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23. Dezember 2020 – Ausgabe 54

Leserbriefe zu „Verscheucht die Dämonen” von Giovanni di Lorenzo 

 

Vielen Dank für die großartige Zusammenfassung, Herr di Lorenzo ! – Beate Lemmer 

 

Im Jahr 2020 = Nörgeln auf hohem Niveau: Die Reichen werden trotz Corona-Pandemie immer reicher. Klagen in prekärer Lage: Die Armen werden wegen der Corona-Pandemie immer ärmer. Eine echte Teilhabe rückt für Ärmere in weite Ferne. Solidarität und echte Anteilnahme sind bei Reichen nur per Fernglas auszumachen. Ist jetzt nicht die Zeit alle Möglichkeiten in die Waagschale zu werfen? Das Grundgesetz ist nunmehr 71 Jahre alt, also nach neuester Lesart ein Risikopatient. Sind deshalb die vielen Grundgesetzeinschränkungen tolerierbar und per Gesetz durch die Politik durchgesetzt und angeordnet in Ordnung? Was wiegt mehr: Die Einschränkungen von verbrieften Grundrechten oder überlegte und geprüfte Teillockerungen des Datenschutzes für die Zeiten der Pandemiebekämpfung?

Der Staat,hier die Politiker, reagieren (von durchdachten Aktionen,also agieren, kann mehr und mehr keine Rede sein) teilweise kopflos in diesen harten Pandemiezeiten. Den „Anfängen“ zu wehren ist sinnlos, da sie bereits da sind. Ein Vorgehen gegen sogenannte Corona-Leugner sollte einheitlich durch Bund und Länder die Polizei und die Justiz erfolgen. Aber ein Politisches, Ordnungsbehördliches und/oder Gerichtsfestes Miteinander ist nicht mal ansatzweise erkennbar. Wo bleiben die versprochenen finanziellen Hilfen (Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare!)? Sind Firmen wie Lufthansa, TUI und die Autokonzerne systemrelevanter als wir „Alle“ (Reichte hier jeweils ein Anruf ohne lästige Anträge mit vielen Durchschlägen?). Da drängt sich der Verdacht auf, dass Politiker auf einem Auge (dem für das Volk) blind sind.

Allen voran Peter Altmeier: Single und anscheinend völlig Welt -und Realitätsfremd. Ist das Weihnachtsfest neben der Feier von Christi Geburt, auch und gerade im Jahr 2020, nicht ebenfalls das Fest des Lichtes, wo es nach der Wintersonnenwende mit den kurzen dunklen Tagen, wieder unaufhaltsam heller wird, die Tage länger und die Hoffnung größer, dass die Corona-Pandemie einzudämmen und zu bezwingen ist. Das macht den Menschen in diesen Tagen (auch wegen der baldigen Impfungen) Mut und lässt sie mit mehr Zuversicht auf das neue Jahr 2021 blicken. – Felix Bicker 

 

Eine Stelle in Ihrem Leitartikel „Verscheucht die Dämonen!“ hat mir ganz besonders gefallen. Da schreiben Sie an einer Stelle: „So als gelte es, die Bürgerinnen und Bürger vor einem Staat …“ Sie haben nicht geschrieben „Bürger*innen“, was mir wohltuend aufgefallen ist. Als pensionierter Lehrer, der in 36 Jahren Schülerinnen und Schülern in deutscher Rechtschreibung unterrichtet hat, tut es immer wieder meinen Augen weh, diese Schreibweise zu sehen. Was die ganze Genderfrage betrifft ist Deutschland leider besonders eifrig. Bei der Rechtschreibreform 1996 und der Überarbeitung 2004 und 2006 haben die meisten Verlage sie nur in Form von daran orientierten Hausorthographien angewendet. Bei dieser Genderschreibweise scheint aber niemand damit Probleme zu haben. Schade. Auf S. 13 liest man dann ja auch in Ihrer Zeitung von „Politiker*innen“ und „Klimaktivist*innen“, weil die zitierten Personen das wohl auch so wollten. Schön, dass Sie die alte Schreibweise beibehalten. – Albert Mühlenhoff 

 

Giovanni di Lorenzo relativiert in seinem Beitrag die Tatsache, dass wir momentan alle Zeitzeugen eines Staats-Versagens in der gesamten westlichen Welt sind. Ja, Deutschland hat sich bei der ersten Welle der Pandemie vorbildlich verhalten, im weiteren Verlauf ist dann aber leider auch bei uns sehr viel schiefgelaufen. Während die kalte Jahreszeit vor der Tür stand und sich die zweite Pandemie-Welle bereits aufbaute, übertrafen sich unsere Politiker und Medien gegenseitig mit Aufrufen zu noch mehr Lockerungen. Und bei bereits stark ansteigenden Fallzahlen wurde argumentiert, dass sich bei den Partys und Reisen doch nur junge Menschen infiziert hätten und die Sterblichkeit daher weiter sehr niedrig sei.

Epidemiologen hatten allerdings bereits deutlich darauf hingewiesen, dass diese Pandemie nur dann kontrollierbar ist, wenn die Infektionszahlen dauerhaft auf sehr niedrigem Niveau gehalten werden. Daten aus Ostasien und Ozeanien bestätigen dies, wo nicht nur in China, sondern auch in zahlreichen demokratischen Staaten (z.B. Taiwan, Süd-Korea, Japan, Australien, Neuseeland), die Corona-Todesfälle um mehr als das Hundertfache unter denen der westlichen Welt liegen. In Taiwan z. B. gab es auch ohne Lockdown bei 23 Millionen Einwohnern bisher nur sieben Corona-Todesfälle! Deutschland hätte bereits im Sommer intensive Kontroll-Maßnahmen vorbereiten und diese im Herbst konsequent implementieren müssen – damit wären ein langer Shutdown und viele 10,000 Corona-Tote vermieden worden. – Prof. Dr. med. Olaf Müller 

 

Ich bin geschockt und bedrückt über die Art und Weise, wie auf Ihrer Titelseite, sehr deutliche und zum Teil zweifelhafte Meinungen, als Tatsachen und Fakten verkauft werden. Der Artikel „Verscheucht die Dämonen“ verwendet eine emotionale und bewegende Sprache, um China dafür verantwortlich zu machen, dass wir uns weltweit in einer Pandemie befinden oder stellt den hohen Datenschutz der Corona-Warn-App als lächerlich und ggf. sogar verantwortlich für eine Ausbreitung des Virus dar, OHNE irgendwo als Kommentar, dh. Meinung, von der man sich als Leser*in abgrenzen kann, darf und soll, tituliert zu werden. Hier haben Journalist*innen und Redaktionen in meinen Augen die Verantwortung, die Auswirkungen ihrer Formulierungen zu berücksichtigen. Konkret bedeutet das ihre Meinungen eindeutig als Meinungen zu kennzeichnen oder einen faktenbasierten, weniger polarisierenden Text zu schreiben. – Lily Martin 

 

Giovanni di Lorenzo benennt als „drittes Corona-Rätsel“, dass tausendfacher Tod von alten Menschen „mit gruseligem Gleichmut“ und „anmaßend hingenommen wird“. Evolutionsgeschichtlich gesehen gilt für alles biologische Leben: Erhaltung der Art. Und darin begründet sich der eigentliche , naturgegebene Sinn des Lebens. Wenn das gewährleistet ist, wird früher oder später gestorben. Erhalt von Leben um des Lebens willen gibt es nur bei Menschen. Wie sinnvoll ist das?! In die Prioritätengruppe der Liste der Impfreihenfolge der Bundesregierung gehören als Erste die Menschen hinein, die die Alten und Pflegebedürftigen und auch die nicht an Covid-19 Erkrankten zu versorgen haben. Deren Leben und Einsatzfähigkeit muss vorrangig erhalten werden, bevor das ganze System kollabiert. Denn sie sind überaus gefährdet, selbst infiziert zu werden und dann auch andere zu infizieren oder in Quarantäne gehen zu müssen. Wenn schon gestorben werden muss, dann bitte wir Alten, mich eingeschlossen ( Jahrgang 1936 ). In der menschlichen Gesellschaft müssen die Jungen und Tatkräftigen ihre Gegenwart und Zukunft und die ihrer Kinder zu gestalten in der Lage bleiben. – Udo Bauer 

 

Mein erster Weihnachtswunsch ist, dass „die Regierenden“ Ihren Kommentar lesen, und dass diejenigen, die mit stolzer Stimme eine Corona App zur wirksamen Verfolgung der Infektionskette verhindert haben, Ihren Kommentar täglich lesen müssen! Mein zweiter Weihnachtswunsch: „Den Regierenden“ wird bei Strafe, nicht gewählt zu werden, untersagt an die infantile Hoffnung zu appellieren, in wenigen Monaten sei alles vorbei! Mein dritter Weihnachtswunsch: Die ö r Rundfunkanstalten sende jeden Morgen die Botschaft, dass das Corona Virus noch das ganze Jahr 2021 unser Leben bestimmen wird. Diese Morgenmeldung wird uns als Erwachsene ansprechen und uns sagen, dass jeder verantwortlich ist – und wie es das Prinzip Verantwortung es so an sich hat:
Jeder für sich. Verantworten – Rechenschaft ablegen -kann jeder nur für sich selbst.

Alles andere Gerede ist sowohl semantisch als auch soziologisch falsch. Jeder muss seine Infektion für sich durchleben, da wird ihm keine Verwaltung und keine Politik helfen. (Selbstverständlich werden die  Menschen, die anderen anvertraut sind, so gut geschützt, wie die Verantwortung ihrer Obleute es von diesen fordert. Für alte Menschen, die selbstbestimmt leben können, gilt nichts anderes, als für Menschen anderen Alters.) Mein letzter Weihnachtswunsch geht in Richtung DIE ZEIT: Ich wünsche Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen ein Wohlergehen. Kluge Menschen, die für andere Menschen hilfreiches schreiben können, sind keine Selbstverständlichkeit – man muss dankbar sein, dass es sie gibt. – Detlev Plückhahn 

 

Ich bin zum wiederholten Male tief enttäuscht von ihrem aktuellen Leitartikel. Der ist ausgerechnet von ihrem Chef-Redakteur Giovanni Di Lorenzo geschrieben, der leider immer mehr zum Bildungs-Bürger im schlechten Sinne zu regredieren scheint. Was für ein kraft- und saftloser Beitrag! Moralinsauer und die belastende Situation, aus der ihr Redakteur eigentlich erlöst werden möchte, stattdessen paradoxerweise perpetuierend! Das Mitgefühl des Autors, mit den von der Krise und dem Virus gebeutelten, klingt, Entschuldigung, antrainiert: „Es gibt die Not jener, denen die verschiedenen Stufen des Shutdowns die Existenzgrundlage nehmen…“.,“Mehr als alles andere jedoch wird das Beispiel Einzelner bleiben, die in der Corona Krise ihr Bestes gegeben haben, bis zur Erschöpfung oder Gefährdung der eigenen Gesundheit“. Letztlich ist der Sound des Artikels: Erschöpfung und Gefährdung- ohne echten Ausweg!

Richtiggehend unverantwortlich ist eine Passage im Artikel über die (unbelehrbare?) Minderheit, die sich in Kenntnis der Gefährlichkeit des Virus nicht angemessen verhält. Oder, wenn nicht, darf ich fragen was: “ sie scheren sich nicht um die verordneten Maßnahmen“ und dass sie damit „mindesten Körperverletzung“ begehen, eigentlich heißen soll, lieber Giovanni Di Lorenzo? Was schlagen Sie vor soll mit diesen unsolidarischen, egoistischen Subjekten geschehen?! Ihre Angst macht gerade die Situation so unerträglich, die Maßnahmen so unverhältnismäßig hart, die Kluft zwischen Maßnahmenkritikern und -Befürwortern so unversöhnlich, lieber Giovanni Di Lorenzo! Verbleibe mit der Bitte um mehr Mut und Diskussionsfreudigkeit; bitte befreien Sie sich von Ihren Dämonen aus eigener Kraft! Das wäre der (humanistische) dritte Weg aus der verfahrenen Situation heraus. Oder was meinen Sie? – Claudius Merz 

 

China ist „dafür verantwortlich zu machen, dass sich das Virus in der ganzen Welt verbreitet hat.“ – Diesen Satz habe ich so zuletzt von Donald Trump gehört. „Menschen, … die sich nicht um die verordneten Maßnahmen scheren, begehen mindestens Körperverletzung“. – Nach Strafgesetzbuch § 223 sind diese Menschen also mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen? „Es gibt … drei deutsche Corona-Rätsel: (1.) Den Exzess des Datenschutzes,… (2.) das „schwer begreifliche Defizit beim Vollzug geltender Gesetze und Verordnungen“, und (3.) „den gruseligen Gleichmut in unserer Gesellschaft, mit dem der tausendfache Tod von alten Menschen hingenommen wird“… – In welchem Deutschland leben Sie? Wie um Himmels willen kommen Sie zu diesen Einschätzungen? „Der Mensch ist im Prinzip … schrecklich (und ansteckend)“. – Mein Menschenbild und die christliche Weihnachtsbotschaft entspricht dem Gegenteil: Der Mensch ist gut und aufgerufen, sich seinem Nächsten zuzuwenden. Herr Giovanni di Lorenzo, bitte verscheuchen Sie Ihre Dämonen! – Jan Hertel 

 

Alles was ich vom sehr geschätzten Giovanni di Lorenzo zu lesen, hören und zu sehen finde, konsumiere ich mit großer Freude und großer Zustimmung. Eine Ausnahme in einem Halbsatz gibt es. Ich denke es wäre großartig, wenn Herr di Lorenzo diesen korrigiert. An gleicher Stelle auf der ersten Seite von Die Zeit. Es wäre wichtig für die Zukunft unseres Landes, ja, soweit würde ich gehen. Es geht um die Kritik an Karl Lauterbach. Nach meiner Meinung ist Herr Lauterbach durch die Ereignisse komplett rehabilitiert. Er hatte und hat mit seinen Warnungen auf der Basis seines sehr fundierten Wissens – leider für uns – Recht. Sein Engagement in dieser Corona Krise wird nicht zuletzt im sehr guten Dossier über Frau Priesemann (Zeit 53) klar. Es reicht manchmal nicht hervorragendes Wissen zu haben wie Frau Priesemann. Man muss zusätzlich! auch gehört werden. Letzteres gilt für Karl Lauterbach. Und deshalb, sehr geehrter Herr di Lorenzo, wäre eine Rehabilitation von Herrn Lauterbach Ihrerseits so wichtig! Die Menschen müssen ihn in dieser existenziellen Krise ernst nehmen. Und Sie können dabei helfen! – Hubert Müller 

 

Genau wegen Leitartikeln wie dem Ihrigen habe ich “Die Zeit” seit Jahren abonniert. Sie haben mit Ihrer Einschätzung und Analyse die Situation und die Befindlichkeiten im zu Ende gehenden Pandemie-Jahr 2020 sehr treffend formuliert. Ich wünsche Ihnen und dem Zeit-Team auch im Jahr 2021 weiter viel Kreativität, Neugier und Mut im journalistischen Alltag. – Helmut Krieghofer 

 

Mit Ihrem Artikel haben Sie genau den richtigen Ton und die richtigen Worte gefunden. Insbesondere der Satz: „Es ist aber auch jenes Land, das wegen seiner fatalen, nur in Diktaturen möglichen Informationspolitik dafür verantwortlich zu machen ist, dass sich das Virus in der ganzen Welt verbreitet hat.“ Gemeint ist China. Bei diesem Satz war ich Ihnen sehr dankbar, dass Sie das so deutlich geschrieben haben. Dieser Artikel war sehr wohltuend. – Gabi Bauch 

 

Der Kipppunkt vom Linksliberalen ins Sozialtotalitäre ist überschritten: Herr Lorenzo bezichtigt in seinem Weihnachts-Leitartikel jene, „….(die sich) nicht um die verordneten Maßnahmen scheren,……(mindestens der) Körperverletzung“ und es sei nur richtig, dass sich der Staat da Respekt verschaffe. Übrigens – ist dem Herrn Chefredakteur bewusst, welcher Sprache er sich mit dem Ausdruck „scheren“ bedient? Es ist die unsaubere Sprache aus einer Halbwelt zwischen schwammiger volksnaher Denunziation und begrifflich scharfer juridischer Rechtsfolge. Der Weg zu einer solchen Bezichtigung war in den vergangenen Wochen entlang der Blattlinie der ZEIT vorgezeichnet.

Die Kriminalisierung von unter Umständen durchaus rationalem Verhalten hat man bisher eher weiter östlich verortet. Au revoir Selbstverantwortung des liberalen Bürgertums, einer der Leitlinien, deren sich bislang ein ZEIT-Leser u.a. erfreuen durfte. Man stelle sich vor, dass mündige Bürger es wagen, Maßnahmen zu hinterfragen bzw. nicht zu befolgen, die, wenn nicht unsinnig, so zumindest fragwürdig sind: schon stehen sie mit einem Fuß vor Gericht! Wen wundert es da noch, dass (mindestens) die Unwirschheit auf solche Meinungsmacher steigt? – W. Hanisch 

 

Der Artikel von Giovanni di Lorenz auf ist mir ganz aus dem Herzen gesprochen . Danke! – Erika und Dieter Raddatz 

 

Nach durchweg zustimmend nickendem Lesen ihres Artikels, hat mich der letzte Abschnitt ( wie Sie sehen spontan rot gemarkert) dann doch aufgeschreckt. Es ist die Leichtfertigkeit, die mich wohl insbesondere verärgert. ……dass der Mensch im Prinzip zwar schrecklich ist“…… Diese wissenschaftlich nicht haltbare Aussage als Quintessenz im Leitartikel unter dem Heft-Thema „ Wie gut ist der Mensch?“. Gerade auch hat Rutger Bregmann in seinem, sicherlich teilweise streitbaren Buch „Im Grunde gut“ profund recherchiert und die Rolle der „Eliten“ bei der eindimensionalen Festschreibung des Menschenbildes hinterfragt.

Da gießen Sie Wasser auf die Mühlen dieser mehr als fragwürdige Festschreibung ( siehe auch eigenes, differenziertes Dossier!) des „Menschen als des Menschen Wolf“. Ich würde mir wünschen, dass die ZEIT dem Thema „Menschenbild“ und insbesondere seiner funktionalen Nutzung gesellschaftlicher Interessengruppen mehr Raum gibt. Denn eine notwendige gesellschaftliche Transformation, sei es nun zur menschenfreundlichen Lösung des Klimawandels oder der KI-Nutzung usw., braucht ein zuversichtliches Menschenbild als Sinn stiftender Motor. Und die Wissenschaft ist da wieder mal viel weiter, als selbst der intellektuelle Diskurs! – Dirk Roggan 

 

Ich bedanke mich für Ihren Artikel, dem ich vollinhaltlich zustimme. Ich schätze Sie und Ihre Arbeit sehr. Ja, was für ein Jahr, mit Spruch, Sprüchen und Widersprüchen. Ich habe in mehreren internationalen Firmen gearbeitet, in führender Position, auch als Geschäftsführer. Es gab Gelegenheiten, da mußte ich in den Diskussionen sagen, daß es in der Firma nicht unbedingt demokratisch zugeht, es muß geführt werden. Wir hatten Betriebsräte, die waren geschult, Kritik zu üben. Und das taten sie auch, wie in der Politik. Nur selten kam Positives. Der Betriebsrat wollte wiedergewählt werden, und die Folge war die Spaltung in Arbeitgeber und Arbeitnehmer, nicht wir, die Firma. Die entwickelte Kommunikationstechnologie führt zu einer ungeheuren Verantwortung der Medien.

Politik wird in zunehmenden Maße über die Medien betrieben. Die Artikel-Überschriften werden schärfer, die Fotos werden größer, es gibt weniger ernste Fotos, mehr sehr stark lachende. Man vergleiche Gruppenfotos von früher mit Gruppenfotos von heute. Früher fast nur ernste Gesichter, heute muß gelacht werden. Das ist alles gar nicht so einfach. Nehmen Sie z. B. das Design der neuen Autos. Es ist aggressiver geworden, und die Wagen werden größer und kräftiger. Und fahren z. B. ihre Kurven in der Wüste. Oder auf der Küstenstraße, die heute nicht erreichbar ist. Ein Vorstandsvorsitzender eines der großen Automobilwerke Deutschlands sagte kürzlich, er wollen keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Deutschlands Autobahnen. Seine Begründung: Wir exportieren in die USA. Dort haben unsere Wagen das Image „autobahngetestet“. Man glaubt es kaum.

Etwas Positives: Formel 1 Fahrer Vettel hat gemeint, daß diese Veranstaltungen, Le Mans etc. doch etwas zeigen könnte, wie die Umwelt weniger belastet wird durch die Emissionen der Fahrzeuge. Fridays for Future, Greta. Großartig. Doch, es geht nicht nur um Gobal Warming, es geht auch um die gewaltige Bevölkerungsentwicklung. Was sagt Greta dazu? Oder was sagen die Kirchen, was der Papst? Gehet hin und mehret Euch? Die Kirchen müßten dazu aufrufen, daß weniger Kinder gezeugt werden. Die Mittel dazu sind bekannt. Wo sind die Stimmen, die mächtigen Stimmen, die sagen: „Die Waffen nieder“, Bertha von Suttners Arbeit führte zum Friedensnobelpreis. Aber wir machen nicht in Abrüstung, sondern in Aufrüstung. Die kriegerischen Auseinandersetzungen haben zu- statt abgenommen.

„Wie gut ist der Mensch“, Ihre Zeit-Überschrift. Der Mensch ist gut und auch sehr schlecht, er muß sich ändern. Peter Sloterdijks Buch: Du mußt dein Leben ändern“. Ja, das müssen wir Menschen. und die Macht der Medien kann wirklich sehr dabei helfen, so, wie Sie das tun, sehr verehrter Herr Di Lorenzo. Sie merken, daß es schwerfällt, das Positive in unserer Entwicklung zu finden und hervorzuheben. Und sicherlich merkt man meinen Zeilen an, daß ich in ein paar Monaten 87 Jahre alt sein werde. Hoffentlich erleben wir noch das Ende der Pandemie. Ich danke Ihnen für Ihre Arbeit und hoffe und wünsche, daß Sie weiterhin erfolgreich eine so gute Institution, wie die der ZEIT, mit Ihren hervorragenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen leiten werden. – Uwe J. H. Bredendieck 

 


 

 

Leserbriefe zu „Freiheit? Sicherheit!” von Jan Ross 

 

Es ist doch nicht das „Regiment von Vorschriften“, das sich wie freudloses Mehltau auf uns legt. Wenn es die Vorschriften nicht gäbe, dann wären wir nicht sanft mit freudlosem Mehltau bestäubt, sondern mit bleischweren Mehlsäcken beladen, die uns niederdrücken, weil wir noch mehr liebgewonnene (vor allem alte) Menschen verloren hätten als wir ohnehin schon verloren haben und noch verlieren werden, und weil noch mehr Krankenhaus-und-co-Personal aus Erschöpfung in die Knie geht. – Bettina Schmidt 

 

Jan Ross in der Zeit von heute: „Das Jahr 2020 war kein gutes Jahr für die Freiheit. Einmal natürlich wegen der Corona- Pandemie: Freiheit heißt Spielraum, Bewegungsmöglichkeit, Optionenvielfalt – die Seuche und ihre Bekämpfung dagegen haben uns eingeschränkt, uns Lebenschancen vorenthalten und uns einem beispiellosen Regiment von Vorschriften unterworfen. Es ist nicht allein »die Wirtschaft«, die unter Distanzgeboten und Lockdowns leidet; es sind auch nicht bloß Bildungskarrieren, psychische Stabilität oder die Versorgung chronisch Kranker. Sondern die verbreitetste Beschädigung ist die Freudlosigkeit, die sich über das Leben legt, ein Grauton von Gehemmtheit, Verkümmerung und seelischem Mehltau. Eine Gesellschaft, der die Brust eingeschnürt ist und die Flügel gestutzt sind. Das sind die Folgen des kollektiven Freiheitsentzugs.“

Soll das ein Witz sein? Leiden Sie an vollständigem Realitätsverlust? Die Pandemie grassiert weltweit. Kaum ein Land hat eine vergleichbare ärztliche Versorgung wie wir. In einem der reichsten Länder der Welt sitzen die Leute jetzt halt mal ein paar Wochen zu Hause und müssen ihr hedonistisches Treiben ein wenig einschränken. Glauben Sie irgend jemand, der nicht in einem Land lebt, das für die meisten Bürgerinnen und Bprger alle Grundbedürfnisse des täglichen Lebens auf die eine oder andere Weise abdeckt, kapiert überhaupt, worüber genau Sie da jammern? Es gibt immer noch eine Milliarde Menschen, deren Einkommen weniger als 1 Dollar pro Tag beträgt. Get a grip – sagten die Briten früher mal. – Johann Siemon 

 

Terminologische Unklarheiten können zu Verwirrung im politischen Diskurs führen. Daher möchte ich etwas zum Terminus „Freiheit“ klarstellen. Die Idee Freiheit ist eine handlungsanleitende sittliche Kategorie und als solche ein erfahrungsunabhängiger Gedanke. Man kann zu jeder Situation und in jedem Moment Ja oder Nein sagen. Vor der Freiheit hat sich der Mensch als sittliches Wesen zu verantworten. Dieser Verantwortlichkeit kann man nicht entrinnen. Sartre sagt sehr deutlich: Der Mensch ist zur Freiheit verurteilt. Im Bewusstsein, die Wahl zu haben, kann man prinzipienlos, nach Lust und Laune handeln. Das nennt man Willkür, welche die Feindin der Freiheit ist. Derzeit veranschaulichen die Maskenverweigerer, Quer“denker“ und Verschwörungsmythologen das Feindbild der Freiheit.

Von der Freiheit als Idee a priori ist der historische Freiheitsbegriff zu unterscheiden. In diesem wird die geschichtliche Entwicklung der gesellschaftlichen Bedingungen individueller Selbstbestimmung und Selbstentfaltung gefasst. Der von Ihnen beschworenen „liberalen, freiheitlichen Vorstellungswelt“ liegt das naturrechtliche Menschenbild John Lockes zugrunde, das Thomas Jefferson bei der Formulierung der amerikanischen Verfassung Modell gestanden hat. Lockes und auch Jeffersons Vorstellungen von Wirtschaft und Eigentumsbildung gehen noch von agrarökonomischen Lebensbedingungen aus. Die Umwälzungen der industriellen Revolution hatten sie noch nicht auf dem Schirm. Die katastrophalen Auswirkungen des Zusammentreffens von bürgerlicher Freiheit und moderner Industrie werden erst nach ihrer Lebenszeit deutlich. Der kapitalistische Liberalismus führt das „frei“ zu Unrecht im Namen.

