlers, sondern auch die imperialistische Ideologie der Sowjetunion zu Grunde, ihre Macht zu vergrößern und Nachbarstaaten diesem Machtanspruch unterzuordnen. Polen, das Baltikum, Finnland und Bessarabien teilten sich die Diktatoren für ihre folgenden Kriege in Interessensphären auf.

Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges, den Hitler in Größenwahn und mit beispielloser Vernichtungsmaschinerie entfacht hatte, unterjochte die Sowjetunion die osteuropäischen Nachbarstaaten. Als Stalin einsehen musste, dass nach den ersten demokratischen Wahlen in Berlin die KPD wie in der Weimarerzeit nur eine unbedeutende kleine Partei blieb, verfügte er kurzerhand mit Gewalt die Zwangsvereinigung von SPD und KPD. SPD Abgeordnete wurden eingesperrt oder erlitten andere Zwangsmassnahmen. Ohne diese Zwangsvereinigung hätte die DDR nie entstehen können.

Der sowjetische imperialistische Machtanspruch zeigte sich weiter in der Niederschlagung des Aufstandes in der DDR 1953, des Aufstandes in Ungarn 1956 und der Besetzung der Tschechoslowakei in 1968. Es mag sein, dass auch sog. Hilferufe der damaligen Regierenden die Interventionen begünstigten. Im Kern ging es zur Wahrung der sowjetischen Vorherrschaft um die Niederschlagung selbständig denkender Völker und freiheitlich denkender Menschen. Die Vasallenstaaten wurden als Bruderstaaten bezeichnet,was sie in Wirklichkeit nie waren, sondern sie standen unter der Bevormundung der Sowjetunion. In ihrer Nationalhymne wurde die „ruhmreiche Sowjetunion“ besungen. Wir haben „in Schlachten das Heer uns geschaffen und schlagen den Feind… und führen von Sieg zu Sieg“. Auch Thälmann übernahm dieses Vokabular vom Siegen und bekannte :“ Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen“.

In besetzten Gebieten errichtete die Sowjetunion als Zeichen der ruhmreichen Kriege Denkmäler, die Waffen und vor allem Panzer zeigen. Soldatenfriedhöfe, die stilles Zeugnis des verlorenen Lebens der Soldaten ablegten und an die unmenschliche Seite eines jeden Krieges erinnerten, wurden weniger gebaut, weil sie nicht geeignet waren, den Ruhm der siegreichen Sowjetunion unter Beweis zu stellen. Die großen Soldatenfriedhöfe im Westen Europas sind ein Beispiel für das unterschiedliche Denken über Lehren aus Kriegen.Die baltischen Staaten haben jüngst sowjetische Panzerdenkmäler abgerissen, weil sich in Ihnen kriegerisches Denken manifestiere.

Zur Zeit der Sowjetunion diente vor allem die kommunistische Ideologie zur Festigung der Vorherrschaft über Nachbarvölker. In ihnen wurden Denkmäler errichtet, die vom Sowjetstern gekrönt sind. Er soll vor allem dazu aufrufen, die kommunistische Vorherrschaft in der ganzen Welt zu errichten.Es ist verwunderlich, wie lange diese Botschaft in deutschen Köpfen wohl auch als stille Bewunderung der siegreichen Sowjetunion blieb und Denkmäler mit dem Sowjetstern nach wie vor in vielen Gemeinden Ostdeutschlands stehen, obwohl die Botschaft des Sterns von der kommunistischen Vorherrschaft in der Welt längst ausgeträumt ist.

In der Zeit Gorbatschows zeigte die Sowjetunion ein friedliches Bild.Jelzin sorgte schließlich für ihren Zerfall, indem er entschied, dass Russland selbst aus ihr ausschied. Dies ist in den Augen Putins die größte Katastrophe. Er will mit allen Mitteln ihre alte Größe wieder herstellen und beruft sich auf die Vorherrschaft der russischen Kultur. Nur sie könne den Zerfall des Reiches infolge des Einflusses der westlichen sündhaften Kultur aufhalten.Putins tief verankertes Kriegsdenken hat ihn getrieben,Tschetschenien, Georgien, Syrien und die Krim zu überfallen.

Seine koloniale Attitüde trieb ihn in den Dombass und am 24.02.2022 in die übrige Ukraine. Sie habe früher zum russischen Kulturkreis gehört. Deshalb müsse sie in die Sowjetunion wieder eingegliedert werden. So könne die Sowjetunion als beständiger Garant der russischen Kultur wieder entstehen. Putin verdrängt die Tatsache, dass die Ukraine in der Vergangenheit nicht nur von Russen, sondern auch von Bürgern aller Nachbarstaaten einschließlich Deutschlands, den Krimtataren und auch Juden besiedelt wurde.

Zudem gehörte die Ukraine im Laufe der Geschichte verschiedenen Staaten wie Polen, Russland und der Habsburgermonarchie an.Russland erkannte 1991 die Ukraine als selbständigen Staat an.In einem freien Referendum hatten 90 % der Ukrainer für die Unabhängigkeit gestimmt.1994 übergab die Ukraine die auf ihrem Gebiet lagernden Atomwaffen an die Sowjetunion, die im Gegenzug im Rahmen des Budapester Memorandums die volle Souveränität der Ukraine und ihre Grenzen,einschließlich der Krim , garantierte.

Putins Eroberungskrieg wird trotz der Komplexität der ukrainischen Geschichte vom russisch orthodoxen Patriarchen „gesegnet“, weil er seine Kirche, die neben anderen Glaubensrichtungen auch in der Ukraine beheimatet ist, durch die westliche Kultur bedroht fühlt. Putin kann glauben, einen heiligen Krieg zu führen. Es ist fatal, dass er dies dem russischen Volk uneingeschränkt eintrichtern kann, weil sein diktatorisches Regime jede freie Meinungsäußerung oder unabhängige Presse verbietet. Dies erinnert an die Propaganda und Unterdrückung der freien Information durch die Nazis.

Die ständigen Raketenangriffe auf die Ukraine, denen neben den Zerstörungen der Infrastruktur unschuldige Menschen zum Opfer fallen, stehen Stalins betriebenen Holodomor von 1932/33 gleich. Auch damals ging es gegen die Autonomie der Ukraine.Der Widerstand vor allem der ukrainischen Bauern gegen die bolschewistische Zwangskollektivierung und gegen die Moskauer Zentralgewalt brandmarkte Stalin als Nationalismus. Der heutige Kampf der Ukraine zur Wahrung ihrer Selbständigkeit ist nach Putins Worten ein Kampf von „Nazis“ zur Verteidigung nationalsozialistischer Reiche.Die Verwendung nationalsozialistischer Worte soll an den großen Krieg gegen die wirklichen Nazis erinnern.

Der völkisch russische Neo-Imperialismus verbietet Nachbarstaaten, selbst über ihr Schicksal zu entscheiden. Putin befürchtet angeblich, der russische Einfluss würde sinken, wenn Nachbarstaaten vom Recht der Selbstbestimmung Gebrauch machen. Er versucht, dem Westen vorzugaukeln, dass seine Sicherheitsinteressen durch die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes bedroht seien. In Wirklichkeit will er sich eine jederzeitige Einmarschmöglichkeit zur Sicherung seines Nationalimperalismus bewahren. Seit Hitler ist kein westlicher Staat in Russland einmarschiert oder hat hiermit gedroht.

Auf Grund der diametral entgegengesetzten Ansichten über die Werte eines freien Selbstbestimmungsrechtes der Völker zwischen dem Westen und Putin erscheint eine Beendigung des Gemetzels nicht in Sicht. Der Westen kann aus humanitären Gründen den Hilferuf der geschundenen Ukrainer nicht ignorieren. Er befürchtet zu Recht, dass Putin bei einem Erfolg künftig weitere Nachbarstaaten überfällt und freies Denken wie in der Sowjetunion auch hier unterbindet. Die unantastbare Würde des Menschen als freies und verantwortungsvolles Wesen ist sowohl in der Ukraine als auch in weiteren europäischen Staaten somit substantiell bedroht.Der Westen leistet zu Recht zur Wahrung dieser fundamentalen Werte eine nach dem Völkerrecht zulässige Beistandshilfe, da der Überfall Putins auf die Ukraine völkerrechtswidrig ist.

Vielleicht sollte Putin ein Double des Bildes von Otto Dix über die schrecklichen und unsinnigen Schlachten in Flandern während des ersten Weltkrieges geschickt werde. Es sollte die Frage gestellt werden, welchen Sinn ihm sein russischer Siegeswahn, der zu einem „ukrainischen Flandern“ führe, im 23. Jahrhundert brächte.Leider versäumen es die christlichen Kirchen in Europa, der russisch orthodoxen Kirche vorzuhalten,dass die gemeinsame Bibel Putins Angriffskrieg zur angeblichen Rettung der russischen Kultur nicht rechtfertigt. – Dr. Albert Hüchtker

 

Die Debatte über die Forderung nach Verhandlungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine ist auch dadurch gekennzeichnet, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer darin kaum vorkommen, zumindest nicht als eigenständige Subjekte. Dabei ist es die mutige ukrainische Zivilgesellschaft, die in Selbstmobilisierung den Widerstand gegen den Aggressor Russland trägt. Für den Westen zählt im Osten offenbar nur Russland, während die legitimen Interessen der Ukraine als souveräner Staat mit unverletzlichen Grenzen ignoriert werden. Gleiches gilt für die direkten Nachbarn wie Polen oder Balten und deren Befindlichkeiten.

Es geht um die Existenz der Ukraine und um die Stabilität des gesamten europäischen Kontinents. Jürgen Habermas kritisiert lieber ‚moralisch entrüstete Rufe‘ nach schlagkräftigen Waffen und den ‚bellizistischen Tenor‘ in der Debatte. Er zitiert Kanzler und Außenministerin , die jeweils fordern, die Ukraine dürfe den Krieg nicht verlieren, bzw. das Land müsse den Krieg gegen den Aggressor Russland gewinnen. Richtig. Habermas erkennt auch, dass Russland gar nicht willens und fähig ist für Verhandlungen, weil es auf einen Sieg gegen den Westen setzt und sein UdSSR-Imperium wieder errichten will. Dennoch verlangt er Verhandlungen. Wozu ? Zur Unterwerfung der Ukraine ? Si tacuisset philosophus mansisset. – Stefan Kaisers

 

Habermas macht, was seiner Zunft zur Ehre gereicht, darauf aufmerksam, welch gravierende Folgen der Krieg haben kann, weit über die Ukraine hinaus. Natürlich ist das zuallererst Putins Pflicht, das zu bedenken, weil er den Krieg vom Zaun gebrochen hat und niemand anderes, aber jetzt läuft die Kriegsmaschinerie und es ist auch Deutschlands Pflicht, seine Rolle (bis wohin?) gut und reiflich zu bedenken, wie es ja Bundeskanzler Olaf Scholz auch tut, dem Habermas, wenn ich ihn richtig gelesen habe, auch zustimmt. Habermas macht „Gedanken-Vorschläge“ zur „praktischen Vernunft“ zur Lösung eines scheinbar unlösbaren Konfliktes.

Über Einzelheiten lässt sich streiten, wie zum Beispiel über einen Waffenstillstand und Verhandlungen zur „Wiederherstellung des status quo ante vom 23. Februar 2022“, aber das ist ja wohl Sinn verschiedener Vorschläge. Habermas erwähnt dabei auch das politische Lager, das nach seinen Worten „die westliche Allianz nicht nur für berechtigt, sondern für politisch verpflichtet hält, der Ukraine in ihrem mutigen Kampf gegen den völkerrechtswidrigen, ja kriminell geführten Angriff auf Existenz und Unabhängigkeit eines souveränen Staates mit Waffenlieferungen, logistischer Unterstützung und zivilen Leistungen beizustehen“.

Es ist richtig, dass immer mehr Tote, Verletzte und Zerstörungen endlich ein Ende haben müssen, und es ist eben genauso richtig, dass Kriege heutzutage „mit den Maßstäben eines zivilisierten Zusammenlebens schlechthin unvereinbar sind“ (Habermas). Wer ihn dennoch beginnt, kann ihn auch beenden, wenn er es wirklich will, es sei denn, er setzt auf die Langfristigkeit seines mörderischen Vorhabens und die langsame Ermüdung des überfallenen Gegners und dessen verständlichen Wunsch nach dem Ende von Tod und Zerstörung. Falls Putin weiterhin auf diese mörderische Karte setzt, zwingt er die westliche Allianz zur ebenso verhängnisvollen Alternative, wie Habermas richtig schreibt, „entweder einzuknicken“, also die Ukraine ihrem Schicksal zu überlassen, „oder zur Kriegspartei zu werden“.

Verhängnisvoll deswegen, weil die westliche Allianz eben nicht, wie Sahra Wagenknecht in völliger polemischer Umkehrung der Tatsachen meint, einen „Wirtschaftskrieg“ gegen Russland führt, sondern weil es nicht nur um die Ukraine geht, sondern um eine „rote Linie“ des europäischen, ja internationalen Zusammenlebens, unabhängig von angeblichen Werten oder Ideologien. Ein Zusammenleben Deutschlands mit Russland ist nebenbei gesagt allein schon aus historischen und kulturellen Gründen unerlässlich – und wünschenswert. – Wilfried Mommert

 

Verräterisch schon das Zitat: „bellizistisch“! Warum verklasuliert Habermas seinen Vorwurf so professoral? „Kriegsgeil“ in Alltagssprache meint er doch, was er der Ukraine unterstützenden “ Öffentlichkei“t vorwirft. Wie schon sein Lehrmeister Heidegger geht nun auch Habermas einer totalitären Propaganda auf den Leim. Putin empfänglich für Habermas´ Diskurs-Theorie? Da vergeht sogar den Hühnern das Lachen. – karl heinz stoll

 

Die Überschrift über dem Artikel von Jürgen Habermas auf Seite 42 der Zeit Nr. 8 hat mich zum Nachdenken gebracht: „Angetrieben durch den bellizistischen Tenor einer geballten öffentlichen Meinung.“ Den „bellizistischen Tenor“ konnte man vor den meisten Kriegen hören, besonders gut in Deutschland vor dem ersten und dem zweiten Weltkrieg. Es ist eine merkwürdige Art steinzeitlicher Kriegs-Euphorie, die jeden Gedanken an alternative Lösungen lautstark übertönt. Einen dieser Gedanken möchte ich hier kurz ausführen.

Wie wäre es, wenn wir Russland den Beitritt zur EU in Aussicht stellten? Voraussetzung wäre das Ende des Krieges, die Anerkennung der Souveränität der Ukraine und die Verpflichtung, sich zu den Grundsätzen der Europäischen Union, also Demokratie mit Gewaltenteilung, Menschenrechten, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Unabhängigkeit der Justiz usw., zu bekennen. Das wird natürlich mit Putin nicht funktionieren, aber es wird ja (hoffentlich) ein Russland nach Putin geben, und warum stellen wir diesem Russland nicht eine attraktive Belohnung in Aussicht, statt nur mit Gewalt zu drohen? Es geht mir nicht um Hegemonie, sondern darum, den Krieg so nachhaltig wie möglich zu beenden und vielleicht die immer noch vorhandenen Reste des Eisernen Vorhangs in den Köpfen auf beiden Seiten ins Wanken zu bringen. Aus der Pädagogik wissen wir, dass die Aussicht auf Belohnung mehr Wirkung zeigt als die Strafandrohung. Warum also nicht hier? Bringt die Jungs in Russland mal ein bisschen aus dem Konzept! Wie wär’s? – Wolf Bruns

 

„Soll nun die Eigendynamik unserer aus guten Gründen geleisteten militärischen Hilfe ihren defensiven Charakter abstreifen, weil nur ein Sieg über Putin das Ziel sein kann? „ Jürgen Habermas in der Süddeutschen am 14. Februar 2023 „… Habermas …sich nicht nur wie schon zuvor gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine ausspricht…“ Peter Neumann in der ZEIT am 16. Februar über Jürgen Habermas. Es ist erschütternd, wie die ZEIT das Erbe ihres ehemaligen Mitherausgebers verspielt. Die ZEIT wäre das Medium, in dem so komplexe Überlegungen, wie Habermas sie in der Süddeutschen formuliert hat ein Forum hätten finden müssen.

Wohin führt uns dieser Konflikt? Wie müssen wir unsere Unterstützung für die Ukraine strukturieren, um nicht in selbst gebaute Fallen hineinzulaufen und die Kontrolle über unser Handeln zu verlieren? Kann es uns passieren, das wir die Ukraine ungewollt ihrem Schicksal überlassen müssen und was müssen wir rechtzeitig bedenken, um das zu vermeiden? Helmut Schmidt hat solche komplexen Strukturen Zeit seines politischen Lebens klar formuliert, von der „Strategie des Gleichgewichts“ 1969 bis zu seinen letzten Beiträgen in der ZEIT. Wenn nun Jürgen Habermas solche Überlegungen in der Süddeutschen herausragend formuliert und die ZEIT nur eine billige Polemik mit untergeschobenen Positionen zustande bringt – was soll das? – Hans-Ronald Niehus

 

Vorweg: Eine aufgeklärte, freiheitlich demokratische Gesellschaft sollte dazu willens und bereit sein, Kritik und Selbstkritik zu üben, um mithin „das Gute und das Böse“ allerseits gleich zu werten und zu benennen. Denn der Ursprung von menschlicher Zwietracht, Rachlust und Gewalt liegt immer wieder in der Verfehlung der „gleichen Gerechtigkeit“. Indes, ein Krieg, so der Krieg auf ukrainischem Territorium, ist ein akuter Tiefpunkt wider die Zivilisation, ist die Negierung jedweder Humanität. Die Verantwortung Putin-Russlands für diesen Krieg, in dem der Aggressor längst und auf brutalste Weise alle zumutbaren Grenzen hinter sich gelassen hat, wird bei den derzeitigen Forderungen nach Verhandlungen durchweg hintangestellt.

„Im Gegenzug“ vertrauen gewiss überaus intelligente und honorige Mitmenschen dem russischen Präsidenten; der dem Staat, mit dem sodann „Friedensverhandlungen“ zu führen wären, wiederholt und offenkundig das blanke Existenzrecht abgesprochen hat. Die Frage, auf welcher Basis diese „Friedensverhandlungen“ geführt werden könn(t)en, kann zu diesem Zeitpunkt sicher nicht in Gänze beantwortet werden. Jedoch fehlt es allein an einem realistischen Denkansatz abseits einer von Russland diktierten Exit-Strategie. Die Antwort auf die Frage, unter welchen Umständen die Ukraine resp. die ukrainische Regierung bereit ist, das eigene Wohl und Wehe, das Schicksal kommender Generationen, in die Hände eines unberechenbaren Machthabers zu geben, steht uns – nach wie vor – nicht zu.

Unser stetes Ansinnen kann und muss allein die Verteidigung der Menschenwürde sein; die Verteidigung aller Menschenwürde. Das ist die (Mit-)Verantwortung, die wir – unabhängig von Waffenlieferungen – juristisch wie ethisch tragen zu haben. Jedenfalls dann, wenn unsere Nationen nicht nur abstrakt dazu bereit sind, die universellen Menschen- und Völkerrechte – also selbstverständlich auch die Rechte der Ukraine – zu bejahen und militärisch zu verteidigen. – Matthias Bartsch

 

Es wird also weiter gemacht mit „bellizistischem Terror“. – Hartmut Bernecker

 

„Jürgen Habermas hat es wieder getan“, schreibt Peter Neumann und meint damit Habermas‘ Beitrag zur Debatte um die Rolle des Westens im Kampf der Ukraine gegen die russische Invasion („Plädoyer für Verhandlungen“, SZ vom 15. 2. 2022). Dem ist nur hinzuzufügen: gut, dass er es wieder getan hat, denn es fehlen in dieser Debatte gerade solche Stimmen, die sich weder dem voluntaristischen Ruf nach „Frieden“ noch dem „bellizistischen Tenor einer geballten veröffentlichten Meinung“ (Habermas) anschließen. Aus der „veröffentlichten“ macht Neumann die „öffentliche“ Meinung, was man noch als geringfügig falsch zitiert hinnehmen mag, obgleich sich darin schon ein flüchtiger Leser offenbart.

Überhaupt ist Neumanns Replik ein Beispiel dafür, wie umstandslos ein angesichts der sich zuspitzenden Weltlage notwendig komplexer Gedankengang, der historische, völkerrechtliche und moralische Aspekte in den Blick nimmt, auf ein simples Pro-und-Contra-Schema formatiert wird. Was dabei herauskommt, hat aber mit Habermas‘ „Plädoyer“ nicht mehr viel zu tun.

Schon die Behauptung, er spreche sich gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine aus und mache den Westen für die Zerstörungen des Kriegs mitverantwortlich, vernebelt das eigentliche Argument. Denn Habermas führt so nüchtern wie empathisch aus, dass den westlichen Unterstützerstaaten aus der Lieferung von immer weitreichenderen Waffensystemen zugleich eine – selbstverständlich auch moralische! – Verpflichtung erwächst, sich aktiv für ein Ende des Kriegs auf dem zugegeben schwierigen, aber nicht von vornherein auszuschließenden Verhandlungsweg zu engagieren.

Anders als Neumann behauptet, wird durchaus klar, wo entlang ein solcher Weg führen könnte. Zum einen wäre es notwendig, die Kriegsziele aus westlicher Sicht zu definieren – auch wenn diese sich nicht vollständig mit denen der ukrainischen Regierung decken –, nicht zuletzt um unmissverständlich auszusprechen, dass mit der Formel eines ukrainischen Siegs kein von außen angestoßener Systemwechsel in Moskau gemeint sein kann.

Des weiteren müssten sich die USA zu ihrer Schlüsselrolle bekennen, denn ohne sie sei keine für die Zukunft ausgehandelte Vereinbarung in Mittel- und Osteuropa denkbar, zu der auch Sicherheitsgarantien für die Ukraine gehören würden. Dabei dränge die Zeit, denn, so Habermas, auch für die Regierung Bidens „tickt die Uhr“, und es steige die reale Gefahr einer Entwicklung, die uns am Ende vor die Wahl stellen könnte, entweder aktiv in den Krieg einzugreifen oder die Ukraine ihrem Schicksal zu überlassen. Diesem worst case, den sich niemand vorstellen will, gelte es vorzubeugen.

Schließlich wischt Neumanns Begrifflichkeit von „Siegesrhetorik“ und „Defensivrhetorik“ einen weiteren zentralen Gedanken in Habermas‘ Plädoyer großzügig vom Tisch: die Erinnerung an die Lehren, die 1945 aus einem verheerenden Krieg gezogen wurden, als die Charta der UN und die Einrichtung des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag das Völkerrecht revolutioniert hätten. Seither ist ein „gerechter Krieg“ nur noch als „Selbstverteidigungsrecht des Angegriffenen“ und dessen Unterstützung durch andere Staaten legitimiert.

Genau das ist mit der Formel vom „Nicht-verlieren-dürfen“ gemeint, und diese Unterscheidung ist keineswegs akademisch, wie zuweilen zu hören ist, sondern beharrt darauf, sich als Unterstützerstaat auch dann noch ans Völkerrecht gebunden zu fühlen, wenn der Aggressor es mit Füßen tritt. – Sabine Fröhlich

 

Bezugnehmend auf Ihre „Spekulation…die in Zukunft noch andere Dämonen heraufbeschwören könnte…“ „…über das Schicksal und die Würde auch zukünftiger Ukrainer hinwegzugehen.“ Um einer Spekulation willen Handlungen vorzunehmen die im schlimmen Falle noch unzählige Opfer anderer Nationen fordern könnte erscheint mir mehr als fragwürdig, wie soll man dann deren Schicksal und Würde betrachten?

So sehr ich inständig wünsche dass dieser Krieg beendet würde: irgendwie scheint es mir seltsam, dass gerade e i n e m Volk quasi so viel Mitgefühle gilt; haben nicht vom Krieg heimgesuchte Nationen wie Syrer, Jemeniten, Sudaner und weitere auch weiter Anteilnahme verdient.? Natürlich ist dies alles in jeder Hinsicht weiter entfernt, aber nach der Menschenwürde… – Margret Berendt

 


 

 

Leserbriefe zu „Der fünfte Flop“ von Tina Hildebrandt

 

Bei Wahlschlappen wiederholen FDP Politiker gebütsmühlenhaft, dass die FDP ihr Profil in der Ampelregierung noch mehr schärfen muss. Übersehen wird dabei, dass ein Parteipolitiker, der in ein Amt gewählt wurde, das Gesamtwohl aller Bürger zu vertreten hat. Trifft er/sie Entscheidungen abweichend vom jeweiligen Parteiprogramm, so muss sie/er das seinen Wählern gegenüber selbverständlich begründen. Bei den FDP-Ministern in der Bundesregierung haben viele den Eindruck, dass es ihnen mehr um die Durchsetzung von Partei- und Lobbyinteressen als um die sinnvolle Lösung von Problemen und Konflikten geht. Das kommt nicht gut an. – Michael Parys

 

An der FDP ist nichts Staatstragendes mehr. Ob Verkehr, Pandemie oder Haushalt, immer achtet die Partei peinlich darauf, dass ihre vermeintliche Wählerschaft satt mitbedient wird. Es gibt eben Lebenslagen wie die aktuelle, da haben die allermeisten Bürger das halsstarrige Pochen auf eine individualistische Freiheit satt, und spüren, dass mehr Gemeinsinn, Solidarität, Zurückhaltung wichtig wären. – Herbert Zemke

 

Die FDP wie auch die Ampel stehen für eine unfreiwillig komische Aufmerksamkeit, die sie eigentlich dem Amt zu verdanken haben und ihren Amtsträgern nützen sollen. Aber man muss keine ökonomische Klugheit besitzen, um eine FDP als Scharlatane zu entlarven. Und man muss kein Schriftsteller sein, um die FDP als Satire zu erkennen. – Jürgen Dressler

 

Da haben nun die Berliner Wähler ihren Parteien eine harte Nuss zu knacken gegeben, was sicherlich unterschiedlich interpretiert werden kann, wie das ja zwei unterschiedliche Autoren in ihrer Zeitung versucht haben . Das wäre ja viel einfacher wenn alle Parteien nur wenige Prozentpunkte auseinander lägen. Hier klaffen aber die Wahlergebnisse unerwartet extrem auseinander, so dass es eine Frage der Verhältnismäßigkeit ist. Die Wähler wollen kein „weiter so“ ihrer Regierung akzeptieren, sie setzen ein deutliches Signal einer gewünschten Veränderung. Sie wollten die Regierung eindeutig abstrafen, zumal Franziska Giffey nicht einmal von ihrem Wahlkreis akzeptiert wurde.

