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10. Juni 2020 – Ausgabe 25

Leserbriefe zu „Die amerikanische Lüge“ von Kerstin Kohlenberg

 

Ihre Aufzählung der nicht mehr diskriminierten Bevölkerungsgruppen – von Iren bis Juden – erinnert mich an Tecumsehs Aufzählung der ausgerotteten indianischen Völker. Erst der Holocaust an den indianischen Völkern hat doch den Raum geschaffen für die von Ihnen genannten Bevölkerungsgruppen. Noch nach dem 2 Weltkrieg wurde ein Viertel aller indianischen Frauen ohne ihr Wissen oder gegen ihren Willen sterilisiert. Auch heute noch sind die native people hüben wie drüben nicht der Rede wert! Auch nicht den Afroamerikanern! Dabei sind die Indianer die einzige „Rasse“ in den USA,, die den Schwarzen kein Leid zugefügt haben. Indianische Gemeinschaften haben sogar nicht selten entlaufenen schwarze Sklaven aufgenommen. So boten die Indianer als einzige Bevölkerungsgruppe von Anfang an ein Modell für eine freie und gleiche und brüderliche Gesellschaft. Auf dieser Blindheit der Afroamerikaner und ihrer weißen Mitstreiter gegenüber der Geschichte ruht kein Segen. – Klaus E. Margraf

 

Mit einem europäisch geprägten Blick schaut Kerstin Kohlenberg auf die USA: Sachverhalte und Entwicklungslinien historisch herleitend, logisch stringent einordnend, Widersprüche und Zusammenhänge aufzeichnend. Ein uns vertrauter Blick, der erlaubt, Bewertungen vorzunehmen, Ziele zu formulieren, verantwortungsorientierte Politik zu beschreiben. Für den typischen voraussetzungslosen Pragmatismus der meisten Amerikaner allerdings ist es völlig fremd, auf diese Weise die Wirklichkeit wahrzunehmen. Das gilt auch für die eigene Wirklichkeit. Wie Amerika in die von Kerstin Kohlenburg skizzierte Sackgasse gekommen ist, ist für die Amerikaner nicht wirklich von Bedeutung. Es geht nur darum, irgendwie da wieder raus zu kommen. Aus europäischer Sicht eine Sackgasse ohne Hoffnung: Angesichts der sich zuspitzenden Widersprüche nicht mehr weit weg vom großen Bürgerkrieg. Aus amerikanischer Sicht eine der vielen Varianten des alltäglichen Kampfes ums Dasein: Diesmal mag viel Wut dabei sein. Aber es wird einen Weg geben. Die prinzipielle Offenheit des amerikanischen Wegs führt immer wieder an den Anfang zurück. Es gibt nur Interessen, Macht und Erlösungsmythen. Es gibt keine Ziele, keine Werte, keine Ansprüche, keine Maßstäbe. Daher gibt es nur Gelingen, kein Scheitern. Amerika – Land der unbegrenzten Möglichkeiten, Land ohne Lügen. – Reinhard Koine

 

Nicht nur Präsident Trump missachtet die Verfassung, wenn er z.B. das unveräußerliche Recht auf Leben der Regierten nicht schützt, wie es die Präambel vorschreibt: ( – That to secure these rights, Governments are instituted among Men,… ) Auch das Volk, der Souverän, nimmt sein verfassungsmäßiges Recht nicht wahr, wenn es eine Regierung nicht ändert, absetzt oder durch eine neue Regierung ersetzt, die in Widerspruch zu den unveräußerlichen Rechten steht. Denn der Präsident erwirbt seine Macht nur aus dem Auftrag, diese unveräußerlichen Rechte der Regierten zu sichern.(— That whenever any Form of Government becomes destructive of these ends, it is the Right of the People to alter or to abolish it, and to institute new Government, … .) Es wäre dringend an der Zeit, dass das Volk sein Recht zur Regierungsänderung endlich in Anspruch nähme! – Dr. Artur Behr

 

Dank für den informativen Beitrag über die USA. Dennoch sollte eine andere Erbsünde nicht ausgeblendet werden: Der Genozid an den Ureinwohnern. – Joachim Oelßner

 

Wenn man den kenntnisreichen und umfassenden Essay über das Scheitern von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit aufgrund der amerikanischen „Ursünde“ der Sklaverei liest, erscheinen einem die von vielen Transatlantikern immer wieder beschworenen Begriffe der „transatlantischen Wertegemeinschaft“ und des „wohlmeinenden Hegemons“ als ziemlich hohle Phrasen. Kohlenbergs Analyse findet ihre Fortsetzung bei dem amerikanischen Journalisten George Packer, der 2013 mit seinem Buch „Die Abwicklung – Die innere Geschichte des neuen Amerika“ über die Folgen der Finanzkrise von 2008 den National Book Award gewann und die USA heute sogar als „failed state“, als gescheiterten Staat, sieht.

Inkompetenz, Lügen, Verschwörungstheorien und Wunderheilmittel zeigen den Amerikanern in der Corona-Pandemie, dass sie unter einem korrupten Regime leben und deshalb das Land neu aufgebaut werden muss. „Andernfalls können wir all das Elend und das Leid, das wir jetzt ertragen müssen, niemals wiedergutmachen… Das Coronavirus hat Amerika nicht zerstört. Es offenbart, was schon zerstört war“. Die Mehrheit der Deutschen hat das inzwischen auch erkannt, denn sie vertraut nicht mehr unbedingt dem Schutz durch die USA. Kersten Kohlenberg hat mit ihrer Darstellung viel zu diesen Erkenntnissen beigetragen, die hoffentlich auch bei unseren Politikern zu einem Umdenken führen! – Hans-Henning Koch

 

Leider ist Ihnen im Dossier gemessen am Thema ein relativ ärgerlicher Fehler unterlaufen. Es gibt vermutlich eher 240 als 140 Millionen Wahlberechtigte in den USA. – Raoul Hesse

 

Leider erwähnt Frau Kohlenberg in ihrem Bericht die Ureinwohner Amerikas mit keinem Wort. Die sogenannte Demokratie der USA basiert auf der Vertreibung und dem Mord an zahllosen Menschen, die lange vorher dort gelebt haben. Deren Ausrottung ist perfekt; die sind keine Erwähnung mehr wert. – Angelika Adler

 

Vielen Dank für diesen informativen Artikel. Erlauben Sie mir aber 2 Anmerkungen: 1. Wie ist die Position der Latinos und der Asiaten? 2. Der Rassissmus entspringt einer Einstellung. Einstellungen sind psychologische Kategorien. Sie lassen sich schwerlich durch Gesetze ändern. Das demonstriert gerade auch die geschilderte Entwicklung in USA von Jefferson bis heute. Über diesen Aspekt hätte ich mir Informationen gewünscht. Aber das Feld ist so weit, daß dafür ein eigener Artikel notwendig wäre: Wie entstehen Einstellungen, wie sind sie ggf. zu ändern? Das müssen Politiker verstehen. – Heinz-Dieter Busch

 

Im Dossier ZEIT Nr. 25 schreiben Sie über die amerikanische Lüge. So gut ich über das Thema generell unterrichtet bin, so überrascht war ich trotzdem über Ihren Artikel. Dieser nennt konsequent markante historische Daten und Ereignisse, die zum Verständnis der heutigen USA und der Probleme nicht nur hilfreich sind, sondern absolut präsent sein müssen. Deshalb bedanke ich mich sehr herzlich für Ihren Super-Bericht und die Aktualisierung meines Wissensstandes. Eine sehr gelungene journalistische Arbeit. Für Sie alles Gute (in dem “noch” spannender werdendem Land bzw. seiner Verfassung) bei Ihrer Arbeit. PS. irgendwie sehen meine Zeilen (zuvor) ein wenig unbeholfen aus: wie eine Art Lob, was mir in der Form nicht zukommt. Aber ich habe es nur bewundernd gemeint. Da ich eine sowohl akribische wie begeisterte Leserin bin, schätze ich guten Journalismus enorm. – Sabine Heuber

 

Ihr Essay gibt einen erschreckend tiefen Einblick in den Rassismus in den USA. Sie schreiben, selbst weiße Männer, die kein eigenes Land besaßen, waren weniger wert als solche, denen Grund und Boden gehörten, auch die Landlosen durften in den Anfangsjahren der jungen Republik nicht wählen.Die Gleichheit mit all ihren Rechten und Freiheiten galt nur für weiße Männer, die Land besaßen und Steuern zahlten. Hier vermisse ich den Hinweis, dass die weißen Männer dieses Land den indianischen Ureinwohnern, Menschen einer anderen „Rasse“, mit Gewalt genommen haben. Auch dieser Rassismus schwelt bis heute in den USA fort. – Norbert Hoffmann

 

Sie schreiben in Ihrem Artikel „Die amerikanische Lüge“: „Auch Frauen durften nicht wählen, aber sie galten immerhin als freie Bürger.“ Es müsste aber heißen: „Auch weiße Frauen durften nicht wählen, aber sie galten immerhin als freie Bürgerinnen.“ Dem Fehlen von „weiße“ liegt derselbe Denkfehler zugrunde wie bei der Aussage: „Alle Menschen sind gleich geschaffen.“ Hier fallen Frauen gar nicht unter den Begriff „Menschen“. Im Falle Ihrer Aussage fallen schwarze Frauen gar nicht unter den Begriff „Frauen“. Was den Begriff „Bürgerinnen“ betrifft. Selbst bei der konservativsten (oder patriarchalsten) Rechtschreibung wurde für eine Gruppe von ausschließlich weiblichen Personen schon immer das Femininum benutzt. – Anika Schäfer

 

Armut, nicht RassismusUS-Polizisten töten nicht nur Unschuldige, wenn sie schwarz sind. Als ein Beispiel unter vielen steht dafür der Fall Tony Timpa, Dallas 2016. Nachdem der psychisch angeschlagene (weiße) Mann die Polizei zur Hilfe rief, weil er befürchtete, sich selbst zu verletzen, erstickte einer der Polizisten Timpa mit seinem Knie. Das zeigt: Für einen Polizeimord reichen eine schlechte Ausbildung und Korpsgeist völlig aus. Dass Schwarze in den USA zweieinhalb mal so oft Opfer von Polizeigewalt werden wie Weiße, hat demnach nicht nur mit unvermitteltem Rassismus zu tun. Denn schwarze leiden auch zweieinhalb mal so oft unter Armut wie weiße Amerikaner. Wer arm ist, hat öfter mit der Polizei zu tun – Schwarzfahrer werden eher direkt verfolgt als Steuerhinterzieher. Und mehr Konfrontation führt zu mehr Gewalt. Dazu müssen Polizisten nicht rassistisch sein – Inkompetenz reicht. Seit dem Mord an George Floyd tobt auch hierzulande eine Debatte um rassistische Polizeigewalt. Übersehen wird dabei, dass Rassismus nur ein Faktor ist. Klasse ist ein zweiter, schlechte Polizeiarbeit ein dritter Faktor, die so auch auch in Deutschland vorkommen. Polizeigewalt beenden heißt deswegen auch, Armut zu bekämpfen und vor allem bessere Polizisten auszubilden. – Jan Casper

 

In der Zeit vom 10.06.20 bin ich auf Seite 13 über den Begriff „gemischtrassige Ehen“ gestolpert. Es gibt keine Menschenrassen und grade wird die Tilgung des Begriffs aus dem Grundgesetz diskutiert. Da sollten die JournalistInnen auf der Höhe der Zeit sein und diesen Begriff nicht verwenden. Rassismus beginnt in den ganz kleinen Details. Seien Sie sensibel. Sie sollten ein Vorbild sein. – Ulrike Wiegand

 

Der heutige Titel Ihrer „Empfehlung des Tages“, siehe unten, rückt die von mir sonst meist sehr geschätzte ZEIT in die Nähe der tendenziösen Zeitungspublikationen, die mit zum aktuell sich verschlechternden Ruf der Medien beitragen. Ich möchte ihn nicht weiterlesen, sondern möchte meinem Unmut über den Titel hier kundtun: Es ist ganz einfach faktisch falsch, wenn Sie darin schreiben, „Tatsächlich verläuft die eigentliche Trennlinie der USA nicht zwischen Oben und Unten, sondern zwischen Schwarzen und Weißen.“ Eine dicke Trennlinie verläuft sehr wohl auch in den USA zwischen oben und unten. Es ist allerdings nicht die einzige solche Linie. Die Linie zwischen Schwarzen und Weissen ist eine Andere dieser dicken Linien. Mit ihrer entweder – oder – Schreibweise verlieren Sie einiges Ihrer Glaubwürdigkeit. Warum tun Sie das? – Nina Zhao-Seiler

 

Was passiert ist? Donald Trump ist „passiert“. Zumal zu einem Zeitpunkt, indem besonders in den USA drei Krisen kumulieren: Corona-Pandemie, wirtschaftliche Talfahrt und Aufruhr durch Rassismus. Und der jetzige Präsident der USA hat, ganz entsprechend seinem Naturell, infantil-egoistisch, blindzornig und nach wie vor mit einer bemerkenswerten intellektuellen Kurzsichtigkeit alle Krisenherde eskalieren lassen; mehr noch, er hat miteskaliert. Die Wahl Donald Trumps, dessen fortwährend undemokratischer Habitus haben alle sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schwächen gestärkt und mithin der Demokratie fanalisierend Schaden zugefügt. Es bestätigt sich – leider eindrucksvoll – der überaus gehaltvolle Satz des ehemaligen deutschen Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Norbert Lammert: „Die Demokratie ist nicht ein für alle Mal gesichert. Sie steht nicht unter Denkmalschutz.“ Diese definitive Aussage verliert freilich auch jenseits amerikanischer Grenzen und Politik mitnichten seine fundamentale Gültigkeit. – Matthias Bartsch

 

Nach meiner Ansicht gibt es nur einen Weg aus der Diskriminierung wegen Rasse , Religion oder was auch immer : Die Interheirat , also gemischte Familienbildung . Ich bin ein Paradebeispiel dafür . In meiner Heimat Fiume – heute heißt sie Rijeka , beides bedeutet übrigens Fluß – , bestand die Bevölkerung aus Italienern , Kroaten , Ungaren und Österreichern , plus einige Engländer in der Whitehead – Torpedofabrik , plus einige Tschechen in der Brauerei . Den Männern aber waren auf Partnersuche schöne Beine und Kochkunst wichtiger als Herkunft oder Religion , und so kamen Familien wie meine eigene zustande . Ich wuchs mi drei Fremdsprachen – Italienisch mit dem Lehrer , Deutsch mit Opa , Kroatisch mit Oma , weil ich kein Ungarisch kann – , Meine Muttersprache war unser Dialekt . Bei uns war ein jeder willkommen . Fremd blieben nur die Juden , wei sie nur untereinander heirateten . Respektiert wurden sie trotzdem . Wenn überall in der Welt diese Haltung herrschen würde , hätten Typen wie Donald Trump keine Chance . Ich hoffe immer noch drauf . – Adriano Maiazza

 

Das Ende von Kerstin Kohlenbergs Artikel „Die amerikanische Lüge“ fand ich irritierend. Sie äussert darin die Hoffnung, dass People of Color irgendwann, genau wie die Iren, in Amerika „zu Weissen“ werden. Wenn man „weiss wird“, hat man es also geschafft? Was heisst denn „weiss werden“? Bedeutet dies, People of Color sollten irgendeinem Dogma folgen um dann „weiss zu werden“? Hört Diskriminierung nur dann auf, wenn man als „weiss“ klassifiziert wird? Möchten wir das als Gesellschaft? Können wir nicht aufhören, People of Color zu diskriminieren ohne sie gleich zu Weissen machen zu wollen?

Was auch immer „weiss sein“ bedeutet. Ob wir Weisse das glauben mögen oder nicht, es strebt nicht jeder Mensch auf der Welt danach, irgend einer stereotypen Idee von weiss sein zu entsprechen. Die europäische Kultur gilt in den Köpfen einiger Menschen immer noch als die beste und jeder strebt angeblich danach, sie zu übernehmen. Ich glaube solche Denkschemata zeigen nur, dass sich weisse Menschen nie wirklich mit der eigenen Geschichte und ihren Denkweisen auseinander setzen müssen. Das Beispiel Amerika hilft auch dabei, dass man sich in Europa nicht selbst reflektieren muss. – Nadine Lötscher

 


 

 

Leserbriefe zu „Zehn Fragen, die strittig bleiben“ von Thomas Assheuer et al.

 

Sehr geehrte Frau Lau, ich finde es ehrlich gesagt ärgerlich, dass und vor Allem wie Sie am Ende Ihre aus meiner Sicht berechtigten und Richtigen Analyse ausgerechnet auf Christian Drosten kommen. Wenn sie über Schwachstellen einer Studie schreiben, sollten Sie vorher ordentlich recherchieren. Nach meinem heutigen (absolut aktuellen) Kenntnisstand Hat die Studie keine Schwachstellen, die anderen Virologen nicht nachgesehen würden. Und Herr Drosten hat immer betont, dass aus virologisch-medizinischer Sicht der Lockdown (den es ja in Deutschland garnicht gab), also die Einschränkungen, sinnvoll sind, aber immer die gesellschaftlichen Auswirkungen mit bedacht werden müssen, dass das nicht Virologen-Angelegenheit ist, festzulegen, welche Maßnahmen umgesetzt werden.

Das Team Drosten, wie Sie es nennen bestand nach meiner Wahrnehmung aus Leuten, die genau das gesehen haben und das Drosten-Bashing nicht mitgemacht haben, das einige Medien, aber auch Virologen-Kollegen wie Alexander Kekulé inszeniert haben. ZEIT und ZON haben sich weitgehend neutral verhalten. Das fand ich in Ordnung. Aber es bleibt auch von unberechtigter Kritik immer etwas hängen. Das ist genau das Kalkül der Was-auch-immer-Lügner. Da müssen Journalisten ganz besonders aufpassen, sonst verschieben diese Lügner nämlich die Grenze zwischen wahr und falsch, sagbar und unsäglich. – Fritjof Möckel

 

Sehr geehrter Herr Bittner, die Aufgaben des öffentlichen Dienstes sind vielfältig. Leistungsvergleiche nicht so einfach einzuschätzen,wie es Besoldungstabellen etc suggerieren könnten, wobei die Mehrzahl nicht dem immer weiter aufgeblähten Wasserkopf der B-Besoldunggruppen -vor allem Ministerien – angehört. Die zahlreichen gut bezahlten Bullshit-Jobs finden wir aber nicht nur im öffentlichen Dienst sondern überwiegend in den Konzernen, die schnell nach Hilfen von uns Allen – sprich Steuerzahlern – rufen, wenn Corona hilft, eigene (Führungs)Versäumnisse zu verschleiern. Zu Boomzeiten werden die „Doofen“ des öffentlichen Dienstes häufig nicht wahrgenommen. Schließlich wird in der „freien“ Wirtschaft mehr verdient. – Sielaff

 

Während ich von meinem 12-Stunden-Tag mit Arbeit fürs Homeoffice am morgigen Feiertag nach Hause fahre, lese ich in Ihrer aktuellen Ausgabe etwas zum Thema Solidarbeitrag, den Beamte leisten sollten, weil sie bei vollem Gehalt in der Corona-Krise weniger arbeiten. Die Aktenberge, die jetzt liegen geblieben sind, werden nicht von selbst verschwinden. Sie werden in den nächsten Monaten abgearbeitet werden, aufgehobene Gerichtsverhandlungen werden nachgeholt, und das alles neben den weiterhin neu eingehenden Sachen. Ohne zahlreiche Überstunden wird das nicht möglich sein. Richter bekommen Überstunden nicht bezahlt, es gibt auch keinen Freizeitausgleich, die anfallende Arbeit muss erledigt werden. Wochenendarbeit wird nicht bezahlt, auf die Einhaltung der Höchstarbeitszeit achtet keiner. Ich arbeite als Richterin im Betreuungsbereich und hatte im übrigen in den letzten Monaten noch mehr zu tun als sonst… Und zum Hinweis auf die Besoldungstabelle: wäre ich in eine Großkanzlei gegangen, hätte ich die Chance deutlich besser zu verdienen als im Staatsdienst. Dies mag einer der Gründe dafür sein, weshalb es in der Justiz Probleme mit der Nachwuchsgewinnung gibt, was zu unserer aktuellen Unterbesetzung und den daraus resultierenden Folgen führt… – S. G.

 

Im Zusammenhang mit der Coronvirus-Krise beschäftigen sich Deutschlands sogenannte Leitmedien, denen selbstverständlich auch DIE ZEIT zuzurechnen ist, bisweilen mit der Frage, ob im Gefolge der Pandemie ein ganz allgemeines Umdenken in Gesellschaft und Politik stattfinden wird, neudeutsch gern Paradigmenwechsel genannt. Als neuer Abonnent Ihrer Zeitung bestätigt für mich die Lektüre des eingangs genannten Artikels in Ihrer neuesten Ausgabe meine verschiedentlich gegenüber Bekannten und Freunden geäußerte skeptische Vermutung in der Frage der Gestaltung des Neuanfangs, wenn allzu offensichtlich im Rückgriff auf altbekannte Denk- und Wertemuster für einen Solidarbeitrag des öffentlichen Sektors resp. der Beamten plädiert wird. Genau dies hatte ich vor geraumer Zeit in besagtem Personenkreis vorausgesagt, inklusive der vom Verfasser vorgebrachten Begründung, ohne seherische Fähigkeiten beanspruchen zu wollen.

Der Verfasser möge sich beruhigen- sein Plädoyer, so meine zweite vor geraumer Zeit getätigte Prognose, wird von den Finanzministern der Länder wohlwollend registriert und in praktische (Finanz-)Politik umgesetzt werden. Ist die Zeit der öffentlichen Hilfspakete zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie erst einmal vorbei und wird Bilanz gezogen für die öffentlichen Haushalte, schlägt mit Sicherheit (erneut!) die Stunde orthodoxer Finanzminister, die dann kräftig unterstützt von wirtschaftspolitischen Interessengruppen wie z.B. der Mittelstandsvereinigung deutscher Unternehmer unter Berufung auf die Zurückdrängung der Staatsschulden bzw. der Einhaltung der Schuldenbremse mit dem TINA-Argument (There is no alternative) für eine Neuauflage einer langfristigen Austeritätspolitik plädieren werden, die ihre Vorgängerin im Gefolge der Finanzkrise von 2008ff. deutlich übertreffen dürfte. Ein Kernstück dieses finanzpolitischen Ansatzes dürften dabei restriktive Kürzungen bei den Personalkosten sein, umgesetzt u.a. durch (mindestens!) die Forderung nach einen mehrjährigen Verzicht auf Lohnerhöhungen, argumentativ untermauert durch eben die Gedanken, die ihr Verfasser anreißt.

Als inzwischen pensionierter Beamter tröstet es mich, daß meine Kinder sich nach langjährigen existentiellen Erfahrungen mit der Situation ihres Vaters völlig eigenständig und bewußt dafür entschieden haben, nach dem Studium nicht in den öffentlichen Dienst zu gehen und einen Beamtenstatus anzustreben. Noch nicht einmal die angeblichen Vorzüge des höheren Dienstes, die ihr Vater genossen hat und auf die der Verfasser mit seinem Hinweis auf das angeblich mehr als erkleckliche Einkommen bestimmter Beamter vermutlich rekkuriert, haben sie gereizt. Welch ein Kuriosum! Ihre aktuelle berufliche Lage bestätigt sie übrigens in ihrem Entschluß, denn ihre Nettoeinkommen am Anfang ihrer beruflichen Tätigkeit übersteigen das ihres Vaters am Ende seiner aktiven Berufslaufbahn, was ihnen gegönnt sei. Schade für mich als neuem Leser der ZEIT ist lediglich, daß der besagte Beitrag Ihres Mitarbeiters sich auf solch bescheidenem intellektuellem Niveau bewegt in einer Zeit, in der neue Wege abseits fiskalpolitischer und martkradikaler Orhodoxie gefragt sind. Schade um eine versäumte Chance.. – Friedrich Lenz

 

Die Hoffnung auf kritische Berichterstattung Ihrer Zeitung wurde auch dieses Mal bitter enttäuscht. Sie begnügen sich mit der Frage nach Demonstrations- und Meinungsfreiheit. Das ist angesichts der umfassenden Einschränkungen unserer Grundrechte einfach lächerlich. Warum lassen Sie nicht mal Juristen und Medizinerinnen zu Worte kommen, die fundamentale und gut begründete Argumente für ihre Kritik an den Corona- Massnahmen haben? Warum beschäftigen Sie sich nicht damit, warum fundierte Verfassungsklagen keine Chance haben und Anwälte die Arbeit für seriöse, kritische Anliegen verweigern? Warum interessiert Sie nicht, dass die FAZ z. B. großformatige Anzeigen von kritischen MedizinerInnen ablehnt und auch im Internet, bei You tube z. B., Zensur stattfindet? Die Meinungsfreiheit wird eben nicht nur durch den Staat beschränkt sondern durch den allgegenwärtigen Mainstream, wonach kritische Stimmen aussätzig und verdächtig sind. Aber das Totschweigen und Diffamieren der Argumente der Anderen wird auf Dauer nicht funktionieren. – Dr. Gerlinde Volland

 

Da arbeiten 11 Journalisten an diesem Artikel von Qualitätsjournalismus und schreiben, die Schuldenquote steige auf 80 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das wäre mehr als katastrophal! Gemeint ist wohl 80 Prozent des Bundeshaushaltes. Warum nur merkt das niemand in Ihrem Hause? – Peter Dressler

 

Wenn man die weltweiten Konsequenzen unspezifischer, undifferenzierter, flächendeckender Lockdownmaßnahmen betrachtet, muss man diese Frage deutlich mit Ja beantworten. Millionen Menschen hat die Weltwirtschaftskrise in Not, Elend und Tod gestürzt. Aber hat man nicht auch Millionen von Menschen gerettet, indem man diese Maßnahmen durchführte? Die Antwort liegt, wie so oft, im Detail. Es kommt immer darauf an, welche Maßnahmen wann und aus welchen Motiven heraus ergriffen wurden. Ganz offensichtlich wurden die Maßnahmen in vielen Ländern aus Angst und mit schrecklichen Bildern im Kopf getroffen. Weitsichtige Epidemiologen und Virologen wie Prof. Dr. Hendrik Streeck hatten aber schon lange einen dritten Weg empfohlen. Es gibt nicht nur das Dilemma – d.h. die Entscheidung zwischen zwei Szenarien –, dass man einerseits Millionen von Covid-19-Opfern bekommt oder andererseits die Gesellschaft oder die Weltwirtschaft irreparabel schädigt. Es gibt einen dritten Weg: Nämlich eine wissenschaftliche Begleitung des Geschehens von Anfang an.

Das geschieht z.B. durch Obduktionen wie diejenigen in Hamburg und durch Feldstudien wie die Heinsbergstudie. Man lernt das Virus zu verstehen, wie es wirkt und sich ausbreitet und wie nicht. Welche Sterblichkeitsrate es in welchem Kontext in Bezug auf die Geamtbevölkerung und auf spezifische Gruppen hat. Wie sich die Ausbreitung zurückbildet und wie sich Immunität in der Bevölkerung bei gleichzeitiger minimaler Symptomatik entwickelt usw. Man hätte differenziert und spezifisch untersuchen müssen, um so viele relevante Fragen wie möglich beantworten zu können. Analog zur Heinsbergstudie, aber von Anfang an, schneller, umfassender systematisch, d.h. durch staatlich angeregte und bezahlte neutrale Studien (Universitäten haben das Geld dafür nicht). Das Verwirrspiel von veröffentlichten Zahlen, Diagrammen und Bildern, die man von offiziellen Stellen den Bürgern oft undefiniert, unerklärt und ohne Bezüge zumutete und so quasi einen Nebelschleier aus Angst über das kritische Denkvermögen der Weltgemeinschaft breitete, hätte vermieden werden müssen. So hätte man genau an die jeweilige Bevölkerung und den jeweiligen Epidemieverlauf angepasste Maßnahmen in wissenschaftlicher Kooperation mit allen relevanten Experten planen und durchführen sollen. Das war leider nicht der Fall.

Die Heinsbergstudie, die weltweit bekannt geworden ist, war eine Eigeninitiative von Professor Streeck. Andere, wie z.B. die von Professor Ioannidis von der Stanford-Universität, wurden diskriminiert oder ignoriert. Allein die möglichst rasche Unterbindung von epidemiologisch nachweisbar problematischen Großveranstaltungen mit hoher Anfangsdosis hatte die Infektions- und Todeszahlen schon wesentlich sinken lassen. Ob und welche Maßnahmen auf welche Weise darüber hinaus noch wirksam sind, hätte man mit Hilfe von Feldstudien erforschen müssen. Auch aus Teilaspekten der Corona-Politik mancher Länder wie z.B. Japan, Hongkong, Thailand, Singapur usw. kann man lernen. Doch die ganze Entwicklung deutet darauf hin, dass man weltweit und vor allem in den wissenschaftlich führenden Ländern, wo der Staat die dazu notwendigen finanziellen Mittel hätte, eine Begründung und Unterstützung der Entscheidungen durch wissenschaftliche Feldstudien hoffnungslos vernachlässigt hat, die auch für alle anderen Epidemien empfehlenswert wären. Allerdings besuchen z.B. Grippekranke üblicherweise ohnehin keine Großveranstaltungen und bleiben von sich aus gerne auf dem heimischen Sofa. Man hätte sicher den Tod von vielen Covid-19-Patienten vermeiden können. Ohne die Welt in Angst und Schrecken zu setzen und zu halten. Ohne die Weltwirtschaft zu zerrütten.

Ohne Millionen von Existenzen zu zerstören. Ohne gesellschaftliche und politische Verwerfungen, Umverteilungen und Umwälzungen in einem kaum je dagewesenen Ausmaß heraufzubeschwören. Aber ein bisschen können Medien jetzt vielleicht immer noch gutmachen, indem sie besonnene, differenzierende Vertreter der Wissenschaft wie Prof. Streeck und ähnlichen in Interviews eine ungefilterte öffentliche Stimme geben, wie es die Osnabrücker Zeitung neulich getan hat. So könnte man dazu beitragen, die Bevölkerung aus der Angstblockade zu entlassen. Sonst werden Gesellschaft und Wirtschaft trotz Milliarden- und Billionenspritzen nicht aus der Schreckstarre befreit. Und die angestauten Corona-Aggressionen werden auf Feindbilder umgelenkt, die in dieser Epidemie und Weltwirtschaftskrise gar nicht relevant sind, wie z.B. bei den Superspreading-Events der Black-Lives-Matter-Demos, und es kommt zu gefährlichen Spaltungen und Radikalisierungen in der Gesellschaft. – Gerhard Jahnke

 

Zum Expertenwesen, insbesondere zu Zeiten der Coronakrise gilt und ist öffentlich zu respektieren: Sektorale Kompetenz ist kein Maßstab und erst recht keine Gewährleistung für die Komplexität eines Sachverhalts. Erst recht kritisch wird sie, wenn sie die repräsentative Demokratie ersetzen soll und zum von einigen Medien ersehnten „Government by shitstorm“ (Theo Sommer) wird. Deshalb ist die hier angestoßene Skepsis gegenüber dem Expertenwesen und der sich dort bedienenden Politik wachsam weiterzuführen. – Jürgen Dressler

 

In Ihrem Artikel „Welchen Solidarbeitrag leisten Beamte, die in der Krise weniger arbeiten konnten?“ (DIE ZEIT, Nr. 25, 10.06.2020) deuten Sie an, dass Beamte von der Krise, die durch das Corona-Virus ausgelöst wurde, weniger wirtschaftlich betroffen seien und deshalb von ihnen ein Solidarbeitrag für die Gesellschaft zu erwarten wäre. Ich möchte Ihren Blick auf die Besoldungstabellen der deutschen Bundesländer lenken. Ihnen dürfte klar sein, dass „der deutsche Beamte“ in 16 Ausprägungsvarianten existiert, und es durchaus beträchtliche Unterschiede in deren Besoldung gibt, auch und vor allem bereits innerhalb eines Bundeslandes. Da spielt es schon eine große Rolle, ob Sie in A-, B- oder C-Besoldung stehen. Ihr jovialer Vergleich mit der Wirtschaft hinkt mitnichten. Wenn Sie ein durchschnittliches Gehalt eines Arbeitnehmers im mittleren Management nehmen, so liegt dieses zwischen 30 und 50 % über dem eines entsprechend lange ausgebildeten Beamten. Diese Unterschiede sind nichts Unbekanntes, jeder weiß darum, der sich entscheidet, Beamter zu werden. Die Vorteile der Unkündbarkeit und Sicherheit des Arbeitsplatzes sowie seiner Pension sind es ebenso.