Es handelt sich um die Ideologie der Eigentümermacht, die Ungehemmtheit kurzsichtigen Profitstrebens und Naturverbrauchs für naturrechtliche Freiheit zu halten. Ich stimme Ihnen zu, dass der sozialistische Protest dagegen im Namen der Gerechtigkeit legitimiert ist. Und ja, der Sozialismus ist ein „Zukunftsprojekt“. Denn totalitäre Konzepte leninistischer oder faschistischer Prägung haben mit Selbstbestimmung in sozialer Verantwortung nichts zu tun. Sie fordern vom Zeitgeist, er möge sich gegen Patriarchalismus und Paternalismus stemmen und für Offenheit, Wettbewerb und Risiko werben. Der „Freiheitsskepsis im Namen von Schutz und Sicherheit“ müsse „Mut“ entgegengesetzt werden, den der weise Perikles mit Freiheit gleichgesetzt habe. Meiner Meinung nach hängt Freiheit nicht von der Intensität der Entschlusskraft ab, weil der Mensch Freiheit ist (s.o.) Diese ontologische Bestimmung setzt aber voraus, dass sein kreatürliches Dasein geschützt und gesichert ist. – Viktor Rintelen 

 

Zu diesem Artikel habe ich ein Songtext von Curse entdeckt: Freiheit. Intro: Weil das Album eben „Freiheit“ heißt, Werden viele mich fragen, was für mich Freiheit heißt. Was für’n großes Gefühl. Was für große Erwartungen, die ich fühl. Was für große Verantwortung, was für ne große Bürde. Zu beschreiben was für mich die Freiheit heißt, was für ne große Hürde. Ich kann nur meinen kleinen Teil dazu beitragen. Freiheit kann man nicht eingrenzen, Freiheit muss man ausatmen. Hook: Freiheit, Freiheit. Ist das Einzige was zählt. Freiheit, Freiheit. Ist das Einzige was zählt. 1. Verse: Freiheit bedeutet sein wie ich bin, Freiheit heißt für mich Fehler machen wie’n Kind. Und wenn’s sein muss, fall ich halt hin. Doch ich steh wieder auf, Freiheit heißt zöger nicht, sondern lauf.

Wenn du weißt was du willst, dann tu es, wenn nicht dann tust du es auch Freiheit bedeutet frei sprechen, frei machen, frei bleiben. Mauern die, die Angst vom Versagen errichtet einreißen, Mut haben Freiheit bedeutet auch zu enttäuschen, sich selbst zu erfüllen. Anstatt die Erwartungen von anderen Leuten Freiheit heißt auch Entscheidungen treffen. Freiheit heißt hin und wieder sich die Freiheit zu nehmen die Meinung zu wechseln. Freiheit heißt es macht manchmal auch Sinn, Dass meine Freiheit da enden muss, wo die Freiheit eines Anderen beginnt. Aber Freiheit darf niemals heißen: entsagen von unseren Rechten Nach ihr zu leben, zu streben und frei über sie zu sprechen. Mit meinen Texten kann ich nur meinen kleinen Teil beitragen. Freiheit kann man nicht eindämmen, Freiheit muss man ausatmen. Hook: Freiheit, Freiheit. Ist das Einzige was zählt. Freiheit, Freiheit. Ist das Einzige was zählt.

2. Verse: Freiheit, was für ein großes Wort, ich hab gehört, dass du grenzenlos bist Trotzdem, kennen viele Menschen dich nicht, sie kämpfen für dich. Manche mit reden, schweigen und beten, andere mit Macheten. Weil andere Perspektiven fehlen. Du bist für jeden was Anderes. Umso paradoxer ist es, wenn man Politiker um dich handeln lässt. Du bist das Recht, du bist das, was jeder verdient. Niemand sollte um dich bitten müssen, nirgendwo, nie. Du bist so intim und persönlich, wie die innersten Wünsche und Träume Doch die verwirklichen nur wenige Leute. Manche glauben wirklich man könnte dich kaufen. Andere laufen zehntausende Kilometer durch Wüstensand, weil sie an dich glauben. Migranten lassen ihr Land zurück nur für dich, in der Hoffnung auf dich.

Und manche finden dich trotzdem noch nicht. Manchmal opfer ich einen Teil von dir um andere zu haben. Und manchmal muss ich mich trennen um dich mehr zu erfahren Denn du bist FREIHEIT. Hook: Freiheit, Freiheit. Ist das Einzige was zählt Freiheit, Freiheit. Ist das Einzige was zählt. Outro: Weil das Album eben „Freiheit“ heißt. Werden viele mich fragen, was für mich Freiheit heißt. Was für’n großes Gefühl. Was für große Erwartungen, die ich fühl. Was für ne große Verantwortung, was für ne große Bürde. Zu beschreiben was für mich die Freiheit heißt, was für ne große Hürde Ich kann nur meinen kleinen Teil dazu beitragen. Freiheit kann man nicht eingrenzen, Freiheit muss man ausatmen. – Ich mag dem Text nichts hinzufügen. – Dietmar Friedo 

 

Ja, die Sache mit der Freiheit und der Sicherheit ist eine durchaus ernste Sache. Die Feststellung, (Zitat) „Dass das Leben normalerweise (……) am besten gedeiht, wenn man es der persönlichen Initiative und dem „freien Spiel der Kräfte“ überlässt, ist zu einer fast schon exotischen Minderheitenmeinung geworden“, fordert Analyse (z.B. freies Spiel der Kräfte für Tönnies, oder für …….?). Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit (Hegel) und die Notwendigkeit kann z.B. Sicherheit bedeuten, insbesondere für schwächere Dritte. Wo Einsicht fehlt, wird „das freie Spiel der Kräfte“ oft Unvernunft gebären, zum Nutzen Weniger und Schaden Vieler. Zusammenhalt einer „Gesellschaft“ erfordert in vielerlei Hinsicht u.a. Vernunft und damit ein „Einhegen“ bestimmter Freiheiten.

Gesellschaftlich benachteiligte, z.B. Arbeitslose, bedürfen unserer Solidarität und sie bedürfen auch Sicherheiten, dem freien Spiel der Kräfte sind sie ja meistens wehrlos ausgesetzt.  irtschaftliche Freiheit z.B. besteht doch nach Ansicht vieler Adepten darin, sich genau an die „liberalen“ (oft sogar rein „libertären) „Lehrmeinungen“ zu halten. Ein Abweichen von der ökonomischen „Monokultur“ wird deshalb nicht als „Freiheit“ gepriesen, sondern als ein „Vergehen“ an den ökonomischen „Grundwahrheiten“. Meine Skepsis gegenüber dem „Ideologiemonopol“ der Finanz- und Ökonomiewissenschaften, ist über die letzten Jahrzehnte stetig gewachsen. Der Freiheiten betonende Kapitalismus ist kein „Naturgesetz“, weshalb er sich Fragen gestatten lassen muss, auch solche, die nicht in den „Lehrbüchern“ vorgesehen sind. – O. Gröflin 

 

Ja es ist schon schrecklich, dass ich meinen Nachbar (Konkurrent ) nicht einfach erschlagen kann. Allerdings ist die Sicherheit, dass er mich auch nicht einfach so ungestraft erschlagen kann doch eine nicht zu verachtende Lebensqualität. Da haben sich offenbar irgendwann mal Menschen zusammengesetzt und sich mit einem gemeinsamen GESETZ  aus dem Naturrecht des Stärkeren befreit. Selbstgesetzgebung, also Autonomie als Akt der Freiheit. Sehr menschlich und es ist auch der Mensch, der es geschafft hat sich an die selbst gegebenen Gesetze zu halten – der Kern der Moral.Freiheit ohne Moral geht nicht. Und wenn Herr Macron (in Vertretung seiner Wähler) einem Übermächtigen Digi-Konzern gesetzliche Schranken setzt, dann ist dies ein Akt der Freiheit. Und wenn Menschen der Ansicht sind, die Natur sollte nicht zerstört werden und es mit anderen Menschen schaffen dies gesetzlich festzuschreiben, dann ist dies ein Akt der Freiheit, gegen die, von Ihnen als Vulgarfreiheitlichkeit“ beschriebene „Freiheit“, den Planeten mal eben aus Lust und Laune zu zerstören.Ihr Gegensatz (Freiheit versus Sicherheit) ist falsch. Das Gesetz ist die Freiheit. – Dieter Herrmann 

 

Schon vor vielen Jahren habe ich der Freiheit nichts abgewinnen können. Dafür ist der Mensch nicht ausgestattet worden. Das müßte schief gehen. Ohne eine bestimmte Ordnung kann kein Staat auf Dauer existieren. Allein mit mehr Mut ist es nicht getan. Wir werden damit leben müssen, daß die verschiedenen Religion auf der Welt dazu nicht bereit sind sich irgendeiner anderen Religion anzupassen. Die Geschichte hat uns das gelehrt. Kriege sind fast immer auch Religionskriege gewesen. Das wird sich sich auch in Zukunft nicht ändern. – Gunter Knauer 

 

Vielen Dank für diesen Artikel der mein seit Anfang des Jahres andauerndes Unwohlsein in Worte fasst! Und wieder weiß ich wofür es Journalisten geben muss: Um zusammenzufassen und sichtbar zu machen was mich an guten und unguten Gefühlen bewegt oder gar aufwühlt. Aufgabe erfüllt 😊 – Bettina Langner 

 

Freiheit? Sicherheit! Der Artikel beklagt zu Beginn die Freudlosigkeit, die sich über das Leben legt. Die anschließende weit ausholende Analyse erzeugt genau diese Stimmung. Am Ende kommt Perikles mit dem Dreiklang „Glück – Freiheit – Mut“ zu Wort. Einige Mut machende Beispiele hätten dem Aufsatz gut getan. Allein die Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, in einer Ausnahmesituation mit zwangsläufigem Potential von Fehlentscheidungen, durchaus zu vernünftigem Handeln bereit war, macht Mut zu glauben, dass Freiheit! und Sicherheit! weiterhin zu den Grundpfeilern unserer Zivilisation gehören. Wie war das noch: Narative bestimmen die Wirklichkeit! – Peter Vollmer 

 

Vielen Dank für dieses Memorandum zur liberalsozialen Haltung. Ich fürchtete schon, der letzte Mohikaner zu sein. Und Dank auch für das Dreingebsel „vulgärlibertär“. Mein persönliches Wörterbuch hat sich um dieses Wort und Varianten davon erweitert. – Volker Homann 

 

Es scheint in diesem Beitrag zwar durch, wird aber nicht wirklich thematisiert: Das Problem der Freiheit ist der Liberalismus der letzten Jahrzehnte. Was die wirtschaftsliberalen Exzesse in der Gesellschaft angerichtet haben, das bricht sich jetzt, in der Pandemie, Bahn. Beispiele: Es gab mal eine Zeit in der es schien, als ob Gewerkschaften allgemein akzeptiert würden. Der Gesetzgeber hat dann auf Betreiben der Lobbyisten das zunächst als sicher etabliert wahrgenommene Arbeitnehmerrecht nach und nach unterminiert. Das Ergebnis ist eine Form der Sklavenhaltung im Niedriglohnsektor, auf Baustellen und Gemüseäckern. Otto-Normal-Arbeitnehmer nahm und nimmt das wahr als eine Bedrohung seines Arbeitsplatzes, die je nach Branche realer erscheint als die Bedrohung durch Digitalisierung usw.

Man mag zu dieser Entwicklung stehen wie man will, aber der Eindruck ist eindeutig: Der Staat und der Gesetzgeber stehen auf der Seite der Eliten, der Sklavenhalter usw. Einflussreiche Lobbyisten sind auch in der Realität meist die Eliten. Lobbyorganisationen, die das Interesse der breiten Bevölkerung vertreten, sind allenfalls geduldete Stänkerer. Ministeriale und Minister tun in der Regel gut daran, nur auf die Elitenvertreter zu hören. Dazu passt, dass unsere Wirtschafts- und Finanzpolitik in wesentlichen Teilen von weltweit tätigen Beraterfirmen bestimmt wird, die gesellschaftliche Entwicklungen gerne ausblenden und eigentlich immer auf der Seite der Eliten argumentieren. Otto-Normal-Bürger begreift vielleicht das Eine oder Andere an dieser Entwicklung nicht vollständig, darauf setzen Eliten und Politiker. Sie unterschätzen aber das feine Gespür von Verantwortlichen für eine Familie dafür, ob etwas gegen oder für sie läuft.

Diese Entwicklung, die ich als eine Folge der liberalistischen Tendenzen der letzten Jahrzehnte ansehe, trägt nach meiner Überzeugung zur Spaltung der Gesellschaft bei und erklärt die Verbreitung von Unbotmäßigkeit, teilweise allerdings mit Argumenten, die weitab jeder Realität sind oder scheinen. Gerade gibt es zwei politische Skandale mit teilweise komplexen Abläufen: Wirecard und CumEx. Da wird deutlich, dass die Politiker den Schwarze-Anzug-Trägern von KPMG und EY oder selbsternannten Steuersparpäpsten und gierigen Bankern willig gehorcht und so zu Lasten des Steuerzahlers riesige Milliardenschäden angerichtet haben. Die wirtschaftsliberale Ausbeutung der Gesellschaft zeigt sich auch im aktuell diskutierten Geldwäschethema, das auf einen einfachen Nenner gebracht zeigt, dass die Steuerlast, vom Staat geduldet, allein von den unteren Lohngruppen zu tragen ist. Freiheit? – Helmut Kapferer 

 

Jan Ross spürt in seinem Plädoyer der Idee der Freiheit unter zahlreichen Aspekten nach und übersieht dabei deren kongeniales Spiegelbild: die Verantwortung. Beide bedingen einander gegenseitig. Auf die Pandemie bezogen – aber nicht nur dort – wird ein sich dessen bewußter freiheitsliebender Bürger aus eigener Einsicht in das Notwendige die erforderlichen Selbstbeschränkungen ergreifen und so staatliche Vorschriften weitestgehend erübrigen. Die Realität spricht eine andere Sprache. In einer Gesellschaft, die einem überbordenden Individualismus huldigt, verwundert das nicht. Leider arbeitet Jan Ross in seinen Überlegungen nicht heraus, dass Freiheit und Individualismus keineswegs Synonyme und Freiheit und Sicherheit nicht notwendig Gegensätze sind. – Dr. Wolfgang Hirsch 

 

Freiheit gegen Sicherheit auszuspielen halte ich für grundfalsch. Vielmehr ist die wirtschaftliche Sicherheit der großen Mehrheit der Bevölkerung erfahrungsgemäß die Voraussetzung für Demokratie, Rechtstaatlichkeit und politische Freiheit sowie für die persönliche Freiheit der Andersdenkenden und Anderslebenden u. a. mittels Minderheitenschutz. Was passiert, wenn wirtschaftsliberale Politiker*innen nicht für die wirtschaftliche Sicherheit und Zufriedenheit zumindest der großen Mehrheit der Bevölkerung sowie für den Schutz vor Verbrechern sorgen, kann man u. a. in Russland, Polen, Ungarn, den ostdeutschen Bundesländern (Stichwort: AfD) und sogar in den USA (Stichwort: Donald Trump) sehen und konnte man in seiner bislang wohl schlimmsten Form ab 1933 in Deutschland erleben: Die unzufriedenen bis verzweifelten Wähler*innen setzen auf autoritäre Führer, die ihnen wirtschaftliche Sicherheit und Sicherheit vor Verbrechern versprechen, aber Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Minderheitenschutz aushöhlen oder ganz beseitigen.

Politische und persönliche Freiheit kann man nun einmal nicht essen und man kann damit auch nicht die Miete oder die Stromrechnung oder die Heizkosten bezahlen. Zudem sollten Sie bedenken, dass die meisten Menschen abhängig beschäftigt sind und in der Regel auch keine gute Alternative dazu haben. Der wirtschaftliche Liberalismus ist deshalb nichts, was ihre Freiheit unmittelbar fördert, sondern begegnet ihnen ganz im Gegenteil vor allem in Form von Vorgesetzten, übermächtigen und in der Regel wenig kundenfreundlichen Konzernen sowie medial als profitgierige, über Leichen gehende Großunternehmer vom Schlage eines Mark Zuckerberg (vgl. https://www.ulrich-willmes.de/internetriesen-regulieren.html) oder als gleichgeartete Großmanager wie Tim Cook (vgl. u. a. https://netzpolitik.org/2019/bits-und-baeume-die-arbeitsbedingungen-des-apple-lieferanten-foxconn-in-china/).

Es gibt eben nicht nur die – relativ wenigen – innovativen und finanziell erfolgreichen Unternehmer*innen, sondern auch die vielen in relativ bescheidenen finanziellen Verhältnissen lebenden abhängig Beschäftigten, die zwar viel für die Gesellschaft leisten, aber trotzdem nicht reich werden – und deren – in einem Staat, in dem Überfluss produziert wird, meines Erachtens berechtigtes – Bedürfnis nach materieller Sicherheit muss befriedigt werden, wenn die Demokratie überleben soll. – Ulrich Willmes 

 

Die Idee der Freiheit beruht auf dem Bewusstsein von Würde durch Vernunft; ebenso wie die Idee bzw. das Bedürfnis nach Sicherheit und Frieden. Vernunft erkennt und akzeptiert den Menschen in seinen (absehbaren) Konditionen, von denen er sich – zeit- und teilweise – selbstständig freimachen kann. Mut, der diese Bezeichnung verdient, geht zumeist aus einer temporären Mischung aus Wissen, Schätzen und Hoffen hervor. Der Mut einzelner bedarf allein der inneren Überzeugung, der Mut vieler der gemeinsamen Bestätigung. Unserer gegenwärtigen Vermutung zufolge, die wir offensichtlich überwiegend teilen, sehen wir die dem Menschen essenzielle Freiheit nicht in Gefahr. Das mag man Naivität und Kritiklosigkeit nennen; ich begreife es als aufgeklärtes Vertrauen und Zustimmen, nicht zuletzt als Lob unserer Demokratie. Danke sehr für Ihre Beachtung. – Ira Bartsch 

 

Vielen Dank für diesen wichtigen Appell. Niemals wird ein staatliches Organ die kumulative Kraft unzähliger persönlicher Initiativen ersetzen können. Irgendwann wird die Gesellschaft der verängstigten Stubenhocker merken, dass man etwas produzieren muss, um konsumieren zu können. Um so wichtiger ist es, Klarheit zu schaffen, was die eingeklammerten „paar vernünftigen Ausnahmen“ betrifft, die dann doch einen staatlichen Eingriff erfordern. Eine solche Klärung könnte manch eine lähmende Sorge in ein mutiges Konzept verwandeln. Gerade Menschen, die in der Freiheit DAS Konzept der Zukunft sehen, erweisen ihrer eigenen Idee den größten Dienst, wenn sie dabei helfen, die Ausnahmen zu konkretisieren. Nur so kann man sie minimieren. Ausnahmen-Definierer – das wären dann die eigentlichen, die neuen Liberalen.

Um die „paar vernünftigen Ausnahmen“ zu konkretisieren, muss man sich festlegen, welche Güter der Fürsorge des Staates bedürfen. Meist sind dies Güter, die nicht gehandelt werden, auf denen kein Preisschild klebt, die somit nicht von den ansonsten so effektiven Mechanismen der Märkte geschützt werden. Das Klima wäre eigentlich recht einfach zu retten. Ein einheitlicher, adäquater CO2-Preis würde die Kraft der Märkte nutzen und den Erfindungsgeist der Menschheit effektiv auf klimaneutrale Alternativen fokussieren. Doch schon dieser einfache Plan scheitert an der notwendigen Starthilfe aus der internationalen Politik. Beim Artensterben wird es noch deutlich schwieriger. Selbst William Nordhaus, ein glühender Ökonom und Nobelpreisträger, sieht hier keine Möglichkeiten, die Kräfte des Marktes zu nutzen. Hier ist der Staat gefragt. Hier geht es um mehr als bloße Starthilfe. Hier konkurrieren Mensch und Wildnis um kostbare Ressourcen. Doch das Thema ist lästig. Allzu oft wird daher die alles überragende Herausforderung des Artensterbens in zynischer Art und Weise zu einer Frage der Ästhetik degradiert und somit schlicht umgangen.

Auch Friede erscheint Gott-sei-Dank Vielen als lohnenswertes Ziel. Auch hier muss die Politik helfen. Es könnte z.B. sinnvoll sein, die zunehmende Ungleichheit einzudämmen. Denn eine allzu ungleiche Gesellschaft ist selten friedlich geblieben. Und wir müssen uns immer klar machen, dass das freie Spiel der Kräfte keine Schutzmechanismen für viele andere Externalitäten wie z.B. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bietet. Das Fazit? Wir sollten die „paar vernünftigen Ausnahmen“ aus ihrer Klammer befreien, konkretisieren, und wohlgemut in fett gedruckten Lettern präsentieren. Dadurch verlieren sie das Nebulöse und Ängstigende. Wir könnten dann in allen anderen Bereichen wieder durchatmen und befreit aufspielen. In diesem Sinne hoffe ich auf weitere konstruktive Beiträge. – Dr. Christian Voll 

 

„Freiheit, Freiheit ist die einzige, die fehlt“ – nicht nur bei Marius Müller-Westernhagen, sondern auch im wortreichen Plädoyer von Jan Ross. Denn auch in diesem Artikel fehlt ein konkreter Begriff von Freiheit, und damit auch eine Vorstellung, was da nach seiner Meinung verloren zu gehen droht, über die Herr Ross aber zweifellos verfügt. So wie er aber lamentiert droht das Lautbild zur Leerformel zu werden, die jeder füllen kann, wie er will.  Ein schönes Beispiel ist das abschließende Perikles-Zitat („Das Glück besteht in der Freiheit“). Es ist eine Erfindung des Historikers Thukydides, der vielleicht schreibt, was Perikles gemeint hat. Das Freiheits-Zitat fällt in der berühmten Leichenrede. Die hohen Opfer der kriegsmüden Athener im ersten Jahr des Peloponnesischen Krieges (ab 431 – 404 v. Chr.) und die Fortsetzung des Krieges sollten durch die Rede von der Verteidigung der Freiheit legitimiert werden.

Deshalb sagt ihnen Perikles, sie sollten sich doch im Hinblick auf das „Glück der Freiheit“ nicht „umsehen nach den Gefahren des Krieges“. Tatsächlich ging es in dem Krieg um die Erhaltung der Seeherrschaft des delisch-attischen Seebundes und um die anhaltende Verknechtung der verbündeten Kleinstaaten, die zu Untertanen herabgezwungen worden waren und Perikles war eine der treibenden Kräfte dieses Krieges. Der „Mut“, den Perikles wecken will, ist der für diese Hegemonie im Gewand der Freiheitsrhetorik (Freiheit ist die Lebensart der Athener) weiterzukämpfen. Der Krieg ging lange nach dem Tod des Perikles verloren. Gewinner war Sparta – Staat mit für uns gänzlich unakzeptablem Freiheitsbegriff einer Gruppenherrschaft – und schließlich war es der Perserkönig – der tyrannische Gottseibeiuns der griechischen -Geschichte -, der die im endlosen Bürgerkrieg zermürbten Griechen einen Frieden vermittelte.

Perikles erste erkennbare eigenständige politische Initiative bestand um 450 darin, das Vollbürgerrecht – und damit die Segnungen von Freiheit und Demokratie – auf jene zu beschränken, bei denen beide Elternteile über das Bürgerrecht verfügten (von Fremden, Frauen und Sklaven mal ganz abgesehen). Die Machtbegrenzung der demokratischen Verfassung hebelte er aus, indem er 15 Mal hintereinander einer der militärischen Oberbefehlshaber wurde. Als man ihn freimütig im Theater schmähte, versuchte er die Meinungsfreiheit (parrhesia) einzuschränken. Eigentlich ist er der Erfinder der Demokratur – kein überzeugender Kronzeuge für die universale Macht der Freiheit, die Herr Ross im Blick zu haben scheint, aber vielleicht gar kein untypischer. – Michael Vesper 

 


 

 

Leserbriefe zu „Was würde Freud dazu sagen?” von Josef Joffe 

 

Die Ausführungen des Herrn Joffe sind  entlarvend, ja, sie sind geradezu zynisch angesichts dessen, was faktisch im Nahen Osten geschieht.  Sein Artikel verkürzt und entstellt die Realität gleichermaßen. Das „A-Tabu“ in Deutschland hat nämlich nicht nur die von ihm geschilderten Folgen, sondern eine weitere: das peinliche  und empörende Schweigen der Regierung gegenüber der seit mindestens 25 Jahren zunehmend völkerrechtswidrigen und menschenverachtenden Politik der israelischen Regierung. Jeder Jahr bringt eine größere Eskalation im Bereich dieses arroganten Sich-hinweg-setzens über internationales Recht, über Friedensbemühungen, über Appelle: der fortgesetze und intensivierte illegale Siedlungsbau auf besetztem Territorium schreit zum Himmel- und BDS ist nichts als die verzweifelte Antwort auf das politische Versagen der internationalen Staatengemeinschaft.

In der aufgeheizten und verfeindeten Atmosphäre finden sich selbstverständlich genügen Aussagen auf palästinensischer Seite, die kritikwürdig sind und die hier ausführlich vom Autor zitiert werden, so als könne man in diesem Konflikt überhaupt von 2 Parteien reden, die „auf Augenhöhe“ sich gegenüber stehen, als wäre es nicht in Wahrheit ein arroganter, rechtsbrechender Goliath, der einem hoffnungslos unterlegenen  Zwerg David gegenübersteht und diesem alle Bedingungen aufzwingt… Es ist herzzerreißend, wie man auf westlicher Seite (und das geht leider weit über die BRD hinaus, die seltbstverständlich aufgrund ihrer Geschichte in einem ganz besonderen Kontext steht und argumentiert) mit diesem Konflikt umgeht, wie die israelische Regierung mit ihrer unmenschlichen Politik „durchkommt“, die der Apartheitspolitik Südafrikas in den 70 und 80er Jahren kaum nachsteht, während aber jene die volle Wucht der UN-Sanktionierung abbekam!

