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29. Mai 2019 – Ausgabe 23

Leserbriefe zu „Eine radikale Idylle?“ von Ijoma Mangold

Mit Interesse las ich Ihren Artikel. Obwohl ich seit nunmehr dreizehn Jahren Deutschlehrer bin, versage ich mir bis jetzt den eitlen Habitus eines Sprachhüters. Gestatten Sie mir dennoch den Hinweis darauf, dass es in der Bildunterschrift „Brüder Grimm“, nicht „Gebrüder“ heißen muss, Ich habe beim Brüder-Grimm-Experten Professor Rölleke studiert und diesen nur großmütig erlebt. Aber die Contenance konnte er verlieren, wenn wieder einmal jemand von uns von den „Gebrüdern“ statt „Brüdern Grimm“ sprach. Bitte sehen Sie mir daher diese eine sprachkritische Bemerkung nach. – Marcel Haldenwang

 

Wie weit geht Radikalität? Jahrzehnte lese ich inzwischen DIE ZEIT und war mit ihrer liberalen Haltung immer weitgehend zufrieden. Liberalität kann aber auch Gefahren bergen. Siehe die Geschichte der 30iger Jahre in Deutschland! Im o.g. Artikel wird die SZ als „Alpen-Prawda“ unwidersprochen dffamiert. Oder die Aussage, dass die Zäsur im Jahr 2015 nur indirekt mit der Flüchtlingskrise zu tun hatte. Ich empfehle dem Schreiber, sich einschlägiges Filmmaterial der Demonstrationen nochmals zu Gemüte zu führen. Einzige Kritik der Interviewten an der AfD ist dann, dass sie zu einem Parteiapparat angewachsen sei. Und schließlich behauptet Frau Dagen auch noch, sie kenne Herrn Höcke nicht. Dem aufmerksamen Leser bleibt nur ein Kopfschütteln ob solcher Ignoranz. Vielleicht sollte man bei der ZEIT zukünftig etwas vorsichtiger sein mit dem gepflegten Liberalismus. – Marcus Schlüter

 

Schon bevor ich diesen Artikel las, störte ich mich an der Bildunterschrift. Es heißt nicht „Gebrüder Grimm“ sondern „Brüder Grimm“. Leider liest man diese Firmenbezeichnung immer wieder, aber bitte nicht in Der Zeit. – Rosemarie Henschke

 

Man muss sich bei Herrn Mangold für seine Reportage bedanken! Leider ist der von jeglicher Selbstreflektion unbeleckte Loschwitzer Kreis typisch für einen Teil des sächsischen Bürgertums. Ein Bürgertum, das aus dem Westdeutschland der 1950er stammen könnte und dass sich nun nach dem gefühlten Verlust der nicht nur der Meinungs- sondern vor allem der Deutungshoheit laut pöbelnd zu Wort meldet. Eine bedenkliche Koinzidenz konnte man leider zwischen jenen, in der Reportage von Ijoma Mangold beschriebenen Loschwitzer Kreisen und dem Kommentar von Herrn Joffe in der gleichen Ausgabe der Zeit erkennen. Hier wie dort wird behauptet: „Man dürfe ja gar nicht mehr sagen, dass … [hier beliebiges Schimpfwort, Vorurteil, Blondinen- oder Judenwitz, Auschwitz-, Kugelerde- und Grundgesetzleugnung einfügen]“ Es würde Meinungskorridore geben und einen linken Mainstream, der die Meinungsfreiheit beschränke. Wenn man genau hin hört, ist dies eine dem Selbstwert dienende Lüge. Denn meist folgt dem, was man angeblich nicht mehr sagen darf, genau das, was ja verboten sei, und zwar oft lautstark gegrölt aus angefeuchteten Kehlen älterer Männer. Diese Herren sind es, die sich gegenseitig versichern, dass sie der intellektuelle Widerstand seien. In ihrer kleinen Welt, in der sie sowieso immer sagen können, was sie wollen und für jedes offen vorgetragene unreflektierte Vorurteil den Beifall der Gleichgesinnten erheischen. In jener kleinen Welt, in der jeder Widerspruch verhöhnt, weggemurrt und niedergebrüllt wird.

Es geht nicht darum, dass sie nicht sagen können, was sie wollen. Sie wollen die Konsequenzen von dem, was sie sagen, nicht tragen und können eben keine andere Meinung und noch weniger Widerspruch erdulden. Der wird durchweg als links-grün-versifft diffamiert, egal wieviel Engagement für die Kultur und Geschichte des Landes man vorzuweisen, egal wie viele zahlengestützte Fakten man hinter sich hat. Aber Zahlen erfindet man in Loschwitz lieber selbst. (Nicht wahr, Herr Tellkamp? Wie groß war nochmal der Anteil der ‚Wirtschaftsflüchtlinge‘? Die Realität kein fiktionaler Roman, bleiben sie bei ihren Leisten.) Wenn einem gar nichts mehr einfällt, als den anderen jenes Gut/Böse-Denken vorzuwerfen, das man selbst vor sich herträgt (gute somewheres vs. böse anywheres), flieht man sich in (von Empirie unbescholtene) Philosophenzitate. Da fühlt man sich, wenigstens als Teil der (Ein-)Bildungselite, also der Guten. Man hört diesen Herren an, dass sie immer noch davon verletzt sind, dass ihre Hauptmedien (Bild und Welt, mit Abstrichen auch die FAZ) nicht mehr ausschließlich ihr Weltbild widerspiegeln. Sie haben nicht verkraftet, dass diese Medien sich tatsächlich einmal in ihrer Existenz unreflektiert (!) für Menschenrechte eingesetzt haben. Dass ein einziges Mal das noch aus guten alten Zeiten bekannte Gemisch aus Hass, Verstößen gegen den Pressecodex, Titten und zugleich nationalistisch wie neoliberaler Weltanschauung durchbrochen worden ist.