Die Bürger hatten die Fehler der Regierung 13 Monate hautnah erfahren, anders als Jana Hensel, die vorwiegend ein populistisches Fehlverhalten der CDU anprangerte, ohne die Mängel der augenblicklichen Regierung dem gegenüber zu stellen, mit vollem Verständnis für das übliche wahlarithmetische Verhalten die Regierung, wie sie war, fortzuführen. Und das hält sie im Gegensatz zur CDU für unbedingt anständig, ohne zu fragen, wie das die hintergangenen Bürger verkraften , und wie es sich auf ein friedliches Zusammenleben der Stadtbevölkerung auswirkt. Man kann nur gespannt sein, wie es wirklich kommt. – Karl Heinz König

 

Fünf verlorene Landtagswahlen, fünf Ankündigungen, das Profil zu schärfen. Vielleicht ist ihr Profil – geschärft oder ungeschärft – gerade das Problem der FDP. Diese wird weitläufig nur noch als die Partei der Verhinderer eines Tempolimits wahrgenommen. Ein hochemotionales Thema übrigens. Vielleicht sollte man diese Position einmal überdenken. Statt sie zu schärfen. – Dr. Hans Mewes

 

Wer fünfmal lügt, dem glaubt man nicht (mehr). Die Berlin Wahl hat gezeigt, dass die Ampel-Koalition weiter an Zustimmung der Wähler verliert. Es wächst nicht zusammen was nicht zusammengehört. Die SPD fremdelt immer offensichtlicher mit den Grünen und die FDP immer mehr mit der SPD und den Grünen. Wo sind die Schnittmengen? Nach dem fünften Wahldebakel bei einer Landtagswahl ist die FDP im Tal der Tränen angekommen. Nun will Christian Lindner zum wiederholten Mal das Profil in der Ampel schärfen. Die sehr deutlich erkennbare Klientelpolitik der FDP ist den Menschen im Land zu sehr an Besserverdienenden orientiert und nicht an denen den zu helfen opportun wäre.

Vom Amtseid der FDP-Minister gar nicht zu reden (…meine Kraft dem Wohl des deutschen Volkes widmen…Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde…). Das FDP-Programm wird da recht deutlich: „Schaffung von Arbeitsplätzen durch Verbesserung des Investitionsklimas. Das soll erreicht werden durch Bürokratieabbau, Privatisierung, Deregulierung, Abbau von Subventionen und eine Reform des Tarifrechts.“ Das klingt insgesamt nicht sehr Arbeitnehmerfreundlich. Die Schlagworte mit denen die FDP bei der letzten Bundestagswahl angetreten ist klingen angesichts dessen was die Partei politisch „anpackt“ wie Hohn = “Nie gab es mehr zu tun.“ „Wie es ist darf es nicht bleiben.“ „Die richtige Richtung durch die Mitte nach vorn.“

Was davon setzt Herr Lindner mit seinen FDP-Ministern und seiner kleinen Fraktion im Bundestag und in der Ampel-Koalition um? Beispiele: „Beharren auf der Schuldenbremse. Frei Fahrt für freie Bürger. Die Staffelmiete ist okay. Die angestrebte Digitalisierung im Bildungsbereich hinkt den Ansprüchen weit hinterher“. Die provokanten Sprüche des Herrn Kubicki und die Belehrungen des Bundeskanzlers durch Frau Strack-Zimmermann tragen nicht gerade zum Koalitionsfrieden bei. Ein gedeihliches Miteinander sieht anders aus.

Die Ampel wollte mehr Fortschritt wagen. Wann denn endlich? Die Bürger/innen und Wähler/innen haben die Ampelparteien abgestraft. Für die Zukunft: Mehr für das Volk weniger für die eigene Partei Politik machen. Das wäre ein Anfang. Ein weiter so wäre für die Ampel und das Ganze zu regierende Deutschland fatal. – Felix Bicker

 

Am besten man vergleicht die kaputte FDP mit einem schrottreifen Auto. Die Räder wurden irgendwann geklaut, der Motor hat schon länger seinen Geist aufgegeben. Nur der Mann am Steuer, Lindner, und sein Beifahrer, Kubicki, sitzen angeschnallt auf den Sitzen und sogar die Airbags funktionieren noch. Sie tun so als ob ihre FDP noch funktionsfähig sei aber in der politischen Wirklichkeit werden sie in der Dreier-Koalition als Bremsklotz entweder von der SPD von vorne gezogen oder den Grünen von hinten geschoben -oder umgekehrt. Das Schrottauto macht bei dem Schleifen über die Fahrbahn einen höllischen Lärm und das ist das Einzige was ihre Vorderen noch halbwegs beherrschen.

Das der Wähler gut bei Verstand ist zeigen die Landtagswahlen deutlich und er ist politisch nicht so töricht ein Schrottauto bzw. eine Partei wie die FDP zu wählen. Lindner ist das Kunststück gelungen aus einer siechen FDP eine Parteileiche zu machen. Selbst das liberale Gerippe vermodert und außer den schwachsinnigen Sprüchen wie „nehmt den Deutschen nur ja nicht ihre Liebe zum Auto“ und einem Marktverständnis aus alten Wirtschaftswunderzeiten ist alles Originelle abgestorben. Ganz sollte man die Hoffnung auf eine Wiederauferstehung der FDP nicht aufgeben -aber bitte dann ohne Lindner, Kubicki und Co.! – Klaus Reisdorf

 

Die FDP sollte sich einfach mal klar machen, dass sie mit ihrer Klientelpolitik keine Wähler mehr mobilisieren kann. Es gibt nun mal zu wenig Autofahrer, die sich ausschließlich über das Autofahrer-Sein definieren, zu wenig Reiche, die an nichts anderem als möglichst niedrigen Steuern interessiert sind. Und wenn doch, dann wählen die lieber CDU, weil sie ihr die größere Durchsetzungskraft zutrauen.

Die einzige Ueberlebenschance für die FDP wäre, dass sie sich auf ihre sozial-liberalen Wurzeln besinnt, wie sie 1971 in den „Freiburger Thesen“ formuliert wurden. In den Siebziger Jahren war beipielsweise sogar die FDP für die Gesamtschule, wohlgemerkt nicht als zusätzliche Schulform, sondern als Alternative zum dreigliedrigen Schulsystem. Die Idee dahinter: dass Bildung der Schlüssel zu gesellschaftlicher Teilhabe ist und dass eine moderne liberale Bildungspolitik sich über gleiche Teilhabechancen für alle definiert. – Paul Humann

 

Die FDP verabschiedet sich scheibchenweise aus den Länderparlamenten und sicherlich bald auch ganz von der Bildfläche! Vielleicht es es wirklich an der Zeit zu gehen; wohin auch immer! Flop bedeutet so viel wie: Armageddon, Bauchlandung, Blamage, Desaster, Fehlschlag, Fiasko, GAU, Katastrophe, Misserfolg, Niederlage, Pleite, Reinfall, Schiffbruch, Schlappe, Tragödie, Waterloo, Unheil, Unglück, Versagen Worstcase usw.! „Es gibt keine schlechten Niederlagen. Man kann nur schlecht mit ihnen umgehen.“ (Andreas Tenzer, *1954, deutscher Philosoph und Pädagoge) – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Urteil offen“ von Jan Roß

 

Eva Illiouz, Professorin der Hebräischen Universität in Jerusalem sieht die Situation vollkommen anders als Herr Roß. Sie sagte bei einem mit dem Spiegel geführten Interview zur derzeitigen israelische Regierung „Die religiösen Zionisten vertreten nicht einfach andere Positionen, sie wollen den „regime change“. Sie attackieren die humanistischen Grundwerte, verachten das Völkerrecht, wollen die Gewaltenteilung aushebeln. “Druck von außen „wäre wahrscheinlich das Einzige, was Israel jetzt vor sich selbst retten könnte. Ich frage mich, warum die Welt nicht eingreift.“

Netanjahu „hat die Palästinenser mit den Nazis gleichgesetzt – der effektivste Weg, um sie endgültig zum Feind zu machen.“ (Genauso bezeichnen Putin und das russische Staatsfernsehen die Ukrainer, aber nur dies wird hier thematisiert.) Sie glaubt auch nicht, daß die Feldzüge, die Felix Klein gegen sogenannte linke Juden führt, hilfreich sind im Kampf gegen Antisemitismus…. „Felix Klein als Nichtjude will uns Juden erzählen, was wir sagen und was wir nicht sagen dürfen. Das ist etwas merkwürdig, um es vorsichtig auszudrücken“. – Siegfried Ullmann

 

Warum erinnert mich der Artikel an Martin Niemöllers Zitat über sein Schweigen, als sich die deutsche Politik radikalisierte? Zudem wirkt er als Kapitulation vor dem stets politisch überkorrekten Zeitgeist, wenn es sich um den Staat Israel handelt. Auch Netanjahu pflegt eine strategische Ambiguität, welche allein aus der Erfahrung mit Putin und anderen zeitgenössischen Schergen ein Relativieren dieser Justizreform verbietet.

Die Israelis haben wie die Deutschen 1933 mit mehrheitlicher Naivität einen, ihre Demokratie zerstörenden Pakt als früh erkennbare Bedrohung ihres Rechtsstaates gewählt. Und wie stets beginnt ein mehrheitlich vom Volk gewollter Umsturz mit einer Umbau des Rechtsstaates. Dieses gestattet auch den Deutschen, großen Zweifel an einer Rechtsstaatlichkeit und an einer demokratischen Zukunft Israels zu hegen und nicht zu schweigen. – Jürgen Dressler

 

Israel ist eine Ethnokratie. Jan Ross malt ein sehr einseitiges Bild von Israel als einer liberalen Demokratie, die jetzt, wo von der rechtsradikalen Regierung Gefahren lauern, unserer besonderen Solidarität bedarf. Er blendet die Tatsache aus, dass Israel eine Besatzungsmacht ist, die das Leben aller Palästinenser zwischen Jordanfluss und Mittelmeer kontrolliert und ihnen wesentliche Rechte vorenthält. Jüdische Israelis genießen alle Privilegien, und für sie ist Israel eine Demokratie, für die Nichtjuden gilt das nicht, das zeigen die vielen Berichte von B’tselem oder Amnesty, die die Diskriminierung von Palästinensern auch innerhalb Israels dokumentieren.

Das oberste israelische Gericht, das jetzt unter Beschuss steht, hat das alles zugelassen, denn in den besetzten Gebieten herrscht Militärrecht, deren Argument „es geht um Israels Sicherheit“ in der Regel Vorrang vor Rechtsstaatlichkeit hat. Also dürfen dort Menschen von ihrem Land vertrieben und ihre Häuser zerstört werden, auch mehrjährige Administrativhaft und Folter sind erlaubt, es werden EU-finanzierte Schulen oder Spielplätze zerstört und das Anlegen von Zisternen oder Brunnen verboten. In Israel selbst hat jede israelische Gemeinde das Recht, jemandem das Wohnrecht zu verwehren, der kulturell nicht zur Gemeinde passt.

Israel ist eine Ethnokratie, die laut Nationalstaatsgesetz von 2018 den jüdischen Charakter zu bewahren hat und alle Nichtjuden zu Bürgern zweiter Klasse macht. Wann endlich ziehen wir die richtige Lehre aus dem Holocaust und bekämpfen Menschenrechtsverletzungen weltweit, auch wenn sie von Israel begangen werden. – Claus Walischewski

 

Nein das Urteil darf nicht offen sein. Wenn die Unabhängigkeit der justiz auf dem Spiel steht dann steht ein Grundpfeiler der Demokratie auf dem Prüfstand. Sehr schnell kann die Demokratie hier dann auch verloren gehen. Das muss deutlich gesagt werden…da ist nichts offen. Gerade aktuell sprechen wir doch auch von einer Verteidigung der europäischen Werte der Demokratie in Bezug auf die Kriegssituation in der Ukraine. Das muss auch für Israel gelten…eine Gewaltenteilung zwischen Politik und Justiz ist überall ein Muss für eine funktionierende Demokratie.

Was hier von der neuen israelischen Regierung ausgeht das ist für mich kein liberales,fortschrittliches und tolerantes Israel. Das hat doch mit einem demokratischen Grundverstän dnis nichts mehr zu tun…also müssen wir doch auch von einem möglichen Ende der Demokratie in diesem Land sprechen. Und ich denke auch gerade wir Deutschen müsssen hier die Stimme erheben….wenn Grundwerte der Demokratie wie eine unabhängige justiz auf dem Spiel steht …dann muss auch bei der deutschen Staatsräson der uneingeschränkten Unterstützung bzw Solidarität eine rote Linie gezogen werden.

Bei der Verteidigung der Demokratie muss unsere uneingeschränkte Solidarität den tausenden Israelis gehören die aktuell dazu auf die Straße gehen. Noch eine Anmerkung da dies in diesem Artikel komplett fehlt…die Zerstörung von Siedlungen auf palästinensischen Gebiet und die illegale Neuerichtung bzw die angekündigte Abschaffung der zwei Staaten Lösung…das sind ja auch nicht gerade demokratische Aktivitäten die zu Lösungen bei diesem Konflikt führen. – Ivo Baumann

 

Demokratie heißt bei uns in Deutschland eigentlich Volksherrschaft und dazu gehört auch eine freie Meinungsäußerung, die sogar durch das Grundgesetz (Art 5) gedeckt ist. Deutschland ist ein freiheitlich-demokratischer und Sozialer Rechtstaat, das heißt dann für mich dann weiter, dass auch andere Meinungen und Ansichten hier ihren Platz haben dürfen und sogar haben müssen.

Der Staat Israel ist eine parlamentarische Republik mit dem Staatsoberhaupt Staatspräsident Jitzchak Herzog und dem Regierungschef Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Israel ist die einzige Demokratie im Nahen Osten und dürfte daher „ähnlich ticken“, so wie die Demokratie bei uns in Deutschland tickt.

Ist nun dieser Rechtsstaat Israel mit samt seine Demokratie durch eine Justizreform in Gefahr? Vielleicht ist alles auch nur halb so schlimm, weil man das ganze, wie immer nur durch die „Sonderstatus-Brille“ sehen sollte und sogar sehen muss; das heißt dann, das jegliche Kritik am Staat Israel bei uns schon im Ansatz tunlichst zu vermeiden ist! – Klaus P. Jaworek

 

Jan Ross‘ Plädoyer, mit dem ultranationalistisch-religiös-rechtsradikal gewordenen Israel „nicht zu brechen“, widerspricht sehr der Forderung vieler Israelis, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen sei, wo nur noch Druck von außen (USA, EU) das Land vor dem Untergang retten kann. Wenn der jetzigen Regierung nicht auch mit wirtschaftlichem und politischem Druck – ja auch Boykott! – gezeigt wird, dass man die jahrzehntelange Mißachtung internationalen Rechts nicht mehr länger zu dulden bereit ist, dann wird die bereits weit fortgeschrittene Umgestaltung dieses aggressiven Besatzerlandes weitergehen und sich der Abstieg zu einem repressiven Gottesstaat fortsetzen. Wem dann die „Solidarität mit dem jüdischen Staat“ noch „ein echtes moralisches Bedürfnis“ ist, dem ist nicht zu helfen. – Björn Luley

 

Ist es denn zu fassen? Die Zeit schafft es tatsächlich einen ausgewogenen Artikel über Israel zu drucken. Noch dazu als Leitartikel, wie erfrischend ungewohnt. Erschreckend, was man dann bloß fünf Seiten weiter sehen muss. Ein weiterer Artikel über Israel, diesmal bedient man sich jedoch ganz ungeniert antisemitischer (Bild-)Sprache. Zunächst der Titel „Sie manipulieren die Welt“, dieser erinnert doch sehr eindeutig an die Verschwörungserzählung dass Juden im Hintergrund die Geschicke der Weltpolitik manipulieren.

Da passt die Bebilderung natürlich perfekt, zeigt sie doch eine kleine gesichtslose Gruppe, die an den digitalen Fäden der Welt zieht. Für eine Marionette oder einen Kraken war wohl kein Platz mehr? Ich frage mich, wem in Ihrer Redaktion bei solch einer Story die Kreativität durchging, kann Ihnen aber nur nahelegen, demjenigen eine Schulung über antisemitsche Topoi angedeihen zu lassen. – Ruven Gastel

 

Wer wissen möchte, weshalb sich Juden in ihrem Heimatland zunehmend fremd fühlen, dem sei die Lektüre des Leitartikels in Ausgabe 08/23 zur aktuellen politischen Lage in Israel empfohlen. Herr Ross möchte uns ein differenziertes Bild von der aktuellen politischen Lage geben. Dabei offenbart er jedoch grundlegende Missverständnisse im Blick der Deutschen auf Israel und bleibt im Übrigen an der Oberfläche:

1. Dem Artikel liegt bereits im Ausgangspunkt eine verfehlte Frage zugrunde, nämlich die, ob sich Deutsche angesichts der aktuellen Entwicklungen (schon) von Israel abwenden dürfen, oder (noch) an Israels Seite stehen sollen. Herr Roß wirft die Frage auf, ob die Entfremdung einer zunehmenden Anzahl Deutscher von Israel angesichts dessen Entfernung von den eigenen europäischen Idealen angebracht sei. Er verneint sie mit der Begründung, noch sei der Streit um die Verfassungsänderungen nicht entschieden und ein Kompromiss möglich. Zudem gebe es in Israel auch weiterhin starke liberale, tolerante und fortschrittliche Stimmen. Darin schwingt mit, dass die Antwort durchaus eine andere sein könne, wenn sich die Verhältnisse nur weiter änderten.

Die Unterstützung des Staates Israel ist aus deutscher Perspektive untrennbar mit der Shoah verbunden. Durch wirtschaftliche, militärische und politische Unterstützung sollte auch historische Schuld abgetragen werden. Solidarität mit dem jüdischen Staat ist, anders als wohl auch Herr Roß meint, bedingungsfrei. Sie verlangt nicht nach einer Rechtfertigung und schon gar nicht danach, dass sich Israel im Gegenzug erkenntlich zeigt, indem es den Vorstellungen Deutscher entspricht. Sie gibt, weil sie nahm. Sie steht für sich selbst.

Letztlich vermengt Herr Roß, ebenso wie die Kritiker Israels, deren Argumente er widerlegen wollte, politische Kritik mit historisch gewachsener, bedingungsloser Solidarität. Erstere ist jederzeit möglich, letztere nicht verhandelbar. Wenn Herr Roß gar darauf verweist, es sei die „Solidarität mit dem jüdischen Staat … vielen Deutschen … ein besonderes moralisches Bedürfnis“, zeigt er doch nur, dass die Grenzen zwischen moralisch empfundener Verpflichtung und der Schuldabwehr dienenden Moralpredigten hierzulande zunehmend verschwimmen. Vor denen, die es doch nur gut mit ihnen meinen, haben Juden gelernt, sich besonders in Acht zu nehmen.

Vielleicht könnten sich die von Herrn Roß angesprochenen Deutschen aus ihrem moralischen Konflikt lösen, indem sie gedanklich die Perspektive wechseln und sich fragen, weshalb Israel bis heute an der Seite Deutschlands steht, obwohl Juden hierzulande noch immer fürchten müssen, an ihren Feiertagen in Synagogen ermordet zu werden, Grabsteine geschändet werden und die AfD, finanziert aus ihren eigenen Steuergeldern, in den Parlamenten von Bund und Ländern robuste Fraktionen stellt. Mir gegenüber hat jedenfalls noch kein Israeli angekündigt, seine Solidarität mit Deutschland auf den Prüfstand zu stellen. Zu diesen Schichten dringt der Autor leider nicht vor. Er verliert sich in der Darstellung sogenannter „Israelkritik“ und sitzt, ohne es zu bemerken, denselben Missverständnissen auf wie die Kritiker, die er widerlegen wollte.

2. Die Analyse der Situation ist leider stark verkürzt. Dass in Israel gerade eine bedeutende verfassungspolitische Auseinandersetzung geführt wird, wird man kaum abstreiten können. Die verfassungsrechtlichen Ursachen hierfür reißt Herr Roß leider nur an. Dabei lässt sich durchaus kritisch hinterfragen, ob Struktur und Kompetenzen des israelischen Verfassungsgerichts der Reform bedürfen. Während etwa in Deutschland neue Entwicklungen in der Regel in Parlament und Öffentlichkeit ausgestritten werden, bevor sie in Gesetzeskraft erwachsen und erst diese Gesetze nach Jahren der Überprüfung und einer Schöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen, kann in Israel nahezu jedes Verwaltungshandeln zum Gegenstand einer Überprüfung durch das israelische Verfassungsgericht gemacht werden.

Das kann so weit gehen, dass selbst über Personalien wie die Ernennung eines bestimmten Ministers vom Verfassungsgericht zu entscheiden ist. Dadurch wird es, anders als das deutsche Verfassungsgericht, in allen möglichen tagespolitischen Fragen tätig und entsprechendem Druck ausgesetzt. Bei seiner Entscheidung wendet es im Wesentlichen einen globalen und unbestimmten Rechtsbegriff („reasonableness“, also die „Angemessenheit“ einer bestimmten Maßnahme) als Prüfungsmaßstab an, ohne dass der Maßstab weiter präzisiert würde. Die hieraus erwachsenden Konflikte liegen auf der Hand.

Man muss kein Jurist sein, um zu erahnen, worum es Netanyahu und seinen Koalitionspartnern gehen dürfte. Die Thematik auf „verfassungspolitischen Vandalismus“, eine „Einschüchterung der Justiz“ oder einen „schockierenden Exzess“ zuzuspitzen, ist allzu reißerisch und greift selbst für einen Leitartikel zu kurz. Letztlich wirft Herr Roß hier mit Kraftausdrücken um sich und bedient das Narrativ eines wütenden Netanyahu („Radikalismus“), statt der Leserschaft zu erklären, wo die Konfliktlinien in der Sache verlaufen. Der kurze Verweis auf „seriöse Kritik“ an der „zu dominierenden Stellung“ des Verfassungsgerichts kann das nicht ändern.

3. Herr Roß schließt seinen Artikel mit der Feststellung, dies sei „ein schwieriger und riskanter Augenblick in dem großen historischen Experiment, das der immer noch junge Staat Israel darstellt“. Diese Bewertung könnte kaum überheblicher und geschichtsvergessener sein.

Herr Roß, der nicht zum ersten Mal über Israel schreibt, wird selbst wissen, dass in Israel kaum eine Woche vergeht, in der nicht historische Münzen, Krüge oder Werkzeuge ausgegraben werden. Ein unabstreitbarer Beweis für die Jahrtausende alte jüdische Nation auf dem Boden des heutigen Israel. In einem seiner letzten Artikel mit dem Titel „Das ist in meinem Blut“ verweist er zutreffend darauf, dass die Al-Aksa-Mosche auf den Trümmern des jüdischen Tempels steht und nicht umgekehrt. Wie er gleichwohl zu der Annahme kommt, ein auf diesem Boden wiedergegründeter Staat Israel sei ein historisches Experiment, verwundert.

Der Staat Israel wurde 1948 gegründet und ist damit ein Jahr älter als die Bundesrepublik Deutschland. Dass die Bundesrepublik Deutschland überhaupt bestehen darf und dass die Siegermächte 1990 auch noch deren Wiedervereinigung mit der DDR und damit ihr Wiedererstarken zuließen, das ist ein historisches Experiment. Die Staatsgründung Israels ist es sicher nicht. „Ein Leitartikel soll schließlich leiten“, schrieb Theo Sommer in seinen jüngst erschienenen Memoiren. Dieser Artikel leitet – ob gewollt oder nicht – auf subtile Weise fehl. Vielleicht muss man sich auch eingestehen, dass sich derartige Themen für eine Verkürzung kaum eignen.

Abgerundet wird das Bild von dieser Ausgabe der ZEIT mit dem Artikel auf Seite 5 über Cyberkriminelle und eine Desinformationsindustrie, deren Spuren auch nach Israel führten. In dem Artikel, an dessen Grundlagen mehr als sechs Monate gearbeitet worden sein, heißt es über eine Fake-News-Kampagne: „Ausgetüftelt wurde die Kampagne in einem Bürogebäude westlich [!] von Tel Aviv…“. Schade, wie ich finde, denn die ZEIT ist meine Lieblingszeitung. – Dr. Daniel Soudry

 


 

 

Leserbriefe zu „DIE UNBEUGSAMEN“ von Cathrin Gilbert (Text) und Marcel Mettelsiefen (Fotos)

 

Ukraine,Ukraine,Ukraine,Ukraine. Es ist ja schön, dass Ihre Redaktion so ausführlich betonen muss, dass sie auf der Seite der Guten steht. Die Artikel sind im Einzelnen nicht zu kritisieren. Es ist die Aufmachung, die fragwürdig ist. Haben Sie Angst, das Thema erlischt langsam, wollen Sie einer „Kriegsmüdigkeit“ Vorschub leisten? Oder müssen Sie so extensiv berichten, weil Sie selbst Fragen daran haben. Fragen, die in den großen deutschen Medien kaum auftauchen. Durch die schiere Menge an Papier kann man eine Irritation schön zudecken. Oder man befördert sie eben.

Man hat suggeriert, dass Deutschland in Europa isoliert sei, weil Deutschland keine Panzer liefere, der Kanzler sei zu zögerlich, er müsse doch endlich, weil Europa das wolle und dann stellt sich heraus, Deutschland ist tatsächlich isoliert, eben weil die meisten Eurpoäer gar nicht liefern. Darauf werden aber von Seiten der Medien keine selbstkritischen Fragen gestellt. Seit wann ist Polen das eigentliche Europa, warum nicht Ungarn? Dabei müsste einem Journalisten klar sein, dass man nicht das Einzelne zum Ganzen machen kann. Wenn Sie schon ein manichäisches Weltbild haben, so sollte sich Ihre Kritik nicht nur am Bösen erschöpfen. Das ist wohlfeil. Ich denke, es gibt kritische Fragen zuhauf. Es wird suggeriert, immer mehr Waffen würden Menschenleben retten, der Krieg würde damit beendet.