Im Zuge der Krise mussten viele Arbeitnehmer „Zwangseinbußen (…), Gewinneinbußen, Kurzarbeit, Lohnverzicht“ erleben. Beamte nicht. Da es Ihnen ja um den monetären Beitrag von Beamten für die Gesellschaft als Ganzes geht, sei daran erinnert, dass alle Beamten ihre Steuern unvermindert in voller Höhe weiterbezahlt haben – anders als alle, deren finanzielle Verluste Sie beklagen. Auch hier gingen dem Staat Milliarden an Steuereinnahmen verloren. Beamtengehälter jedoch waren sicher, genauso wie ihre Steuerabgaben. Genügt Ihnen dies nicht als Solidarbeitrag durch die „deutschen Beamten“? Es drängt sich der Verdacht auf, dass man dem Beamten sein kurzes Wams immer genau dann neidet, wenn allen anderen ihr vergleichsweise längerer Rock zu dünn wird und zu wenig gefüttert. Ihren Sozialbeitrag jedenfalls leisten deutsche Beamte allein durch Ihr Beamtentum, um auf Ihre Frage zu antworten. – Hans Kistler

 

Noch auf Seite 8 der Ausgabe Nr. 25 lesen wir die selbstkritische Einschätzung, daß die Medien zu unkritisch mit den Maßnahmen der Regierung umgegangen sind und schon auf Seite 9 der Ausgabe fallen Sie leider in dieses Muster zurück. Und zwar in dem die Frage, ob der Staat bei einer Seuche das Opfer der individuellen Freiheit verlangen darf, um die Infektionskette zu unterbrechen leichtfertig bejaht wird. Eine Abwägung der Güter Volksgesundheit und individuelle Freiheit findet nicht statt. Der Vorgang wird auch nicht differenziert betrachtet. Darf der Staat die Infektionskette einer einfachen Erkältung unterbrechen? Pro Jahr erkranken Erwachsene im Schnitt zwei- bis viermal an einer Erkältung; d.h. wir haben im Jahr 160 bis 320 Mio. Fälle von Erkältung. Eine Seuche? Wenn sich Seuchen nicht durch die Zahl der Todesfälle sondern durch die Zahl der Infizierten beurteilen, dann auf jeden Fall. Darf der Staat die Infektionskette einer Erkältung durch einen Lookdown unterbrechen? Nach der von Ihnen geäußerten Auffassung darf er das selbstverständlich.

Nach meiner Auffassung läßt sich die Frage eben nicht pauschal beantworten, sondern es muß immer eine Abwägung zur Frage der Verhältnismäßigkeit bei Grundrechtseingriffen stattfinden. Frage wäre also, ob der Eingriff in Form des Lockdown zur Unterbrechung der Infektionskette verhältnismäßig war. Klassischerweise ist dafür zuerst zu prüfen, ob er geeignet war. Das wissen wir eigentlich bis heute noch nicht so genau, wie bei dem Artikel, ob Schweden doch recht hatte, eingeräumt wird. Damit wäre der Eingriff juristisch zu verwerfen. Ähnliches gibt uns auch Benjamin Franklin in seinem bekannten Zitat auf: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“ Das wurde weder gerne gehört noch zitiert in der Krise. – Volker v. Moers

 

Diese Virologen, das ist schon ein lustiges Völkchen, irgendwie immer mit dem Virus auf „Du und Du“ stehend. Virologen sind regelrechte Faktensammler, mit einer schier unüberschaubaren Menge an Fakten, die es ihnen auch faktisch unmöglich machen kann, die richtigen Schlüsse aus dieser Faktenmenge zu ziehen. Neuerdings gibt es regelrechte Überbietungskämpfe im „virologischen“ Bereich dieser „Fakten-Kings“. Diese „Hahnen-Kämpfe“ dürfen allerdings nur in den beliebt-berüchtigten „Talkshows“ im Lande, very knallhart ausgetragen werden. Dabei muss diese „first class Experten-Schar des RKI (Robert Koch Institut)“ jetzt auch noch richtig ranklotzen. – Riggi Schwarz

 

Sehr geehrter Herr Assheuer, Sie haben recht mit Ihrem Artikel „Müssen gesellschaftliche Gruppen…“ . Dort schreiben Sie:“…alles Leben ist gleichermaßen schützenswert und darf nicht utilitaristisch mit anderen Werten (‚unsere Wirtschaft‘) verrechnet werden“. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Das bedeutet aber konsequenterweise auch, dass man es nicht mit den Werten „mein Bauch gehört mir“ verrechnen darf. Leben ist Leben , einzigartig, vom Anfang bis zum Ende. – Alois Lienhard

 

Als zwar pensionierter, aber noch unterrichtender Lehrer stimme ich Herrn Bittners Idee über einen Solidarbeitrag der Beamten zu. Ich betrachte mich in dieser Krise als privilegiert, Einkommen und Sicherheit der Beschäftigung betreffend. Allerdings muss man unterscheiden: viele Beamte, auch die Mehrzahl von uns Lehrern, haben in den vergangenenen Wochen deutlich mehr gearbeitet als vertraglich festgelegt. Wenn also ein solcher Solidarbeitrag eingefordert wird, so kann er nur auf individueller Basis erfolgen. Welche Institution kann hier tätig werden, um Spender und Empfänger zu koordinieren? Kann man das vom Beamtenbund als Standesvertretung erwarten? Schön wäre es ja! Wenn jemand eine Idee hat, bitte lassen Sie es mich wissen. – Rüdiger Leins

 

Jochen Bittner: Welchen Solidarbeitrag leisten Beamte, die in der Krise weniger arbeiten konnten?Schön, dass der Verfasser sich nach der Lektüre der schwindelerregenden Höhe der Besoldungstabellen vermutlich entschließen wird, in den Beamtenhimmel einzutreten. Damit steht er im Gegensatz zu einer Vielzahl von Menschen, die dafür gesorgt haben, dass mangels geeigneter Bewerbungen viele qualifizierte Stellen im Beamtenbereich unbesetzt blieben. Vermutlich haben die opulenten Besoldungstabellen die Bewerber davon abgehalten, sich dem Neid und der Missgunst auszusetzen und in ständiger Angst vor Dieben und Betrügern leben zu müssen. Dafür nehmen sie es in Kauf, sich mit einem teuren Dienstfahrzeug mit Tankkarte herumzuärgern und jedes Jahr über die Verwendung der Gewinnbeteiligung oder sonstiger Erfolgsprämien Gedanken machen zu müssen.

Und sie kommen um das Vergnügen herum, wieder und wieder durch Nullrunden (in meiner langen Beamtenlaufbahn gab es zahlreiche, weitere werden – ob schwarze, rote, grüne oder gelbe Null – folgen) dazu beitragen zu dürfen, dass der öffentliche Haushalt saniert werden kann. Da ja nun anzunehmen ist, dass die ZEIT-Redaktion sich in den öffentlichen Dienst begibt, überlege ich, mein Abonnement einer ZEITung, die solche unreflektierten und faktenfreien Beiträge veröffentlicht, zu kündigen und dafür endlich von der nächsten Monatsbesoldung den lang ersehnten Porsche zu bestellen. Danke, liebe ZEIT, für diese Anregung. – Reinhard Müller

 

Die Begriffe „Social Distancing“ (Schmitt) und „soziale Distanz“ (Bahnsen) assoziieren bei mir „Spiel nicht mit den Schmuddelkinder“ (Franz-Josef Degenhardt), d. h. SOZIALE SPALTUNG im Sinne von „Oben gegen Unten“! Davon haben wir schon genug! Konkret kommt mir folgendes Erlebnis in den Sinn. Zu Beginn meiner Berufstätigkeit ging ich, Nachwuchsführungskraft, mit den „Chefs“ in die Kaffeepause. In der Schlange hinter mir unterhielten sich „Nicht-Chefs“ über ein Fußballspiel vom Vorabend. Da ich mich an der Diskussion beteiligte, setzte ich mich dann zu ihnen (und nicht an den Chef-Tisch), was von einem „Chef“ moniert wurde. Kleine ANREGUNG – auch für die Redaktionskonferenz: Warum nicht einfach (und deutsch) „ABSTAND“ bzw. „ABSTANDHALTEN“ ggf. „ABSTAND“ bzw. „ABSTANDHALTEN (social distancing bzw. soziale Distanz“? In ausländischen Medien wird das Adjektiv „physisch“ (so Le Monde vom 10. Juni: „distanciation physique“) oder „körperlich“ gebraucht (, was sich nicht so gut macht)!

Einheitlicher Sprachgebrauch wäre auch nicht schlecht und weniger DENGLISH bzw. „Pseudo-Englisch“ (home office; https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/englisch-deutsch/Home+Office).In einer englischen „Times“ soll vor kurzem von „linguistischer/sprachlicher Unterwerfung“ (linguistic submission) der Deutschen die Rede gewesen sein. Sehr geehrter Herr Dr. Bittner, mit den drei anekdotischen Beispielen betreiben Sie (ein wenig)POLEMIK. Der Richter kann von zu Hause aus Akten bearbeiten (Telearbeit bzw. sogenanntes „Home Office“). Auch die die Diplomatin kann zu Hause etwas tätigkeitsbezogenes Tun (z. B. Statusbericht über den bisherigen Auslandseinsatz; Probleme beim Auslandseinsatz und Verbesserungsvorschläge). Auch der „nach Hause dienstortversetzte“ Soldat kann einen Sonderauftrag erfüllen. „Däumchen drehen muss nicht sein“! Die Besoldungstabellen beinhalten – was oft nicht zum Ausdruck gebracht wird – nicht nur den sogenannten höheren Dienst (A 13 bis A 16) und die B-Tabelle (bzw. R für Richter/innen und C oder W für Professor*inn*en), sondern auch die unteren Besoldungsgruppen (einfacher, mittlerer, gehobener Dienst).

Jeder, der die Einstellungsvoraussetzungen erfüllt, kann Beamter werden, auch die „heutigen Selbstständigen mit vergleichbarer Ausbildung“ und „neidischem“ Blick. Am 1. Oktober 1982 leistete ich – als Postrat zur Anstellungen (nicht-technischer höherer Verwaltungsdienst; A 13) – bei der (damaligen) Oberpostdirektion Koblenz meinen Beamtenteid (, drei Stunden bevor Dr. Helmut Kohl in Bonn seinen Eid als Bundeskanzler ablegte). Als so genannter Volljurist wurde ich von manch einem mit Bedauern angeschaut, solange die „Wirtschaft brummt(e)“! Im März letzten Jahres bin ich nach zwei Beförderungen als Regierungsdirektor (A 15) bei er Bundesnetzagentur in den Ruhestand gegangen. Das Thema „Solidarbeitrag für Ruhestandsbeamte“ wäre noch offen! „Wenn es ‚brennt‘, wird das ‚Wams der Beamten‘ enger geschnitten werden!“ (vgl. Brünig’sche Notverordnungen). Wie sieht es eigentlich bei Ihnen (und generell in der ZEIT) aus. NACHTRAG zu OBEN: Die „Chefs“ waren die Abteilungsleiter beim Postamt Koblenz. Mein von keinerlei Berührungsängsten nach unten gekennzeichnetes Verhalten wurde einem, dem gehobenen Dienst angehörenden Abteilungsleiter beanstandet, was er mich via eines anderen Abteilungsleitungsleiters (höherer Dienst) wissen ließ. – Walter Funk

 


 

 

Leserbriefe zu „Tod wider Willen“ von Martina Keller

 

Die Abbildung der S. 16 kombiniert eine E(lektro)K(ardio)G(ramm)-Kurve, also eine Herzaktivitätskurve, mit der stilisierten Schädelseitenansicht, und die Bildlegende ordnet dieses EKG der schwindenden Gehirnaktivität zu. Da lacht jeder Mediziner über diese Gleichsetzung, und das Publikum wird falsch über das völlig andere Bild der Gehirnströme, das EEG, informiert. Schade! – Dipl.-Ing. Volker Morstadt

 

Herzlichen Dank für den informativen Artikel zur Problematik der Sterbehilfe bei Demenzkranken. Alle angeführten Auffassungen scheinen jenseits der Meinungsverschiedenheiten darin übereinzustimmen, dass Autonomie und Selbstbestimmung die unangefochtenen Rahmenkategorien sind. Die Frage ist dann nur, wie sie juristisch und moralisch in Dienst genommen werden. Gerade in Bezug auf Demenz werden nun ausgerechnet diese Kategorien problemtisch. John Swinton, ehemals Psychiatriepfleger und jetzt Professor für Praktische Theologie und Seelsorge, hat in seinem Buch Dementia gefragt, wie wirklichkeitsnah „Autonomie“ und „Selbstbestimmung“ eigentlich sind – nicht nur, aber natürlich auch in Bezug auf Demenz. Er schlägt als Rahmen der Diskussion folgendes Menschenbild vor: Mensch zu sein heißt (nicht erst in der Demenz!) ein Geschöpf in Abhängigkeiten und Bedingtheiten zu sein (wider Autonomieillusionen); in körperlichen Dimensionen zu leben (als Gegengewicht zu einer Überbetonung von Geist und Wille); ein Beziehungswesen zu sein; gebrochen und verloren sowie gleichzeitig geliebt und zutiefst zielgerichtet zu sein (theologische Dimensionen). Ein solches Menschenbild will keine Lösung eines Problems sein, ermöglicht jedoch überraschend neue Sicht- und Umgehensweisen mit denselben Problemen, auch in meiner eigenen Seelsorgepraxis. – Pastor Dr. Rainer Behrens

 

Das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben gehört für mich unabdingbar zur Würde des Menschen dazu. Deshalb bin ich von je her ein vehementer Befürworter der Sterbehilfe. Das Ob und das Wann darf aber nur der Betroffene selbst festlegen. Und das völlig unabhängig vom geistigen, körperlichen und seelischen Zustand des Patienten. Er hat schließlich das Leiden zu ertragen und darf die Freuden genießen. Hier lag kein klares Ja zum Sterben vor. Daher sehe ich in der Tötung einen Mord und die Angehörigen und die Ärztin sind nach meiner Meinung so zu bestrafen. Mit welchem Recht maße ich mir als Außenstehender (egal ob Freund, Angehöriger oder Arzt) an zu entscheiden ob dieses Leben noch gewünscht ist? Doch wohl nur mit dem recht der Arroganz alles besser zu wissen. – Iman Schwäbe

 

Der im Artikel geschilderte Fall aus den Niederlanden zeigt, dass bei einer liberalen Sterbehilfepraxis die Würde und Autonomie schwerstkranker Menschen zunehmend auf der Strecke bleiben. Wenn man, wie Walter Jens, sensible Angehörige hat, kann man hoffen, dass der Lebenspartner des dementen Menschen dessen geänderten Willen erkennt und erfüllt. Bei weniger empathischen Angehörigen ist die Tötung eines Menschen gegen den offensichtlichen Willen des Betroffenen, also fremdbestimmt, möglich.

Fremdbestimmung würde bei einer weitergehenden Liberalisierung der Sterbehilfe in Deutschland aber auch den Todeswunsch bei nichtdementen Menschen immer stärker beeinflussen. Schwerkranke werden dann im Zuge des demographischen Wandels und bei steigenden Pflegekosten ihr Siechtum und die damit verbundenen Kosten gegenüber den Angehörigen oder der Gesellschaft rechtfertigen müssen. Wenn Leiden und Sterben einem äußeren Kalkül unterworfen sind, kann von wirklicher Entscheidungsfreiheit kaum noch ausgegangen werden. Das zeigen auch die niederländischen Erfahrungen, weil dort nun z.B. auch Menschen mit Tinnitus, Rheuma und bei psychischen Erkrankungen auf eigenen Wunsch getötet werden wollen. Eine gesellschaftliche Tendenz, die Erlösung durch Totmachen verspricht, fördert Selbstbestimmung eher bei denen, die sich dieser Doktrin unterwerfen wollen.

Was wir statt einer Liberalisierung nach niederländischen Muster benötigen ist ein weiterer Ausbau der Strukturen, die ein angst- und möglichst schmerzfreies Sterben ermöglichen. Wir brauchen eine von der Gesellschaft getragene „Willkommenskultur“ gerade auch für diejenigen, die uns zur Last fallen. Wenn wir uns auf diesen Weg begeben, wird es immer noch Menschen geben, die ihrem Leben ein Ende setzen wollen. Wenn es aber statt eines heteronomen gesetzlichen Anspruchs auf den Tod einen gesellschaftlichen Zuspruch für das gebrochene Leben gibt können letzte Entscheidungen wirklich autonom, also eigengesetzlich, getroffen werden. – Roland Klein

Der Artikel von Frau Keller spricht ein heikles Thema an. Auch in Deutschland besteht die Gefahr, dass eine Patientenverfügung später im Leben zur Falle wird. Niemand kann in seiner Vorausverfügung genau festlegen, wie er sich in der konkreten Situation z.B. einer später aufgetretenen Demenz verhalten würde. Man kann behaupten, das sei als Nebenwirkung unserer Konzepte von Autonomie und Einwilligungsfähigkeit eben hinzunehmen. Dann aber entmündigen wir den eingeschränkt Mündigen ein weiteres Mal. Neben dem autonomen (mündlichen oder schriftlichen) Willen gibt es den natürlichen Willen, den fast jeder Mensch noch äußern kann, auch wenn er einwilligungsunfähig werden sollte . Wenn wir einen früheren autonomen Willen im Sinne der precedent autonomy (R. Dworkin) in der konkreten Situation höher gewichten als den aktuellen natürlichen Willen, schaden wir dem Patientenwohl. Im Einzelfall ist es sicher nicht immer einfach, den natürlichen Willen zu erkennen. Dasdarf uns aber nicht daran hindern, wenigstens zu versuchen, ihn zu berücksichtigen. – Prof. Dr.med. Michael Schmidt

 

Was hier eingangs über die Tötung einer demenzkranken Frau in den Niederlanden geschildert wird, ist erschreckend! Erschreckend auch, daß ein Gericht befunden hat, das sei rechtens gewesen. Formal bezieht es sich dabei auf die Patientenverfügung. Diese Verfügung, die Jahre früher von der Patientin verfaßt wurde, wird aber hier gegen sie verwendet! Offensichtlich wollte sie nicht sterben. Vielmehr wehrt sie sich noch während der Prozedur dagegen. Wie furchtbar und beängstigend! Welch ein Glück hatte hingegen Walter Jens, dessen Geschichte am Schluß erzählt wird. Seine Frau hat wahre Liebe und Achtung bewiesen, indem sie erkannt hat, daß er nach Ausbruch seiner Krankheit von seiner früheren Ansicht umgekehrt war. Ihnen blieben noch viele gemeinsame Jahre. Dem Fazit des Demenzforschers Hans Förstl am Ende des Artikels stimme ich voll zu. – Helga Nitsche

 

Die moderne Betonung der Selbstbestimmung ist zu einem wesentlichen Teil Folge der Furcht der Betroffenen, bei Krankheit und am Lebensende hilflos einer selbstbezogenen und lieblosen sozialen Umwelt ausgeliefert zu sein. Eben diese Furcht wird durch das beschriebene Vorgehen der Geriaterin, die in ihrem Land höchstgerichtlich bestärkt Formalia einhält, aus ärztlicher und menschlicher Sicht aber in erschreckender Weise versagt, eindrucksvoll als begründet bestätigt. – Dr. med. Martin Zeitelberger

 

In einem als zivilisiert anerkannten Land ist eine Frau unter Gewaltanwendung, wie z. B. auch George Floyd, diesmal allerding heimtückisch vorbereitet und mit unzweifelhafter Tötungsabsicht mit nachträglich richterlicher Rechtfertigung umgebracht worden. Als Begründung dieser Tat wurde ihr mehrdeutiges Papier herangezogen, das jedoch keinesfalls als Aufforderung, sie gegen ihren Willen zu töten, verstanden werden kann. Die über gesetzlichen Regelungen stehenden Menschenwürde und Menschenrechte wurden ihr nicht zugestanden, weil sie nicht mehr in der Lage war, gesetzlichen Anforderungen zu genügen. Der Bericht lässt bezweifeln, dass die Frau bei der Abfassung ihres mehrdeutigen Schreibens infolge des auf sie ausgeübten Drucks autonom handeln konnte und dass sie sich über die möglichen Konsequenzen im Klaren sein konnte, weswegen Dworkins Gedankenexperiment auf ihren Fall nicht anwendbar ist. Sie war nämlich bis zu ihrer Exekution sehr wohl in der Lage, ihren Lebenswillen auszudrücken; das Verständnis von Begriffen ist dazu nicht notwendig.

Dem Argument, dass bei ihr (für sie) unerträgliches Leid vorliege, widersprach sie verbal und durch ihre Abwehrhandlungen unbezweifelbar. Die Frau hatte nicht wie Walter Jens lediglich „zu einem Stück Kuchen“ gegriffen, um ihre Willensentscheidung kundzutun, sondern sich aktiv und deutlich gegen die Gewalttat ihrer Exekution gewehrt. Das spätere richterliche Urteil ist eine deutliche Niederlage für die Selbstbestimmung. Warum wurde ohne Not damals die Tötung durchgeführt, zumal unklar geblieben ist, ob möglicherweise auch weitere Gründe für die Exekution nicht ausgeschlossen werden können. Mit den zitierten Ausführungen des Demenzforschers Hans Förstl kann man auch aus Gründen der Humanität nur ausdrücklich übereinstimmen. – Dr. Wolfgang Simon

 

Wenn ich eines Tages DIE ZEIT nicht mehr lesen kann, wäre das zwar traurig, jedoch kein triftiger Grund, mich vorzeitig von dieser Welt zu verabschieden! Unser Dilemma, im Beitrag angeklungen: wir sind keine Hellseher! Wir sollen schon heute eine Entscheidung vorwegnehmen – im gemütlichen Wohnzimmer, Blick aufs Meer, Champagnerglas in der Hand – die wir eigentlich erst morgen treffen können und müssen, im Intensivbett oder, wenn der Tod schon vernehmbar anklopft! Wäre ich dann nicht mehr ansprechbar, überließe ich die Entscheidung meinen behandelnden Ärzt(inn)en, Schwestern, Pflegern, meine-r/m Betreuer(in), vertrauend auf ihr Ethos und (Ge)Wissen. Sie müßten sich aber zuvor die Frage stellen und ehrlich für sich beantworten: wärst du in der gleichen Situation wie dein dir jetzt anvertrauter Patient – würdest du weiterleben oder lieber sterben wollen? Dabei kurz ausblenden, was alles medizinisch machbar ist – und dann weise entscheiden! Denn: jahrelanges Im-Pflegebett-Liegen, komatös, wo nur Input über PEG-Sonde, Output über Blasenkatheter bilanziert wird – so, wie ich das mehrfach zähneknirschend miterleben durfte, ohne handgreiflich werden zu dürfen – sollte ein für alle Mal zu den Irrwegen der Medizingeschichte gehören! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Vielen Dank für den mich so nachdenklich stimmenden Artikel, der hoffentlich zur Diskussion über das Thema Sterbehilfe auch hier in Deutschland beiträgt. Eine Verständnisfrage im Zusammenhang wäre für mich, was ich unter:“Anschein von Zwang“ bei der Durchführung der Lebensbeendigung zu verstehen habe. – Andreas Lehmann

 

Ausnahmsweise fange ich hinten an, und zwar bezogen auf die Abfolge, in der der Artikel verfasst ist. Viele der -auch widersprüchlichen- Argumente und Sichtweisen auf das Thema Selbstbestimmtes Sterben in Würde kann ich verstehen und auch nebeneinander akzeptieren. Letztlich geht es ja um Leben in Würde. Beeindruckt hat mich die kaum lösbare Frage, mich hinsichtlich der späteren Entscheidung heute schon in mein späteres, dann ja auch krankes Ich hineinzuversetzen. Ein rechtliches und moralisches Dilemma, das hier gut beleuchtet wird. Regelrecht abgestoßen hat mich die dem konkreten Fall zugrunde liegende Schilderung der Umstände des Todes der Patientin. Das Aufwachen während des ärztlich nicht kommunizierten Sterbevorgangs und die Bitte um die Fixierung durch die Angehörigen haben mich Nachhaltig schockiert. Meine im Grundsatz ablehnende Haltung zur Sterbehilfe ist hier Nachdrücklich bestätigt worden. – Thomas Boller

 

Als Erwachsene können wir uns meist nicht daran erinnern wie wir uns selbst als kleine Kinder gefühlt haben. Wir betrachten aber gerne Kinder die „selbstvergessen“ in ihrer eigenen Welt spielen und wir sehnen uns nach solchen offensichtlich glücklichen Zuständen. Auch Menschen mit Demenz „vergessen sich selbst“ im Laufe ihrer Erkrankung. Ob sie sich dabei trotzdem zufrieden und auch manchmal glücklich fühlen hängt viel von ihrem Umfeld ab – ob man sie bemitleidet und ständig nur ihre schwindende Intellektualität im Fokus hat oder ob man sie akzeptiert in ihrem „Anderssein“ und ihnen elementar-sinnliche Erfahrungen ermöglicht. Dies sollten wir bei Patientenverfügungen mit „vorausgreifendem Todeswunsch“ unbedingt berücksichtigen. Das mental vorausgeahnte „unerträgliche Leid“ der niederländischen Frau bezog sich auf Erfahrungen die sie bei ihrer eigenen Mutter gemacht hat: „Auf keinen Fall wolle sie wie ihre verstorbene Mutter in einem Heim für Menschen mit Demenz enden“. Ich finde diese Formulierung sollte uns, im Zusammenhang mit der gewaltsamen Tötung, als Gesellschaft zu denken geben! – Maria Damm-Klein

 


 

 

Leserbriefe zu „Was ist BDS?“ von Thomas E. Schmidt

 

ich bin kein leserbriefschreiber. ich habe selten einen so einseitig interessengeleiteten artikel in der ZEIT gelesen. gegen den eigenen dünnen strich gelesen lautet botschaft: der „atomriese israel“ ist der bedrohte „kleine david“. darum darf er auch gegen etliche un-resolutionen verstossen. ein ministerium für strategische angelegenheiten ist ein notwehrministerum, das im staatlichen auftrag agitieren darf, auch gegen so bedrohliche akteure wie ‚brot für die welt‘ faktische und rechtliche annexion fremden staatsgebietes ist ok. da war doch mal so etwas mit russland und der krim. unzulässiger vergleich. es ist völlig in ordnung, dass in deutschland ausgebildete kampfhunde, im besetzten westjordanland vom israelischen militär eingesetzt, hin und wieder auch palästinensische bürger angreifen. dieser hinweis, verschwiegene wirklichkeit, findet sich nicht im artikel. je konkreter man hinschaut, desto unerfreulicher, unakademischer und unintellektueller wird die wirklichkeit in israel-palästina. manchmal reicht eine reise hinter die „mauer“. und führt zu erkenntnisgewinn. meine empfehlung an den verfasser. ach ja. die „rahmung“. manchmal hilft es den rahmen abzunehmen. dann sieht man das nackte bild – das heißt – die ungeschönte wirklichkeit. und schreibt vielleicht differenziertere artikel. – fred sobiech

 

Wieso ist BDS antisemitisch? Thomas E. Schmidt hat sich sehr mit den Argumenten der israelischen Besatzer beschäftigt, nicht so sehr mit denen der Opfern der Besatzung. Seit dem Auftauchen der BDS-Bewegung „gilt wieder die…Idee, Israel könne und müsse vollständig beseitigt werden. Die Auslöschung des Judenstaates ist jetzt eine Art Regulativ palästinensischer Politik“. Das klingt wie israelische Propaganda und verdreht die Fakten: Die Palästinenser haben bereits 78% des ehemaligen Palästina verloren und doch hat die PLO hat schon vor 30 Jahren eingewilligt, mit den verbliebenen 22 % für einen palästinensischen Staat zufrieden zu sein und Israel anerkannt. Leider vergebens, denn alle israelischen Regierungen haben einen Staat „Palästina“ verhindert und auch Netanyahu hat seinen Wählern versprochen, niemals einer Zwei-Staaten-Lösung zuzustimmen. Die Palästinenser haben eingesehen, dass sie mit Gewalt gegen Unrecht nichts ausrichten können und sich in der Mehrheit „Gott sei dank“ für einen gewaltfreien Widerstand entschieden.

Doch auch gewaltfreier Widerstand wird von der israelischen Regierung als antisemitisch verteufelt und das Täter-Opfer Schema umgedreht. BDS ist eine gewaltfreie, zivile Bewegung, die nichts als das Völkerrecht und die Menschenrechte einfordert: Ende der Besatzung, gleiche Rechte für arabische und jüdische Israelis, Anerkennung des Rückkehrrecht der Flüchtlinge. Letzteres hat nicht automatisch den Verlust der jüdischen Mehrheit in Israel zur Folge und bedroht nicht Israels Existenz, aber dieser Teil des Völkerrechts wird von Israel natürlich als „antisemitisch“ gebrandmarkt. Der renommierte Antisemitismusforscher Professor Benz, dessen neues Buch in derselben Ausgabe der Zeit besprochen wurde, hat gesagt: „Wer die Boykott-Bewegung…. als im Kern als antisemitisch bezeichnet, hat schon Partei ergriffen und sich fanatisieren lassen – und ist zu keinem unbefangenen Urteil mehr fähig.“ Dem kann ich nur zustimmen. – Claus Walischewski

 

Beim Lesen des Artikels stutzt der Leser an einer Stelle, die lautet: „ Judith Butler gehört zu den prominenten Unterstützern, (…,) Bischof Desmond Tutu und natürlich der ewige Adabei (Unterstreichung von mir) Naomi Klein.“ Ich finde es sehr unangemessen, dass sich eine Zeitung, die den Anspruch erhebt, zur Qualitätspresse zu gehören, über eine Person derart despektierlich äußert. Kritik an jemandem ist in Ordnung, das gehört zu unserer Demokratie. Aber abschätzige Äußerungen verbieten sich einem anständigen Schreiber. Mir sind in der ZEIT in der letzten Zeit immer wieder Darstellungen und Formulierungen aufgefallen, die man eher in der Boulevardpresse erwartet. Das Phänomen ist nicht neu, solche „Anpassungen“ finde ich auch in anderen führenden Presseorganen in dieser bedrängten Demokratie. – Herbert Schenk

 

In Zukunft könnte BDS laut zu hören sein: Wenn Netanjahus Regierung wie angekuendigt in den nächsten Monaten Teile des Westjordanlandes annektiert, wird das eine neue und heftige Welle antiisraelischer Proteste auslösen”prognostiziert T.E. Schmidt ganz zutreffend. Schlimm, geradezu fatal wäre es doch, wenn dem nicht so wäre. Wenn das geschundene, kolonisierte palästinensische Volk wieder einmal weitgehend im Stich gelassen wuerde. Wenn Völkerrecht, Gerechtigkeit und Moral nur in Lippenbekenntnissen bemueht und Bundesregierung, Zweierlei-Maas, EU und weitere verantwortliche Akteure es wie gehabt nur mit dem Ausdruck ihrer ach so grossen Sorge bewenden lassen wuerden und weiter in business as usual machen (Ruestungsgeschäfte, ”Sicherheitstechnik – und Konzepte”, Polizeiausbildung, geostrategische Frontbildung usw.). Wollen wir hoffen, dass die weltweite Bewegung fuer Menschenrechte, Gleichstellung und strukturelle Veränderungen sowie gegen Unterdrueckungsgewalt auch ”Palestinian Lives Matter” noch stärker auf ihre Fahnen schreibt!

Herr Schmidt erweckt mit seinem Artikel den Eindruck, er sei besonders gut ueber BDS informiert. Umso absurder ist es, dass er dennoch versucht, die völkerrechtliche Legalität und politische Legitimität dieser zivilgesellschaftlichen Bewegung ständig mit Falschbehauptungen, Verdächtigungen und Ablenkungsmanövern zu untergraben, um die alten Dogmen noch ueber ”Die Zeit” zu retten. Wer hat ihm hier die Hand gefuehrt? Wenn die Verwirklichung von internationalem Recht und Demokratie Israel in seinem Bestand gefährdet, dann läuft doch mit der herrschenden Staatsdoktrin in diesem Land etwas grundlegend falsch! Ein halbes Dutzend Beispiele ueber die diskriminierenden Verhältnisse in Israel selbst, die brutale Unterdrueckung und Enteignung in den besetzten Gebieten und die tagtäglichen gewohnheitsmässigen Verbrechen der israelischen Okkupationsarmee wuerden das ganze argumentative Kartenhaus von T.E. Schmidt zusammenfallen lassen. Warum haben die arabischen Israelis und erst Recht die Menschen im Westjordanland und in Gaza all das passiv hinzunehmen? Welchem ”Frieden” sollen sie sich unterwerfen, – der Friedhofsruhe? Ist es nicht offensichtlich, dass derartige Verhältnisse nicht von Dauer sein können? Der grosse Daniel Barenboim hat es mit einem einzigen Satz nach der letztjährigen Apartheid-Gesetzgebung in Israel auf den Punkt gebracht: ”Ich schäme mich, Buerger dieses Landes zu sein”.