Das Versagen der Staatengemeinschaft ignoriert Herr Joffe in seinem Artikel, er legitimiert es quasi, indem er durch seine „Psychologisierung“ und den Focus auf Antisemitismus erneut von der realen Politik ablenkt, und er leistet damit einen ganz fatalen Beitrag – schade für die ZEIT, schade für die verpasste Chance, einen Beitrag zu mehr Menschlichkeit, zu mehr Recht und Gerechtigkeit zu liefern und damit dem usprünglichen Auftrag und intellektuellen Format der ZEIT mal wieder gerecht zu werden! – Karl-Heinz Grau 

 

Vielen Dank für diesen starken Artikel. Sowohl das emotionale Engagement, das spürbar wird, als auch die deutliche Argumentation – beide (!) geben mir Orientierung. Ich empfinde Erleichterung über die entstehende Klarheit hinsichtlich meiner eigenen Position, die mit der Ihren ziemlich gut übereinstimmt, bisher aber mehr gefühlt als begründet war. – S. Riffel 

 

Aufgrund unserer Vergangenheit sollten wir Deutschen bei Israel und Russland, uns um vollkommene Neutralität bemühen. Wir sollten nicht die Unverfrorenheit besitzen bei diesen Ländern den moralischen Finger zu heben! Der Antisemitismus wurde von den christlichen Kirchen zweitausend Jahre gepflegt. Er wird so leicht nicht total verschwinden. Wir haben in den letzten Jahren eine beispiellose Erinnerungskultur entwickelt. Der Antisemitismus hat trotzdem zugenommen. Was ist falsch gelaufen? Wenn man jemanden immer wieder seine früheren Verbrechen vorhält, wird seine Liebe nicht größer werden. Vermutlich wird Hass entstehen. – Friedrich Küspert 

 

Josef Joffe meint, die Initiative GG 5.3 Weltoffenheit, die die Tendenz zur Gleichsetzung von Israelkritik mit Antisemitismus kritisiert, lade zur moralisch selektiven Dämonisierung Israels ein. Israelkritik komme als eine „Generalanklage“ daher, die doch auch andere rüde agierende Staaten treffen könne. Das ist eine moralische Diffamierung völlig zurecht besorgter Kultur­institutionen. Denn erstens trifft notorische Kritik selbstverständlich auch Russland, China, den Iran und die USA, man gerät hierzulande nur allzu leicht unter Verdacht, wenn man Israel von solcher Kritik nicht als ‚Sonderfall‘ auszunehmen bereit ist. Zweitens fragt sich, ob man wirklich an die einzige Demokratie im Nahen Osten dieselben niedrigen Maßstäbe anlegen soll wie an ihre diktatorischen Nachbarn.

Drittens fragt sich: Warum sollten die Deutschen, die die moralische Inversion ihres obrigkeitshörigen Biedersinns in faschistische Mordlust zu verstehen hatten und haben, weniger überrascht als der Rest der Welt sein, dass die Kinder und Enkel der Opfer des Holocaust nun ihrerseits weder vor Nationalismus noch vor Rassismus gefeit sind? ‚Antisemitisch‘ gelesen, vermengt diese Frage die ‚Täter‘ und ‚Opfer‘ im Dienste der eigenen moralischen Entlastung. Soziologisch gelesen, identifiziert sie nur ein Verstehensproblem, das auftaucht, sobald man ‚gut‘ und ‚böse‘ nicht mehr schlicht auf Nationen projiziert. Israels Politik gegenüber den Palästinensern ist seit Jahrzehnten völkerrechtswidrig und ethnozentrisch, egal ob dieses Land nun von Juden, Christen oder Muslimen regiert wird. – Prof. Dr. Stefan Hirschauer 

 

„Die Palästinenser haben jegliches Angebot Israels verworfen egal, wieviel Jerusalem liefern wollte!“ Habe ich diese Jahre verpennt? Ich weiß, dass jede Regierung in Tel Aviv die unterstützt hat, die den Palästinensern das Leben schwer machten. Ich weiß, dass die Leute dort-Regierung oder wer immer- Leute drangsalieren, die mit demMotto leben. Wir wollen nicht Feinde sein. Ich weiß, dass Infoarbeit von Israeliten und Palästinensern in Deutschland mit aller Macht erschwert wird, so dass immer wieder Gerichte klären müssen, ob ein Saal für eine Veranstaltung frei gegeben werden muss. Da Sie sicher die ZEIT lesen ist Ihnen dies Problem doch sicher bekannt. Ich weiß, dass die derzeitige Regierung von Israel  die Annexion von Teilen von Palästina überlegt.

Mir scheint, da liegt in Ihrem Aufsatz ein Fake vor. Sonst schreiben sie doch nicht so trumppelig. Dass wir uns recht verstehen: Unsre Freundin wohnt in Betlehem, sie heißt Faten Mukarker und tritt immer wieder bei uns im Fernsehen auf. Durch ihren Garten läuft die Mauer, ihre Oliven hat das Militär einfach ausgegraben. . Vielleicht kennen Sie sie sie sagt in ihren Vorträgen immer: Man muss auch die Angst der Israelis verstehen. Man sollte nicht Vater Freud bemühen, der hat mit der Sache nichts zu tun, Aber auch nicht eine halbe Seite für so einen Aufsatz verwenden. Als Geschichtslehrer würde ich Ihnen schreiben. Fakten nicht genug durchdacht. Trotzdem freundliche Grüße und ein besseres neues Jahr und dass Faten dann in ihrem eigenen Garten endlich einen Brunnen graben darf. – Reinhart Haug 

 

Ich möchte, ich kann, den Artikel nicht einfach so stehen lassen. Und so musste ich mich am zweiten Weihnachtsfeiertag an den Küchentisch setzen für diesen kurzen Widerspruch. Herr Joffe ist ein Schwergewicht, wenn er schreibt, tut er das mit der Autorität einer Herausgebers Ihrer Zeitung. Seine Ansichten trägt er zuweilen im Duktus eines alten Mannes vor, der mit seiner Meinungswalze Differenzierung einebnet und andere Ansichten plattwalzt. Man mag vom BDS halten was man möchte, aber ist es sachgerecht, ihm die Hamas-Charta anzuhängen oder beide Organisationen auf die gleiche Stufe zu stellen? War der Boykott Südafrikas verkehrt, nur weil er sich nicht auch gegen alle anderen verbrecherischen Regime der Erde gerichtet hat? Darf ich Nordkorea kritisieren, ohne auch Myanmar zu kritisieren?

Herrn Joffes Losung gegen selektive Moral scheint zu sein “kritisiere alle oder kritisiere keinen”. Ist das wirklich ein gangbarer oder sinnvoller Ansatz in einer Demokratie? Mich erinnert das an einen alten Ruderkameraden. Jede Kritik an seinem Einsatz oder seiner Technik konterte er mit “Ihr mögt mich einfach nicht, die anderen machen auch nicht alles perfekt!” Wie soll man auf der Grundlage zueinanderfinden? Scharfe Pointen im Visier überfährt Herr Joffe hier und da nicht nur die Stoppschilder der Vernunft, sondern auch die des guten Geschmacks: “Afrika ist ein Hexenkessel voller Blut und abgehackter Gliedmaße”. Ist Herr Joffe einfach einer dieser alten weißen Männer? Hier zeigt sich eher ein Meinungskonserven um sich werfender Silberrücken. – Joel El-Qalqili  

  

Ich bin mit Ihnen einverstanden, wenn Sie sagen, die „“Alleinstellung“ Israels als Sünder unter den Nationen“ sei moralisch verwerflich. Ausübung von Antisemitismus und Judenhass unter dem Deckmantel einer „Israelkritik“ ist eine reale Gefahr. Wenn Sie allerdings schreiben: „Wenn Neonazis und Muslime (…) Juden morden“, dann stellen Sie selbst eine ganze Religionsgruppe unter Generalverdacht und stellen sie gleich mit Neonazis, sodass ich mich frage, ob die von Ihnen kritisierte „Dämoniserung“ nicht auch für solche Aussagen verantwortlich ist. – Nina Weiss 

 

Streitfall Antisemitismus. Der ZEIT-Herausgeber Josef Joffe steht für eine unverzichtbare Stimme in Deutschland, wenn es um Israel geht. Er vermittelt, wie kaum ein zweiter, ein realistisches Hintergrundbild dieses komplexen Landes mit seinen gesellschaftlichen Spannungen, seiner oft chaotischen Politik und der permanenten Bedrohung, von der man sich hierzulande keine angemessene Vorstellung machen will. Dieses aufklärerische Element kommt auch in seinem aktuellen Beitrag zum Tragen: „Was würde Freud dazu sagen?“ Er verweist auf wichtige Aspekte des zunehmenden Antisemitismus‘, auch auf den, der im Gewand der Israelkritik daher kommt. Nur schade, dass er auch Argumente ins Feld führt, die tragischer Weise Wasser auf die Mühlen von Antisemiten leiten.

Er leistet – bewusst oder unbewusst – der Instrumentalisierung des Antisemitismus-Vorwurfes Vorschub. Joffe stellt unter Antisemitismus-Verdacht, dass man sich in der deutschen veröffentlichten und öffentlichen Meinung über die Fehler rechts-nationaler israelischer Politik und Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Palästinensergebieten mehr eschauffiert als über Völkermordexzesse in irgendeinen afrikanischen Schurkenstaat. Das ist nicht nur falsch, sondern auch zu billig. So argumentieren Kinder, wenn sie bei einer Missetat ertappt werden und mit dem Finger auf andere zeigen, die viel eher gescholten werden sollten. Nicht aus einem unterstellten verdrängten Schuldkomplex heraus – woher sollten andere europäische Gesellschaften ihn eigentlich haben? – wird israelisches politisches Handeln schärfer unter die Lupe genommen als das Treiben von Diktaturen.

Der berechtigte Grund ist: Israel ist eine trotz mancher Befremdlichkeiten funktionierende Demokratie, die westlichen Werten verpflichtet ist. Sie nach diesem Maßstab zu kritisieren, ist nicht nur legitim, sondern sogar notwendig. Letztlich könnte diese Kritik die Kräfte in Israel stärken, die in einer Zwei-Staaten-Lösung den einzigen Weg sehen, zu einem friedlichen Nebeneinander von Israelis und Palästinensern zu kommen. Mal abgesehen von den haarsträubenden Fehlern, die palästinensische Führungszirkel in Serie produziert haben und immer noch begehen, inklusive dem Terror der Hamas. Andererseits: Benjamin Netanjahu und die ihn tragenden rechtsnationalen Kräfte handeln nun einmal völkerrechtwidrig, wenn sie offen oder verdeckt Annexion im Westjordanland betreiben und die Rechte der dort lebenden Menschen zum Vorteil jüdischer Siedler beschneiden.

In Deutschland kommt noch eine Besonderheit hinzu: das Menschheitsverbrechen Holocaust. Die jetzt lebenden Deutschen triff keine Schuld daran. Die Schuld ihrer Vorfahren, die nicht kleingeredet und nicht vergessen werden darf, ist jedoch nicht vererbbar. Mit Recht übernehmen die meisten Deutschen heute Verantwortung, die sich aus diesem Zivilisationsbruch ergibt. Darauf gründet die Pflicht, sich für Israels Existenzrecht einzusetzen und Antisemitismus in jeder Form zu bekämpfen.   Wer eine derartige Handlungsmaxime quasi als Staatsraison hat, reagiert auch aus berechtigter Sorge mit Kritik, wenn Israels Politik auf verhängnisvolle Abweg gerät. – Harald Raab 

 

Bei aller Sympathie für die Ausführungen von Herrn Joffe scheint mir folgender Text von Hannah Arendt aus dem Jahre 1948, was die Konstruktion des Staates Israel betrifft, zumindest des Nachdenkens wert. „Auch wenn die Idee der arabisch-jüdischen Zusammenarbeit nie in großem Maßstab verwirklicht wurde und wenn ihre Realisierung heute ferner scheint denn je, so handelt es sich doch dabei um keine idealistische Tagträumerei, sondern um die nüchterne Feststellung, dass ohne sie das ganze jüdische Unternehmen in Palästina zum Scheitern verurteilt ist.“ Die Alternative eines föderativen Staates, wie von Arendt und anderen Intelektuellen vorgeschlagen, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Auch 72 Jahre nach diesem Text schwelt der arabisch-israelische Konflikt weiter und eine Lösung in dieser zutiefst instabilen Region ist in einem überschaubaren Zeitraum leider nicht in Sicht. – Jürgen Rohlfshagen 

 

Der besagte Artikel zum Thema BDS und Antisemitismus-Vorwurf erlebe ich als heftige Polemik im Rahmen eines Streitgesprächs. Als ich aber feststellen muss, dass der Beitrag von Ihrem Herausgeber verfasst wurde, kommt mir in Anbetracht der krassen pauschalen Unterstellungen und Verdrehungen doch ein gewisses Grauen! Ich kann nur hoffen, dass von dieser Seite nicht spürbar Einfluss auf die redaktionelle Arbeit genommen wird. Das war für mich nämlich das Hauptargument für die Flucht weg von Eric Guyer und seiner NZZ zur ‚Zeit‘. – Peter Früh 

 

„Die Sache mit dem klaren Kopf“ – Josef Joffe spricht aus, was es bei klarem Kopf zu der Resolution GG 5.3. „Weltoffenheit“ der Kulturschaffenden in Deutschland zu sagen gibt. Nun kann man sich den klaren Kopf nicht einfach anlesen, nicht über die Charta der Hamas oder die Ziele der Hisbollah, zu denen die Gruppe GG 5.3. sich erst gar nicht äußert.  Sie begnügt sich damit, dass sie „gegen den Boykott der BDS Bewegung“ sei, um dann ihre Anklage „missbräuchlicher Verwendung des Antisemitismus Vorwurfs“ zu erheben. Wie schwer es manchmal ist, einen klaren Kopf zu haben, das wusste Freud natürlich zuerst. Wenn es um die unbewusste eigene Schuld und das eigene Versagen geht. Deshalb der Witz. Der ist hier nämlich nicht nur „gruselig“, er ist auch der Türöffner für das Unbewusste. Was zeigt dieser Witz? Es gibt eine Wahrheit, auf die man sich absolut verlassen kann, auch wenn – oder gerade weil sie – das Falsche, das Verbotene ausspricht, das Tabu. „Sind Sie Antisemit? 

Ja, ich bin. Ich kann dieses Judenpack nicht ausstehen.“ Kein Mensch rechnet mit dieser Antwort. So etwas sagt man nämlich nicht! Spricht es nicht einfach aus wie eine Selbstverständlichkeit.  In diesem Moment aber ist die Lüge überwunden. Deshalb sagt der jüdische Mann „Würden Sie bitte kurz auf meinen Koffer aufpassen? Er ist weder Ankläger noch Richter. Das ist der Witz. Das Dilemma im besorgten Debattenstreit in Deutschland aber ist genau dieses – die Besorgten machen sich zu Anklägern und Richtern gleichzeitig.  Und lenken damit ab von sich selbst. Von ihrem Unbewussten. Josef Joffe zeigt einen Weg zum klaren Kopf, ohne Ankläger und Richter, ohne dass der Leser sich selbst schuldig fühlen muss. Auch ohne Zuflucht zu einem eigenen Opfer Status. Wer den klaren Kopf tatsächlich haben will, der kann ihn jetzt haben. – Miriam Wagner 

 

Im Krimi ist es immer der Gärtner, in der ZEIT ist es immer Josef Joffe, der Kritik, ob politisch, ökonomisch oder gesellschaftlich, an der Springer Presse, der USA oder an Israel pathologisiert und für außerhalb jeder Moral hält. – Winfried Kaul 

 

Neben zahlreichen polemischen Spitzen gegen die Kulturschaffenden-Initiative GG 5.3 Weltoffenheit („Aufwallung“, „verfolgende Unschuld“, „gelehrte Form von ‚wird man doch wohl mal sagen dürfen‘ “) und dem fragwürdigen Versuch, „Israelkritik“ (warum eigentlich immer nur in Anführungszeichen?) in die Nähe rechtsradikaler Gewalt zu rücken, enthält dieser Feuilleton-Beitrag im Kern nur zwei Aussagen: Niemand verbiete Kritik an Israel, und die von den Kritikern betriebene „Alleinstellung“ von Israel als Sünder unter den Nationen sei moralisch verwerflich. Beide Aussagen sind allerdings nur mit einer erheblichen Blickverengung möglich, über die just die im Artikel angegangene Initiative hinweghelfen will. Es ist wohl richtig, dass Kritik an Israel bspw. im Zusammenhang mit gewalttätigen Siedleraktionen oder in jüngster Zeit an den Annexionsplänen gelegentlich ihren Weg in die Presse findet; auch wurden wegen Israelkritik, wie Herr Joffe anmerkt, keine Bühnen oder andere Einrichtungen geschlossen.

Auch der BDS-Beschluss des Bundestags hat diesbezüglich keine unmittelbare Durchgriffsmöglichkeit, u.a. weil die meisten Kulturinstitutionen Landes- und Kommunalebene betrieben werden. Dennoch sind seit 2016 bisher über hundert (!) Vorfälle in Deutschland dokumentiert, in denen israelkritische Veranstaltungen aus öffentlichen Räumen ausgeschlossen wurden oder erst gerichtlich durchzusetzen waren. Darunter finden sich auch viele Veranstaltungen ohne jeden konstruierbaren BDS-Bezug. U.a. ist dies darauf zurück zu führen, dass der Anti-BDS-Beschluss des Bundestags leider viele Nachahmer auf Ebene der Landtage und Gemeinderäte gefunden hat. Dies hat auf der Ebene der Entscheider über Raumvergaben eine „vorauseilende Selbstzensur“ erzeugt, über die Stefanie Schüler-Springorum eine Woche zuvor in DIE ZEIT vom 17. Dezember in ihrem Beitrag „Mehr als Jammerlappen“ berichtet hat. Diesem Effekt sich entgegenzustellen ist der Kern der Initiative „GG 5.3 Weltoffenheit“.

Leider wird in diesem Zusammenhang aus vermutlich derselben Angst vor der „Antisemitismuskeule“ im allgemeinen nicht darauf hingewiesen, dass es leider allzu oft gerade örtliche Vertreter der Deutsch-Israelischen Gesellschaft oder der jüdischen Gemeinden sind, die diesbezüglich massiven Druck auf kommunale, kirchliche und andere Entscheidungsträger ausüben – auch wenn es sich sehr oft um jüdische Redner handelt, die Kritik an Zionismus und Israel üben und sich nicht von den jüdischen Gemeinden vertreten sehen. Auch Herr Joffe scheint ein Problem damit zu haben, dass es unter Juden Antizionisten gibt – und vor allem gab. Freud jedenfalls, dies nur nebenbei, stimmte seinem vom Zionismus in Palästina desillusionierten Freund Arnold Zweig in einem Brief 1934 zu: „… jetzt, da ich Sie von Ihrer unglücklichen Liebe zum angeblichen Vaterland geheilt weiß. So eine Schwärmerei taugt nichts für unsereinen.“ Herr Joffe weist mit Recht auf die vielen anderen Orte dieser Welt ausserhalb des Machtbereichs von Israel hin, an denen Unterdrückung und Verfolgung zum Alltag gehören.

Nur ist der oft gehörte und von ihm weitergereichte Vorwurf der selektiven Moral fehl am Platz, denn erstens finden sich unter den Israelkritikern viele, die sich auch Protesten gegen die hierfür jeweils verantwortlichen menschenverachtenden Regime anschließen – darunter auch die der islamischen Welt. Vielleicht tun sie das einseitig, gar mit anti-kolonialistischer Selektivität, aber solcher Art Parteilichkeit kennt man auch umgekehrt und hat nichts mit Antisemitismus zu tun. Zweitens ist die über ein halbes Jahrhundert ununterbrochene systematische Unterdrückung und gewaltsame Entrechtung der palästinensischen Bevölkerung, die etwa die Hälfte der Bewohner des sog. Heiligen Landes, also ca. 6 Millionen Menschen ausmacht, ein besonders herausragendes Unrecht – insbesondere weil Israel sich darin als Außenposten des Westens versteht, als einzige Demokratie des Nahen Ostens gefeiert wird und mit Mitgliedschaft in UEFA und European Song Contest belohnt wird.

Drittens werden andere Unterdrückerregime (Myanmar, Türkei, Syrien, Russland etc., Iran wäre noch zu ergänzen) in vielen Fälle bereits von der Bundesregierung im Konzert mit der EU, der Nato, manchmal auch der UNO in Form von teilweise scharfen Sanktionen aufs Korn genommen. Das eben geschieht gegenüber Israel nicht (auch weil die Bundesregierung dies regelmässig zu verhindern sucht). Umgekehrt wird also ein Schuh aus der Rede von der selektiven Moral: Es ist die Bundesregierung und andere Parteigänger Israels, die eine „Alleinstellung“ Israels in Form von Immunität gegenüber der Durchsetzung allgemein gültiger Normen internationalen Rechts aufrecht erhalten wollen. Die Kritiker insistieren demgegenüber auf Gleichbehandlung.

Darin kann man gern auch einen Beitrag gegen die Delegitimierung Israels sehen, die in dem Maß Auftrieb gewinnt, in dem ihm Sonderrechte gewährt werden. In einer Studie des unverdächtig pro-israelischen Think Tanks „The Jewish People Policy Institute” mit dem Titel „The International De-Legitimization Campaign Against Israel“ aus dem Jahr 2018 wird übrigens mit Recht darauf hingewiesen, dass die Munition der Delegitimierer hauptsächlich aus dem Image Israels als Unterdrückerstaat und Friedensfeind bezogen wird. Diesem könne sich Israel am ehesten durch glaubhafte Bemühungen im Friedensprozess entziehen. Hierfür Druck zu erzeugen, nicht Antisemitismus, ist die ultima ratio der Kritiker Israels, weil es die internationale Gemeinschaft und insbesondere die deutsche Politik nicht ausreichend tut. – Dr. D. Kattermann 

 


 

 

Leserbriefe zu „Wie gut ist der Mensch?” von Wolfgang Uchatius 

 

„Der Mensch mag sehr häufig sehr böse sein, aber ziemlich oft ist er auch ziemlich gut.“ – Manche Menschen sind dazu erzogen sich selber immer hintenan zu stellen, andere benötigen das Gefühl gebraucht zu werden oder wollen ihrer 15 Minuten Ruhm. Die geschilderten Anekdoten sind zu knapp, man müsste mehr über die genannten Personen wissen, um dem wahren Grund für ihr Verhalten zu erkennen. Das hat alles nichts mit GUT zu tun, sondern ist nackter Egoismus. Nach meiner Erfahrung gibt es kein Verhalten, das sich nicht egoistisch erklären lässt. Warnekens Tests mit Kleinstkindern sind ein gutes Beispiel dafür. Klein Kinder sind den Erwachsenen ausgeliefert. Da ist es sinnvoll sich gut mit ihnen zu stellen.

Deshalb fühlen sich die Babys vermutlich auch eher zu den helfenden Symbolen hingezogen. Die werden, so die Erwartung, im Bedarfsfall auch ihnen helfen. Ich will damit nicht sagen, dass die egoistische Interpretation immer die richtige sein muss (ich könnte ja irren), doch es benötigt kein Konzept vom Altruismus, um das sog. Gute Verhalten zu erklären. Mit Gut hat das genauso wenig zu tun wie mit Selbstlosigkeit. Gut und Böse sind Bewertungen des Menschen, die es in der Natur nicht gibt. Dies wird auch durch folgenden Fakt belegt: Die Festlegung, was gut und was böse ist, unterscheiden sich interkulturell zu jedem Zeitpunkt und wandeln sich intrakulturell im Zeitablauf. – Iman Schwäbe 

 

Ihre Frage beantwortet Friedrich Schiller: „Das Rechte, das Gute führt ewig Streit, nie wird der Feind ihm erliegen.“ Man kann auch in der Bibel stöbern und entdeckt solches: „Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“ Schrieb, sich selbst anklagend, der Apostel Paulus an die Römer. Und: „Da ist keiner, der Gutes tut, auch nicht einer“. Wenn ein Kind an Hunger starb und stirbt, lebten Menschen früher und leben heute in Reichtum, Wohlstand und Überfluss. Viele Millionen Tote und Versehrte aus Kriegen bis in unsere Tage, millionenfache Vernichtung menschlichen Lebens im Holocaust, Auslöschung von hunderttausendfachem Leben durch den ersten Atombombenkrieg – wie gut ist der Mensch? „Was fragst du mich, was gut ist? Gut ist nur Einer,“ antwortete Christus dem reichen Jüngling. Wenn er mehrmals nur Gott gut nannte, wie gut ist dann der Mensch? „Nicht dem Guten gehöret die Erde“, Schiller machte kein langes Federlesen um eine solche Frage. – Axel Spellenberg 

 

Diesem Dossier ist jedoch die Einschätzung der Holocaust-Überlebende Irene Weiß sinngemäß hinzuzufügen: Der einzelne Mensch kann gut sein, die Menschheit ist ein Tier. – Jürgen Dressler 

 

Der Artikel war interessant zu lesen, eine Antwort auf die Titel-Frage habe ich allerdings nicht gefunden. Gott sei Dank! Denn vielleicht gibt es gar keine richtige Antwort. Was wiederum daran zweifeln ließe, ob die Frage immer hilfreich ist. Menschen streiten schon lange leidenschaftlich um die Deutungshoheit über das menschliche Wesen. Die Titel-Frage lädt ein zur Polarisierung, zu einem Entweder-Oder, gut oder böse, auf welcher Seite stehst Du…? Sie läd ein zu Grabenkämpfen, in denen jedes Argument dankbar angenommen wird, um es dem Gegner entgegen zu schleudern. Die Geschichte zeigt aber recht eindeutig und zwanglos, dass der Mensch Potential in beide Richtungen hat. Und dass es im Sinne einer Gauss´schen Normalverteilung an beiden Polen extreme Beispiele gibt.

Es ist keineswegs immer sinnvoll, im Extrem ein Vorbild zu sehen. Selbst extrem „guten“ Menschen sollte man nicht immer nacheifern. Herr Williams war z.B. der einzige, der das Seil weiter gereicht hat. Die anderen 4 haben es genommen und ließen sich retten. Gott-sei-Dank, möchte man wiederum sagen. Denn im Extremfall wäre das Seil von Hand zu Hand gewandert und alle 5 wären in der Kälte ertrunken. Jede Mutter, die ihr Kind stillt, aber auch jede Krankenschwester, die ein nicht verwandtes Kind mit der Flasche füttert, tut etwas unsagbar Gutes. Das Kind erfährt allein dadurch tag-täglich lebensrettende Zuwendung. Dass Menschen anderen Menschen helfen, wird zur existentiellen Selbstverständlichkeit eines jeden Menschen.