Manche CDUler haben sich aus dem Fenster gekehnt und behauptet, das komme in einem halben Jahr, wenn Panzer, Kampfflugzeuge, Raketen und noch weitere Steigerungen…Werden diese Leute in einem halben Jahr befragt? Was ist eigentlich mit den Kriegszielen ? Was heißt das, Rußland müsse besiegt werden? Wie soll das konkret aussehen? Selenskyj sagt, er kämpfe für den Westen. Müsste dann nicht der Westen, sprich der amerikanische Präsident in Verhandlungen treten? Wir haben jetzt schon 200 000 Tote. Eine Frage zur Symbolik: Warum tritt Selenskyji in Kampfkleidung auf, selbst im Ausland, ist er nicht Präsident eines Staates? Nach innen durchaus verständlich, Die Wirkung im Ausland ist eine andere. So etwas machen in der Regel nur kriegführende Diktatoren.

Andere Fragen: Wer trägt die Kosten? Die USU haben lend and lease erlassen. Für die Briten hieß das nach dem zweiten Weltkrieg: 61 Jahre Rückzahlung. Bei uns zahlen die kommenden Generationen. Mit dem Argument, man dürfe die kommenden Generationen nicht belasten, hat man die schwarze Null eingeführt, mit schädlichen Folgen für das Sozialsystem und die ökologische Nachhaltigkeit. Heute wird nicht einmal danach gefragt.

Und noch ein weiterer Stolperstein. Wer hat eigentlich Nodrstream zerstört. Wer war es eigentlich? Warum bleibt dies offen? Befördert man nicht dadurch erst recht die Spekulationen? Es drängt sich dadurch der Eindruck auf, die Russen möglicherweise nicht. So viele Fragen und sie werden nicht gestellt. Zu Beginn des Putinschen Überfalls sagte ein Journalist. Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst und zwar auf beiden Seiten. Ein kritischer Journalismus sollte dies berücksichtigen. – Artur Ulmer

 

Um der Kriegsrhetorik ein wenig Dampf aus dem Kessel zu nehmen, wäre es wichtig sich die Geschichte des Konfliktes noch einmal anzuschauen. Die Ukraine war wie Russland ein Teil der Sowjetunion. Ein Ukrainer, Nikita Chruschtschow, war sogar von 1958 bis 1965 Staatschef der Sowjetunion. In dieser Zeit schenkte er übrigens die Krim, die russisch war, der Ukraine.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurden Russland wie auch die Ukraine von Oligarchen beherrscht. Die raubten die Reichtümer der Länder und schafften viel davon ins Ausland. Korruption und Gewalt herrschten. In der Ukraine spaltete sich das Land, die Westukraine tendierte Richtung Westen und der Osten des Landes, der von vielen russisch Stämmigen bewohnt war tendierte eher Richtung Russland.

Das gipfelte in den gewalttätigen Auseinandersetzungen am Maidan aber auch in der Brandschatzung des Gewerkschaftshauses von Odessa bei dem 42 Menschen lebendig verbrannten, der Osten des Landes erklärte sich für autonom. In Friedensverhandlungen wurde versucht einen Bürgerkrieg zu verhindern. Im Minsker Abkommen, dass unter Vermittlung von Merkel und Macron zustande kam, wurde eine Friedensregelung und eine Autonomie des Donbass vereinbart. Dieses Abkommen wurde aber nie richtig umgesetzt.

2014 führte Russland ein Referendum in der Krim durch. Die Mehrheit entschied sich für einen Anschluss der Krim an Russland. Russland annektierte die Krim. Der Bürgerkrieg zwischen der Ostukraine und der Westukraine schwelte weiter. Es kam immer wieder zu Gefechten an der „Grenze“, es gab immer wieder Tote. Im letzten Jahr marschierte Russland in der Ukraine ein und begann den Krieg.

Dieser Krieg ist ein regionaler Konflikt von zwei ehemaligen Sowjetrepubliken. Die Ukraine war nie eine westliche Demokratie, sie steht auf Platz 116 des Korruptionsindex, Russland übrigens auf Platz 136, Oligarchen bestimmten, teilweise mit Hilfe von privaten Milizen, die Politik und Wirtschaft des Landes. Viel Geld wurde auf Offshorekonten außer Landes gebracht. Auch Präsident Selenskyj hat Auslandskonten, das wurde in den Pandora Papers aufgedeckt. Sein Verhältnis zum Oligarchen Ihor Kolomojskyj ist weiterhin ungeklärt.

Vor diesem Hintergrund ist es unerklärlich warum die EU, die NATO und Deutschland Milliarden „Hilfsgelder“ in die Ukraine schicken, ohne zu wissen wo das Geld wirklich hinfließt, warum immer mehr Waffen geschickt werden und wir in die Gefahr geraten uns in eine großen Krieg verwickeln zu lassen. Erst ging es um die Lieferung von Panzerhaubitzen, dann um Schützenpanzer und Kampfpanzer, und schon folgen die Forderungen nach Schlachtschiffen, Kampfflugzeugen und Langstreckenraketen. Es dauert nicht mehr lange und die Forderung nach Soldaten liegt auf dem Tisch. Da droht die Gefahr eine 3. Weltkrieges, und da sollten wir uns nicht hinein ziehen lassen. – Rolf Walze

 

Man mag den an einen Hollywood-Western erinnernden Titel kritisieren, ebenso, dass der Nahbericht aus Selenskyjs innerstem Kreis den Eindruck auch atmet, den diese zumeist noch recht jungen Männer und Frauen auf ihre journalistischen Besucher gemacht haben. Und doch dürfte die Beobachtung, es handle sich bei der ukrainischen Führungsriege gerade nicht um Politiker, vieles erklären, was ihnen wie der Ukraine insgesamt an Reaktionen widerfährt: Den unbedingten Zerstörungswillen des erklärten Machtpolitikers Putin, die emotionale Distanz des sich nur ungern erklärenden Ratio-Politikers Scholz wie auch die Skepsis vieler Bundesbürger, die einen so ganz anderen Politikstil gewohnt sind.

Was in Deutschland mühsam als „Zeitenwende“ ausgerufen wird, aber nur langsam ins gemeinsame Bewusstsein einrückt, ist in der Ukraine offensichtlich ein Merkmal der Kollektivbiographie in Zeiten des Krieges. Es bleibt zu hoffen, dass diese Werte, der hier beschriebene erkämpfte Optimismus und Widerstandsgeist im russischen Raketenhagel nicht untergehen. Das alte Europa könnte diesen jungen Geist noch brauchen. – Jörg Heger

 

Ein Präsident, der ein Kabinett von Ergebenen führt, in dem weder Erfahrung noch Fantasie existieren, sich Krieg oder Frieden vorzustellen, dafür aber der Wille, „keine Zweifel“ zuzulassen. Das alles in der Gewissheit, ‚Menschen durchschauen zu können‘. Natürlich auch den Bundeskanzler. Dazu eine Reporterin, die wenig kritische Distanz erkennen lässt. Wo ist Georgina Orwell? – Ingo Klamann

 

Der Titel „Die Unbeugsamen“ lässt an eine Hollywood-Produktion denken. Die Unbeugsamen: Eine Truppe von sehr individuellen und unkonventionellen Experten, die sich – getragen von einer starken gemeinsamen Überzeugung – zu einer verschworenen Gruppe zusammengeschlossen haben, um das fast Unmögliche möglich zu machen: Den Sieg über den großen brutalen Aggressor Russland. Ich habe sehr viel Respekt vor den vorgestellten „Protagonisten“.

Es ergeben sich aber einige Fragen an die ZEIT-Redaktion: Was in dem Artikel ist Inszenierung, was Wirklichkeit? Es ist Krieg. Und im Krieg sind die Bilder und Botschaften der Kriegsparteien, die in die Welt gehen, immer auf eine gezielte Wirkung hin angelegt. Was ist die Absicht des Artikels: Mobilisierung unserer Solidarität durch ein überzeugendes Identifikationsangebot? Steigerung der Zustimmungswerte für Waffenlieferungen an die Ukraine? Oder geht es um Legendenbildung? Ist es zulässig, so unkommentiert eine Heldenerzählung zu „Selenskyjs engstem Kreis“ derart prominent und plakativ zu bringen? Ich bin sicher, dass Sie in Ihrer Redaktionskonferenz darüber gründlich diskutiert haben. Wäre das ZEIT-Magazin nicht eher der richtige Ort für einen solchen Artikel gewesen?

Hier eine Kontrollüberlegung: Sicherlich wäre es grundsätzlich möglich, einen Artikel über das informelle Umfeld von Olaf Scholz, über seinen engsten Kreis, zu schreiben. Um uns den so unverständlichen Kanzler ein Stück näher zu bringen. Oder um das Umfeld zu verbessern, auch sehr einschneidende Entscheidungen mitzugehen. Ein solcher Fokus würde allerdings die wahre Komplexität des Regierungsgeschäfts auf ein vermeintlich menschliches Maß reduzieren, würde Politik pilcherisieren und unhaltbare Huldigungen beinhalten. Die ZEIT würde sich den Vorwurf der Hofberichterstattung zuziehen, unkritisch und parteiisch zu sein. Aus guten Gründen entsteht ein solcher Artikel nicht. – Reinhard Koine

 

„Sie verstanden wenig von Politik und nichts vom Krieg“ Nach den für mich unfassbaren Einlassungen des ukrainischen Botschafters im Interview mit t-Online und den erneuten Forderungen Selenskyjs auf der Sicherheitskonferenz nach weiteren, immer mehr und immer tödlicheren Waffen komme ich nicht mehr umhin feststellen: Endlich ist die Katze aus dem Sack: Für diese Politiker ist Frieden nicht das höchste Gut. Und auch nicht die Verpflichtung, Schaden vom eigenen Volk abzuwenden. Sie verstehen noch immer nichts von Politik, und nicht zuletzt deshalb haben wir diesen Krieg, der Europa bereits an den Rand einer Katastrophe geführt hat. – Dr. Matthias Wagner

 

Der Jahrestag des Angriffes auf die Ukraine sollte Anlass zur publizistischen Bilanz sein. Nicht nur mit Blick auf diejenigen Meinungsmacher, die geirrt haben, als sie der Ukraine eine schnelle Kapitulation empfohlen haben. Vielmehr auch und vor allem mit Blick auf die Meinungsmacher, die der russischen Propaganda vom vermeintlichen russischen Grossreich aufgesessen sind und der Ukraine ihr Existenzrecht abgesprochen haben. Hier hat die ZEIT, in der Helmut Schmidt seine insofern kruden Thesen veröffentlichen konnte, sich ehrlich zu machen. Bislang ist das nicht in ausreichender Form erfolgt. – Dr. Christof Peter

 

Eine junge Ukrainierin, gerade 30, die noch nicht einmal ihren vollständigen Namen nennen will, entwirft Selenskyjs Reden und choreografiert seine Videoauftritte, macht damit Weltpolitik und bietet dem Despoten Putin die Stirn. Eine faszinierende Story! – Rüdiger Paul

 


 

 

Leserbriefe zu „Zwingen die Unis zum Gendern?“ von Anant Agarwala

 

Ist es kein Zwang zum Gendern, wenn flächendeckend an den Unis und Fachhochschulen z.B das Wort Studenten durch den häßlichen Begriff „Studierende“ ersetzt wird? Die Genderisierung ist dort doch längst im vollen Gange. Sprache aber gehört allen Bürgern!!! Die große Mehrheit von ihnen ist, wie Sie auch feststellen, gegen das sogenannte Gendern, gegen das regellose, eigenmächtige und willkürliche Herumdoktern an und Verhunzen der deutschen Sprache.

Eine demokratische Legitimation für das Gendern, für die Vernichtung der Wurzeln der deutschen Sprache, geschweige denn eine Rechtsgrundlage fehlt. Noch schlimmer: Wer in einflussreicher Position gendert, z.B. die Sprecher von ARD und ZDF, oder seine Mitarbeiter zum Gendern zwingt, der missbraucht seine Macht. Wie nennt man noch das Verhalten von Menschen, die anderen ihren Willen aufzwingen wollen? Ach ja, diktatorisch – Begriffe wie tyrannisch oder terroristisch würden aber auch passen. – Winfried B. Boczki

 

Dem Autor/ der Autorin (?) (da geht es schon los mit dem Thema) kann ich nur gratulieren zu diesem Artikel. So einen Journalismus brauchen wir! Damit meine ich, dass ich es klasse finde, dass jemand einfach mal sauber nachrecherchiert und aufgrund von Studienmangel kurzerhand selber tätig wird, um ein vermeintliches Gefühl in der Debatte zu überprüfen. Wie sich zeigt, ist die Realität von der aufgebauschten Ideologie bisher noch meilenweit entfernt. Und das wissen wir nun dank dieser ausgezeichneten Recherche.

Worum es wahrscheinlich eigentlich geht bei dem Nebenschauplatz „Gendern“: Das subtil wahrgenommene Gefühl vieler (auch dazu gab es eine Allensbach-Umfrage), in der Meinungsfreiheit eingeschränkt zu sein. Und auch das bedenkt der intelligente Artikel und weist daraufhin, dass sich hier ein Ergründen der Ursachen weitaus schwieriger gestalten wird. Das populistische Raunen, überall würde nun schon zum Gendern gezwungen, verpufft jedenfalls angesichts der präsentierten Fakten. Gut so! – Julia Molina

 

Große Aufmachung – nichts dahinter. Die ZEIT gibt sich in diesem Artikel neutral und aufklärerisch, schließlich hat man ja direkt die Hochschulen danach befragt, wie sie es denn mit dem Gendern halten, und daraus ein paar hübsche Statistiken gebastelt, die den Eindruck vermitteln sollen: Aufregung ist überflüssig, alles nicht so schlimm wie von manchen behauptet.

Dabei ist die ZEIT, gerade auch in diesem Artikel und in vielen ihrer Beiträge schon seit Jahren, eifrig dabei, genau das Narrativ zu stärken, das von Genderbefürwortern immer und immer wieder vorgebracht wird: Die Sprache, wie sie die meisten Menschen in Deutschland verwenden und weiter verwenden möchten, sei ungerecht, unsensibel und diskriminierend. Denn was sonst soll es bedeuten, wenn Gendersprache unkritisch als „geschlechtergerecht“ oder „geschlechtersensibel“ bezeichnet wird?

Und so verschließt die ZEIT auch konsequent die Augen vor den viel subtileren Mechanismen, die an vielen Universitäten ihre unselige Wirkung entfalten, vor allem an den geisteswissenschaftlichen Fakultäten, aber ebenso in Verwaltungen und Firmen. Es herrscht da eine Atmosphäre, in der es nicht einmal nötig ist, die sogenannten Genderleitfäden (angeblich nur Empfehlungen) mit Hilfe von Notenabzügen oder konkreten beruflichen Nachteilen für Nichtbefolgen durchzusetzen. Dafür sorgen schon die hierarchischen Strukturen und die Befürchtung vieler, dass die Hausarbeit, das Referat, die Doktorarbeit schlecht benotet würden oder gar nicht angenommen, wenn man sich dem moralischen Imperativ nicht unterwirft.

Wenn im Schlusssatz des Artikels dann auch noch süffisant darauf verwiesen wird, dass sich manche Studenten über Punktabzüge nicht wegen Verweigerns, sondern ganz im Gegenteil wegen Anwendung des Genderns beschweren, dann greift auch dies zu kurz, denn immerhin sind all die Sonderzeichen bislang nicht Teil der deutschen Rechtschreibung – und diese wiederum durchaus ein Qualitätskriterium beim Abfassen wissenschaftlicher Arbeiten. Zudem entstehen beim Gendern, ob von echten Aktivisten oder den zahlreichen Verfassern, die „nur“ nicht als moralisch minderwertig betrachtet werden wollen, nun einmal permanent grammatikalisch falsche Formen, auch diese können und sollten von Korrektoren nicht einfach ignoriert werden. – Gertrud Menczel

 

Leider haben Sie schon wieder einen sehr schwachen Artikel zum Gendern herausgegeben… :-( Mit Sicherheit würde jede Studentin oder jeder Student einen Rechtsstreit wegen eines Punteabzugs wegen der Nichtverwendung von Gendersonderzeichen in ihren Uni-Arbeiten gewinnen, weil sie oder er sich auf die Vorgaben des Rates für deutsche Rechtschreibung berufen könnte, der für alle Bildungseinrichtungen, also auch für die Hochschulen, maßgebend ist. Der Rat empfiehlt Gendersonderzeichen wie den Genderstern aber explizit nicht! Im Gegenteil.

Wer allerdings nicht geschlechtergerecht schreibt, was etwas vollkommen anderes ist, als willkürlich irgendwelche (Sonder-)Zeichen in Worte zu streuen, ist in der Tat nicht auf der Höhe der Zeit! Wie ich Ihnen vor Monaten bereits dargelegt habe, lässt sich eine gendergerechte Sprache aber mit der deutschen Rechtschreibung in Einklang bringen. Siehe dazu auch http://web.archive.org/web/20220228092347/https://www.die-heldenhelfer.de/blog/2022/02/28/gedanken-zum-gendern-gastbeitrag-gerhard-samulat/ oder nun auch in der Januar-Ausgabe der DUZ (https://www.duz.de/ausgabe/!/id/600). Schade, dass Die ZEIT sich nicht durchringen kann, diese Gedanken auch ihren Leserinnen oder Leser vorzustellen. – Gerhard Samulat

 

Im Untertitel des Artikels steht der Satz: „Eine ZEIT-Umfrage gibt Antworten“. Die Vorstellung der Autorin ist es, man könne die Frage, ob das Gendern oder Nicht-Gendern die Notengebung beeinflusse, durch Befragen der Universitäten beantworten. Diese Prämisse ist in sofern falsch, als Noten, zumindest in den geistes-und sozialwissenschaftlichen Fächern, weniger objektiv (personenunabhängig) sind, als es wünschenswert wäre: Welche Note jemand bekommt, ist eben auch Geschmackssache des Beurteilers (auch wenn er oder sie das vehement abstreiten wird); dieselbe Klausur wird von verschiedenen Beurteilern nicht zwingend dieselbe Note bekommen.

Die Hoffnung, ein so heiß diskutiertes Thema wie das Gendern, beeinflusse die Rezeption einer Klausur – je nach Haltung des Beurteilenden – nicht, halte ich für arg optimistisch. Vielleicht finde ich es als Dozentin unsympathisch oder provokant, wenn jemand gendert/ nicht gendert – das fließt dann, bewusst oder unbewusst, mit gewisser Wahrscheinlichkeit in mein Urteil ein, auch wenn ich die Begründung der Note gar nicht am (Nicht-)Gendern festmache. Dozenten sind halt auch nur Menschen. Dozentinnen auch. Daher lässt sich die Frage, die der Artikel stellt, mit der gewählten Methode – Befragen der Unis – schlicht nicht beantworten. – Maud Winkler

 

Während meiner aktiven Zeit als Richter in NRW ( lang ist’s her ; Pensionierung 2003 ) war ich mehrere Jahre nebenamtlicher Prüfer im 2. jur. Staatsexamen . Bei Durchsicht der ersten Klausuren war mir aufgefallen, dass manche Arbeiten zahlreiche, teils haarsträubende Rechtschreibfehler ( Groß- und Kleinschreibung, Zeichensetzung pp. ) enthielten. Auf meine Anfrage beim Präsidenten des Landesjustizprüfungsamtes, ob man dies bei der Bewertung der Arbeiten berücksichtigen könnte, verneinte er dies vehement, es dürfte allein auf den fachlichen Inhalt ankommen (sonst bekäme man u.U. auch Schwierigkeiten beim Verwaltungsgericht bei einer Anfechtung des Prüfungsergebnisses ).

Das bedeutet also, dass ein zukünftiger Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt etc. der deutschen Sprache nicht unbedingt mächtig sein muss. Ich dachte, es könnte nicht schlimmer kommen. Nun erfahre ich aber durch Ihren Bericht, dass an den deutschen Universitäten überwiegend eine Verhunzung der deutschen Sprache durch das Gendern (Gendersternchen u. ähnl. ) erwünscht ist und dass ein Student, der sich der deutschen Sprache in ihrer ursprünglichen Form bedient, sogar bisweilen mit Nachteilen zu rechnen hat. Armes Deutschland ! – Dr. Hans Georg Rummel

 

Ihre Hochschul-Umfrage zu einem etwaigen zensurenrelevanten Zwang zum Gendern zeigt ein erfreuliches Ergebnis bezüglich unserer grundgesetzlich garantierten Wissenschaftsfreiheit auch des Sprachgebrauchs. Man muss sich allerdings doch sehr über den ausbleibenden Protest der Germanisten und -innen gegen den moral-linguistisch völlig verfehlten Anspruch des Genderismus wundern, den sie offenbar als solchen nicht erkennen können oder wollen. Eigentlich sollten die von Fabian Payr in seiner Streitschrift „Von Menschen und Mensch*innen: 20 gute Gründe, mit dem Gendern aufzuhören“ ausgeführten Argumente wie die „Leitlinien der Gesellschaft für deutsche Sprache zu den Möglichkeiten des Genderings“, die bisher nicht plausibel widerlegt wurden, hinreichen, wenigstens den akademisch Gebildeten ihren Glauben an ein weltverbesserndes Genderdeutsch zu erschüttern.

Hier einige kritische Aspekte: Warum wird unter „gendern“ inzwischen vorwiegend das Konstrukt des vom maskulinen Stammnomen abgetrennten „innen“ und diese Trennung graphisch (* / : / _ )und phonetisch (Glottisknack) signalisierenden Plurals und weniger das Partizip Präsens oder die m/w – Doppelnennung verstanden? Schon seit der um 1980 zufällig „entdeckten“ -I-Schreibung (die noch nicht gesprochen wurde) hätte klar sein müssen, dass es sich da um eine heimliche geschlechtergerächte (!) Einführung des generischen Femininums handelt: BürgerInnen, LeserInnen, KöchInnen, AnwältInnen, ÄrztInnen etc.

Was für maskuline Plurale stellen jedoch bitte „Köch, Ärzt, Anwält, Bäuer, Folter, Jurist, Dozent“ etc. dar ? Völlig übersehen wird dabei, dass mit solchem rein formell durchgesetzten generischen Femininum die Frauen mitnichten „sichtbar“ werden, sondern in dem Orts-Adverb INNEN verschwinden. Wir bekommen also Männer-Pluralrümpfe (außer bei -er) in einem frauenlosen INNEN-Raum.

Der zweite Grund für diese INNEN-Trenn-Konstrukte ist der Wunsch, alle (welche, wieviele?) Genderdiversitäten zu bedenken, indem man diesen Zwischenraum für das ominöse „Sternchen“ nutzt, das aber doch ein „Unstern“, ein „Desasterisk“ ist, unter dem die Betroffenen geboren wurden und lebenslang leiden müssen. Ob es diesen Minderheiten dadurch besser geht? Die desaströse moralische INNEN-Gender-Bilanz lautet daher: Misogynie plus Androphobie! Das sollte allen ach so moralfest hochgestimmten „Genderrichtlinien“ mit „INNEN“-Einbau an Hochschulen zu denken geben. – Guido Kohlbecher

 


 

 

Leserbriefe zu „Die 8a gegen die KI“ von Martin Spiewak

 

Wer braucht denn noch Gedichtsanalysen? Am Besten noch in mehreren Sprachen. Wurde ja schon in einem Tweet einer Abiturientin beklagt, der viral ging. Was die 8a und die KI viel dringender draufhaben sollten, ist, wie man eine Grundsteuererklärung erstellt. Der Staat muss schließlich dringend von seinen ureigenen Aufgaben „entlastet“ werden.

Ich habe mir das Gedicht und eine dazugehörige Interpretation mal angeschaut. Großstadtlyrik, zugleich fasziniert und angeekelt (überwiegend Letzteres) vom (Verkehrs-)Lärm und Gewusel in Berlin. Ein bisschen hat sich diese Stadt nach über 100 Jahren dann doch zum Positiven verändert. Wenn auch nur wenig … Ob eine 8. Klasse schon wissen muss, was Anapäste, Enjambements und Sonette sind, weiß ich nicht, weil ich die Lehrpläne nicht kenne. Mir kommt das eher wie Stoff für die 9. oder 10. Klasse vor.

Da man diese neuartige Technik eh nicht verbieten kann, sollte man lieber dafür sorgen, dass man sie im Unterricht zielgerichtet einsetzt. Ich denke, dass diese Programme durchaus hilfreich sein könnten: sowohl als Anregung für die Schüler*innen als auch als Inspirationsquelle für die Unterrichtsplanungen des Lehrpersonals. Interessanter Ansatz übrigens, den Bot eine Klassenarbeit beurteilen zu lassen. Ich würde als Lehrer dann aber ebenfalls verlangen, dass der Bot seine Maßstäbe erklärt. Gleiche Waffen für alle!

Besonders schlau wären natürlich „Verfeinerungen“, die die mit dem Bot erstellten Hausaufgaben mit kleineren Fehlern versehen, die das Ganze authentischer wirken lassen. Die noch höhere Kunst wäre es, wenn diese Fehler ein typisches Muster für diese(n) Schüler(in) ergäben. Es wäre nämlich recht unglaubwürdig, wenn der letzte Dösbaddel im echten Leben plötzlich wie Schweinchen Schlau daherkäme. – Thomas Manthey

 

KI macht Angst, wenn sie unkritisch genutzt wird, eröffnet aber auch viele Möglichkeiten auch im Schulunterricht: erwähnt wurde Bewertung von Klassenarbeiten und Unterrichtsvorbereitung! Hier könnte eine Entlastung der Lehrenden erfolgen zu Gunsten mehr Unterrichtsstunden: welche Chancen! – Johannes Barth

 

ChatGPT ist im Kern nichts weiter als ein Programm zur Erfassung menschlicher Sprachmuster: Es werden zunächst die Sprachbausteine erfasst, die wir bei bestimmtenThemen üblicherweise einsetzen. Danach wird auf vielen einander übergeordneten Ebenen analysiert, wie in der alltäglichen Anwendung von Sprache vorhergehende Muster zu neuen Mustern zusammengefasst werden. Diese Analyse wird in einer Geschwindigkeit und mit einer Kapazität vollzogen, die weit über menschliches Vermögen hinausgeht. Das Resultat ist die Illusion einer eigenständigen Kommunikations- und Denkfähigkeit von ‚Künstlicher Intelligenz‘, die doch im Grunde nichts weiter ist als ein Nachahmen unserer angewandten Sprache, eine bloße Imitation des Menschen als Anmutung eigenständiger Intelligenz.