Ich kenne die Verhältnisse beiderseits der Mauer, ich habe Freunde dort. Es gibt auch ein anderes Israel als nur das offizielle. Die zahlreichen Stellungnahmen von fortschrittlichen Israelis sind Ihnen, Herr Schmidt, mit Sicherheit bekannt. Sie sind beileibe nicht alle BDS-Unterstuetzer, aber eines eint sie: Eine menschenwuerdige Zukunft gibt es nur, wenn es zu einem historischen Interessenausgleich in der Region kommt – ohne Rassismus, ohne Diskriminierung, Unterdrueckung und Herrenvolksallueren. BDS ist der Notschrei eines unterdrueckten Volkes. Niemand hat das Recht, den Palästinensern ihr einzig verbliebenes ziviles und effektives Kampfmittel streitig zu machen. BDS richtet sich uebrigens gegen alle weltweit, die von Unterdrueckung und Besatzung profitieren, nicht nur gegen israelische Akteure und war bisher recht erfolgreich. Der europäische Gerichtshof fuer Menschenrecht hat soeben einstimmig gegen vorinstanzliche Urteile in Frankreich entschieden: BDS-Aktivitäten sind durch die Meinungsfreiheit gedeckt, die verurteilten Aktivisten sind zu entschädigen. Ich bin ziemlich sicher, dass dieses Urteil auch bei den laufenden Verwaltungsrichtsverfahren in Deutschland in Sachen Raum- und Veranstaltungsverbote zum Thema BDS Beachtung finden wird. T.E. Schmidt schliesst seinen Artikel mit einer nur schlecht verhuellten Drohung:

”Der Einfluss von BDS ist ein gesellschaftlicher, und mit staatlicher Politik wird er kaum zurueckzudrängen sein. Differenzierende Nachfragen sind es, die Sympathisanten dazu zwingen, ihre Haltung zu den BDS-Zielen zu präzisieren. Ein jeder von ihnen muesste offenlegen, wie weit er bereit ist, die Ziele dieser Bewegung mitzutragen.” Geht`s noch, Herr Schmidt? Fehlte nur noch, dass Sie die Anschrift des Bundes”antisemiten”jägers Klein mitgeteilt hätten, dem derartige Geständnisse in dreifacher Ausfertigung vorzulegen sind, damit der Boykotte und Sanktionen (berufliche Nachteile, Veranstaltungsverbote, Rufschädigung, Zensur usw.) eigener Art vorbereiten kann. Andersherum wird ein Schuh daraus: Sie, Herr Schmidt, sollten in sich gehen und offenlegen, ob und wie weit Sie bereit sind, demokratische Verfassungsgrundsätze, Völkerrecht und politische Moral mitzutragen! – Hermann Dierkes

 

Mit dem Artikel über BDS hat Thomas E. Schmidt eine Polemik von Halbwahrheiten, Unterstellungen und eigenen Interpretationen hingelegt, die redlichem Journalismus widersprechen! Eine adäquate Replik darauf ist angebracht! Am 11.6. hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Frankreich wegen „Verletzung der Meinungsfreiheit“ verurteilt. Grund: das Gericht in Mühlhausen hat 2015 12 BDS-Aktivisten verurteilt, weil sie 2010 zum Boykott israelischer Produkte aufgerufen hatten. Der EGMR, der kein Organ der EU, sondern des Europarates ist, entschied, dass die französischen Richter die Garantie der Meinungsfreiheit aus Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention(EMRK) nicht ausreichend berücksichtigt hätten. Das ist ein aufsehenerregendes Urteil und wird sicher auch von hiesigen Gerichten beachtet, die derzeit etliche Klagen wegen Einschränkung der Meinungsfreiheit im Rahmen von BDS-Veranstaltungen verhandeln. (Das Urteil: http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-202756) Ist Thomas E. Schmidt etwa auch vom „Ministerium für Strategische Angelegenheiten“ geschult worden, das im Auftrag der israelischen Regierung eine Gegenkampagne zu BDS organisiert?

In ihrem Buch „Legitimer Protest“ analysieren zwei israelische Filmemacher, mit welchen Methoden die Anti-BDS-Kampagne vorgeht. Neben der Durchsetzung von „neuen Formen der Meinungsfreiheit“ soll auch die „akademische Freiheit durch Denunziation von Professoren und akademischem Lehrpersonal“ eingeschränkt werden, schließlich soll auch „das Völkerrecht, einschließlich des Kriegsrechts und der Menschenrechte“ angepasst werden: „Seit Anfang des 21. Jahrhunderts nehmen die politischen EntscheidungsträgerInnen Israels, unterstützt von StrategInnen, JuristInnen und Forschenden, an einer globalen Offensive teil, um das Völkerrecht – insbesondere das Kriegsrecht und die Menschenrechte – den heutigen Realitäten der vom Terrorismus bedrohten liberalen Demokratien anzupassen.“Wenn man die Erosion des Völkerrechts anschaut, das mit den Annexionsplänen der Netanjahu-Regierung ihren Höhepunkt erreicht, liegt der Schluss nahe, dass dies im „Ministerium für Strategische Angelegenheiten“ entwickelt wurde. Im Zusammenhang mit der BDS-Resolution des Bundestags vom Mai 2019 haben zahlreiche israelische Intellektuelle an die Bundesregierung appelliert, BDS nicht mit Antisemitismus gleichzusetzen. Denn diese Gleichsetzung ziele vor allem darauf ab, um legitime und notwendige Kritik an Israels Menschenrechtsverletzungen und der Besatzungspolitik abzuwehren. Und das dürfe nicht sein.

Tatsächlich wird in deutschen Mainstream-Medien kaum über die alltäglichen nächtlichen Hausdurchsuchungen in Ost-Jerusalem oder in der Westbank berichtet, die oft mit der Inhaftnahme von palästinensischen Kindern und Jugendlichen endet. Kaum eine Meldung über Häuserzerstörungen oder den Raub von palästinensischen Agrarprodukten, um nur einige der Verbrechen zu nennen. Stattdessen wird überall hinter einer Kritik an der israelischen Besatzungspolitik der Antisemitismus postuliert und kritisiert. Darum trauen sich kaum noch Journalisten, die gravierenden Menschenrechtsverletzungen von Siedlern und Soldaten anzuprangern. Ich würde mir wünschen, dass in den Debatten um BDS und Antisemitismus kritische Stimmen aus Israel viel stärker Gehör und Beachtung finden. Sie haben ein völlig anderes Verständnis von BDS als Thomas E. Schmidt. – Annette Groth

 

Herr Schmidt hat offensichtlich elementare Fakten zum Nahost-Konflikt nicht zur Kenntnis genommen. So hat er nicht mitbekommen, dass Nethanjahu zu keinem Zeitpunkt seiner politischen Laufbahn für die Zweistaatenlösung eingetreten ist. Schon vor Trump wurde aus dem israelischen Kabinett heraus Annektionen im Westjordanland gefordert. Dank Trump ist das jetzt auch Regierungsprogramm. In der Rückschau erweist sich die Siedlungspolitik als Vorbereitung auf diese Annektionen. Siedlungspolitik ist gleichzeitig Vertreibungspolitik, das wird in einer Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages konkret beschrieben.1 Sie ist und war ein planvoll eingesetztes Instrument zur Schaffung der demografischen Voraussetzungen für Annektion. Vor diesem Hintergrund die Frage zu stellen, „ob die destruktive Qualität der BDS-Bewegung nicht vielmehr darin liegt, dass sie eine an Frieden orientierte Bearbeitung des Nahostkonflikts kategorisch abweist“ drückt ein schwer fassbares Ausmaß an Ignoranz aus. Hat Herr Schmidt nicht mitbekommen, dass die Zweistaatenlösung von der Mehrheit der wissenschaftlichen Fachwelt als nicht mehr gegenwartstauglich eingeschätzt wird, weil Israel und nicht die Palästinenser „eine an Frieden orientierte Bearbeitung des Nahostkonflikts kategorisch abweist“?

Hat er sich jemals die Frage gestellt, was sich aus palästinensischer Sicht aus dieser Lage ergibt. BDS-Führers Barghouti fordert gemeinsamen Staat nach dem Prinzip One-Man-One-Vote. Aus israelischer Perspektive wird dies als ein Bestreiten des Existenzrechts Israels als jüdischer Staat interpretiert. Welche staatliche Lösungsoptionen gibt es aber, die Menschen- und Selbstbestimmungsrecht für die Palästinenser gewährleisten? Besteht die implizite Unterstellung der Aussage Schmidts nicht darin, dass er den Palästinensern einen Status minderen Rechts auf Dauer zumutet und die konstruktive Qualität palästinensischer Politik sich darin zu erweisen hätte, dass sie sich damit abfindet? Barghoutis Lösungsansatz ist aus israelischer Sicht „israelbezogener Antisemitismus“ weil er Israel als jüdischen Staat in Frage stellt. Nach ebendieser Logik wäre von „palästinabezogenen Rassismus“ zu sprechen bei einem Lösungsansatz, der den Palästinensern Menschen- und Selbstbestimmungsrecht vorenthält – es sei denn, man akzeptiert doppelte Standards. 1 https://www.bundestag.de/blob/515092/…/wd-2-026-17-pdf-data.pdfHelmut Suttor

 

Das Urteil des Europäische Gerichtshof für Menschenrechte EGMR) ist eine sehr gute Antwort auf Ihren Beitrag! Ob die Redaktion der ZEIT auf dieses Urteil reagieren wird?? Diese Entscheidung, verkündet am 11.6. 2020, mit dem französische BDS-Aktivisten ihr Recht gegen den Staat Frankreich bekamen (der ihnen eine Entschädigung von 7000 € pro Person für den moralischen Schaden zahlen muss), ist von großer Bedeutung. Es ist ja nicht nur so, dass der EGMR der Meinungsfreiheit Vorrang gegeben hat – das hat er auch, aber da könnten die Anti-BDS-Aktivisten noch gut mit leben, denn Meinungsfreiheit gilt auch für die AfD. Vielmehr: Der EGMR hat den BDS-Aktivisten bescheinigt: „Fehlen rassistischer oder antisemitischer Äußerungen und von Aufrufen zu Hass, Gewalt und Intoleranz“: BDS ist nicht antisemitisch. Punktum. Text des Urteils: http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-202756 Dort am Anfang die Zusammenfassung der wesentlichen Punkte des Verfahrens, zuerst im französischen Original, dann in meiner deutschen Übersetzung (deepl.com und dann nachgebessert):

Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention betrifft die Freiheit der Meinungsäußerung, Artikel 7 den Grundsatz, dass es für eine Verurteilung ein entsprechendes Gesetz geben muss. ARRÊT Art 10 • Liberté d’expression • Action militante en faveur du boycott des produits en provenance d’Israël pénalement réprimée comme discriminatoire, sans motifs pertinents et suffisants • Appel au boycott protégé par l’article 10 en tant que modalité d’expression d’opinions protestataires • Différences établies avec l’affaire Willem c. France • Influence des requérants, simples citoyens, incomparable à celle d’un maire • Action tendant à provoquer ou stimuler le débat sur un sujet d’intérêt général • Absence de propos racistes ou antisémites et d’appel à la haine, la violence et l’intolérance • Absence de violence ou dégâts matériels Art 7 • Nullum crimen sine lege • Existence d’un précédent jurisprudentiel rendant prévisible une condamnation pénale URTEIL (genauer gesagt: Tenor des Urteils) Artikel 10 • Meinungsfreiheit • Aktives Engagement zugunsten des Boykotts von Produkten aus Israel, das ohne sachdienliche und ausreichende Gründe als diskriminierend kriminalisiert wird

– Boykottaufruf, geschützt durch Artikel 10 als Mittel, um Proteste zu äußern • Unterschiede zum Fall Willem gegen Frankreich • Einfluss der Antragsteller, einfacher Bürger, unvergleichbar mit dem eines Bürgermeisters • Aktion, die darauf zielt, eine Debatte über ein Thema von allgemeinem Interesse zu provozieren oder anzuregen • Fehlen rassistischer oder antisemitischer Äußerungen und von Aufrufen zu Hass, Gewalt und Intoleranz • Fehlen von Gewalt oder Sachbeschädigung Artikel 7 – Nullum crimen sine lege – Existenz eines Präzedenzfalles in der Rechtsprechung, der eine strafrechtliche Verurteilung vorhersehbar macht. (Die Beschwerdeführer hatten vorgebracht, es habe ja überhaupt kein Gesetz zu ihrer Verurteilung gegeben; das sah die Mehrheit des Europäischen Gerichtshof nicht so.) – Dr. Martin Breidert

 

Meinen Sie im folgenden Absatz „Israelis und israelische Organisationen“ anstatt ‚Juden und jüdische Organisationen‘? „In islamischen Ländern mit jüdischen Minoritäten hat das konkrete Auswirkungen. Dort gibt es kein BDS, wohl aber eine einflussreiche >Antinormalisierungskampagne<, welche vorschreibt, dass es auf keiner Ebene und in keinem Bereich eine Zusammenarbeit mit Juden oder jüdischen Organisationen geben dürfe.“ (auch dann trifft die Aussage, in islamischen Ländern mit jüdischen Minoritäten werde vorgeschrieben, dass es auf keiner Ebene und in keinem Bereich Kooperation mit Israelis gäbe, allerdings nicht wirklich zu. Welche islamischen Länder mit jüdischen Minoritäten meinen Sie? Oder ist Ihnen damit der gleiche Fehler unterlaufen, den man auch in den Öffentlichkeiten islamischer Länder manchmal hört: Die Verwechslung der Termini jüdisch und israelisch? Bei der Beschreibung der Verhältnisse vor Ort sollte man auch nicht die Bürger vergessen, die sich – in der muslimischen Welt! – gar nicht an den Antinormalisierungsbeschluss halten.

zB: In Marokko gibt es seit Jahren ein sehr lebhaftes und breites (also nicht nur in der Hauptstadt) Interesse an jüdischer Kultur. Überall im Land werden die jüdischen Kult- und Kulturstätten restauriert. Jüdischer Tourismus nach Marokko (aus den USA wie aus Israel!) wird gefördert. Es gibt den jüdischen Berater des Königs, von dem Sie sicher schon gehört haben. In Ägypten gibt es weiterhin Forschung und Veranstaltungen zu jüdischem Leben vor Ort. Diese Nachricht stammt zB aus diesem Jahr: http://english.ahram.org.eg/NewsContent/9/44/366807/Heritage/Museums/Ben-Ezra-synagogue-is-today%E2%80%99s-virtual-tour-by-the-.aspxAuch in anderen islamischen Ländern mit jüdischen Minoritäten stieg in den letzten 15 Jahren das Interesse an den eigenen jüdischen Communities und ihrer Geschichte. Dazu kann ich die Arbeiten von Prof. Kamil aus Erfurt empfehlen. Sicher findet sich auch hier mehr Wissen: https://www.jmberlin.de/en/jews-in-muslim-majority-countriesProf. Dr. Sonja Hegasy

 

BDS ist zweifellos eine kritisierbare Kampagne, da sie unter anderem auch antisemitische Strömungen in ihren Reihen zu verbuchen hat. Die Kritik in Ihrem Artikel erscheint mir allerdings viel zu einseitig. Er nimmt nicht auf, dass Israels Umgang mit Palästinenser*innen diskriminerend und menschenrechtsverachtend ist. Das Ziel von BDS war es, eine gewaltfreie Protestbewegung zu sein, die auch die Außenwelt auf diese Missstände aufmerksam machen möchte, wofür sie heute noch genau so steht. Einzelne antisemitische Vertreter*innen delegitimieren nicht das unterstützenswerte Anliegen der Bewegung, Menschenrechtsverletzungen zu beenden. Gerechtfertigte Kritik an israelischer Politik heißt nicht, antisemtisch zu sein. Dass Israel diese Gleichsetzung allerdings in den letzten Jahren durch seine Rhetorik erfolgreich vorangetrieben hat, sodass sie unter anderem vom Deutschen Bundestag in seiner Definition zu Antisemitismus aufgenommen wurde, ist keine Errungenschaft, wie der Artikel es darstellt, sondern eine durchaus gefährliche Entwicklung. Denn so werden die von Israel begangenen Menschenrechtsverletzungen international legitimiert. In Zukunft würde ich mir eine differenziertere Darstellung zu diesem Thema wünschen. – Laura Balasus

 

Der Artikel erscheint in der Rubrik FEUILLETON. GOOGLE definiert ‚Feuilleton‘ so : „literarischer, kultureller oder unterhaltender Teil einer Zeitung“Um den Empfängern dieses Leserbriefes die Beurteilung zu ermöglichen, ob BDS tatsächlich nurder Definition entspricht, hänge ich den Aufsatz (von Thomas E. Schmidt) in zwei Teilen an. In meinen Augen gehört die BDS-Entlarvung ganz wo anders hin, nämlich – auf die Seite 1 aller Zeitungen. Denn erst mit vereinten Kräften alle Medien-Mächte kann die Situation im nahen Osten verwandel werden zum“Land, wo Milch und Honig fließen“. Die „Quadratur des Kreises“ ist ein Kinderspiel im Vergleich zur aktuellen „Unlösbarkeit der Probleme“ um ISRAEL und PLO. Die Warnungen von überall her wegen der Annexion des Westjordanlands „und überhaupt“ – sind Ergebnisse der Lust von Berufs-Schreibern. Sie spiegeln totalen Unglauben, dass der Schöpfer „schon ganz andere Dinge zustande brachte“ und seit jeher für erstaunliche Überraschungen gut war.

Mein bescheidener Vorschlag (an verschiedene Adressen in Israel, aber auch an Christen, die „den Gott Abrahams“ anbeten) nimmt die Abstammungslehre der Juden aufs Korn: Wie bekannt, bezieht sich ERETZ ISRAEL auf den ‚Stammvater Jakob‘. Der Segen, der (aber) vom Schöpfer dem Großvater Abraham zugesagt war, wird von jüdischer Seite den „Kindern Ismaels“ ebenso vorenthalten wie den „Kindern Esaus“, wer immer darunter zu verstehen ist. Insofern hat die aktuelle Situation ähnliches Potential „wie die alte Brudermord-Geschichte von Kain + Abel“. Ich traue den Weisen in Israel zu, daraus das Beste zu machen. Hilfreich wäre, wenn auch die ZEIT-Weisen ‚das‘ anpeilen – immer wieder auf Seite eins. – Jürgen Friedrich

 


 

 

Leserbriefe zu „»Wildfremde Leute fassen einem in die Haare«“. Gespräch mit Aminata Touré geführt von Mariam Lau

 

Im Interview mit Frau Toure steht u.a. :“ Im Antirassismus-Training lernen Teilnehmer, sich als Angehörige von Rassen zu verstehen: als Weiße, als People of Color:“. Inzwischen sollte es sich doch herum gesprochen haben, dass es nach unserer menschlichen DNA so etwas wie „Rasse“ gar nicht gibt. In der Jenaer Erklärung des Jahres 2019 haben die Wissenschaftler festgehalten, dass es für „Rasse“ keine biologische Begründung gibt. „Der Nichtgebrauch des Begriffs Rasse sollte heute und zukünftig zur wissenschaftlichen Redlichkeit gehören.“ – Klaus Friedrich

 

Ich beziehe mich mit dieser Wortmeldung auf den obigen Artikel und die aktuelle Berichterstattung zu der Fragestellung, ob und inwieweit es in staatlichen Institutionen Strukturen gibt, die für Menschen anderer Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht usw. zu Benachteiligungen bis hin zur Gewalt führen. Ich verstehe nicht, dass es immer wieder Verantwortliche auf allen Ebenen gibt, die solche Strukturen nicht sehen wollen und reflexartig verneinen, wie dies beispielsweise Herr Merz aktuell gerade wieder verlauten ließ. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Ausgrenzung, Hass und Gewalt für jeden, der es sehen will, zunehmend das friedliche Zusammenleben erschweren. Die Mitarbeiter staatlicher Institutionen sind Teil dieser Gesellschaft und viele von ihnen arbeiten oft über Jahrzehnte in Bereichen, in denen es „brodelt und stinkt“.

Das geht nicht spurlos an diesen Menschen vorüber und wenn solche Mitarbeiter nicht von verantwortlichen Vorgesetzten und Politikern aufgefangen und immer wieder korrigiert werden, dann schleichen sich auch dort Verhaltensweisen ein, die absolut besorgniserregend sind. Dies gilt umso mehr für einen öffentlichen Dienst, der gerade in den Bereichen, die täglich „an der Front“ ihrer Tätigkeit nachgehen, ein Stück weit kaputtgespart und seiner Ressourcen beraubt wurde. Es bedarf meines Erachtens durchgängiger Bemühungen aller Verantwortlichen hier immer wieder sofort und entschlossen zu reagieren. Dazu gehört es nicht, Probleme zu negieren oder klein zu reden. Zusammenfassend bin ich deshalb mit dem Inhalt des geführten Interviews „Wildfremde Leute fassen einem in die Haare“ und der Einschätzung von Frau Esken (Vorsitzende der SPD) sehr einverstanden. Das deckt sich mit meinen jahrzehntelangen Erfahrungen im Bereich staatlicher Institutionen. – B. Altinger

 

Ich habe mich sehr gefreut, dass Sie in der aktuellen Ausgabe die vielversprechende Grünen-Politikerin Aminata Touré haben zu Wort kommen lassen. Als Sprecherin ihrer Partei für Antirassismus war sie eine kompetente Interviewpartnerin, was sie in dem Gespräch auch unter Beweis gestellt hat. Leider wurde durch den Beginn des Interviews schnell deutlich, dass die Interviewerin anscheinend noch nicht verstanden, dass das Problem, gegen das in Amerika und auch bei uns in Deutschland auf die Straße gegangen wird, struktureller Rassismus ist, der so tief in uns sitzt und mit dem wir alle sozialisiert worden sind. Oder wie kann es sonst sein, dass eine schwarze Politikerin als erstes nach ihren persönlichen (individuell erfahrenen, nicht strukturellen) Rassismuserfahrungen befragt wird? Touré selber sagt sehr treffend, dass diese Frage für schwarze Menschen (re-)traumatisierend sein kann. Diesen Artikel mit „Wildfremde Leute fassen einem in die Haare“ zu überschreiben, zeigt ebenfalls, dass ihm die Auffassung zugrunde liegt, dass Rassismus (bei uns in Deutschland) etwas ist, was nur bösen Einzelnen aus der rechtsradikalen Ecke „passiert“. – Franziska Otto

 

Es scheint gerade im Trend zu liegen Personen mit Migrationshintergrund, die Karriere gemacht haben, die beruflich erfolgreich sind, auf ihre Herkunft und ihre Ausgrenzungserfahrungen zu reduzieren. Dabei hätten sie sicherlich noch viel mehr zu sagen, als Journalistinnen, als Vizepräsidentin eines Landtages, als PolitikerInnen ect. Reduzieren wir unsere MtbürgerInnen, die sich für die Gesellschaft einsetzen, die tolle Positionen besetzen jetzt wieder zu einer Gruppe die vorrangig zu ihrer Herkunft und Hautfarbe befragt werden? Dieser Trend erinnert mich an die Berichterstattung von erfolgreichen Frauen, die auch erst nach ihrem „Familiengedöns“ und ihrer Rolle in der Männerwelt befragt wurden, bevor es um inhaltliche Themen ging. Da hat sich zum Glück einiges verändert, jetzt werden Migrantinnen und Migranten in diese Rolle gedrängt, wenn nicht sogar darauf reduziert. Schade, sie hätten soviel mehr zu sagen!!!

Diese Frauen und Männer sind für mich ein Beispiel, wie es gelingen kann, trotz Schwierigkeiten seinen Weg zu finden. Hierüber, über ihre Leistungen, ihre Arbeit, ihren Einsatz zu berichten, würde auch andere motivieren und Mut machen, diesen Weg zu gehen. Ein Politiker mit Migrationshintergrund der im Deutschlandfunk zum Thema Rassismus befragt wurde meinte, er würde gern mal wieder über seine Arbeit und seine Projekte sprechen. Der Journalist entschuldigte sich kurz und meinte , er würde das aufnehmen. Ist doch schon mal ein guter Anfang. Dies ist keine richtige Kritik, eher eine Anregung. Ich lese alles von Ihnen, immer gerne, und in den allermeisten Fällen stimme ich Ihnen zu. – Marlies Wenzel

 

Die Überschrift «Wildfremde Leute fassen einem in die Haare» weckt eine Kindheits-Erinnerung: Es ist Winter 1944. Vor dem Gasthaus des Alpendorfes hält der offene Pferde-Schlitten des Bäckers aus dem Nachbardorf. Er öffnet die Sitzbank und reicht meiner Mutter ein warmes Brot. Dann fast er mich (damals ca. 3,5 Jahre alt) oben am Kopf dreht ihn hin und her und meint: «Dein Kopf ist so rogel, pass auf, dass er nicht runter fällt.» Der Scherz eines freundlichen Mannes. Nicht harmlos ist es, wenn wildfremde Leute einer Frau ins Haar fassen, es sollte als Straftat behandelt werden. Die Erinnerungen gehen weiter: Meine Mutter wohnte damals mit uns Kindern kriegsbedingt bei meiner Grossmutter und ihren zwei erwachsenen Kindern in einer Geusche (Blockhaus, Baujahr 1673).

Grossmutter hatte mit 28 Jahren meinen damals 58 Jahre alten Grossvater geheiratet. Davor hatte sie als Magd gearbeitet und ihre zwei ledigen Kinder weg geben müssen. Grossvater hatte als nicht erbberechtigter Bauernsohn fast ein ganzes Leben lang (er starb mit 68) als Holz-Arbeiter gearbeitet, um sich durch Kauf der Geusche die Grundlage für eine Heirat zu schaffen. Damals gab’s weitverbreitet praktisch ein Heiratsverbot für arme Leute und Dienstboten. Deren gab es viele. Allein auf einem der Höfe im Dorf arbeiteten einstmals 14 Knechte und 7 Mägde. Auch die Kinder meiner Grossmuter, die in der Geusche lebten, gründeten keine Familien. Es fehlten die materiellen Grundlagen.

Touré sagt: «In den Schulen muss zum Beispiel über Kolonialismus oder Sklavenhandel geredet werden.» Richtig. Es ist aber auch hilfreich, wenn in den Schulen Afrikas davon geredet wird, dass es in Mitteleuropa üblich war, dass nur ein Bauernsohn den Hof erben konnte, und die anderen Kinder (falls Alternativen fehlten, was oft de Fall war) sich als Dienstboten verdingen mussten, ein Leben lang hart arbeiten mussten und keine Familie gründen konnten. Das war notwendig, um das Bevölkerungswachstum den Ressourcen anzupassen und so Hungersnöte zu vermeiden. Doch was betrifft dies Schwarze, es war doch ein Problem der Weissen? Nun, auch die heutigen Europäer sind nicht schuld am Sklavenhandel, ebenso wie wohl weit über 90 Prozent ihrer Vorfahren. Umgekehrt hatte der afrikanische Inselstaat Sansibar seinen Wohlstand durch Jahrhunderte langen Sklavenhandel erworben. Eroberungszüge und Sklaverei gingen auch von Nord-Afrika aus. So wurden die Küsten Europas im Mittelalter bis hinauf nach Island (dies im Jahre 1627) von afrikanischen Sklavenjägern heimgesucht. Zwischen 1530 und 1780 wurden so über eine Millionen Europäer versklavt. Seeräuberei war damals Haupteinnahmequelle zwischen Tunesien und Libyen. Diese Situation wurde nicht durch ein Umdenken beendet, sondern durch politische Entwicklungen.

Die damalige Situation der Dienstboten in Mitteleuropa zu thematisieren ist wichtig. Denn nicht nur in Afrika gibt’s wirtschaftliche Notwendigkeiten, die mit der genannten Situation vergleichbar sind (mit faireren Lösungsmöglichkeiten). In Afrika ergibt sich diese Notwendigkeit daraus, dass sich laut einer UN-Prognose die dortige Bevölkerung bis 2050 verdoppelt. Das Reden über den Sklavenhandel ist natürlich ebenfalls wichtig, nur sollte es nicht missbraucht werden zur Kollektiv-Schuldbelastung der weissen Durchschnittsbürger und zur Verantwortungs-Entlastung der schwarzen Eliten. Denn die demographischen, ökologischen und ökonomischen Probleme können nur gemeinsam gelöst werden.

Bezüglich aller drei Problemkreise sind Einschränkungen nötig. Beim Thema Demographie betrifft das eher den Süden, beim Thema Ökologie eher den Norden. Tatsache ist, dass der Klimawandel kein Problem wäre, wenn es weltweite die geringe Geburtenrate der meisten Industrieländer (z.B. in Südkorea unter 1) gäbe. Touré schreibt «Am Ende muss stehen, dass diese Kategorien keine Rolle mehr spielen.» Das ist richtig, allerdings muss dies auch gelten in Bezug auf die gemeinsame politische Verantwortung für eine gute Zukunft. Der Weg dorthin besteht darin, gemeinsam die Probleme bei den Themen Demographie, Ökologie und Ökonomie anzugehen.

Alle drei sind miteinander verknüpft sind und daher auch gleich wichtig (global und lokal). Ganz kurz: Wirtschaftswachstum kann (vor allem aus ökologischen Gründen) materielle Ungleichheit nicht beseitigen. Daher sind Transferleistungen nötig, die aber mit der Förderung weltweiter, demographischer Verantwortung verbunden sein müssen. Das gemeinsame Bemühen um die Lösung der Zukunftsprobleme kann gegenseitigen Respekt verstärken und helfen, Gräben aller Art zu überwinden. – Dr. tech. Gernot Gwehenberger

 

Zuerst möchte ich Ihnen für den erwähnten Artikel danken. Er beleuchtet ein Problem das wir auch in Deutschland haben, sehr objektiv. Ich gebe Frau Toure Recht, dass es einem den Alltag erschweren und das Zugehörigkeitsgefühl deutlich dämpfen kann wenn man solche Dinge erlebt. Zumal ich einmal in der Karibik am eigenen Leib erfahren habe was es heißt, auf Grund seiner Hautfarbe diskriminiert zu werden. Kein schönes Erlebnisse aber nun weiß ich wie sich das anfühlt. Als weiße Frau von einer dunkelhäutigen Frau nur auf Grund meiner hellen Haut diskriminiert/schikaniert zu werden war sehr lehrreich. Es gibt also auch Diskriminierung anders herum! Bei aller brechtigter Kritik sollte man aber aufpassen nicht von der „falschen Seite“ vom Pferd zu fallen. Es ist nicht korrekt wenn man unbekannten Menschen zu Nahe kommt (Titel des Artikels) und es ist auch nicht zu rechtfertigen Menschen nur auf Grund einer anderen Hautfarbe einen Job oder eine Wohnung zu verweigern. Die Frage wo kommen Sie her gehört aber nun wirklich nicht dazu.

Darin gleich eine Diskriminierung zu sehen, finde ich eindeutig übertrieben. Mein Glaubensbruder, ebenfalls mit dunkler Hautfarbe, hat mir damals diese Frage beim Kennenlernen ganz einfach beantwortet, ich komme aus Heidelberg. Und damit war es auch gut. Weder hat er es als Diskriminierung aufgefasst noch war es von mir so gedacht. Genauso wenig möchte ich mich von selbsternannten Sprachpolizisten darüber belehren lassen, welche Worte ich gebrauchen darf oder nicht. Ich bemühe mich im Alltag mit meinen Worten und meinem Verhalten möglichst niemanden zu nahe zu treten und die Höflichkeit zu wahren die mir meine Eltern beigebracht haben. Aber gleich unter Generalverdacht gestellt zu werden nur weil ich das Wort „Mohrenkopf“oder „Zigeunerschnitzel“ verwende, geht mir eindeutig zu weit. Es gibt sicher einige Worte auch in unserer Sprache die eindeutig rassistisch sind und deren Gebrauch man vermeiden sollte um andere Menschen nicht zu kränken. Aufklärung ist auch hier wichtig!