Niemand, der das Säuglingsalter überlebt hat, kann daran zweifeln, dass es zur menschlichen Natur gehört, einander zu helfen. Ist es wirklich so überraschend, dass Säuglinge, bzw. „Greiflinge“, in einer Geschichte von blauen Vierecken und gelben Dreiecken das helfende Element erkennen können? Für das „Gute“ gibt es Anerkennung, für das „Böse“ gibt es Bestrafung. Dieses einfache Prinzip wird uns wohl erhalten bleiben und den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern. In diesem Sinne freue ich mich über die Anerkennung des Guten, welche in diesem Artikel ausgesprochen wird. – Dr. Christian Voll 

 

Ich habe mit großem Interesse Ihren Artikel gelesen. Eine, wie ich finde wichtige Literaturquelle fehlte mir : ‚Im Grunde gut‘ -Eine neue Geschichte der Menschheit von  Rutger Bregmann (aus dem Niederländischen) bei ROWOHLT 2020 erschienen. – Jutta Hartlich 

 

Ein gut geschriebener Artikel zu einem interessanten Thema. Er zeigt auf wie weitverbreitet und möglicherweise auch angeboren hilfreiches Handeln ist. Es ist daher tragisch, was herausgekommen ist durch das überwiegend gute Handeln der Menschen. Mutterliebe hat zur Überbevölkerung der Erde beigetragen. Die guten, selbstlosen Leistungen von Forschern ergaben Fortschritt, der das auch fürs Bevölkerungswachstum nötige Plündern der Erde erlaubte, bis hin zur drohenden Unbewohnbarkeit. Was ist da falsch gelaufen? Gruppen-Solidarität war in früheren Kulturen ein Mittel zum Überleben, das gut für die Gruppe aber schlecht für andere Gruppen war. Oder war Gruppen-Solidarität doch gut für alle? Dies indem sie eine Übernutzung der natürlichen Ressourcen verhinderte, besonders auch in den Grenzgebieten zwischen den abgesteckten Territorien der Gruppen.

Gruppen-Solidarität ergab den nützlichen Zwang, die Gruppengrösse der Grösse der Territorien anzupassen: gross genug, um das Territorium zu halten und klein genug, damit das Territorium alle ernähren konnte.Eine erweiterte Form der Gruppen-Solidarität führte zu Nationalismus, der die Menschheit in 2 Weltkriege stürzte. Dabei fühlten sich nationalistisch (im Sinne von patriotisch) denkende Menschen (oft zu Recht) durchaus als gute Menschen, die im Extremfall bereit waren, ihr Leben dem Vaterland zu opfern. Die weltweiten gewaltigen Ausgaben fürs Militär aber auch fürs Erschliessen (teilweise umkämpfter) neuer Öl- und Gas-Felder zeigen, dass ein weltweites Umdenken noch in weiter Ferne ist. Was besonders fehlt ist das Bereinigen eines wichtigen Widerspruchs innerhalb der „guten“ Menschenrechte. Es geht um den Widerspruch zwischen den Rechten auf Lebensunterhalt und dem Recht auf Eigentum.

Nr. 10 der Bildserie zum Artikel zeigt «Flüchtlingshelferin Carola Rackete auf ihrem Schiff im Mittelmeer» als Beispiel für einen guten Menschen. Ihre Hilfe wäre nicht nötig, wenn der genannte Widerspruch gelöst wäre im Interesse eines höheren Ziels, des langen, guten Fortbestehens der Menschheit. Denn eine Lösung dieses Widerspruchs müsste dazu führen, dass das Bevölkerungswachstum den nachhaltig verfügbaren Ressourcen angepasst würde. Beispielsweise würde eine solche Lösung ausschliessen, dass sich Afrikas Bevölkerung (wie eine UN-Prognose angibt) bis 2050 verdoppelt. Wären (ohne eine solche Lösung) alle Europäer so gut wie Rackete, dann müsste eine Brücke übers Mittelmeer gebaut werden, aber gleichzeitig wäre der Sozialstaat nicht mehr aufrecht zu erhalten. – Dr. tech. Gernot Gwehenberger 

 

Wie gut der Mensch ist, weiß ich nicht, aber dass die Menschen gut gelungen sind, davon bin ich felsenfest überzeugt. Halten wir uns mal an die Märchen, da geht es oft um den Kampf des Guten gegen das Böse bzw. der Guten gegen die Bösen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, dass das Böse nicht als solches – also quasi von Natur aus – existiert, sondern sich aus Versäumnissen oder der Vermeidung der Potenziale zum Guten ergibt. Wie kann das sein? Weil der kurzfristige Erfolg oft greifbarer und näher erscheint als die langfristige Bemühung. Und weil es bequemer erscheinen kann, Engagement und Verantwortung auf andere abzuwälzen.

Aber das sogenannte Böse durch vermeintlich starke Symbole und Rituale dem Guten überlegen machen zu wollen, wie es in Märchen ja oft exemplarisch angeführt wird, ist in der leibhaftigen Wirklichkeit schon deshalb zu Scheitern verurteilt, weil es sich damit vorsätzlich aus den Gesamtzusammenhängen des Lebens isoliert, also zu vereinsamtem Egoismus führt. Im Übrigen schrieb schon Charles Darwin im 5. Kapitel seines Buchs „Die Abstammung des Menschen“, dass „der Grad der Sittlichkeit und die Zahl gutbefähigter Menschen überall höher und größer werden wird.“ – Christoph Müller-Luckwald 

 

Sie können mir gewiss helfen, in welchen Sinn Sie GEIST benutzt haben. Zitat: „Die Evolution hat den Egoismus hervorgebracht, die Menschen aber haben begriffen, dass die Welt besser ist, wenn sie gut sind zueinander. Der Geist ist stärker als die Gene, zumindest manchmal, das könnte eine Erklärung für die menschliche Selbstlosigkeit sein.“ Ich bin Lehrerin in einer Montessori-Grundschule, mittlerweile a.D. Doch interessiert mich weiterhin die ganzheitliche Harmonisierung von Körper-Seele-Geist, die im pädagogischen Geist durch die „Vorbereitete Umgebung“ u.a. bewirkt wird. Zu dem diesjährigen Weihnachtsfest formulierte ich: Weihnachten 2020: Kapitell im Kirchenschiff der Kathedrale von Autun, Burgund. Bei Mt 2,1-12 lesen wir von den Sterndeutern (Weisen, Königen) aus dem Orient, die gekommen sind, um das Kind Jesu anzubeten.

Der Engel erscheint ihnen im Traum und weist sie zum sofortigen Aufbruch an, und sie folgen dem Stern des Heils, des Lebens. Bildhaft gesprochen: Unsere Sinne können den Boten des Lichtes nicht erfassen, unser Verstand seine Existenz nicht beweisen. Allein der obere König hat die Augen geöffnet. Sein auf der Decke liegender Arm wird vom Engel berührt. Unten die Körperebene, dann die Seelenebene, die der Persönlichkeit und dem Verstand entspricht. Beide Könige schlafen. Nur der König der Geistebene wacht auf, als der Engel ihn berührt. Von der Geistebene aus nähern wir uns dem Göttlichen. Nicht mit dem Verstand, denn der schläft, sondern mit der Erfahrung, der Einsicht der inneren Augen. Der Geist ist stärker als die Gene: Ist GEIST die Geistesebene? Sind es die GENE, die die Körperebene ausmachen? – Gretel Moskopp 

 

Auf der Titelseite der ZEIT auf dem großen Bild „Mutter und Kind“ steht zum Hinweis auf die Artikel im DOSSIER ein gewaltiges Wortungeheuer „ERWARTBARKEIT“ ???  Was soll denn das heißen? Richtig wäre „ .. gegen jede Erwartung“ oder einfach unerwartet! Aber dieses Wortgebäude kann man kaum lesen noch verstehen, mein Sprachgefühl war sprachlos. Man ist schon viel Unsinn an unserer Sprache gewöhnt – aber das ist „Spitze“. – Hannelore Beyersdorff 

 

Der Entwicklungspsychologe Paul Bloom hat die von ihm getesteten Babys nicht ganz richtig interpretiert: Sie identifizieren sich nämlich mit der roten, mit Augen versehenen Figur und greifen aus diesem Grund nach dem unterstützenden Dreieck – nicht etwa aus Hilfsbereitschaft oder Altruismus. Da jedoch die Fähigkeit, sich in andere hinein zu versetzen die Voraussetzung für die Entwicklung von Empathie ist, bleibt das Fazit das gleiche: Von Anfang an ist der Mensch gut. – Gabriele Haarhaus 

 

Der Mensch ist nicht gut. Der Humanismus ist tot. Das Bild, was wir von Menschen haben, bestimmt unser Denken und unsere Handlungen. Manche halten den Menschen für dumm oder schlau, andere für gut oder schlecht, autonom oder fremdbestimmt. Diese Menschenbilder sind geprägt durch historische Ereignisse, Religionen, philosophische Schulen, wissenschaftliche Erkenntnisse und auch durch psychologische Theorien. Sigmund Freud sah den Menschen als triebgesteuertes Wesen. Er wird im Wesentlichen durch das Unbewusste, seiner Libido (Lustprinzip), dem Todestrieb (Thantos), als auch dem Selbsterhaltungstrieb (Eros) gelenkt. Gut und Schlecht wird durch die Gesellschaft definiert. Der Mensch kann beides, doch seine bewussten Entscheidungen haben nur einen begrenzten Einfluss darauf. Im Wesentlichen ist der Mensch egoistisch.

Durch den Behaviorismus in den 1950er Jahren veränderte sich dieses Bild: Der Mensch wird gesteuert über Reiz–Reaktions-Verknüpfungen. Neutrale Reize werden mit anderen Reizen oder bestimmten Reaktionen verbunden oder einem Verhalten folgt eine Konsequenz, die dann die Auftretenswahrscheinlichkeit erhöht oder reduziert. Die Umwelt gestaltet den Menschen und nicht umgekehrt. Ob der Mensch gut oder schlecht ist, hat niemanden interessiert. Aus diesem eher technischen, fremdgesteuerten Bild des Menschen hat sich in den 1960er Jahren das sehr positive humanistische Menschenbild entwickelt. Der Mensch ist grundsätzlich gut, ein ganzheitliches Individuum, vernünftig, lernfähig, interessiert am Wachstum seiner Persönlichkeit und am friedlichen Zusammenleben mit anderen Menschen. „Wenn ich Menschen nicht dazwischenfahre, passen sie auf sich selbst auf, wenn ich Menschen nicht befehle, verhalten sie sich von selbst richtig.

Wenn ich Menschen nicht predige, werden sie von selbst besser, wenn ich mich Menschen nicht aufdränge, werden sie sie selbst“, so eine beliebte Devise. Abraham Maslow, ein prominenter Vertreter sagte: „Destruktivität, Sadismus, Grausamkeit sind nicht inhärent (also keine ureigenen menschlichen Bedürfnisse wie etwa bei Freud), sondern wesentliche Reaktionen auf Frustrationen unserer inhärenten Bedürfnisse.“ Der Mensch sei in seiner Ganzheit nicht durch niedere Triebe gesteuert, sondern werde durch ein angeborenes Wachstumspotential angetrieben, um sein höchstes Ziel – die Selbstverwirklichung – zu erreichen. Aktuell ist der systemtheoretische Ansatz, bei dem Verhalten durch komplexe Zusammenhänge erklärt wird und bei dem davon ausgegangen wird, das jeder Mensch seine Wirklichkeit konstruiert.

Er ist ein variables, immer neu entstehendes relationales Konstrukt. Weder gut, noch schlecht, weder allein durch die Umwelt determiniert, noch allein durch das Unbewusste. Nach wie vor herrscht aber das humanistische Menschenbild in der Gesellschaft vor, häufig bei Multiplikatoren. Doch gerade dieses Menschenbild verhindert notwendige gesellschaftliche Veränderungen. Der Mensch ist weder gut noch vernünftig. Er kann es sein, aber oft ist er es eben nicht. So ergeben sich aus dem humanistischen Menschenbild Interventionsmöglichkeiten zur Verhaltensänderung, die sich als größtenteils wirkungslos erwiesen: Appelle an die Vernunft, Informationen und freundliche Kampagnen. Egal ob bei Rauchern, Verkehrsteilnehmenden, Alkohol-, Fleisch- oder Zuckerkonsumenten.

Es zeigt kaum Wirkung. Hinzu kommt der alles dominierende Wert der Freiheit, der Bevormundungen jeglicher Art verbietet. Wir zerstören aber gerade unsere Lebensgrundlage. Wir leben in einer Zeit der Katastrophen: Klima, Kriege, Ressourcenausbeutung. Da kann man nicht mehr an die Vernunft der Menschen appellieren und hoffen, dass sie sich eines Tages ändern. Sie tun es nicht. Deswegen ist ein Strategiewechsel notwendig und überlebenswichtig. 

Klima: Deutschland stößt in diesem Jahr voraussichtlich viermal so viele klimaschädliche Gase aus, als dies nach dem Pariser Klimaschutzabkommen für das Jahr 2018 erlaubt wäre. Kohlekraftwerke laufen weiter, als gäbe es kein Morgen, die Bundesregierung nimmt die Beeinträchtigung der Gesundheit von Bürgern durch Abgase in Kauf. Sie schützt nicht die Bürger, sondern die Autoindustrie. Ressourcenverbrauch und Müll: Dieses Jahr war der „Overshoot Day“, der Tag, an dem die natürlichen Ressourcen für das Jahr verbraucht sind, die die Erde innerhalb eines Jahres regenerieren kann, am 1. August. Der Tag verlagert sich immer weiter nach vorne.

Die Deutschen produzieren mehr Abfall, als die meisten europäischen Nachbarn. Allein 220 Kilogramm Verpackungsmüll verbraucht jeder Deutsche im Jahr. Gerne wird europäischer Müll auch in Entwicklungs- oder Schwellenländer verschifft, der dort teils illegal entsorgt wird. Giftige Schwermetalle verseuchen Böden, Flüsse und Fische. Kinder wühlen in Müllhalden nach Wertstoffen und riskieren damit ihre Gesundheit, etwa durch giftige Dämpfe. Die freundlichen Appelle doch weniger Müll zu produzieren oder auch weniger zu konsumieren sind vollkommen wirkungslos. Es wird immer mehr.  

Ernährung: Die aktuelle Landwirtschaftspolitik ist nicht vernünftig zu erklären. Bauern- und Lebensmittellobbyverbände scheinen problemlos ihre Interessen durchzusetzen. Lebensmittel werden subventioniert. Die Bauern erhalten etwa 11 Milliarden Euro pro Jahr. Der Preis, der im Supermarkt bezahlt wird, bildet nicht den reellen Preis ab. Subventionen gehen zum Beispiel in die Milchindustrie, die ohnehin zuviel Milch produziert und damit ihre eigenen Preise kaputtmacht, ebenso kleinere Betriebe. Die Überschüsse werden dann zu Dumpingpreisen als Milchpulver nach Afrika „entsorgt“. Die Bauern dort werden so wirtschaftlich benachteiligt und ruiniert. Das gleiche geschieht mit Fleisch. Da nutzt dann das schöne Projekt nebenan der deutschen Entwicklungshilfe nichts, das den Menschen Hühner oder Ziegen schenkt.

Die Tiere der Massentierhaltung werden vorwiegend mit Soja aus Südamerika ernährt. Riesige Plantagen zerstören Urwälder und die Lebensgrundlage von einfachen Bauern. Die Gülle kontaminiert unsere Böden. Die EU klagt gegen Deutschland weil es zu wenig für den Grundwasserschutz tut. Die Nitratgehalte sind zu hoch. Antibiotika, die in der Massentierhaltung großzügig verabreicht werden, sind auch verantwortlich für die gefährlichen Resistenzen an denen tausende Menschen sterben. Für ein Kilo Rindfleisch braucht es 15.000 Liter Wasser und es entstehen rund 30 Kilogramm Kohlendioxid. Überhaupt die Massentierhaltung. Die meisten Deutschen sprechen sich klar gegen tierquälerische Haltungsformen aus. Doch der Konsum von Biofleisch, welches etwas bessere Bedingungen für die Tiere hat, liegt bei unter 2%. Selbst nach Skandalen reicht es für eine Änderung nur für fünf bis sechs Wochen.

Dann kehren alte Verhaltensmuster wieder zurück. Dieser ganze Mist geschieht für einen kleinen Moment des Genusses, wie für manche Leute der Moment der Geilheit beim Konsum von Kinderpornografie. Deutschland hat im Vergleich zu den Niederlanden oder Dänemark deutlich laxere Bestimmungen. Den Tieren wird noch weniger Platz zugestanden (aktuell einem Schwein zwischen 50 und 110 kg, 0,75 qm), Gülleverordnungen sind lockerer, Kontrollen was Haltung und Antibiotika betrifft kommen selten vor. Und wenn, dann werden sie meist angekündigt. Auch die Schlachthöfe können billiger arbeiten. Deutschland wird immer mehr zum Schlachthof der Welt. Aber müssen wir tatsächlich unser Fleisch nach China exportieren?

Wenn man während eines Besuchs bei Bekannten einen Abstecher in die Küche macht, hat diese nicht selten einen Wert von 8.000 Euro und wenn man dort den Kühlschrank aufmacht, sieht man zehn Joghurts für 29 Cent, von denen dann fünf weggeschmissen werden. Ich hatte mal einen kleinen Becher Kokosmilchjoghurt für 1,99 Euro gekauft. Den habe ich gehütet und genussvoll gegessen. Menschen sind offenbar nur in der Lage Dinge wertzuschätzen, wenn sie teuer waren. Jeder will die niedlichen Bienen schützen und kann erklären, wie wichtig sie sind, doch Bioobst und Gemüse, deren Anbau tatsächlich Bienen besser schützen kann, ist dann doch zu teuer. Massenhaltung gibt es auch bei Obst, Gemüse und Getreide. Es laugt die Böden aus, es müssen unnötig viele Pestizide versprüht werden. Bio ist auch hier besser.

Doch der Bio-Anteil an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in der Bundesrepublik beträgt unter 10 Prozent. Bio-Produkte machen lediglich rund 5 Prozent des gesamten Lebensmittelumsatzes in Deutschland aus. Tausende nach Europa illegal eingereister Migranten schuften z.B. in Kalibrien sklavenähnlich 7 Tage in der Woche für 25,00 Euro, um für uns Obst und Gemüse zu ernten. Dabei stirbt auch schon mal ein Flüchtling, den man vielleicht zuvor mühsam aus dem Meer gefischt hat, an Erschöpfung, Infektionskrankheiten oder er wird vom Trecker überfahren oder er bringt sich um. Natürlich beteuern die Plantagenbesitzer sie würden leider dazu gezwungen werden, wegen der Globalisierung, z.B. den billigen Orangen aus Nordafrika oder Brasilien. Das weiß ja eigentlich jeder und keiner findet es gut. Aber gekauft wird trotzdem. Und eben keine Fair Trade-Lebensmittel. Auch Sie, verehrter LeserInnen, knabbern gerade jetzt vielleicht an einer dieser Blut-Orangen.

Jeder weiß, dass die guten Vorsätze, Fair Trade-Ware zu kaufen nur bis zur Supermarktkasse reichen. Sowohl das Verhalten in der Politik, als auch das der Verbraucher ist komplett unvernünftig. Wir brauchen deutliche finanzielle oder sonstige Anreize für umweltschonendes Verhalten in der Landwirtschaft und Subventionen, die an Umweltschutz- und Tierschutzkriterien gebunden sind. Alle schieben die Schuld an der Miesere gerne auf andere. Bei der Massentierhaltung etwa von den Ländern zur Bundesregierung, von dort zur EU und wieder zurück zum Verbraucher über die Bauern und die Lebensmittelkonzerne. Ohne Zwang wird niemand Verantwortung für seinen Teil nehmen. Die Verbraucher wollen klar keine Massentierhaltung, konsumieren aber dennoch billiges Fleisch. So klappt es nicht. Eine sinnvolle Lösung kann nur über den Preis gehen.  

Gesundheit: Jedes Kindergartenkind weiß inzwischen, wie Gesundheit geht: Mindestens 5 Hände voll Gemüse und Obst täglich essen, wenig Fleisch und Zucker, mindestens 150 Minuten Bewegung in der Woche und ein vernünftiges Stressmanagement, wenig Alkohol und keine Zigaretten, ein BMI unter 30. That’s all. Das garantiert zwar keine Gesundheit, aber es geht um Wahrscheinlichkeiten: Wer das befolgt, hat eine 80% Wahrscheinlichkeit nicht krank zu werden, wer nicht, hat eine 80 % Wahrscheinlichkeit zu erkranken, vornehmlich an den sogenannten Zivilisationskrankheiten wie: Bluthochdruck und Folgen, Diabestes, bestimmte Krebsarten und Erkrankungen der Haut, einige psychiatrische Erkrankungen. Gerade mal 9 % der Deutschen leben in diesem Sinne gesund, was Ernährung, Bewegung, Stress und den Konsum von Tabak und Alkohol betrifft.

Wieder trifft der Mensch keine vernünftigen Entscheidungen, wieder hilft die Politik eher der Wirtschaft, als dem Menschen. Das Solidaritätsprinzip bei der Krankenversicherung ist gut und schön, wenn jemand unverschuldet in Not gerät, doch wenn jemand wissentlich seine Gesundheit ruiniert durch übermäßigen Zucker- und Fleischkonsum, durch Bewegungsmangel, Tabak- und Alkoholkonsum der Gemeinschaft die Behandlungskosten dafür aufbürdet ist das nicht richtig. Lebensstil ist keine private Angelegenheit. Es ist kein Privatproblem ob jemand zuviel raucht und an Lungenkrebs stirbt oder an den Folgen seines Übergewichtes. Bevor es soweit ist, zahlt die Gemeinschaft Unmengen an Behandlungskosten. Die, die alles richtig machen bezahlen das auch, aber gerade die sollten belohnt werden. Natürlich ist es kaum möglich die ungesund lebenden Menschen mehr Beiträge zahlen zu lassen, doch kann man entsprechende Produkte gleich deutlich mehr besteuern und Anteile der Krankenversicherung zukommen lassen.

Das hätte dann gleich einen doppelten Effekt. Insbesondere ärmere Menschen profitieren davon, weil sie meist einen ungesünderen Lebensstil „pflegen“ und deswegen früher sterben. Derzeit liegt bei Zucker und Fleisch der Mehrwertsteuersatz bei 7 %. Es wird Zeit vernünftige Entscheidungen zu treffen und keine, die kurzfristig Wählerstimmen bringen oder auf den Wunschzetteln der Wirtschaft stehen und den vielen unvernünftigen Bürgern nicht auf die Füße treten wollen, sondern Bequemlichkeit, unnötigen Konsum und Egoismus noch fördern. Mit dieser Wirtschafts- und Regierungsform scheint das nicht zu klappen. Viel zu selten gab es in der Vergangenheit ein paar Highlights, die vor allem schnell umgesetzt wurden, bevor die Lobbywelle richtig in Gang kommen konnte. Zu nennen wäre hier zum Beispiel das FCKW-Verbot in Kühlschränken, welches 1987 weltweit mit dem Montrealer Protokoll beschlossen wurde.

Industrienationen dürfen FCKW seit 1995 nicht mehr verwenden. Bei genauerem Hinsehen ist nicht alles ganz so rosig, aber immerhin hat etwas funktioniert. Ein anderes Beispiel ist der Nichtraucherschutz. Ein Gewinn für Alle. Sogar nahezu alle Raucher sind heute froh darüber in Gaststätten nicht mehr rauchen zu dürfen, von den schrecklichen, kleinen, stinkenden, peinlichen Nebenräumen einmal abgesehen. Auch hier gibt es ein paar Schönheitsfehler. Deutschland ist das einzige EU-Land ohne ein Verbot für Tabak-Außenwerbung. Auch der Atomausstieg und das Verbot von den ineffektiven Glühbirnen kann als Beispiel dienen. Manchmal gibt es ein öffentliches Interesse, eine Akzeptanz für Veränderungen. Wenn dann schnell gehandelt wird, funktioniert es ab und zu auch. Bei Plastiktüten wurde genau in dieses Zeitfenster hineingegrätscht und Einschränkungen initiiert, die dann auch angenommen wurde.

Aber meistens klappt es eben nicht mit den vernünftigen Entscheidungen. Schaut man sich die derzeitige Debatte über das Verbot von bestimmten Wegwerfprodukten aus Plastik an, inklusive des Gejammers der Plastikindustrie, verursacht das nur noch Kopfschmerzen. Das alles ist zu großen Teilen dem humanistischen Menschenbild zuzuschreiben mit seiner Gutgläubigkeit und der Annahme, der Mensch sei vernünftig. Der Mensch ist weder gut noch vernünftig. Also muss an anderen Hebeln angesetzt werden und nicht mehr über freundliche Appelle. In Schweden sind die Verkehrsplaner zu der Auffassung gelangt, dass die Menschen einfach dumm sind und ein Verkehrssystem brauchen, das idiotensicher ist. Auch eine neuere psychologische Richtung geht davon aus, das sich Menschen effektiver unter der Schwelle des Bewusstseins zu vernünftigen Handlungen motivieren lassen, als darüber.

Das sogenannte Nuding: Das Stupsen in die richtige Richtung, ohne ausgesprochene Verbote. Das klassische Beispiel, ist das Anbringen einer Abbildung einer Fliege in den Pissoirs im Flughafen Schiphol. Männer visierten dieses Ziel gerne an und die Verschmutzung nahm um 80 Prozent ab. So kann die Reihenfolge der Essensausgabe in Kantinen, Energiesparverhalten, Altersvorsorge, Abfallvermeidung und so fort günstig beeinflusst werden. In Deutschland ist Nuding aber nicht allzu beliebt, weil es dem Vorwurf der Manipulation ausgesetzt ist. So geht es also auch nicht. Es gibt ja durchaus sinnvolle Maßnahmen, die wirklich helfen können. Hier nur ein paar Ideen: Die Einführung hoher Umweltstandards für alle Produkte, ohne auf all die Lobbygruppen Rücksicht zu nehmen und eine sortenreine Verwendung von Plastik mit einer 100 % Pflicht zum Recyceln.

Lebensmittel müssen teurer werden und den realen Wert preislich abbilden (inklusive der Auswirkungen auf die Umwelt). Lebensmittel und legale Drogen, die gesundheitsschädlich sind, müssen mit einer Sondersteuer belegt werden, die zu den Krankenkassen fließt. Tierschutzstandards, Umweltstandards und ein Mindestlohn müssen für alle gelten und wer das nicht nachweisen kann, das darf gar nicht in unser Land. Hier wird schnell der Einwand mit der EU kommen. Aber Deutschland und andere Länder verstoßen ohnehin nicht allzu selten gegen EU-Richtlinien. Wenn das zum Wohle der Umwelt geschieht, kann es vielleicht besser kommuniziert werden. Es gäbe dann keine billige Kleidung, keine billigen Lebensmittel und kaum noch Wegwerfprodukte. Die Landwirtschaft im Land wird zu 100 % auf Bio umgestellt.

Jeder darf nur einen ökologischen Fußabdruck von vielleicht 2 haben (derzeit Deutschland 4,2). Ansonsten sind sehr hohe, dem Einkommen entsprechende, Geldstrafen fällig. Da muss man sich eben entscheiden, ob man weiter Fleisch essen möchte, SUV fahren oder in den Urlaub fliegen möchte oder einen Sommer lang die Klimaanlage laufen lässt. Sinnentleerter Konsumrausch, um des Konsums willen, weil shoppen cool ist und Spaß macht, muss unattraktiver werden, in erster Linie teurer. Lebensqualität muss anders definiert werden. Ja, das wird wehtun. Es wird nicht klappen den gewohnten Wohlstand beizubehalten. Auch wenn manche so gerne behaupten, man müsse nur ein wenig Geld und Jobs umverteilen, und schon ist die Welt wieder okay. Nein, leider nicht.