In ähnlicher Weise erlernt jeder Mensch sein Sprechen und Denken zunächst durch einfaches Nachahmen, indem er die durch andere Menschen vorgegebenen Sprach- und Denkmuster übernimmt. Wäre dies jedoch der einzige Weg, auf dem wir lernen, so würde sich in solch geschlossenem Zirkel unser aller Sprechen und Denken niemals verändern können. Der entscheidende Unterschied des Menschen zu ChatGPT ist, dass wir als körperlich existierende Intelligenz (embodied cognition) unsere Sprach- und Denkmuster fortlaufend und zwangsläufig daraufhin abgleichen müssen, ob beides der Sicherung dieser Existenz unter dem ständigen Änderungsdruck äußerer Bedingungen genügt. Ein gelungener Abgleich ist begründet in einer Fähigkeit zu ’neuen Denk- und Sprachmustern‘, über die nur der Mensch verfügen kann.

Doch wer in diesem Sinne kreativ ’neu denken‘ will, muss zunächst die ‚alten Denk- und Sprachmuster‘ beherrschen lernen. Das geschieht u.a. in einem schulischen Unterricht, in dem diese Muster vom Lehrenden durch Nachahmung ins eigene Repertoire übernommen werden. Wer aber dieses Nachahmen zur Gänze einem KI-Programm wie ChatGPT überlässt, wird keine eigenständige Denkfähigkeit erlangen können: das andauernde Nachahmen des Nachgeahmten unter der Herrschaft von ChatGPT wird in einen unveränderbaren und damit unfruchtbaren Denkzirkel führen. Ein Fazit könnte also lauten: eigenständig Denken wird nur der können, der zuvor eigenständig (ohne KI) gelernt hat. – Dr. med. Roland Schürmann

 

Jetzt muss ich die KI ganz gegen meine Gewohnheit als alter pädagogischer Fahrensmann doch mal in Schutz nehmen. Sie ist vermutlich einfach Opfer ihres Algorithmus geworden, der natürlich auf kompetenzorientierten Unterricht und willige (?) Recherchehirne von Achtklässlern programmiert ist und nicht auf Orientierungswissen oder gar Sachkenntnis, die manchmal ganz hilfreich sein kann. Denn ChatGPT hat in dem vorliegenden Text Auf der Terrasse des Café Josty von Paul Boldt sofort Erich Kästners wunderbaren Roman Emil und die Detektive erkannt, denn im 8. Kapitel Der Junge mit der Hupe taucht auf stellt Emil enttäuscht fest, dass Herr Grundeis seelenvergnügt ein helles Bier im Cafe Josty an der Kaiserallee** genießt.

Nein, die KI hat sich nichts „zusammengereimt oder gar halluziniert“ (S. 29 der o.a. Ausgabe), wie Fachleute und in ihrem Gefolge Herr Spiewak mutmaßen. Nein, die KI kannte ihren Kästner und griff in wenigen Sekunden (alle Achtung!) nach diesem Strohhalm und machte einfach ihr Ding, kompetenzorientiert, wie sie nun einmal ist. **[Emil und die Detektive, Frankfurt 1951, S. 113 f.] Fazit: Warnung für Kompetenzorientierte! Vorsicht bei der ungeprüften Übernahme des Urteils von Fachleuten. Ein Hoch auf Sachkenntnis und Orientierungswissen! – Dr. Wolfgang Diepenthal

 

der Artikel über die KI in der Schule hat mich etwas beunruhigt. Nicht wegen ChatGPT, sondern wegen des Umgangs damit. Es ist völlig richtig, dass die schulische Ausbildung der IT-Entwicklung hoffnungslos hinterherrennt, oder besser trottet. Die Frage ist aber worin die Lösung besteht. Aus meiner Sicht kann sie nicht darin bestehen, einfach schneller zu laufen. Die großen IT-Konzerne kann derzeit keiner überholen. Es ist also die Frage, wie man vermeidet hier überrollt zu werden. Die einzige auf absehbare Zeit nicht maschinell ersetzbare Leistung des Menschen ist die geistige Kreativität, das Erkennen von Ursachen und Gesetzen in den Korrelationen, die die KI mit bisher nicht erreichbarer Effizienz findet.

Insofern beunruhigt mich der Vorschlag solche Programme zum Erstellen von Lehrmaterialien zu verwenden sehr. Wir brauchen Menschen, die die Welt verstehen und richtig und falsch erkennen können, gerade auch im Kampf gegen KI, wie sehr schön weiter vorne im Politikteil erläutert wurde an der israelischen Fake-Kampagnen-Firma. Dazu muss man leider auch ein Mindestmaß an Fakten wissen, auch ohne Smartphone. Und schließlich; Ja sich – durchaus auch länger als 90 min – allein ohne Internet mit Problemen zu beschäftigen ist ein wesentlicher Moment aller ernsthaften wissenschaftlichen und auch sonst sicher mancher anderen Tätigkeit. Das Internet lesen können Maschinen schon jetzt viel viel schneller. In diesem Sinne rettet die Schule, erzieht kritikfähige Menschen! – Frank Scholze

 

ChatGPT ist in aller Munde. Künstliche Intelligenz das neue Buzzword. Künstliche Intelligenz gibt es zwar schon länger, aber jetzt kann sie jeder selbst ausprobieren und mit ihr herumspielen. Der Hype hat längst auch die Medienwelt erreicht. In den USA hat die Technikseite Cnet mehrere Monate Artikel von einer KI schreiben lassen, ohne aber darauf aufmerksam zu machen. Die Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, die Medienwelt, so wie wir sie bislang kannten, grundlegend zu verändern. Ob sie hilfreich ist oder sich vielmehr als ein Jobkiller herauskristallisiert, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

Ersteres wage ich als konservativer Zeitungsleser zu bezweifeln. Die digitale Revolution ist in vielen Branchen bereits in vollem Gange. Roboter übernehmen einfach zu automatisierende Aufgaben im Transport-, Logistik-, Produktions- und im Dienstleistungs-Sektor und machen auch vor komplexeren Aufgaben in Forschung, Militär und Medizin keinen Halt. Nach einer Studie der Oxford-Universität werden sie in den kommenden zehn Jahren mindestens 50 Prozent der heutigen Arbeitsplätze ersetzen. Vor diesem Hintergrund muss man für die Einführung des Bürgergeldes, das ein einigermaßen würdevolles (Über-)leben sichert, dankbar sein.

Bilderkennung, maschinelle Lernverfahren, neuronale Netze und kontextbasiertes Arbeiten sind einige der wichtigsten Elemente dieser hochkomplexen technologischen Entwicklung. Auch im Journalismus gewannen Algorithmen bei der Nachrichtenerstellung und -kuration in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung. Künstliche Intelligenz verändert die Welt in einem Ausmaß, wie die Menschheit es vielleicht noch nie erlebt hat. Zeitungsredakteure fühlten sich lange Zeit sicher in ihrem Beruf, bedroht waren stets nur die anderen. Denn Schreiben erfordert Kreativität. Eine Eigenschaft, die eine der Grundlagen des menschlichen Schaffens ist und deren Nachahmung zu den größten Herausforderungen in der Erforschung von KI gehörte. Doch der Durchbruch scheint inzwischen gelungen zu sein.

Es gibt bereits jetzt international bekannte Zeitungsredaktionen, die die KI anspruchsvolle Artikel verfassen lassen. Der hybride Ansatz ermöglichte die Produktion anspruchsvoller Texte bei höchster Aktualität. Die KI traf die Bildauswahl, passte Texte an und gestaltete alle Seiten selbstständig. Vorab wurde die Super-KI (von einem Menschen) lediglich mit Informationen zu Inhalt und Gestaltung der Zeitung gefüttert und lernte, worauf es bei der Erstellung einer Ausgabe ankommt. Die Vision einer (fast) menschenfreien Zeitungsredaktion erscheint plötzlich sehr real. Die KI entwickelt sich in einem ungeheuren Tempo weiter. Mit der hohen Inflation und den steigenden Preisen haben auch viele Zeitungsverlage zu kämpfen.

In Zeiten, in denen sich der eigene Geldbeutel einer Schlankheitskur unterzieht, setzen die Bürger Prioritäten beim Geldausgeben. Die Verlage versuchen diesem Negativtrend mit einer Mischung aus Verzweiflung und Euphorie gegenzusteuern. Es ist für sie eine große Herausforderung, denn in Zeiten der Informationsflut ist nichts so alt wie die gedruckte Zeitung von heute. Die Zahl von Dauer-Abos von Printmedien bei jüngeren Menschen dürfte verschwindend gering sein. Die jungen Leute sind weit überwiegend auf anderweitigen social-media-Kanälen unterwegs, um sich zum Tagesgeschehen zu informieren. Die regionale Zeitung spielt bei den kosmopolitisch veranlagten jungen Menschen eher eine untergeordnete Rolle.

So manche Zeitungen haben aus meiner Sicht in den vergangenen Jahren einen entscheidenden Fehler begangen, indem sie die weitgehend gut betuchte und eher konservativ eingestellte Generation der Babyboomer, jahrelange treue Abonnenten, mit ihrer kritiklosen Haltung gegenüber dem linksgrünen „Mainstream“ verprellt haben. Ich würde mir von den liberal-konservativen Parteien eine politische Attacke gegen Linksgrün wünschen um gleichzeitig die linksgrünen Medien zu demaskieren. Von der Mehrheit der Medien und ihrer einseitigen linksgrünen Ausrichtung bin ich maximal enttäuscht, zumal es in meiner Schulzeit mein Traum war, ein im Grundsatz objektiver Journalist zu werden. Meine Klassenehrerin hatte mich darin sehr unterstützt. Heute bin ich froh, stattdessen einen anderweitigen guten Beruf ergriffen zu haben. Die Mehrheit der Babyboomer, aber auch der gesamten Bevölkerung, würde eine an den Tag gelegte Zivilcourage der konservativen Parteien gegen Linksgrün honorieren. – Alfred Kastner

 

Kann der Einsatz von ChatGPT in der Schule negative Folgen für die Schülerinnen und Schüler haben? (So etwas hätte ich neben all der Technik-Euphorie gern auch in dem Artikel gelesen.) Der Einsatz von Chatbots wie ChatGPT in der Schule kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf Schülerinnen und Schüler haben. Hier sind einige mögliche negative Auswirkungen:

Abhängigkeit von Technologie: Wenn Schülerinnen und Schüler zu sehr von Chatbots wie ChatGPT abhängig sind, kann dies dazu führen, dass sie nicht mehr in der Lage sind, eigene Gedanken zu entwickeln und Probleme eigenständig zu lösen. Wenn sie sich daran gewöhnen, sofortige Antworten zu erhalten, könnten sie es schwieriger finden, sich auf langfristiges und unabhängiges Denken zu konzentrieren. Mangel an sozialen Fähigkeiten: Wenn Schülerinnen und Schüler zu viel Zeit mit Chatbots wie ChatGPT verbringen, könnten sie weniger Zeit damit verbringen, mit ihren Mitschülern und Lehrern zu interagieren. Das könnte dazu führen, dass sie Schwierigkeiten haben, soziale Fähigkeiten wie Teamarbeit, Kommunikation und Kollaboration zu entwickeln.

Fehlende Vertrautheit mit wissenschaftlichen Quellen: Wenn Schülerinnen und Schüler zu oft Chatbots wie ChatGPT nutzen, um Antworten auf ihre Fragen zu finden, könnten sie Schwierigkeiten haben, wissenschaftliche Quellen zu verstehen und zu nutzen. Sie könnten auch Schwierigkeiten haben, zwischen vertrauenswürdigen und unzuverlässigen Quellen zu unterscheiden. Unzureichende Prüfungsvorbereitung: Wenn Schülerinnen und Schüler Chatbots wie ChatGPT nutzen, um sich auf Prüfungen vorzubereiten, könnten sie Schwierigkeiten haben, sich angemessen auf Prüfungen vorzubereiten. Sie könnten Schwierigkeiten haben, das Material in Zusammenhang zu bringen und eigene Schlüsse zu ziehen, was dazu führen könnte, dass sie schlechter abschneiden als Schülerinnen und Schüler, die sich auf andere Weise vorbereitet haben.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Schülerinnen und Schüler in gleicher Weise von den genannten negativen Auswirkungen betroffen sein werden. Der Einsatz von Chatbots wie ChatGPT in der Schule kann auch positive Auswirkungen haben, beispielsweise wenn sie dazu beitragen, das Lernen zu individualisieren und Schülerinnen und Schülern zu helfen, ihr Potenzial voll auszuschöpfen.

Es ist jedoch wichtig, dass die Nutzung von Chatbots wie ChatGPT in der Schule sorgfältig abgewogen wird, um sicherzustellen, dass sie den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler gerecht wird und gleichzeitig ihre Fähigkeiten und ihr Wissen fördert. Es ist auch wichtig, dass Lehrerinnen und Lehrer den Schülerinnen und Schülern beibringen, wie sie Chatbots wie ChatGPT effektiv nutzen können, um ihre Lernziele zu erreichen, anstatt sich ausschließlich auf diese Technologie zu verlassen. Indem sie ihnen beibringen, wie sie kritisch denken, Quellen verifizieren und ihre Fähigkeiten zur Problemlösung verbessern können, können sie dazu beitragen, dass die Schülerinnen und Schüler besser auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet sind.

Insgesamt ist es also wichtig, den Einsatz von Chatbots wie ChatGPT in der Schule in einer ausgewogenen Weise zu betrachten und sicherzustellen, dass sie als Teil einer umfassenden Lernstrategie genutzt werden, die die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt. Dem fortschrittlichen Lehrer, der begeistert davon erzählt, dass seine Schülerinnen und Schüler Klassenarbeiten nur noch am PC schreiben, könnten Sie empfehlen, ChatGPT die folgende Frage zu stellen: Bietet das handschriftliche Verfassen von Texten Vorteile gegenüber dem Schreiben auf einer Tastatur, etwa am PC? – Ernst Lischcke

 


 

 

Leserbriefe zu „Alternde Frauen – mit welcher Herablassung, welchem Ekel sie behandelt werden“ von Sophie Passmann

 

Sophie Passmann spricht mir aus der Seele. Vielen Dank für dieses Beitrag! Madonna ist keine Durchschnittsfrau, sie ist berühmt und steht im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Was sie aber mit allen anderen Frauen verbindet, ist, dass sie nach ihrem Äußeren bewertet wird. „Schönheit“ setzt auch im 21. Jahrhundert immer noch Jugend voraus. Alternde und alte Frauen fallen damit automatisch aus diesem Raster. „In Würde altern“ heißt nichts anderes, als unsichtbar zu werden, unauffällig sein. Das ist zutiefst diskriminierend und sexistisch. Alternde Männer teilen dieses Schicksal in der Regel nicht, sie werden milder behandelt.

Solange sich Frauen (nicht nur alte) immer noch über Ihr Äußeres definieren und bewerten lassen müssen, ist die Gleichberechtigung nicht erreicht. Madonna hat wahrscheinlich viel an sich „herumschnippeln“ lassen. Ich bin kein Fan von Schönheitsoperationen und nicht einmal Fan von Madonna. Was sie aber mit Ihrem Körper macht oder machen lässt, wie sie sich kleidet, ist allein ihre Angelegenheit. Sie muss sich gefallen. – Regina Stock

 

Mir kommen fast die (altersbedingt entmännlichteren) Krokodils-Tränen über solche festverfügten Selbstverständlichkeiten der altersverdeutlichten Entsorgungen aus dem Show-Business – wenn die Damen (und Herren) dieser Branche aus der optischen Unzuverlässlichkeit ihrer zeitbedingten Darstellungen, herausfallen, altersanteilig brutal durch die auffallende Veralterung ihrer Person: ad absurdum sich vorführen (lassen?): doch zuvor voll auf dieser Schönheitsschiene und dem persönlichen Sexappeal abgefahren (worden) sind und nun die jeweils offensichtliche Zeit gekommen sei, dass dieses fleischliche Zur-Schaustellen geradezu peinsam nichtmehr über die Bühne geht…

Merken denn diese Old-Ladies (und Oldies) nicht, wann es Zeit wurde und wird: nun endlich aus dieser Teilhabe am Glamour sich zu verabschieden? Verdammt nochmal – alles hat doch seine Zeit und nur bei den echten Veganern positioniert sich ein runzeliger Bioapfel noch als knackig und gesund und wird (Augen zu) genusswillig goutiert… Aber lassen wir diese (letztlich doch anbringbare) Metapher und wenden wir uns der verbreiteten Wirklichkeit zu, dass Frauen mit einem Alter über 45 und 50 Jahren bereits Schwierigkeiten haben, einen Job in unserer Schein-Gesellschaft zu finden – ich kenne Frauen um die 50 Lebensjahre, die hunderte von Bewerbungsschreiben in all den Jahren abgesandt haben und immer nur Absagen erhielten/erhalten…

Außerdem anerkennt das vereinheitlichte Job-Center bzw. die Steuerbehörde deren sich angetanen „Verschönerungsoperationen“ nicht an, obwohl doch dabei von der jeweiligen alternden Bürgerin/Arbeitssuchenden angeführt wird, dass diese optischen Veränderungen sich zugefügt würden/wurden, weil man damit auf dem Arbeitsmarkt vielleicht doch noch einige Chancen mehr bekommen könnte – einen Arbeitsplatz zu erhalten… Wir sollten diese m/w/d PersonalchefInnen (mehr oder weniger sanft) in ihren auch alternden Arsch treten und ihnen sozial-gesellschaftliche Gemeinwohl-Manieren beibringen! Frank Walter Steinmeier als Bundespräsident in seiner zweiten Amtszeit befindet sich im 67 Lebensjahr – und amtiert er nicht in diesem Alter zu der höchsten deutschen „Volks“-Repräsentation! Cum grano salis?

Nun aber zeigt sich eine 64-jährige Madonna mit grunderneuerter (offensichtlich zu modernisierter) Visage vor der Grammy-Verleihungs-Öffentlichkeit und erwartet zumal von den Kritikern (weniger den Kritikerinnen) ihrer Branche den Kotau vor ihrer scheinbar unvergänglichen Schönheit – soll das Vergängliche möglichst ausgeklammert werden und die Bejubelungen so zeitlos weiter sich veranstalten zur Verunstaltung… Seien wir doch ehrlich und unvoreingenommen (auch zu uns selbst): das höhere Alter verunstaltet zumeist die Menschen – die Falten von uns Alten unwürdig zu verwalten und eben doch nicht morgens mal eben weggebügelt werden können; und wie heißt es so peinsam verdeutlichend zu den Modeerscheinungen auf der „Strada de la Vita“ zu der veralteten Damenwelt beim näheren Hinschauen:

„Von hinten Lyzeum, von vorne Museum!“ Da haben wir den (vertrockneten) Salat – und es bleibt auch kein Auge trocken ohne die hämischen Krokodilstränen derer, die noch keine Wracks im Meer der Zeit sind; dass (wenn es zeitlich lebendig so weitergeht) sie aber ebenso auch in diese optischen Verunstaltungen hineingeraten! Und dann raten wir mal: was sie zeitverschoben über sich selbst zeitkritisch so vor dem Spieglein an der Wand der (äußerlichen) Wahrheit zu bericht(ig)en und zu verdrängen haben…

Da wird dann alles ehrliche Selbsterkennbare vielleicht sehr kleinlaut daherkommen – deswegen: spottet nicht über diejenigen Frauen (und Männer), die es vorher zeitbedingt erwischt hat, die sich selbst doch zumeist nicht mehr optisch gegenspiegeln mögen und nun darunter täglich/nächtlich leiden… In Platons letztem Dialog, zu dem das selbstbewusste Ende des Sokrates (in seinen eigenen Worten oder imaginiert?) beschrieben erscheint, sollte vorab der einprägsamen Erkenntnis des 70-jährigen Philosophen und Todeskandidaten (399 v.u.Z.) bedacht werden: „Gut alt werden heißt: Ich habe gelernt zu verlieren.“

Es macht doch keinen vitalisierenderen Sinn, mit dem alten Arsch auf der Bühne rumzuwackeln und so zu tun, als ob dieses Hinterteil sexy vorscheint, die Brüste nurmehr hochgepuscht bzw. tatsächlich entweder operativ aufgeblasen oder aber getarnte Hängetitten sind… Verlässliche bewusst zielgenau mit einverplante Erektionen der (einstigen) Fans sind wahrlich von dieser nunmehr unbeglaubigten „Madonna apostata“ kaum mehr in Erwartung und Erregung zu bringen, andererseits kann aber die Nostalgie noch einiges Unansehnliche „retuschieren“; wohlweislich scheint hierbei jedoch eher das Mitleid vorzuHERRschen?

Und das kann nicht im realistischen Besinnen dieser gestrigen USA-Madonna sein – selbst wenn der Zaster noch so verlockt, sollte denn dies hierbei das hauptsächliche Argument als Hauptrolle zu diesem obsoleten und peinlichen Theater spielen… Auch eine Tina Turner musste lernen, dass irgendwann die Rocklady mit kürzesten Röcken und entdrallten Auftritten hinter ihrer einstigen heißen Zeit herhechelte – daraus der Altersblues wurde! Und zudem runter mit der Löwinnenmähnenperücke – the Show is over: you have to believe it to see it!“

Alter sei Ekel erregend! Welch ein schrecklicher Hinweis! Sophie Passmann hat sich ansonsten in ihrem Artikel über „Alternde Frauen“ und speziell über jene altgewordene Madonna fast harmonisch harmlos zurückgehalten, schreibt zwangsläufig (?) gleichzeitig mit einem (unlucky) Punch gegen die Männerwelt: „Am Ende können alle potenziellen Antworten auf diese Frage egal sein, denn das eigentliche Problem ist ein anderes. Madonna war und ist Teil der Maschinerie, die immer wieder mit der Fantasie kokettiert, Frauen könnten altern, ohne wirklich zu altern. Und es blieb ihr in Hollywood auch keine andere Wahl, weil alternde Frauen in der Öffentlichkeit sowieso nur als lästig gelten, sie nehmen unnötig Platz weg für andere Frauen, die noch jung sind, dass mehr Männer gerne Sex mit ihnen hätten…“

Zum Ende des Textes von Sophie Passmann wird besonders hartnäckig schriftlich aufgetragen: „Das mit den Schönheitsidealen ist ja nur in Hollywood so. Doch wäre das wahr, und der Ekel vor dem Alter wäre wirklich nur ein Hollywood- Problem, würde uns das Gesicht von Madonna heute nicht weiter interessieren.“ Es ist geradezu furchtbar erschreckend, hierbei den Begriff EKEL mit hineinlesen zu müssen, dieses verfügte „ekelhafte“ zur Maske Altsein mit sich herumzutragen… Hätte die autor(itäre) Sophie nicht ein weiseres Philosophieren mit einverfügen können, als so drastisch die Wahrhaftigkeit wörtlich zu demonstrieren…

Die be(werte)ende Autorin (ihr Vorname bedeutet: Weisheit) dieser ekel(haften) (und doch wahren) Beschreibung – hat hingegen nicht den tiefsten Kern der Realisierung von vorhandenen Wirklichkeiten getroffen: Tatsächlich findet im hohen Altern (und schon zuvor) eine tragische (auch psychische) Entfremdung zur eigenen Person statt, und jedes neue Aufwachen zum neuen Morgen vor dem Spiegel haut einem die Entstellung der Gegenüber-Besichtigung in die alte Visage, die dann nicht wie eine greisenhafte Karnevals-Maske einfach wieder weggestülpt werden kann!

Nein, diese (natürliche) Altersmaskierung bleibt vorhanden und ist nicht zu ertragen, auch dass frau/mann (ohne Eingriffe) sich damit abzufinden hat, ja die optische „zukünftige“ Veralterung noch dramatischer würde… Ach, wie gerne wollte ich so manchen alten Frauen zu den (zufälligen) Begegnungen, ihre frühere Schönheit zurückgeben können – wo doch noch hindurchscheint, wie es einstens sich aufzeigte: die gestrige Vorhandenheit des optisch Schönen! Machen wir uns nichts vor in unserer Harmonieüberbelastung: Lieber schön, jung und reich – als alt und arm.

„In Würde zu altern“: ist doch ein Spruch aus der nunmehr trostlosen Vergangenheitsbilanz – und hatte (in der noch entfernteren „guten alten Zeit“) letztlich nur einen Bezug auf alte Herren, die sich (wie auch immer) irgendwie aufplusterten und als „Vorbilder“ aufgestellt wurden, zudem auch alte Monarchen mit ihren maskenhaften Bärten und ihrem Getue als (Urgroß-)Väter ihres Volkes. Der alte Kaiser Franz Joseph (1830- 1916) von einstens felix Austria hat das nicht besonders gut seinen Völkern vergolten, indem er vor sich hinbrummelte: „Die Leut hab i mögn, net aber die Menschen!“

Sehen wir es doch so prophetischer – sollte die uralte Madonna eines Tages sich irgendwo noch vorzeigen wollen: was ich mir kaum vorstellen mag – ginge es ihr vielleicht wie Marlene Dietrich, die über ihr Altsein aussagte: „Ich wünsche diese Hölle keinem anderen Menschen auf Erden!“ Das hat sie im Klartext (und zumeist betrunken) gnadenlos verdeutlicht! Und ich komme nochmals auf die Zeilen von Sophie Passmann zurück, die textlich schwadroniert: „Das eine große Missverständnis ist, dass eine Frau in der Öffentlichkeit in irgendeiner Weise die Möglichkeit hätte, in Würde zu altern. Ausnahmslos jede Frau, die eine Karriere in der Öffentlichkeit hat, ist mit der Tatsache konfrontiert, dass ein Teil des Wertes ihrer Persona mit ihrem Aussehen zu tun hat.