Es sind jene Loschwitzgleichen abgeschotteten Meinungskreise an realen und Internet-Stammtischen, die die Meinungs- und Konfessionsfreiheit nur für so ausgewählte Menschen, wie sich selbst beanspruchen und gelten lassen wollen. Sie wollen nicht, dass man sie als das bezeichnet, was sie ihren Äußerungen nach sind, wenn sie allgemeine Menschenrechte oder die Gültigkeit des Grundgesetzes leugnen. Sie sind die alte Meinungsdiktatur, die ihre Macht in einer pluralistischeren Gesellschaft schwinden sieht. Sie sind es, die in Görlitz bei Diskussionsveranstaltungen das Grundgesetz ausbuhen und hinterher behaupten, nur geltendes Recht umsetzen zu wollen. Sie sind es, die weder die Paragraphen, welche die Meinungsfreiheit (GG 5,2, 5,3 und GG 1) einschränken, kennen, noch vor Volksverhetzung, Verleumdung und einer politisch konnotierten Auswahl ihrer Zahlen und Fakten zurückschrecken.Sie sind es, die bei dem einen von 10 bis 15 Morden im Jahr nach Chemnitz kommen, der in ihr Weltbild passt (Volksgenosse durch den fremden Drogenhändler umgebracht), um öffentlich zu trauern und zu hetzen. Sie sind es, die die Existenz der anderen Morde nicht interessiert, die deren Existenz bisweilen leugnen und alle nicht-kulturelle Ursachenkonstellation (bspw. Alter, Geschlecht und soziales Umfeld) bestreiten, obwohl diese empirisch viel relevanter sind.

Sie sind es, die glauben das Windkrafträder umweltschädlicher seien als Chemiefabriken und Kohlekraftwerke, obwohl sie es aus Krankenstatistiken der DDR besser wissen müssten (Den Geschmack des aschigen Staubs der DDR-Städte auf der Zunge oder den Eiergestank in Sichtweite von Leuna-Buna werde ich jedenfalls nicht mehr vergessen). Sie sind es, die glauben, dass es volkswirtschaftlich rational sei, Jahrhunderte alte Stadt- und Kulturlandschaften für die Kohleförderung weg zu baggern und hinterher auf Staatskosten sanieren; in der Hoffnung, dass das Wasser nicht verockert und in 30 Jahren vielleicht einmal für den Tourismus genutzt werden kann. (Wer braucht schon landwirtschaftliche, gewerbliche Nutzflächen, Wald und Wiesen oder gar Solar- und Windkraftanlagen, die dort zuvor standen. Kostet maximal einige 10.000 Arbeitsplätze, also deutlich mehr als in der Kohle arbeiten… – Wenn ein Musik-YouTuber der gesamten CDU-Fraktion und einem sich intellektuell gebenden konservativen Literaten faktentechnisch derart weit überlegen ist und das selbst bei der Zeit niemandem auffällt, fragt man sich manchmal auch, wozu Journalismus gut ist.) Sie sind es, die offenbar glauben, Uran wächst an Bäumen und würde im Preis nicht teurer werden, obwohl immer mehr Atomkraftwerke auf der Welt errichtet werden. (Wer glaubt das einheimische Uran sei leicht zu bergen, mag einfach mal im Erzgebirgs- und Wismut-Kreis Friedhöfe besuchen und schauen, wer die 50 erreicht hat und wer nicht.) Sie sind es, die glauben, dass akute Zwischenfälle in diesen Kraftwerken nicht zunehmen würden, obwohl immer mehr Atomkraftwerke auf der Welt errichtet werden.

Sie sind es, die Gegendemonstranten ins Gesicht schreien, dass sie gehängt oder vergast gehören. Sie sind es auch, die hinterher behaupten, solche Äußerungen oder gar Hitlergrüße, die sich der Ordnungsdienst der Demo zuvor noch ausdrücklich verbitten musste (muss man bei der Gemengelage offensichtlich drauf hinweisen), hätte es nie gegeben; und wenn, seien das Linksradikale gewesen, die seien ja für so was bekannt… Sie sind es zudem, die hinterher im Internet rumheulen, dass sie als Antwort für verbale und körperliche Angriffe vom Gegenüber konsequenterweise eine aufs Maul bekommen haben: Das muss die Antifa gewesen sein. Wer sonst würde bei so einem Vorgehen die Contenance verlieren? Das ist es, was mich und viele andere am meisten an dieser bürgerlichen Neurechten stört: Die Mischung aus menschenverachtend-selbstgerechter Arroganz und Weinerlichkeit, resultierend aus einer generelle Unreflektiertheit der eigenen Position in der Gesellschaft und in der Welt. Um zwei Dinge klarzustellen: Erstens, die selbstgerechte Dresdener Muschpoke vertritt nicht die Mehrheit der Sachsen, sondern maximal 30 vermutlich aber nur 10-20 %. Zweitens: Bürgerlichkeit hat auch zu NS-Zeiten nicht vor Rechtsradikalität geschützt, dazu hätte man schon rheinischer Katholik sein müssen. Grade in Sachsen, das haben Detailstudien belegt, rekrutierte sich die SS- und SD-Elite, also jene Offiziere, die an Erschießungsgräben das Kommando führten, aus der bürgerlich-akademischen Elite des Landes. Diese fühlten sich damals auch zur großen Aufgabe berufen, ihr Land gegen Überfremdung zu verteidigen unter großem persönlichem Opfer und unter Aufgabe aller menschlichen Regungen. Nach dem Krieg machte diese „bürgerliche Elite“ oft im Westen Karriere, im Osten wäre es ihnen dann doch wohl an den Kragen gegangen.