Aber mit dem derzeitigen Wirtschafts- und Regierungssystem sind selbst diese simplen Ideen quasi chancenlos. Es ist also an der Zeit einmal grundsätzlich darüber nachdenken, ob diese Regierungsform und diese Wirtschaftsform gut für uns ist, ob die Art wie wir leben, was wir konsumieren sinnvoll und vernünftig ist. Für uns und unsere Kinder und dessen Kinder, für unsere Mitmenschen und Mitgeschöpfe überall auf der Welt. Der Wert der Freiheit wird sehr hoch gesetzt. Aber all die Freiheit nutzt nichts, wenn die Menschen ihre Lebensgrundlage zerstören und mit sich selber die ganze Erde mit ins Verderben reißen. Wir dürfen hier keine Denkverbote haben. Vielleicht ist eine Technokratie eine gute Idee, die dennoch von Gerichten, Medien und dem Volk kontrolliert wird. Auf jeden Fall müssen wir unser Menschenbild verändern. Der Mensch ist nicht gut und er reagiert nicht vernünftig. Er kann es, aber viel zu oft tut er es nicht. – Bettina Lemke 

 


 

 

Leserbriefe zu „Blick ins Morgenland” von Maximilian Probst 

 

Der Autor weist auf seinen Großonkel hin – sehr löblich dessen Art zu leben ! Ich bezweifele , daß solcher eine Blaupause für den Rest der Gesellschaft ist. Selbst wenn so gelebt , ist es wenig wahrscheinlich , das dies dem Planeten zu Gute käme . Eher würde es der Gesellschaft nicht bekommen ; so dumm kann der Herr Probst doch nicht sein  Man glaube , das dies ein Königsweg wäre  ? Bei Millionen von Menschen ist die Arbeitsteilung in der modernen Welt das einzige Mittel ums Überleben zu sichern. Zu Zeiten der Jäger und Sammler – vielleicht einst das Paradies ,mochte die Genügsamkeit einen Stellenwert haben – aber spätestens seit der Mensch sesshaft und zum Ackerbauern und Viehzüchter mutierte ist der Mensch auf´s Wetter angewiesen – schnell verlegte man sich aufs Vorhersagen und Beobachten – das Orakel von Delphi lässt grüßen !

Damals konnte sich der Mensch eben mal aus der Natur bedienen oder der Landbauer seine Vorräte bestellen ; heute gibt’s deren nur noch wenige ; und nur die industrielle Landwirtschaft , das ganze Getriebe heutiger Organisation hat nur einen Zweck und Ziel Milliarden von Mensche zu versorgen ! Aber wie man weiß sind alle Güter knapp , sogar sie unterliegen dem Verfall , alles geht kaputt ! Jede Bemühung erfordert Arbeit und Energie – Ihr Großonkel sollte mal in dieser Richtung aktiv werden und nicht von den Brosamen der sogenannten Überflußgesellschaft profitieren. Solche Leute wären Vorzeiten schon lange verhungert . Lege man alle Autos dieser Welt still  , oder wie der Glaube es gaukelt , funktioniere es klimaneutral mit EEG – ein frommer Glaube der scheitert am Dasein von nun fast 8 Milliarden Menschen und sollte zu Ende des JHDT. die Temperatur auf +3.9 ° steigen und dann annähern 11 Milliarden herum laufen , was der Herr Probst kaum erleben dürfte , dann wachsen wenigsten s die Gurken in Grönland und Sibirien !

Alles dem CO 2 anzulasten , eine simple Erklärung um das Problem Chaos wegen Übervölkerung zu negieren. Wenn dem so ist mit der globalen Erwärmung , nichts , aber auch nichts wird sie aufhalten können  – da können sich Leute wie vom Potsdam Institut für Klimaforschung wie die Rumpelstilzchen vor Wut und Angst zerreißen—der Herr Probst gleich mit . Die Sicht dieser Leute hat etwas Quasie– Religiöses – das gab es schon vorzeiten im Jahre 1000 , als die Wiederkunft des Herrn herbei gebetet wurde – nur leider drehte sich die Welt munter weiter , die Hölle war wieder im Untergrund und der Himmel so fern …! Trost konnte nur die Offenbarung des Johannes spenden – der Her Probst sollte Theologie studieren und ins Kloster gehen – dort wird er der Schöpfung ein Stückchen näher kommen . Übrigens hat man schon gewusst , daß es in der Natur imme nur das „EINZIGE „ geht : „Fressen und Gefressen werden“!  Der Parasit Mensch wird sich, wenn man in die Zukunft extrapoliert  wahrscheinlich selber fressen !  Ich wird 82 Jahre und habe keine Angst vor der Zukunft ….. Herr Probst begreifen Sie endlich , auch Sie müssen STERBEN. – K. Schilli 

 

Blick ins Morgenland – ein interessantes Gedankenspiel – die Veränderung der Beziehung zwischen Analyse (Vergangenheit) und Prognose (Zukunft) technischer und ökologischer Entwicklungen. Unerwähnt bleibt das auf Sicherung des Lebens gegenüber den Herausforderungen der „Natur“ ausgerichtete Denken bzw. Streben des Menschen (ältere Vergangenheit) über sein Herauslösen aus und  das Beherrschen der „Natur“ (jüngere Vergangenheit) bis zum gegenwärtigen und zukünftigen Kampf gegen die Auswirkungen seines eigenen Handelns, d.h.  Regenerierung der Natur, Suche nach einer Balance zwischen Angebot der „Natur“ und seinen Ansprüchen. Auch für die Zukunftsgestaltung werden die Ergebnisse/Daten der Vergangenheit eine zentrale Rolle spielen.

Die wertebildenden Werke eines J.W. von Goethe und anderer Denker der Vergangenheit werden hoffentlich nicht durch Science-Fiktion-Bildung an Relevanz verlieren. Die Veränderung der Darstellung der Beziehung von Vergangenheit und Zukunft besteht in dem Wandel von weitgehend linearem zu verstärkt systemischem Denken. Dabei erweitern die Computer-Technologien die Grenzen unserer systemischen Denkfähigkeit – mindestens in der Geschwindigkeit – Beispiel Klimamodelle. Ob es zukünftig gelingt, neben den ökologischen auch unsere sozialen und ökonomischen Ziele und Handlungen systemisch zu modellieren? Dann würden wir vielleicht erkennen, dass nicht Wettbewerb sondern Kooperation das menschliche (Über-)Leben sichert. Das wäre dann ein positiver Klimawandel. – Peter Vollmer 

 

Maximilian Probst hat zumindest in Bezug auf die Klimaentwicklung recht: «Die Wissenschaft sagt die Zukunft oft präzise voraus. Wir sollten uns an ihr orientieren.» Wie wir uns orientieren können, um die Klimaerwärmung zu stoppen, dafür gibt Probst ein Beispiel: «Ein Grossonkel … war ein echter Kauz, der nie gearbeitet hat, kaum gereist ist, kein Auto besass und meist Kartoffeln ass.» Und Probst stellt fest: « dass wir mehr Menschen vom Format unseres kauzigen Grossonkels brauchen, um bis zum Jahrhundertende…» Das Verhalten des Grossonkel ist Vorbild für ein Verhalten, mit dem sich die Klimaerwärmung stoppen liesse: Er produziert nichts Unnötiges. Er konsumiert gerade das, was unbedingt nötig ist und die Umwelt nur minimal belastet.

Er hat keine Kinder. Und schliesslich hat er trotzdem ein erfülltes Leben und erfreut sich am Gesang der Amsel und am Ruf des Fasans im Park. Damit ergeben sich zwei entscheidende Fragen, die man der Wissenschaft stellen muss ist: Erstens: Wie weit muss sich das durchschnittliche Verhalten der Menschen in Richtung des vom Grossonkel vorgezeigten Lebensstils ändern, damit die Menschheit eine gute Zukunft hat? Zweitens: Wie kann man die Menschen dazu bringen, sich diesem Verhalten im nötigen Ausmasse anzunähern? Das entscheidende Problem ist, dass der Mensch Perspektiven braucht. Verfügbar sind die folgenden: Perspektiven durch einen guten Arbeitsplatz (ermöglicht Ansehen, Karriere, Tagesstruktur, Kontakt mit Kollegen). Perspektiven durch die Möglichkeit zu konsumieren (auch Nicht-Überlebensnotwendiges) : Perspektiven durch eine Familie mit mehreren Kindern. Perspektiven durch Genuss der Natur.

Der Genuss der ersten drei Perspektiven muss eingeschränkt werden. Der Genuss der letzteren umweltverträglichen Perspektive (Natur) wird dadurch eingeschränkt, dass die Menschen immer mehr Platz beanspruchen und die Natur zurückweicht. Die Städte wachsen und das auf Selbstversorgung bauende Überleben in Naturnähe wird immer unattraktiver. Und wer hat heute schon Gelegenheit, den Ruf des Fasans im Park zu hören? Aufgabe der Wissenschaft wäre es, zu ermitteln, wie das notwendige Einschränken der Nutzung der genannten Perspektiven zu vermitteln ist. Dies ist allerdings eine schwierige Aufgabe angesichts der demographischen und ökonomischen Gräben innerhalb der Menschheit. Vorschläge dazu bietet zum Beispiel das Buch „Die Technik reicht nicht“ (BoD, 2016). – Dr. tech. Gernot Gwehenberger 

 

Gerade lese ich den sehr lesenswerten Artikel und stolpere über den Satz: „Credo quia absurdum: nicht obwohl, sondern weil es absurd ist, so lehrten Theologen und christlich inspirierte Philosophen jahrhundertelang, glaube man.“ Das gibt‘s doch nicht! So ein plattes Versatzstück neu-atheistischer Polemik, so ein eklatanter sachlicher Fehler, mitten in der hoch geschätzten ZEIT? Irrationalismus und ein Gegeneinander von Vernunft und Glaube lehrten und lehren Theologie und christliche Philosophie gerade *nicht*, übrigens erst recht nicht im Mittelalter. (Schon mal von Thomas von Aquin oder Wilhelm von Ockham (Occam’s razor!) gehört?) Das gilt besonders für die Theologen, denen man das Zitat (credo quia absurdum) am ehesten zuschreiben kann, nämlich Augustin und Tertullian.

Bei letzterem bedeutet es im Zusammenhang (De carne Christi V.) sehr präzise: Gerade dass der Glaube an einen gekreuzigten und auferstandenen Jesus in den Augen der Antike „beschämend“ und unglaubhaft ist, macht diesen Glauben für Tertullian plausibel – der Grund, modern gesprochen: Dieser Glaube kann also nicht Ausdruck frommer Konstruktion sein, denn solche Vorstellungen kam im Repertoire der ersten Jünger nicht vor. Tertullian argumentiert hier also gerade logisch, typisch für die christlichen Denker seiner Zeit. Niemand verlangt von Maximilian Probst, dass er sich mit Theologie auskennt. Aber wer so selbstverständlich zitiert und dabei gleich einer ganzen Tradition Irrationalismus unterstellt, sollte seine Zitate jedenfalls nachschlagen. Wie wäre es also mit einer entsprechenden Korrektur in der nächsten Ausgabe? Danke! – Matthias Clausen 

 

Danke für Ihre Betrachtung des aktuellen Klimawandels und der Pandemie. In einer Sache stimme ich mit Ihnen nicht überein: Eine seriöse Wissenschaft sollte ergebnisoffen forschen. Im Hinblick auf den sich aktuell vollziehenden Klimawandel und auf den Einfluss der Menschheit auf diesen Wandel, gehören m. E. die Geschichte des Klimas und die Geschichte der Menschheit dazu. Wie sähe der Nahe Osten und die nordafrikanischen Küstenländer aus, wenn die Mächte des Altertums nicht ihre riesigen Flotten gebaut und dafür im großen Maßstab Wälder gerodet hätten. Wie wäre es um das Klima bestellt, wenn die Weltbevölkerung nicht von 0,96 Milliarden im Jahre 1800 auf 7,78 Milliarden im Jahre 2020, also auf mehr als das Achtfache gewachsen wäre.

Welchen Einfluss hatte und hat die extensive Tierhaltung in den Savannen in Nord-/Südamerika und in Afrika? Welchen Einfluss hat das mit der Industrialisierung einhergehende rasante Wachstum der Erdbevölkerung  auf den wachsenden Energieverbrauch. Bleiben Raketenstarts (2020 durchschnittlich 2 Starts pro Woche) tatsächlich ohne Einfluss auf das Klima? Hier wird deutlich: Forschung ohne Analyse der Geschichte ist nur eine unvollkommene Wissenschaft. Hier meine ich, wenn die Hälfte einer Begründung falsch ist, wird die andere Hälfte nicht automatisch richtig. – R. Renaux 

 

Handeln wir nicht zu eingleisig, wenn wir den Klimawandel nur mit dem Verzicht auf fossile Brennstoffe bekämpfen wollen? Ist nicht eigentlich unsere viel zu große Zahl an Menschen daran schuld, daß unsere Erde immer heißer, unwirtlicher und unbewohnbarer wird: durch Abholzung und Brandrodung unserer grünen Lungen, Bodenversiegelung, ein Verkehrsnetz auch in die entlegensten Winkel, Vermüllung der Landschaften und der Meere, Ressourcenverschwendung, Konflikte um Wasser und nutzbare Böden? Eine Geburtenregelung in den Entwicklungsländern wie in China ist zwingend notwendig, soll nicht eine Völkerwanderung von Hunger- und Kriegsflüchtlingen an Europas Tür anklopfen! Unsere bewohn- und nutzbare Erde ist nur eine dünne Schale, die einen heißen, flüssigen Kern umgibt – mit vielen Rissen; ein Vulkanausbruch wie der des Krakatau ist lediglich eine Frage des wann!

Verdüsterung der globalen Atmosphäre, Kälte, Mißernten, Ausfall des Gütertransports durch Luftfracht wären einige denkbare Folgen. Einen winzigen Vorgeschmack erhielten wir bereits vor einigen Jahren beim Ausbruch jenes unaussprechlichen isländischen Vulkans! Ein Streit um einen weiteren CO2-Anstieg würde sich dann erübrigen! Doch unsere Erde ist nicht der Nabel der Welt, sie ist ein kleiner (Spiel)Ball in unserem Sonnensystem. Die Sonnenaktivität, die Stellung der Erdachse, besonders aber ein immer möglicher Asteroideneinschlag bedrohen unser Klima und unser Leben! Gegen die Folgen all dieser terrestrischen und extraterrestrischen Einflüsse sollten wir, die gesamte Menschheit, versuchen, Vorsorge zu treffen, bestenfalls Lösungen zu finden, um auch ein zukünftiges Leben auf unsere Erde zu ermöglichen! Immer nur auf den CO2-Anstieg zu starren ist für diese Herkulesaufgabe viel zu wenig! – Dr. med. Ulrich Pietsch 

 

Der meiner Meinung nach naiven Sichtweise des Autors, sich von der Vergangenheitsbetrachtung zu verabschieden und mehr der vermeintlich präzisen Zukunftsvorhersage der „Wissenschaft“ Glauben zu schenken, möchte ich widersprechen. Der unübersehbare Fortschritt wissenschaftlicher Möglichkeiten praktisch unbegrenzt Daten zu erheben und zu analysieren, bedeutet nicht zugleich, dass die komplexen Zusammenhänge globaler (ja universeller) physikalischer Einflüsse auf unser Klima, geschweigen denn auf unser Wetter, präzise vorhersagbar machten. Wettervorhersagen über einen Zeitraum von zwei Wochen hinaus, sind trotz bester Rechenmodelle bis heute nicht möglich. Genauso wenig wie man trotz „wissenschaftlicher“ Modelle die tatsächliche (und lokale!) Entwicklung der Corona Pandemie nur sehr vage vorhersagen konnte, kann man die Klimaveränderung (und damit das lokal entstehende Wetter) für die nächsten Jahrhunderte prognostizieren.

Dass man aufgrund der beobachteten, globalen Klimaveränderung der Vergangenheit (!) die Erwärmung unserer Erde im Bereich von wenigen Graden vorhersagen kann, ist ja noch kein Kunststück. Jeder, der schon einmal wissenschaftlich tätig war weiß, wie man in komplexen Gleichungen solange die Eingangsparameter ändert, bis man das „erwartete Ergebnis“ erhält. Wer sich die globale Klimaveränderung der Vergangenheit – mit Meeresspiegelschwankungen von 100 Metern und Temperaturschwankungen von 10 Grad – genauer anschaut erkennt, dass der Mensch mit Sicherheit die zukünftige Erwärmung nicht bei 2 Grad wird stoppen können. Wir können lediglich die Schnelligkeit, mit die Erwärmung und seine Folgen geschehen werden beeinflussen. Und dafür lohnt es sich in der Tat wissenschaftlich zu arbeiten und unsere Umwelt und unsere natürlichen Ressourcen zu schonen. – Dipl.-Ing. Peter Breuninger 

 

Da Maximilian Probst in dem Artikel erwähnte,  dass er dazu tendiert Philosophen, deren Schriften, den Klimawandel nicht adressieren, beiseitezulegen, gebe ich einfach mal Philosophen weiter, die mich bereits eine Weile begleiten und eventuell auch interessant für ihn sind… da sie meines Erachtens die Gründe für unsere Krise recht tief betrachten und vor allem einen coolen Ausblick geben, wie wir anders mit uns und der Natur umgehen können, auch aus naturwissenschaftlicher Sicht. Craig Holdredge / Henri Bortoft. – Anja Wagner 

 

Vielen Dank für den ausgewogenen und überfälligen Artikel. Die „Sattelzeit“ wird als eine Phase des Umdenkens in Anlehnung an die Übergangsphase um1800 benannt und stimmt den Leser zunächst hoffnungsvoll, dass der gegenwärtige Diskurs zum Klimawandel seine Wirkung noch entfalten wird. Ja, die Siebzigerjahre leiten mit dem Club of Rome Report und dem Widerstand diese Phase ein. Wird ein Wandel tatsächlich noch kommen? Ein Wandel, der Einsicht, Totalumbau und Verzicht bedeutet? Die Generalprobe Covid-19 zeigt, dass es beim Reflex „die Wirtschaft muss weiterlaufen“ bleibt. Der Mensch hofft bis zuletzt, dass es doch nicht so schlimm kommt, reagiert zu spät, und meistens falsch. In Californien wird das letzte bisschen Grundwasser gepumpt, für Ackerbau aber auch für Autowäsche. Und wir werden weiter Gift auf unsere Äcker geben, daran ändern auch die Grünen nichts, die nicht mehr von dem guten Anfangsimpuls in den Siebzigerjahren angetrieben werden und einfach nur noch mitmachen.

Ich fürchte der Selbsterhaltungstrieb ist stärker als die Einsicht. Auf dem Papier steht nun ein neues Klimaziel, vollzogen wird es ebenfalls auf dem Papier, mit CO2 Zertifikaten und Wäldern, die nur auf dem Papier und nicht tatsächlich neu gepflanzt werden (Die Zeit N° 53). Allerdings bestehen das Geld, das wir gerade neu drucken, und der sich hoffnungsvoll erholende DAX ebenfalls nur aus Papier. Experten sehen die deutliche Gefahr der Hyperinflation (Weihnachtsvorlesung 2020 von Hans-Werner Sinn). Es ist nur eine Frage, welches trügerische Gesicht sich zuerst zu erkennen gibt, unsere globale Anstrengung gegen den Klimawandel oder die billige Sicherheit des Wirtschafts- und Finanzsystems. Mit dem Artikel bin ich einverstanden, aber nicht mit der Andeutung, dass wir uns aus diesen Lügen selbst retten könnten. Ihr Artikel schließt wunderbar mit einem Zitat von Bonhoeffer. Ergänzung: Die gesamte Schöpfung und Kreatur wartet auf die Erlösung (nach Römer 8, 19-22). – Prof. Dr. Robert Mores 

 


 

 

Leserbriefe zu „4,90 Euro gegen den Absturz” von Kolja Rudzio 

 

Interessiert lese ich den aktuellen Artikel. Aber Rätsel: GEZ-Abgabe… Rentner die Grundsicherung erhalten sind bekanntlich befreit. Entfällt die Befreiung mit dem Bezug der Grundrente? Kann u.U. eine Verschlechterung eintreten? – Wolfgang Hopp 

 

Es ist sehr bedauerlich, dass Sie in o.g. Artikel nicht aufführen, in welcher Höhe Zahlungen für die Rentenversicherung geleistet wurden. Denn nach wie vor gilt: wer wenig einzahlt, bekommt später eine geringere Rente! Eigentlich sollte dies allgemein bekannt sein. – Ursula Wagner 

 

In dem Beispiel zur Versicherten Franziska Küpper wird berichtet, daß bei einem Renteneinkommen von 1075 € ein Anspruch auf Grundrente nicht besteht, da für den Grundrentenanspruch nur 29 Beitragsjahre erreicht wurden. Diese Aussage ist sicher sachlich richtig. Gleichzeitig wird aber in dem Artikel darauf hingewiesen, daß Alleinstehende noch mit fast 1800 € Rentenanspruch, und unter Berücksichtigung der erforderlichen 33 Jahre, einen Grundrentenzuschlag erhalten könnten. Diese Aussage trifft aber nicht zu. Ein Gesamtrentenanspruch, also eigene Rente plus Grundrentenzuschlag wird wohl nie den Betrag von ca. 1000 € überschreiten. – Thomas Maack 

 

Daß der Staat, bestehend aus allen seinen Mitbürgern, Fürsorgepflichten hat, ist unbestritten: Rententechnisch unverständlich erscheinen die Darstellungen der Lebensläufe in Ihrem Artikel, es ist doch uninteressant, ob jemand das ganze Leben gearbeitet hat, oder vielleicht eine Vielzahl von Kindern hat, oder was immer, was zählt, sind Beitragsjahre. Machen Sie sich doch einmal Gedanken über die Millionen pflichtversicherter Arbeitnehmer, die treu und brav, klaglos, über 30. 40, oder gar 50 Jahre Monat für Monat Beiträge in die Rentenversicherung einbezahlen und sich so einen Rentenanspruch erwerben, wie gesagt, durch Rentenbeiträge. Die von Ihnen geschilderten Beispiele sind doch solche, die nichts einbezahlt haben, in der aktiven Zeit, aber im Alter dann auf die Tränendrüse drücken, sie hätten keinen oder nur einen geringen Rentenanspruch. sie erwarten nun, daß die früher von ihnen belächelten Beitragszahler, für sie einspringen. Sind solche Gedanken sozial? Ist es eine Leistung, eigennützig alt zu werden? – Wolfgang Brucklacher 

 

Ich las Ungeheuerliches in der ZEIT. Selten hat mir in einem langen Leben der Atem gestockt. Bei der ganzseitigen Untersuchung über die Grundrente, geschah dies über mehrere „Festtage“. Wie kann ein doch ein an sich guter Beamtenapparat, ein Heer von Spezialisten, Abgeordneten, Staatssekretären, ein Minister, Bundestagsabgeordnete aller Couleurs trotz jahrelanger Arbeit eine derartige Missgeburt von Gesetz durchbringen? Dazu im Einführungsjahr 24 % Unkosten, dann laufend 13 %, also den 10-fachen Betrag der dt. Rentenversicherung mit 1,3 %. – Dr. Claus Richter-Haffelder 

 

Fazit: Das Gesetz ist höchst ungerecht und hinsichtlich des Verwaltungsaufwandes sehr teuer. Hoffentlich verwirft es das Bundesverfassungsgericht möglichst schnell. Anschließend sollte der Bundestag ein Gesetz für eine Grundrente verabschieden, die diesen Namen wirklich verdient. – Ulrich Willmes 

 

Wenn in diesem Land endlich eine Regierung die rechtliche Grundlage dafür schaffen würde, das ALLE in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, wäre diese unsägliche Rentendiskussion erledigt. Mit ALLEN meine ich, Selbstständige, Beamte und Parlamentarier. Wir haben in Deutschland 16 Länderparlamente und in Berlin den Bundestag und keiner der Parlamentarier zahlt in die Rentenkasse ein. Wenn ALLE einzahlen würden hätte jeder Rentner mindestens ca. 500 Euro mehr, und es gäbe keine Altersarmut. Das es geht sieht man in anderen Ländern wie, Österreich, Schweiz, Niederlande, und sogar in der USA  zahlen Selbstständige in die Rentenkasse mit ein , um nur einige Beispiele zu nennen. Welche Partei hat endlich den Mut das normalste der Welt umzusetzen. – B. Oberth 

 


 

 

Leserbriefe zu „Setzt nie euer privates Glück aufs Spiel”. Gespräch mit Elmar Degenhart geführt von Roman Pletter und Claas Tatje 

 

Ein steigendes Haftungsrisiko, eine zunehmende Verantwortung für viele Menschen …“ – Bisher habe ich noch nie etwas davon gehört, dass Vorstände für ihre Fehler einstehen müssen, also haften. Auch, wenn sie nicht immer mit Boni für Fehler belohnt werden. Die Pflegerin trägt Verantwortung für Menschenleben. – Iman Schwäbe 

 

„Mit Aachen nehmen wir acht Millionen Reifen vom Markt.“  Diese Aussage von Herrn Degenhart mag sachlich korrekt sein, aber sie auch Ausdruck der sozialen Inkompetenz eines Industriesystems, an das wir ja mehr oder weniger alle so gerne glauben (wollen). Wäre es nicht ein der sozialen Markwirtschaft angemessenes Signal wenn ein immer noch profitables Unternehmen wie Continental nicht sehr viel mehr auf die Sozial- und Zukunftsdimensionen seiner Unternehmenskultur achten würde? In Zukunft wird ein weniger maximaler aber gerechter verteilter Unternehmensprofit genauso wichtig werden wie eine Unternehmensführung, die sich dem Wohl der der Gesundheit aller MitarbeiterInnen verpflichtet fühlt.

Reifen kann man vom Markt nehmen, langjährig verdiente MitarbeiterInnen nicht – jedenfalls nicht so!   H A L L O  ? !   Seit wann sind Menschen Reifen ?  Wenn man es bei Continental trotzdem „durchzieht“, dann leidet nicht nur die Gesundheit und Zukunft Aller (inklusive der Gesundheit des so profitablen Vorstandsvorsitzenden), sondern wieder einmal mehr der gute Ruf eines eigentlich doch kreativen, weiter denkenden Kapitalismus. – Dr. Michael Kröger 

 

Ein sehr interessantes Interview. Herr Degenhart benennt kurz und prägnant die Ursachen für die stetig zunehmende Schere der Vermögensentwicklung in unserer Gesellschaft: „Es hat eben auch mit Macht zu tun, sein Gehalt zu verhandeln.“ Ja, das ist auch ein Stück weit systembedingt. Diese Entwicklung des Systems wird auch seit mehreren Jahrzehnten durch eine sich selbst reproduzierende Elite geprägt. Ihr Nachwuchs wird in privaten Kindergärten, Schulen und Universitäten herangebildet, wobei die Kosten für diese Bildung den Zugang für andere Bevölkerungsgruppen drastisch limitieren. Die Sozialisierung erfolgt in exklusiven Vereinen und Sportklubs (Tennis, Pferdesport, Golf, Yachtklubs usw.) bei denen die Mitgliedsbeiträge ebenfalls viele anderer Bevölkerungsgruppen ausschließen.