Das klingt gewaltvoll, als würde man einen Teil seines inneren Wertes ohnehin kompromittieren müssen, wenn man sich als Frau der Öffentlichkeit stellt.“ Nun gut – wir alten Männer haben es auch nicht leicht, auch außerhalb der Öffentlichkeit mit einem Suspensorium herumzulaufen, weil die Eier an den Knien baumeln und wir (mal ganz unter uns) kaum mehr bei alten Frauen einen hochbekommen können und selbst bei imaginierten jungen Frauen die alte Genusswurzel nicht mehr standhaftet…

Daher der allgemein gütliche Rat ohne (Alters-)Schläge zu verteilen: Tretet rechtzeitig ab aus der Öffentlichkeit, soweit ihr mit Eurem guten oder schönen Aussehen kokettiert haben solltet und damit Kohle eingesackt habt… Werdet spätestens ab dann (?)Philosophinnen und Philosophen – und bewertet das alte Dasein in der Erkenntnis eines Selbst-Bewusstseins abseits aller sinnlosen Erträumungen aus dem Jetztzustand heraus…

Vielleicht wäre das auch zu meinem Leserbrief höchst sinnvoll gewesen – doch bin ich heftig traurig mit betroffen: Ein Wrack im Meer der Zeit! Und zur Verinnerlichung für Sophie Passmann – möge sie (für sich selbst auch anteilig) beachten: wie sehr ekelhaft alternde Männer und mit welcher Herablassung, welchem (sexuellen) Ekel diese von dem anderen Geschlecht behandelt werden – von den jungen wie von den alten Frauen! Pablo Picasso (1881-1973) manifestierte im hohen Alter: „Mir ist etwas Unsterbliches gelungen: keines meiner Bilder altert!“

Madonna mia! Der Schriftsteller Philip Milton Roth (1933-2018) jedoch hat es unausweichlicher kollektiv menschennaher erkannt: „Das Alter ist ein Massaker!“ Jedoch: „…wen die Götter lieben, den lassen sie jung sterben.“ Doch dieser verweisheitlichte Spruch kommt aus der Antike – und aus dieser Zeit sind auch die junggebliebenen göttlich Frühverstorbenen fast alle namentlich unkenntlich für die Zukunft, zeitnah entstorben… – Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

 

Zu dem Artikel von Sophie Passmann, mit dem sie die begründet, dass Schönheitsoperationen für alternde Frauen notwendig sind um den männlichen Genussanspruch zu entsprechen, wollte ich einen langen Leserbrief schreiben. Am Ende meiner Gedanken viel mir dann eine Zusammenfassung ein: So ein Schwachsinn! – Henning Glaser

 

Also ich selber habe kein Problem mit alternden Frauen. Ich bin seit 24 Jahren glücklich mit einer vier Jahre älteren Frau zusammen, die nun auch auf die 60 Jahre zugeht. Wir sehen auch gemeinsam wie andere Frauen ebenfalls in Würde altern, z.B. neben meiner Frau auch Judi Dench. Es geht also auch ohne Botox oder andere Schönheitsoperationen. Das wirklich Problem scheint mir eher die alternde Frau zu sein, die meint, sie müsse weiter äußerlich interessant und verfügbar für Männer sein. Es ist zwar eine Floskel aber wahre Schönheit kommt von innen. – Volker v. Moers

 

Wenn ich mich als Frau nur über Äußerlichkeiten definiere, kann man das so sehen. Wie schön ist Iris Appel! – Karin Wegmann

 


 

 

Leserbriefe zu „»Wir müssen die russische Kultur unter Quarantäne stellen«“. Gespräch mit Oleksandr Tkatschenko geführt von Christine Lemke-Matwey

 

Eine meiner guten Freundinnen ist Pianistin und zog vor 14 Jahren aus der Ukraine nach Deutschland. Nach einem ihrer jüngsten Konzerte, bei dem sie Schostakowitsch gespielt hatte, wurde sie argwöhnisch gefragt, warum sie ausgerechnet einen russischen Komponisten dafür ausgewählt hatte. Ihre Antwort war so banal wie einleuchtend: Sie werde sich niemals von irgendjemandem die Musik ihrer Idole beschmutzen lassen, auch, wenn es ihnen noch so gut passen würde. Bei allem Verständnis für die Wut und Verzweiflung der Ukrainer: Ich kann und werde niemals begreifen, wie man den weltweiten Boykott einer ganzen Kultur einfordern kann. Dass die Ukraine diesen Weg geht, erscheint momentan logisch.

Aber die Aussage, russische Kultur würde mit Kriminalität einhergehen, ist schlichtweg falsch und reißerisch: Theaterregisseure wie Kirill Serebrennikov, der seinerseits jahrelang unbegründet im Hausarrest war und stets gegen das herrschende System angespielt hat, darf und sollte mit seinen Stücken im Ausland zeigen, dass es in Russland durchaus andersdenkende Menschen gibt, die demokratische Werte teilen und ebenso unter der Herrschaft Putins leiden. Hasstiraden und Verbote sind Mittel jener Aggressoren, die man zu bekämpfen versucht – und sollten von Staaten, wie Deutschland, zurecht nicht unterstützt werden. – Inga Stichling

 

Wie der ukrainische Kulturminister Tkatschenko über die russische Kultur redet, kommt mir das Wort „Bücherverbrennung“ in den Kopf. Und ich bin mir nicht sicher, ob dieses totalitäre Kulturverständnis nur kriegsbedingt ist, oder doch Ausdruck einer „illiberalen Demokratie“ nach Modell Orban. Und ich bin mir leider auch nicht mehr sicher, ob es das Ideal unseres Grundgesetzes, die Freiheit einer offenen Gesellschaft, ist, das wir in der Ukraine verteidigen. Oder doch nur eine legitime Position in einem geostrategischen Machtkonflikt. In einem Land mit dem Kulturverständnis von Herrn Tkatschenko wollte ich jedenfalls nicht leben, weder im Krieg noch im Frieden. – Dr. Ralph Bürk

 

Nachdem ich den Artikel über den UA-Kulturminister Tkatschenko gelesen und mich „ausgiebig aufgeregt“ hatte, bin ich zielstrebig zu meinem LP-Fach gegangen. Habe Tschaikowskys Violinkonzert, Solist: Tibor Varga, Aufnahme aus den 60er Jahren, herausgenommen, aufgelegt und andächtig angehört ! Heute folgt noch die Leningrader Symphonie von Schostakowitsch. Wie kann der Minister einer Regierung , die in der Abwehr des Überfalls eines verbrecherischen Regimes – nicht des russischen Volkes !, auch europäische Werte verteidigen will, die russische Kultur, und damit auch die Russen, unter Quarantäne stellen ? Soll ich Tolstoi, Pasternak, Mandelstam, Granin, Achmatowa, um nur wenige zu nennen, jetzt in den modrigen Keller bringen ? Die UA-Regierung hat genug mit der Verteidigung zu tun. Trotzdem, dieser Minister gehört abgelöst ! – Hartmut Wagener

 

Darf sich ein Opfer eigentlich alles erlauben? Was denkt sich Herr Oleksandr Tkatschenko dabei von Deutschland zu verlangen die ganze Jahrhunderte alte Kultur Russlands unter Quarantäne zu stellen. Tschaikowski, Rachmaninow, Tschechow, Dostojewski etc. alles Kriegstreiber? Und die russischen Sportler natürlich auch, denn die sollen nicht an der Olympiade teilnehmen dürfen. Sollen jetzt alle ca. 145.000.000 Russen, nur weil sie zufällig Russen sind, kollektiv verurteilt werden? Wenn es nicht so verdammt ernst wäre, würde ich sagen: Wie im Kindergarten. „Wenn Du mit Peter spielst, bist Du nicht mehr mein Freund.“ In Deutschland gibt es Demokratie und Kunstfreiheit. Vielleicht sollte Frau Roth, anstatt Verständnis zu zeigen den ukrainischen Kulturminister mal fragen, was er für ein Demokratieverständnis hat.

Oder will sich der Westen und auch Deutschland ständig von den ukrainischen „Superhelden“ vorführen und diktieren lassen, was moralisch erlaubt oder angesagt ist. Es mag ja verständlich sein, Frau Netrebkos Aussagen für nicht glaubwürdig zu halten und ihre Haltung zu verurteilen. Frau Netrebko ist nun in der misslichen Lage, sowohl von Russland als auch vom Westen abgelehnt zu werden. So ist das wohl, wenn man sich zwischen den Stühlen platziert. Aber sie ist auch österreichische Staatsbürgerin also Bürgerin der EU. Solange sie keine Straftaten begeht, kann ein demokratischer Staat ihr auch nicht das öffentliche Singen verbieten. Bei den Waffenlieferungen verhält sich die Ukraine genauso fordernd. Nach den Kampfpanzern kommt sofort die Forderung nach Kampfjets und nun auch noch die nach Streubomben und Phosphormunition. Diese Munition ist aus guten Gründen international geächtet.

Natürlich wäre es richtig und sehr zu wünschen wenn Russland endlich den Krieg beenden und aus der Ukraine verschwinden würde. Leider nicht realistisch! Und ja, es ist leicht das ukrainische Verhalten aus einer warmen und sicheren Position, ohne Krieg, ohne ständige Lebensgefahr, ohne zerstörte Häuser und in Sicherheit, zu kritisieren. Aber trotzdem; ein Land dessen Regierungsvertreter die Menschen und die Kultur eines anderen Landes nicht von den Kriegstreibern unterscheiden kann und nach international geächteter Munition verlangt, möchte ich nicht in der EU wissen. – Petra Harink

 

Schon habe ich mich über dieses Thema geäußert aber die Bemerkungen vom Herrn Tkatschenko kann ich nicht ohne Kommentar stehen lassen. Die jetzige Situation in der Ukraine führt dazu, dass fast alles was „russisch“ ist oder in Verbindung zu Russland steht abgelehnt wird. Viele russische Künstler haben ihre Meinung zu dem Krieg deutlich geäußert. Einige aber haben Familie und Freunde in Russland und riskieren mit anti-kriegs Bemerkungen, sie in Gefahr zu bringen. Besser ist es ,dass solche Personen (z.B. Ann Netrebko) einfach vorübergehen untertauchen, um Ärger von beiden Seiten zu vermeiden- sie können es so oder so nicht richtig machen.

Apropos die Musik von Tschaikowsky, Rachmaninoff und Co- diese Schätze gehören der Welt so wie die große literarische Werke von z.B. Tolstoy oder Pasternak. Was können sie dafür, dass ihr Land momentan solche Grausamkeiten schuldig ist ? Wagner wird eifrig gespielt in Deutschland und weltweit obwohl er einer der schrecklichsten Antisemiten aller Zeiten war (und er war nicht der einzige weltberühmte Künstler, der diese Ideologie laut propagiert hat). Die Welt wäre kulturell sehr arm, wenn Werke wegen ihrer nationalen Herkunft aus aktuellen politischen Gründen „unter Quarantäne“ gestellt würden. – Dr. Diana Sims-Silbermann

 


 

 

Leserbriefe zu „Was es mit der sogenannten Liebe auf sich hat“ von Volker Weidermann

 

Ich möchte mich den Glückwünschen anschließen. Ich finde es sehr nett, dass Guildo Horn aus Solidarität mit Elke Heidenreich seinen 70. Geburtstag vorfeiert. Gefühlt ist Frau Heidenreich ja ebenso jung. Ihre Olympia-Kommentare als Metzgersgattin bleiben unvergessen. Bis dahin war das das Lustigste (neben Dagmar Berghoffs „WC-Turnier“), was jemals im deutschen Fernsehen lief. Früher war Olympia auch noch nicht so vollgestopft, da hatten die Sender noch zwischendurch Zeit für solche Dönekens. Übertroffen werden Frau Heidenreich und Frau Berghoff nur noch von den Kunstflügen, die Stefan Raab und Elton mal bei „TV Total“ (passiv, sehr passiv sogar!) unternahmen. – Thomas Manthey

 

Mehr als ein paar kurze, auch inhaltlich dürftige Zeilen ist Ihnen der 80. Geburtstag der großartigen Erzählerin und mitreißenden Literaturkritikerin Elke Heidenreich nicht wert? Das ist kein Glückwunsch, das ist schäbig. – Vera Deininger

 

Ich beziehe mich auf Ihren Beitrag „Was es mit der sogenannten Liebe auf sich hat“ in der ZEIT No 8, Seite 42 und auf den darin enthaltenen 1.Satz „… heißt Liebe, und darin fliegen zweimal Menschen vom Dach …“. Ich denke, dass sie nicht wirklich „geflogen“ sind, sondern vermutlich „sich vom Dach gestürzt haben“, es sei denn, sie haben tatsächlich versucht mit irgendwelchen Hilfsmittel zu gleiten, was aber ein offensichtlich untaugliches Mittel gewesen sein muss, sonst wären sie nicht „auf der Erde zerschmettert“.

Aber im Ernst, Herr Weidermann, so volksnahe Ausdrücke, wie „er flog vom Dach“ oder „die FDB flog aus dem Bundestag“ sind für eine Zeitung mit dem Anspruch der ZEIT nicht angemessen. Leider muss man solche Ausdrücke in letzter Zeit auch hier immer öfter lesen. Ich lade Sie daher ein, sorgfältiger zu formulieren und auf ein „volksnahes“ Niveau (wenigstens in der ZEIT) zu verzichten. – Günther Lettau

 

Mein Gott kann Annie Ernaux (*1940) kurz, knapp und mitreißend schreiben, alle Achtung! nIch kenne bisher nur ihr Büchlein „Der junge Mann“ und darin beschreibt die Nobelpreisträgerin 2022 für Literatur, ihre kurze und kurzweilige Beziehung mit einem sehr jungen Mann. Elke Heidenreich (*15.2.1943) kenne ich nur von und aus der „TV-Röhre“ her und gelesen habe ich nur das, was andere über sie geschrieben haben; ein von ihr selbst geschriebenen Buch, das habe ich bisher noch nicht gelesen. Beide nicht mehr ganz taufrische Damen schreiben meist nur über sich, über ihre Beziehungen (aber welcher Schriftsteller tut das eigentlich nicht), ihren Männerverschleiß und natürlich auch über die große und die kleine Liebe, die mal da war oder sich erst gar nicht einstellen wollte! – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Sie manipulieren die Welt“ von Holger Stark und Fritz Zimmermann

 

Das Universum entfaltete sich von selbst vor knapp 14 Milliarden Jahre. Seit unserer Existenz reformierten mehrmals unser Weltbild. … Unser derzeitig monetäres Weltbild ist eine „aufgepropfte Wirklichkeit“, wodurch wir Zukunft gestalten. Wirtschaftswissenschaft ist eine Geisteswissenschaft, die sich zahlentheoretisch und gesellschaftspolitisch von anderen wissenschaftlichen Einsichten unterscheidet. …

Warum werden unsere Wirtschaftsaxiome keiner wissenschaftsübergreifende Plausibilitätsüberprüfung unterzogen? … Hr. D. Trump wusste wovon er redete; das monetäre Wirtschaftsbild ist eine Alternative Wirklichkeit zum Wachstumsverständnis Evolution! … Historisch gesehen, war die Präsidentschaft von Hr. Trump eine Satire, die Journalisten nicht verstanden. … Immerhin erkennen Journalisten Manipulation, wenn Manipulation eingeräumt und erklärt wird! – Matthias Losert

 

Die Insider (Wissenschaftler, Techniker, Politiker etc.) wußten doch schon jahrzehntelang, „wohin die Reise geht“, denn das Manipulieren und die Desinformation sind doch uraltes Handwerk „der Kriegskunst“ im menschlichen Dasein, selbst im Frieden. Wenn z.B. Drittlandstaaten sich ihren Wahlsieg zurechtschustern lassen, muß man sich überhaupt nicht wundern, dass Autokratien und Diktatoren überhaupt an der Macht sind, abgesehen von anderen Bedingungen wie permanente Korruption.

Die neue Art dieser Systeme werden dann von Typen wir z.B. Trump ausgelebt, gemixt mit sehr eigenwilligen durchgesetzten „Wahlreformen“. Echte Demokratien werden mit dem Problem fertig, wenn auch mit der Einschränkung der Cyber-Attacken wie z.B. des Systems Putin, der dann prompt behauptet, irgendwelche Typen sind da böse unterwegs. Die Lügen kennen wir bereits seit 20 Jahren. Entscheidend ist unsere Abwehrbasis für solch Kriminelles und der Appell an jeden Einzelnen von uns, sich gut zu überlegen, was man im Internet nutzen will, muß oder noch mehr sollte. Den sogenannten Influencern ist ohnehin nicht zu helfen; das kann gehen bis zum Tod. – Rainer Rehfeldt

 

Offenbar gibt es für die Unwahrheit einen wachsenden Markt. Wo die Unwahrheit als eine professionell erzeugte Ware einen in Geld sich ausdrückenden Marktpreis erhält, entstehen zwangsläufig auch Kosten für die Wahrheit. Die Wahrheit herauszufinden, erfordert inzwischen nicht nur eine geistige, sondern immer häufiger eine erhebliche finanzielle Anstrengung. Sie zu verbreiten, kann das Leben kosten. Was waren das noch für Zeiten, als die Wahrheit Allgemeingut, umsonst und immer ein Gewinn war.

Was waren das für Zeiten, als der Preis der Unwahrheit den Verlust der Ehre bedeuteten konnte, sobald die Wahrheit ans Licht kam. Was sind das nun für Zeiten, wo Wahrheit und Unwahrheit in einer aus den realen Lebenszusammenhängen abgekoppelten Sphäre frei und als prinzipiell gleichwertige Güter gehandelt werden. Was sind das für Zeiten, wo das Schadenspotenzial der Unwahrheit einen Mehrwert enthält, wo das konstruktive Potenzial der Wahrheit im Wettbewerb mit der Unwahrheit nicht mithalten kann.

Vermag die Wahrheit sich bei steigenden Preisen überhaupt noch durchsetzen? Wie lange können wir uns Wahrheit überhaupt noch leisten? Richtig, wir stehen vor einer beängstigenden Zukunft. Fast ist zu hoffen, dass die Unwahrheit sich durch ihren inflationären Gebrauch selbst entwertet. Und durch diese List der Vernunft die Wahrheit wieder in die ihr zukommende Macht einsetzt. – Reinhard Koine

 

Journalismus war niemals eine Angelegenheit, bei der zweifelsfrei immer die Wahrheit verbreitet wurde. Es liegt in der Natur unserer Welt und ihrer Ambivalenz, dass es je nach Sichtweise immer mehrere Wahrheiten gibt. Das kann man auch an Ihren Publikationen sehen, die von Sachzwängen und dem wirtschaftlichen Überleben geprägt ist, denn Sie, anders als diese Net – Piraten haben ja ihren guten Ruf zu verlieren und müssen behutsam operieren. Dass man heute mehr denn je seinen “ gesunden „ Menschenverstand gebrauchen sollte, zeigt sich in dem genannten Bericht, in dem Sie sich im Graubereich der Informationen bewegen. Wir sind dank moderner Technologie mit den Möglichkeiten der unkontrollierten, massenhaften Verbreitung von Meldungen an dem Punkt angekommen, an dem es eine immer verwischtere Grenze zwischen wahr und unwahr, zwischen Realität und Fiktion gibt, die unauflösbar zu sein scheint.

Da ist die Möglichkeit, den berühmten Kopf in den Sand zu stecken, kein ganz schlechter Ratschlag. Denn über den virtuellen Raum zu berichten, gleicht dem Herumstochern im Nebel, so ganz klar sieht man dort auch nicht. Das zu ändern ist die Aufgabe von investigativem Journalismus, und wenn ihre Arbeit dazu führt diesen Gestalten im Dunklen ihr schmutziges Geschäft der Verunglimpfung zu legen, dann umso besser. Wenn nicht, dann füllt es bloß Spalten. In dem Bericht „ Schauen sie nicht hoch “ in der gleichen Ausgabe Ihrer Zeitung, wird das augenscheinlich.

Sie schreiben dort über das unbekannte Objekt am Himmel, dessen Herkunft unklar ist, und alles darüber berichtete ist recht vage. So müssen Sie sich zu Ihrem Bericht „ Ende einer Luftfahrt „ aus der Vorwoche korrigieren, in der von dem Objekt berichtet wird in der Grösse eines kleinen Verkehrsflugzeuges und mit einem Gewicht von einigen tausend Tonnen, um nun zu schreiben, dass es nur einige tausend Pfund schwer war. Die A 380 ist das größte und schwerste Passagierflugzeug der Welt: 73 Meter lang, 24 Meter hoch, mit einem Startgewicht bis zu 560 Tonnen, eine Cessna 150, ein normales Privatflugzeug wiegt 758 kg.

Nach verantwortlicher und faktisch richtiger journalistischer Arbeit sieht das nicht aus, denn sonst hätten sie solche „ Phantasiezahlen „ nicht veröffentlicht, sondern vorher gründlich recherchiert. Denn sonst stiften sie Verwirrung und man glaubt man Ihnen zum Schluss auch nicht mehr dass was sie berichten. – Gert Besner

 


 

 

Leserbriefe zu „Die historische Leistung von Dackelexkrementen“ von Jens Jessen

 

Meine überwiegend ablehnende Haltung zur Oper hatte ich ja schon einmal geäußert. Ballett ist eine noch tausendmal schlimmere Kunstkacke! (Es sei denn Alice Renavand, Star an der Opéra national de Paris, tanzt im Regen in einem traumhaften Kleid im ausverkauftem Stade de France zu „Wuppertal“ von Indochine. Unfassbar schön!) Meiner Empörung, was den unglaublichen Vorfall in Hannover angeht, muss ich wohl nicht noch extra Ausdruck verleihen. Die versteht sich von selbst. – Thomas Manthey

 

In Ihrer Aufzählung der Künstler, die über Kritiker „vergrätzt“ waren, beginnen Sie bei Goethe und enden bei der kürzlich in Hannover durch den Ballettchef verriebenen Dackelscheiße. Diese stelle eine, wenn auch „unfreiwillige historische Leistung“ dar, als sie erstmalig eine Parteinahme des Publikums gegen einen „inhumanen egozentrischen Künstlernarzissmus“ zeigen. Sie haben Thomas Mann und einen anderen Hannoveraner übersehen, nämlich Theodor Lessing, der in der Weimarer Republik sich als äußerst scharfer Satiriker, Theaterkritiker und politischer Schriftstelle unbeliebt gemacht hat. Er wurde von den Nazis bereits im August 1933 in Marienbad ermordet.

Thomas Mann schreibt hierzu am 1. September 1933 in seinem Tagebuch: „ Mir graust vor einem solchen Ende, nicht weil es das Ende, sondern weil es so elend ist und einem Lessing anstehen mag, aber nicht mir.“ Egozentrischer Künstlernarzissmus also schon vor 90 Jahren, der aber eine Parteinahme damals ausschloss, weil die Tagebücher erst nach 1975 sukzessive veröffentlicht wurden. Erst danach haben einige Auszüge es in die Zeitungen geschafft. Die Ansicht, was „einem Lessing anstehen mag, aber nicht mir“ ging da aber unter in den Notaten über seidene Unterhosen, die sich der große Dichter gegönnt und Vapeurs, mit denen er sie gefüllt hat. – Dieter Mlynek

 

Ich will einfach nicht glauben, dass ein zivilisierter Mensch in der Öffentlichkeit zu der geschilderten Kot-Aktion fähig ist. Ich habe da eine ganz andere Theorie. Nehmen wir mal an, Frau Hüster und Herr Goecke arbeiten zusammen. Fast alle, von Frau Hüster veröffentlichten Kritiken, waren zwar eher negativ, schadeten Herrn Goecke aber nicht wirklich. Die beiden sprachen sich vielleicht aus und einigten sich darauf, in besagter Pause in der Staatsoper, einen Eklat zu fingieren.

In dem Beutel, der dann später – umgestülpt – in Frau Hüsters Gesicht landete, befand sich höchstwahrscheinlich auch kein Hundekot, sondern eine Art Nutella-Wurst. Die hätte man von der Konsistenz her, sicher ähnlich gestalten können. Ziel dieser Aktion war es, nach langer Pandemie- und Kriegszeit, wieder Leute in die Staatsoper oder die Theater zu locken. Bei meiner Partnerin und mir hat das auf jeden Fall geklappt: Wir beschlossen, uns Karten für die Vorstellung Glaube-Liebe-Hoffnung in Hannover zu besorgen… – Achim Bothmann

 

Nun sind sich, von Haussmann angefangen, ja alle einig, daß Scheißeschmeißen verdammenswert ist. Gut so! Warum aber gibt es bei den Kreativen immer wieder solche Ausraster wie die hier zitierten von Goecke, Goethe, Handtke oder Beier? Ohne den ganzen Text von Frau Hüster zu kennen: Geschmacklose Pöbeleien von Rezensent:innen gab es oft und zu allen Zeiten, nicht erst seit Hanslicks berüchtiger Rezension zur Uraufführung des Violinkonzertes von Tschaikowski 1881, in der er schreibt, es bringe „uns auf die schauerliche Idee, ob es nicht auch Musikstücke geben könnte, die man stinken hört“. Nicht jede:r Künstler:in hat die Nerven, so etwas auszuhalten.

Als Opernkomponist kenne ich solche Entgleisungen auch aus persönlicher Erfahrung. Meine Oper GEGEN DIE WAND nach Fatih Akin (UA Bremen 2008) bezeichnete ein Rezensent im Deutschlandradio als „Gyrosteller mit Nudeln obendrauf“, von dem ihm „ganz schlecht geworden“ sei; meine blutrünstige Anti-Religionskriegs-Oper CRUSADES (UA Freiburg 2017) wird in der NMZ (und kurz darauf in der Neuen Zürcher Zeitung) von Peter Rudiger süffisant mit dem Headliner „Gefällig!“ abgehakt, und nach der Premiere meiner Oper TSCHICK an der Wiener Staatsoper erklärt mir Stefan Ender am 18.12. 22 im Wiener „Standard“ , daß der „Komponist einfach nur zeigen [will], was er handwerklich so draufhat“ und behauptet, daß in meinem Stück „kein Ton richtig“ sei.

Woher will er das eigentlich wissen? Immerhin lesen wir dort auch: „ [Der Hauptdarsteller] Constantin Müller hat als Maik schöne Hugh-Grant-Haare“. Vielleicht sollte Ender eher für ein Wiener Lifestyle- Männer-Magazin schreiben? Ich weiß, daß qualitätsvolles Feuilleton oft schlechtbezahlt und unter Druck ist. Dennoch: Wir brauchen es. Die Künstler:innen, das Publikum, die Gesellschaft. Kritik am Feulleton brauchen wir aber auch. Und die fehlt oft genug. – Ludger Vollmer

 


 

 

Leserbriefe zu „»Vorstellungen von Glück sind ansteckend«“. Gespräch mit Alexander Kluge geführt von Peter Neumann

 

Herr Kluge hat ja so recht: Nur ein völlig neues Denken kann uns allen den Notausgang weisen aus diesem Dilemma. Frau Baerbock hat sich – wie die meisten – längst verrannt. Jede Rakete, jeder Panzer, jeder Kampfjet und was weiß ich nicht noch alles verlängert diesen Krieg unnötig weiter. Herr Kluge sagt den unbequemen Satz: Damit die Ukraine einen befriedigenden Sonderstatus in der EU erhält, müssen auch Interessen Russlands erfüllbar werden. (Das hat schon vor Monaten ein UN-Berater in einem Beitrag geäußert.) Ja, die Toten mahnen uns – nicht aufzurüsten, sondern zu verhandeln; erst recht die ungezeugten Kinder.