Aber man sollte auch aufpassen nicht von einem Extrem ins andere zu fallen. Ich denke es besteht auf beiden Seiten Handlungsbedarf. Das Menschen durch Demonstrationen auf dieses Problematik aufmerksam machen ist richtig und ihr gutes Recht. Ich würde mir dann aber auch wünschen, dass diese Demonstranten im Alltag ebenfalls Zivilcourage zeigen wenn Sie zBsp. in der Straßenbahn Zeuge einer solchen Diskriminierung werden. Erst dann wird sich auch was ändern. Jeder Mensch, egal welcher Hautfarbe oder Herkunft, sollte bei sich selbst anfangen und sein Handeln überdenken. Behandle den anderen so wie du auch von ihm behandelt werden möchtest, egal wer du bist und wo der andere herkommt. Ich denke es besteht auf allen Seiten Handlungsbedarf. – C.Pflug

 

Überzogener Antirassismus kann Rassismus schüren Gegenwärtig wird mehr über Rassismus-Probleme geschrieben und diskutiert. Das ist unbedingt richtig, wenn es um physische oder verbale Hass-Attacken geht, bei denen ein rassistischer Hintergrund deutlich wird. Oder wenn Frau Touré über Vermieter berichtet, die keinesfalls einen schwarzen Mieter haben wollen. Aber ist die Frage „wo man herkommt“, an der sie sich stört, immer gleich als rassistisch einzustufen? Es gibt von Natur aus im Menschen die Eigenschaft, dass ihm „Fremdes“ auffällt, er es beobachtet, einzustufen sucht und sich skeptisch verhält. Wir kennen das als normale und harmlose Reaktion bei Kleinkindern, die „fremdeln“. Bei größeren Kindern bis zu Erwachsenen ist es ähnlich, wenn sie Ungewohntes wahrnehmen. Da kann die Frage „wo man herkommt“ Neugier sein, Versuch etwas einzuordnen und zu verstehen – oder auch, abhängig von Unterton und Zusammenhang, rassistisch. Das sollte man unterscheiden. Den harmlosen Frager mit einem Rassismus-Vorwurf anzugreifen, kann ihn in die falsche Richtung treiben. – Dipl.-Phys. Ulrich Waas

 

Das wäre schön, wenn am Ende die Kategorien keine Rolle mehr spielen würden! Allerdings fürchte ich, dass sie immer eine Rolle spielen werden, solange es sie gibt, denn jeder Mensch wächst in einer bestimmten Familie und Umgebung bzw. Gruppe auf und steht zunächst einmal allem Fremdem manchmal neugierig, meistens aber skeptisch bis feindselig und häufig abwertend gegenüber. Das betrifft übrigens nicht nur die Hautfarbe, sondern auch die Gefühle und das Verhalten, wie man an der immer noch verbreiteten Ablehnung von Lesben und Schwulen sehen kann. Die eigenen Vorurteile zu erkennen und sich möglichst von ihnen zu befreien ist meines Erachtens eine Leistung, für die der Staat zwar gute Voraussetzungen schaffen kann, z. B. durch Aufklärung und Antidiskriminierungsgesetze, die aber letztlich jede*r selbst vollbringen muss. – Dr. Ulrich Willmes

 

Miriam Nau bezieht sich in ihrem Interview darauf, dass in Anti- Rassismus- Trainings Teilnehmer_innen lernen, sich als Angehörige einer „Rasse“ zu verstehen. Ich frage mich, ob diese Aussage absichtlich provokativ gestellt wurde oder ob sie auf Nicht-Wissen basiert? Meiner Meinung nach spiegelt sie genau die Ingoranz wider, in die man im „anti-rassistischen Sinne“ nicht verfallen sollte. Es ist deutlich zu erkennen, dass sich die Autorin nicht ausreichend informiert hat, da diese Behauptung schlichtweg falsch ist! Zu lernen sich als „Weiße“ oder „People of Colour“ zu verstehen, kann nicht damit gleich gestellt werden sich als Angehörige einer „Rasse“ zu verstehen. Anti- Rassismus- Training ist darauf ausgelegt, genau diesen konstruierten Begriff der „Rasse“ zu hinterfragen und sich dessen historischen Machtstrukturen bewusst zu werden. „Rasse“ hat seinen Ursprung in der Sklaverei, wurde in verschiedenen historischen Kontexten als Legitimation zum Töten und zur Diskriminierung benutzt und rassistische Wissenschaft nutzte ihn zu ihrem Gunsten. Sich als Weiß zu verstehen bedeutet nicht, sich als Angehörige der „Weißen Rasse“ zu sehen, sondern sich den eigenen Privilegien bewusst zu werden. Aufgrund dessen finde ich die Aussage sehr unpassend und ich bin der Ansicht, dass man die eigene Sprache hinterfragen und sich deren Hintergründe bewusst sein sollte. – Lea Oechsner

 

Zufriedene Menschen mit einer heilen Psyche und gesundem Selbstbewusstsein bedürfen keiner „Sündenböcke“ / Projektionsopfer für die eigenen offenen seelischen Verletzungen oder zur vermeintlichen Stärkung ihres Selbstwerts. Sie suchen Glück nicht in rassistischen Übergriffen. Nicht von ungefähr bestanden das Fundament und die Staatsideologie der Nazi-Gewaltherrschaft aus erbarmungsloser struktureller Gewalt und barbarisch selektierendem Rassismus. 12 lange Jahre in die Seelen tief eingefräst ist er über Generationen hinweg noch heute präsent. Was im beeindruckenden Interview mit Aminata Touré (Die Grünen) leider auch nicht erwähnt wird: Der aktivierende Nährboden von Rassismus ist die verletzte Psyche des Rassisten. Solange – neben und meistens anstelle von Persönlichkeitsbildung, Stärkung von Empathie, Beziehungsfähigkeit und Wertschätzung – die Selektion den Alltag der deutschen Schule dominiert, wird die Zahl der Rassisten und Antidemokraten kaum geringer. Wer etwas gegen Rassismus tun will, sollte aufklärend und heilend auf Menschen einwirken, strukturelle staatliche Gewalt abbauen und sie nicht noch steigern durch unnötige ideologisch motivierte Einschränkungen und alberne Gängelung, aggressive Bußgeldverschärfungen etc. etwa in der Umweltpolitik oder im Straßenverkehr. – Johannes Teufel

 


 

 

Leserbriefe zu „Trumps Sargnägel“ von Josef Joffe

 

Mir ist der in Bezug genommenen Artikel des SPIEGEL recht gut in Erinnerung, ebenso die journalistischen Versuche des Hamburger Verlagshauses diesen Berserker in Gestalt eines Präsidentendarstellers seit Jahren aus dem Amt zu schreiben. Indes trotz aller Peinlichkeiten, mehrfach belegter Unzulänglichkeiten, dem Amt auch nur annähernd gewachsen zu sein, tobt dieser Mensch auch weiterhin im WH. Man mag der Bewertung des Herrn Joffe grundsätzlich auch zustimmen, allerdings ist Trump nicht Ursache sondern Symptom dieser amerikanischen Vollkatastrophe. Ein Land, das immer noch an einer über 200-jährigen Verfassung mit dem Recht auf Waffenbesitz festhält, ein Land, das im Zeitalter des Internet immernoch davon überzeugt scheint durch „checks and balances“ genau diese Verfassung schützen zu können, dieses Land wundert sich in 2020, dass all dies nicht funktioniert. Und zu allem Überfluss bezeichnet der Verfasser Josef Josse die Vereinigten Staaten von Amerika als „demokratische Weltmacht“ – Weltmacht ja, demokratisch nein. Herr Joffe möge auch nur ein Land nennen, das das Bild einer lupenreinen Plutokratie besser widerspiegelt als die USA . An diesem Zustand wird sich auch durch nachfolgende Präsidenten/-innen, gleich welcher Partei, nichts ändern. – Patrick Meiser

 

Josef Joffe hat wiedermal in die Glaskugel geguckt und dabei gesehen, dass Trump wohl nicht im Weißen Haus bleiben wird . J.J. hat sich aber schonmal geirrt! Ich bin überzeugt,dass Trump so gerissen ist, dass er sich rechtzeitig eine Kampagne einfallen lässt, um als der große Sieger aus der Wahl hervorzugehen…..und sei’s ein „kleiner Krieg“. Da braucht man sich dann auch keine Gedanken darüber zu machen, ob er das Weiße Haus überhaupt verlassen will. – Siegfried Linn

 

Glauben Sie wirklich, dass GREPOAT (Greatest President Of All Times) auch nur weiß, wer Richard Nixon ist (war), geschweige denn wann er Präsident war und erst recht, warum er – womöglich – die Wahl gegen Humphrey gewann? Ich glaube das nicht, und ich glaube darüber hinaus, dass es einer der größten Fehler der gesamten Polit-schreibenden Zunft in Deutschland ist, bei diesem Mann nach Strategien, nach Plänen zu suchen; hinter seinen Taten (wenig) und Äußerungen (reichlich) irgendwas zu suchen, zu vermuten, hineinzugeheimnissen. Leute: da IST nichts! (oder sehen Herr Naß, Herr Brinkbäumer, Frau und Herr Lau, … Sie haben noch einige mehr … das anders?) Man möge ihn nicht unterschätzen? – in den furchterregenden FOLGEN dessen, was er da macht, vielleicht. Aber m. E. machen viel zu viele Leute den entgegengesetzten Fehler; ihn zu überschätzen, weil sie ihn an den Maßstäben messen, mit denen sie Merkel, Macron, auch Erdogan, Orban, Johnson, Conte, Salvini, Putin, Xi Jinpin e tutti quantimessen. Aber das ist falsch, und das ist doch längst gezeigt. Der Mann ist a) ein krasser Narzisst, b) triebgesteuert bzw. umgekehrt: völlig unfähig zur Impulskontrolle, und hat c) eine Aufmerksamkeitsspanne von lediglich wenigen Sekunden. End of story! DAS muss man ins Kalkül ziehen, wenn man über den Mann nachdenkt.

Dass er sich an geschichtlichen Vorbildern orientiert, strategisch denkend gar, halte ich für völlig abwegig. Meine Hypothese: Sie hängen immer noch Ihren damaligen – von der Geschichte falsifizierten – Prognosen über den Wahlkampf, den Wahlverlauf und -ausgang und sein Ausharren im Amt an; deswegen versuchen Sie zu rationalisieren, warum Sie falsch lagen, indem Sie eine geheime Kraft, Genialität, Strategie suchen, die solches zu erklären vermöchte. Sehen Sie Ihren Irrtum ein: der Mann ist’s nicht geworden, weil er „besser“ ist als Sie ihm zugetraut haben, sondern andersrum weil er NOCH unfaßbar viel dümmer ist als Sie geglaubt haben; und Sie von der irrigen Annahme ausgegangen sind, die US-Wahlbevölkerung wähle den (im kontinentaleuropäischen Verständnis) besseren Kandidaten. Es ist nicht an dem: der Mann ist gewählt worden WEIL er so unfassbar dumm ist, nicht „trotzdem“ und auch nicht weil er irgendwo doch ein verstecktes strategisches Talent hätte. – Christian Naundorf

 

Ich stehe mit beiden Beinen im Leben und stelle trotzdem fest, dass mich die Umtriebe von Herrn Trump bedrücken. Gibt es außer vielleicht den Wahlen nichts, was dem Treiben Einhalt gebietet? Die Republikaner haben beim Impeachment verhindert, dass es zu einer Beweiserhebung kam. Das spricht Bände, um die politische Kultur der USA ist es nicht zum Besten bestellt. Auch das Angebot der politischen Parteien ist alles andere als attraktiv. Die Wahl zwischen Trump und einem fast 80-Jährigen – ist das die Spitze, die die USA zu bieten haben? Das Totalversagen von Trump in der Corona-Krise lässt sich jeden Tag an den Zahlen ablesen. Wenn es bei 100.000 Corona-Toten bleibe, hätten alle zusammen einen „guten“ Job gemacht, prognostizierte er vor einigen Wochen. Nach seiner eigener Definition hat er also seinen Landsleuten in historischer Dimension geschadet. Es kostete viele Menschen direkt das Leben. – Martin Schleinhege

 

Vor vier Jahren verlor Herrn Joffes favorisierte Kandidatin Hillary Clinton die Präsidentschaftswahl, die er damals in seinen Kommentaren hochgelobt und als zukünftige Präsidentin der USA auserwählt hatte, gegen Donald Trump. Bis heute scheint Herr Joffe diese Niederlage nicht verkraftet zu haben, denn jetzt bezeichnet er den von einer großen Zahl von Amerikanern gewählten Präsidenten Trump auf der Titelseite der ZEIT gar als „bitterböses Rumpelstilzchen“ und „historische Fehlbesetzung“. Diese Worte im Leitartikel, mit denen Herr Joffe Präsident Trump beschreibt, lassen sich durchaus der Hassrede zuordnen. Hassreden dienen dazu, menschenverachtende Aussagen zu treffen, um Einzelne oder Gruppen abzuwerten.

Ist Hassrede nun erlaubt, weil sie vom Herausgeber der ZEIT kommt? In seinem Leitartikel zeigt Herr Joffe weder Empathiemit den über Jahre vergessenen einkommensschwachen Amerikanern der Unter- und Mittelschicht, die Trump wählten, weil sie ihn als einzigen Ausweg und Hoffnung sahen, noch kennt er Anstandim Umgang mit einem ungeliebten politischen Gegner. Herr Joffehetzt auf, statt zu heilen.Seinen Narzissmus,der nach Bestätigung und Bewunderung durch den Leser verlangt, lebt er in einer angesehenen Wochenzeitung aus. Worin unterscheidet Herr Joffe sich eigentlich noch von dem von ihm mit so abschätzigen Formulierungen beschriebenen Präsidenten Trump? (Anm.: Die kursiv gedruckten Worte stammen aus dem Leitartikel, 2. Absatz.) – Christine Fürch

 

„… Angst und Hass, die heute das Land zerreißen, halten keinen Vergleich mit der Agonie des Bürgerkrieges aus, der die Sklaverei abschaffte und mehr Tote forderte als alle US-Kriege danach“. Sie zählen nur die Toten auf amerikanischer Seite, aber nicht die Toten, die die Amerikaner umgebracht haben. Die Amerikaner waren ja die Sieger, die immer Recht (und Profit) hatten, was interessieren sie z.B. die toten Vietnamesen!?? Beispiele (Wikipedia): Korea Über koreanische und chinesische Verluste liegen keine konkreten Zahlen vor. Nach Schätzungen starben im Koreakrieg mehr als vier Millionen Menschen – Südkorea verlor etwa eine Million Menschen (Soldaten und Zivilisten), Nordkorea 2,5 Millionen und China eine Million.[14] Etwa 40.000 UN-Soldaten (davon 36.914 US-Amerikaner), 500.000 koreanische und 400.000 chinesische Soldaten (nach offiziellen chinesischen Angaben: 183.108 chinesische Soldaten und Offiziere)[15] starben bei Kampfhandlungen.[16] Vietnam Die Gesamtzahl der durch diesen Krieg getöteten Vietnamesen wird verschieden geschätzt, weil Kriegszeitraum und Kriegsgebiete verschieden bestimmt werden, amtliche Aufzeichnungen fehlen, geheimgehalten oder gefälscht wurden, viele Opfer nicht identifizierbar oder unauffindbar waren und bis heute Menschen an kriegsbedingten Schäden sterben.

Ausgehend von Krankenhausstatistiken in Südvietnam schätzte Guenter Lewy 1978, dass 1,2 Millionen vietnamesische Zivilisten von 1965 bis 1974 durch Kriegshandlungen getötet wurden. Ein Komitee des US-Senats schätzte diese Opfer damals auf 1,4 Millionen.[167] Rudolph J. Rummel schätzt, dass von 1960 bis 1975 1.747.000 Vietnamesen im Krieg getötet wurden. Hinzu kommen vietnamesische, laotische und kambodschanische Opfer der Demozide, die vor, in und nach diesem Krieg stattfanden.[168] Marc Frey schätzte 2,3 Millionen von 1961 bis 1975 im Krieg getötete Vietnamesen.[169] Gesamtschätzungen reichen bis zu vier Millionen, etwa einem Achtel der Gesamtbevölkerung Vietnams, davon 2,6 Millionen Südvietnamesen und 1,1 Millionen NVA- und NLF-Kämpfer.[170] Während des US-Kriegseinsatzes befragte US-Bürger glaubten dagegen, es habe nur etwa 100.000 vietnamesische Kriegsopfer gegeben.[171] Nordvietnam veröffentlichte während des Kriegs keine oder viel zu niedrige Verlustzahlen, um Demoralisierung oder Aufstände der eigenen Bevölkerung zu vermeiden. Am 3. April 1995 gab Vietnam bekannt, dass von 1954 bis 1975 im Krieg je zwei Millionen nord- und südvietnamesische Zivilisten (12–13 % der Gesamtbevölkerung) und 1,1 Millionen NVA-Soldaten und NLF-Kämpfer gestorben seien. 600.000 Soldaten seien verwundet worden.[172] Zudem töteten im Krieg verwendete Sprengsätze, etwa Landminen, nach Angaben Vietnams von 1975 bis 2011 über 42.000 und verletzten über 62.000 Vietnamesen.

[173] An von Agent Orange verursachten Schäden starben bis 2009 weitere 400.000 Vietnamesen.[174] Demnach starben im Vietnamkrieg etwa viermal so viele Zivilisten wie Soldaten. Als Ursachen dafür gelten die hochtechnisierte Kriegführung, massive Flächenbombardements und Artilleriebeschuss in bewohnten Gegenden, das wahllose Töten in Free-Fire-Zonen, die Gleichsetzung von Bauern und Guerillakämpfern und der Einsatz chemischer Kampfmittel auf Distanz.[175] Das US-Militär registrierte seit dem 8. Juni 1956 exakt 58.220 in Vietnam getötete US-Soldaten. Zweiter Golfkrieg Die Zahl der Golfkriegsopfer ist umstritten. Nähere Angaben gibt es nur für die Opfer und Verluste der Streitkräfte der Alliierten. Insgesamt gab es während der Operation „Desert Storm“ bei den Alliierten durch Kampfhandlungen 237 Tote und 776 Verwundete. Durch Unfälle starben außerdem 138 Soldaten, und es gab 2.978 Verwundete vom Beginn von „Desert Shield“ bis zum Ende der Operationen. Verluste der Alliierten[7][18] Land

Tote     Verwundete     Verluste an Kriegsmaterial Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten          148 Gefallene, 137„durch Unfälle und andere Ursachen ums Leben“ gekommen467      41 Flugzeuge (davon 27 im Kampf), 16 Hubschrauber (davon 6 im Kampf), 23 Kampfpanzer M1 Abrams, 20 Schützenpanzer M2 Bradley, eine Artilleriekanone sowie Beschädigung des Lenkwaffenkreuzers USS Princeton und des amphibischen Angriffsschiffs USS Tripoli durch Seeminen. Vereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich        47        6          10 Flugzeuge (davon 6 im Kampf) Saudi-Arabien Saudi-Arabien          18            20        3 Flugzeuge (davon 1 im Kampf) Arabische Kontingente         13        43        1 Flugzeug im Kampf Frankreich Frankreich    2          27            – Italien Italien  –           –          1 Flugzeug im Kampf Senegal Senegal  –          8          – Irak Die irakischen Opferzahlen sind heftig umstritten. Manche behaupten eine niedrige Zahl von 1.500 getöteten Soldaten, manche gehen bis 200.000. Viele Wissenschaftler nehmen eine Zahl um 25.000 bis 75.000 an. Die Zahl der verwundeten Soldaten ist weitgehend unbekannt. Die US-Truppen haben 71.204 irakische Kriegsgefangene gemacht. Schätzungen über die Zahl ziviler irakischer Todesopfer reichen bis zu 35.000.

Die irakischen Zivilverteidigungsbehörden geben heute die Zivilverluste mit 2.278 Opfern an, und zwar vor allem in Bagdad, das sieben Wochen lang bombardiert wurde. Unvollständig muss die Bilanz des Kollateralschadens bleiben. Von den Alliierten wurden 320 Tonnen Geschosse aus abgereichertem Uran (Depleted Uranium, „DU“) verschossen, vor allem von den A-10-Erdkampfflugzeugen und den M1-Kampfpanzern. Etwa eine Tonne wurde von britischen Panzern verschossen.[19] Der strahlende Anteil an Uran-235 beträgt im abgereicherten Uran zwar nur etwa 0,3 %, ist aber immer noch halb so hoch wie bei Natururan. Die Halbwertszeit des Uran-235 beträgt 700 Millionen Jahre. Dies soll möglicherweise zu einer Steigerung der Krebsraten und zu Schädigungen im Erbgut der betroffenen Bevölkerung geführt haben. Kritiker führen darauf die stark gestiegene Zahl schwer missgebildeter Neugeborener im Südirak zurück.

Weiterhin steht das abgereicherte Uran im Verdacht, das Golfkriegssyndrom verursacht zu haben und für die Missbildungen bei Kindern amerikanischer Golfkriegsveteranen verantwortlich zu sein. Diese Zusammenhänge werden von britischer[20] und amerikanischer[21] Seite bestritten, die den Vertretern dieser These Unwissenschaftlichkeit vorwerfen. Großbritannien hat zu diesem Thema eine Expertenkommission, das Depleted Uranium Oversight Board, eingerichtet.[22] Differenziert ist die Stellungnahme der Royal Society.[23] Verluste des Iraks[7][18][24] LandTote     Verwundete     Verluste an Kriegsmaterial Irak Irak           unbekannt, geschätzt 1.500 bis 75.000, mindestens 2.278 bis 35.000 zivile Opfer          unbekannt       117 Flugzeuge (davon 41 im Luftkampf) und 7 Hubschrauber, 137 (nach anderen Angaben 144) Flugzeuge wurden am 27. Januar 1991 von fliehenden Piloten in den Iran geflogen, 3.700 bis 4.280 Kampf- und Schützenpanzer, 2.400 bis 2.870 sonstige gepanzerte Fahrzeuge, 2.600 bis 3.110 Geschütze und Haubitzen, 19 Schiffe versenkt und 6 beschädigt. Nach US-Angaben sollen 42 irakische Divisionen für den Kampfeinsatz ineffizient gemacht worden sein. 71.204 irakische Soldaten gerieten in Kriegsgefangenschaft in Saudi-Arabien. Afghanistan Verluste Koalition: 3.449 getötet[9] Private Militärunternehmen:

3.814 getötet[10] Afghanische Sicherheitskräfte (Afghanische Nationalarmee und Afghanische Nationalpolizei): 64.124 getötet[10] gesamt: 71.387 Tote Taliban 67.000–72.000+ Tote[11][12][13][14][15][16] al-Qaida 2400+[17] Zivilisten: 43.074 Tote (bis November 2019)[10] Irak Getötete und verletzte Soldaten bis zum erklärten Ende größerer Kampfhandlungen am 1. Mai 2003 Alliierte: 171 Soldaten, davon 138 US-Amerikaner 33 Briten Irak (US-amerikanische Schätzung) mindestens 2.300 Soldaten insgesamt seit Kriegsbeginn (Stand vom 29. Februar 2012) 4.804 Soldaten, davon: 4.486 US-Soldaten 179 britische Soldaten 139 Soldaten anderer Nationen 10.125 getötete irakische Soldaten und Polizeikräfte (Stand vom 31. Juli 2011) 468 getötete Angehörige von privaten Sicherheits- und Militärunternehmen wie Blackwater Worldwide (Stand vom 30. November 2011)[47] 32.200 verwundete US-amerikanische Soldaten seit Beginn des Krieges (Daten vom 30. September 2011)[48] Während die offiziellen Zahlen nur die sofortigen Opfer ausweisen, nennt der Veteranenverband der US-Streitkräfte 17.847 Tote unter den eingesetzten Golfkriegsveteranen im Zeitraum August 1990 bis März 2007.[49] Getötete Zivilisten Die Angaben sind sehr unterschiedlich, offizielle Angaben liegen nicht vor. Zudem können die Studien nicht zuverlässig überprüfen, wie viele der getöteten Zivilisten durch Koalitions-Gewalteinwirkung und wie viele durch die zahlreichen Terroristenattentate umkamen. Iraqbodycount zählt auf Grundlage von mindestens zwei übereinstimmenden Berichten aus unterschiedlichen Medienorganen bis Ende 2011 mindestens 108.000 getötete Zivilisten.

Die Seite gibt an, dass ihre Zahlen vermutlich unter den tatsächlichen Opferzahlen liegen. Da sie sich auf die Meldungen von seriösen Nachrichtenorganisationen verlässt und unabhängige Journalisten vermutlich Abstand von den besonders schwer umkämpften Gebieten halten, würden viele Todesopfer nicht von den Medien erfasst.[32] Eine Studie der Johns Hopkins University vergleicht die Sterblichkeit im Irak von 14,6 Monaten vor dem Invasionsbeginn im März 2003 mit den folgenden 17,8 Monaten. Sie kommt auf bis zu 100.000 (ohne Falludscha) zusätzliche Gestorbene.[33] Eine auf der Studie der angesehenen medizinischen Fachzeitschrift The Lancet beruhende Untersuchung des Genfer Hochschulinstituts für internationale Studien vom 12. Juli 2005 geht in dem Zeitraum von Januar bis Dezember 2003 von 39.000 durch direkte Gewalteinwirkung getöteten Zivilisten aus.[34] Für April 2006 gibt die BBC allein für Bagdad die Zahl von 1.091 getöteten Zivilisten an.[35] Dies entspricht etwa 30 Toten pro Tag. Eine im Oktober 2006 von The Lancet veröffentlichte und von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore durchgeführte Studie geht von 392.979 bis 942.636 zusätzlichen Todesfällen im Irak durch Kriegsfolgen aus, was bei einem Mittelwert von 654.965 Toten rund 2,5 Prozent der Bevölkerung entspricht.

Erneut wird wie bei den vorherigen Studien darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse der statistischen Methode ungenau seien.[36] Die von Kriegsgegnern viel zitierte Studie geriet massiv in die Kritik, weil die Autoren die Arbeit der irakischen Mitarbeiter nicht kontrolliert und trotz Aufforderung ihr Datenmaterial keiner Überprüfung zugänglich gemacht hätten.[37] Anfang 2009 wurde der für die Durchführung der Studie verantwortliche Gilbert M. Burnham deswegen von der Johns-Hopkins-University gemaßregelt.[38] [39] Iraq Coalition Casualty Count zählt 50.152 getötete Zivilisten seit März 2005 (Stand: Juli 2011).[40] Laut ORB (Opinion Research Business) sind von März 2003 bis August 2007 zwischen 946.000 und 1.120.000 Iraker ums Leben gekommen (Stand Januar 2008).[41] Die Ermittlungsmethode des Unternehmens ist umstritten.[42] Laut internen Dokumenten des US-Verteidigungsministeriums (siehe Iraq War Logs), die am 22. Oktober 2010 über die Internetplattform WikiLeaks veröffentlicht wurden, waren im Zeitraum 2004 bis 2009 unter den 109.000 Opfern 66.081 Zivilisten.[43] Von 2003 bis 2010 wurden 230 Medienmitarbeiter ermordet,[44] darunter 172 Journalisten, fast 90 Prozent davon irakischer Herkunft.[45] – Klaus Rozinat

 

Natürlich kennen Sie nach Ihrem längeren Aufenthalt in den USA die Verhältnisse dort gut Ich fürchte aber, Sie sind doch zu „europäisch“ sozialisiert und übersehen den tiefen und jahrzehntelangen Hass (ich war 1973/74 ein Jahr dort und schon damals schockiert) der von Trump „eingefangenen“ rechten Bevölkerungsmehrheit (auch die Demokraten sind konservativer als die CSU), der sich auch viel stärker engagiert und viel mehr von dem in den USA wichtigsten Wahlargument: Geld hat. Auch wenn vier weitere Jahre Trump für die USA und für die Welt schlimmste Schäden anrichten werden, bin ich mir nicht sicher, ob dies auf lange Sicht nicht doch besser wäre. Wenn Joe Biden gewinnen sollte, muss er und die Demokraten die Folgen von Trumps Unsinn ausbaden, womit nicht nur kein Geld für die notwendigen in die Zukunft gerichteten Maßnahmen bleibt sondern auch den Rechten neue „Argumente“ für Ihren Hass bietet. Wäre es da nicht besser, wenn die Republikaner selbst diese Folgen ertragen müssen? Vielleicht würden sie so tief fallen, daß sie auf Jahrzehnte keinen Einfluss mehr haben. Das könnte endlich besser sein. Nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt. – Hans Wölcken

 

Wer nicht vergessen hat, was Josef Joffe in den letzten Jahren über Trump geschrieben hat, wundert sich über seine aktuelle Kommentierung. War sie bislang verharmlosend – die gute amerikanische Administration wird nicht zulassen, dass … -, ist sie nun klar und unmissverständlich ablehnend und vernichtend. Journalisten haben es relativ leicht, ihre Meinung „glaubwürdig“ zu aktualisieren. Gut wäre aber, wenn der Journalist und Atlantiker Joffe seinen Kommentar mal mit der Zeile „Ich habe mich geirrt” überschreiben würde. – Dirk Hartwich

 

Herzlichen Dank an den werten Josef Joffe für seine klaren Worte über die (bisherige) Präsidentschaft Trumps und deren historische Bedeutung und Einordnung. Nicht zuletzt vermittelt mir der profilierte USA-Kenner die immense Hoffnung, dass sich dieses große Land ab November dieses Jahres wieder eindeutig (s)einer demokratischen Einheit und Verfasstheit zuwendet. Es bräuchte freilich ein nationales Wunder, um endlich einen substanziellen und nachhaltigen Mentalitätswechsel gegen den „institutionalisierten Rassismus“ in Amerika (Barack Obama) erreichen zu können. Aber einen Commander in Chief, der das, nach seinem Schwur auf die amerikanische Verfassung und nach bestem Wissen und Gewissen zumindest versucht (der also die hohe, würdevolle Amtsbezeichnung auch verdient), ist nach Donald Trump allemal ein Quantensprung hin zu einem (repräsentativen) Mehr an gesellschaftlicher Friedfertigkeit, befreiter und liberaler Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Das wäre zwar noch kein Wunder, gleichwohl wäre es wunderbar. – Matthias Bartsch

 

Dem Rundumschlag gegen Herrn Trump spürt man die Emotionalität an. Stellen wir die anderen Fakten daneben: Herr Trump hält die Atommacht Nordkorea in Schach; schwächt den Iran, der entschlossen ist, den Holocaust an 9 Millionen in Israel (Juden und Araber) zu vollziehen; hat einen Nahost- Friedensplan entwickelt, der eine neue diskursfähige Grundlage darstellt, während die EU ideenlos an dem völlig festgefahrenen Oslo-Friedensprozess festhält. Wer Israel segnet, wird gesegnet. Gott gebraucht diesen Mann trotz aller seiner Schwächen, zumal dieser auch in seiner Ablehnung der Abtreibung d´accord mit dem Gott des Lebens ist. –Dr. Christian Wermann

 


 

 

Leserbriefe zu „Bleibt mir vom Leib!“ von Elisabeth Raether

 

Beinahe unsere gesamte Familie liebt es, Ihre Rezeptseite zu lesen, und weil ich Ihren frischen Stil mag, lese ich auch gerne, was Sie sonst noch so beitragen. In dieser Ausgabe also gleich mal im Titel. Sehr schön, aber ach, wie enttäuschend der Sidekick: Ein Impfgegner? Ein AfD – Wähler? Soll ich was sagen? Kurz, wir sind: Impfkritisch – was für ein sagenhafter Unterschied zu Impfgegnern, aber keiner nimmt es mehr wahr, leider, daran sind vor allem diese vielen – vielleicht nur unbedachten – Sidekicks schuld. Impfkritische Menschen sind oft auch hochsensible Menschen – in unserer Familie gibt es mindestens drei davon, und sie haben wahrlich keine gute Zeit gerade. (Wir diskutieren über Immunitätsausweis, mögliche Zwangsimpfungen!). Wovon wir aus meiner Sicht gerade mehr bräuchten, und in dieses Horn stossen glücklicherweise ja auch Sie, nur mit anderen Begriffen: Einander menschlicher begegnen. Sensibilitäten achten, aber bitte auf allen Seiten, nicht nur aufseiten derer, die Angst vor Viren haben.