Daher kämpften die Westdeutschen 68er eben nicht, wie man in Loschwitz, der FAZ und Welt glaubt, gegen ‚Faschistoides‘, sondern tatsächlich gegen alte Faschisten, die noch überall in der westdeutschen Gesellschaft Spitzenpositionen einnahmen. Gegen eine Gesellschaft, in der bekannte Massenmörderinnen (Kindern in den Mund geschossen, Kleinkinder vor den Augen ihrer Eltern erschlagen) als Jugenddezernentinnen leben konnten. Eine Gesellschaft, in der man nach Nazi-Verbrechern Schulen, Kasernen und Sporthallen benannte und in der Richter, Geheimdienstler und Direktoren, alles ehemalige SS-Offiziere, am Stammtisch noch über ihre gute alte Zeit schwadronierten. Jene Zeit, in der sie „solche langhaarigen und vaterlandslosen Gesellen“ wie 68er noch kurzerhand selbst erschossen haben. Sie alle Teil der gut bürgerlich-akademische Elite…Aber für solche Dinge interessiert man sich in Loschwitz nicht. Man fühlt sich wie der Widerstand gegen das NS- oder mindestens das DDR-Regime. Ein Widerstand, nur halt ohne die Gefahr im KZ erhängt, erschossen, vergast oder in Bautzen inhaftiert zu werden… und ohne Restriktionen in der Meinungsäußerung… und ohne, dass man Widerspruch dulden würde… und mit großem Rückhalt in der eigenen kleinen Welt… Darauf kann man dann schon mal stolz sein, nicht wahr?

Ein Wort an jene Peripherie-Dresdener, die sich angesprochen fühlen: Wenn ihr jemanden bedroht (gerne auch dessen Frau und Kinder), wüst beschimpft oder hangreiflich angeht, habt ihr eine Antwort verdient. Also jammert nicht rum, sondern steht dazu! Niemand zwingt Euch eine multikulturelle Gesellschaft als Ideal anzusehen und gar anzustreben. Ihr müsst lediglich akzeptieren, dass es andere gibt, die dies sehr wohl anstreben. Genau wie diese und alle anderen, habt Ihr Euch an das Grundgesetz zu halten. Selbstverständlich könnt ihr auch die allgemeine Gültigkeit der Menschenrechte bestreiten und nur für gut verdienende Mitteleuropäer anwenden. Steht meinetwegen auch dazu, dass die gesetzliche Grundlage unseres Landes, das GG, nicht existiert. Dann dürft ihr Euch aber auch nicht wundern, wenn man Euch als das bezeichnet und ansieht, was ihr seid: nämlich Rechtskonservative oder Rechtsextremisten.

Eigentlich hättet Ihr – zumindest als letztere – in einer christlichen Partei noch nie etwas zu suchen gehabt, aber die sächsische CDU hat nach allem Vermögen versucht, Euch „demokratisch einzubinden“, indem sie die rechten und fremdenfeindlichen Ressentiments so lange gepflegt hat, bis ihr glaubtet „die Mitte“ zu sein. Jene Mitte neben der es kein Rechts mehr gibt und auf deren anderer Seite nur linksradikale Spinner existieren. An dieser Stelle: Danke sächsische CDU. Das, was ihr bekommt, habt ihr auch verdient. Ihr habt ja schon angekündigt, gegen linksradikalen Populismus vorzugehen, also gegen alle, die nicht für die AfD sind. Viel Spaß bei den nächsten Wahlen and let the world burn! – Thomas Lang

 

Man kann dem ZEIT-Reporter Mangold nur danken, dass er die beschriebenen Reisen in die „kulturelle Sonderwelt in Dresden“ unternommen hat. Wer 2018 das Streitgespräch zwischen Durs Grünbein und Uwe Tellkamp verfolgt hat, konnte nicht erwarten, von oder über Tellkamp Neues zu erfahren. Der rechtslastige Heimatschriftsteller sieht Sachsen politisch im „europäischen Mainstream“ verankert, wobei das antieuropäische Ressentiment der AFD- und PEGIDA-Adepten bruchlos mit rechts-nationalistischen Parteien zusammengeht, wie sich vor der Europawahl in Mailand (Salvoni, Le Pen, Meuthen u.a.) gezeigt hat. Die Dresdener „radikale Idylle“ ist in Wahrheit ein lichtloser Bunker, in dem eine intellektuelle Isolierung vorherrscht: „Alpen-Prawda“ charakterisiert weniger die „Süddeutsche Zeitung“ als vielmehr jene traurigen Ost-Leser, welche gerne „Lügenpresse“ skandieren, sobald sie in ihrem Text-Verstehen überfordert sind. Wie erfrischend offen ist in diesem Zusammenhang der Vater des Heimatdichters Tellkamp. Sein Bekenntnis „Die ZEIT lese ich nicht … Die Zeitungen sind alle links“ macht klar: Dresden war zu DDR-Zeiten das „Tal der Ahnungslosen“ (kein Westfernsehen) und heute genießen nicht wenige die Selbstbornierung im Stil von Vater Tellkamp. Weil ja, wie jeder weiß, Väter auch Einfluss auf Söhne haben, ist eine weitere Aussage von Vater Tellkamp erhellend. Im Kontext der Frage nach der kulturellen Identität angesichts der Migrationsprobleme sagt er: „Ich weiß – im Westen sagt man: ‚Ihr habt nur zwei Prozent Ausländer!‘ Aber wir Zonis sind helle, wir schauen Fernsehen, wir wissen, wie es zum Beispiel in Duisburg aussieht.“ Demnach ist die „kulturelle Identität“ im Freistaat Sachsen gar nicht bedroht, sondern zum Beispiel in Duisburg, also im Westen. PEGIDA und AFD kämpfen demnach für den Westen der Republik. Hier trifft sich der Vater mit dem Sohn Uwe Tellkamp, der seine rechte Gesinnung als Ausdruck des „europäischen Mainstreams“ begreift und über diese Argumentationsfigur geadelt sieht. Dies ist nun allerdings nicht Neues. Die Pegida-Parole „Wir sind das Volk“ ist anders als 1989 heute eine Anmaßung und ebenso bleibt Tellkamps Versuch einer Aufwertung rechtsnationalistischer Strömungen zum „Mainstream“ eine ohnmächtige Hoffnung. Gibt der ZEIT-Artikel einen Hinweis, wie die aktuelle Diskursunfähigkeit überwunden werden kann? Eher versteckt findet sich der Hinweis, dass das im rechtsaffinen „Kulturhaus Loschwitz“ in Dresden versammelte „Bildungsbürgertum“ mehrheitlich „Ü60“ zählt. Damit gibt es zumindest die mittelfristige Hoffnung auf eine natürliche Lösung deutsch-deutscher Probleme. – Dr. Torsten Schmidt-Millard