Wir haben ihnen gegenüber eine Verantwortung. In dem Zusammenhang endlich mal ein Hinweis auf das Friedensgebot auf Grund des Grundgesetzes. Auch Herrn Hbermas in der gleichen ZEIT-Ausgabe gebührt mein Dank für seine Idee der Initiative für Verhandlungen. Schämen tue ich mich hingegen für die Worte des ukrainischen Kulturministers, ebenfalls abgedruckt in der Ausgabe. Lassen wir uns nicht vor seinen Karren spannen! Ich hoffe auf ganz viel kulturellen Austausch mit Russland, mit russischer Kultur, mit russischen Menschen. Ja, ich höre weiter gerne Tschaikowsky und unterstütze damit bei mir und allen Zuhörenden Frieden in meiner Seele. – Klaus Aumann

 

Frei nach Oskar Wilde: Alexander Kluge hat nichts zu sagen, aber was er sagt, klingt ganz entzückend. Kluge schwafelt, verschmiemelt und bildungshubert bis zum Exzess und denkt gar nicht daran, die Frage, wie der Frieden gewonnen werden könnte, auch nur im Ansatz zu beantworten. Immerhin: Zwischen den prätentiösen und in diesem Kontext weitgehend sinnfreien Exkursen zu Alexander dem Großen und den Wandvertäflungen der Titanic, wirft der Höchstgebildete an einigen Stellen Bemerkungen ein, die ihn als Putins willigen Vasallen erscheinen lassen. Selensky zurzeit der mächtigste Politiker der Welt? Putin beherrscht den Krieg nicht (also ist er da einfach so rein geraten und könnte ihn auch nicht beenden)?

Russlands Interessen müssen erfüllbar (!) werden? Und was meint er, wenn er mahnt, den Krieg nicht fortzusetzen? Dass die Ukraine sich opfern soll und zu kapitulieren hat? Das von ihm ins Spiel gebrachte Baumaterial, das dann alle fröhlich liefern, wenn der Krieg vorbei ist, wird schon genug Hoffnung geben und schließlich Glück bringen… Man hätte dieses Interview eigentlich nicht drucken dürfen, denn es beschädigt Kluge irreparabel. Und doch, es war auch richtig, denn es zeigt wieder einmal mal, dass ein kluger und sprachmächtiger Künstler zugleich ein ganz armseliges, schamfreies Menschlein sein kann. – Eckhard Hooge

 

Alexander Kluge glaubt nicht daran, dass Panzer den Krieg beenden werden. Nur ein völlig neues Denken könne den Notausgang weisen.» Allerdings, die Vorstellung, die Idee vom neuen Denken reicht nicht. Das neue Denken braucht eine gewisse Masse und Wucht. Diese kann nicht allein dadurch entstehen, dass sich das neue Denken nur auf den Krieg in der Ukraine bezieht. Ein positives Ende könnte aus folgender Überlegung entstehen: Ähnlich wie beim kürzlichen Erdbeben im türkisch/syrischen Grenzgebiet könnte sich im Hinblick auf die eingetretene bzw. auf drohende weitere Katastrophe ein gemeinsames Bemühen um die notwendigen, rettenden Massnahmen entstehen. Doch dazu fehlen heute noch entscheidende Grundlagen.

Daher gibt es leider auch begründete Ratlosigkeit darüber, wie der Krieg bald gestoppt werden kann. Diese Ratlosigkeit hat Parallelen, die anregen nach tieferen Ursachen zu suchen. Die Parallelen betreffen die Entwicklungen in Ländern wie den Jemen, Afghanistan, den Südsudan, teilweise auch den Sudan, überhaupt Länder südlich der Sahara. Auch das späte und unzureichende Reagieren auf die Klima-Krise gehört dazu.

Bei den meisten der erwähnten Krisen gibt es Ursachen, die in demographischen und ökonomischen Gräben sichtbar werden. Beim Krieg in der Ukraine spielen diese Ursachen keine Rolle. Es muss nach einer tieferen Ursache gesucht werden. Es fehlt ein global akzeptiertes, realistisches Weltbild, das auf das Ziel ausgerichtet ist, der Menschheit eine gute Zukunft zu ermöglichen. Dieses Weltbild muss sich auch an einem Bibelwort orientieren: «Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.»

Der Mensch benötigt auch Perspektiven. Das Problem ist, dass vielen Menschen Perspektiven angeboten werden, die zu Katastrophen führen können. Anbieter sind Regierungen, Religionen aber auch Überlieferungen. Bei den genannten Gräben geht’s einerseits um Perspektiven und Ziele (z.B. Ansehen), die mit hohen Geburtenraten verbunden sind und andererseits um Perspektiven, die mit hohem Wirtschaftwachstum verbunden sind. Putins Perspektiven resultieren bekanntlich aus seinen persönlichen Zielen und aus einer Weltsicht, die auch dem russischen Volk mit massiver Propaganda aufgedrängt wird. Es geht um Russlands Grösse und die Verachtung der Weltsicht des Westens.

Die folgende Zielsetzung mag naiv erscheinen, angesichts der aktuellen Lage in der Ukraine. Wir müssen Perspektiven suchen und propagieren, die mit einer guten Zukunft der Menschheit vereinbar sind. Eine mögliche Grundlage ist die Forderung: Wir sind nur Gast auf diesem schönen Planeten und müssen somit dafür sorgen, dass dieser Planeten unseren Nachkommen unversehrt übergeben werden kann. Das betrifft Demographie, Ökonomie und Ökologie aber auch das Verhindern von Kriegen. – Gernot Gwehenberger

 

Herr Kluge benennt in dem für meinen Geschmack allzu verschwurbelten Interview an keiner Stelle Putin/Russland als den Aggressor und die Ukrainer*innen als die Angegriffenen/Opfer, sondern spricht verunklärend von „einem unerklärten Krieg mit den USA“, einem „Bruderkrieg zwischen der Ukraine und Russland“ und einem „Wirtschaftskrieg mit Sanktionen“, als ob nicht etwa Putin/Russland der Aggressor wäre, sondern mindestens in gleichem oder noch höherem Maße die Ukrainer*innen mit ihren angeblichen „Maximalforderungen“ – die im Wesentlichen schlicht den Abzug der russischen Truppen und damit Recht und Freiheit für die Menschen in den derzeit von russischen Truppen besetzten Gebieten beinhalten – sowie die Staaten, welche die Ukrainer*innen in ihrem Freiheitskampf unterstützen. Das ist meines Erachtens Putinsche Propaganda, die eine Zeitung, die sich der Wahrheit verpflichtet fühlt/weiß, Herrn Kluge meiner Meinung nach nicht hätte durchgehen lassen dürfen. – Dr. Ulrich Willmes

 


 

 

Leserbriefe zu „Braucht Europa mehr Zäune?“ Streit von Lars Castellucci und Manfred Weber

 

Wenn wir nicht jährlich aus angegebenen wirtschaftlichen und sozialen Gründen seit den 70er Jahren jeweils 100000 Abtreibungen hätten, wären 5 Millionen junge Menschen, hier in vorhandenen Wohnungen aufgewachsene, mit Sprache und den Gegebenheiten des Landes und Europas vertraute Bürger vorhanden. Die wirtschaftliche Not der Eltern, die sich zu einem Abbruch entscheiden und entschieden hatten , hätte mit derselben monatlichen Unterstützung verhindert werden können, die die nach besserem Leben in Deutschland Suchenden erhalten.

Und zusätzlich benötigen diese ja auch noch Wohnraum und Sprachunterricht. Von den Kriegs-und Verfolgtenflüchtlingen abgesehen will sich der Arbeitskräftemarkt einer Leihmutterschaft der vorwiegend afrikanischen Länder bedienen, die bisher Menschen zu uns bringt, die unparitätisch aus 95% männlichen jungen Menschen , ohne Sprachkenntnissen und Berufsausbildung besteht, was bei den vorher angesprochenen 5 Millionen schon da gewesen wäre. – Alois Lienhard

 

Ist unser Volk nicht weit mehr als eine beliebig große Zahl von Menschen, die arbeiten, produzieren und konsumieren sollen, um das Wirtschaftswachstum aufrechtzuerhalten; das, um unseren Luxus und Wohlstand zu sichern, jährlich mehrere 100000 Arbeitskräfte aus aller Welt benötigt, mit Familien über 1 Million? Wird unser kleines Land immer mehr zu einer riesigen Herberge für Flüchtlinge, die nicht den Eindruck erwecken, als wollten sie je in ihre Heimat zurückkehren? Ist es nicht die vorrangigste Pflicht unserer Regierung, den Auftrag ihres Amtseids zu erfüllen?

Dazu gehört nicht, Bürgermeistern und Landräten ständig neue Flüchtlingskontingente zuzuweisen, sie wider besseres Wissen zu beschwichtigen, wenn sie klagen: das Maß ist längst voll! Dazu gehört auch nicht, uns, dem Wahlvolk, dauerhaft die Kollateralschäden unaufhörlicher Immigrantenströme zuzumuten: statt Dank Mißachtung unserer Werte, Regeln und Gesetze, Gewalttaten, immer größere und mächtigere Parallelgesellschaften und nicht zuletzt weitere Betonierung und Versiegelung unseres knappen Bodens durch Wohnungsbau – die neue rot-grün-gelbe Klimapolitik? Von einem starken, wehrhaften Staat, der sich bei seinen Entscheidungen nicht an den Zeitgeistmoralwächtern orientiert, darf man erwarten, daß er die Dauereinwanderung stoppt; schließlich gibt es noch einige europäische Länder, die sich vorsätzlich drücken!

Daß er unsere Grenze schützt, wenn keine wirksame Außengrenzsicherung gelingt! Daß er alle ausreisepflichtigen Asylbewerber abschiebt, notfalls mit nachhaltigem Druck auf die Herkunftsländer! Daß er den gleichen Druck auf asiatische und afrikanische Länder ausübt, die Flüchtlinge aus ihren Kontinenten aufzunehmen, wo wir vor Ort helfen können! Dort müssen sie nicht „integriert“ werden, dort sind sie in der Nähe ihrer Heimatländer, in die sie ja irgendwann zurückkehren, die sie wieder aufbauen sollen! So wie das für die mehr als 1 Million Ukraineflüchtlinge, die Deutschland bereits aufgenommen hat, selbstverständlich ist! Sie dürfen sich gern ein Beispiel an den deutschen Trümmerfrauen nehmen, unter ihnen unzählige Vertriebene aus unseren ehemaligen Ostgebieten!

Mit ihren Händen haben sie den Kriegsschutt weggeräumt und mit ihrer Solidarität den Grundstein für den demokratischen Wiederaufbau Deutschlands gelegt! Um wieviel komfortabler ist es da jetzt für uns, wenn wir das Problem des Arbeitskräftemangels lösen müssen? Dazu bedarf es der Solidarität innerhalb unserer Gesellschaft: späteres Renteneintrittsalter (ich habe bis zum 74. Lebensjahr meine Hausarzteinzelpraxis auf dem platten Land geführt); Pflichtjahr für Jugendliche und Rentner; neue Aufgaben für alle, die mit der Verwaltung, Betreuung und „Integration“ von Flüchtlingen befaßt sind; Abschaffung aller überflüssigen Beauftragten; Verringerung der Abgeordnetenzahlen; Appell an alle Arbeitslosen, sich mit ihrem Wissen und Können für unser Land einzubringen; angemessenere Honorierung und Wertschätzung für jegliche Arbeit! Schaffen wir das? Oder ein Polyethnistan?

Hierzu drei Sätze von Habeck aus dem Interview in der gleichen DIE ZEIT-Ausgabe:“…Damals, als die Regeln gemacht wurden, war das richtig, aber heute brauchen wir das nicht mehr. Und da darf man sich auch nicht hinter komplizierten Gesetzestexten verstecken und am Ende Gerichten die politischen Entscheidungen überlassen. Wir sind als Bundesregierung gewählt worden, um Entscheidungen zu treffen und dafür geradezustehen!“ Das sollte man all jenen ins Stammbuch schreiben, die blind für die Wirklichkeit an überholten, untauglichen Asylgesetzen festhalten und taub sind für den Auftrag ihres Amtseids! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Ich glaube nicht, dass diese Frage die Diskussion um die Migration nach Europa in irgendeiner Form weiterbringt. Sie kann gar nicht richtig beantwortet werden. Es wäre ja schon mal hilfreich, wenn seitens verantwortlicher Politiker zwischen legaler und illegaler Einwanderung unterschieden werden würde und genauso klar gemacht werden würde, in welchen Fällen Menschen Asyl zu gewähren ist oder nicht, wann Kriegsflüchtlinge aufgenommen werden sollen. Unbestritten ist, dass gerade in Deutschland künftig immer mehr Fachkräfte fehlen werden und dafür eine unkompliziertere Zuwanderung dieser Fachkräfte unabdingbar ist und möglich gemacht werden muss.

Das hat aber alles nichts mit einer massenhaften Migration zu tun, die unkontrolliert vonstatten geht und im Endeffekt jedem, der Europa oder Deutschland auf irgendeine Weise erreicht, eine dauerhafte Aufnahme ermöglicht. Abschiebungen gibt es kaum, selbst wenn sie gerechtfertigt sind. Damit verbaut man am Ende auch denjenigen Menschen Chancen, die tatsächlich unsere Hilfe brauchen, die als Fachkräfte einwandern möchten und begrenzt damit ihre Möglichkeiten, in Europa, in Deutschland, Fuß zu fassen und zu bleiben. Dazu gehören Wohnraum, Plätze in Kitas, Schulen, Integrations- und Sprachkurse und letztlich auch eine Verwaltung, die dieses organisieren kann.

Die Kommunen klagen, dass sie mit dem ständigen Zustrom von Flüchtlingen überfordert sind. Zwar räumt Herr Castellucci auch ein, dass die Kapazitäten begrenzt sind, kommt aber immer wieder mit dem Satz: „Wir müssen das schaffen!“ Wie wir das schaffen müssen, sagt er aber nicht konkret. Allein der Wunsch reicht nicht aus, damit entsteht nicht eine Wohnung mehr, kein weiterer Kindergartenplatz oder eine vernünftige Perspektive für eine dauerhalte Zukunft in Europa oder Deutschland, die mehr bietet als Unterkunft und Verpflegung. – Regina Stock

 


 

 

Leserbriefe zu „»Ich will kein Opfer sein«“. Gespräch mit Olena Selenska geführt von Cathrin Gilbert und Amélie Schneider

 

Das beeindruckende und anrührende Interview mit Olena Selenska ausgerechnet unter der Rubrik „Unterhaltung“ zu veröffentlichen ist schon eine ziemlich peinliche Fehleistung! – Dr. Joachim Mewing

 

„Ich will kein Opfer sein“, dieses Interview las ich auf Seite 26 ! Als mein Blick am Ende nach oben schweifte konnte ich kaum glauben, dass die Überschrift UNTERHALTUNG lautete! Ein Missgeschick!? – Theresia Vahle-Röck

 

Seit Jahren lese ich die ZEIT und bin immer wieder begeistert, dass Sie mir viele neue Einsichten schenken und mein geistiges Leben bereichern. Der o.g. Artikel gehört auch dazu, aber ich fassungslos, dass so ein Artikel in die Rubrik „Unterhaltung“ fällt. – Gangolf Ehlen

 


 

 

Leserbriefe zu „Was denkt Heinrich über Heinrich?“ von Amonte Schröder-Jürss

 

„Das Schöne ist immer bizarr“, fand Charles Baudelaire. Dass das Bizarre nicht immer schön ist, beweist der Gegenstand dieses Artikels. – Ludwig Engstler-Barocco

 

Es wurde richtig darauf hingewiesen, dass es seit 1919 keinen Adelsstand (und damit auch keine Adelstitel) mehr gibt. Der bis dahin bestehende Titel wurde in Deutschland Teil des Nachnamens, ein Mensch mit Namensteil „Prinz“ konnte diesen später nicht einfach zu „Fürst“ ändern, weil er als vermeintliches gewordenes Familienoberhaupt zu Zeiten des Kaiserreichs diesen Herrschertitel erhalten hätte.

Also hieße dieser Heinrich der Vierzehnte in Deutschland auch nur „Heinrich Prinz Reuss“. Da er ja anscheinend Österreicher ist, liegt die Sache nochmal anders: Die Österreicher hatten nach dem ersten Weltkrieg alle Adelstitel rigoros verboten. Der Vierzehnte heißt dort schlicht „Heinrich Reuss“. Wenn er sich selbst „Fürst“ nennt, macht er sich sogar strafbar. – Holger Holland-Moritz

 


 

 

Leserbriefe zur Infografik „Armutszeugnis“ von Johanna Schoener (Recherche) und Allezhopp Studio (Infografik)

 

Die Tafeln unterstützen „Kinder und Jugendliche“, „Erwachsene“ und „Senioren“ – sind Senioren etwa keine Erwachsenen?! – Bettina Ziegler

 

Arm – was heißt das? Was nützen „Informationen“ ohne exakten Aussagewert? Um sich ein klares Bild von der Armutsgrenze zu machen, helfen keine Prozentangaben. Klare Zahlen sind für eine INFORMATION erforderlich. Oder glauben die Redakteure, dass ihre Leser einen Überblick haben, wie hoch das „mittlere Einkommen aller Personen in Deutschland beträgt“ und sich dann die 60% errechnet?. Vor allem im Wirtschafsteil ist diese „Halbinformation per Prozentangabe“ oft festzustellen. Bei diesen Meldungen Fehlen entweder die Ausgangszahlen oder die Zahl der entsprechenden ABWEICHUNGEN. PS. Fehlt evtl. die Zeit (0der das Personal) um die amtlich veröffentlichten Zahlen zu ergänzen bzw. zu überprüfen???? – Werner Meschter

 


 

 

Leserbriefe zu „Schauen Sie nicht hoch“ von Jörg Lau und Paul Middelhoff

 

99 chinesische Spionageballons auf ihrem Weg zum Horizont / Hielten ein paar dumme Amerikaner für UFOs aus dem All / Darum schickte ein Präsident ’ne Kampfjetstaffel hinterher / Den Abschuss freizugeben, wenn’s so wär. Ich glaube der chinesischen Propaganda kein einziges Wort. Die Lügen haben sich schon bei Covid als untauglich erwiesen. Es wird Zeit, mit Xi Jinping Klartext zu reden, vor allem was Taiwan, Hongkong und die Uiguren angeht. Und soll dieses Land doch ruhig auf seinem Billigschrott sitzenbleiben! – Thomas Manthey

 

Nein, eh nicht. Auch „nach oben“ ist sprachlich grenzwertig. Man schaut ja auch nicht niedrig, sondern hinunter. Hoch ist ein statischer Begriff und keine Bewegung: ein Berg ist hoch, ein Turm, ein Haus. Also bitte „Schauen Sie nicht hinauf“ Muss Die Zeit die aktuellen Modetorheiten mitmachen? Oder Quizmaster fragen: Gehen Sie hoch? Da bin ich lieber altmodisch. – Christine Preyer

 


 

 

Leserbriefe zu „Unterm roten Teppich“ von Katja Nicodemus

 

Ich möchte die Aussagen von Frau Nicodemus eigentlich nicht kritisieren und auch nicht die Kritik von Herrn Jessen, aber kann es sein, dass der Aspekt, den Herr Jessen beschreibt, bei Frau Nicodemus fehlt? Die Kunstszene ist, und damit tue ich keinem weh, doch eine, die reichlich mit narzißtischen Persönlichkeiten versehen ist (Herr Goecke ist wütend und nicht, wie er behauptet, zornig, dafür, dass das so ist, spricht seine inadäquate Reaktion. Wut ist als narzißtisch zu betrachten).

Kann es sein, dass die Misere der deutschen Filmwirtschaft damit zusammenhängt (Angst nicht zu vergessen) und nicht nur mit wirtschaftlichen oder finanziellen, wie Frau Nicodemus darstellt, womit diese Problemanalyse am eigentlichen Problem vorbeigeht? Kann es sein, dass Missgunst, Neid, Dünkel und Klüngel die Szene beherrschen, dass man „frischen“ Wind von Außen nicht „wünscht“, man gerne unter sich bleibt? Als Beleg mögen die Preisverleihungen dienen: Wer sitzt in den Jurys? Klatscht man sich da nicht gegenseitig auf die, international betrachtet, doch recht schmalen Schultern? Fini. – Dr. Gerd-Rüdiger Erdmann

 

Unterm Teppich hat viel Platz. Wenn die Filme, die nach öffentlichen Geldern gieren, so gut wären, dass sie ihr Publikum fänden, spielten sich die Ausgaben auch wieder ein. Aber es wird offensichtlich nur für die Nabelschau der freitagabendlichen Talkschau-Gesellschaft produziert, die sich in Selbstbeweihräucherung ergehen und selbst nicht fürs Kinoticket bezahlen wollen. Deshalb lasst diese Filme sein, sie passen nicht durch die 3 Siebe des Sokrates. – Alois Lienhard

 


 

 

Leserbrief zu „Anna Mayr entdeckt: Spaß auf offener Straße“ von Anna Mayr

 

Als norddeutscher Karnevalsmuffel geht mir dies Fest gewaltig auf den Geist. Ich muss aber dennoch anerkennen, dass es ein Fest „by the people, for the people and of the people“ ist. Warum sollte ich jemandem den Spaß daran vermiesen? Ich finde jedoch, dass es zu weit geht, wenn sich zum Beispiel Braunschweig den Karneval „kulturell aneignet“ (falls man denn dabei von „Kultur“ sprechen kann) und alljährlich zur Karnevalshochburg mutiert. Mir losse den Karneval in Kölle / Düsseldorf / Meenz / Oche / Basel / Rio etc., denn do gehört er hin!

Zum Glück hatte ich zu Schulzeiten fast immer fiebrige Erkältungen und kam so meist um diese Verkleiderei herum. Und was bin ich froh, dass am Aschermittwoch wieder alles vorbei ist. Vor allem auch der Overkill an schlechten Karnevalssendungen im Fernsehen. Den politischen Karneval nehme ich von meiner Kritik ein wenig aus. Aber auch dieser hat in den letzten Jahrzehnten immer mehr nachgelassen. Am Schlimmsten fand ich die Entwicklung beim „Boten vom Bundestag“: Seitdem dieser immer mehr nach rechts abgedriftet war, habe immer sofort ab- oder umgeschaltet.

Heutzutage gucke ich allerhöchstens noch den „Orden wider den tierischen Ernst“. Aber selbst der war früher lustiger. Und diese Schleichwerbung für die Sponsoren nervt besonders. Dieses Jahr habe ich erst zur zweiten Hälfte eingeschaltet. Das „Lustigste“ war noch Friedrich Merz‘ sauer(land)töpfisches Gesicht, aber wie Lars Klingbeil die Ukulele gespielt hat, war recht nett. War auch die einzige Büttenrede, die halbwegs etwas getaugt hat.

„Drink doch ene met“ ist für mich eines der ganz wenigen Karnevalslieder, das mir gefällt. Wenn das nur ein gewöhnliches Sauflied wäre, das den Alkohol verherrlicht oder verharmlost, würde ich es ablehnen. Aber um den Alkohol geht es hier gar nicht so sehr, sondern vielmehr um Zusammengehörigkeit. Aber leider gehören Alkoholleichen wohl zum Karneval dazu … Von den Discokrawallen in Trier will ich erst gar nicht reden. Wenn die Meldungen stimmen, war der Auslöser eine Karnevalsfeier. Pott heißa (so lautet der Gruß der Diaspora-Jecken hier in Hildesheim anstelle von Alaaf und Helau) und viel Spaß beim Singen und Feiern! – Thomas Manthey

 


 

 

Leserbrief zu „Der Todesengel hat sich mein Land ausgesucht“ von Khaled Khalifa

 

Der Todesengel , der sich Syrien ausgesucht hat, heißt Bashar al-Assad. ER interessiert sich NICHT für die Opfer des Bebens in seinem Land, ER öffnet die Grenzen nur zögerlich für Hilfskonvois. ER und seiner Regierung haben ihre Bevölkerung vergessen und es ist ihnen gleichgültig , dass die eigenen Kinder nun mit 12 Jahren nichts anderes kennen als Krieg und Not. Seit Jahren kommt Assad in den Medien so gut wie nicht mehr vor. Wenn selbst ein syrischer hochkarätiger Schriftsteller den Namen des Peinigers und Menschenhassers nicht nennt , wissen wir, warum. WO ist dieser Präsident (= „Landesvater“!!!) eigentlich ? – Annette Sprenger

 


 

 

Leserbrief zu „PROMINENT IGNORIERT. Sechzig plus“ von USTO

 

So weltberühmt wie es die ABBA waren und sind, so berühmt ist dieser Guildo Horn natürlich nicht ganz, aber fast! Ich finde diesen Horst Heinz Köhler (*15.2.1963) so sein bürgerlicher Nam, jedenfalls witziger und unterhaltsamer, als ABBA, aber was heißt schon witziger und unterhaltsamer!? Stefan Raab hat seinen Titel „Guildo hat euch lieb“ komponiert und der „Piep piep piep ich hab euch lieb Guildo“ hatte damit seinen einzig wirklichen großen Hit (Platz 7 beim Euro. Song Contest in Birmingham 1998). Schon damals schieden sich die Geister am Alter des Nussecken-Verteilers bei seinen Konzerten, aber wie alt er nun tatsächlich ist, das will doch eh keiner so richtig genau wissen! – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbrief zu „WIE ES WIRKLICH IST … … mit 86 Jahren den Platz im Seniorenheim zu verlieren“ aufgezeichnet von Kristina Ratsch

 

Wie es wirklich ist….. Der kurze Beitrag von Frau Kilian – 86 Jahre, noch wohnhaft in einem Seniorenheim in Bad Soden- Salmünster – geht mir mehr unter die Haut, als vielseitige, meist interessengeleitete Artikel über Tragödien weltweit. Würdig leben und wohnen im Alter ist – verdammt noch mal !- ein Menschenrecht! Für mich – mit 72 auch nicht mehr ganz jung – sind solche Lebensgeschichten Antrieb, ehrenamtlich für Menschen mit Unterstützungs- bedarf gnadenlos auf die Barrikaden zu gehen….nicht nur gegen profitgierige Auswüchse bei sogenannten „Pflegedienstleistern“. – Hubert Seiter

 


 

 

Leserbrief zu „Armer Erfindergeist“ von Heike Buchter und Ann-Kathrin Nezik

 

Was wäre gewesen, wenn die privaten Geldgeber im Jahr 2021 ihre 53 Mrd. $ in die wirklichen Bedürfnisse unserer Welt investiert hätten, z.B. den Abbau von Armut und Ungleichheit, statt in den eigenen Profit? – John Stevens

 


 

 

Leserbrief zu „DIE GEZEICHNETEN“ von Lara Huck und Carlotta Wald

 

In der Zeit vom 26 Februar 2023 ist dem Autor in der ansonsten ausgezeichneten Dokumentation über das Schicksal von überlebenden Menschen in der Ukraine, „Die Gezeichneten“, ein peinlicher, sinnentstellender Fehler unterlaufen. Der bewundernswerte Kämpfer aus dem Asow-Stahlwerk, Dmytro Kosaszkyi hat nicht etwa scheinbar einen unerschütterlichen Optimismus, sondern er besitzt ihn anscheinend tatsächlich. Das geht dann auch aus dem weiteren Text hervor: er (Kosaszky)i selbst schrieb „light will win“ und später, dass er trotz der schockierenden Situation in der Ukraine an einen Sieg glaube. – Dr. Peter Samow

 


 

 

Leserbrief zu „»Manches haben wir verschlafen«“. Gespräch mit Peter-André Alt geführt von Anna-Lena Scholz

 

Prof. Alt hat völlig recht, wenn er eine bessere, nämlich gemeinsame Nutzung von Ressourcen durch die Hochschulen und außeruniversitäten Einrichtungen anmahnt. Derzeit ist es leider so, dass jede Hochschule in vielen Bereichen allein oder höchstens in Kooperation mit wenigen anderen Hochschulen – häufig aus dem gleichen Bundesland – vor sich hin werkelt, und zwar auch bei Prozessen und Programmen – z. B. im IT-Bereich -, die bei allen Hochschulen gleich oder ähnlich ablaufen bzw. gleiche oder ähnliche Bedürfnisse erfüllen, die man also wahrscheinlich bundesweit vereinheitlichen könnte.