Menschen können ja auch grosse Angst vor irgendeiner Art von Gleichschaltung haben. Oder vor dem Gefühl der Ohnmacht (gegenüber Staatsgewalt im eigenen, ganz privaten Bereich). Kleiner Tipp zu Ihrer Frage: Wenn Sie Angst haben vor einem unmaskierten Menschen, sagen Sie es ihm doch einfach, vielleicht versteht er Sie sofort, und zieht die Maske hoch (würde ich machen). Wenn es Sie persönlich nicht stört, lassen Sie diesem Menschen doch die Freiheit, vielleicht möchte er oder sie Zivilcourage zeigen, wie das manche in unserer Gegend tun, weil Sie es als Demütigung empfinden, bei null Neuinfektionen seit längerem täglich ihr eigenes Speichelkondensat im Gesicht kleben zu haben. Ich persönlich habe, in den allermeisten Fällen, für diese Art von Aufbegehren das grösste Verständnis, nach allem, was ich über dieses Virus gelernt habe. Mir persönlich macht das, was Sie in Ihrem Leitartikel als Kehrwochenmentalität beschreiben, zigtausendmal mehr Angst, als Viren (im allgemeinen). Ich empfinde es als bedrohlich und unwirklich, daß (in der Post, vorm Krankenhaus, in der Stadtverwaltung…) Kohorten von Security – Leuten mein angepasstes Verhalten, den Sitz meiner Gesichtsmaske kontrollieren.

Wir haben es hier mit einem Erreger zu tun, der maximal 0,4 Prozent der Infizierten hinwegrafft. Mensch, frage ich mich da: was ist hier los, wenn mal ein richtiges Knaller – Virus kommt? Und wer hat ein Interesse daran, dass jetzt alle soviel Angst haben? Diesen Geist kriegen Sie so schnell nicht mehr wieder in die Flasche. Ich weiss nicht, was Sie da rein tun müssten… Wir können nur hoffen, dass mehr Menschen wieder anfangen, ein bisschen selber zu denken. Dann können wir uns auch wieder anderen, schöneren Dingen zuwenden. Theater. Musik. Freunde umarmen. P.S.: weil wir es alle gerade unbedingt sagen müssen, damit es klar ist: AfD wäre nie und nimmer eine Option für mich. Alles andere wird für mich aber – ehrlich gesagt – auch täglich schwieriger. – Kerstin Thalmann

 

„Bleibt mir vom Leib“, schreibt Elisabeth Raether gleich auf der ersten Seite der neuen Ausgabe und berichtet, dass ganz in unserer Nähe drei Frauen mit einer kräftigen Geldstrafe belegt wurden, weil sie den verordneten Mindestabstand von 1,5 Meter als Abwehrmaßnahme zur Corona-Pandemie nicht eingehalten hatten. Dieser Vorgang war mir aus einer verlässlichen Quelle bereits bekannt. Die Höhe der Strafe von angeblich 580 € galt mir allerdings als nicht ganz glaubhaft. Nun finde ich die Bestätigung sogar in der ZEIT und meine Empörung steigt. Haben Sie eine Erklärung, auf welchem Dienstweg so ein überzogenes Strafmass zustande kommt? Ihre Antwort würde mich interessieren. – Robert Meister

 

Die COVID-19-AppJetzt hab ich die App verstanden. Ich bekomme bei einem Kontakt über einen bestimmten Zeitraum und bei klar definierter Nähe zu einem Coronainfizierten eine WARNUNG und soll mich dann in Quarantäne begeben, das Gesundheitsamt informieren und mich testen lassen. Als infizierter bekomme ich vom Gesundheitsamt oder einem Testlabor eine TAN in Form eines QR-Codes, den ich auf mein Handy lade (für ältere Menschen ganz einfach). Der Forschung soll es “verlässliche” Fakten liefern und mit Überwachung hat das Ganze nichts zu tun. Soweit verstanden. Was ist wenn nun sehr viele Menschen mit dieser App eine WARNUNG bekommen, aber keinen zeitnahen Termin beim Gesundheitsamt erhalten. Was für Szenen darf man sich dann ausmalen? Da die App nur über freiwillig gemeldete und infizierte funktioniert um eine App-WARNUNG auszulösen, müssen diese ihren angeordneten Quarantäneort verlassen haben, nur dann wird auf der App der anderen ein ALARM ausgelöst. Nach dem ALARM sollen die GEWARNTEN, in der verordneten/empfohlenen Quarantäne bis zum Test ausharren und müssen der Arbeit fern bleiben. Sie wissen aber noch nicht ob sie infiziert sind.

In dieser Situation werden sie evtl. hysterisch, ihnen ist mulmig, sie kommen ins Grübeln – und werden dann wütend über den, der sie evtl. angesteckt hat. Sie werden so lange hin und her überlegen, bis sie den vermeintlichen Menschen gefunden haben, der dichter als zwei Meter bei ihnen war und länger verweilte. Dann kommt die Empörung, evtl. auch Wut, man fragt sich, warum bleiben diese Leute nicht in der Quarantäne, wo sie doch wissen, dass sie infiziert sind. Wenn dann auch noch Gisela oder Robert unter den Verdächtigen sind, werden Freundschaften zur Zerreißprobe. Verärgert fragt man sich, was sind das nur für verantwortungslose Menschen, denen gehört doch eins auf die Mütze! Dann kommt die Zeit der Corona-Wächter. Diese melden die Verdächtigen mit denen sie Kontakt hatten, sie erstatten Anzeige, weil die Quarantäneflüchtigen die Quarantäneregeln nicht befolgt haben. So beginnt nach jeder AppWARNUNG eine spannende Hetzjagd nach selbst verdächtigten, vermeintlich Infizierten und lausigen infizierten Quarantäneflüchtlingen. Realsatire oder ein realistisches Szenario? Hat man im Gesundheitsministerium die oben angedeuteten Probleme mal angedacht – zu Ende gedacht? Da öffnet sich ein weites Feld für Verhaltensforscher, Psychologen und Soziologen. – Eckhard Adler

 

Ihr Meinungsartikel kommt um einiges zu spät, Frau Raether. Die Blockwartmentalität einer Reihe von Zeitgenossen und -genossinnen gab es ja schon im April zu beobachten. Dem haben Sie nichts grundlegend Neues hinzugefügt. Mich interessiert dennoch, warum Sie in einem Atemzug Impfgegner und AfD-Wähler als Maskengegner nennen? Warum kein CSU-Wähler, warum kein Verschwörungs-Antifa-Anhänger? Warum kein unbeirrbarer Esoteriker? Warum kein orthodoxer Jude oder christlicher Fundamentalist? Gerade letztere glauben doch, dass Gott es schon richten wird. Mit Corona ist einiges aus den Fugen geraten, nur eines nicht: die AfD-Wähler, immerhin mehr als 10 Prozent der Bevölkerung für alles Schlechte verantwortlich zu machen. Das ist so undifferenziert wie der Rassismus mancher AfD-Politiker oder schlichtweg nicht ZEIT-gemäß, wenn man darunter Fakten gesicherte, kritische Berichterstattung und Un- bzw. Überparteilichkeit versteht. Sie fordern am Ende ganz richtig: „Toleranz zeigen gegenüber den Fehltritten seiner Mitmenschen“. Nun denn. – Dr. Uwe Cardaun

 

Nach Meinung der Autorin soll eine Corona-Regel lauten „Toleranz gegenüber den Fehltritten seiner Mitmenschen“. Das muss man so nicht tolerieren. Nachsicht üben sollte man und nicht alles übertrieben aufbauschen. So, wie man in der Ausmahmesituation unter Corona nicht jede ausnahmsweise getroffene Maßnahme zu einem Angriff auf Demokratie und Liberalität aufbauschen sollte. Diese Begriffe werden in letzter Zeit inflationär bemüht. Sind sie wirklich in Gefahr, nur weil aus Gründen des Gesundheitsschutzes der Allgemeinheit allgemeine Verhaltensregeln eingeführt werden – zeitweilig und im Rahmen demokratischer Regeln? Es gibt Länder, in denen es Sitte (vulgo ungeschriebenes Gesetz) ist, sich im Beisein anderer nicht die Nase zu putzen, beim Betreten einer Wohnung die Schuhe auszuziehen, sich die Hand nicht zu geben….

Was sagt uns das Beispiel dreier junger Frauen, die wegen Nichtbeachtung des Sicherheitsabstandes zu einem Bußgeld verdonnert wurden? Ich beobachte, das Tragen von Masken wird in öffentlichen Verkehrsmitteln zunehmend vernachlässigt (in Berlin). Seit Wochen habe ich keine Kontrolle gesehen. Das ist zugegeben keine repräsentative Beobachtung. Nur: die drei jungen Frauen können gegen ihr Bußgeld Beschwerde einlegen (wahrscheinlich mit Erfolg). Was macht das Opfer der Pandemie, dem einer der charmanten Coronaleugner das Virus übertragen hat? – Werner Warmbier

 

Bravo Frau Elisabeth Raether für den Beitrag „Bleibt mir vom Leibe“. Ich bin nicht nur leidenschaftlicher Sammler und „Nachkocher“ Ihrer Rezepte. Nun haben Sie mit dem obigen Beitrag den Nagel auf den Kopf getroffen. Es gibt tatsächlich eine Reihe von penetranten Nörglern, die sich für die besseren Virologen, Soziologen oder Hygieniker halten. Habe leider selbst solche erlebt. – Hubert Schelden

 

In „Hygiene-Deutschland“, da ist das pausenlose Kopfschütteln ganz groß in Mode, natürlich mit einer Mund-Nase-Bedeckung, versteht sich! Die Fitness-Sudios haben jetzt wieder auf, die Umkleide und die Sanitäranlagen bleiben dafür dicht. Die Freibäder machen wieder auf, die Umkleide und die Sanitäranlagen jedoch nicht, sonstige Naß-Bespaßung ist „hygienisch“ verboten. Die Profifußballspieler kicken weiter für „Kohle“ und für ihre „Fernseh-Geister; die Fans bleiben außen vor und haben Stadionverbot! Die Plastikmüllberge wachsen wieder in die Höhe, und die Corona-Warn-App wird bald loswarnen! Die Fronleichsnams-Prozessionen fallen vorsichtshalber gleich ganz pandemisch aus. Aber sonst ist alles supi, alles gut in „Hygiene-Deutschland“! – Riggi Schwarz

 


 

 

Leserbriefe zu „Verblendet vom Augenblick“ von Andreas Reckwitz

 

Nachdem ich diesen unverblendeten, eher weitsichtigen Beitrag des Soziologieprofessors gelesen hatte, dachte ich als erstes: Mögen ihn doch die Richtigen lesen! Und als zweites: Mögen doch zukünftig alle Politiker Soziologie studiert haben, bevor sie Einfluss auf Staat und Gesellschaft ausüben! – Giorgio Zankl

 

Ich stimme mit Herrn Reckwitz darin überein, dass die sogenannte Corona-Krise keinen ungeheuren Epochenbruch markiert, aber in meinen Augen stellt sie den plötzlich durch eine Naturkatastrophe (Pandemie) entstandenen Kulminationspunkt einer Zeitenwende dar, die mit der 4. industriellen Revolution (= Digitalisierung in allen möglichen Bereichen) einsetzte und deren janusköpfiges Symbol das Smartphone ist. Es ist nun in vielfältiger Weise eine dramatische Situation eingetreten, nach der die Welt durchaus eine andere sein wird. Im Unterschied zu Herrn Reckwitz sehe ich nicht nur „allmähliche Wandlungsprozesse, die langsam über einige Jahrzehnte stattfinden, für lange Zeit wenig sichtbar sind und in ihrer Bedeutung häufig unterschätzt werden.“Ich bin verwundert darüber, dass er kein Wort darüber verliert, dass sich ein weltweiter Kampf um die richtige Gesellschaftsform abspielt, in dem sich liberal-demokratische, offene, pluralistische Gesellschaften der massiven Angriffe rechter bis rechtsextremer Kräfte erwehren müssen, die gegen die Globalisierung sind, die die wissenschaftlich fundierte Erkenntnis von einem menschengemachten Klimawandel ablehnen, die Political Correctness für maßlos übertrieben halten, die sehr nationalistisch denken, für den Schutz von Grenzen und strenge Zuwanderungsbestimmungen sind, im Islam eine Bedrohung der westlichen Kultur sehen usw.

Die liberal-demokratischen Gesellschaften der westlichen Industriestaaten sind aber nicht nur den Angriffen sehr rechter Kräfte ausgesetzt, sondern müssen sich auch mit der wachsenden Kritik an der Globalisierung, am Kapitalismus von linksliberal bis linksextrem eingestellten Menschen auseinandersetzen, die allerdings nicht liberal-demokratische Gesellschaften in ihrem Pluralismus, ihrer Offenheit in Frage stellen, wenn sie sich als Kosmopoliten verstehen, wie z. B. die meisten Anhänger der Fridays for Future – Bewegung. Die Bedrohung der liberal-demokratischen Gesellschaften geht aber nicht nur von den Rechten aus, die sich einen autoritären Staat wünschen sondern auch vom kommunistischen China mit seinem staatlich geförderten Kapitalismus, von dem Land also, dem das Virus entstammt. Die chinesischen Kommunisten, die die Pandemie zu verantworten haben und sie in ihrem Land durch rigorose Maßnahmen in den Griff bekommen haben, sind nämlich nun bestrebt damit die Überlegenheit ihres Gesellschaftssystems herauszustellen, in dem menschliches Leben wichtiger sei als die Freiheiten in den westlichen Demokratien.

Zu den großen Feinden einer offenen Gesellschaft gehört auch der Herrscher Russlands, Wladimir Putin, dessen Propaganda-Apparat auf technisch hohem Niveau bemüht ist, die demokratische, westliche Welt nicht nur in schlechtes Licht zu tauchen sondern geradezu als dekadent hinzustellen Es herrscht schon eine ganze Weile eine Gewitterstimmung in der Welt, die durch die Corona-Krise einen sehr bedrohlichen Grad erreicht hat, und es kann jederzeit zu gefährlichen Entladungen kommen. Vielleicht sind die USA das erste Land, das von bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen heimgesucht wird, z. B. wenn der amtierende Präsident im November nicht bereit sein sollte, seine mögliche Wahlniederlage zu akzeptieren … Durch die Corona-Krise hat die Zeitenwende, die dadurch gekennzeichnet ist, dass ein weltweiter Handel mit allen erdenklichen Gütern und ein weltweiter Austausch von Informationen/Daten aller Art durch die Digitalisierung in allen möglichen Bereichen stattfindet, plötzlich einen Kulminationspunkt erreicht, weil die Lebens- und Denkweise der Menschen in den westlichen Industrienationen von heute auf morgen für alle sichtbar in Frage gestellt worden ist.

Das zeigt sich vor allem durch das weitgehende Erliegen der Konsumindustrie infolge der Lock downs, was bei vielen Menschen geradezu „Entzugserscheinungen“ hervorgerufen hat. Die vielfältigen, gravierenden Mängel einer konsumorientierten, wenig um Nachhaltigkeit bemühten Gesellschaft sind überall zutage getreten. Man merkt nun auf Schritt und Tritt, wie sehr individuelle Freiheiten mit Egoismus verwechselt worden sind. Dieses Gejammer um den bedrohten Urlaub ist ein besonders abstoßendes Beispiel hierfür. Die Fridays for Future Bewegung hatte schon zuvor den menschengemachten Klimawandel zum großen Thema gemacht, der eine Folge der maßlosen Ausbeutung der Natur und armer Menschen ist, von der hauptsächlich die Menschen in den westlichen Industrienationen profitieren, die in den freiesten Gesellschaften der Menschheitsgeschichte leben. Trotz aller bedrohlichen Zukunftsszenerien, die erstellt werden/wurden und einem schlechten Gewissen ist das Leben aber bisher in gewohnter Weise weitergegangen.

Die trügerische Normalität, die sich trotz aller Untergangsvisionen, trotz Fortschrittsskepsis, trotz der Finanzkrise von 2008 usw. immer wieder breitgemacht hat, ist nun zutiefst erschüttert worden. Die liberal-demokratischen Gesellschaften waren also schon vor der Corona-Krise gefordert, mit Widersprüchlichkeiten fertig zu werden, die zu gewaltigen gesellschaftlichen Spannungen geführt haben. Ob es nun Rechte oder Linke, Nationalisten oder Kosmopoliten sind, Kapitalismusfeinde oder Leugner des Klimawandels, Verschwörungstheoretiker oder Esoteriker, sie alle erhoffen sich, dass die Welt nach der Corona-Krise jeweils in ihrem Sinne eine andere sein wird. Die Zukunft der liberal-demokratischen Gesellschaften, in denen, im Vergleich zu früheren Zeiten und anderen, autoritären Gesellschaftssystemen, Frauen, Kinder, Behinderte, Homosexuelle, Menschen mit von der Norm abweichender Hautfarbe, Migranten usw. die bisher größten Rechte haben, steht auf dem Spiel.

Es geht also nicht nur um ein gutes Krisenmanagement der jeweiligen Regierungen und die Schaffung einer „Staatlichkeit, die die Qualität basaler öffentlicher Güter und Einrichtungen – Gesundheit, Bildung, Wohnung, Verkehr, Energie – sichert (…)eine Staatlichkeit, die für permanente Gefährdungen – Pandemien, digitale Crashs, Terror, Hasskriminalität, Klimawandel – Vorsorge schafft und so auch für Katastrophenfälle gewappnet ist.“Das sind Vorstellungen eines redlich bemühten, betulichen Demokraten, der sich eine Welt wünscht, wie sie vor der Corona-Krise war, aber mit einem besser auf zukünftige Krisen im Inneren wie im Äußeren gerüsteten Staat. Bezeichnend für seine meiner Ansicht nach nicht zukunftsweisende Haltung ist z. B., dass der „Klimawandel“ auf einer Ebene mit „Terror“, „Hasskriminalität“ usw. angeführt wird, wo es doch hierbei um diezentrale Herausforderungfür die Menschheit handelt, die alle Bereiche des menschlichen Lebens berührt, von deren Bewältigung unser aller Zukunft abhängt.

Die deutsche Regierung hat zu Recht auf den Rat von Wissenschaftlern hin einen Lock down durchgeführt, der vermutlich Hunderttausenden von Menschen das Leben gerettet hat und dessen Restriktionen nicht so streng waren wie in Italien, Spanien oder Frankreich. Die Maßnahmen waren, wie die stark zurückgegangenen täglichen Infektionszahlen zeigen, so erfolgreich, dass nun Lockerungen möglich geworden sind. Der für einige Monate autoritär gewordene Staat kehrt langsam wieder zu seiner früheren Liberalität zurück. Herr Reckwitz wünscht sich offenbar für die Zukunft einen Staat, dessen Regierung so handelt, wie die deutsche gehandelt hat, das aber nicht unvorbereitet und der Not gehorchend tut, sondern darauf ausgerichtet ist, flexibel auf ungeplante, unerwartete Prozesse zu reagieren, die sich als silent revolutionsinsgeheim anbahnen oder als Katastrophen plötzlich auftreten. Er wünscht sich eine Regierung, die in der Lage ist die Risiken (s. o.) zu managen, die mit der Globalisierung einhergehen, damit die westlichen Industriegesellschaften weiter auf Kosten der Natur und der Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten ihrem Wohlstand frönen können.

Deutschland ist es bis jetzt gelungen die Pandemie zu bewältigen, ohne zu einem autoritären Staat zu mutieren. Es ist nach wie vor einer der liberalsten Staaten der Erde, aber die oben skizzierten Probleme, die sich im Laufe der 4. Industriellen Revolution angesammelt haben und durch den sich anbahnenden menschengemachten Klimawandel noch zuspitzen werden, sind geblieben. Um sie zu bewältigen, muss die Welt nach der Pandemie eine andere werden. Und da hilft letztlich nur ein anderes Denken, das dazu verhilft aus allen Menschen eine Solidargemeinschaft zu bilden. Um das zu erreichen ist Kapital notwendig, und deshalb ist es auch richtig nach dem Abklingen der Pandemie möglichst den alten Zustand wieder herzustellen, d. h. zum Beispiel jetzt viele Unternehmen und Einzelexistenzen vor dem Ruin zu bewahren. Deshalb habe ich z. B. auch keine Einwände, wenn die Tourismusindustrie wieder auflebt. Aber danach müssen schrittweise Veränderungen vorgenommen werden, durch die vor allem der Klimawandel abgemildert werden kann, der sich nicht mehr verhindern lässt.

Wenn der Raubbau an den Ressourcen der Erde aufhören würde, das Konsumdenken sich in Nachdenken darüber verwandelte, was der Natur und dem Menschen, seinem Geist, seiner Seele und seinem Körper gut täte, dann würden auch die Risiken weniger, denen der Mensch im Leben ausgesetzt ist und wir bräuchten keine Regierung, die die Risiken einer schlechten Lebensweise bewältigen muss. Das Umdenken nach dem Abebben der Pandemie wird nicht leicht fallen, da sich bis dahin viele Aggressionen angestaut haben werden. Die Feinde der offenen Gesellschaft, die nicht nur im rechtspopulistischen Lager zu finden sind, werden versuchen den Schock auszunutzen, der allen in die Glieder gefahren ist und sich bemühen die Regierungen für die Kollateralschäden des Lock down verantwortlich zu machen. Viele, die brav Abstand gehalten und die Gesichtsmasken getragen haben, werden ihr altes Leben mit Nachdruck zurückfordern. Natürlich sollten die Postpandemie-Regierungen in den demokratischen Ländern dafür Sorge tragen, dass man auf eine neue Pandemie vorbereitet ist, aber sie sollten in erster Linie keine Risikopolitik im Sinne von Herrn Reckwitz betreiben sondern am Schaffen einer Solidargemeinschaft aller Völker arbeiten, wodurch endlich alle von der Globalisierung profitieren würden.

Das Schaffen einer globalen Solidargemeinschaft ist eine große Aufgabe und setzt voraus, dass die Welt demokratischer wird. Im Augenblick sieht es leider überhaupt nicht so aus, dass das geschieht. Auf lange Sicht halte ich den Demokratisierungsprozess aber für unaufhaltsam. Er kann allerdings nur gelingen, wenn die unterschiedlichen Geschwindigkeiten berücksichtigt werden, mit denen Menschen ihr Denken ändern können und stets bedacht wird, was ein Grundprinzip der Evolution ist, das Neues auf der Grundlage von Vorhandenem gestaltet wird. Nach der Pest des Mittelalters, die besonders zwischen 1346 und 1353 in Europa wütete und schätzungsweise 25 Millionen Menschen dahinraffte, begann die Renaissance, in der Kunst und Wissenschaft aufblühten. Vielleicht erlebt auch diese Welt nach der Pandemie eine Wiedergeburt, in der sich Altes und Neues zum Segen aller miteinander verbinden. – Dirk Visser

 

Der Beitrag „Verblendet vom Augenblick“ – von „einem der renommiertesten Soziologen der Gegenwart“ (= der Zeit?) – ist unter anderem deshalb bemerkenswert, weil er so wenig Bemerkenswertes enthält. Vielleicht, vielleicht vor allem mit der Ausnahme vom folgenden Satz. Der Satz beginnt so: „Man muss es betonen: …“. An dieser Stelle nehme ich den Autor beim Wort. Ob „man“ betonen will, was Andreas Reckwitz betonen muss? „…Ohne die Krise der Spätmoderne, die seit den 2010er Jahren ins Bewusstsein rückt, wäre das Coronavirus wohl nur eine banale Pandemie – eine menschliche Tragödie, aber ohne intellektuellen oder politischen Nährwert.“ Ob die Krise der Spätmoderne richtig datiert ist, was für eine Krise diese Krise ist, inwiefern sie “ins Bewusstsein gerückt“ ist, ob eine Pandemie je als „banal“ bezeichnet werden darf, das lasse ich hier ungetrost dahingestellt. Aber: Von welchen Werten nährt sich eine Soziologie, der eine menschliche Tragödie ohne intellektuellen und politischen Nährwert ist? Herr Reckwitz schreibt/denkt „aus soziologischer Perspektive“.

Wenn das so ist, dann muss man fragen, was diese Soziologie für eine Perspektive hat – oder haben soll. Was Herr Reckwitz sagt, ist keineswegs neu. Wenn er das Nicht-Neue ein bisschen neu sagt, eröffnet es keine neue soziologische oder politische Perspektive. Ehe verrät es eine Perspektive, die um die Gesundheit der Soziologie Sorgen macht. Man spürt weniger den Standpunkt eines Teilnehmenden, eher den eines Beobachters. Aber der Beobachter steht an der Grenze zwischen Omniszienz und Arroganz. An dieser Grenze spürt man im Schafspelz der Analyse den Wolf der scheinobjektiven Oberflächlichkeit. Das Was in dem Wie dessen, was er sagt, ist problematisch: Es relativiert die Krise, anstatt sie zu pointieren. Die Pandemie, die bisher Millionen infiziert und Hunderttausenden das Leben gekostet hat, „ist nicht zu trennen von einer medialen Diskursexplosion.“ Davon nicht zu trennen, aber auch nicht darauf zu reduzieren. An dieser Stelle begibt sich Herr Reckwitz auf die Suche nach dem Begriff, der den Augenblick begreift und plädiert für die Differenzierung zwischen „Epochenbruch“ und „Epochenschwelle“.

Wer einen Begriff findet, der den Augenblick begrifft, ist auf dem richtigen Weg, bleibt jedoch auf halber Streck stehen. Wenn Soziologie nicht ohne Bedeutung sein soll, geht es darum nicht nur den Augenblick mit einem Begriff zu begreifen. Man muss die Chance in dem Augenblick ergreifen – intellektuell und politisch. In der Tat gibt es einen Unterschied zwischen einem Bruch und einer Schwelle, sowie es einen Unterschied gibt zwischen einer Revolution die „silent“ ist, und einer die „noisy“ ist. Warum „silent“ und „noisy“ kursiv und klein sind, ist aus Rücksicht auf die, die des Englischen“ nicht ganz mächtig sind, vielleicht nachvollziehbar. Dass „revolution“ klein und kursiv steht, mag eher mit der Macht einer (wissenschaftlichen?) Mode zusammenhängen, was wiederum Ausdruck einer gewissen Ohnmacht in der Analyse sein darf. Gedanken bestehen aus Wörtern, lassen sich durch sie nicht so einfach ersetzen. Dass Herr Reckwitz Revolution allerdings klein schreibt, mag im Kontext seiner Argumentation allerdings folgerichtig sein. Zwischen oder nach Wohlfahrtstaat und Wettbewerbsstaat gibt es für Herr Reckwitz einen dritten Weg.

Aber nur vielleicht, denn: „Die genaue Ausrichtung dieser veränderten Stattlichkeit müsste selbst Gegenstand der Debatte sein.“ Das Wort, das diesen dritten Weg vorsteht, beginnt wie Revolution auch mit „r“, kommt im Text aber groß vor – „Resilienz“. Ob das Wort „Resilienz“ die Kraft hat, das zu stemmen, was die Gesellschaft stemmen muss? Erwarten möchte man, dass man genauer nach den Ursachen für das fragt, was Herr Reckwitz hier eher nennt, als kritisch untersucht. Nicht nur wie Herr Reckwitz etwas sagt, ist problematisch. Auch was er nicht sagt, ist problematisch. Im Augenblick ist nicht nur eine weltweite Pandemie im Fokus, sondern auch etwas, was die Gesundheit der Gesellschaft ebenso elementar gefährdet, auch nicht erst seit heute oder den 2010 Jahren. Die Bewegung heißt „Black Lives Matter“, beschränkt sich nicht auf englischsprachige Länder – und gehört groß geschrieben.

Man müsste meinen, man dürfte hoffen, dass die menschlichen Tragödien, von denen sich diese Bewegung nährt, nicht ohne intellektuellen und politischen Nährwert sind. Das Wort banal verbietet hier sich von selbst. Im Augenblick wäre es zu einfach, sagte man Black Lives Matter wäre bloß ein „Alles soll anders werden Diskurs“, „der kritisch auf die Epochenschwelle der Spätmoderne reagiert, an der wir uns ist schon seit Längerem befinden.“ Es mag natürlich an der Zeit liegen, dass Black Lives Matter nicht angesprochen wird. Kann sein, dass in dem Augenblick, in dem Herr Reckwitz seinen Text abgab, diese Krise nicht ins Bewusstsein gerückt war, verblendet für einen Augenblick von einem Augenblick, oder vielleicht ganz harmlos aus Versehen von der Redaktion ausgeblendet. Kann sein, dass der Titel des Beitrags treffender ist als man zunächst wahrnimmt. Die Frage ist jedoch, wen es trifft. – Thomas Quinn

 

Endlich mal wartet “Die Zeit“ mit einer soziologisch fundierten Analyse auf, die ein aktuelles „Ereignis“ in eine historische Perspektive einzuordnen versucht. Damit unterscheidet sich Reckwitz’ Beitrag positiv von den vielen Artikeln, die entweder den Ausgang eines Prozesses (aktuell ist das die Pandemie), in dem wir uns gerade befinden, – den Aufstieg oder Niedergang ganzer Weltregionen beziehungsweise Gesellschaften sozusagen vorwegnehmend – bereits kennen, oder die einen massiven gesellschaftlichen Umbruch herbeiwünschen, der als Reaktion der gebeutelten Natur auf unseren Lebensstil zustande kommt.

Es ist Reckwitz zuzustimmen – und das wissen wir spätestens seit Fernand Braudel –, dass gesellschaftliche Transformationsprozesse über Jahrzehnte und unterschwellig erfolgen. Wenn jedoch Epochenbrüche „keine plötzlichen Revolutionen, sondern eher Epochenschwellen, in denen sich der Strukturwandel verdichtet“, sind, da taucht die Frage auf, wie Politik diese Strukturen beeinflussen kann. Reckwitz löst den Widerspruch am Ende seines Textes mit der Einführung des Begriffs “Politikwechsel“, der die zentralen Parameter des Epochenbruchs der 1980er-Jahre, die jedoch weiterhin wirken würden, „stärker über Rahmenbedingungen bändigen“ soll. Hier ist seine Argumentation aus zwei Gründen diffus:

Zum einen liegen der westlichen Spätmoderne eine Reihe von „Events“ durchaus zugrunde: von der militärischen Niederlage der USA im Vietnamkrieg, über die die daraus resultierende Aufgabe des US-Dollar an den Goldstandard (somit auch des Bretton-Woods-Systems von 1944), die wiederum – verkürzt gesagt – den Prozess der Spekulation mit Währungen, Rohstoffen, schließlich Nahrungsmitteln im globalen Maßstab ermöglichte und den „neoliberalen“ Paradigmenwechsel einleitete, bis hin zum Kollaps des Monopolsozialismus im Jahr 1989. Letzteres – als Folge politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen – hat wiederum einen tiefen gesellschaftlichen Wandel herbeigeführt. Ähnlich hat das Erdbeben von Lissabon 1755 ideengeschichtlich den Boden für die Aufklärung und somit jene von Reckwitz als frühe Moderne des späten 18. Jahrhunderts bezeichnete Epochenschwelle bereitet.