 

Die gute Nachricht zuerst: Die regional orientierte „ZEIT im Osten“, die in der Regel nur „im Osten“ gelesen wird, hat es wieder einmal ins FEUILLETON der ZEIT geschafft (Nr. 23, Seite 37/38), wo sie zweifellos auch hingehört. Und als regional empfindender und betroffener Leser ist man beeindruckt, wenn nicht gar fasziniert, wie klarsichtig, souverän, vorurteilsfrei der Autor Ijoma Mangold die Gesprächskultur im vielzitierten Dresdner BuchHaus Loschwitz wahrgenommen hat und mit solch vielzitierten Namen wie Tellkamp (Vater und Sohn), Durs Grünbein, Kubitschek, Antalos, Sebastian Kleinschmidt, Christian Lehnert, Arnold Vaatz, Werner Patzelt etc. „jonglieren“ kann. Und die scheinbare „Idylle“ der Loschwitzer „bürgerlichen Kommune“ kann in diesem freundlich bebilderten Text auch von Außenstehenden nachempfunden werden. Wenn dann noch die BuchHaus-Chefin zum wiederholten Male versichert (Zitat), „ich bin da radikal liberal“ (auch angesichts unterschiedlicher Positionen zum freiheitlichen Gemeinwesen), könnte man meinen, dass die Welt in Loschwitz in Ordnung ist. Das dort erscheinende kleine Dresdner Monatsjournal „Elbhang-Kurier“ (Auflage 3500) stellte vor knapp einem Jahr angesichts einer kontrovers-provokanten Autorenlesung des BuchHauses die (naive) Frage „Soll in Loschwitz Abschied vom gesunden Menschenverstand genommen werden?“ und publizierte wenig später einen auch in der ZEIT besprochenen anfragenden offenen Brief zweier angesehener Dresdner Intellektueller zur ungewohnten „Autorenauswahl“ der BuchHaus-Chefin. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten – das ist die betrübliche Nachricht – : Ungeachtet einer 20 Jahre lang geübten Praxis (und eines öffentlichen Podiumsgespräches) wird der „Elbhang-Kurier“, der sich als bürgernahes überparteiliches Blatt versteht, im BuchHaus nun nicht mehr verkauft. Angesichts einer solchen „radikal-liberalen“ Reaktion erscheint es ungewiss, ob sich alle Beteiligten (Ijoma Mangold spricht von „Bildungbürgern und Neurechten“) demnächst in einer von der ZEIT beschworenen „radikalen Idylle Loschwitz“ lernfähig wiederfinden können. Möge die „ZEIT im Osten“ ein freundlicher und aufmerksamer Begleiter sein. – Dietrich Buschbeck

 

Die Fassungslosigkeit des Autors ist geradezu körperlich spürbar. So denkt und spricht also die literarisch-intellektuelle Elite Deutschlands im bezaubernden Loschwitz. Na, das kann ja noch heiter werden. – Karl Giebeler

 

Wie ein rosaroter Faden zieht sich eine dezent arrogante Wessi-Attitüde durch den 2-seitigen Text! Wollte der weltoffene Hamburger überhaupt einen unvoreingenommenen Dialog anstoßen mit den Ossi-Literaten in ihrer Loschwitzer Laubenidylle? Wie Vater Tellkamp dürfte die überwiegende Zahl der Dresdener Bürger in ihrer unmittelbaren Umgebung kein Stadtviertel wollen wie in „Duisburg“ und anderen westdeutschen Städten, mit rechtsfreien Räumen! Das sind sicher nicht alle „Rechtspopulisten“! Ist ubiquitäres Multikulti besser und zukunftsträchtiger für Deutschland als ein bodenständiger, „rechtspopulistischer“ Gegenentwurf, wie ihn Tellkamp und Co. erahnen lassen? Darüber einen ehrlichen, offenen Disput auszutragen, ohne ideologische Scheuklappen und Schubladen und penetrant moralisierendes Gutmenschentum – das wäre doch mal eine wahrhaft geistige Herausforderung für alle deutschen Dichter und Denker in Ost und West! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Nach der Lektüre von Ijoma Mangolds Bericht über eine Veranstaltung „70 Jahre DDR“ in Dresden kann man über die dort fast stolz zur Schau getragene Weltfremdheit der überaus angesehenen Literaten wie Uwe Tellkamp und Kollegen nur den Kopf schütteln! Höhepunkt ist deren Diagnose einer angeblichen „narzistischen Kränkung des Westens“, weil „die im Osten die interessanteren Biographien hätten“! Von wegen „interessantere Biographien“!! Ich skizziere hier mal zum Vergleich meinen eigenen, ganz unprominenten Lebenslauf:

1941 Geburt in Wismar/ Mecklenburg —– Schule daselbst
1953 (Jan.) Flucht der Familie (wg Enteignung) nach West-Berlin —– Schule daselbst
1953 (Juni) Übersiedlung nach Bad Dürkheim / Pfalz —– Schule daselbst
1954 Umzug nach Koblenz am Rhein —– Schule daselbst
1958/59 Stipendium für 1 Schuljahr in USA —– Schule daselbst
1961 Abitur in Koblenz
Nach dem Abitur Studium in Heidelberg und Büroarbeit in Koblenz in den Semesterferien; nach dem Studium relativ sesshaft (mit eigener Familie und Arbeit) in der Nähe von HD, MA und schließlich KA; Ferienreisen nach F,GB,I, SP, DK und seit 1995 jährlich nach Poel/Mecklenburg (wo kürzlich die Verschwörungstheorie grassierte, dass die USA-Regierung das World Trade Center selbst zur Explosion gebracht hätte)
Ist diese unerhebliche Biografie einer West-Bürgerin wirklich weniger interessant als die der Dresdner Literaten? – Dr. Karin Michaelis-Jähnke

 

Ich danke Ihnen sehr für diesen vortrefflichen Artikel. Sie versuchen das etwas abseitig liegende aber doch aufgeweckte vielschichtige Kulturleben in Dresden mit seinen vielseitigen Fassetten zu beleuchten. Ob denn jemand dieses Chaos an sich widersprechenden Ansichten und Begriffen des Nachwende-Deutschlands, es sei denn man hätte sich mal mit dem geheimen Wesen des DDR – Bürgers beschäftigt, verstehen kann? Selbst der Reporter scheint – wie er selbst feststellt – manchmal erschöpft und verwirrt. Aber es gelingt Ihnen gut die Gedankenwelt des offenen freigeistigen Klimas von „Sinn und Form“ mit der unflexiblen, fast verknöcherten Diskussion (Tellkamp – Vaatz) plastisch gegenüberzustellen. Als jemand, der in Dresden der DDR – Zeit studiert hat und den Kontakt mit den Freunden dort nicht verloren hat, kommt eine vieles bekannt vor. Beim Lesen kann man mit Ihnen sehr emphatisch folgen. Teilweise bekommt man natürlich einen Schreck, wenn man bedenkt, dass das eine intellektuelle Szene sein will, in der über das Leben in Sachsen und Deutschland reflektiert wird. Die Nachkommen der DDR – Kultur, die dort übrig gebliebenen und neuen Bildungsbürger wie auch die neuen Rechten diskutieren eine neue Welt mit einer neuen Moral ohne Heuchelei und Lügen! Wunderschön! Da kann man doch nur sagen, auf diese neue Welt wartet bestimmt keiner! Sonderbar, dass man mit enttäuschten Erwartungen an ein demokratisches System – die natürlich in Ost und West existieren – im östlichen Teil so schlecht umgehen kann. Es bleibt ein Rätsel, wie dieses von Ihnen eindringlich geschilderte Biotop bis heute überleben konnte. Selbsttäuschung und Selbstüberschätzung als Lebensprinzip? Dass alle Zeitungen im Westen links seien, wir auf dem Weg zum linken Totalitarismus sind, mutet doch eher gespenstisch an. Um der von Ihnen empfundenen Stimmung einer eschatologischen Naherwartung zu entkommen möchte man diesen Bürgern zurufen: bewegt Euch, seht in die Welt, übernehmt Verantwortung. Die Jugend denkt – so hofft man – anders: demokratischer, offener und freier. Danke für den Artikel. – Hans Lazarus

 

Haben Sie herzlichen Dank für Ihren Artikel, zu dem ich als Linksliberale, Gefühlskonservative, aus dem Westen Zugezogene, die früher mit Frau Dagen kooperiert hat, die beim Tellkamp-Grünbein-Event dabei war etc., noch viel sagen könnte, weil mich die Situation wahnsinnig umtreibt.
Aber eins ist doch richtig zu stellen: Frau Dagen wirft gegenüber Herrn Tellkamp sen. und auch Ihnen gegenüber Nebelkerzen, wenn sie sagt, nach dem Aufruf des ‚Vertreters der Grünen‘ bei der „Abschlussveranstaltung“ habe „Totenstille“ geherrscht. Was Sie als Fakt darstellen („Das Publikum hatte seine eigenen Schlüsse gezogen, der Schuss war nach hinten losgegangen“) ist Frau Dagens Wunschdenken. Ich bin bei der Veranstaltung im Volkshaus Laubegast am 16. Mai dabei gewesen, und es gab für diesen Aufruf von Claus Dethleff, parteilos auf der Grünenliste, der im Hinweis auf die eindeutig rechtsradikalen Kooperationen und Verbindungen der Freien Wähler mündete, spontanen Beifall, nicht von allen, aber von einer großen Zahl der Anwesenden. Frau Dagen hätte darauf noch etwas erwidern können, dies ist aber nicht passiert. – Kerstin Stüssel

 

Erstmal Lob für den guten Artikel. Wir gehören auch zur „… idyllisch-intakten Nachbarschaft…“, haben keine Angst vor Überfremdung, eher vor Susis Umtrieben. Schade, unsere lebenslange Dauerkarte, erhalten als Dank an die Erbauer des Kulturhauses Loschwitz, nutzen wir nicht mehr, auch weil da immer alles Ü60 ist. Wir bauen nun mit Freunden (auch jung, teils muslimisch) ein neues Kulturhaus auf unserem Kiez, bald fertig, dann gibt es eine Einladung. – Ruth + Robert Bünemann


 

Leserbriefe zu „10% der Deutschen besitzen 55% des Vermögens“ von Kolja Rudzio und Mark Schieritz

Ich halte die derzeitige Steuerdiskussion für verfehlt. Ich finde ein guter Facharbeiter sollte bei etwas Sparsamkeit in der Lage sein sich Wohneigentum zu erwerben. Wenn er lieber Konsumiert ist das sein Problem. Die derzeitige Immobilienspekulation in den Ballungszentren macht diesen sparsamen Weg zum Vermögen aber unmöglich. Damit ist das gesellschaftliche Modell des Schaffe, schaffe Häusle baue in Gefahr. Wichtig wäre also der Spekulation andere Spielfelder als Immobilien zu gewähren. Möglich auch, dass eine richtige Bodensteuer eine Steuerungsfunktion für Immobilienpreise hätte. Mit einer höheren Erbschaftssteuer ist jedenfalls keinem Facharbeiter beim Hauserwerb geholfen. – Mario Mann