Dann bräuchte man vermutlich deutlich weniger Ressourcen dafür. Aber solange die maßgeblichen Personen in Bund und Ländern glauben, die Hochschulen in einen Konkurrenzkampf treiben zu müssen, z. B. mittels Exzellenzinitiativen oder -strategien und ähnlichen Förderprogrammen, wird die Zusammenarbeit der Hochschulen wohl so unverbindlich und geringfügig bleiben, wie sie derzeit weitgehend ist. Mit Konkurrenten zu kooperieren ist eben schwierig. – Dr. Ulrich Willmes

 


 

 

Leserbrief zu „»Es pilchert mehr, als es schwärmt«“. Gespräch mit Frank Schätzing geführt von Ronald Düker

 

Eigentlich interessieren mich Romane wenig und Bestsellerlisten erst recht nicht, aber am „Schwarm“ kam ich einfach nicht vorbei. Die ersten 50 Seiten hatte ich auf meiner 45-minütigen Heimfahrt in der Straßenbahn direkt verschlungen. Mein Lesetempo nahm paradoxerweise erst zum letzten Viertel hin ab, als der Autor zur (normalerweise dynamischeren) dialogischen Erzählweise wechselte. Da las sich der Schinken plötzlich wie ein Action-Drehbuch für Hollywood, mit einer Figur, für die eindeutig Condoleezza Rice Patin stand. Laut Wikipedia hat sie sich in einer Serie schon einmal selbst gespielt, das hatte ich mir für die „Schwarm“-Verfilmung auch erwünscht.

Ich hatte eigentlich auch eine Blockbusterverfilmung erhofft und erwartet, obwohl ich immer wieder von den Problemen gehört hatte. Am Geeignetsten dafür hätte ich die norddeutsche Sprotte Wulfgäng Pieterson (es heißt übrigens auch „Maikel Ballhouse“) mit seiner Affinität fürs Meer gehalten. Cameron (ebenfalls meeresbegeistert), Spielberg oder Emmerich wären auch okay gewesen. Jetzt isses halt „nur“ das ZDF. Aber immerhin hat es nach 20 Jahren endlich doch noch geklappt.

Ich lass mich mal überraschen, was dabei herausgekommen ist. Vielleicht ist eine Serie auch besser, weil selbst 3 Stunden im Kino wohl nicht ausgereicht hätten, um dem Buch gerecht zu werden. Bei 40 Mio. Budget werden hoffentlich wenigstens die Special Effects stimmen. Entweder wird das Ganze das Fernsehereignis des Jahres oder ein Rohrkrepierer, je nachdem, wie viel Schätzing und wie viel Pilcher drinsteckt. – Thomas Manthey

 


 

 

Leserbrief zu „Sie werden zu mehreren Jahren Haft verurteilt – und kommen gleich wieder frei. Ein Justizskandal?“ von Johanna Jürgens

 

Der Kommentar „Sie werden zu mehreren Jahren Haft verurteilt – und kommen gleich wieder frei. Ein Justizskandal?“ von Johanna Jürgens hat mich zum Schreiben dieses Leserbriefs motiviert. Ich würde mich freuen, wenn sie diesen Abdrucken bzw. auf ihrem Blog veröffentlichen könnten. – Simon Kühn

 


 

 

Leserbrief zu „Dieser arme Sohn“ von Golo Maurer

 

Von brutaler Kälte des Goethe-Vaters gegenüber dem Sohn August (in dem ZEIT-Artikel von Golo Maurer) dies so zu beschrieben, scheint doch mehr als vermessen und entspricht keinesfalls der seinerzeitigen internen Wirklichkeit zwischen den beiden nahesten „Kontrahenten“, wenngleich diese komplizierte Distanz zwischen Vater und Sohn unausweichlich kühl (er)-schien: hier im Vordergrund der nicht nur unerreichbare geistige Übervater als Genie, dort der doch wohl zu alltägliche Sohn August im Schatten dieses einverdeutschten (Weimarer) „Olympiers“, des teilweise so benannten Dichterfürsten…

Präludium: Ob es Liebe war, die dieser vielseitige Goethe empfand, als er kurz zuvor aus Italien zurückkommend nach Weimar: dann im Park an der Ilm am 12. Juli 1788 jene Christiane Vulpius zufällig antraf: sie ein eingeplantes Bittgesuch für ihren Bruder ihm „spontan“ übergeben wollte – und in dieser Nacht noch die Blumenbinderin Vulpius und der hohe, exponierte Staatsbeamte von Goethe sich geschlechtlich verlustierten: sein dreiundzwanzigjähriges „kleines Naturwesen“ (wie er sie auch benannte) ihn sexuell von sich wohl abhängig machte und ihn als Mann gefügig werden ließ…? Warum sonst sollte er diese doch „dahergelaufene“ Christiane dann sofort mit in seinen privaten Haushalt aufnehmen, nicht nur die Damen (zudem die echauffierte Freifrau Charlotte von Stein – zu Stein erstarrt) der kleinen Weimarer Hofgesellschaft gegen sich erzürnen ließ, sondern auch den Tratsch und das Gespött beim Volke sich (und ihr) antat – LIEBE?

Goethe kannte dieses Wortbild eher nur als Überhöhung für seine gefühlsaufwallenden poetisierenden Schriftstellereien – mehrere durchlebte Totgeburten und frühe Kindstode trugen zur Tragik dieser dualen Gemeinschaftsauffindung mit bei: die Geburt des Sohnes August (im französischen Revolutionsjahr) am 25. Dezember 1789 beließ dessen Abhängigkeit vom erhabenen Vater dann 40 Jahre als seine Überlebenszeit. Alle Erwartungen des Vaters waren in dieses letzte überlebende Kind hineinbedrängt und strategisch eingefordert worden!

Die (jeweils auch heutigen) Menschenkinder in ihren „Familien“: kennen, fühlen diese Zwanghaftigkeiten des Abhängigseins vom Vater und der Mutter, mehr oder weniger eingezwängt in die unausweichlichen Gegebenheiten des eingeforderten Verhaltens – nur, dass eben die meisten Massenmenschen ihren Kindern keine wirklichen „idealen“ Vorbilder (ohne Bildung) sein können, zu einfach gestrickt sieht deren Lebensbeteiligung (dann im grelleren Licht betrachtet) aus, letztlich austauschbare „Sklaven der Moderne“, die an ihren Arbeitsplätzen zu funktionieren haben und dadurch diese elterlichen Erwachsenen zu Hause umso mehr die Befehlsstrukturen positionieren – wie auch immer: kein schönes kindliches Spiel für diese hinzugeborenen Unterworfenen!

Dass der Vater Goethe seinem ihm verbliebenen einzigen Kind und Sohn alles nur Erdenkliche abverlangte, wird schon aus seiner Position als „zweiter Herrschender“ nach dem Landesfürsten Herzog Carl August: nur zu deutlich erkennbar, und somit nutzte das Söhnchen, der Sohn schon in der frühen Schulzeit diese Stellung des Vaters bewusst aus, wurden ihm immer wieder durch das Katzbuckeln und das Liebdienern auch der Lehrerschaft (gegenüber Exzellenz von Goethe), seine schulischen Eskapaden (seine bewussten Unaufmerksamkeiten) hinzureichend absorbiert…

Kein Wunder, dass dieser Sohn August einerseits extrem privilegiert durch die Positionen des Vaters, andererseits aber ein doch auch „uneheliches Bankert“ in der Öffentlichkeit war, unter diesen Unausweichlichkeiten das Kind, der Jugendliche bis zum 19. Oktober 1806 enorm litt – erst zu diesem Zeitdatum heiratete Johann Wolfgang von Goethe die Christiane Vulpius… Wir können uns heute sicherlich nicht mehr zeitnah in die Psyche des Sohnes August hineinversetzen: 17 lange Jahre als uneheliches Kind/Jugendlicher in dieser kleinen Residenzstadt Weimar sich allzeitlich irgendwie „legitimieren“ zu müssen… Der Sohn August stand somit jedoch stets am jugendlichen Pranger!

Nun (nach der Ehe der Eltern) dieser Sohn August von Goethe, zwar öffentlich „rehabilitiert“, gleichwohl aber allgemein (un-)erkannt als das abhängige Beiwerk des Vaters, der an seinem Sohn verzweifelte: dass er nicht ebenfalls das Geniale aus seiner Erbanlage mitbekommen habe – letztlich nur ein kleiner Beamter bei Hofe, und auch diese Rolle vom Übervater noch arrangiert… Ebenso auch die Hochzeit am 17. Juni 1817 mit Ottilie von Pogwisch, die tatsächlich aber nur eine Versorgungsehe sich ausdachte und keinerlei Gefühlsaufwallungen gegenüber dem „armen Sohn August“ in diese Ehe einbrachte…

Auch nur der Name von Goethe des berühmten Schwiegervaters hatte ihr diese Ehe planerisch einbedacht plus der zu erwartenden Versorgungen! Verdeutlichter: sie verachtete ihren Angetrauten, ließ ihn die Abhängigkeit vom Vater immer wieder spüren, gebar zwei Söhne und eine Tochter – somit war durch den Nachwuchs im Hause Goethe ihr Pensum erfüllt: der Großvater Goethe stand sowieso auch hierbei im Mittelpunkt der Erziehung in/zu seiner Vormachtstellung. Der eigentliche Vater August (Erzeuger der Enkel und Enkelin) aber hatte kaum etwas zu melden – entfloh immer mehr in den Alkoholrausch, wurde zum Alkoholiker, tat dies dem Vater gleich, der eine Tages-Nacht-Berauschung von durchschnittlich drei Flaschen Wein „zum hierbei

versoffenen Vorbild“ abgab: nur fehlte dem Sohn die erforderliche Balance und die Contenance des weinseligen Alkoholikers J.W.v.Goethe… Der besoffene August wurde oftmals mehr als derb und ausfällig in der Öffentlichkeit und im Beisein von Vorgesetzten und einfindenden hohen Hofchargen im Goethe-Haus am Frauenplan. Kanzler von Müller war einstens anwesend, als der Sohn den Vater anbrüllte: „Ich habe nun 40 Jahre geschissen, und weiß, was ich zu tun habe und lasse mir auch nichts mehr sagen.“

Der Herzog Karl August aber hielt weiterhin seine schützende Hand über den Sohn August seines Freunde Johann Wolfang, der ihm den Vornamen seines Gevatters und Saufbruders mit in die Wiege gelegt hatte… Und auch die Ottilie sprach dem Alkohol heftig zu – somit waren die häufigst alkoholisierten Personen Johann Wolfgang, Ottilie und August nicht selten im Streit gegeneinander, wobei sich aber die Schwiegertochter und der Chef des Hauses bestens miteinander vertrugen und sich gegen den schwächelnden August verbündeten. Irgendwie im Hintergrund verblieb (die auch trunkfreudige) Christiane, jene Vulpius – obwohl sie doch ihren August bedingungslos verwöhnt liebhatte und er dies auch an ihrer Seite herzlich empfinden durfte… Christiane stirbt zum Nierenversagen nach tagelangem Todeskampf am 6. Juni 1816 – und weder der Ehemann noch der Sohn gaben der Mutter ihren anwesenden Beistand, die sich ihre furchtbaren Schmerzen einsam und verlassen aus dem absterbenden Leibe schrie…

Nun schreibt Golo Maurer in der Erweiterung zu anteiligen Autoren: „Vielleicht ist es erst unseren, für jede Form des Machtmissbrauchs sensibilisierten Zeiten möglich zu erkennen, dass auch die verweigerte körperliche wie seelische Nähe eine Form des elterlichen Missbrauchs, ja der Gewaltanwendung sein kann, eine besonders grausame dazu, wo sie mit der rücksichtslosen Inanspruchnahme subalterner Dienste einhergeht.

Es kommen einem die Tränen, wenn man lesen muss, wie verzweifelt August jahrzehntelang die bloße Aufmerksamkeit des Vaters mehr (er-)bettelte als warb, um sich ihm gleichzeitig in immer neuen Steigerungen der Unterwerfung anzubieten.“ Wohl wahr, wenn unsere Besichtigung eine diesbezügliche Nähe des objektiven „Dabeiseins“ zulassen könnte – und dann wollte auch die Hypothese sich einfinden, dass der unzugängliche Übervater Goethe seinen kranken, alkoholsüchtigen 40-jährigen Sohn im April des Jahres 1830 auf die Italien-Reise hinfort schickte, um ihn von dort aus nicht mehr wiederzusehen…

Zwar wurde für kurze Zeit der Goethe-Freund Johann Peter Eckermann (eher aber wohl das geistreiche, nützliche „Faktotum“) dem Sohn mit beigegeben, doch alsbald wurde dem sich nun freiweg rebellierenden August dieser Aufpasser zu lästig und nach Weimar abberufen bzw. zurückgeschickt. August von Goethe läßt nun seinen Genüssen freien Lauf – der Wein fließt in Strömen: betrunkene Tage und Nächte, verkaterte Morgen, unterschiedlichste Stimmungsschwankungen.

Von Neapel fährt/rast er mit der Kutsche in 26 Stunden nach Rom – doch die ewige Stadt gibt ihm nur noch wenig an Lebenszeit: er trifft sich mit anderen Deutschen, Bohemiens, Künstlern, macht Bekanntschaften mit Römerinnen, den, wie er laut schwärmt: schönsten Frauen Italiens. Diese trunkenen Tage und Nächte geben ihm den Rest, August fühlt sich elend, auch ein Fieber wird vom Arzt diagnostiziert – er wird zur Ader gelassen, verliert viel Blut, stirbt in der Nacht vom 26. zum 27. Oktober 1830.

Die Italienreise war die letzte große Befreiung und sein Tod vielleicht die letztgültige Flucht vor der Rückkehr nach Weimar in die doch vorhersehbare Zukunftslosigkeit. „Ach Gott, ach Gott!“, stöhnte Goethe an seinem Sterbeabend am 22. März 1832 unter Schmerzen, „hat denn mein Sohn auch so leiden müssen?“ In Weimar aber war er wenig mitfühlend gewesen, was seinen verlorenen Sohn betraf! Und er ließ auf den Grabstein in Rom einmeißeln: „Goethe Filius Patri Antevertens…“ – „Goethes Sohn, dem Vater vorausgehend.“ – Doch nur im Tod war dies dem armen August und Sohn gelungen.

Das Bildnismedaillon des Julius August Walther von Goethe zu seiner Grabstele, im Auftrag des Vaters angefertigt vom Bildhauer Bertel Thorwaldsen – sollte doch weiterhin in Rom in der Residenz des deutschen Botschafters verbleiben und nicht vom Goethe-Nationalmuseum in Weimar eingefordert werden… – denn, der Sohn August würde dem sicherlich nicht zustimmen wollen, wenn auch nur „symbolisch“ in seine Gefangenheit nach Weimar zurückkommen zu sollen… – Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

 


 

 

Leserbrief zu „»Wir sind ein Gefühl«“. Gespräch mit Siegfried & Joy geführt von Sven Stillich

 

Letzte Woche fragten Sie, was gegen Depressionen hilft. Offenkundig Zauberei! (Und Musik, vor allem lautes Singen. Aber vielleicht rede ich zu leichtsinnig daher, weil ich bisher zum Glück noch nie unter einer länger andauernden Depression gelitten habe.) Siegfried und Joy sollten mal dies dauerdepressive und aggressive Sachsen (insbesondere Dresden) in die Jetztzeit zaubern. Schon seltsam, was die da drüben für Probleme haben … Habe auf S. 56 zuerst „Zaubereitungen“ statt „Zubereitungen“ gelesen, weil mich der Zauberartikel mehr interessiert hatte als die Sache mit dem Dresdner Allerlei und ich ihn deswegen zuerst gelesen hatte. – Thomas Manthey

 


 

 

Leserbrief zu „Die Position: Wir brauchen einen Zukunftsausschuss!“ von Uwe Cantner

 

Mit großen Interesse und Zustimmung habe ich den Beitrag von Herrn Cantner („Die Position – Wir brauchen einen Zukunftsausschuss“, 2023/Ausgabe 8) in der letzten Zeit gelesen. Herrn Cantner hat gut dargelegt, was viele WissenschaftlerInnen im Hinblick auf Wissenschaftspolitik in Deutschland erleben: Ein Mangeln an Flexibilität und Verständnis durch ein territoriales Silo-Selbstverständnis der politischen Verantwortlichen. Eine Klärung der Kompetenzen ist sicherlich wichtig und gut, aber diese sollte nicht mit einer „Bis hier her und nicht weiter.“ Einstellung einhergehen. In diesem Sinne kann ich mich nur der Position von Herrn Cantner anschließen.

Ich finde allerdings, dass Aktivitäten auf Bundesebene da nicht ausreichen, sondern dass dieses Aufbrechen der Silos unbedingt auch auf Länderebene erfolgen muss, da diese im Endeffekt verantwortlich (oder wenigstens mit-verantwortlich) sind für die Umsetzung von wissenschaftspolitischen Strategien. Ein Beispiel für diese sogenannten Silos sei hier zu nennen: die Fachministerkonferenzen der Länder.

Sie spiegeln perfekt wider, wie jeder Themenbereich für sich bleibt und es kaum zu Überlappungen kommt. Dass die „Gemeinsame Wissenschaftskonferenz“ eine Sonderstellung erlangt nur weil zwei Ministerien (Wissenschaft und Finanzen) sich dort zusammensetzen, ist eher traurig und ernüchternd, als herausragend. Warum sitzen in der Wissenschaftskonferenz nicht auch die Gesundheitsministerien oder Landwirtschaft oder Umwelt etc etc etc? Zu all diesen Themen (und mehr) wird in Deutschland geforscht, daher sollten alle verantwortlichen Ministerien Interesse an der Förderung der Wissenschaft in Deutschland haben.

Ich hoffe sehr, dass die Politik in Deutschland begreift, dass interdisziplinäres Arbeiten nicht nur in der Wissenschaft zukunftsweisend ist, sondern auch in der Politik. Zudem hoffe ich, etwas anders als Herr Cantner, dass die reflexartige Reaktion der Politik zu dieser Forderung nicht sein wird, erstmal einen Ausschuss o.ä. zu gründen und diverse Gutachten zu erstellen, sondern einfach mal zu machen. Die begrenzenden Silos abzubauen, mehr zu kooperieren, mehr Zusammenarbeit muss doch auch möglich sein, ohne dass eine Expertengruppe zuvor seitenweise Papier beschreibt. – Dr. Valeska Stephan

 


 

 

Leserbrief zu „Aus den Trümmern“ von Issio Ehrich et al.

 

Sie sind gerade nochmals so mit dem Leben davon gekommen, der Familie geht´s vielleicht noch relativ gut, aber sonst ist alles voll im Arsch. Das wenige an Hab und Gut ist weg oder kaputt, Haus oder Wohnung sind unwiederbringlich zerstört. Jetzt hilft nur noch die Flucht vor dem Erdbeben und vor dieser schrecklichen Katastrophe, aus den Sesshaften sind Fluchtopfer geworden, die nur noch ihr fast nacktes Leben retten wollen. Und was hört man indes aus der Ukraine von einem gewissen Herrn Selenskyj? Der ruft nur weiterhin nach noch mehr Waffen, der will weiterhin Krieg spielen, jetzt sogar mit Streubombem, die fast überall auf der Welt verpönt sind. Die Erdbebenopfer scheinen diesen Herren nicht groß zu kümmern! – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „»WIR MÜSSEN ES DOCH ZUSAMMEN HINKRIEGEN«“ von Anna Mayr und Bernd Ulrich im ZEIT Magazin

 

Endlich mal ein Magazin mit als Aufmacher die Klimakatastrophe und ein tolles Interview dazu. Die UN warnt vor „Massensterben biblischen Ausmaßes“. Bitte bringen Sie mehr davon! Rekord-Waldbrände, Rekord-Dürren, Rekord-Fluten und dazu das Artensterben. Wir erkennen noch zu wenig, dass wir mit der Natur leben müssen, sie fördern und zum Erblühen bringen müssen, um ein gutes Leben zu haben. Billigfleisch, Autotrassen, Fliegen und Luxus sind nichts, wenn es uns an frischer Luft, sauberem Wasser, naher Zugang zu erholsamer Natur und ausreichend gesundem Essen für alle fehlt. Aber uns fehlt die Sprache.

Warum? Weil die Zeit über „Klimawandel“ schreibt, als ob es etwas freibleibendes und neutrales ist, was uns was angehen kann, aber nicht muss. Dabei sind wir schon mitten in einer Katastrophe und das, was gerade real in der Natur und in der Politik passiert, können wir nur als „Katastrophe“ bewerten und so benennen.

Leider macht sich das Zeitmagazin viel zu oft zum Brandstifter der Arten- und Klimakatastrophe durch werbende Artikel für Zeit-Flugreisen, Luxus, Fast-Fashion, SUVs etc. Oder sie stellt sich als Biedermann neutral auf, indem sie kritisch über die Arten- und Klimakatastrophe berichtet. Mit diesem sowohl als auch folgt sie zu sehr HJ Friedrichs Forderung: „sich ja nicht mit einer Sache gemein zu machen, auch nicht mit einer guten“. Dabei verrät sie ihre eigenen und die Interessen unserer Kinder. Vermutlich dreht sich HJ Friedrichs jedesmal im Grabe, wenn in seinem Namen die Arten- und Klimakatastrophe verharmlost oder geradezu befeuert wird. Denn als Kind des Nationalsozialismus wusste er, dass angesichts einmaliger Vorgänge ganz besonders gilt: „Wer versucht, unpolitisch zu sein, ist politisch ohne es zu wollen“, (Rosa Luxemburg). Vielen Dank, dass Sie mit diesem Heft ein bisschen Haltung bewiesen und Stellung bezogen haben.

Die Zeit hat den Anspruch, Ihren Lesern zu dienen, sie zu warnen und möglichst vollumfänglich aufzuklären. Aber leider verschleiert sie oft den Ernst der Arten- und Klimakatastrophe bzw. fördert einen unrealistischen Blick auf die Wirklichkeit. Denn sie wirbt für schädlichen Luxus und die verschwenderische Nutzung fossiler Energie, während alle Klimawissenschaftler, die EU und die UNO auf einen sofortigen Ausstieg drängen. Ich weis, die Zeit muss zündeln, um wirtschaftlich zu sein. Aber wenn Sie weiterhin Biedermann und Brandstifter zugleich spielen, verlieren sie und damit auch ihre Journalisten den Kern ihrer eigenen Identität. Ich hoffe, Sie finden bald den Mut unserer Gesellschaft auf der von Ihnen und von HJ Friedrichs angestrebten verantwortungsvollen Weise zu dienen. – Klaus Siersch

 

Großformat-Werbung für schwere Autos, ein nettes Reisemagazin mit Kreuzfahrten und Flügen überall hin, aber man muss schon einiges am Konto haben, um teilnehmen zu können. Gut, dass es ein Studentenabo gibt, dann kann ich schon mal zum Sparen anfangen, denn Zeitleser:innen sind anscheinend reich und haben kein Interesse unser Klima zu schützen. Deswegen ist im neuen Zeitmagazin auch ein Interview mit Aktivist:innen der letzten Generation. Während dem Lesen wanderte meine rechte Augenbraue immer weiter nach oben. Am Ende des Artikels: fassungslos eure Mail Adresse suchen und mal nachfragen, ob eh alles oke ist bei euch?

Natürlich muss man beide Seiten beleuchten. Allerdings liest sich das sehr so nach machen-wir-so-weiter-wie-immer. P.S.: Total aufgeheizt meine Mail. Nur dass ihr Bescheid wisst: Ich liebe sehr viele Dinge an eurer Zeitung, deswegen nehme ich mir auch die Zeit und schicke Kritik. Meine Schwester hat tatsächlich gerade euer Abo beendet, weil es ihr in vorherigen Ausgaben schon auffiel… Daher könnt so eine Rückmeldung vielleicht nützlich sein. – Maria Hamann

 

Diese Woche, Montag habe ich es zum ersten Mal nicht im Fernsehen, sondern live gesehen. Junge Menschen sitzen angeklebt bei frostigen -2° auf dem Asphalt und blockieren eine Einfallstraße in Leipzig. Egal, wem ich davon berichtet habe – keinerlei Verständnis. Keinerlei. Mir hat es zumindest Respekt abgerungen. Nun dieses Interview – und es hat leider keine Antwort auf die Frage gegeben: wozu das Ganze? Wegen der Aufmerksamkeit, wegen einer wachsenden Bewegung, wegen dem Tempolimit und der Lebensmittelverschwendung, aus Spaß und Freude am Protestieren? Bei sonstigen Protestbewegungen habe ich ja vermehrt den Eindruck, es macht den Aktivisten regelrecht Spaß eine Art Woodstock Feeling 2.0 zu erleben.