Zum anderen ging die Spätmoderne mit massiven Transnationalisierungs- und Entnationalisierungsprozessen einher, die in eine neue Qualität globaler Verflechtungen mündeten. Wenn Politiker nun der nationalen Verteilungslogik folgen, müssen sie in der stark internationalisierten und automatisierten Arbeitsteilung stets im Auge behalten, welche Konsequenzen ihre Handlungen für den eigenen Standort haben werden. Sie kommen an der Frage nicht vorbei, welchen Teil des Bruttoinlandsprodukts es umzuverteilen gilt und wie stark die Wirtschaft „angezapft“ werden kann, ohne die einheimischen Produktionsstrukturen so zu beschädigen, dass sie letztendlich nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Kurz: Wie bändigt man eigentlich die Globalisierung? In diesem Sinn könnte Reckwitz recht behalten: Strukturen wären stärker als „Ereignisse“, also ebenfalls Handlungen politischer Akteure. – PD Dr. Dariusz Adamczyk

 

Andreas Reckwitz‘ Gedanken zum Epochenbruch kranken an der Unmöglichkeit der Heutigen, hier und jetzt Lebenden, einen solchen jemals aktuell erkennen zu können. Allein schon die Einteilung der (westlichen!) Menschheitsgeschichte in Antike, Mittelalter und Moderne geht fehl: Moderne ist für die jeweils Lebenden immer zu ihren Lebzeiten. Kein Mensch der Antike hat sich als solcher gefühlt, ebenso kein Mensch des Mittelalters – eh schon ein sehr konstruierter Begriff; woher weiß ich, dass das die „Mitte“ war?. Früh-, Hoch- oder Spätmoderne sind Etiketten, die allenfalls von späteren Generationen den Epochen aufgeklebt werden können. Zeitweilig war die Moderne ja schon vorbei und man zauberte die Postmoderne aus dem Hut; ein sinnentleertes Unterfangen. Nach wie vor leben wir im auf und ab des Kapitalismus, der immer weiter immer mehr Lebensbereiche durchdringt, und der Staat als ideeller Gesamtkapitalist ist für seine Bürger mal mehr und mal weniger spürbar, zurzeit eben mal mehr. – Udo Kroschewski

 

Gehts noch? Da werden 9/11, die Finanz- und die Coronakrise als die großen Krisen der Spätmoderne bezeichnet, Völkermorde in Tschetschenien und Syrien, 80 Millionen Flüchtlinge weltweit, das Hausen menschenfeindlicher Despoten, fällt alles unter den Tisch. Verblendeter gehts wirklich nicht! – Jürgen Andrzejewski

 


 

 

Leserbriefe zu „In der Nebenrolle“ von Johanna Schoener

 

Beim Lesen des aktuellen Leitartikels der Wissensrubrik fragte ich mich: Hat die ZEIT es -mittlerweile- nötig auf der Titelseite von „Wissen“ eine Familienministerin auf Grund ihrer Posts in sozialen Netzwerken „auseinanderzunehmen“, in denen sie sich – so die Kritik- auf falsch verstandene Weise volksnah zeigt? In der virusbelasteten momentanen Lage halte ich es politisch für dringend geraten und auch überzeugender, den Kurs der Wissenschaftler besonnen „nachzuzeichnen“- was Sie Frau Giffey übel nehmen, als stattdessen populistisch vorzupreschen. M.M. nach gibt es aktuell weitaus interessantere Themen und auch punktuell konzentriertere Darstellungen ( Nachhaltigkeit…, Gestaltung des Familienlebens,…) die berichtenswerter und von größerem Leserinteresse wären als eine breite Kritik der gesamten Ressortarbeit einer Ministerin. Ich wünsche mir von der ZEIT, wie ich es aus vielen positiven Leseerfahrungen der Vergangenheit schätze, eine verantwortungsvolle, lösungsorientiertere Schreibhaltung und eine umfangreich recherchierte Darstellung perspektivisch neuer Wege. – Silke Hutten

 

Kleine Kinder brauchen Wurzeln,/große brauchen Flügel…Dass die Politik insgesamt dieses nicht begreift und Familien seit langem alleine lässt, ist nicht erst seit kurzem ein Skandal, ebenso wie das sog. „Gute-Kita-Gesetz“; die Personalnot bleibt! – Kinder im Vorschulalter leben heute zumeist in Massenkindhaltungen… und: Will die freundliche Ministerin nicht Regierende Bürgermeisterin von Berlin werden…? Auch ihre Vorgängerinnen („in der Nebenrolle“) haben Verantwortung von sich (auf Länder und Kommunen) geschoben. – Klaus Busch

 

Das freundliche, charismatische Foto von Dr. Franziska Giffey gefällt mir, ganz im Gegensatz dazu der Text von Johanna Schoener. Einmal mehr kann die Zeitredaktion nicht über den“ eigenen Schatten“ springen und über SPD Politiker/innen einen qualifizierten, neutralen, positiven Bericht schreiben. Dem Leser wird gleich zum Anfang negatives über die Person Franziska Giffey und ihrem Mann geschrieben. Beides ist längst aufgeklärt. Diese Art des Journalismus kenne ich nur aus den Boulevardmedien, das ist Nachtaroken, wie wir in Bayern so etwas nennen. Meine Wahrnehmung ist, dass gerade für Familien sich sehr viel zum Positiven seit 2018 entwickelt hat. Das während des „Herunterfahrens, der „Ausgangssperre“ und des „Kontaktverbotes“ es für die Familien eine neue Herausforderung war, wird niemand in Frage stellen.

Aber dafür der Familienministerin Untätigkeit vorzuhalten, finde ich absolut falsch. Alle politisch Verantwortlichen, hier zähle ich auch Dr. Franziska Giffey dazu, haben gute, lösungsorientierte und unbürokratische Arbeit geleistet. Was ein Fehler von Frau Giffey ist, dass sie nicht der „richtigen Partei“, wie die der von der Zeitredaktion bevorzugten angehört. Der letzte Satz in dem Artikel gibt klar darüber Auskunft, welche für „Die Zeit“ die Richtige wäre, und schon wäre auch für Dr. Franziska Giffey alles im grünen Bereich. – Hubert Klemenjak

 

Frau Schoeners Kritik am Corona-Krisenmanagement der Familienministerin bleibt den Nachweis schuldig, was Frau Giffey hätte grundstürzend anders machen können. Eine „Ich-habe-einen-Familientraum-Rede“? Ein „Wir-bauen-das-Patriarchat-ab-Gesetz“? Immerhin attestiert sie der Ministerin Beharrlichkeit. Und die braucht man, um den Mentalitätswandel herbeizuführen, der Kinder in die Verantwortung der Eltern wie der Gesellschaft stellt und ihre absolute Systemrelevanz für jegliche Art von menschlicher Zukunft anerkennt. – Andreas Goletz-de Ruffray

 

Danke für den kritischen Beitrag über unsere aktuelle Familienministerin Franziska Giffey. Auch wir haben eine Stimme der Vernunft merklich vermisst. Niemand hat Partei für Familien ergriffen und für unsere Kinder. Wie Sie selber auch geschrieben haben, war es viel viel wichtiger, dass es einen geregelten Bundesligabetrieb gibt anstatt eines geregelten Schul oder Kitabetriebes. Und als ehemals aktiver Kicker ging sogar mir diese Priorisierung wahnsinnig „gegen den Strich“. Frau Giffey hat mich in diesem Sinne sehr enttäuscht, wurde sie im Vorfeld doch stets lobend erwähnt. Als pragmatische Frau, die die Probleme an der Wurzel packt. Aber vielleicht sehen wir hier auch ein Stück weit die Umkehr in Bezug auf die Emanzipation (leider!) im Hinblick auf: Was kann denn schon eine BundesfamilienministerIN gegen die WirtschaftsBOSSE ausrichten? Scheinbar herzlich wenig!? Wäre es anders gelaufen, hätte es einen Bundesfamilienminister gegeben? – Yves Pulst

 


 

 

Leserbriefe zu „18 Stockwerke Stigma“ von Lucia Heisterkamp und Henning Sußebach

 

Erhellend ordnen Sie die Göttinger Dynamik in gesellschaftliche Muster ein. Trotzdem präsentieren Sie die Stadt und nicht unsere Gesellschaft insgesamt als gespalten (und verorten die Wohnanlage sicher nicht zufällig eben nicht zwischen Landesbibliothek und Gericht, sondern „nahe dem Hauptbahnhof“, was auch stimmt, aber wohl so viel transportieren soll wie eine insgesamt zwielichtige Gegend, was wiederum eben nicht stimmt). Unser Schulsystem ist weltbekannt für die Reproduktion sozialer Ungleichheit. Dieser Skandal betrifft uns alle, nicht allein eine angeblich hypokritische Universitätsstadt. Wären Sie doch in der Berichterstattung Ihrer eigenen Schlussfolgerung gefolgt, statt das Stigma der Wohnanlage an die Stadtgesellschaft weiterzureichen! – Lena Bendlin

 

Den im Betreff benannten Bericht habe ich mit Interesse gelesen. Aus meinem ehrenamtlichen Deutsch-Unterricht für Migranten in den vergangenen fünf Jahren weiss ich, dass in deren Familien überwiegend nicht Deutsch gesprochen wird. Das Fernsehprogramm des Heimatlandes ist im Alltag allgegenwärtig. Folglich werden sie überwiegend von den deutschen Medien nicht erreicht. Sie wissen nur das, was die Gruppe, in der sie verkehren, vermittelt wird, also wenn überhaupt, Wissen aus zweiter Hand. Hinzu kommt der Umstand, dass unabhängig von der Herkunft oft das Grundwissen nicht ausreicht, um die nicht einfachen Zusammenhänge mit der Pandemie vollständig zu verstehen. Ich gehe davon aus, dass die Situation in Göttingen nicht wesentlich anders ist. – Schmolling

 

Mit allergrößter Verwunderung habe ich sobeben, den im Betreff genannten Artikel gelesen. Der Grund meiner Erschütterung ist nicht Ihre Aussage, die diesem Artikel zugrunde liegt, sondern die Schilderung der baulichen Gegebenheiten des in Rede stehenden Hochhauses. Siehe hierzu die Aussage:“18 Stockwerke, 407 Wohnungen, 4 Aufzüge , zwei Treppenenhäuser“. Voraussgesetzt, dass Ihre Aussagen stimmen, ist eines Erachtens der juristische Tatbestand der“ Gefahr im Verzuge“ gegeben. Begründung: Durch die weitere Nutzung dieses Objektes werden sämtliche Vorschriften der Landesbauordnung des Landes Niedersachsen, die den Brandschutz betreffen, ausser Kraft gesetzt. Geimeint ist hier nicht nur die Hochhausbauverordnung und die Garagenbauverordnunge, sondern auch weitere Verordnungen, die in der LBO Niedersachsens ihren Niederschlag finden und sich auf den Brandschutz (vorbeugenden Brandschutz) beziehen.

Beispiel: Die von Ihnen angegebe Bewohnerzahl von rund 700 Personen, bei rund 400 Wohnungen dürfte deutlich untertrieben sein. In Wahrheit, denke ich, handelt es sich hier um eine Anzahl von Personen, die sich im Bereich zwischen 1200 und 1600 bewegt. Im Fall eines sog. Schadensfeuers wird als allererste Maßnahmen, von Seiten der Feuerwehr, die Aufzugsanlage des betreffenden Gebäudes ausser Funktion gesetzt, wenn dies nicht schon zuvor, durch eine Brandmeldeanlage, die entsprechend automatisch gesteuert werden kann, geschehen ist. Mann will so verhindern, dass Flüchtende, die einen Aufzug benutzen, durch einen Aufzugsbrand in den Tod stürzen. Ein Aufzugsbrand ist mit das Schlimmste, dass es in einem Brandfall gibt, ausser der Explosion von feuergefährlichen Materialien.

Es ist ganz und gar unmöglich im Falle eines Brandes, mehr alls 1000 Personen (diese Zahl läßt sich um bis zu 80% reduzieren) gefahrlos durch 18 Stockwerke über nur zwei Treppenhäuser evakuieren. Die Kathastrophe der Loveparade Duisburg von 2010 läßt grüßen. Nach meinem persönlichen Daführhalten, handelt jede staatliche Behörde, die das o.g. Hochhaus weiterhin in Betrieb läßt und nicht sofort die Evakuierung aller dor befindlichen Personen anordnet, mindestens grob fahrlässig. Voraussgesetzt die Angaben in Ihrem Artikel entsprechen den tatsächlichen baulichen Gegebenheiten. – Günther Bloos

 

Das ist schon eine wuchtige These: „18 Stockwerke Stigma – Der Corona-Ausbruch in einem von Migranten bewohnten Hochhaus in Göttingen offenbart die Lebenslügen der Stadt.“ So sehr ich Ihre Zeitung mit ihren tiefenrecherchierten Beiträgen und differenzierten Meinungen wertschätze, der Artikel über die Folgen des Corona-Ausbruchs in Göttingen – promiment platziert auf Seite 3 – hat mich doch reichlich irritiert in seiner tendenziösen Färbung. Woher nehmen die Journalist*innen die Gewissheit dieser Aussage? Liegt dem eine repräsentative Umfrage der Bürger*innen dieser Stadt zugrunde? Oder wurden Kommentare im Internet herangezogen, die nun als alles andere als repräsentativ gelten dürften. Oder bezieht man sich lediglich auf die – vielleicht etwas flappsige Aussage des zitierten Gesamtschulleiters? Die Leiterin des Krisenstabes, Sozialdezernentin Petra Broistedt, hat sich inzwischen von ihrer Wortwahl -„einige Großfamilien“-, weil zu undifferenzierten Rückschlüssen führend, distanziert und dafür entschuldigt.

Im Grunde ist die Berichterstattung zunächst recht differenziert angelegt, die Schlussfolgerungen in Form von allgemeinen Zuschreibungen aber -„In der Universitätsstadt, die so viel auf ihre Toleranz und ihren Gemeinsinn hält, wird gerade manche Lebenslüge offenbar.“- halte ich hingegen für unglaublich pauschal wertend. Irgendwie beschleicht mich der Verdacht, dass man genau den gegen uns Einwohner*innen erhobenen Vorwurf der Pauschalisierung durch die Zuschreibung „Lebenslügender Stadt“ auch gegen die verantwortlichen Redakteur*innen anwenden könnte. Zudem: Nicht nur in Göttingen ist Integration ein schwieriges Thema. Welche Versäumnisse und Hindernisse dem im Wege stehen, ist aber noch ein ganz anderes Thema. – Ute Seidler

 

In diesem Artikel bemüht man sich um eine ausgewogene Darstellung der Göttinger Situation und darum, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe vor pauschalen Anschuldigungen in Schutz zu nehmen. Es ist wohl ein menschliches Verhalten, in einer Situation, in der die eigene Gesundheit und die Nahestehender bedroht wird, Schuldige zu suchen, und da ist es richtig, simple Schuldzuweisungen zu hinterfragen, wobei allerdings die Erfahrungen der Kritiker ernst zu nehmen sind. In dieser Hinsicht wirft der Artikel Fragen auf: Um zu beantworten, ob der Göttinger Bürgermeister das Stigma an die Gruppe der muslimischen Roma aus dem Kosovo weiterreichte, wird der kritischen Äußerung eines Leiters einer Gesamtschule, der sicher aufgrund von Erfahrungen urteilte, die einer betroffenen Roma aus dem Iduna-Zentrum gegenübergestellt, wobei betont wird, dass sie „mit Tränen in den Augen spricht“ und Altenpflegerin ist. Wozu diese Leserlenkung?

Warum wird anschließend eine Stellungnahme der Betroffenen zitiert, ohne sich von der Unterstellung, hier propagiere jemand, dass eine Feierlichkeit stattgefunden habe, zu distanzieren? Sind solche Erklärungen Betroffener so glaubwürdig wie die Ausführungen eines Schulleiters oder der Leiterin des Krisenstabs? Es ist sicher richtig, dass in Millionen Gärten gegen Corona-Auflagen verstoßen wurde und wird, allerdings haben diese Verstöße nicht die Folgen wie in Göttingen. Natürlich gibt es Roma, die sich an Auflagen halten, aber eben auch solche, die darauf pfeifen. Alle sollten genauso wenig stigmatisiert werden wie das Göttinger Bildungsbürgertum, auf das wohl angespielt wird, wenn davon geschrieben wird, in einer Stadt, die viel auf ihre Toleranz und ihren Gemeinsinn halte, „wird nun manche Lebenslüge offenbar“. Was ist damit gemeint? Es kann ja nicht im Sinne der Verfasser sein, das Bemühen um Offenheit als Lebenslüge darzustellen. Was maßt man sich mit diesem Begriff überhaupt an? Dass vermeintlich Akademiker gegen Schulschließungen protestieren und nicht prekär Beschäftigte soll sich dann wohl von selbst verstehen. Hier wird ein falscher Schwerpunkt der Kritik gesetzt. Vielleicht kann man froh sein, dass dieser Ausbruch der Infektion in einer Stadt wie Göttingen stattfand?

Wie wären die Reaktionen anderswo gewesen? Wie soll man umgehen mit denen, die anderen schaden, weil sie sich nicht an Regeln halten – aus welchen Gründen auch immer? Mich ärgert an diesem Beitrag, dass hier nicht, wie vorgegeben, Stigmatisierungen gezeigt, sondern neue Gräben gezogen werden, während der Anschein von Unvoreingenommenheit erweckt wird. Das Foto zu dem Beitrag behauptet stimmungsvoll eine Bedrohung, aber am Schluss wird richtig festgestellt: Göttingen hatte wohl noch Glück. Das Bild ist mithin genauso reißerisch wie die Überschrift. Insgesamt wird hier zu wenig zur Klärung einer Situation beigetragen, in der ausgerechnet Menschen, die unter Vorurteilen leiden, diese zu bestätigen scheinen. – Christiane Vogl

 


 

 

Leserbriefe zu „Gibt es mehr als nur wahr oder falsch?“ von Graham Priest

 

Schade, dass Sie Ihren Artikel nicht mit Beispielen angereichert haben. So abstrakt geschildert erschließt sich das Thema nur schwerlich. Dabei wären durchaus plausible Situationsbeschreibungen verfügbar: 1. Behauptete jemand, die Sonne von gestern entspreche der Sonne von heute, so wäre dies objektiv wahr. Behauptete hingegen jemand, er sah gestern eine andere Sonne als heute, so wäre dies vom zeitlichen Aspekt betrachtet ebenso wahr… 2. Mehrere Menschen sind in einem finsteren Raum und tasten. Der Eine: Es ist rau und hart; der Andere: Es ist weich und flexibel; der Dritte: Es ist lang und stachelig; der Vierte: Es ist dick und feucht…. Objektiv betrachtet, lassen sich diese Aussagen nicht miteinander vereinbaren- was rau und hart ist, kann nicht gleichzeitig weich und flexibel sein… Das Licht geht an und alle sehen: Es ist EIN Elefant… Sowohl für den Sinn wie für den Verstand gibt es noch viel zu entdecken. – Marion Claus

 

Priest stellt in seinem Beitrag den Buddhismus so dar, als akzeptiere er im Gegensatz zur westlichen Logik widersprüchliche Aussagen als wahr. Dies untermauert er mit einem überlieferten Dialog, in dem Buddha einem Schüler erklärt, dass er weder behauptet habe, dass erleuchtete Personen nach ihrem Tod existieren, noch dass sie nicht existieren, noch dass sie zugleich existieren und nicht existieren. Buddha behauptet also gar nichts in dieser Frage und schon gar keinen wahren Widerspruch. Es ist der klassische Fall einer kontingenten Aussage. Ich empfehle Herrn Priest die Lektüre von Strobach, Einführung in die Logik, Darmstadt 2005. Dort heißt es: „Wie kommt man darauf, am Satz vom ausgeschlossenen Dritten oder am Bivalenzprinzip zu zweifeln? Ein Grund dafür kann sein, dass man gar nicht die Korrespondenztheorie der Wahrheit befürwortet, sondern eine andere Auffassung davon hat, was Wahrheit ist“ (S. 24).

Leider erklärt sich Priest in dieser wesentlichen Frage nicht. Stattdessen „beweist“ er seine These damit, dass es auch die FDE-Logik gäbe, die den Wahrheitswert ‚sowohl wahr als auch falsch‘ kennt. Strobach schreibt an anderer Stelle: „Logik ist tatsächlich ein Werkzeug fürs Philosophieren, und zwar heutzutage ein mathematisches Werkzeug. […] Ist Logik Werkzeug, so ist es aber auch kein Wunder, dass man allein mit Logik keine echten Probleme löst […]“ (S. 9). Mit meinen Worten: Ein theoretischer Bauplan für ein perpetuum mobile beweist noch nicht, dass perpetuum mobiles möglich sind. Priest sollte mit seiner FDE-Logik einen sinnvollen, zugleich wahren und widersprüchlichen Satz formulieren. Erst dann könnte seine Argumentation vielleicht auch mich überzeugen. – Benno Blessenohl

 

Der Text tut nichts anderes als zu sagen, dass es schlaue Leute gab, die sagten, dass es mehr als nur wahr oder falsch gibt. Erklärt wird aber keine einzige dieser Behauptungen. „Fragen Sie nicht.“ Dafür mag auf einer Zeit-Seite vielleicht kein Platz sein, aber dann hätte man sich den Text auch sparen können. So taugt er nur für Leute, die in Diskussionen statt Argumenten gern Sachen sagen wie: „Kant hat gesagt …“ Oder, na gut, als Appetitanreger fürs Thema und Hinweisung zu entsprechenden Quellen. Viel mehr kann eine Zeitungsseite, wie gesagt, vielleicht gar nicht leisten. – Sven Raschke

 

Die Anwendung der in diesem Essay dargestellten Logik der buddhistischen Wahrheit hätte drastische Auswirkungen auf das Rechtssystem: Wer möchte da noch als Richter amten, wenn jemand zu Recht gleichzeitig schuldig und unschuldig sein kann? Wenn ein Vertrag zu Recht gleichzeitig gültig und ungültig sein kann? Schon in der Antike kannte man ja den Fall des unschuldig schuldig gewordenen Ödipus. Der Widerspruch zwischen der aristotelischen und der buddhistischen Wahrheit ist ähnlich den Entdeckungen in der Physik des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts, die im Widerspruch zur klassischen Physik standen: Einerseits die Physik der hohen Energien (Spezielle Relativitätstheorie), in der sich die Dimensionen verändern (Längenkontraktion, Zeitdilatation, Massenzunahme) und die schließlich die Kausalität infrage stellt (Relativität der Gleichzeitigkeit in zwei gegeneinander beschleunigten Bezugssystemen).

Die Newtonsche Mechanik ist dann ein Grenzfall der Relativitätstheorie für kleine Energien. Andererseits die Physik der kleinen Distanzen (Quantenphysik), die nur noch Wahrscheinlichkeiten kennt: Der Aufenthaltsort eines Elementarteilchens ist nur noch durch eine Wahrscheinlichkeit bestimmt. Erst durch eine Messung wird der Zustand eines mikroskopischen Systems bestimmt („Schrödingers Katze“). Das Teilchen ist dann entweder da oder nicht. Auch hier ist die klassische Mechanik ein Grenzfall der Quantenphysik für große Distanzen. Durch Angabe der Größen Energie und Distanz konnte man die Widersprüche der Theorien auflösen.

Eine Lösung der Wahrheitsproblematik könnte in der Angabe von Wahrscheinlichkeiten gefunden werden. In der Statistik gibt es das Problem der Zuordnung von Objekten mit ungenau messbaren Eigenschaften zu verschiedenen Kategorien (Klassifizierung). Man hat dort eine „fuzzy logic“ eingeführt, die mit Hilfe einer Wahrscheinlichkeitsregel die Zuordnung durchführt. Beispielsweise kann ein Objekt mit einer Wahrscheinlichkeit von x Prozent in Klasse 1 und mit einer Wahrscheinlichkeit von (1-x) in Klasse 2 sein. Übertragen auf die buddhistische Wahrheitslogik wären für x=50% allerdings die Fälle „A und ~A beide wahr“ und „A und ~A beide falsch“ identisch, weil gleich wahrscheinlich. Dafür hätte man aber noch jede Menge Zwischenstufen, z.B. A zu 30% wahr und ~A zu 70% wahr. Damit wäre die aristotelische Logik ein Grenzfall der Wahrscheinlichkeitslogik für x=100%: A ist zu 100% wahr und ~A ist zu 0% wahr.

In der praktischen Rechtsprechung existiert diese Methode ja schon durch den Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“. Der Schaden in Verkehrsunfällen wird oft anteilig nach der Schuld berechnet. Die Ermittlung der Wahrscheinlichkeit und die Festlegung der Grenze im Falle einer Entscheidung schuldig/ nicht schuldig bleibt allerdings Ermessenssache. Und im Rechtssystem wird es immer unauflösbare Widersprüche geben, weil dieses keiner strengen mathematischen Logik folgt. – Dr. Ulrich Beisl

 


 

 

Leserbriefe zu „Zu Hause ist es am schönsten“ von Karin Ceballos Betancur et al.

 

Ich vermute Sie werden diese Zuschrift dutzendfach erhalten, kann mich aber leider nicht zurückhalten sie ebenfalls zu schicken. Vielleicht verstehe ich auch alles ganz falsch. Aber irgendwie suggeriert die Fußnote „rundungsbedinge Differenz“, dass sich die Anteile rechnerisch zu 100% summieren sollten… Ich hab‘ mir die Mühe gemacht nachzuschlagen ob es ein Fehler des DIW ist. Ich denke Sie zitieren aus https://www.diw.de/de/diw_01.c.789505.de/publikationen/diw_aktuell/2020_0041/vor_dem_covid-19-virus_sind_nicht_alle_erwerbstaetigen_gleich.htmlTabelle 2. Hier nichts in Sicht, es geht wohl auf Ihr Konto… Egal, ich kenne mich mit Prozentrechnung aus, kann kurz drüber lachen und es dann ignorieren. Was mir in solchen Fällen ein mulmiges Gefühl hervorruft, ist der Gedanke an die vielen Aussagen in Zeitungen, die ich nicht plausibilisieren kann und einfach glauben muss. – Dr. Thomas Bliem

 

Danke für Ihre interessante Betrachtung, der ich zwei weitere Gedanken hinzufügen möchte: Wenn man sich an die richtige „Mischung“ zwischen Home- und Office-Office gewöhnt haben wird -wie Sie auch schrieben- wird es auch ein neues Austarieren zwischen Vater, Mutter, Kind geben können. Vielleicht kann der SUV in der Garage (oder schon beim Autohändler) bleiben und Kind wird ohne Zeitdruck von -wechselnd- Vater und Mutter zu Fuß zu Kita oder Schule gebracht. Nutzt allen, fördert Familie und Gleichberechtigung sowie Work-Life-Balance – alles wohl erst längerfristig. Und wenn es, zweiter Punkt, gelungen sein wird, zwischen Familien, Unternehmen und nicht zuletzt den Gesetzgebern eine gemeinsame Basis zu finden, dürfte sich das Arbeiten möglicherweise noch effizienter gestalten lassen, indem dort gearbeitet wird, wo Wissen und Informationen leicht zu bekommen sind, beispielsweise in Bibliotheken, Unis, Institutionen. – Michael Koehn

 

Homeoffice ist das Symptom eines Trends, nicht der Trend selbst. Der Trend – nämlich die abnehmende Relevanz des Gegensatzes von Kapital und Arbeit – hat bereits lange vor Corona seinen Anfang genommen. Wo die Interessen von Kapital und Arbeit beiderseitig als gleichgerichtet wahrgenommen werden, verlieren Führung und Kontrolle an Bedeutung. Bei zunehmender Identifikation der Mitarbeiter mit den Zielen „ihres“ Unternehmens wird die bislang fremdbestimmte Anleitung immer mehr durch intrinsische Motivation, Selbststeuerung und Selbstkontrolle abgelöst. Infolge wachsender Wettbewerbsdynamik, Digitalisierung und der notwendigen ökologischen Neuausrichtungen finden sich selbst etablierte Großunternehmen quasi in der Startup-Rolle wieder und benötigen das eigene Humankapital in einem weit umfassenderen Ausmaß als bisher: mehr Veränderungsbereitschaft, mehr Kreativität, mehr Flexibilität, mehr Leistung.

Letztendlich sollen die Mitarbeiter ihr Leben ganz in den Dienst der Unternehmen stellen. Indem sie sich voll mit dem jeweiligen Unternehmen identifizieren und den Vorrang der Arbeit verinnerlichen, verschmelzen auch die bisher noch getrennten Sphären Erwerbsarbeit und Privatleben immer stärker. Homeoffice bietet für die vollständige Verschmelzung den passenden Rahmen und ermöglicht zugleich den Zugriff der Unternehmen auf das ganze Leben der Mitarbeiter: der Privatbereich wird zum Arbeitsplatz, die Mitarbeiter übernehmen neben ihren Fachaufgaben auch noch Steuerung, Kontrolle, Arbeitsorganisation und lassen das sich zerbröselnde Privatleben in den verbleibenden Pausen stattfinden. Pausen, die – jedenfalls nach der Ausnahmesituation des Corona-Shutdown – zeitlich selbstbestimmt platziert werden können. Dies wird als Freiheit und Selbstverwirklichung erlebt, weil man zu Hause ist, im Privatbereich, in der Sphäre der Selbstbestimmung.

Mit einer vollen Etablierung der Homeoffice-Welt wird Arbeit ihre gesellschaftliche Dimension schließlich ganz verlieren. Der Gegensatz von Kapital und Arbeit wird in der Vereinzelung der Mitarbeiter auf eine im Konfliktfalle für die Unternehmen leicht zu handhabende Größe schrumpfen. Dass die Interessen der weiterhin abhängig Beschäftigten und der Unternehmen doch nicht als gleichgerichtet unterstellt werden können, werden die Mitarbeiter erleben, die im Homeoffice langsam und unbemerkt ausbrennen oder plötzlich und unbemerkt ihren Arbeitsplatz verlieren. War es vielleicht doch nicht Selbstbestimmung, war es eher Selbstausbeutung, wird sich der Mensch, das gesellschaftliche Wesen, fragen, allein zu Hause. In der Gesellschaft ist es doch am schönsten. – Reinhard Koine

 

Vielleicht koennen die Bueroimmobilien der Zukunft firmenuebergreifend genutzt werden: Jeder arbeitet für seine Firma unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften im wohnortnahen Buero, spart so weite Wege, ermöglicht gleichzeitig anderen Familienmitgliedern potenziell störende Beschäftigungen wie z. B. das Ueben eines Musikinstruments und hat selbst die Möglichkeit, Dienst und Privat zu trennen. – Susanne Sänger

 


 

 

Leserbriefe zum Politischen Fragebogen „»Ein Döschen Kaviar«“. Gespräch mit Theo Sommer geführt von Tina Hildebrandt

 

Diese ehrlichen,humorvollen und offenen Antworten haben mich begeistert. Politiker,Medienvertreter etc.der heutigen Zeit sollten dies mehr verinnerlichen. Nicht nur Wischiwaschi wie z.B bei Frau Schulz.Vielleicht färbt das auch wieder vermehrt auf die redaktionellen Beiträge ab – neben der Fakteninformation!!! – Sielaff

 

Klar, ein herzlicher Glückwunsch muss sein! Und sicher auch ein milder Umgang mit der Vita. Man merkt….wie heute auf NDR Kultur.. wie Befragungen äußerst bemüht klingen… Dabei der Geehrte doch bereit ist, auch warnende Erkenntnisse seines langen Lebens preiszugeben… Die „Steuer“geschichte wäre sicher spannend gewesen, weil sie uns irgendwie alle erwischt…. Nichts für ungut. Grüße an den Jubilar….und das Rätsel „Um die Ecke gedacht“ möge für die Zeit auf lange Zeit gelten.. – Heinz-H. Hendrich

 

Mit Dank und großer Freude habe ich Theo Sommers Antworten im „Politischen Fragebogen“ gelesen. Alle Antworten sind so klug, so geistreich, so auf der Höhe der Zeit, wie man es von Herrn Sommer duch all die Jahrzehnte kennt. Jetzt wird er 90, und das ist willkommener Anlass zu herzlicher Gratulation. Ich (79) lese DIE ZEIT seit den 1960er Jahren, und ich empfinde heute, dass mir kein anderer Journalist in Deutschland soviel gegeben, soviel vermittelt und soviel Anlass zum Nach- und Überdenken eigener Meinungen gegeben hat wie er. Es gab zZeiten, etwa 1968 nach dem Attentat auf Rudi Dutschke, als man geradezu begierig darauf wartete, was sagt Sommer. Er und Gräfin Dönhoff, – dieses „Gespann“ war wohl ein einmaliger Glücksfall im deutschen Journalismus, und glücklich auch, wer daran teilhaben konnte. Die besten Wünsche für Gesundheit und Wohlergehen sende ich ihm nach Hamburg. – Dirk Klose

 


 

 

Leserbriefe zur Infografik „Der Wert des Ackergolds“ von Matthias Schütte (Infografik) und Tin Fischer (Recherche)

 

Vielen Dank für Ihre Arbeit. Auch dieser Woche war die Inforgrafik wie immer sehr interessant. Aber leider fehlten mir persönlich ein paar Informationen zum Thema der Kalkulation des Kartoffelbauern. Also bin ich selber tätig geworden: 1. Wie ist der Ertrag an Kartoffeln pro Hektar? Gut, das kann man selber googlen und das Ergebnis auf der Seite des BMEL lautet 353,8 dt/ha (100 kg/ha), also 35,380 Tonnen (oder 3,5 kg/qm, oder 35.380 kg/ha). 2. Was bekommt der Bauer pro kg Kartoffel? Kann man sich ausrechnen, wenn der von ihnen abgegebene Erlös bei etwa 8.500 Euro liegt: gerade mal 24 Cent/kg, oder 12 Euro pro Zentner oder auch 240 Euro für 1.000 kg. Das ist doch sehr wenig im Vergleich zum Verkaufspreis im Laden. 4. Der Bedarf von wievielen Menschen in Deutschland wird mit 1 ha gedeckt? Bei einem Verbrauch von 61 kg/Person und Jahr reicht ein Hektar für den Bedarf von 580 Personen, bzw. für jede Person werden 17,4 qm benötigt, also eine Fläche von 4,2 m x 4,2 m. 5. Wie hoch ist die Pacht für einen Hektar Ackerland? – Dr. Gerrit Praefcke

 

Schön, dass Sie mal ein Thema aus der Landwirtschaft bringen. Für den landwirtschaftlichen Laien bringt diese Grafik zum Wert des Ackergoldes verwirrendes. So weiß er nicht, welcher Ertrag (dt/kg je ha (10000 qm) zu Grunde gelegt wurde und welcher Erzeugerpreis erzielt wurde. Für den Verbraucher wäre doch der Unterschied zwischen Erzeugerpreis und dem Verkaufspreis von Interesse . Auch kann der Leser nicht erraten, wie hoch der Stundenlohn ist. Nachtrag: der Erzeugerpreis für Kartoffeln schwankte in den letzten vier Jahren zwischen 7 ( in Worten sieben) und 32 € pro 100 kg, wie kann die Zeit dann einen Gewinn von2662 € nennen? Es gab sowohl Verlust- als auch Gewinn. – Tillmann Zeller

 


 

 

Leserbriefe zu „»Wir wollen zurück in den Hörsaal«“. Gespräch mit Roland Borgards geführt von Anna-Lena Scholz

 

Das stärkste Argument nennt Herr Borgards nicht: Persönliche Kontakte und Diskussionen erlauben den Beteiligten persönliche Entwicklungsmöglichkeiten und schulen das ganzheitliche Wahrnehmen. – Hilde Floquet

 

Seit eine Virusmutante unser Leben beeinträchtigt und fast jede betroffene Gruppe in den Medien mit Aufmerksamkeit bedacht wurde, wundere ich mich, dass man kaum etwas von der Situation an den Universitäten hört. Wahrscheinlich liegt es daran, dass es sich bei Lehrenden und Studierenden um eine besonders gutmütige, bereitwillige und frustrationsresistende Population handelt, die ihr Bestes tut und nicht klagt. Umsomehr habe ich mich über Ihren Beitrag zu diesem Thema gefreut. Er spricht mir aus der Seele. Wir wurden nach Bekanntgabe des lockdownsvon der Universitätsleitung aufgefordert, innerhalb weniger Tage das gesamte Lehrangebot auf digitale Formate umzustellen. Inzwischen klopft man sich gern auf die Schulter, wie toll das funktioniert hat und spekuliert , dass man diese Form des Unterrichts beibehalten könne. Ich warne dringend davor. Universitärer Unterricht braucht den persönlichen Kontakt in Hörsälen, Seminaren und Praktika. Es ist ja nicht so, dass die digitalen Möglichkeiten nicht längst Einzug gehalten hätten: Fast alle Lehrenden stellen ihre Vorlesungen auch auf Lernplattformen zur Verfügung, aber eben als zusätzliche Hilfe, nicht als einziges Angebot. In den medizinischen und naturwissenschaftlichen Fächern gibt es Kurse und Praktika. Das geht nicht ohne Präsenz. Wo praktisches Arbeiten im Beruf nötig ist, braucht es auch praktische Ausbildung.