 

Als stolzer Besitzer eines Eigenheims – wenn auch nur einer DHH – die ich zusammen mit meiner Frau nach 35 Jahren Arbeit nun frei von Schulden besitze, muss ich mich also fragen lassen, ob ich nicht freiwillig etwas von meinem Reichtum abgeben soll, ehe Herr Künert und andere es eben per Gesetz erzwingen. Worin liegt das Verbrechen – denn anders kann man den Tenor einer Flut von Artikeln zu dem Thema Ungerechtigkeit in den vergangenen Wochen und Monaten nicht zusammenfassen – zu den reichsten 10% zu gehören? Meine Antwort: Wir haben beide stets gearbeitet, weniger Geld ausgegeben als wir verdient haben und in der Regel Urlaub auf dem Campingplatz gemacht statt in der Wellnessoase auf Sylt. Deswegen sollen wir jetzt ein schlechtes Gewissen haben und Verantwortung übernehmen? Übrigens liegt der Anteil an ererbtem Vermögen bei uns nicht wie im Durchschnitt bei 31,4 sondern bei 0% da alle Elternteile zum Glück noch leben.
PS: Auch nach dem Ableben der 4 wird sich daran nichts Wesentliches ändern. – Christian Herbst

 

Das heißt im Klartext: 45% der Menschen müssen sich mehr Mühe geben, wie einstmal Reich-Ranicki den Schauspielern vorgeschlagen hat. Die das nicht können oder wollen, werden sich mit ihrer Situation abgeben müssen. So funktioniert eine Demokratie. Die SPD hat das nie verstanden. Was soll ich mit einer Partei die die Armut ständig herbeiruft…… – Gunter Knauer

 

Schon im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurde Vermögen gestreut, in dem Höfe geteilt, Brinksitzerstellen abgetrennt wurden. Später konnten Häuslinge (= Mieter) Anbauer- oder Abbauerstellen erwerben. Nach 1900 wurden erste Domänen (=Staatsbesitz) aufgeteilt, Moore und Unland an Siedler vergeben. Dieser Weg ist seit den 1970er Jahren endgültig verbaut. Durch Förderung des Wohnungsbaus durch günstiges Bauland, günstige Kreditvergabe (z.B. aus der ab 1924 erhobenen Hauszinssteuer), die Förderung des Bausparens (22% Wohnungsbauprämie), Erlassen der Grunderwerbssteuer, verringerte staatliche Gebühren, anfänglich niedrige Grundsteuer, §7b-Abschreibung (bzw. Sonderausgabenabzug bzw. Eigenheimbeihilfe) wurde im 20.Jahrhundert viel neuer Wohnraum und Vermögen geschaffen. Ab 24.März 1959 wurden an „Kleinsparer“ (bis 16.000DM Jahresverdienst, also weit über dem Durchschnitt) „Volksaktien“ ausgegeben, der Anteil des Bundes an der Preussag und an VW aufgeteilt. Unter Kanzler Erhard kam dann die Sparprämie (25% für bis zu 600DM pro Jahr; Vergünstigung bei Heirat und Sterbefall). Unter Kanzler Brandt wurden die vermögenswirksamen Leistungen (zum Teil vom Arbeitgeber zusätzlich erbracht) kreiert, der Staat zahlte auf bis zu 52DM im Monat 30% Sparzulage. In späteren Haushaltskonsolidierungsrunden wurden die Sparprämie abgeschafft, die Wohnungsbauprämie und Sparzulage immer mehr zusammengestrichen. Auch die steuerliche Begünstigung der Lebensversicherung wurde eingeschränkt. Dafür dann das Riester-Sparen gefördert.

In den 1970er Jahren stellten die Gewerkschaften und SPD heraus, dass 5% der Bevölkerung 70% des „Produktivvermögens“ (insbesondere Industrie, Handel) besitzen, Arbeitnehmer müssten daher kostenlos oder vergünstigt Anteile an „ihrem“ Unternehmen erhalten. Einzelne Unternehmer setzten dies um (Photo Porst, Spiegel), aber der Erfolg blieb begrenzt. Der ZEIT-Redakteur Jungbluth forderte in jedem seiner zahlreichen Kommentare eine Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer. Einige Unternehmen (z.B. Autoindustrie) praktizieren sie. Insgesamt haben die genannten Bemühungen, so vermute ich, die „Mitte“ verbreitert, aber die „Povertie“ (Ernst Reuter „Ut miner Stromtied“: Armut kommt von Povertie) nicht beseitigt. Allerdings vermisse ich bei etlichen Zeitgenossen auch eigene Anstrengungen zu etwas mehr „Vermögen“. – Adolf Ronnenberg

 

Im Artikel bleibt eine Art des Erbens unberücksichtigt: Die Weitergabe von Verhaltensmustern: Die Elterngeneration kann den Wert einer möglichst hochqualifizierten Ausbildung vermitteln, die mit Mühe und oft auf einer finanziellen Durststrecke erworben werden muss. Kein Geld ausgeben, das man nicht hat (Konsumkredite und Ratenkauf). Den Lebensstandard nicht an der Grenze des gerade Machbaren orientieren. Durch Anschauung lernen, wie die Eltern umsichtig und verantwortungsbewusst einen Handwerksbetrieb oder ein Familienunternehmen führen. So erlerntes und quasi vererbtes Verhalten ist eine gute Grundlage, seine eigene Immobilie zu erwerben und Vermögen aufzubauen. Mit einem solchen familiären Hintergrund läuft man aber auch überproportional Gefahr, irgendwann einen Betrieb oder Kapital zu erben. Und spätestens jetzt gehört man zu den angeprangerten 10% reichen Deutschen. – Peer Löbmann