Aber hier, das kann definitiv keinen Spaß machen – also doch die innere Haltung und Drang etwas Großes anzustoßen. Dafür zu sorgen, dass dieser Klimabedrohung nun endlich und wirklich begegnet wird. Wäre ich in solch einer Lage, dass tun zu müssen, ich würde verzweifeln. Zu jedem Fußballspiel reisen Woche für Woche eine Mehrzahl Fans an, als in der „Letzten Generation“ versammelt sind, selbst wenn sich deren Zahl noch verzehnfacht. Es ist der falsche Weg! Setzt euch so lange, immer wieder vor den Bundestag und zwingt unsere gewählten Volksvertreter zum Debattieren und Handeln. Organisiert das Gleiche vor den anderen relevanten Parlamenten. Dann erlangt ihr womöglich die Zustimmung und Unterstützung breiter Bevölkerungskreise. Setzt euch für kluge Gesetze ein, macht kluge Vorschläge, an denen irgendwann keiner mehr vorbeikommt.

Aber denkt nicht, dass das Festkleben auf Straßen und Rollfeldern den Menschen die Augen öffnet. Die sind bestenfalls genervt. Dem Klima hilft das gewiss nicht. Auch kann ich nichts damit anfangen, dass immer wieder der globale Norden das Problem ist und der Mensch mit seinen Bedürfnissen fehl am Platze, ja sich eigentlich zum Frieden der Natur freiwillig von allen bisher errungenem Wohlstand verabschieden müsste. Denn nichts anderes ist der Kern der Botschaft. Dafür zu kämpfen und gleichzeitig ein wirkliches Alternativmodell zu entwerfen, das würde dann auch die Frage nach dem Wozu beantworten. – Thomas Harnisch

 

Ich kann ihnen leider nur zurufen : „ Es reicht! Mit Entsetzen habe ich festgestellt das sie von meinen Abbo-Erlösen den selbstverliebten Narzissten der „Letzten Generation“ bei ihnen eine ( noch dazu so verständnisvolle!! ) Plattform geboten wird! Ich schreibe normalerweise keine Emails oder Brief und ich arbeite (auch an mir) dafür andere Meinungen zu hören die meiner strikt zuwieder laufen, aber genau das tun diese Menschen nicht und ich bin nicht gewillt das zu ertragen und noch dazu mit meinem privaten Geld zu bezahlen ( es reicht das ich solche Menschen über meine Steuern indirekt unterstützen muss) . Wenn das noch einmal vorkommt werde ich mein Zeit-Abbo kündigen. – Rayk Dannenberg

 

Danke für diesen Einblick in das „Innenleben“ der Letzten Generation. Mich beeindruckte sehr die Offenheit und die Konsequenz, mit der die drei AktivistInnen von ihrer Motivation und ihren Erfahrungen erzählen. Das sind für mich echte Vorbilder. So transparent, wie sie über ihre Vorgehensweise berichten. So klar in ihrer Überzeugung. So authentisch in ihrer Ablehnung von Gewalt. Und so konsequent in dem, was sie aufgrund ihrer Überzeugung tun.

Als Vater von drei Söhnen, die selbst manchmal an der Unfähigkeit meiner Generation zu handeln verzweifeln, hat mich dieses Interview sehr bewegt. Und gefreut hat mich zu lesen, dass in der Begegnung mit Polizei und von den Blockaden direkt betroffenen Menschen häufig ein echter Dialog entsteht. Höchste Zeit, dass die Regierenden wenigstens ein Zeichen ihres guten Willens setzen und die Minimalforderungen der letzten Generation – Tempolimit und Ende der Lebensmittelverschwendung – , die ohne Wohlstandsverlust über Nacht umzusetzen wären, erfüllen! – Dominik Zimmer

 

Ich möchte Ihnen für dieses überaus gelungene Interview herzlich danken. Sie haben die Verletzlichkeit der 3 jungen Menschen überaus emphatisch vorgestellt. Ihre Fragen wirken ehrlich und nicht krawallig. Wie stark müssen die 3 Jugendlichen verzweifelt sein, dass sie ihr beschauliches Leben davor einem jetzt radikalen Neuem folgen lassen. Sie werden zwar nichts bewirken, aber ich bewundere sie. Wir Ältere haben es verbockt. Wir alle werden einen hohen Preis bezahlen. Die Folgen unseres Fehlverhaltens werden verheerend sein. Mein Enkel wird nächsten Monat 4. Er wird mich und seine Eltern verfluchen. – Hartmut van Meegen

 

90 % des heutigen Stromverbrauchs in Deutschland + zusätzlich große Stromanwendungen für Wärme-pumpen, E-Mobilität o.ä. sowie ein Riesen-Bedarf an „grünem“ Wasserstoff für Klimaneutralität erfor-dern eine jährliche „grüne“ Brutto-Stromerzeugung von knapp 2.000 Mrd. kWh , wofür die derzeitigen EE-Kapazitäten versiebenfacht werden müssten. Konsequenz: 33,3 % der jungen Menschen arbeiten als Bauhandwerker, Monteure von PV- und Windkraftanlagen und Ingenieure für Wasserstofftechniken: „LG in die grüne Produktion!“ Wozu noch Kunst schaffen, wenn ansonsten „die Welt untergeht“? Da Deutschland demnächst unter 1 % der Welt-Bevölkerung und der -Treibhausgas-Emissionen beiträgt, müssen dann nur noch die übrigen 99 % von demnächst bald 9 Mrd. Menschen mitmachen. Alles easy? – Prof. Emeritus Dr. Wolfgang Ströbele

 

Mit Interesse und Nachdenklichkeit habe ich das Interview mit drei Aktivist:innen der „Letzten Generation“ im ZEIT-Magazin 08/23 gelesen. Für mich, 51 Jahre alt, ist es erschreckend wahrzunehmen, wie stark die drohende Klimakatastrophe in die persönliche Biographie junger Menschen eingreift. Wie sehr sie die Zukunft ängstigt, ist mir nicht immer bewusst. Ich glaube, meine Generation und andere Ältere haben sich in den Grausamkeiten der Realität noch immer gemütlich eingerichtet, solange der eigene Alltag weiterläuft und die Katastrophen vor allem andere betreffen: andere Kontinente, andere Länder und andere gesellschaftliche Gruppen.

Als die „Letzte Generation“ erstmals mit dem Programm „Kartoffelbrei gegen Kunstwerke“ in Erscheinung trat, fand ich das ziemlich dämlich und konnte einen Zusammenhang der Aktion mit der Klimakrise nicht erkennen. Inzwischen habe ich meine Meinung geändert. Das liegt vor allem an den Reaktionen der Mehrheitsgesellschaft und auch von Teilen der Medien auf die Aktionen der „Letzten Generation“. Das Bekleckern von Kunstwerken, die am Ende ja nicht wirklich beschädigt worden sind sowie das Ausbremsen von Autoverkehr ruft ein Maß vehementer Aggression hervor, die ich vollkommen unangemessen finde. Vor allem die Kriminalisierung und Diskreditierung der Autoblockade-Aktionen als Gewalt, ist aus meiner Sicht vollkommen irre. Gewalt ist nach meiner Auffassung eine Handlung, die sich gegen die körperliche Unversehrtheit eines Lebewesens richtet, eine Handlung, die jemanden zerstört, verletzt, zerreißt, Schmerzen bereitet. Oder eine Handlung, die eine Sache zerstört, zerschlägt, in Trümmer legt.

Wenn Menschen sich an einer Kreuzung mit ihren Körpern einer Lawine ihnen körperlich überlegener PS-starker Blechfahrzeuge in den Weg setzen, dann ist das keine Gewalt. Das ist allenfalls ärgerlich. Und ich räume ein, dass ich, wäre ich als Verkehrsteilnehmerin davon betroffen, mich auch sehr ärgern würde, wenn ich durch eine solche Blockade etwas verpassen würde. Trotzdem bin ich der Meinung, für diese Aktionen den Begriff der Gewalt zu verwenden, stellt eine Bagatellisierung, ja, geradezu Verniedlichung tatsächlicher Gewalt dar.

Wenn hingegen Autofahrer angesichts einer solchen Aktion für sich das Recht in Anspruch nehmen, die Aktivist:innen mit ihren Blechpanzern wegzuschieben oder ihnen über die Füße zu fahren, dann hat das aus meiner Sicht schon viel mehr mit Gewalt zu tun. Allein, dass Autofahrer:innen hier Notwehr für sich in Anspruch nehmen, obwohl sie geschützt vor körperlicher Unversehrtheit in ihrem PKW sitzen, legt eine erschreckende Haltung der Überlegenheitsphantasie offen. Hier herrscht offenbar der Anspruch: Autos zuerst. Wer mich behindert, den darf ich überfahren, weil ich der Stärkere bin. Ziemlich widerlich.

Stellt man das vermeintliche Leid der Autofahrer:innen dann noch dem der Menschen und Tiere gegenüber, die durch die Folgen des Klimawandels jetzt schon betroffen sind und die unter unserer ausbeuterischen Art zu leben leiden (Stichwort Massentierhaltung, Überfischung der Meere, Zerstörung des Regenwaldes und der Wälder auch in Deutschland etc.), dann merkt man erst recht, wie absurd es ist, sich über die Klimaaktivist:innen der „Letzten Generation“ derart aufzuregen, die doch nur minimale Veränderungen unserer Lebensgewohnheiten einfordern. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Weil die Mehrheitsgesellschaft nicht bereit ist, sich auf ein Tempolimit einzulassen und mit ihrem Auto langsamer zu fahren, werden junge Leute, die gewaltfrei den Straßenverkehr blockieren zu Terroristen erklärt! Ist kann es kaum fassen, wie hier die Gewichtungen verdreht werden.

Wer die vermeintliche Radikalisierung der „Letzten Generation“ beklagt, darf eines nicht vergessen: Bevor diese Gruppe auf den Plan trat, gab es mannigfach andere Versuche, für Umwelt- und Klimaschutz einzutreten. Umwelt- und Naturschutzverbände gibt es in Deutschland schon lange. Aber der Klimawandel wurde politisch als relevantes Thema erst anerkannt, als Greta Thunberg mit ihrem Schulstreik die Aufmerksamkeit auf sich zog. Sofort jedoch wurde versucht, sie als armes krankes Kind zu diskreditieren und ihren Protest zu delegitimieren mit dem empörten Hinweis auf den bösen Regelbruch des Schuleschwänzens. War es nicht der FDP-Vorsitzende Christian Lindner, der den Jugendlichen von Fridays vor Future empfahl, Klimapolitik den Profis zu überlassen und lieber etwas Anständiges zu lernen? Welche Arroganz der Satten!

Und nun sitzt ein „Profi“ der FDP im Bundesverkehrsministerium und macht genau das Gegenteil dessen, was nötig wäre. Je lauter die Rufe werden, das 1,5°C-Ziel mit geeigneten Maßnahmen einzuhalten und den Richterspruch des Bundesverfassungsgerichts zu beachten, desto vehementer fordert Bundesverkehrsminister Wissing Autobahnbau und Freiheit für den Individualverkehr mit dem Auto.

Was sollen junge Menschen, denen wir mit zahlreichen Bildungsprojekten den Wert unserer Demokratie versuchen nahezubringen, hier lernen? Sie nehmen wahr, dass wir zwar den staatlichen Umgang mit Protest in Diktaturen wie China oder Belarus verurteilen, wenn aber in Deutschland der Autoverkehr blockiert wird, dann wird man als Terrorist bezeichnet und die Länder rechtfertigen plötzlich Polizeigesetze, die die präventive Haft auch für Menschen anwenden, die keine Bomben zünden, sondern mit einer Sicherheitsweste auf einer Kreuzung stehen. Letztlich ist es so, dass unsere Wohlstandsgesellschaft politischen Protest nur akzeptiert, solange er die Alltagsgewohnheiten der Mehrheitsgesellschaft nicht stört. Klimaschutz finden viele offenbar solange gut, wie er keine Konsequenzen für die eigenen Lebensgewohnheiten hat.

Beim Lesen Ihres Interviews hat mich noch etwas befremdet: Den Aktivist:innen wird vorgehalten, dass sie vom Climate Emergency Fund unterstützt werden und auch persönlich für bestimmte Aktivitäten Geld erhalten. Das suggeriert, dass Engagement für Klimaschutz nur dann legitim ist, wenn er ehrenamtlich erfolgt. Wer Geld nimmt, macht sich unglaubwürdig. Eine derart moralische Sichtweise irritiert mich angesichts einer Gesellschaft, in der die Politik in höchstem Maße von Wirtschaftslobbyisten beeinflusst wird, die sich mit ihren großen Budgets für Rechtsanwälte und Meinungsmacher in die Parlamente einkaufen.

Gerade die Automobilwirtschaft wird von einer Vielzahl von Lobbyisten vertreten, die auf politisch Verantwortliche Einfluss nehmen. Das weiß jeder. Wenn aber die Klimabewegung eine Organisation auf ihrer Seite hat, die Geld bereit stellt, um die Interessen des Klimaschutzes zu vertreten, wird das als anrüchig erlebt. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Nach meiner Auffassung ist das wieder nur ein Versuch, die Aktivistinnen und Aktivisten zu delegitimieren.

All diese Versuche, darauf hinzuwirken, dass sich gesellschaftlich nichts verändert, alles so bleibt wie es ist und wir unser Lebensmodell, dessen verheerende Auswirkungen seit langem bekannt sind, erhalten können, führt dazu, dass junge Menschen sich nicht ernst genommen fühlen und ihre Zuversicht verlieren. Dass ihre Aktivitäten an Vehemenz zunehmen werden, ist daher zu erwarten. Wer das verhindern will, muss als politisch Verantwortlicher auf die Aktivist:innen – und die Wissenschaft und das Verfassungsgericht – hören und zeigen, dass der Protest auch erhört wird, wenn er nicht radikal ist.

Was mich betrifft, so habe ich angesichts meines Alters vermutlich das Gröbste hinter mir, wenn es hier auf unserem Planeten richtig rund geht. Und trotzdem wünsche ich mir für den noch vor mir liegenden Lebensabschnitt Offenheit für andere Lebensmodelle. Städte mit weniger Blechlawinen, mehr Aufenthaltsqualität für Menschen, mehr Pflanzen und Wälder, einen gut funktionierenden ÖPNV, den die Menschen in Stadt und Land mit Lust entspannt nutzen können, das wünsche ich mir ebenso wie eine Welt ohne abartiges Tierleid in unseren fabrikartigen Massenställen.

Ich habe meine Ernährung schon 2012 auf vegan umgestellt, besitze kein Auto (fahre aber manchmal irgendwo mit), habe mein Motorrad abgeschafft und fliege nicht. Trotz dieser individuellen Bemühungen tue ich wahrscheinlich aufgrund der Pfadabhängigkeit, der wir alle unterliegen, stündlich Dinge, die dem Klima schaden und die Ressourcen unverhältnismäßig ausbeuten. Von politischen Entscheidungsträger:innen wünsche ich mir daher veränderte Pfade, die wir allein als Individuen nicht erschaffen können. – Erika S. Becker

 

Die jungen engagierten, gut informierten und organisierten Klima-Aktivist(inn)en möchte ich fragen: Warum geht ihr nicht den demokratischen Weg: schließt euch zusammen, formuliert ein Programm, gründet eine Partei und geht in die Politik? Dann müsst ihr um Mehrheiten für eure Ziele kämpfen, euch mit anderen Parteien auseinandersetzen, Verantwortung übernehmen und Kompromisse schließen. Das ist ein mühsamer und langwieriger Weg. Aber geht es mit euren Aktionen schneller, eine Änderung unserer Lebensweise herbeitzuführen? – Christine Harder

 

Sehr gut, dass Sie den Klimaaktivist*innen die Gretchenfrage gestellt haben, nämlich die nach ihrem Kinderwunsch. Was nützt der ganze Aktivismus und das vegane Leben denn, wenn die wahren Grundprobleme (die immer noch wachsende Erdbevölkerung und der Überkonsum im privilegierten Teil der Welt) nicht gelöst werden?

Jeder Vegetarier / Veganer, der Kinder in die Welt setzt, produziert damit potenzielle Fleischesser / Autofahrer / Touristen etc. Dann kann man sich den Vegetarismus / Veganismus auch gleich direkt wieder sparen. (Das Gendern betreibe ich nur gemäßigt, zu viele Sternchen, Schrägstriche oder Klammern sehen einfach bekloppt aus, aber natürlich gilt das für alle fortpflanzungsfähigen Geschlechter. Doppelpunkte verwende ich nicht.) Immerhin scheint die Finanzierung der „Letzten Generation“ transparent zu sein. Im Gegensatz zu den USA, wo die Koch Brothers mithilfe ihres „Dark Money“ (Jane Mayer) eine regelrechte Öligarchie der Klimalügen nach Vorbild der Tricksereien der Tabakindustrie zusammengekauft haben.

Rockefeller war noch gespalten in einen unfassbar kriminellen Robber Baron und einen ebenso unfassbar großzügigen Philanthropen. Die „Philanthropie“ der Koch Brothers ist nur noch Mittel zum Zweck, nämlich der Manipulation der öffentlichen Meinung und um Steuern zu vermeiden. Einerseits möchte man den Staat mit seiner angeblichen „Regulierungswut“ abschaffen, andererseits plündert man ihn aus, auf Kosten der Allgemeinheit, der Umwelt und der Arbeitssicherheit natürlich.

Ganz so schlimm wie in den Staaten, wo die Republikaner mit ausreichenden Schmiermitteln innerhalb von 20 Jahren immer mehr auf Antiklimakurs gebracht worden sind, ist es hierzulande wohl noch nicht. Aber gewisse Lobbys haben auch hier zu viel Einfluss. Da muss man sich nicht wundern, wenn man bei der Politik kein Gehör findet. – Thomas Manthey

 

Ich habe gestern das Interview mit den Aktivisten der „Letzte Generation“ im Zeitmagazin vom 16.02.2023: „Wir müssen es doch zusammen hinkriegen“ von Anna Mayr und Bernd Ulrich gelesen. Dabei wurde ich mit Einfühlungsvermögen und Verständnis in meine damalige seelische Situation vor 40 Jahren hineinversetzt, den Friedensdemonstrationen aus Anlass des NATO-Doppelbeschlusses. Auch die massiven Probleme im Umwelt- und Naturschutz hinterließen damals bei uns jungen Erwachsenen große Hoffnungslosigkeit. Ich erkannte das und habe mich aktiv bemüht, das Glas „nicht halbleer, sondern halbvoll“ und Risiken und Chancen für die Zukunft wahrzunehmen. Seit dieser Zeit weiß ich um den Trost und die Hoffnung, die in der Religion zu finden ist, in der ich sozialisiert wurde. – Dr. Klaus Pohl

 

Vielen Dank für das interessante Interview und die Innenansichten von drei sog. Klimaklebern. An einer Stelle im Interview ist von Seiten der Zeit von Gesetzesbrüchen die Rede. Dem kann ich so nicht zustimmen. Das Blockieren von Straßen oder Ministerien ist in meinen Augen kein Gesetzesbruch sondern gerechtfertigt durch § 34 StGB. Dieser sog. rechtfertigende Notstand greift immer dann ein, wenn eine gegenwärtige Gefahr (Klimawandel) nicht anders abwendbar ist als durch eine strafbare Handlung.

Da die Bundesregierung – und das ist durchaus common sense – zu wenig tut, um den Klimawandel abzuwenden, sind Aktivisten berechtigt auch durch geringfügige Straftaten wie Nötigung auf die Abwendung des Klimawandels hinzuwirken. Diese juristische Problematik ist Gegenstand einer von mir überarbeiteten, sehr ausführlichen Stellungnahme. Insoweit ist auch bedauerlich, daß sich Prof Weigend als ehemaliger Dekan der Universität Köln dazu hergegeben hat, es zu rechtfertigen, wenn Autofahrer zur Selbsthilfe greifen und Klimaaktivisten eigenmächtig von der Straße ziehen. Da die Aktivisten durch § 34 StGB gerechtfertigt sind, ist und bleibt die Selbsthilfe kriminell. – Volker v. Moers

 

Die Interwies mit den drei Aktivisten haben mich zu folgenden Überlegungen veranlasst: Ihre Äußerungen sind Bekenntnisse, die von einem rigorosen Erlösungswillen zeugen, dem eine uneinsichtige Masse gegenübersteht. Sie offenbaren ein quasireligiöses Gehabe, das sich mit absoluter moralischen Überlegenheit brüstet. Dieses wird mit ostentativer Selbststigmatisierung und Opferbereitschaft (Karriereverzicht) einerseits, mit erfolgreicher Missionierung, Bekehrung und Erweckung (der weinende Bauarbeiter, das bekehrte Pärchen, die einsichtige Oma) und wachsender Solidarität (die flüsternden Polizisten; Essen vom Buffet der Polizisten – Weihnachtsfeier) mit Obrigkeitskräften beglaubigt. Die allmählich gut vernetzten, teilweise hauptberuflichen Aktivisten lassen an eine Zukunft als eine Art KIrche denken. Dann wird die ZEIT künftig dann also eine neuartige Kirchenzeitung? – Heinrich Ross

 


 

 

Leserbriefe zu „Wie man andere mithilfe von Bücherregalen beeindruckt und was dabei schiefgehen kann“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Haben Sie vielen Dank für Ihre aktuelle Kolumne im Zeitmagazin; und für Ihre Kolumnen-Reihe insgesamt. Spannend, wie Sie immer interessante Themen behandeln. Stichwort: Bücherwand als Kulisse. Fast jedesmal, wenn ein schlauer Professor in TV Nachrichtensendungen interviewt wird, darf man sicher sein, dass eine bunte Bücherwand die Kulisse darstellt. Warum nur? Vor ca. 200 Jahren, zu Humboldts Zeiten(?) – galt jemand als Universal-Gelehrter, wenn er die 250 Bücher der Weltliteratur gelesen hatte.

Heute sind es natürlich weitaus mehr und die sind zeitlebens nicht mehr zu schaffen. Trotzdem soll der Eindruck erweckt werden man hätte dafür schon mächtig Anlauf genommen und sei ein uneinholbarer Cleverle. Heute im „Digitalozän“ sind immer neue dicke „verleimte Papierziegel“, die die Böden der Bücherregale durchbiegen fast schon ein Anachronismus. Versehentlich demoralisierte ich mal einen stolzen Besitzer einer Privatbibliothek mit dem Vorschlag: Das passt heute alles auf 24 gute USB-Sticks. Und obendrein sind Zitate dort schneller auffindbar.

Beispiel: Was dachte Friedrich Nietzsche über Tracht, z. B. bayerische Dirndl? Spannend, da könnte man wild zu blättern anfangen, oder natürlich Tilmann Prüfer fragen, oder in die sehr geschätzte „Bay. Staatsbibliothek“ gehen (alternativ auch bei Ihnen in Berlin, zu „Preussischer Kulturbesitz“) oder einfach per Mausklick im Ebook von Barbara Vinken nachschlagen … ausprobieren macht Freude.- Roland Schwarz

 

Wir lieben seit Jahren Ihre Kolumne- Hatten noch nie Kritik, sondern immer nur viel Freude :) Aber dann halt heute mal ein Vorschlag: Entsorgen Sie die in Acryl gegossene Riesenspinne: Es gibt viele Phobiker auf der Erde, die bei dem Anblick krassen Stress verspüren … Das können sich normale Leute gar nicht vorstellen – Und schon hab ich – endlich – auch mal was gefunden, also ne Befindlichkeit ;) Im Zeitalter der ewigen Rücksichtnahme auf jeden kack, sollten auch die armen phobiker nicht vergessen werden. – Elisabeth Mayer

 

Das kommt darauf an was man in die Bücherregale hereinstellt. Zum Beispiel die Serie Nobelpreisträger der Weltliteratur.Das macht sich gut.Ein gebilderter Mitbürger ist hier Hause.Schiefgehen kann es mit Autoren,die sich darauf beschränken ihre Familieneinzelheiten dem gebildeten Publikum filetiert zu servieren. Das gebildete Publikum weiss schon wer gemeint ist und hat genug davon,von diesen Filetstückchen. So ist das nun mal. – Hans-Emil Schuster

 


 

 

Leserbrief zu „SISI UND WIR“ von Ilka Piepgras im ZEIT Magazin

 

Frauen(figuren) im Wandel der Zeit. Ich würde gerne mal Sandra Hüller als erwachsene Pippi Langstrumpf sehen (wenn die Lindgren-Erben es denn zulassen). Auf S. 30 ist ja ein erstes Bewerbungsfoto zu sehen. Zöpfe müssten gar nicht sein. Philipp Amthor wäre die passende Besetzung für Tommy. Über Annika muss ich mir noch Gedanken machen. Ursula von der Leyen wäre die Traumbesetzung für Fräulein Prysselius. – Thomas Manthey

 


 

 

Leserbrief zu „OHNE STROM. ICON BROOM SET VON FERM LIVING“ von Mirko Borsche im ZEIT Magazin

 

Interessant, Ihre Rubrik „Ohne Strom“ mit dem Test des ICON BROM SET VON FERM LIVING für 120 Euro. Tolle Sache, tolle Idee, toller Preis. Aber kein – wie Sie schreiben – „neuer Alltagsgegenstand“ (Das ist doch Ihr Anspruch, nicht wahr?). Die „Faule Liese“ gibt es seit circa 30 Jahren bei „Manufactum“ aus Waltrop. Nicht für 120 Euro, sondern für rund 35 Euro. Da haben Sie aber diesmal nicht so gut recherchiert, gell? – Michael Wirriger

 


 

 

Leserbrief zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Als Vater (nur) einer Tochter (22) lese ich Ihre Kolumne im ZEIT Magazin mit großer Freude und häufig großem Wiedererkennenswert. Was ich mich aber frage ist, wie reagieren Ihre Töchter eigentlich auf Ihre Kolumnen? Meine Tochter hat mir anlässlich Ihrer neuesten Ausführungen („Kann ich das wegtun?“) erklärt, unsere Beziehung würde erheblich leiden, wenn ich derart über sie berichten würde. Oder beschreiben Sie doch nur Symbol-Töchter? – Ch. Lindemann