Versucht man das zu digitalisieren, bilden wir keine guten Ärzte und Ärztinnen, Naturwissenschaftler und Naturwissenchaftlerinnen mehr aus. Ein weiteres Problem stellen die schriftlichen Prüfungen dar, die in vielen Fächern in Form von Klausuren und Tests mit großen Studierendenzahlen durchgeführt werden. Auch hier sind wir aufgefordert, zu digitalen Möglichkeiten zu greifen – allerdings ohne präzise Angaben, wie das gehen soll. Vermutlich möchte niemand die Verantwortung für mögliche rechtlichen Konsequenzen solcher Prüfungenen übernehmen. Also müssen in allen Fächern weiterhin Klausuren geschrieben werden – ohne ausreichende Hörsaalkapazitäten. Wegen der Abstandsregeln dürfen Hörsäle nur zu 10 % belegt werden. Eine Klausur mit 100 Teilnehmern in einem für 200 Studierende ausgelegten Hörsaal zu schreiben, erfordert also fünf Durchgänge bzw. mehrere Hörsäle. Wegen des akuten Engpasses werden daher schriftliche Prüfungen ausfallen müssen. Dies geht zu Lasten der Studierenden. Da wünsche ich mir, unsere Studierenden hätten etwas von dem Mumm der 68er-Generation ! – Dr. Brigitte Pfeiffer-Guglielmi

 


 

 

Leserbriefe zum Titelthema „Hauptsache, zu Hause?“ von Karin Ceballos Betancur et al.

 

Das Rätselraten und Diskutieren an unserer (großen) Frühstückstafel, vor Kenntnis des ZEIT MAGAZINS, uferte derartig aus, dass ich beauftragt wurde, Ihnen zu schreiben: Warum hat Katze nur ein Auge? Die Wirkung ist sehr ungünstig! Mutmaßungen sind deren viele, die ich gar nicht alle aufführen will. Aber seien Sie bitte trotz Ihres wahrscheinlich immensen Arbeitsanfalls so freundlich und antworten Sie mir/uns kurz? – Dr. Claus Richter-Haffelder

 

Der Zeit-Titel führt noch nicht weit genug. Zum einen haben Unternehmen, die im Homeoffice primär eine Chance sehen, Bürokosten einzusparen, die Digitalisierung gar nicht richtig verstanden, da ein echter Innovationsgeist gerade nicht ein Mehrklassensystem unter den Mitarbeitern erfordert. Zum anderen sollte man ein Thema wie das Arbeiten von zuhause in jedem Fall in einem größeren internationalen Kontext sehen, da es auch sehr viel über den gewaltigen Reformstau in der hiesigen Wirtschaft aussagt, wenn Deutschland hier wie ebenso bei mehr Diversität in Führungspositionen eher zu den abgeschlagenen Schlusslichtern zählt. Deshalb bleibt am Ende nicht nur die Frage nach dem persönlichen Wohlbefinden der Arbeitnehmer sowie möglichen Fallstricken wichtig, sondern auch, wie man solche verkrusteten Strukturen endlich aufbrechen kann! – Rasmus Ph. Helt

 


 

 

Leserbriefe zu „Die entzauberte Droge“ von Ulrich Schnabel

 

Entzaubern lässt sich nur, was vorher verzaubert wurde. Doch was soll das für ein „Zauber“ sein, der ein kleines Molekül in unserem Körper dafür verantwortlich machen will, das wir kuscheln mögen oder gar unseren Mitmenschen Vertrauen entgegen bringen? Was sind das für „Zauberer“ (oder sind es Wunder-Drogen-Köche?), die davon überzeugt sind, unser leibliches „ in-der-Welt-sein“ könne auf die Wirkung eines Moleküls oder eines Gens reduziert werden? Es wird Zeit, die teils alberne, bisweilen groteske sprachliche Verdinglichung menschlicher Gefühle und Fähigkeiten als ein naives, reduktionistisches Menschenbild zu erkennen, mit Hilfe dessen sich für einige vielleicht „gute Geschäfte“ machen lassen, welches aber nicht die Grundlage guter wissenschaftlicher Arbeit sein kann. – Jürgen Pilz

 

Vielen Dank für den Artikel „Die entzauberte Droge“, Eine Anmerkung hätte ich dazu: Soweit ich weiß: Das Neuropeptid Oxytocin unterliegt seiner Expression aus dem entsprechenden Genabschnitt einem sogenannten epigenetischen Effekt: Dieser entsprechende Genabschnitt ist anfangs umkleidet von einer verzweigten Peptidkette („Eiweißwolke“), die zunächst abgebaut werden muss, um dann den Ganabschnitt „lesen“ und das Neuropeptid Oxytocin expremieren zu können. Diese „Entpackung“ des Oxytocingenabschnitts wird – interesanterweise – u.a. wesentlich von der körperlich und seelisch positiven („liebevollen“) Zuwendung getriggert. Dies ist möglicherweise ein wichtiger Schritt, der eine intensive (i. s. von positive) Bindung des Säuglings mit seiner unmittelbaren Personenumgebung ermöglicht und wichtige Grundbedingungen für das weitere soziale Eingebettetsein des jeweiligen Menschen hat.

Dies würde verklären, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche eigene Oxytocinlevels in ihrem jeweiligen Stoffwechsel haben und unterschiedlich auf externe Oxyticingaben reagieren: Die-derjenige mit hoher eigener Oxytocinexpression reagiert kaum auf eine externe Gabe Oxytocins und vice versa. Dies würde den „Probandenauswahlstatistikfehler“ in der Studie von Herrn Ernst Fehr erklären. Mich irritiert etwas, dass Herrn Fehr dieser Zusammenhang möglicherweise nicht bekannt sein sollte, zumal er einen klaren Effekt auf die „Qualität“ seiner Probandenauswahl (der „Investoren“) hat. – Dr. med. Michael Lühn

 


 

 

Leserbriefe zu „»Heimarbeit und kein Ende!«“ von Michael Sontheimer

 

Auch wenn der Vergleich zur Heimarbeit vor über 100 Jahren etwas hinkt, so ist mindestens ein Thema davon weiter gültig: das der sozialen Isolation. (Womöglich ist dies im Sinne mancher Arbeitgeber.) Der soziale Aspekt der Arbeit wird dabei viel zu wenig beachtet. Wenn alle über längere Zeit im home-office sitzen, gehen Zugehörigkeits- und Teamgefühl schnell verloren. Dabei ist dies durchaus ein maßgeblicher Bereich unseres gesellschaftlichen Selbstverständnisses. Mich verwundert immer sehr, wenn Politiker oder Firmenchefs etc. betonen, „wieviel home-office möglich ist“. Klar ist das möglich, kurzfristig sowieso. Es sind viele Arbeitsweisen möglich (das gilt auch für umstrittene Großraumbüros – die nun „open-space“ heißen). Es stellt aber nicht unbedingt eine Verbesserung dar, vor allem wenn Mitarbeiter gezwungen werden, in einer Form zu arbeiten, die ihnen nicht entspricht. Das ist weder für das Arbeitsergebnis noch für die Menschen vorteilhaft. Kurz: der optimale Arbeitsplatz wäre der frei gewählte. – Barbara Mittermeier

 

Michael Sontheimer schildert spannend den langwierigen Kampf gegen die Heimarbeit im 19. und 20. Jahrhundert. Er verdeutlicht, dass die Ausbeutung der im Heimgewerbe tätigen Frauen und Männer durch ihre Vereinzelung und dadurch fehlende gewerkschaftliche Organisation besonders leicht war. Er weist zurecht auch auf den vielschichtigen Blick von (oft) Männern und Frauen auf das Thema hin. In einem Punkt ist er allerdings nicht deutlich genug: er spricht nicht offen aus, dass das wirtschaftliche Risiko der Heimarbeit ganz auf Seiten der Frauen und Männer lag – sie waren zwar in der Regel über Verträge an die Betriebe, die ihnen die Waren abnahmen, gebunden, hatten aber keinerlei Absicherung im Krankheitsfall. Bezahlt wurde nur die gefertigte Ware.

Dank dieser (bewussten?) Auslassung kann Sontheimer dann die Aktualisierung zur heutigen Debatte um das „Recht auf Homeoffice“ vornehmen und führende SPD-Mitglieder als „geschichtsvergessen“ bezeichnen. Ich glaube, deren Geschichtskenntnisse sind gut genug um den fundamentalen Unterschied zwischen der Heimarbeit im Sinne des 19. und frühen 20. Jahrhunderts und dem heutigen „Homeoffice“ für mit Tarifverträgen und Sozialversicherungen abgesicherten Angestellten zu sehen. Zwar stellen sich auch beim heutigen Homeoffice Fragen danach, wie beispielsweise eine gewerkschaftliche Vertretung sinnvoll organisiert werden kann, aber die in Coronazeiten näher liegende Aktualisierung wäre der Blick auf die Frauen gewesen, die wochenlang in ihren Wohnungen an ihren eigenen Nähmaschinen mithilfe von selbst vorfinanzierten Materialien Mundschutzmasken genäht haben. Das ist Heimarbeit – Homeoffice am Laptop des Arbeitgebers aber nicht! – Nicola Roether

 


 

 

Leserbrief zu „Ehefrauen in Führungspositionen“ von Francesco Giammarco

 

Ein historisch belasteter Hochzeitstag (30. Jänner) verbindet uns beide – und natürlich unsere Frauen. Heuer haben wir den 42. Hochzeitstag gefeiert – vielleicht, weil weder meine Frau noch ich als Lehrer großartige Führungspositionen hatten? Seit dem Vorjahr müssen wir auch damit leben, dass unsere jüngste Enkeltochter am 20. April Geburtstag hat. – Franz Dorn

 


 

 

Leserbrief zu „Plumps“ von Anna Mayr und Michael Thumann

 

Zu Ihrem Artikel über den weltweiten Denkmalsturz („Zeit“ heute auf Seite 2 unten): Denkmäler sind (Er-) Mahnungen im öffentlichen Lebensbereich, um einer Person oder eines historischen Ereignisses situativ zu gedenken. Weil jedem Mahnmal eine notwendige Ambiguität innewohnt, fügen die Erbauer Erklärungen hinzu. Erst diese Reflexionshilfen machen den pädagogischen Mehrwert solcher „Stolpersteine“ aus. Wer Denkmäler stürzt, mit dem Wissen von heute Kunstwerke wie Gemälde, Filme, Opern oder Romane schwärzt bzw. korrigiert, historische Personen auf ein biographisches Detail reduziert, missbraucht Macht, ja übt ideologisch motivierte Gewalt aus, gegen die sich eine Demokratie wehren muss. – Felix Evers

 


 

 

Leserbrief zu „Das Ende der Heuchelei“. Gespräch mit Luuk van Middelaarund Ivan Krastevgeführt von Matthias Krupa und Jörg Lau

 

Die Diskussion kommt auf den Punkt, wie sie das Verhältnis der EU zu Orban’s Chinafreundlichkeit thematisiert. Wird damit nicht implizit die Frag aufgeworfen welches Konzept heute zukunftsfähiger ist, das der Euro-EU oder das der alten EWG? Und, ist es nicht naiv zu glauben, dass diese Frage allein im EU-EURO-Europa entschieden wird? Wird die nahe Zukunft der Welt durch die Inszenierung von Gemeinsamkeiten oder von Differenzen entschieden werden? – Martin Bode

 


 

 

Leserbrief zu „Die Ablösung beginnt“ von Anne Applebaum

 

Vieles spricht dafür, dass die USA ihre Rolle als globale Führungsmacht verlieren werden. Wenig dafür, dass es Europa gelingen wird, allfällige Freiläufe zu besetzen. – Martin Bode

 


 

 

Leserbrief zu „Warum lieben die Deutschen dieses Haus?“ von Henning Sußebach

 

Der am 10.06.2020 erschienene Beitrag ist nichts weiter als ein Remake von Niklas Maaks „Wohnkomplex“ (München 2014), speziell des Kapitels „Ätsch, ich wohne in einem Massivhaus“ (S.64-70). In beiden Beiträgen geht es um die Immobilien-Franchisekette „Town & Country“, um den Gründer und Vermarktungsstrategen Jürgen Dawo, um das erfolgreichste Serien-Einfamilienhaus aus der „Flair“-Serie. Mit diesem Remake dürfte sich die ZEIT aus der Liga der Quality Papers verabschiedet haben. – Dr. Klaus Englert

 


 

 

Leserbrief zu „Hier sollte man leben!“ von Alard von Kittlitz

 

Was für ein wunderbarer Text, er hat mich ganz glücklich gemacht. Besonders gefällt mir der Satz über das Hotel, das so sein muss, dass Sie es sich “möglichst fast nicht mehr leisten“ können – das werde ich auch ausprobieren. – Sabine Friedrich

 


 

 

Leserbrief zu „Der Anarchist“ von Antonia Baum

 

Es ist generell super, dass Ihr das neue Haftbefehl Album auf Seite 2 im Feuilleton besprecht. Denn da gehört das Album rein. Viel zu lange wurde der dt. HipHop trotz seiner kommerziellen und kulturellen Bedeutung von den Leitmedien ignoriert. Aber muss dann Antonia Baum darüber schreiben, die erstmal 2 1/2 Spalten braucht um zur eigentlichen Plattenbesprechung zum kommen, und die sich dann noch nicht mal wirklich mit dem Album auseinandersetzt, sondern lediglich sagt: „Das Album ist ein musikalisch völlig solides Rap-Album.“ Aha. Das ist also die Plattenbesprechung. Ansonsten selbstverliebtes Geschwafel und gefährliches Halbwissen. Ihr habt doch Leute wie Daniel Gerhard. Der hat Ahnung von RapMusik, Haftbefehl und dessen kultureller Bedeutung. Wieso lasst Ihr den nicht schreiben? In dem Fall: Antonia Baum ist eine inhaltlich völlig unsolide Rezensentin. – Stefan Kreutzer

 


 

 

Leserbrief zu „Kultur am Kran“ von Petra Kipphoff

 

Fragt sich überhaupt jemand mit welchen Fasern Christo seine Objekte eingepackt hat? Wieviel Plastik war hier seit Jahrzehntenim Einsatz? Wieviel Plastikmüll wabert von Christo nun in den Weltmeeren? Anscheinend setzt bei dem Wörtchen „Kunst“ unser viel gepriesenes Gehirn gänzlich aus. – Beate Nagel

 


 

 

Leserbrief zu „Grenzen kennt sie nicht“ von Tobias Timm

 

Wir waren total platt was wir da im „heute-journal“ von der Künstlerin Katarina Grosse (*1961) im ZDF zu sehen bekamen. „It wasn´t us“ (Wir waren es nicht) hat sie ihr Kunstwerk im „Hamburger Bahnhof“ im Berliner Museum für Gegenwart genannt. Eine bunter Vielfarbenrausch gesprüht auf riesige Stoffplanen, eine Art stoffige Skulptur, gerade richtig für diese tristgrauen Pandemiezeit; vielleicht wollte und will sie damit nur das Coronavirus schocken oder einfach nur bis zur Weißglut reizen, dass es die Flucht ergreift. „It was´t us“ könnte eine der letzten Kunstausstellungen im Hamburger Bahnhof sein. Katharina Grosse ist Professorin für Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf, just an dem Ort, wo sie einst bei Gotthard Graubner (1930-2013) Kunst studiert hatte, daneben noch an der Kunstakademie Münster bei Norbert Tadeusz (1940-2011). „Denn die beste Möglichkeit, die Zukunft voraus zu sagen, ist sie zu gestalten!“ (Joseph Beuys, 1921-1986, Künstler und Professor an der Kunstakademie Düsseldorf). – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbrief zu „Die Bibel als Waffe“ von Evelyn Finger und Wolfgang Thielmann

 

Es ist ein hoffnungsvolles Zeichen, dass Kirchenleute dem Gefuchtel des Trump mit der Bibel deutlich widersprechen. Im größeren Zusammenhang sollte allerdings auch erwähnt werden, dass die Menschheitsgeschichte sehr viele Inanspruchnahmen göttlichen Beistands zur Begründung politischer Absichten und gesellschaftlicher Ordnungen aufweist. Solange das nicht per Dekret oder zur Durchsetzung exklusivistischer Interessen geschieht, kann das sinnvoll sein – ist es zumindest oft sinnvoll gewesen. Der negative Mechanismus: Wenn ich einen Gottesbezug in meine Anliegen und Strategien einbaue, kann ich ja nur und immerwährend auf der „richtigen Seite“ sein. Damit macht man Religion allerdings zu einer Ideologie und maßt sich an, die Wahrheit punktförmig und absolutistisch benennen zu können. Noch mal zum Beispiel Trump: Er benutzt hier ein aus dem Zusammenhang gerissenes Muster. Na ja, schwache Menschen haben schon immer zu vermeintlich starken Gesten und Symbolen geneigt. – Christoph Müller-Luckwald

 


 

 

Leserbrief zu „60 ZEILEN … LIEBE“ von Peter Dausend

 

„Nachsicht mit den PonC, die versuchen, zu verstehen, was sie können“, fordert Herr Dausend in seinem Beitrag. Den Eindruck, dass Herr Dausend versuche zu verstehen, um was es genau in der heutigen Debatte über Rassismus geht, erweckt sein Kommentar allerdings nicht. Im Gegenteil zieht er die Erfahrungen und die Diskriminierung durch Sprache, die nicht nur POC sondern auch Frauen alltäglich erleiden, mit seinen Auslassungen über Lilly Becker an der Spitze des Bundes der Steuerzahler bereits im ersten Satz ins Lächerliche. Seine Anmerkung, diese Frage garantiere einen Shitstorm, ist noch unerhörter, weil er dadurch versucht, jegliche Kritik im Vorhinein zu entkräften und als hysterisch abzustempeln. Auch wenn sie die Kritik vorhergesagt haben, Herr Dausend, ist sie durchaus berechtigt.

Es brauchte den rassistischen Mord an George Floyd durch einen Polizeibeamten auf einem anderen Kontinent, damit nun weiße Menschen endlich ihre Augen gegenüber dem strukturellen Rassismus öffnen, den POC nicht nur in den USA, sondern weltweit täglich erleiden. In diesem Zusammenhang Nachsicht zu fordern mit einer Gruppe, die ihre eigene Rolle viel zu lange ignoriert hat, ist an sich schon eine Frechheit. Es ist die Aufgabe von Herr Dausend, sich mit seinen eigenen Privilegien zu beschäftigen, seine eigene Rolle in einem System, dass strukturellen Rassismus zulässt, zu erfassen und diese kritisch zu Hinterfragen. Nein, als weißer Menschen darf man keine Nachsicht fordern, man darf sich nicht selbst dafür loben, dass man es schafft, „People of Colour“ auszusprechen, auch wenn man in der Schule vielleicht nie Englisch gelernt hat. Unser Verständnis für Rassismus muss grundlegend tiefer werden, wir müssen Gewalt- und Kolonialstrukturen aufdecken und dazu auf die Menschen zugehen, die davon betroffen sind. Es ist verdammt noch mal nicht die Aufgabe von POC, weiße Menschen dafür zu loben, dass sie aufhören, rassistische Sprache zu verwenden.

Grundsätzlich erweckt Herr Dausend über seinen Kommentar den Eindruck, die angestoßene Debatte lasse sich einzig auf die Sprache und ihren Gebrauch reduzieren. Den Effekt eines solchen Kommentars lässt sich mit jenen vergleichen, die jegliche Debatten über die Gleichberechtigung der Frau auf gegenderte Sprache reduzieren: er zieht die Debatte ins lächerliche und bestärkt maximal die Haltung derer, die von „Genderwahn“ reden. Ich glaube Herr Dausend gerne, dass er mit seinem Kommentar keine rassistischen Diskurse bestärken möchte, aber die Gefahr, dass genau dies passiert, sehe ich sehr deutlich.

Gerade Beiträge wie dieser von Herrn Dausend sind Grund genug dafür, dass die Forderung nach Nachsicht mit den „PonC“, wie der Autor sie so schön nennt, grundlegend falsch ist. Sein Kommentar wird deutschlandweit Debatten anstoßen, in denen weiße Familien mal wieder darüber diskutieren, wieso sie welche Begriffe nicht mehr sagen dürfen, und darüber, ob die gesamte Debatte nicht „doch ein bisschen lächerlich“ sei. Das ist ein vollkommen falsches Signal, welches auch durch Herr Dausends versöhnliche Töne am Ende seines Kommentars nur wenig ausgeglichen wird. – Marie Reick

 


 

 

Leserbrief zu „Was da alles lebt!“ von Benjamin von Brackel

 

Mit großem Interesse habe ich gerade den oben genannten Beitrag gelesen. Allerdings findet sich am Ende einen Satz, dem ich nicht voll zustimmen kann. Da wird behauptet, dass Windräder Vögel töten. Das stimmt nur zu einem ganz kleinen Teil, und ich werde Ihnen gleich erklären, unter welchen Umständen es stimmt. Als ehemaliger Verkehrspilot staune ich immer wieder, mit welcher Präzision Vögel in großen Formationen koordiniert und sauber Kurven fliegen, ohne jemals zusammen zu stoßen. Ganz zu schweigen von den großen Wolken von Staren und anderen Vögeln die sich als Formation bewegen, ohne jemals einander zu berühren. Ein weiteres Wunder ist, wie Vögel navigieren. Sie können es von Geburt an. Selbst wenn sie gerade im letzten Sommer geschlüpft sind, finden Sie immer ihren Weg und zwar über, in und unter den Wolken. Deshalb gibt es auch im deutschen Luftfahrthandbuch (AIP) die Veröffentlichung der meisten Vogelfluglinien, verbunden mit der Warnung, dass diese Tiere über ihn und unter den Wolken fliegen. (Kein Pilot möchte gerne mit einem Kranich zusammenstoßen.) Nur haben diese Vögel Pech, wenn die Wolken am Boden aufliegen (im Nebel). Nach solchen Wetterlagen kann man tatsächlich die Vögel unter Hochspannungsleitungen, Masten und Windrädern auflesen. Die Windkraftgegner, die diese Tatsachen nicht kennen, behaupten nun, dass Windräder Vögel töten. – Dipl. Ing. Manfred Söllinger

 


 

 

Leserbrief zu „»Dieses Mal vielleicht genug«“. Gespräch mit Alexis Tsipras geführt von Michael Thumann und Zacharias Zacharakis

 

In seiner anmaßenden Art, Vorhaltungen und Schuldzuweisungen an EU, EZB und IWF zu verteilen und dabei die katastrophalen Fehler der griechischen Politik außen vor zu lassen, die schließlich die Ursache des notwendigen Eingreifens dieser Institutionen war, steht Alexis Tsipras auf Augenhöhe mit Donald Trump. Hinter der Idee der „Europäischen Solidarität“, so sollte man meinen, steht ein freund- schaftliches Verhältnis der solidarischen Partner. Die Freundschaftsbeziehung zu Griechenland muss aber von Deutschland stetig mit Geld erkauft werden: Griechen erhalten pro Einwohner die höchsten Zuschüsse in der EU und in der Finanzkrise wurden Schulden von den griechischischen Schultern genom- men, um sie den deutschen Steuerzahlern aufzubürden. Doch wenn die „befreundeten“ Deutschen dem Geldbedürfnis Griechenlands nicht aus- reichend nachkommen, wird ohne Scham auf Modus „Drohung und Erpressung“ umge- schaltet: „Wir nachgeborenen Griechen haben zwar mit dem 2. Weltkrieg so wenig zu tun, wie die nachgeborenen Deutschen ihn zu verantworten haben, doch fordern wir so viel Reparationszahlung wie möglich“. Unbedeutend, dass Griechenland in seiner Geschichte noch nie so etwas wie Repa- rationen gezahlt hat, und sogar heute noch mächtig stolz auf die Zerstörungen ist, die Alexander der Große auf seinem Marsch nach Indien (den anderen) angetan hat. – Ernst Kaffanke

 


 

 

Leserbrief zu „Stimmt’s? Überleben Hunde ohne den Menschen?“ von Christoph Drösser

 

Der Mensch schafft es immer wieder im tierischen, sowie im menschlichen Bereich, gewisse Abhängigkeiten von ihm, zu kreieren. Dabei sieht sich der Mensch nicht nur als eine Art Gott, er fühlt sich mehr als Übergott unter all der ganzen Götterschar. Gerät aber dann seine „göttliche“ Welt ins Straucheln, dann Gnade im Gott! Das abschließende Endergebnis fällt meist für den Homo sapiens nicht so gerade richtig positiv aus, aber sein „bester Freund, der Hund“, der jault bestimmt am Grab des Allerletzten, entweder laut vor Freude oder eher doch leise vor lauter Traurigkeit. – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbrief zu „Mutiert wird überhaupt gern“ von Sabine Horst

 

Die Faszination zweidimensionaler Animation oder: Schaut mehr Anime! Trump – schon wieder? Corona – immer noch. Bundesliga – wen es interessiert. Anime – Anime? Als ich am Abend des 16. Juni gedankenverloren durch den Onlineauftritt der ZEIT scrollte, musst ich Titel und Abstract des von Frau Horst verfassten Textes ein zweites und ein drittes Mal lesen. Wie hatte ein Thema, das auf den ersten Blick nicht im Entferntesten für die angestammten Leserschaft der Zeit vorgesehen schien, seinen Weg in das Feuilleton eben dieser Zeitung gefunden? In Ihrem Beitrag beschäftigt sich Frau Horst mit dem Thema Anime (animierte Zeichentrickfilme- und Serien japanischen Ursprung). Sie weist korrekterweise darauf hin, dass Anime-Filme in den letzten Jahren massiv an Popularität gewinnen konnten, während Anime-Serien bis zuletzt ein Schattendasein im „Westen“, Deutschland eingeschlossen, fristen mussten. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Werke Hayao Miyazakis, Gründer des legendären Animationsstudios Ghibli, und Makoto Shinkais, Regisseur von Weathering With You, der von Japan bei den letzten Academy Awards als Kandidat für den besten internationalen Film eingereicht wurde, eine Zeit nie gekannten Interesses an japanischen Filmen in Deutschland einläuteten.

Formate wie die „Kazé Anime-Night“ im Kino haben sich ebenso etabliert wie Filmfestivals, die sich bei ihrer Auswahl ausschließlich auf japanische Animationsfilme beschränken, wie etwa das AKIBA PASS Festival. In der jüngsten Vergangenheit ist nun auch ein steigendes Interesse an Anime-Serien zu beobachten: Diese sind, wie Frau Horst klarstellt, in Deutschland alles andere als unbekannt; schon in den 90er-Jahren wurden japanische Animationsserien mit deutscher Synchronisation Teil der deutschen Fernsehlandschaft. Im heutigen digitalen Zeitalter ist es so einfach wie nie zuvor, Anime-Serien und -filme auf legalem Weg zu konsumieren – in bester Qualität, stets auf Abruf. Für Fans wie mich ein Traum. Was wollte Frau Horst nun mit ihrem Artikel ausdrücken? Zweifellos handelt es sich hierbei um eine flammende Liebeserklärung an Animefilme- und -serien – und zugleich um einen Versuch, diese Leidenschaft nach außen zu tragen. Die Autorin tut sich dabei durch Ihre fundierte Kenntnisse im Bereich Animations- und Streamingindustrie besonders hervor.