 

In dem Artikel heißt es auf Seite 21, 2 Spalte, ca. in der Mitte, sinngemäß, dass in Deutschland jährlich Vermögen in Höhe von 400 Mrd Euro vererbt oder verschenkt wird. Dies würde eine weitere Konzentration der Vermögen bedeuten. Ich habe diese Aussage schon häufiger gelesen, ob in der ZEIT oder in anderen Medien. Wie kommt man zu einer solchen Behauptung ? Ich kann das nicht nachvollziehen. Wenn ich nur meine eigene Familie betrachte: Das Vermögen meines Vaters wird eines Tages auf 3 Kinder aufgeteilt – oder, wenn man die Ehepartner mitzählt, dann wird das Vermögen von zwei Personen (meiner Eltern) auf 6 Personen aufgeteilt. Im Großen läuft es auch nicht anders: Das Vermögen von Herbert Quandt wurde auf dessen 3 Nachkommen aufgeteilt, wenn ich dem entsprechenden Wikipedia-Eintrag Glauben schenken darf. Ist das eine „Konzentration von Vermögen“ ?

Kurz und gut: In den meisten Fällen wird wohl ein Vermögen an mehrere Nachkommen verteilt. Wenn es nur einen Nachkommen gibt, bekommt der alles – aber auch das ist noch keine Konzentration, sondern eine Weiterführung des Status quo. Es mag Fälle geben, wo z.B. zwei Brüder eine Firma besitzen und einer von diesen keine Nachkommen hat. Dann würde sich das Vermögen womöglich bei dem einen Nachkommen des anderen „konzentrieren“. Aber das ist wohl die große Ausnahme. Daher also meine Frage: Wie begründen Sie die Behauptung, dass das Vererben zu einer Konzentration von Vermögen führt ?Herbert Rein

 

Sie haben die Sparguthaben, Häuser und Grundstücke, Fabriken, Aktien und Anleihen herangezogen, um festzustellen, dass die Vermögensverteilung in Deutschland ungerecht sei. So kommen sie zu der Berechnung, dass 10 % der Deutschen 55 % des Nettovermögens besitzen, 84 % der Deutschen 42 % des Nettovermögens und 6 % der Deutschen 3 % des Nettovermögens. Diese Einteilung scheint doch etwas fragwürdig, wenn zu den obersten 10 % bereits Menschen gehören, die ein Vermögen von 550.000 Euro besitzen, was selbst in ländlichen Gegenden schnell erreicht ist, wenn man ein Haus besitzt. Eine Einteilung in zahlreichere Teile wäre sinnvoll gewesen, wenngleich nicht so effektheischend. Sie stellen dann die Frage, wie schädlich die Ungleichheit ist und wie sie zustande kommt. Zur ersten Frage geben Sie keine Antwort, bei der zweiten gehen Sie in erster Linie auf Erbschaften ein. Ungeklärt bleibt, ob Sie wissen, dass bei Immobilienerbschaften die Erben häufig erst mal kräftig in Modernisierung und Instandsetzung investieren müssen, weil die Erblasser im Alter dazu keine Kraft mehr hatten. Dabei beschäftigen sie übrigens Handwerker und tragen so zum Wirtschaftskreislauf bei. Auch Fabriken, Aktien und Anleihen halten die Wirtschaft am Laufen.

Im folgenden nennen Sie aber nicht die wesentlichen Gründe, die dazu beitragen, dass Vermögen angesammelt und dann auch vererbt wird. Vermögen sammelt sich nämlich nicht von alleine an. Es kommt dadurch zustande, dass man am obersten Rand seiner Leistungsfähigkeit arbeitet und das verdiente Geld nicht etwa für unnötigen Konsum ausgibt, sondern wiederum in die Erziehung und Ausbildung seiner Kinder und das übrigbleibende Geld in dauernde Werte investiert. Erblasser, die sich so verhalten, haben etwas zu vererben. Im übrigen haben sie das Geld, das sie investieren, bereits versteuert. Verhalten sich die Erben genau so, haben auch sie etwas zu vererben. Ihre Darstellung dagegen suggeriert, dass das Vermögen, das jemand erbt, der Gravitation gefolgt und vom Himmel gefallen ist. Das ist es nicht – es ist erarbeitet und besteuert worden. – Dorothee Ammermann

 

Wie betonte schon vor Jahren ausgerechnet Warren Buffet (hat Kinder) einer der reichsten Menschen dieses Planeten: „die gerechteste aller Steuern, ist die Erbschafts- steuer !“ Warum hat der Mann recht ? Weil das reine und somit unverdiente Glücksmoment in eine reiche Familie hinein geboren zu werden v. a. hier in Deutschland wes. geringer besteuert wird, als z.B. die maximal belasteten Spitzenleistungen vieler Unternehmergründer, denen noch dazu viele ihren hoch besoldeten Arbeitsplatz verdanken. Was hingegen leisten z.B. die Münchner Immobilienbesitzer? Sie warten ! – Bauer Siegfried

 

Inhaltlich fühlte ich mich gut Informiert von diesem Artikel. So deutlich bekommt man anderswo nicht erklärt, dass Deutschland in Bezug auf die Ungleichverteilung des Vermögens „innerhalb Europas einen Spitzenplatz“ belegt. Weswegen ich Ihnen aber schreibe ist ein anderes Hobby von mir, und das nicht, weil ich etwa ein Deutschlehrer wäre. Ihre Überschrift „10% der Deutschen besitzen 55% des Vermögens. Und es könnten noch deutlich mehr werden.“ muss man wirklich zweimal lesen, bis man merkt, was Sie meinen. Der Rückbezug von „Es könnten … mehr werden“ ist so unklar, dass man ihn so eigentlich nicht stehen lassen sollte. Wer oder was könnten mehr werden? 10% der Deutschen oder 55% des Vermögens? Unabhängig davon, ob man sich in diesem Kontext auf „55% des Vermögens“ im Plural rückbeziehen darf: Sprache sollte zum Transportmittel für Information dienen und nicht zur Verbreitung von Unklarheit. – Dr. Gerhard A. Hergesell