Dies insgesamt garantiert Exklusivität, fördert persönliche Kontakte dieser Schicht untereinander und schafft Strukturen, die letztlich bei der Entscheidung von Führungspositionen in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur auch nicht geringen Einfluss haben. Da aber diese Form der Lebensführung auch finanziell gesichert werden muss ist die explosionsartige Entwicklung bestimmter Management-Entlohnungen auch Ausdruck der Strukturen der Macht und des Systems ihrer Aufrechterhaltung. Das „System“ gestattet damit auch mehr oder weniger egoistisch ausgeprägten Charakteren sich voll zu entfalten und ihre persönliche Freiheit extrem auszuleben. Wenn die Gesellschaft diese Freiheit gewährt, dann können wenige auf den Kosten anderer Leben.

Die Story von steigendem Haftungsrisiko, zunehmender Verantwortung für viele Menschen und hohe Sachwerte sowie wachsende gesundheitliche Risiken ist medial sehr wirksam und trifft differenziert vielleicht auch teilweise zu. Aber sie rechtfertigt nie und nimmer die exorbitante Spreizung der Entlohnungsstrukturen in unserer Gesellschaft. Wer „systemrelevant“ ist, das haben uns die letzten Monate deutlich vor Augen geführt. Daher muss die Gesellschaft dieser subjektiven Sicht einzelner Manager auf ihre Entlohnung ein Stopp entgegen setzen. Denn diese Entwicklung gefährdet den Zusammenhalt der Gesellschaft, fördert extreme politische Positionen von Teilen der Bevölkerung und delegitimiert die Demokratie zu einem „Selbstbedienungsladen“ von einflussreichen Gruppierungen. – Klaus-Dieter Busche 

 

Zu: Setzt nie euer privates Glück aufs Spiel Herrn Degenharts Erklärungsversuch zum Gehaltsunterschied zwischen einem Top-Manager und einer Pflegekraft kann nur als zynisch bezeichnet werden. Das „steigende Haftungsrisiko“ des Managers hält sich – zumindest bei der Sicht von außen – doch in Grenzen. Eher hört man im Versagensfall von Kündigungen mit hohen Abfindungen beziehungsweise einem Wechsel zum nächsten Unternehmen. Die von Degenhart beschriebene „zunehmende Verantwortung für viele Menschen“ spielt auch und gerade in der Arbeit von Pflegekräften eine zentrale Rolle. In Pflegeheimen meist allein von den Pflegekräften getragen, in den Kliniken in der Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Personal.

Selbst wenn man hier die Hauptverantwortung bei den Ärzten sehen möchte, so frage man auch diese nach ihrem Jahresgehalt. Bei einem Einblick in die Vergütungstabellen im öffentlichen Dienst ist es wohl kaum vorstellbar, dass eine Ober- oder Chefärztin in einem Klinikum sich ihre hohe Verantwortung, ihre belastenden Dienstzeiten und ihr damit verbundenes „wachsendes gesundheitliches Risiko“ (Zitat Degenhart) mit 6, 8 Millionen pro Jahr vergolden lässt. Die kleine Polemik, ob Herr Degenhart denn bereit wäre, das Gehalt, die Verantwortung und das gesundheitliche Gefährdungspotential mit diesen Berufsgruppen zu tauschen, dafür aber zusätzlich immerhin einen Balkonapplaus zu bekommen, kann ich mir leider nicht verkneifen. – M. Pfleiderer 

 

Müssen mir jetzt die Tränen kommen? Mein Mann war Krankenpfleger und trug jahrzehntelang Verantwortung für das Leben von Menschen. Er erlitt einen Burn-out, musste monatelang pausieren, konnte anschließend nicht mehr Vollzeit arbeiten und flüchtete sich mit 63 Jahren in den vorgezogenen Ruhestand – mit entsprechenden Abschlägen bei der Rente. Seine Rente liegt unter der Durchschnittsrente. Von der ab dem 1.1.2021 geltenden Grundrente wird es schon deshalb nicht profitieren, weil ich berufstätig bin und das Einkommen des Ehemannes bei der Grundrente angerechnet wird. So viel zur Gerechtigkeit im Kapitalismus und in Deutschland. – Ulrich Willmes 

 


 

 

Leserbriefe zu „Hirten und Treiber” von Peter Kümmel 

 

Weihnachtsmorgen früh um halb acht. Stille im Haus, nur ich und mein Morgenkaffee zum Wachwerden. Und dann Ihr Artikel. Ich bin immer noch zu müde um mehr zu schreiben: Aber die weihnachtliche Stille wurde unterbrochen von meinem herzhaften Lachen bei der Lektüre Ihres Artikels. Herrlich. Ich freue mich auf die nächsten Artikel von Ihnen in 2021. – Carolin Cords 

 

Manchmal weiß ich nicht, warum bestimmte Artikel in einer fremden Rubrik erscheinen, dieser z.B. gehört meiner Meinung in die Rubrik Politik und das sogar ganz nach vorne. Die einzelnen Köpfe sind gut beschrieben, aber das wichtigste ist der vorletzte Absatz mit der Frage nach weiteren Alternativen. DIE ZEIT kann keine Zeit mehr verlieren, will sie nicht den einen oder anderen veranlassen, als Pateivorsitzende/n zu kandidieren. Frau Kamp-Karrenbauer hat vor Wochen angedeutet, dass es bei der Wahl zum Parteivorsitz nicht nur um die drei bekannten Persönlichkeiten gehen könnte. An wen hat sie gedacht?

Oder auch: wer von den bekannten erfolgreichen CDU-Ministerpräsidenten oder CDU-Fraktionsvorsitzenden könnte sich eignen? (Dabei sehe ich Herr Laschet nicht als erfolgreich an) Hierbei muss auch die Frage gestellt werden, ob am Ende Parteivorsitz und Kanzler in eine Hand gehören, ob nicht für die eine oder andere Aufgabe sich widersprechende Eigenschaften gehören. Im Fall einer Regierungskoalition ist die Frage m.E. klar zu verneinen, schließlich muss der eine die Partei und der andere die Regierung im Blick haben und damit verschiedene Standpunkte vertreten. – Johannes Barth 

 

Schon das Titelbild hat mich veranlasst den Artikel nicht zu lesen. Merz mit grimmiger bzw. negativer Mimik, Röttgen und Laschet weichgezeichnet. Die Zeit kann ihre einseitige Konnotation einfach nicht lassen.Sehr schade, würde doch eine weniger gelenkte Schreibe der Zeit gut tun. – Peter Knappmann 

 

In diesen trüben Zeiten eine so vergnügliche Beschreibung der CDU Kandidaten genießen zu können, das ist ein Jahresabo wert. In der englischen Sprache gibt es Kürzel für Charaktere (has-been, bintu, wannabe), die eine Fülle von Eigenschaften nach sich ziehen. Peter Kümmel entwirft in ein paar Sätzen ein höchst anschauliches Bild der drei Konkurrenten. Er trifft nicht nur ins Schwarze, sondern auch das ganze Umfeld. Besser geht es nicht. – Notburga Ortner 

 

Welch herrlicher Artikel: frech, amüsant, humorvoll, entlarvend!   Wunderbar, wie den „Treibern“ und „Hirten“, der  Spiegel ihrer Eitelkeiten und Befindlichkeiten vorgehalten wird. Die Sprache: klug, satirisch, unterhaltend. Bleibt nur zu hoffen, dass den getriebenen und behüteten Mitgliedern der „größten und letzten Volkspartei des Kontinents“ ein helles Licht leuchten möge, bei der Wahl ihres Vorsitzenden. – Gertraud Pohlmann 

 


 

 

Leserbriefe zu „Ketamin” von Antonia Baum 

 

Nach wiederholter Lektüre Ihrer Gift und Galle-Kolumne – ich konnte es nicht glauben – schaute ich mir einige Beiträge über Sie sowie solche mit Lisa Eckhardt an. Um Sie zu verstehen: „Woher dieser grausige Hass.“ Und weiter bei Heinrich Mann: (Zeitalter, Aufbau 1973, S. 59 und 60) „…quittengelber Neid allein setzt die Deutschen instand zu hassen.“  Laut Ferndiagnose sollte sich Ihr Unterbewusstsein bei dem Stichwort L. E. quittegelb eingefärbt haben. (?) Schade für Sie und noch mehr schade für uns Leser. Nutznießerin dürfte L.E. sein. – Dr. Gernot Henseler 

 

Ist diese Kolumne nicht eine Schande für Ihre und meine „Zeit“ – ebenso ohne Anführungsstriche??? Für solche Kolumnistinnen ist wirklich jedes Honorar zu schade. – Ingrid Schröter 

 

Respekt Frau Baum – vor so viel Einblick in Ihr Intimleben. Nun weiß der Leser mit welchen Alltags- Untiefen Sie sich rumschlagen: erst die Inflagranti-Polemik mit ihrem Mann, dann ein wenig Pädagogik mit ihren Kindern. Last not least das klandestine Treffen mit ihrer Freundin in der „barrierefreien“ Toilette. Ich las ihre Kolumne morgens zum Kaffee. Anschließend war ich  nicht nur durch den  Kaffee angeregt, sondern viel mehr noch durch Ihre  Schilderung, wie es mit der Freundin „zur Sache ging“. Ich freue mich jetzt schon auf Ihre nächste Glosse – die lese ich dann aber abends, morgens ist mir das psychoaktive Stimulans doch zu heftig. – Hagen Treutmann 

 

Was für eine widerliche Kolumne – und dies auch noch in der Weihnachtsausgabe! Ich frage mich ernsthaft: mit welcher Motivation, Anliegen etc. wird so etwas veröffentlicht? Dann doch VIEL lieber den Aufsatz eines Erst-Klässlers!!! Bitte nicht noch einmal – es hinterlässt einen wirklich seltsamen Nachgeschmack in der ansonsten gelungenen Ausgabe. – M. Mildner 

 

Einmal Journalist, immer Journalist, auch als Silberrückengorilla. Und das Stöbern in „alten“ Zeitungen ist zur zweiten Natur geworden. In diesem Zusammenhang habe ich mit zunehmender Verwunderung diesen Beitrag gelesen, der mich ziemlich ratlos zurückgelassen hat. Was ist die Botschaft dieser Zeilen? Ist das Werk an die falsche Adresse gesandt worden und/oder hätte selbiges in den Sankt Pauli Nachrichten (gibt’s die noch?) erscheinen sollen? Oder soll ich mir wieder eine Mikrowelle anschaffen? Vielleicht lebe ich in meinem halbwegs überschaubaren Stuttgart auch etwas hinter dem Mond. Okay. Vielleicht können Sie mir weiterhelfen oder sagen einfach, Alter, Sie sind zu alt, um das zu verstehen. Auf dass Ihnen nie Tinte und Geist ausgehen mögen. – Martin Geier 

 


 

 

Leserbriefe zu „Sie klingt wie wir” von Christoph Drösser 

 

KI – Illusion. GPT-3 ist sensationell! Mit Intelligenz hat die Anwendung leider nichts zu tun. Der überstrapazierte, hoffnungsverheißende und zugleich abschreckende Begriff der künstlichen Intelligenz ist zwar künstlich, doch nicht in Verbindung mit Intelligenz zu bringen. Intelligenz, als Fähigkeit Intelligenztests graduell erfolgreich zu durchlaufen, ist an einen humanen Organismus gekoppelt. Der Mensch ist intelligenzbegabt! Von menschlichen Bedürfnissen und Neigungen kann der Intelligenzbegriff nicht entkoppelt werden, Hunger, Liebe, Achtsamkeit, sexueller Drang sind dem Menschen eigen. Dem KI-System bleiben sie einprogrammiert. Kein Computer war jemals neidisch oder liebevoll! Nur der lebende Organismus hat diese Eigenschaften. KI ist bisher eine verkannte Illusion. Die kommerziellen Anbieter sollten besser den Begriff der „Simulierten Intelligenz SI“ verwenden, um glaubhaft zu bleiben. Cibyl Father 

 

Die Frage ist, wozu man „eine immer besser werdende Illusion des Intelligenten“ braucht. Sollte ich nach einer globalen Katastrophe als einziger Mensch auf dem Planeten zurückbleiben und Stromversorgung und Internetzugang noch funktionieren, dann wäre ich sicherlich froh, mit einem „Wesen“ zu kommunizieren, das irgendwie menschlich wirkt. Bis dahin ziehe ich reale Menschen vor, die so schöne unabsichtliche Wiederholungen in ihren Texten platzieren wie der Autor. Erster Abschnitt: „Das System fasst komplizierte juristische Werke in verständlicher Sprache zusammen, entwickelt Computercode, spielt passabel Schach und übersetzt von einer Sprache in die andere.“ Abschnitt zwei: „Es kann komplizierte juristische Texte in verständlicher Sprache zusammenfassen, Computercode entwickeln, von einer Sprache in die andere übersetzen und noch leidlich Schach spielen.“ Da spürt man doch echte Begeisterung! Oder handelt es sich vielleicht um eine kleine Fehlleistung des textgenerierenden Systems? – Dr. Sabine Brandenburg-Frank 

 

In seinem Beitrag berichtet Herr Drösser über die beeindruckenden Fähigkeiten von GPT-3. Er geht auch zu recht auf die Vorarbeiten von Claude Shannon aus dem Jahr 1948 ein. Was mir völlig fehlt, ist der Bezug zu den auch auf Shannon basierenden Forschungsarbeiten der Computerlinguistik in den 50er und 60er Jahren, allen voran das Programm Eliza von Joseph Weizenbaum. Eine grundlegende Darstellung dazu wurde 1966 veröffentlicht und sie ist im Netz verfügbar. Leider ist Eliza vorwiegend als „Einfachversion“ mit sehr eingeschränkten Konversationsmöglichkeiten bekannt. Um ihre Möglichkeiten und vor allem ihr linguistisches Fundament würdigen zu können, muss man schon Weizenbaums Arbeiten anschauen. Gespräche mit Eliza ähneln sehr dem in der Zeit abgedruckten Dialog.

Weizenbaum soll sehr darüber irritiert gewesen sein, dass man seinem Programm tatsächlich Einsicht, Verständnis und Intellgenz unterstellt hat. Er hat vor dieser Verkürzung dann auch oft gewarnt. Ihr GPT-3-Zitat am Ende von „Das „Weise Wesen“ und die ZEIT“ hätte er sicher gerne als abschreckendes Beispiel genannt. Trump, Erdogan usw. sind also mächtig, weil sie so viele Philosophien gelesen haben? Es geht mir nicht darum, die Leistungen der GPT-3-Forscher zu mindern. Schaut man sich aber den innerhalb von mehr als 50 Jahren erreichten Fortschritt an, muss einem ein Licht aufgehen, was die Komplexität der menschlichen Intelligenz angeht. Etwas mehr Bescheidenheit ist angebracht. – Joachim Sieben 

 

„Hat die künstliche Intelligenz das Niveau des Menschen erreicht?“, so fragt der Autor im Titel im Hinblick auf Konversation. Auch dieser Beitrag reiht sich passgenau ein, in eine Serie von anregenden Beiträgen der ZEIT zum Thema Künstliche Intelligenz. Und auch hier findet sich wieder eine kleine Spur von Verklärung, die beim unbedarften Leser den Eindruck erwecken muss, dass in naher Zukunft eine ebenbürtige oder sogar überlegene Instanz dem Menschen Konkurrenz machen könnte. Zweifellos besteht in der Ära der Digitalisierung die Gefahr, dass wir uns zu weitreichend Algorithmen überlassen und Fortschritt vorrangig einen technologischen Impetus annimmt; KI ist dabei nur ein Instrument unter anderen.

Es ist daher essentiell, dass wir erkennen, was wirklich dahintersteckt – und da darf sich Ernüchterung breitmachen: Es sind genaugenommen nur zwei wesentliche Faktoren: 1. Die Fähigkeit, Muster zu erkennen. 2. Die Fähigkeit, wachsende Datenmengen immer schneller zu verarbeiten. Und was uns wie eine „Intelligenz“ erscheint, ist immer nur Imitation, die sich aus dem speist, was Menschen bereits auf natürlichem Weg vorgedacht und vorgemacht haben. Es gilt auch für eine „starke KI“ was ich das „Superioritäts-Paradoxon“ nenne: Ein System A (z.B. Mensch) kann nicht ein System B erschaffen, das intelligenter ist als es selbst. – Daniel Hardt 

 


 


Leserbriefe zu „Vielleicht waren wir zu liberal”. Gespräch mit Petra Köpping geführt von Martin Machowecz 

 

„Wir sind eine Regierung und müssen zusammenhalten“ – Eine schäbige Haltung. Zu Fehlern muss man stehen, nicht so gemeinsam vertuschen. – Iman Schwäbe 

 

Endlich eine Politikerin die unser Corona Defizit benennt! „Das Vollzugsdefizit ist das Problem“! Aber nicht nur in Sachsen fehlt „Nachhaltigkeit“, früher hieß das Kontrolle und Sanktion. Was aber mit „liberal“ nichts zu hat. Bei uns in der Südpfalz sind die Herren des Ordnungsamts in der Stadt unterwegs, kontrollieren und sanktionieren fehlende Parkscheiben. Im Foyer des Rathauses, ihrem Dienstsitz, warten drei Männer im Foyer, dass sie aufgerufen werden, ohne den Mund-/ Nasenschutz korrekt zu tragen. Schön, dass die Insidenz noch knapp unter 200 liegt…. Ihnen Frau Köpping wünsche ich, dass Ihre Analyse Gehör und Konsequenz finden wird. Mir bleibt die Hoffnung auf Impfung, die Wirksamkeit derselben und die Mobilisierung meiner Restgeduld. – Martin Jung 

 

“Vielleicht waren wir zu liberal” in der pandemiebedingten Beschneidung von Grund- und Freiheitsrechten der Bürger. Was aber weitgehend und auch hier gern beschwiegen wird, sind die offen antiliberal tätigen Kräfte, deren Anführer nicht selten in sehr provokanter Weise ihr eigenes dunkles Süppchen kochen. Dies geschieht angesichts der Zielsetzung dieses Treibens in entlarvender Selbstverständlichkeit bei all den Anspruch genommen demokratischen Freiheitsrechten unserer aller Demokratie, die es doch angeblich schon gar nicht mehr gibt. Was dürfte der tiefere Grund dieses oft grotesk infantil wirkenden (Trotz-) Verhaltens sein, welches ausgerechnet in Deutschland so unfassbar gedeiht. Könnte dem auch mit Ironie, wie folgt begegnet werden? Quer-Denker und Quer-Bäuche. Erst sinkt das Hirn, dann steigt die Wut nach oben bis zum ALU-Hut. “Verschwörung” ist´s, wer spricht von Seuchen? Das Denken wabert in den Bäuchen. Was kann der gute Gates dafür, kehr´ jeder erst vor seiner Tür! Nur Kopf und Herz vereint, ich meine, verhilft dem Denken auf die Beine. – Gerhard Otte 

 

Die deutsche Politik war in der Corona-Krise nicht zu liberal. Diesen Vorwurf kann man ihr wohl kaum machen. Aber eher den, DASS SIE UND DIE BEFÜRWORTER IHRER VORGEHENSWEISE AUF DER BASIS EINES NICHT STANDARDISIERTEN UND NICHT AUSSAGEFÄHIGEN PCR-TESTS IM WESENTLICHEN NUR AUF EINEN VIROLOGEN GEHÖRT HABEN UND TAUSENDE VON EXPERTENMEINUNGEN UND ÜBERZEUGUNGEN VON MILLIONEN VON DEMOKRATISCHEN BÜRGERN, DIE SEHR UMFASSEND RECHERCHIERT HABEN, IGNORIERT UND AUSGEGRENZT HABEN. Hätte die Politik auf die überwältigende Mehrheit der unabhängigen fachlichen Expertise gehört, hätte sie schon sehr bald im Frühjahr zur Erkenntnis kommen müssen, dass das nicht standardisierte PCR-Test-Verfahren weder Infektionen noch Erkrankungen feststellt, Hochkarätiges internationales Forscherkonsortium demontiert PCR-Test von (…) – Corona Transition

1. dass SARS-CoV-2 kein Killervirus ist und die betreffenden Menschen an sehr vielen anderen Ursachen, immer mehr auch an den Folgen der Lockdowns sterben, WHO: Lockdowns Make “Poor People and Awful Lot Poorer” | Boots & Sabers / Corona: Neue WHO-Studie überrascht Experten – So tödlich ist das Virus wirklich | Welt 2. dass eine sehr hohe Grundimmunität und (u.a. auch kreuzreaktive) T-Zellenimmunität vorhanden ist. Neuer Test auf Corona-spezifische T-Zellen bestimmt Immunität binnen 24 Stunden / Bengaluru doctors develop test to detect warrior T cells, could determine who gets vaccine first / Oxford Immunotec Global PLC: Oxford Immunotec Signs Exclusive Distributor Agreement with RIKEN Genesis, a Subsidiary of Sysmex, to Market the T-SPOT Discovery SARS-CoV-2 Kit for the Measurement of the T cell Immune Response to SARS-CoV-2 Infection in Japa

Angesichts der Folgeschäden der Lockdowns, an denen Milliarden Menschen weltweit leiden, und der Schäden der durchgepeitschten und nicht ausreichend getesteten Impfung sollten alle Medienschaffenden jetzt unbedingt beginnen, sich umfassend zu informieren und auf ihren Plattformen allen Expertenmeinungen Ausdruck zu verleihen. Rund drei Prozent der Geimpften zeigen bereits kurz nach der ersten Dosis (…) – Corona Transition „In den vergangenen Tagen hat in den USA die Impfung mit dem von BioNTech und Pfizer entwickelten Impfstoff begonnen. Bis zum 18. Dezember wurden 112.807 Menschen geimpft, bei 3.150 von ihnen zeigten sich starke Symptome gegen den Impfstoff, die mitunter zu akuten medizinischen Notfällen führten. Veröffentlicht: 21.12.2020 – 10:07 Uhr von Redaktion (mk)

Es liegen bisher keine umfangreichen Studien über die Verträglichkeit, die Wirksamkeit und auch die Nachhaltigkeit der verschiedenen Impfstoffe gegen das Corona-Virus vor. Zum Vergleich: gegen das Influenza-Virus forscht man seit 1936, erst 1942 – also nach sechs Jahren intensiver Forschungsarbeit und umfangreichen Tests – wurde erstmals ein bivalenter Impfstoff aus inaktivierten Viren vom Typ A und Typ B in den USA lizenziert. Derlei Tests liegen bei den aktuell zur Verfügung stehenden Impfstoffen nicht vor. Dennoch injiziert man in vielen Ländern den Menschen den Impfstoff, ohne offensichtlich über die Folgen nachzudenken oder aber sie billigend in Kauf zu nehmen.

In den USA wurde bis einschließlich vergangenen Freitag 112.807 Menschen die Erstdosis des von BioNTech und Pfizer gemeinsam entwickelten Impfstoffs verabreicht. Nach der Injektion zeigten 3.150 Geimpfte starke bis gesundheitsgefährdende Symptome. Bei einigen von ihnen waren notmedizinische und lebensrettende Maßnahmen erforderlich. Fast drei Prozent aller geimpften Personen sind nach Verabreichung der Injektion laut US-Gesundheitsministerium nicht in der Lage, an normalen täglichen Aktivitäten teilzuhaben oder arbeiten zu gehen respektive bedurften Hilfe eines Arztes beziehungsweise professionellem medizinischen Pflegepersonals.

Zum Vergleich: das Robert-Koch-Institut sammelt alle positiven Corona-Tests und die Mainstreammedien machen daraus im Handumdrehen »Infizierte«. Aktuell gab es laut Statista 1,45 Millionen positive Testergebnisse, das sind anteilig an der Bevölkerung in diesem Land etwa 1,7 Prozent. Die mathematische Wahrscheinlichkeit, bei einer Impfung auffällige Symptome zu zeigen, ist also fast doppelt so hoch wie die Wahrscheinlichkeit, bei einem Corona-Test ein positives Ergebnis zu erhalten.“ Prof. Hockertz zu Risiken des mRNA Impfstoffes – gelöschtes Video – re-upload – YouTube / UPDATE mRNA-Impfung: Wo sind die validen Studien? | VÖ: 28.11.2020 – YouTube / KV: Impfärzte haften für Aufklärungsfehler – 2020 NEWS – Gerhard Jahnke 

 


 

 

Leserbriefe zu „Ohne Furcht geht es nicht”. Gespräch mit Wolfgang Palaver geführt von Thomas Assheuer 

 

„Tatsächlich müssen wir als Menschen in gewisser Weise immer den Tod verdrängen, sonst würden wir dauernd in den Abgrund der eigenen Sterblichkeit schauen.“ – Was für ein negatives Bild vom Tod. Der Tod erscheint uns nur so düster, weil wir ihn nicht akzeptieren. Und das steht mit dem verdrängen in ursächlichem Zusammenhang. Hörten wir also auf den Tod zu verdrängen, verlöre er seine Schrecken. Für mich ist die Vorstellung, dass mit dem Tod alles Leiden endet und ich wieder nach Hause in den Kreislauf der Natur zurückkehre sehr entspannend. Das ergibt ein Gefühl der Harmonie. – Iman Schwäbe 

 

Ist es aufgeklärter Katastrophismus, wenn Greta Thunberg in Davos sagt: „I don’t want you to be hopeful, I want you to panic! I want you to feel the fear I feel every day and then I want you to act!” – Ohne Furcht geht es nicht. Dem „Fürchtet euch nicht“ geht die Furcht voraus, die Sorge um das Leben. Dies können wir auch aus dem Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen lernen. Die Kirchen haben lange Zeit mit Furcht gearbeitet. Es ist wichtig, sich von Furcht zu befreien, wo diese der Disziplinierung der Menschen und der Zementierung der Unfreiheit dient. Fürchterlich, wer nur in Sorge um die eigenen Freiheiten lebt und zwanghaft die Normativität des Faktischen und des Heiligen ausblenden muss, um ein immer von Bedingungen freies Verständnis von Freiheit postulieren und leben zu können. Dies können wir von der todbringenden Pandemie lernen, und von der Klimakatastrophe. Ohne Furcht geht es nicht. – Reinhard Koine 

 

Wolfgang Palaver tritt in der „Zeit“ sehr entschieden dem von Giorgio Agamben vorgebrachten und von vielen Christen völlig unkritisch kolportierten Argument entgegen, mit der aktuellen Pandemie-Politik werde das Leben zum Fetisch erhoben, die Gesundheit werde zum „Heil“ stilisiert. „Was für ein Blödsinn!“ sagt Palaver, und besser kann man es gar nicht formulieren. Warum dieselben Menschen, die sonst für das Leben Ungeborener auf die Straße gehen – und dieses Anliegen teile ich –, nun den Schutz „geborenen“ Lebens utilitaristisch relativieren, ist mir ein Rätsel. Der „Spiegel“ wies unlängst ebenfalls auf diese Schizophrenie hin und titelte treffend „Lebensgefährliche ,Lebensschützer“. Es gibt noch Liberale, die sich dem Populismus verweigern, und so brachte es Gerhart Baum vor einigen Tagen bei “Lanz” auf den Punkt, als er sinngemäß sagte: Das Lebensrecht ist kein Grundrecht unter anderen Grundrechten, sondern den anderen vorgeordnet.