Der Artikel selbst richtet sich sowohl an Leser, die mit dem Thema vertraute sind (so kann die Aussage „Die von Fans bevorzugten Originalversionen…“ als Seitenhieb in Richtung bestimmter Teile der Anime- Community gesehen werden, die den Konsum von nicht-japanischsprachigen Synchronisationen konsequent ablehnen), als auch an Leser, die mit der Materie weniger vertraut sind, was die Auswahl von besonders populären (Attack on Titan, Sword Art Online) bzw. besonders neuer Titel (Fruits Basket) als Beispiele für ihre Argumentation rechtfertigt: Das Angebot ist so groß, vielfältig und bunt, dass für jedermann etwas dabei ist – und jeder eine Identifikationsmöglichkeit für sich ausmachen kann. Und diese Aussage kann ich besten Gewissens unterschreiben. Es ist überaus lobenswert, dass Frau Horst hierfür Platz im Feuilleton der ZEIT eingeräumt wurde. – Julius Arnold

 


 

 

Leserbrief zu „Künstliche Dummheit“ von Thomas Fischermann

 

DANKE für Ihren Artikel; das von Ihnen so eindrucksvoll geschilderte Verhalten von KI-Systemen ist prinzipiell unvermeidbar, denn sie (1) kennen prinzipiell nicht die Grenzen ihrer Kompetenz (2) können prinzipiell Unvorhergesehenes nicht beherrschen Grund dafür ist, dass sie trainiert werden müssen – von Beispielen oder durch permanente Anpassung ihrer Regelwerke. Daher dürfen sie keinesfalls in sicherheitskritischen Bereichen eingesetzt werden. Neu und – Dank Ihres Artikels nun auch hoffentlich weit bekannt – ist, dass sie wegen (1) und (2) auch beim Einsatz in Webshops versagen können: das war bisher noch ein Bereich, wo man nur mit Umsatzsteigerungen argumentiert hat und seltenso krasse Fehler nachweisen konnte. – Dr. Dirk Bade

 


 

 

Leserbrief zu „»Die Welt für alle verbessern«“ von Jacqueline Woodson in ZEIT leo, die Seite für Kinder

 

Seit über 40 Jahren bin ich ZEIT-Abonnent. In der Rubrik ZEITleo registriere ich in der Regel nur die Überschrift. In Ausgabe 25 blieb ich als Erstes an der Zeittafel auf der Seite unten hängen. Anschließend las ich daraufhin den auch für Erwachsene sehr lesenswerten Artikel von Jacqueline Woodson. Vielen Dank dafür. Die grafische Gestaltung der Seite hat allerdings – gerade für die Zielgruppe – m.E. viel Verbesserungspotential! Die Zeitskala ist äquidistant. Dies suggeriert schnelle Fortschritte auf dem Weg zur Gerechtigkeit. Sinnvoller wäre es gewesen, den Text mit der Zeitachse maßstabsgetreu zu umranden. Dann wäre auch Kindern deutlich geworden, dass Sklaverei so lange, nämlich 246 Jahre legitim war, dass die Rassentrennung erst vor 66 Jahren verboten wurde und so weiter. – Christoph Klein

 


 

 

Leserbriefe zu „Heimaturlaub“ von Wolfgang Bauer et al. im ZEIT Magazin

 

Mit Recht wird die Scheibum unter der Überschrift „33-Eintauchen in der Ammerschlucht“ als lohnenswertes Urlaubsziel beschrieben. Was fehlt, ist der Hinweis, dass es auch für gute Schwimmer lebensgefährlich sein kann, einfach reinzuspringen ohne zu wissen, auf was man sich da einläßt. Die Scheibum ist ein permanenter starker Strudel, der den Schwimmer nach unten zieht. Wenn man sich nach unten ziehen läßt, dann kann man sich am Grund mit den Füßen abstoßen und kommt wieder nach oben. Wer das nicht weiß und gegen den Sog ankämpft verliert auf Dauer seine Kraft und könnte ertrinken. Beschreibung tödlicher Unfälle sind im Internet zu finden. – Winfrid Hübner

 

Mit Freude habe ich Ihren Beitrag von „Mit Lessing in Wolfenbüttel“ gelesen. Wolfenbüttel ist immer eine Reise wert. Bei Lessing sollten wir öfters mal nachlesen. Eines hat mich jedoch verwundert, wenn Sie schreiben: „… so viel geschlossenes Mittelalter wie dieses Schmuckstück zwischen Hannover und dem nahen Harz.“ Es stimmt auch. Aber naheliegender in jeglicher Hinsicht wäre der Hinweis auf Braunschweig gewesen. P.S. Der Nörgler hat Verwandtschaft in allen drei Städten. – Helmut Possiel

 

Sehr geehrter Herr Dudziak, nur eine kleine, aber doch wichtige Berichtigung. Im Marmorpalais wohnte nicht der Kaiser Friedrich Wilhelm II., sondern der König gleichen Namens. Deutsche Kaiser gab es deren drei, Wilhelm I, 1872 in Versailles zum Kaiser ausgerufen, sein Sohn Kaiser Friedrich, der 90 Tage Kaiser und dann Wilhelm II., der sein Leben nach Abdankung 1918 in Holland verbrachte. – J. Hecht

 

Mit Interesse habe ich mir die Ziele für Heimaturlaube angesehen. Obwohl wir uns in Deutschland recht gut auskennen, war doch viel Neues dabei. Bestimmt erhalten Sie zu diesem Artikel zahlreiche Zuschriften, und ich erwarte auch nicht, dass mein Leserbrief veröffentlicht wird. Aber vielleicht geben Sie ihn an Frau Mayr als Tipp-Geberin weiter. Am Schlossgarten liegt der DB-Bahnhof, nicht der Haltepunkt der Linie 18. Die Fahrt mit der Bahn ist auch deshalb vorzuziehen, weil die Fahrtzeit vom Kölner (und Bonner) Hauptbahnhof nur etwa ein Viertel der Zeit wie mit der parallelen 18 dauert. Leider wird die Besichtigung der beiden Brühler Schlösser mit einem Nebensatz abgetan. Der Besuch von Augustburg lohnt schon wegen des Balthasar-Neumann-Treppenhauses. Außerdem kann man im Speisesaal eine Empore, von der ausgewählte Bürger den hohen Herrschaften beim Tafeln zusehen konnten, im Badezimmer die Abbildung einer Waschschüssel in damaliger Originalgröße und – bei einer Sonderführung – das Original-WC bewundern, das seinerzeit für den Besuch der Königin Elisabeth II. beschafft wurde. Das durch den schönen Park fußläufig zu erreichende Jagschloss Falkenlust diente einst auch als Liebesnest für Erzbischof Clemens August, Sammler auch zahlreicher anderer geistlicher Titel. Wenn man mit Kindern reist, empfiehlt es sich, ihnen die Fahrt nach Brühl mit einem Besuch des Phantasialandes schmackhaft zu machen. – Rolf Reinert

 

Für einige der genannten Ziele ist es sicher sehr wünschenswert, wenn mehr Urlauber kommen. Im Fall Scheibum (Nr. 33) ist die Nennung aber absolut unsinnig: Die Zufahrtstraße ist schmal, beim Gasthaus Acheleschwaig gibt es kaum Parkplätze, das restliche Straßenstück bis zur Ammer ist oft zugeparkt. Das Stichwort „Instagramfilter“ lässt die Mobilisierung zusätzlicher Massen erwarten. An den vergangenen schönen Wochenenden wurden viele Ausflugsziele überrannt, Parkplätze und Ortsstraßen waren zugeparkt. Es ist ja nett, andere auf Schönes hinzuweisen. Es ist aber bekannt, dass man vielen Zielen damit keinen Gefallen tut. Da müssen die ZEIT und ihre Mitarbeiter das Feuer nicht wider besseres Wissen noch anblasen. – Giselher Propach

 

Es ist mir eine Herzensangelegenheit, mitzuhelfen, diese „Leere“ auf Ihrer Karte im Nordwesten etwas zu füllen. Ich bin in Rastede im Ammerland aufgewachsen – 12 km nördlich von Oldenburg / Oldenburg. Der „Residenzort Rastede“ liegt in der grünen, abwechslungsreichen „Parklandschaft Ammerland“, geprägt von Geestrücken, Moorsenken, Wallhecken – ideal zum Erkunden mit dem Rad ! Rastede hat viel zu bieten: Es gibt ein Schloss mit Schlosspark, ein Schlosscafe, ein Palais mit sehr interessanten Kunstaustellungen, die Kirche St. Ulrich mit typischem, freistehenden Glockenturm (11. Jhdt.) und Krypta, ein Hallenbad, ein Freibad (geöffnet !), Tennisplätze. Das jährlich auf dem Rennplatz durchgeführte internationale Reitturnier kann dieses Jahr leider nicht stattfinden, auch nicht das internationale Spielmannzugtreffen – sonst alles sehr sehenswert ! Es gibt schöne Geschäfte, Restaurants und Eiscafes. Freitags findet ein Wochenmarkt statt, auf dem es auch einen Stand mit frischem Fisch und mit köstlichem Räucherfisch gibt.

Fahrradverleih gibt es überall ! Zu empfehlende Ausflüge gehen beispielsweise in die Universitätsstadt Oldenburg oder nach Bad Zwischenahn am „Zwischenahner Meer“ zum Räucheraal essen, „Ammerländisch’t Buernhus“ bestaunen und „Park der Gärten“ besichtigen, oder nach Jaderberg in den Tierpark, oder nach Jever in Friesland, oder nach Dangast am Jadebusen, wo am Wochenende im alten Kurhaus blecheweise leckerer Rhabarberbaiserkuchen gebacken wird. Maler der „Brücke“ hielten sich in den Jahren zwischen 1907 und 1912 gern in Dangast auf. Schade, dass die Rhododendronblüte fast schon vorbei ist – Rhododendren und Azaleen gedeihen auf dem fruchtbaren Ammerländer Boden ganz besonders gut. Bei Gristede gibt es einen Park mit überbordenden Rhododendronbüschen ( – bäumen !). Vielleicht für nächstes Jahr vormerken ? Ich lebe seit etwa 50 Jahren sehr gern in Hessen, aber: „Ick hang an di mien Laeben lang, mien lewet Ammerland !“ – Susanne Ottinger

 

Mit Interesse, ja Vergnügen las ich den großangelegten Beitrag „Heimaturlaub“, der in der Tat viele Anregungen, 43 an der Zahl, enthielt. Gleichwohl habe ich mich geärgert, als ich auf Seite 30 beim Tipp 20 (Radeln von Güstrow nach Waren an der Müritz) lesen musste: „Endgültig in eine andere Welt gelangen wir in Alt Sammit, dort liegt ein Klinkerschloss, das heute Ferienwohnungen beherbergt, aber total an die preußische Gutsvergangenheit erinnert“. Total daneben in historischer Hinsicht liegen hier die Autorin/der Autor: Mecklenburg preußisch? Nie gewesen, bis zur Reichsgründung Selbständigkeit gewahrt. Wie passiert so etwas? Schnell dahingeschrieben, da immer so geglaubt? Reisen ohne einen historischen Atlas im Hinterkopf? – Dr. Mathias Pätzold

 

Schöne Idee, deutsche Ausflugsziele in der aktuellen Ausgabe vorzustellen, freut mich gerade in der aktuellen Zeit. Weniger schöne Idee allerdings, wenn Naturdenkmale mit Betretungsverbot von Felicitas Breschendorf als Badegelegenheit erwähnt werden: Im Herrenwieser See in der Nähe der Schwarzenbachtalsperre im Schwarzwald ist baden NICHT gestattet. Der See ist allemal eine Wanderung wert, aber keinesfalls zum Baden gedacht, das sollte Felicitas Breschendorf eigentlich wissen, meiner Information nach kommt sie ja von dort bzw. aus der Gegend. Ich dachte eigentlich, wenig verantwortungsbewusst die Aufmerksamkeit auf geschützte und sensible Naturbereiche zu legen und nicht gestattete Aktivitäten zu empfehlen, wäre eherInfluencerInnen-Style, nicht der von ZEIT-Hospitantinnen. Nix für ungut, aber ich denke, das sollte erwähnt werden. P.S. In der Schwarzenbachtalsperre kann man übrigens völlig legal baden. – Dr. Inkeri Schmalz

 


 

 

Leserbriefe zu „Über Eichhörnchen, alte Hunde und die harten Gesetze der Natur“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Wie häufig bei Ihren Kolumnen im ZEIT Magazin habe ich mich sehr amüsiert über Ihre Schilderungen der (Un-)Taten der Eichhörnchen. Meine Schwägerin pflegt schon seit Jahren ihre Balkonkästen mit Drahtgitter abzudecken, um Eichhörnchen, Mäuse und – ja gelegentlich – Ratten daran zu hindern, Blumenzwiebeln, Keimlinge und Pflanzen aus den Balkonkästen im ersten Stock des Hauses zu schaufeln. Und, ja, sie haben recht, dass Menschen, die darauf bestehen, dass Hunde Eichhörnchen nicht jagen sollten, etwas Wesentliches von der Natur nicht mitbekommen haben und beispielsweise beim Förster im Silberwald oder ähnlichen Forst- und Jagdgeschichten nicht mitgelitten haben, wenn ein Fuchs durchaus Kaninchen und Vögel mag, die süße Meise vom erbarmungslosen kleinen Sperber erlegt wird und – man muss das einmal aussprechen – viele verehrungswürdige Tierarten andere Tiere essen – und dass sogar ungekocht und ohne Messer und Gabel.

Und obwohl ich die Lektüre der Jugendliteratur zur Natur nicht versäumt habe, habe ich doch der Rabenkrähe, die seit diesem Jahr in unserem Garten wohnt, zwar nicht das im Gartenbrunnen eingeweichte Weißbrot genommen, auch nicht das geklaute Steak der Nachbarn, aber schon die im Nacken durchgebissene Ratte und das Eichelhäherküken, das sie im fließenden Wasser zu fressen und aufzubewahren pflegte. Weil ich die Kadaver in den Müll geworfen habe, sind die Rabenkrähen jetzt beleidigt und pflegen das Wasser beim Essen jetzt woanders zu holen. Ich amüsiere mich allerdings auch damit, die Ergebnisse der Geschichte nicht als Ausdruck der harten Gesetze der Natur aufzufassen, sondern ebenso als zufällige Resultate und Ausdruck menschlicher Entscheidungen und Fehlentscheidungen. Denn bei den Naturgesetzen, die Sie bei Nahrungssuche der Eichhörnchen ja meinen, handelt es sich um Gesetze einer anderen Stufe, um den Ausdruck „höhere“ zu vermeiden, als die der Physik und der Naturwissenschaften im engeren Sinne.

Denn der „relativ unangenehme Prozess des Fressens und Gefressenwerdens“, wie Sie die „natürliche Auslese“ so schön genannt haben, trifft als neue Gesetzmäßigkeit erst auf, wenn es so etwas wie Leben und verschiedene Arten von Leben gibt. Meine Nacktschnecken im Garten fressen ihresgleichen auf, wenn ich sie ihnen zertreten oder durchschnitten vorlege – Schimpansen sollen das auch mit anderen Affen machen, Gorillas einer besonderen Art dagegen nicht. Im Miteinander und Gegeneinander der verschiedenen Tiere sind also durchaus Varianten möglich. Und was soll man erst von Varianten im Zusammenleben jener Art von Tier halten, die zu Selbstbewusstsein gekommen ist, miteinander kommuniziert und verschiedene Formen des sozialen miteinander Umgehens ausgebildet hat, die wir Gesellschaft nennen.

Auch da haben beispielsweise Karl Marx und Friedrich Engels mit vielen anderen die Überzeugung geteilt, dass das Bewusstwerden der Menschen eine neue Stufe des Lebens ist und dass sich auch bei dem, was wir Gesellschaft nennen, historisch neue Formen herausgebildet haben und bewusst angestrebt werden können, die es vorher nicht gab. Vielleicht sollten wir auch darauf verzichten, der Natur zu unterstellen, sie hätte von vornherein die Absicht zu diesem Resultat gehabt und jedenfalls bedenken, dass die „Naturgesetzlichkeit“ dieser Menschen- und Gesellschaftsentwicklung anderer Art ist als sie die Physik kennt. Ich würde mich einfach weigern, beispielsweise Präsident Trump von der gleichen Unvermeidlichkeit zu halten wie den Schmerz über einen Apfel, der mir auf den Kopf fällt.

Das führt wiederum zu den Hunden und den Eichhörnchen zurück – die Begründung, warum Leute keine Hunde auf Eichhörnchen gejagt wissen wollen, mag zwar bescheuert sein – denn „in der Natur“ ist das immer vorgekommen und kommt das auch jetzt noch vor – aber die Regeln des gesellschaftlichen Umgangs haben sich nicht naturgesetzlich entwickelt, sondern sind zufällig, durch Bereden und Vereinbarungen, durch Entwicklungen zwischen den Menschen entstanden und hätten auch anders ausfallen können. Behauptungen über den Umgang mit Tieren, zum Beispiel den Haustieren, können sich so nicht darauf stützen, dass sie naturgesetzlich sind. Auch wenn die Elektronen um den Kern kreiseln, die Neuronen elektrische Impulse feuern und all das Physik und, auf einer anderen Stufe, Physiologie ist, erschöpft sich die Bedeutung dessen, was wir tun, nicht in diesem naturgesetzlichen Geschehen. In der Hoffnung auf weitere nachdenklich stimmende und amüsante Kolumnen über Eichhörnchen und Menschen – Jürgen Bönig

 

Uns, meiner Liebsten und mir, fällt es nun wie die sprichwörtlichen Schuppen von den Augen. Seit geraumer Zeit sind unsere Eichhörnchen merkwürdig träge. Noch vor Wochen tobten sie im Garten herum; kaum war es möglich, dem wilden Treiben mit den Augen zu folgen. Doch seitdem schleichen sie eher, wedeln ein wenig mit ihren Schweifen, genießen das Vogelfutter an den verfügbaren Stationen und kriechen ansonsten fast im Rennschneckentempo auf den Ästen zum Beispiel an meinem Arbeitszimmerfenster entlang. Warum haben wir nicht früher daran gedacht? Klar, die putzigen Wesen nehmen den Zug über Leipzig nach Berlin, machen bei Ihnen Party – und kommen dann irgendwann ziemlich ermattet und schlapp wieder zu uns. Dann Ruhetage, den kleinen Wanst vollfuttern – und wenige Tage später geht alles wieder von vorne los.

Heute morgen beim Frühstück waren wir aufmerksamer – und ja, ein freches Grinsen vom Vogelhäuschen, ein cooles, wenngleich noch recht behutsames Wedeln mit dem Schweif – es wird noch ein paar Tage dauern, dann werden wir die kleinen Racker wieder für ein paar Tage vermissen. Doch nun wissen wir sie in bester Gesellschaft; man muss ja auch gönnen können. P.S.: Wenn es Ihnen wirklich mal zu bunt wird, verschließen Sie Fenster und Türen, nehmen den Zug über Dresden nach Freiberg; wir werden Sie herzlich willkommen heißen. Das Gästezimmer ist frisch renoviert und es soll Ihnen an nichts mangeln. Aus dem Souterrainfenster des Gästezimmer können Sie dann ganz entspannt – ebenso wie aus allen anderen im Erd- und Obergeschoß das nunmehr entspannte Treiben der kleinen Schlingel beobachten. Walnüsse vom Jahrgang 2019 und Erdnüsse stehen reichlich bereit, so dass Sie die beiden vermutlich auch relativ fix handzahm bekommen können. – Sophie von Fromm und Jörg Matschullat

 

Als Ihre aufmerksamen, Sie in Ihrer Beobachtungsgabe sehr schätzende Leser, Hundebesitzer und deshalb natürliche Eichhörnchengegner möchten wir Ihnen den wissenschaftlich fundierten Comic „Red und Rover“ von Brian Basset ans Herz legen, der u.a. die Beziehung Hund versus Eichhörnchen zum Forschungsgegenstand hat. Wir meinen, dass Ihr alter Hund sich seinen Ruhestand verdient hat. Seien Sie versichert, dass nicht nur unsere fast siebenjährige Labradorhündin Esther ein wachsames Auge auf die Eichhörnchenpopulation bei uns hat. Leider hat die Neue Ruhr Zeitung vor einigen Wochen „Red und Rover“ zugunsten der unsäglichen Schlümpfe, die weder Humor noch Wissenschaft zu bieten haben, abgesetzt. – Gabi, Christoph und Hannah Jakubowski mit Labradorhündin Esther Wind in the Willows

 

Ihrem Klagelied über Eichhörnchenepisoden kann ich eine weitere Strophe hinzufügen: Wir haben in unserem Garten einen überdachten Wäschetrockenplatz. Da ich die Wäsche auch schon mal über Nacht draußen hängen lasse, hat sich ein Eichhörnchen zur Auspolsterung seines Kobels wiederholt über die Textilien hergemacht und etwa handtellergroße Stücke herausgebissen. Opfer wurden nur Kleidungsstücke von besonders guter Qualität, u.a. ein nagelneues wunderschönes Cordhemd meines Mannes mit Blumenmuster. Das Vieh scheint auch noch einen ästhetischen Anspruch zu haben! Leider weiß ich nicht, wo es seinen Wohnsitz hat. Ich hätte zu gerne mal einen Blick in den Kobel geworfen. Unsere Katze, die kürzlich mal die Verfolgung dieses dreisten Diebes aufnahm, hatte leider keine Chance. Ich fürchte, wir müssen uns mit den Kulturfolgern arrangieren: Leben und leben lassen! – Monika Hader

 

Ihr „Eichhörnchendebakel“, Herr Martenstein, hat mich stark an die Debatte in Deutschland um den Wolf erinnert. Diese Debatte wird ja teilweise so erbittert wie ein Glaubenskrieg geführt. Hierzu könnte man auch genug schreiben, nur soviel: Ich kann nicht verstehen, wie manche Menschen, die einerseits den Wolf als Lebewesen schützen möchten und alles dafür tun, dass es nicht zum Abschuss von Wölfen kommt, andererseits so mitleidlos darüber hinwegsehen mögen, wenn z.B. gerissene Schafe qualvoll zu Tode kommen. So, als hatten diese (Weide-) Tiere kein Schmerzempfinden. Fehlanzeige auch beim Mitgefühl für die Schäferinnen und Schäfer betroffener Herden. Das Engagement für Tier – und Naturschutz ist gut und wichtig. Wenn dieses Engagement aber fanatisch betrieben wird, Dogmen entstehen und keine Toleranz mehr für andere Meinungen aufgebracht werden kann, dann wundert es mich auch nicht, dass der Humor auf der Strecke bleibt; leider häufig auch das Gespür für die Naturlichkeit. – Regina Stock

 


 

 

Leserbriefe zu „Lasst mich in Ruhe!“ Gespräch mit Franziska Kuhne geführt von Jörg Burger im ZEIT Magazin

 

Meine erste Anmerkung zu dem grundsätzlich sehr interessanten Interview wird vielen nicht gefallen, es ist meiner Erfahrung nach eine Form von Tierquälerei ein so eigenständiges Wesen das eine Katze besitzt und die wie jedes andere Lebewesen für die Freiheit geboren wurde nur in einer Wohnung zu halten , und ich kann auch das Argument nicht gelten lassen die Katze kennt ja nichts anderes den sie wurde ja schon in Unfreiheit geboren. Ich selbst besitze acht Katzen und habe so muss ich sagen das Glück auf einem Bauernhof zu leben, und so sind meine Katzen natürlich Freigänger . Jede hat ihren Namen und sie verstehen in auch und hören in der Regel darauf wen ich sie rufe , nur muss man akzeptieren das eine Katze einen sehr stark ausgeprägten eigenen Willen hat , und es kann durchaus sein das sie mich hört und nicht ansatzweise darauf reagiert .

Ebenso hat jede von ihnen ihre ganz eigene Art , ja ich möchte sogar sagen ihren eigenen Charakter sie unterscheiden sich alle in ihrem Wesen. Ich meine das wichtigste wen man eine Katze besitzt ist , das man akzeptiert das die Katze eine sehr starke eigene Persönlichkeit hat und ihr diese auch lässt und nicht versucht ihr Verhaltensweisen aufzuzwingen die ihrem Freiheitswillen nicht entsprechen, und ihr wen irgend möglich ein Leben in Freiheit zu ermöglichen , den das ist ihr Lebenssinn so wie von jedem Wesen das sollte man nie vergessen. Es gibt übrigens auch für Katzen ein Geschirr das man ihr umlegen kann und mit dem man mit ihr zb in den Park gehen kann und sie so ein klein wenig Natur und Freiheit erleben kann. – Mayrhofer Herbert

 

Franziska Kuhne sitzt einer veralteten Lehrmeinung über die Vererblichkeit der roten Fellfarbe auf. Auch ich hatte im Studium gelernt, dass rotes Fell geschlechtsgebunden nur bei Katern vererbt wird. Seit gut zwanzig Jahres ist dies überholt. Anfänglich glaubte ich meinen Schülern im Biologieunterricht nicht, wenn sie von weiblichen, roten , Katzen sprachen. Heute lebt ein rotes Kätzchen bei mir, meine vollständig rot ausgefärbte Maine-Coon- Katze. – Ute Grafe

 

Ich lese schon Jahrzehnte die Zeit, aber diesmal habe ich mich aufgeregt über ihren Artikel von Brigitte Lacombe. Ich muss dazusagen, dass ich eine Katzennärrin bin und mein Leben immer mit Katzen verbracht habe. Ein Jahr war dies nicht der Fall. Ich bin 58. Ich möchte zu den „begrenzten“ Äußerungen von Fr. Lacombe anmerken, dass ich es bereits für ein Missverständnis halte ,eine Katze einzusperren und zu meinen, diese Art zu leben könnte ihr genügen. Jede Katze hat ihre eigene Persönlichkeit, wobei die eine es liebt am Bauch gestreichelt zu werden und die andere woanders … „Nur am Kopf“ sagt Fr. Lacombe, nur mögen viele es ganz anders .Eine liebt es hochgenommen zu werden, die andere weniger oder nur kurz oder eben garnicht. Katzen kommen und holen sich, ja fordern dies geradezu ein, was sie gerade wollen,- so wie z.B. mein Kater noch heute mit sechs Jahren, wenn er meine Stimme irgendwo hört, das Rufen anfängt und hinter mir her rennt o auf mich zu und zu mir hoch möchte, an meinem Ohrläppchen kurz „trinken“ möchte, eine Zeit lang mitgetragen werden möchte, um dann mit mir weiterzugehen, bis er genug hat.

Ich denke, grundsätzlich gilt, Katzen zu geben was sie möchten und sie vorallem zu lassen ,wenn sie genug haben!! Unsere Katzen konnten und können immer raus und rein, haben immer Zugang zum Fressen, also kommt jede ,wann und sooft sie es möchte ( es gibt also kein Missverständnis bezüglich Futter).Die einen fressen ihre Mäusebeute, eine andere bringt sie grundsätzlich den anderen nachhause, was sie lautstark ankündigt,- besonders gerne bringt sie sie unserem Hund. Die eine möchte im Bett an einem liegen, die andere hat ihre Spezialplätze. Manche sind extrem vorsichtig Fremden gegenüber und hauen ab( was sie in einer Wohnung nicht könnten! ), andere sind gerade hier neugierig und kommen extra. Eine ist Einzelgängerin ( unter den Katzen) und freut sich über Besuchsmenschen .Andere sind ausgesprochen zugänglich den anderen Katzen gegenüber und auch neugierig dem Menschen gegenüber und wieder andere vorsichtig und brauchen länger um einen „neuen Menschen“ anzunehmen( das können sie Alles unmissverständlich zeigen ,wenn sie die Möglichkeit dazu haben, nämlich zu kommen und zu gehen ,wie sie möchten!! ).

Entscheidend ist allerdings für alle, wie unterschiedlich sie auch sein mögen, dass sie raus können, wann und wie sie wollen ! Ausnahmen gibt es sicher auch hier, wenn eine Katze möglicherweise behindert ist oder krank… Unter diesen Bedingungen ist es eigentlich fast nicht möglich, eine Katze misszuvertehen, da sie einem klar zeigt, was sie mag und nicht mag. Vorausgesetzt, man zwingt ihr Nichts auf, lässt sie kommen und gehen, wie sie es mag. Zu glauben, dass eine gesunde Katze ( Ausnahmen bestätigen die Regel) in ein paar Räumen glücklich sein kann, geschweige denn artgerecht gehalten werden kann ,halte ich für abwegig und ein grosses Missverständnis des Menschen. Katzen lieben und suchen , individuell äußerst unterschiedlich den Ganzkörperkontakt. Und dies zeigen sie unmissverständlich! Katzen sind Individuen ,so unterschiedlich wie jedes Lebewesen mit seinen Eigenheiten. Katzen Kommandos beizubringen ist absurd,- sie sind dazu sicher in der Lage und intelligent genug sowieso, aber sie tun dies sicher nicht freiwillig . Als Mensch, der immer mit Katzen gelebt hat, habe ich erfahren hat ,dass sie engste Bindungen aufbauen, solange man sie kommen und gehen lässt,wie sie wollen und sie vorallem niemals festhält!! ( Ein kurzes im Nacken Festhalten, um eine Wurmkurtablette zu verabreichen nehmen sie allerdings nicht übel…)

Ein Mensch sollte seine Katze nicht dominieren wollen. Sie zeigt ihm, was sie will! Hier gibt es kaum Missverständnisse,- Wohnungskatzen haben aber nicht immer diese Möglichkeiten und daher die Missverständnisse, von denen auch Fr. Lacombe spricht. Einer Katze ist es ausserordentlich wichtig ihrer Wege gehen zu können,- kann sie dies nicht , sind Missverständnisse zwangsläufig. Ein Artikel, der das Wesen der Katzen den Menschen nicht näher bringt, sondern zu weiteren Missverständnissen führt! Eine Katze begleitet dich ein Leben lang, darüber darfst du dich freuen , jeden Tag. Ich weiss nur wenig Schöneres als die Zuneigung und das Vertrauen einer Katze geschenkt zu bekommen. Sie gehört sich selbst und dankt es dir ,wenn du sie einfach lässt ! – Annabelle N. Poertner

 

Katzen und Kater reagieren nicht nur auf Geruch. Sie können auch Blickkontakt suchen und sich durch Töne mir ihren Menschen verständigen. Der Artikel enthält haufenweise Fehler. Bitte nicht nochmal. – Kornelia Post

 

Ihr Artikel zum Verhalten der Katzen hat mir gut gefallen, allerdings mit einer Einschränkung: Katzen mit rotem Fell sind immer Kater – da muss ich leider widersprechen. Ich sende Ihnen 2 Fotos von unserer Katzendynastie. Die dunkle dreifarbige Alice (17Jahre) ist die Großmutter der roten Tilda ( etwa 14 Jahre) und Tilda ist die Mutter der grauen Emma. Alle unsere Katzen stammen von einer dreifarbigen Urmutter ab. Wir hatten in den 30 Jahren Katzenhaltung mehrere rote Kater, dreifarbige Katzendamen und graue Katzen und Kater mit rötlichem Bauchfell. Wir wissen, dass Tilda eine Seltenheit ist, aber es gibt rote Katzen. – Elke Koch to Krax

 


 

 

Leserbriefezur Deutschlandkarte von Matthias Stolz „URLAUBS-TIPPS DER »ZEIT«“ im ZEIT Magazin

 

Wie traurig ist die aktuelle Deutschlandkarte geraten. Ich weiß gar nicht in welchen Berliner Sphären man unterwegs sein muss, um am Niederrhein/im Ruhrgebiet nicht 1 (!) Freizeitempfehlung geben zu können. Wie kann man ernsthaft über Gasometer, Zeche Zollverein, Landschaftspark und Innenhafen in Duisburg, Baldeneysee, APX Xanten, Ruhrtalradweg, Fußball Tour Radweg, Schiffshebewerk Henrichenburg, Folkwangmuseum, Lehmbruckmuseum, Museum Küppersmühle, Tiger&Turtle, den größten Binnenhafen Europas/Welt, Altrheinarmen, der Bislicher Insel mit den Wildgänsepopulation, Starlight Express, der deutschen Oper am Niederrhein und den Duisburger Philharmonikern um nur das erste zu nennen, was mir einfällt, wenn ich einen ähnlichen Rundumschlag machen müsste, hinwegsehen?

Wollt ihr nur provozieren mit der Bemerkung, das euch anschließend erst aufgefallen ist, welche Lücke da sichtbar wird? Habt ihr einfach nur schlecht recherchiert? Ist es großstädtische Arroganz? Wenn ihr auf Reaktionen wie meine gesetzt habt, egal. Bitte schön. Keine Ahnung was diese Region noch machen muss, damit endlich nicht vorurteilsbehaftet, wie zuletzt durch Hazel Brugger und die Heute Show ewige Stereotypien wiedergegeben werden. Das Rotkäppchenland schafft es auf eure Karte, aber nicht EIN Freizeittipp aus dieser lebenswerten Region! Schade. – David Eichholz

 

zeitmagazin 25, Seite 10. arboretum Ellerhop. Oh: jetzt an der Lübecker Bucht?! – Bernd Brandes-Druba

 


 

 

Leserbrief zu „Alles oder nichts (Folge 17)“ von Sophie Passmann im ZEIT Magazin

 

Natürlich habe ich nicht angenommen von der Autorin (halb so alt, wie ich) etwas neues über die jüngere Generation herauszufinden… – na hab ich dann ja auch nicht. Immerhin: Intelligenz und Homor scheinen nicht aus der Mode gekommen zu sein: So weit also alles OK bei den twentysomethings! – Sven Kremer

 


 

 

Leserbrief zu „Ich brauche eine Rettung. DAVID SÜSS“ Gespräch geführt von Herlinde Koelbl im ZEIT Magazin

 

Ob nun dieses Coronavirus klein und frech ist*), das sei einfach mal dahingestellt. Fakt ist jedenfalls, dass wir Künstler, künstlerisch gesehen, nicht mehr gar so viel zu lachen haben. Der (ganze) Kunstbetrieb ist nahezu stillgelegt und liegt brach, da geht, außer innerhalb der Atelierwänden, eigentlich überhaupt nichts mehr; das ganze geht haarscharf in Richtung Berufsverbot. Bei Clubbetreibern, im Hotelgewerbe, bei Gastwirten, bei Konzertveranstaltern, und und und…, da wird (fast) alles teilweise oder ganz der Pandemie geopfert, ob viele Branchen davon reihenweise hops gehen, das scheint, besonders hier in Bayern, niemanden wirklich ernsthaft zu interessieren. Der Mensch, der braucht in dieser Corona-Pandemie-Zeit wirklich nur noch drei essenzielle Dinge: – viel Abstand, – eine Maske, – literweise Desinfektionsmittel *) Aussage eines Journalisten der Tageszeitung „Schwabacher Tagblatt“ – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Freiheitsstatue, aber östlich“ von Christoph Dieckmann in der Regionalausgabe ZEIT IM OSTEN

 

Wir sind uns bislang nicht begegnet, doch bewegt mich Ihr Nachruf auf Jörg Schütze so sehr, dass ich Ihnen endlich mal schreibe. Nie habe ich Monokel bewusst gehört, doch verstehe ich ihre Worte — wie so viele weitere von Ihnen, nur zu gut. Ich bin Wessi, 1999 nach Freiberg an die Technische Universität gekommen, und fühle mich hier dennoch erstmals wirklich zu Hause. Ihre Beiträge sind mir stets ein hilfreiches Fenster — und oft auch schlicht Bestätigung eigener Wahrnehmung und Empfindung. Deshalb ein schlichtes Danke! – Jörg Matschullat