Denn wer tot ist, kann die übrigen Grundrechte nicht wahrnehmen. Das war angesichts von Schäubles, v. a. aber Palmers Einlassungen zum Thema überfällig! Dass Habermas und Baum einen Christdemokraten auf die falsche Fährte aufmerksam machen müssen, ist allerdings traurig. Nicht zustimmen kann ich bei Palavers Abwertung des Sühnungstodes Jesu. Der Gedanke, dass wir sündige Menschen einen Stellvertreter benötigen, ist ja eine genuin jüdische Idee. Dazu muss man sich nur einmal das Geschehen an Jom Kippur, dem großen Versöhnungstag (vgl. 3. Mo 16), vergegenwärtigen oder wie es dem leidenden Gottesknecht in Jesaja 53 ergeht. Das Opfer Jesu ist „ein für allemal geschehen“ (Heb 10,10). Wer also heute noch ein Menschenopfer fordert – und sei es das über 80jähriger zugunsten der Wirtschaft –, bewegt sich außerhalb des christlichen Ethos‘! – Marcel Haldenwang 

 

Danke für den interessanten Ausflug in die Welt der Theologie. Hier werden Vorstellungen dargelegt, die aus einer mystischen Gedankenwelt hervorgehen. Seit der Mensch durch Arbeitsteilung Zeit hatte, sich seines Daseins bewusst zu werden, strebt er nach absoluter Erkenntnis seines Seins und der ihn umgebenden Wirklichkeit. Wo er er sich etwas mit Vernunft nicht erklären kann, vermutet er  übermenschliche, außerirdische Mächte, die er als menschenähnliche Wesen mit einer ebensolchen Denkweise personalisiert. Diesen Gottheiten werden weltweit transzendente Macht über die Menschen zugeschrieben, die naturwissenschaftlich nicht beschreibbar ist. Die Angst vor dem Tode  geht von der Vorstellung aus, dass das menschliche Bewusstsein unabhängig vom menschlichen Körper, in dem es sich dank der sozialen Gemeinschaft entwickeln konnte, zeitlich unbegrenzt  weiter existiert.

So hat Prof. a.D. Dr.-Ing. Werner Gitt in einem Vortrag die Existenz des Geistes ohne Bindung an eine Materie folgendermaßen „bewiesen“.  Er präsentierte einen Laptop mit einem vollständigen Betriebsprogramm. Er wog ihn auf der Präzisionswaage aus einem physikalischen Labor. Dann löschte er das Betriebsprogramm „ vom Laptop“, das geistige Produkt Hunderter oder Tausender Entwickler und wog diesen Laptop erneut. Die Waage zeigte das gleiche Gewicht an wie mit dem Betriebsprogramm „obwohl dieses sich nicht mehr auf dem Laptop befand“. Ich erspare mir hierzu jeden Kommentar. Trotzdem verunsichert  diese von der Wirklichkeit losgelöste  Vorstellung einen Teil der Menschen. Sie fürchten sich vor der Ungewissheit menschlicher Leiden nach dem Tode, vor Bestrafung (Höllenfeuer oder Kessel mit heissem Wasser) Unabhängig von jeder philosophischen Deutung durch Menschen hat jedes Leben einen Selbsterhaltungstrieb.

Schwindet die Lebenskraft, nähern wir uns unserem Ende, dem Tod. Das ist eine naturgegebene Selbstverständlichkeit allen irdischen Lebens. Wer zu dieser Erkenntnis gefunden hat, geht seinem Ende ohne Angst vor dem Tod entgegen. Das habe ich mehrfach am Krankenbett persönlich erlebt. Gegenwärtig geht es m. E. um eine vorurteilsfreie Erfassung sämtlicher naturwissenschaftlich nachweisbaren Erkenntnisse, frei von gedanklichen, nicht nachvollziehbaren Vorstellungen und Phantasien gehen. Danach ist die Gemeinschaft, in der und von der wir leben, gefordert, den natürlichen Selbsterhaltungstrieb des Individuums zu respektieren und zu unterstützen. Das ist aus meiner Sicht eine Grundaufgabe jeder menschlichen Gesellschaft. Die losgelöste Betrachtung einzelner Grundrechte bezogen auf Einzelpersonen oder Personengruppen setzt die praktisch nicht mögliche Auflösung des gesellschaftlichen Zusammenlebens voraus. Dem stellt sich die Mehrheit der Bevölkerung entgegen. – R. Renaux 

 


 

 

Leserbriefe zu „Und Sie, Herr Spahn?”. Streit mit Jens Spahn geführt von Charlotte Parnack und Roman Pletter   

 

Herzlichen Dank an die Redaktion, daß Sie diesen Satz von J.Spahn wieder in Erinnerung gebracht haben. Danke auch für das Nachfragen im Interview mit ihm. Was viele Texte auf diesen zwei Seiten jedoch zum Ausdruck bringen: die Unfähigkeit, mit „um Verzeihen bitten“ umzugehen. Um Verzeihen bitten ist, auf Augenhöhe, verbunden mit der eigenen Reue über die begangene/unterlassene Aktivität. Und vielleicht sogar noch verbunden mit der Erkenntnis, sich zu entwickeln. Zumindest drückt man jedoch aus: „es ist mir bewusst, dass ich dem anderen Schmerzen und Schaden zugefügt habe“. Und dann wird die „Ent-Schuldigungdurch den Gegenüber frohen Herzens gegeben. Und diese Reue ist (fast) nur zu spüren bei denjenigen, die Ihre Angehörigen vernachlässigt haben. Die anderen Texte sind oft sogar noch verbunden mit unterschwelligen Vorwürfen an Dritte – Chance vertan, leider. Der Unterschied zwischen „excuse me“ und „apologize“? – Walter Herter 

 

Das Interview setzt Jens Spahn in das Spannungsfeld, das entsteht, wenn mal der Politiker, mal der Mensch in ihm angesprochen wird. Rasch geht es um Wahrhaftigkeit, um Ehrlichkeit. Jens Spahn bewegt sich recht sicher in diesem Spanungsfeld, bis zu dem Punkt, wo er aufgefordert wird, seinen einander-viel-verzeihen-werden-müssen-Satz bei sich selbst anzuwenden. Hier gerät er ins Schwimmen und taucht ins Private ab. Der Satz war offenbar gar nicht so praktisch gemeint, wie ihn die vielen Bewunderer verstehen. Seine Worte hatten logischerweise in der konkreten Sprechsituation eine konkrete Funktion. Hier eine Auswahl möglicher Funktionen: Wechsel von der Sach- auf die Beziehungsebene, um den drängenden Argumenten und Infragestellungen die Wucht zu nehmen.

Die eigene Position aus dem Spiel herauszunehmen und zu überhöhen, um einen Hauch von „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders“ entstehen zu lassen. Der Wechsel in der Zeitebene, um die fordernde Beurteilungssituation in die Zukunft zu verschieben. Das Eingeständnis, dass man falsch liegen könnte, um die anderen Positionen in ihrem Geltungsanspruch grundsätzlich zu bestätigen, die Gegner damit zu umarmen und ihnen so die Kraft zu nehmen. Das Prinzip der Wechselseitigkeit des Verzeihen-müssens, um alle in Haftung zu nehmen und die eigene Verantwortung zu relativieren. Um an eine andere Fehlerkultur zu appellieren, die wir ja tatsächlich so dringend brauchen. Was also ehrlich, menschlich, offen und philosophisch erscheint, enthält doch auch das Kalkül eines Politikers.

Die ZEIT nimmt diesen Satz im Interview mit Jens Spahn einfach mal ernst. Lässt Jens Spahn mit seinen Worten in einem Meer von praktischen Anwendungen schwimmen. Ein Meer von vielen öffentlich gemachten privaten Selbstoffenbarungen. Von vielen kleinen Versuchen der Versöhnung. Ein Meer, in dem sich Freischwimmer zu Weihnachten tummeln dürfen. Anlass für mich, Jens Spahn um Verzeihung zu bitten: Sorry, dass ich Ihre durchaus zulässige und sehr geschickte Verwendung eines rhetorischen Mittels mit einer gewissen Unerbittlichkeit dazu benutze, die Bewunderer Ihrer Worte kritisch erreichen zu wollen. Jene Bewunderer, die Ihre Worte für das Beste halten, was sie in diesem Jahr von einem Politiker gehört haben. – Reinhard Koine 

 

Ob Politiker Vorbilder sind oder sein sollten, sei einmal dahingestellt. Den Herren Laschet, Spahn, Bouffier und Spahn ihre kleinen menschlichen Fehltritte und Vergesslichkeiten gleich mit der großen moralischen Kategorie des Verzeihens nachzusehen, ist doch wohl etwas arg übertrieben. Für einfache Gedankenlosigkeiten reicht meist auch ein Hinweis, da muss nichts überhöht werden. Wenn aber Herr Spahn sagt, Politiker seien auch nur Menschen, dann stimmt das nur teilweise. Denn Politiker sind diejenigen Menschen, die Entscheidungen treffen, Handlungen ausführen oder unterlassen, welche alle Bürger in mehr oder weniger starker Weise betreffen. Insofern ist der vielzitierte, sicherlich gut gemeinte und grundsätzlich ethisch wertvolle Anspruch des Einander-Verzeihenmüssens sehr irreführend.

Es wird mit dem „Wir“ nämlich eine falsche Symmetrie zwischen Regierenden und Regierten erzeugt, die es so nicht gibt: während auf der einen Seite die Regierenden der ganz überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung überhaupt nichts zu verzeihen hat, weil diese weder pöbelt, noch anspuckt, noch Hassmails verschickt, sondern sich ganz im Gegenteil an teils inhaltlich-argumentativ überhaupt nicht mehr nachvollziehbare Regelungen hält, aber auf der anderen Seite durch Handeln bzw. Unterlassen der Regierenden sehr wohl konkrete, auch viele negative, Folgen für die Regierten entstanden sind.

Beispiele: die anfängliche Verharmlosung und das Herunterspielen des Virus bis in den März hinein, als andernorts schon Eindämmungsmaßnahmen ergriffen wurden und das Virus schon im eigenen Land war; die kontroverse Diskussion über Masken, wo ein Blick nach Fernost doch schon gereicht hätte; die bis heute fehlende Teststrategie zumindest für Alten- und Pflegeheime; die Entwicklung und der Einsatz einer App, deren Nutzen höchst umstritten ist; die bürokratische und für viele Betroffene demotivierende Handhabung des Pflegebonus; die nicht ausreichend erfolgte Aufstockung von Intensivkapazitäten mitsamt geschultem Personal; die schlechte Kommunikation beim Zulassungsprocedere für Impfstoffe und die daraus resultierende niedrige Impfbereitschaft; die bis heute mangelnde personelle und technische Ausstattung der Gesundheitsämter.

Für all dies will Herr Spahn allerdings nun gerade nicht um Verzeihung bitten, vielmehr würde er heute nicht mehr wie zu Pandemiebeginn zu „aufmerksamer Gelassenheit“, sondern lieber zu „aufmerksamer Besonnenheit“ aufrufen, weil Gelassenheit eher mit passivem Abwarten assoziiert werde, was man aber nie gemacht habe. Das lasse ich unkommentiert, weil es in vielerlei Hinsicht für sich selbst spricht. Auch die Aussage, um Verzeihung zu bitten sei etwas sehr Persönliches und gehe am besten, „wenn ich der betreffenden Person in die Augen schauen kann“, blende ich aus, denn so würde daraus natürlich vielleicht eine Lebensaufgabe werden. Aber wenn Herr Spahn später sagt, mit dem Satz ginge es ihm darum, „nicht unerbittlich zu sein gegenüber denen, die…mal falschgelegen haben im Stress der Pandemie“, dann entgegne ich: klar, natürlich, „mal falschliegen“ kann jeder mal, das muss nicht gleich mit Unerbittlichkeit geahndet werden. Aber wird er mit dieser Haltung dem eigenen Tun und Unterlassen wirklich gerecht? Wenn jemand überhaupt um Verzeihung bitten sollte, dann doch bitte die Regierenden die Bürger, und nicht umgekehrt. – Hartmut Neufeld 

 

Abstrakt und prophylaktisch um Verzeihung zu bitten, macht selbstverständlich keinen – den eigentlichen – Sinn, wenngleich wir freilich wissen (oder zu wissen glauben), was der werte Jens Spahn zu Beginn der Pandemie mit seiner Aussage gemeint hat. Grundsätzlich halte ich die Bitte um Verzeihung dann für angebracht, wenn mir die Motivation, die dieses sehr zwischenmenschliche Ersuchen begründet, nachvollziehbar und glaubwürdig erscheint. Und klar, eine ernstgemeinte Bitte um Verzeihung bedarf gewiss der Selbstachtung und des Respekts. Einer menschlichen Größe also, die leider allzu vielen Mitstreitern verloren gegangen ist. Denn in unseren großen und kleinen Diskursen ersetzen meines Erachtens konsequente Rechthabereien zunehmend konsistente Argumentationen, Populismus und Polemik ersetzen Sachinhalte, Lautstärke ersetzt Verbindlichkeit. Nicht zuletzt deshalb ist die ZEIT-Rubrik „Streit“ überaus angemessen und (ab)bildend. – Ira Bartsch 

 


 

 

Leserbriefe zu „Wir werden einander viel verzeihen müssen”. Zitate von Dorothee Bär, Dieter Nuhr et al. 

 

Frau Neubauer  sollte sich bei denen entschuldigen,die jetzt schon ihre Arbeitsplätze verloren haben und umgehend verlieren werden. Wegen ihrer alternativlosen Industriefeindlichkeit sind schon jetzt 34.000 Arbeitsplätze im Hambacher Forst verloren, 80.000 IN der Braunkohle industrie in der Lausitz werden folgen. 800 000 Arbeitsplätze in der unmittelbaren autoindustrie sind auf das Äußerste bedroht,von denjenigen in der mittelbaren autoindustrie ganz  zu schweigen. Deutschland lebt zu 52 % von seiner Exportindustrie, was glaubt diese junge Frau eigentlich, wovon wir alle auf dauer unser Sozialsystem finanzieren sollen?

Wo bleiben die realistischen, auf Jahrzehnte angelegten Pläne zur industriellen weiterentwicklung statt dieser sinnlosen-Zerstörung – siehe die  öffentlichen Demonstrationen!! Aber : 1 % der Erdbevölkerung retten die Welt, während überall die Konkurrenzmächte in Europa, China, Japan, den USA, Canada und…neue und saubere Atomkraft- und Kohlekraftwerke errichten, während wir  zur industriellen Steinzeit zurückkehren. Die Zahlen sind der Presse und Politikerzitate entnommen und können selbstverständlich geprüft werden.Dr. Wolfgang Miege 

 

Der Definition von Nuhr zum Humor kann man zum Glück entgegen. „Niederträchtig als Waffe “ verstehe ich Sarkasmus der das Miteinander unerträglich machen kann. Humor ist freundlich zwischenmenschlich verständlich und macht seit Urzeiten das Miteinander liebenswert. Was niemals gegen aufklärendes Kabarett spricht. Geelke Braun 

 

Was haben Herr Amthor und Kardinal Woelki gemeinsam? Sie entschuldigen sich für die „Debatten über“ oder für die „Kritik an“ ihrer jeweiligen Person, welche „einige“ bzw. „die von sexueller Gewalt betroffenen Menschen“  zuletzt ertragen und erdulden mussten. Was ist das denn? Das ist halbseiden, feige und nahezu grotesk. Wie kann man sich denn für eine DEBATTE oder für eingesteckte KRITIK entschuldigen? In dieser neuen Art von „Entschuldigung“ erinnern nur noch die zusammengepferchten Buchstaben an die vormalige Bedeutung des Wortes. Wenn man sich eh für nichts entschuldigen will (oder muss), so sollte man am besten auch auf das Wort verzichten, um es für die wahrhaftig Reumütigen zu schonen. – Dr. Christian Voll 

 


 

 

Leserbriefe zu „Kann euch doch egal sein” von Alexander Rupflin 

 

Eine höchst wechselvolle, „spannende“ Geschichte über die hier berichtet wird. Man könnte vor Mitleid  fast zerfliessen. Mitleid hilft Markus jedoch nicht weiter. Auf den Beginn seiner straf- und gewaltigen Karriere und auf die Ursachen seines gestörten Sozialverhaltens wird nicht eingegangen. Seine lange Karriere als Straf- und Gewalttäter, seine Drogensucht, die nicht von Ungefähr einstweilige Verfügung des Gerichts, die Kontaktaufnahme zu dem offensichtlich auch kriminellen Rocker“Club„, diese Tatsachen gehören  m. E. ebenfalls zu einer sachlichen Berichterstattung. Ich stelle mir vor, dass Opfer wäre nicht „Celina“ geworden, sondern zufällig ich selbst. Könnte ja sein, dass ich oder mein Verhalten nicht in sein Menschenbild passte, Markus hatte meist das Küchenmesser als Waffe bei sich und war schliesslich schnell erregbar.

Würde ich seinen Angriff auf mein Leben und meine Gesundheit akzeptieren? Ich nehme an, wohl eher nicht! Es ist keine neue Erkenntnis, dass sich einige Strafverteidiger darauf eingearbeitet haben, Täter als Opfer darzustellen. In diesem Fall musste Frau Berg aus Mannheim geholt werden. Ihr Ruf hatte sich in der Szene herumgesprochen. Ihre Darstellung überzeugte sogar das Bundesverfassungsgericht. Mitleid hilft Markus auf lange Zeit nicht weiter. Aus meiner Sicht kann ihm nur die Aufarbeitung der Ursachen seiner bisherigen „Karriere“ von Anfang an weiterhelfen. Wurde auf seine wiederholten Straftaten mit Anwendung von Gewalt nicht viel zu lange unangemessen reagiert? Seit Jahren kritisieren Insider (Richter) die Mängel der Rechtsprechung.

Da hierüber keine öffentliche Debatte geführt wird, werden diese Probleme offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen. Das wird in dem geschilderten, bedauernswerten Fall ebenfalls ausgeblendet. Es geht in der Hauptsache um Emotionen und nicht um vorurteilsfrei Berichterstattung. Auf diese Art der Berichterstattung verzichte ich. Meine Meinung bilde ich mir selbst und dazu benötige ich eine vorurteilsfreie Berichterstattung über  a l l e  Tatsachen, die zu einem Thema gehören. Bedenken Sie bitte, welche Reaktionen Berichte dieser Art bei dem interessierten Leser auslösen. – R. Renaux 

 

Schade! Chance verpasst, um auf die vielschichtigen Problemfelder des psychiatrischen Maßregelvollzugs aufmerksam zu machen. Zu einer ausgewogenen informativen Recherche gehört nun einmal eine mehrdimensionale Betrachtung. Dies ist dem Autor nicht gelungen, scheint offensichtlich auch nicht wirklich gewollt gewesen zu sein. – Prof. Dr. med. Dieter Seifert 

 

Da ersticht ein 16jähriger seine Freundin und Sie ergießen sich eine ganze Seite lang über die Befindlichkeiten des Täters, ohne auch nur einen einzigen Gedanken an das Opfer und dessen Befindlichkeit „zu verschwenden“. So einen einseitigen, empathielosen Artikel können Sie sich sparen und möchte ich nicht mehr in der ZEIT lesen! A. Jeske 

 


 

 

Leserbriefe zu „Ich nenne es lieber Priorisierung”. Gespräch mit Georg Marckmann geführt von Harro Albrecht  

 

Mit Erstaunen und Ärger habe ich das Gespräch gelesen, das Sie geführt haben, mein Ärger betrifft auch Herrn Albrecht. In diesem Gespräch wird von Ihnen beiden sehr paternalistisch darüber gesprochen, nach welchen Richtlinien eine Entscheidung, intensivmedizinische Behandlungen betreffend, geführt werden sollen. Ich meine, es ist ziemlich egal, ob der Begriff „Triage“ oder „Priorisierung“ verwendet wird. Weder Sie, noch Ihr Gesprächspartner Albrecht, halten es für erforderlich, den Wunsch oder die Entscheidung der zu behandelnden Personen überhaupt zu erwähnen.

Es sollte Ihnen klar sein, dass jede ärztliche Entscheidung, die nicht den Patientenwillen als Grundlage nimmt, eine eigenmächtige Heilbehandlung darstellt und, zumindest nach österreichischen Gesetzen, ein strafbarer Tatbestand ist. Eine Diskussion über die Frage, wie, völlig unabhängig von einer Ressourcenknappheit, eine Entscheidungsfindung darüber stattzufinden hat, welche Personen eine intensivmedizinische Behandlung erhalten, muss an erster Stelle außer Streit stellen, dass die autonome Patientenentscheidung höchste Priorität zu haben hat. – Dr. Bernhard Frischhut 

 

Danke für Ihr Interview mit Georg Marckmann zum Thema „Triage“ bei Coronapatienten, das mich als Ärztin mit Schwerpunkt Palliativmedizin und Medizinethikerin sehr interessiert. Gratulation zur Wahl des Interviewpartners – Herr Marckmann ist sicherlich einer der kompetentesten Gesprächspartner in dieser Frage. Allerdings denke ich, dass Sie im Interview und wir gesellschaftlich bei der Debatte um eine potentielle Triagesituation von Voraussetzungen ausgehen, die an sich problematisch sind und dringend adressiert werden müssen. Beim Nachdenken über die Triage gehen Sie davon aus, dass das Leben jedes schwer kranken Patienten mit Hilfe einer Intensivtherapie „gerettet“ werden könnte. Der Organausfall wird überbrückt und dann ist es wieder gut. Bei Corona beträfe dies die Lunge, hat die sich wieder erholt, wäre der Mensch wieder gesund.

Dies trifft aber leider nicht immer zu. Es gibt Situationen, in denen das Leben auch mit einer Intensivtherapie mit modernster Technik nicht gerettet werden kann. Entweder weil andere Organsysteme zuvor schon schwer krank waren oder weil sie während der Therapie ausfallen. Weil der Körper schon zu schwach ist, um die extreme Belastung der Intensivtherapie und nachfolgenden Behandlung zu überstehen. Weil es zu einer unabsehbaren Reihe von Komplikationen kommt. Oder weil andere lebenslimitierende Erkrankungen vorliegen, die den Körper schon vorher belastet haben. Sie schreiben, „ältere und gebrechliche Patienten hätten womöglich das Nachsehen“ – ja, denn sie haben grundsätzlich schlechtere Ausgangsbedingungen für eine Intensivtherapie.

Ich meine damit nicht, dass Ältere damit grundsätzlich ausgeschlossen werden sollen, sondern dass man nach individueller Situation gründlich überlegen muss, ob das Therapieangebot sinnvoll ist. Das Ziel der Therapie, das Überleben des Patienten, kann in manchen Fällen nicht erreicht werden. Mitunter kann zwar dieses Ziel erreicht werden, aber ist das reine Überleben ein ausreichendes Therapieziel? Oder sollten erreichbare Lebensqualität und Präferenzen des Betroffenen auch eine Rolle spielen? Das Therapieziel ist die Grundlage für die ärztliche Indikation, die Begründung für eine Behandlung. Nur wenn ein nachvollziehbares Therapieziel erreichbar erscheint, kann eine Therapie in Betracht gezogen werden. Dies zwingt den Arzt aber nun keineswegs, eine bestimmte Therapie auch durchzuführen oder eine begonnene Therapie weiterzuführen.

Der Patient muss dies auch wollen. Würden nun diese Überlegungen (Therapieziel, Indikation und Patientenwille) bei jeder Entscheidung über eine Intensivtherapie angewendet, käme es womöglich gar nicht zu der von Ihnen adressierten Triagesituation. Natürlich kann man das in einer Notfallsituation bei der Versorgung vieler akut ateminsuffizienter Patienten, wie es ja bei der Triage wäre, nicht leisten. Wäre es dann nicht sinnvoll, wenn sich gerade Ältere, Gebrechliche und Risikopersonen für einen schweren Verlauf schon vorher Gedanken machen würden, was ihre Präferenzen sind und das schriftlich niederlegen? Patientenverfügungen sind rechtlich bindend, werden aber von Intensivmedizinern oft nicht akzeptiert. Wir müssen aufhören, das Leben als unendlich verlängerbar und die Intensivmedizin als Allheilmittel zu sehen.

Wir brauchen Demut vor dem Tod und Akzeptanz dafür, dass die medizinischen Möglichkeiten nicht unendlich sind. Ihre vorletzte Frage an Herrn Marckmann, in der unterstellt wird, Ärzte entschieden gottgleich über Leben und Tod, mutet für mich absurd an. Ärzte können einschätzen, ob eine Behandlung dazu führt, das Behandlungsziel zu erreichen, aber die Entscheidung, dass jemand so schwer krank wird, treffen sie nicht. Diese Formulierung ist in der aktuellen Situation wenig hilfreich! Ergo: nicht jeder schwer Kranke profitiert von einer Intensivtherapie. So muss man eben nicht erst in einer Triagesituation abwägen, welcher Patient auf der Intensivstation behandelt werden sollte. Nach meiner Erfahrung wird die Indikation zur Intensivtherapie häufig sehr großzügig gestellt, da Ärzte oft die Vorstellung haben, um jeden Preis Leben retten zu müssen.

Ärztliche Aufgabe ist aber eben auch, Leiden zu lindern und Sterbenden beizustehen. Dazu gehört aus meiner Sicht auch, auf eine aussichtslose Intensivtherapie zu verzichten und diesen Verzicht nicht als Versagen zu sehen. Problematisch sehe ich dabei, dass viele Ärzte dann das Gefühl haben, sie hätten den Patienten getötet. Das ist eine völlig widersinnige Vorstellung – der Patient stirbt an der Erkrankung und auch die moderne Medizin kann nichts dagegen tun. Wohl aber könnte sie etwas dafür tun, Menschen in Würde, zu Hause oder in Heim, im Kreis ihrer Lieben, Abschied nehmen zu lassen. Wie viel Leid wird dadurch verursacht, dass das wegen der Personalengpässe und fehlenden Versorgungsstrukturen im Palliativbereich nicht geleistet werden kann? Lassen Sie uns die vorhandenen  (auch journalistischen) Ressourcen auch in eine gute palliative Versorgung investieren. – Anna Wachter 

 


 

 

Leserbriefe zu „Dann erfuhr er, dass es sein Großonkel ist” von Manuel Stark 

 

Ihr Bericht über den berühmten Obdachlosen, der letztlich Ihr Großonkel ist, hat mich sehr berührt. Ich kenne ähnliche Strukturen und Verhärtungen aus der eigenen Familie. Wie schön, dass Sie sich „gefunden“ haben! Wäre es nicht eine wunderbare Weihnachtsgeschichte, wenn man das vermeintliche „schwarze Schaf“ wieder in die Familie aufnähme (vorausgesetzt natürlich, alle möchten das)? – Heike Gulatz  

 

Ihr Artikel über den letzten Mohikaner hat so eine Wucht, wiegt so schwer und ist gleichzeitig federleicht. Sie sind ein journalistisches Vorbild und werden vermutlich in künftigen Journalistikschulen als Lehrmeister beschäftigt werden. Sie haben es längst bemerkt: Ich bin begeistert über Ihre Schreibkunst. Dieses schwere Thema überfordert normalerweise die Journalistinnen und Journalisten. Die eigene Familie offen und ehrlich, ohne adjektives Zutun bzw Weglassen zu beschreiben und den Verwandten dabei trotzdem ihre Würde zu lassen, sie eben nicht zu blamieren, zu beurteilen, zu verurteilen gar – das muß Ihnen erst mal jemand nachmachen.

Satz für Satz wird ein kleines Erdbeben immer größer und bietet gleichzeitig mögliche Unterschlüpfe. Doch die Weigerung zum Verzeihen, die Lust der Selbstgerechten am eigenen Spiegelbild ist in felsenfesten Stein gehauen. Hier entstehen neue Fragen. Was ist der Lohn für diese unbarmherzige Abscheu? Ich könnte seitenlang über Ihren Text schreiben; aber das Wichtigste wissen Sie ja nun: Herzlichen Dank und tiefe Hochachtung für Ihren Artikel. Es ist ein Highlight 2020. Ich hoffe, Sie bekommen schöne Preise dafür. Freundliche Grüße an Ihren Großonkel Jochen. So stelle ich mir Engel vor. – Susanne Schmidt 

 


 

 

Leserbriefe zu „Ein Mensch, der bleibt” von Johanna Schoener 

 

Grundsätzlich haben Sie aus meiner Sicht die Würdigung von Herrn B. Siggelkow und seinen Leistungen um die Arche im Zusammenhang mit der Kinderarmut in Deutschland umfassend und gesellschaftskritisch dargestellt. Vermutlich war Ihnen nicht bewusst, dass Sie mit den Begriffen „Platte“ (gleich im ersten Satz), „Plattenbaureihe“ und „DDR-Großsiedlung“ nicht nur die von Armut betroffenen Menschen stigmatisiert haben. „Platte“ gleich asozial ? Haben Sie jemals in der „Platte“ gewohnt? Wissen Sie, warum es die „DDR-Massensiedlungen“ gab? Es gab sie doch auch in Westberlin und Westdeutschland! Wir im Krieg Geborenen erlebten zerstörte Städte und permanente Wohnungsnot mindestens bis in die 1970er Jahre, im Osten. Da war der beginnende Industrielle Wohnungsbau die einzige Möglichkeit schnell für Abhilfe zu sorgen.

Eigenheime konnten sich nur wenige leisten, Baustoffmangel war das andere Problem. In Magdeburg war nach dem 2. Weltkrieg 85 % der Innenstadt zerstört und wer eine Neubauwohnung ergattern konnte, die auch noch Fernheizung hatte, zog das große Los. Alle gesellschaftlichen Schichten waren in solchen Häusern gemischt und übten durchaus positive Einflüsse aufeinander aus, denn es gab nicht  hauptsächlich Kinderreiche oder Alleinerziehende in diesen Häusern und richtige Verwahrlosung schon gar nicht. Unsere Familie wohnte 30 Jahre lang in Fünf- und Zehngeschossern und wir haben daran nur gute Erinnerungen. Nach 1990 wurde die Gesellschaft im Osten jedoch neu gemischt, als durch die Deindustriealisierung Zehntausende arbeitslos wurden und auch verarmten, als aus der ehemaligen Sowjetunion „Russlanddeutsche“ herzogen, später die Geflüchteten und die EU-Bürger aus Südosteuropa – Sinti und Roma.

Wer es sich leisten konnte, zog in schicke neue Wohnungen oder Einfamilienhäuser. Durch Abwanderung gut Ausgebildeter (z.B. im Maschinenbau, der fast total abgewickelt wurde)  verlor z.B. Magdeburg um die 50 000 Einwohner und es entstand ein enormer Leerstand in den „Großsiedlungen“, weshalb viele bereits abgerissen wurden. Das Wort impliziert  schon das Negative, dabei waren sie gut durchgrünt und hatten eine entsprechende Infrastruktur mit Spielplätzen, Schulen, Kitas und Kaufhallen. In der DDR waren diese Wohngebiete, wie wir sie nennen, keine Problemviertel. Das wurden sie erst  im vereinten Deutschland. In Ihrem Artikel liest es sich so, als sei es ein Erbe der DDR und bedient damit wieder ein Klischee. – Gisela Hoke 

 

In unserer reichen Gesellschaft darf es doch nicht sein, dass es Kinderarmut gibt, und diese sogar wächst. Bernd Siggelkow und die Archen kümmern sich um das Wohl betroffener Kinder. Um die Armut selbst kann er sich nicht kümmern. Armut und deren Ursachen zu bekämpfen ist Aufgabe der Gesellschaft, der Politik. Johanna Schoener schreibt, dass der Erfolg der Archen den Misserfolg der Gesellschaft spiegelt. Bernd Siggelkow: ein Mensch, der bleibt. Auch, weil die Armut bleibt. Worin besteht das Versagen der Gesellschaft? In einem falschen Verständnis von Subsidiarität, das Sparen und Entlastung von Verantwortung zum Ziel hat? In jenem Verständnis von Freiheit und Eigenverantwortung, das letztendlich von Solidarität entbinden soll? Jene Solidarität, die jetzt im Lockdown wiederum von den Armen eingefordert wird. Jetzt, in der Pandemie, erinnern wir uns an die Solidarität, die unsere Gesellschaft zusammenhält. Bernd Siggelkow bleibt, um da zu sein. Für das Wohl der Kinder, die nun auch noch aus Gründen der Solidarität zu Hause bleiben müssen. – Reinhard Koine 

 


 

 

Leserbrief zu „Für die Freunde lernen wir!” von Klaus Zierer 

 

Klaus Zierer stellt die Schule auf den Kopf! Erst zitiert er Seneca zugegebenermaßen richtig, aber kein Pädagoge würde sich den Spruch so auf Fahne schreiben. Deshalb wird er zu allermeist umgekehrt zitiert: non scholae sed vitae discimus. Nur so wird ein Leitspruch daraus. Danach wurden die Schüler in der besprochenen Umfrage aber gar nicht gefragt. Auch nicht nach dem Zweck der Schule. Sondern wohl nur, warum sie sich nach Wochen der Schließung wieder darauf freuten, dass die Schule wieder aufmacht. Wenn er nun in Abwandlung des umgekehrten Senecazitats daraus folgert, dass die Jugend nicht für die Schule, sondern für die Freunde lernt, dann ignoriert er dreierlei: die begrenzte Auswahl an Fragen, die besondere Situation, in der die Befragung stattfand und den Unterschied zwischen Ziel und Motivation. Wer so leichtsinnig mit Umfrageergebnissen jongliert, betreibt keine Wissenschaft, sondern schadet ihr. Das einzige, was die Interpretation von Klaus Zierer hätte stützen können, wären Antworten auf die Frage gewesen, ob die Schüler eher für das Leben oder eher für die Freunde lernen. Diese Frage wurde aber nicht gestellt. – Dr. Thomas Dittrich 

 


 

 

Leserbrief zu „Der Herr hilft” von Evelyn Finger 

 

Die „kleine“, in Wirklichkeit aber umfangreiche Anleitung enthält leider gleich zu Beginn unter „Krise“ einen Schönheitsfehler. Vermutlich hat Markus Winzer in seiner Kurzgeschichte von 2019 übersehen, dass „die unbefleckte Empfängnis“ darauf verweist, dass die Gottesmutter Maria vom ersten Augenblick ihres Lebens vor jedem Makel der Erbsünde bewahrt wurde. Das Fest Mariä Empfängnis am 8. Dezember (ca. zwei Wochen vor dem 25.12.) steht in erster Linie in Verbindung mit dem Fest Mariä Geburt am 8. September (neun Monate nach dem 8.12) und nicht so sehr mit dem Fest der  Verkündigung des Herrn am 25. März (neun Monate vor dem Hochfest der Geburt Jesu). Trotzdem bedanke ich mich recht herzlich für Ihre hilfreiche Anleitung, die ich zu Weihnachten gelesen habe. – Rudolf Wyrsch 

 


 

 

Leserbrief zu „Früher war gar nichts besser”. Gespräch mit Suzanne Vega geführt von Christoph Dallach 

 

Dieser Beitrag ist sehr spezifisch. Die persönliche Sicht einer Künstlerin ist nicht gerade repräsentativ. Eine ähnliche Betrachtung für Berlin oder Deutschland insgesamt ist aus meiner Sicht als Bestandsaufnahme vor der Bundestagswahl wünschenswert. Dabei kommt es auf eine ehrliche Bestandsaufnahme an. – R. Renaux 

 


 

 

Leserbrief zu „Wo stehen wir?” von Berit Diesselkämper und Francesco Giammarco 

 

Gern habe ich (gemütlich im Sessel sitzend) den geistreich-launischen  Essay über das Schlangestehen gelesen. Er erinnerte mich an die köstliche Karikatur in einem meiner ersten Englischbücher in der Schule: Auf einem weiten, leeren Feld stehen vier oder fünf Menschen in Reih und Glied hintereinander in Betrachtung des Sonnenuntergangs. Bildunterschrift: „Wait in a queue“. – Ludwig Engstler-Barocco 

 


 

 

Leserbrief zu „Wettlauf mit dem Virus” von Andreas Sentker 

 

Bei der Entwicklung einer Schutzimpfung gegen Corona-Viren kann man tatsächlich von Erfolgen sprechen. Hier erlaube ich mir einen Perspektivwechsel und lege Ihnen dar, wie ich, wie ich die Dinge sehe. Für die Prävention von Infektionen mit Corona-Viren trifft das eher nicht zu. Den Entscheidern in der Politik war mehrheitlich die öffentliche Präsenz ihrer Kirchen zu Weihnachten wichtiger als das Gebot der Vernunft zur Prävention. Geht es ihnen darum, nicht Wähler zu verlieren, ist es Klientelpolitik oder befleißigen sie sich als gläubige Kirchenanhänger den institutionellen Kirchen zu Sonderrechten verpflichtet, weil sie befangen sind. In ihren Eifer bemerkten Sie nicht einmal, dass sie katholische Priester, die der Vernunft folgen und auf gemeinsames Beten in Gottesdiensten in der aktuellen Situation verzichten, übertrafen.

Bei der Entscheidung, ob Gottesdienste die Infektionsgefahr erhöhen, sollten sich die befangenen Gläubigen in der Politik heraushalten. Sind diese doch ihrem Glauben, dem Erhalt und dem Einfluss ihrer Kirchen mehr verpflichtet als der reinen Vernunft. Wenn Sonderrechte der Kirchen den Anspruch auf andere Grundrechte einschränken, wie steht das im Einklang mit den Prinzipien des Rechtsstaates? Dazu hatte ich ein vielsagendes Erlebnis. Junge, offensichtlich säkulare Syrer wiesen ihren Landsmann mit der Bemerkung: „Beten kann man überall!“ zurecht, als dieser beim Unterricht in der Erstaufnahme des BAMF zu beten anfing.Schmolling 

 


 

 

Leserbrief zu „Musik in Dur klingt fröhlich, Musik in Moll traurig. Stimmt’s?” von Christoph Drösser 

 

Ein Aspekt fehlte mir in Christoph Drössers Antwort: die Obertonreihe. Die ersten der mitschwingenden Obertöne bei einem Ton sind: Oktave; Quint oberhalb der Oktave; nächstfolgende Oktave; darüberliegende Terz (also beispielsweise c1, c2, g2, c3, e3). Es folgen weitere, aber an diesem Punkt ist ein Dur-Dreiklang erreicht. Könnte es nicht an diesem physikalischen Gesetz liegen, dass Lieder in Dur in verschiedenen Kulturen existieren und dass Dur sozusagen das „naheliegendste“ Tongeschlecht ist, während Moll dann schon als anspruchsvollere Variante, als „weniger normal“ wahrgenommen wird? Das frage ich mich, seit wir in der Oberstufe die Obertonreihe durchgenommen haben.

Den „Stimmt’s?“-Artikel habe ich jetzt zum Anlass genommen, im Netz nach entsprechenden Informationen zu suchen. Im Wikipedia-Eintrag „Dur“ liest man: Dass man einen Durdreiklang als harmonisch empfindet, kann man mit der Tatsache erklären, dass uns die Obertonreihe als naturgegebenes Klangphänomen vertraut ist und dass der Durdreiklang den Tönen der 4. bis 6. Ordnung dieser Obertonreihe entspricht. (…) Der Durdreiklang ist also inklusive seiner Umkehrungen in der Obertonreihe enthalten und damit ein vollkommen natürlicher harmonischer Klang. Früher endeten deshalb sogar viele in Moll gehaltene Werke (z. B. von Bach) mit einem Durakkord (sog. Picardische Terz), da nur dieser als wirklich schlussfähig angesehen wurde.

Nur der Durdreiklang kann die für eine vollkommene Schlusswirkung gewünschte harmonische Ruhe herstellen: Eine Mollterz würde sich mit dem 5. Ton der über dem Grundton klingenden Obertonreihe reiben und deshalb als Trübung des reinen Klangs empfunden werden. Vielleicht könnte Christoph Drösser hierzu eine ergänzende Notiz liefern, gerne auch mit Informationen dazu, ob diese Wikipedia-Darstellung dem Stand der Wissenschaft entspricht? Fände ich spannend. – Corinna Friesen 

 


 

 

Leserbrief zu „Nicht von dieser Welt” von Alard von Kittlitz 

 

Herr von Kittlitz sie suchen Wunder für Ihren Artikel auf der KINDERSEITE der ZEIT zu WEIHNACHTEN! Wunder gibt es, man muss Sie nur sehen. Für mich ist es ein Wunder, dass ein so renomiertes Blatt wie die Zeit, Ihnen eine solche wichtige Seite für so ein nutzloses, arrogantes und selbstbezogenes Geschreibsel zur Verfügung stellt. Wie auch immer man oder frau darüber denkt, was Weihnachten ausmacht, der Artikel ist nicht nur schlecht, sondern wird auch dem Leser nicht gerecht. Kinder ist, wie auch „Intellektuellen“ wie Ihnen, Respekt zu zollen. Sie haben bereits einen solchen Artikel über alte Menschen geschrieben, da habe ich mich nicht geäußert, die können Ihre Anmaßungen einordnen. Kinder können das nicht so gut. Kindern kann man und frau auch sehr schnell Angst machen. Was wir alle jedoch brauchen in Corona Zeiten ist Hoffnung und Licht. Sie verdunkeln. – Jutta Trintz  

 


 

 

Leserbrief zu „Funken ins Rund” von Ulrich Stock 

 

Ganz herzlichen Dank für Ihren Artikel und den Hinweis auf die heutige Übertragung der Sendung von vor 100 Jahren auf Kurzwelle. Ich bin auf mein Dach gestiegen und habe meinen alten Kurzwellenempfänger geholt. (Der Empfänger hat überlebt, zumal man diese Geräte auch heute noch gut reparieren kann. – Alles Analogschaltungen.) Warum ich aber Ihnen diesen Leserbrief schreibe ist folgendes: Der Sender Königswusterhausen mit der ersten Radiosendung 1920 ist als IEEE Meilenstein anerkannt. Im Museum gibt es eine Plakette. Ich gehe davon aus, dass Sie das wissen. https://100jahrerundfunk.de/english/ Mitinitiiert wurde die Verleihung des Meilensteines maßgeblich von Porf.

Garbe (Leibniz Uni Hannover auf der ersten Internetseite unterhalb im Bild) und Herrn Lutz Dunker (ehm. Bundesnetzagentur Berlin leider vor kurzem verstorben). So wie ich es verstanden habe, ist die Sendung aus Königswusterhausen die erste kommerzielle Radio Sendung weltweit. Die Amerikaner im IEEE hatten versucht, in USA Beweise zu finden, dass die erste Radio Sendung in USA stattfand, aber keine Beweise gefunden. So heißt es auf der Plakette, dass von Königswusterhausen die erste Radiosendung in Deutschland stattfand. Die amerikanische IEEE Fraktion war wohl etwas stärker als die Deutsche.

Sollten sie mehr über diesen Prozess wissen wollen, fragen Sie bitte Prof. Garbe und richten einen schönen Gruß von mir aus. https://ieeexplore.ieee.org/stamp/stamp.jsp?arnumber=7764246 / https://www.ieee.de/news-and-events/news/detail/news/ieee-milestone-funkerberg-koenigs-wusterhausen/ / http://museum.funkerberg.de/meilenstein/start_en.htm / http://ieeemilestones.ethw.org/Milestones:Koenigs_Wusterhausen Haben Sie gewußt, dass der erste Transistor angeblich in einem Detektorradio von SEL auf einer Ausstellung in Frankfurt vorgeführt wurde und die These vom ersten Transistor aus USA ins Wanken gebracht hat? Im IEEE Journal gab es darüber vor einigen Jahren einen Artikel.) – Friedrich-Wilhelm Trautnitz 

 


 

 

Leserbriefe zu „Fürchte dich nicht!” von Johanna Haberer 

 

In diesem Jahr habe ich mich aus gegebenen Anlass bewusst gegen den Besuch eines Weihnachtsgottesdienstes entschieden und deshalb mit Interesse die Weihnachtspredigt im Zeitmagazin gelesen. Zuerst plätschert es so vor sich hin (das Christsein im hier und jetzt leben und nicht in die Ewigkeit verschieben, ja alles richtig) bis dann der Leser mit den Erkenntnissen der modernen Theologie konfrontiert wird. Bei der Weihnachtsgeschichte nach Lukas 2 handelt es sich demnach um „Dichtung und Wahrheit, Utopie und Legende“ und sogar die handelnden Personen hat es nur „größtenteils“ gegeben. Lukas „zaubert aus historischen Fakten und hinzuerfundenen Wundern“ und er „inszeniert“ die Lehre des Predigers Jesus.

Christen sind also bei den Begebenheiten der Bibel Dichtungen und Legenden, somit Märchen aufgesessen? Ich frage mich was eine Professorin der Theologie mit solchen Aussagen bezweckt? Wollen Sie die Kirche mit spannend erzählten Märchen auch wieder für Atheisten interessant machen? Das wird sicherlich nicht funktionieren und die Kirchensteuereinnahmen werden durch diese Zuhörerschaft auch nicht ansteigen. Nein, so predigt man die Kirche leer. Die aktuellen Kirchenaustritte müssten doch eigentlich genügend Anlass zu Sorge geben. Ich kenne dagegen mehrere Pfarrer der ev. Luth. Kirche deren Predigten sich fundamental von Ihrer Weihnachtspredigt unterscheiden, Frau Haberer. Da hört man von einem persönlichen, lebendigen Gott, dem Schöpfer Himmels und der Erden.

Und wenn es einen solchen Schöpfergott gibt, dann sollte doch für diesen Allmächtigen ein Heilungswunder oder z.B. auch die viel belächelte Jungfrauengeburt nur ein Fingerschnipsen sein. (Übrigens, Heilungswunder muss man nicht hinzu erfinden, die gibt es heute noch. Fragen Sie doch mal einen erfahrenden älteren Arzt nach den für die Fachwelt völlig unerklärlichen Spontanheilungen aus seiner Praxiserfahrung.) Ja, was ist denn nun richtig, warum ist sich die ev. Landeskirche nicht einig? Ist die Bibel nun Märchenbuch mit hinzuerfundenen Wundern in Konkurrenz mit den Gebrüdern Grimm oder doch Zeugnis eines Drei-einigen-Gottes? Ach, wenn uns doch der Säulenheilige aller Evangelen noch mal zur Hilfe kommen könnte: Martin Luther wo bist du, hilf uns aus der Verwirrung, wir kommen hier unten so nicht mehr weiter. – Gottfried Hahn 

 

Johanna Haberer wollte die Leser mit Ihrer Weihnachtspredigt „in eine andere, lichtere Welt“ entführen. Leider macht Frau Haberer ihre gute Ein- und Hinführung zur Weihnachtsgeschichte und ihre weiteren Ausführungen weitgehend zunichte indem Sie die frohe Botschaft mit den Sätzen „Die biblischen Fakten werden von unserem biblischen Erzähler Lukas hochgeworfen und herumjongliert wie von einem Akrobaten, der acht Bälle gleichzeitig in der Luft halten kann. Er zaubert aus historischen Fakten und hinzuerfundenen Wundern das Kunstwerk einer neuen Weltsicht.“ für den Leser abschwächt. Wenn man die ersten Sätze des Lukasevangeliums liest, beschreibt Lukas seine akribische journalistische Vorgehensweise, bevor er sein Evangelium niederschrieb.

Da von „hinzuerfundenen Wundern“ zu schreiben widerspricht dem Anspruch des Evangelisten Lukas und seinem Evangelium. Ich halte es lieber mit Lukas, der sein Evangelium mit den wichtigen Aussagen in Lukas Kapitel 1 Verse 3 und 4 einführt: „So habe auch ich´s für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich, hochgeehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben, damit du den sicheren Grund der Lehre erfahrest, in der du unterrichtet bist.“ Folgen wir diesem sicheren Grund der Lehre, dann werden wir die Welt mit der Hilfe Gottes verändern und sind für Jesu zweites Kommen gerüstet. Das vor uns liegende Neue Jahr wäre doch ein Grund einmal selbst die Bibel ganz zu lesen und zu studieren, wie sie sich selbst auslegt. – Max Oberlader 

 

Meine Frau und ich, haben den Artikel von Frau Haberer gelesen und können damit wenig anfangen. Es findet: keine „Beheimatung“ statt. Ich denke es hat wenig Sinn, in einem Artikel nur theologische Richtigkeiten im Blick auf die Entstehung der biblischen Texte zustammen zu stellen. Darin liegt kein lebenspraktischer Nutzen für die Leserinnen und Leser. An eine Weihnachtspredigt habe ich andere Erwartungen. – Reinhard Wick 

 


 

 

Leserbrief zu „Alles oder nichts (Folge 23)” von Sophie Passmann im ZEIT-Magazin 

 

Schwierig beim Schreiben ist der Anfang, dann auch noch den Mittelteil zu füllen, das Ende ergibt sich häufig leichter. Wobei ich gern mal wüßte, wie man es macht, eine Seite zu füllen ohne dafür die Buchstabengröße und Abstände als Werkzeug zu nutzen. Na gut, in Folge 23 ist der Bereich zwischen Überschrift und Text recht üppig geraten. Dafür ist der Inhalt dann um so besser gelungen. Es war, nach Ihrem Artikel über Handball, ich glaube das war Ihre erste Kolumne im Zeitmagazin, eine großartige Analyse einer Mode. Nun hoffe ich nur, daß Ihnen weiterhin in unregelmäßigen Abständen gute Einfälle kommen. Das würde mir die Freude auf’s Lesen der Magazinbeilage erhalten. Denn die Kolumnen Ihrer Kollegen Martenstein und Prüfer sind inzwischen dermaßen ausgelutscht, daß ich sie ohne Ansehen überblättere. Dann wünsche ich Ihnen für’s neue Jahr viele tolle Ideen und stilistische Einfälle – und natürliche das Übliche: bleiben Sie bei guter Gesundheit, denn mit Schmerzen funktioniert auch das Schreiben nicht. – Bernd Bornhoff 

 


 

 

Leserbrief zu „Prüfers Töchter: Macht man das so?” von Tillmann Prüfer im ZEIT-Magazin 

 

Was wären wir ohne die Familie und die Liebe von Müttern und Vätern für ihre Kinder! Insofern verstehe ich Herrn Prüfers wöchentliche Kolumne über seine Töchter und den familiären Alltag als Ausdruck seiner Liebe zu seinen Töchtern und seiner Hingabe an die Familie und diese ist natürlich nicht zu kritisieren. Die eine oder andere Episode der Vater-/Töchtergeschichten hat sicher manchem Leser ein Schmunzeln entlockt. Dennoch möchte ich einmal darauf hinweisen, dass es sich bei vielen dieser Geschichten um die Darstellung von völlig alltäglichen, geradezu banalen  Ereignissen in Familien handelt, z.B. die Mithilfe des Papas beim Renovieren der Wohnung der Tochter (bereits zum zweiten Mal Thema !). Ich frage mich wirklich, mit welchem Anspruch eine solche „Langzeitkolumne“ aufrecht erhalten wird, deren Reiz längst verflogen ist. Wie viele Jahre wird diese Kolumne noch weitergeführt? Bis alle Töchter längst erwachsen sind? Ich würde mich sehr freuen, wenn sich Herr Prüfer anderen Themen zuwenden würde, auf die sicher viele Leser*innen neugierig sind. – Birgit Hellstern 

 


 

 

Leserbrief zu „Fast überhört” von Nadine Redlich im ZEIT-Magazin 

 

Es wäre in der Tat erstaunlich, wenn Nadine Redlich all die Szenen in Düsseldorf tatsächlich „überhören“ würde, die sie in ihrer wöchentlichen Kolumne zum Besten gibt. Zumindest den Schein sollte sie jedoch aufrechterhalten und nicht Konversationen zum zweiten Lockdown in Delis konzipieren, die weder im novemberlichen Light- noch aktuellen Hard-Lockdown geöffnet hatten oder haben https://laurasdeli.de – Silke Möller 

 


 

 

Leserbrief zu „Da draußen” von Christine Meffert im ZEIT-Magazin 

 

Das Weibchen hat 30 selbst geworfene Jungtiere, die wieder werfen usw. Lt. Wissenschaft kann eine Ratte so bis zu 2000 Nachkommen pro Jahr haben – nicht nur 30. Rechenbeispiel vergleichbar mit der Parabel ‚Reiskorn und Schachbrett. – Gerda Hranek