 

Diktion und Bewertung des Artikels haben mich doch sehr verwundert, zumal die Struktur der Ergebnisse nicht wirklich neu ist. Anstatt Methoden der Erhebungen und Unterschiede zwischen Länderergebnissen zu zeigen und zu diskutieren, wird mit einem Griff in die Mottenkiste gefordert, den Reichen etwas wegzunehmen. Dabei bleibt offen, was die Autoren unter „reich“ verstehen und auch die betrachteten Segmente werden je nach benötigter Sichtweise verschoben und populistisch aufgeladen („Dicke Bankkonten und Aktienpakete“).

  1. Wie soll eine Umverteilung stattfinden, wenn einer Familie als wesentliches Vermögen eine Immobilie gehört und diese Familie dadurch bereits zu den oberen 10% und damit nach Meinung der Autoren zur „erbenden Oberschicht“ gehört?
    Dabei muss eine solche Immobilie nicht einmal in einem „angesagten Stadtviertel mit guten Schulen“ liegen!
  2. Richtig ist, dass Rentenansprüche nicht enthalten sind. Dafür sind aber Versicherungsansprüche enthalten – als Teil der Altersversorgung -, die dann wohl auch der Umverteilung unterliegen sollen. Im Vergleich zu den USA sind dort die Altersversorgungen vielfach in Aktien oder Aktienfonds angelegt und damit in der Statisitik enthalten, was die Vergleichbarkeit erschwert.
  3. In keinem europäischen Land ist nach einer Studie des Instituts der Wirtschaft (IW) die Wohn-Eigentumsquote so niedrig wie in Deutschland. Dies verzerrt die Werte zusätzlich und hätte in eine betrachtende Analyse hineingehört!

Statt also wieder einmal nach Umverteilung zu rufen hätte ich mir von der ZEIT anstelle der populistischen Totschlagargumente eine differenziertere Betrachtung gewünscht. Vielleicht ist ja auch nur die Kommastelle in der Artikelüberschrift verrutscht und gemeint war das oberste 1% der Deutschen!? – Christian Felgendreher

 

Bevor sich die ZEIT weiter in ein neues sozialistisches Großprojekt verrennt, sollte man sich zunächst die Frage stellen, wozu Steuern eigentlich erhoben werden. Dienen Steuern der Finanzierung staatlicher Ausgaben oder sind sie ein gesellschaftliches Steuerungsmittel? Im ersten Fall wäre dann zunächst zu klären, wofür die eingenommenen Steuern überhaupt verwendet werden. Im Bundeshaushalt 2019 ist dazu festzustellen, dass 105 Mrd. Euro für die Rentenversicherung verwendet werden. Das entspricht etwa einem Drittel der Steuereinnahmen des Bundes. Nun handelt es sich bei der Rentenversicherung um eine staatliche Leistung, die nur Beitragszahlern zugute kommt. Wer sich nicht dort versichert oder anderweitig ver-/abgesichert ist (Versorgungswerke, Beamte), zahlt also Steuern, für die er keinerlei Gegenleistung erhält. Man kann nicht einmal mittelbare Gegenleistungen wie bei Subventionen oder öffentlicher Förderung von Projekten erkennen. Aber auch Unternehmensteuer und Steuern aus Kapital- und Mieterträgen fließen in die Querfinanzierung der Rente. Hier handelt es sich also um eine sehr große und verdeckte staatliche Umverteilung von Steuern, die den fehlenden politischen Willen zu einer Reform des Rentensystems verschleiern soll.

Was würde eigentlich mit steuerlichen Mehreinnahmen passieren? Sie würden also entweder im bestehenden System verpulvert oder zur (fraglichen) Finanzierung von Klientelpolitik verwendet. So zeigt ja das (zum Einstieg in das bedingungslose Grundeinkommen) vorgestellte Modell einer bedingungslosen Grundrente, dass die Finanzierung nicht etwa mit den vorhandenen Mitteln erfolgen soll, indem man also unnütze Subventionen streicht oder etwa den Solidaritätszuschlag umwidmet, sonder durch die Einführung neuer Steuern. Politiker leben also überwiegend davon, den Bürgern Geld zu nehmen, um damit ihre vermeintlichen Wähler zu beschenken. Da niemand im Land unter 60 noch die SPD wählt (außer vielleicht Herr Dausend), dient die Einführung einer steuerfinanzierten Grundrente nur dazu, gute Stimmung beim eigenen Klientel zu erzeugen. Die Einführung des Solidaritätszuschlags ist ein gutes Beispiel dafür, wie staatliche Einnahmen zweckentfremdet werden. So sollte der Soli ja für den Aufbau Ost genutzt werden. Was da aber tatsächlich finanziert wurde und derzeit finanziert wird, ist völlig unklar. Ein Prüfbericht über die Verwendeung der Einnahmen aus dem Soli ist mir nicht bekannt. Da es weder eine Zweckbindung von Steuereinnahmen gibt und Herr Scholz wegen der schwarzen Null gegen eine Abschaffung des Soli ist, muss man wohl auch nicht darüber diskutieren, dass der Grund für die Einführung des Soli mittlerweile weggefallen ist.

Weitere Steuereinnahmen zur Verbesserung der Finanzausstattung des Staates zu generieren, erscheint vor diesem Hintergrund also nicht erforderlich. Man könnte einen relevanten Umbau des gesamten Steuersystems fordern und dabei auch eine Reform von Vermögen- und Erbschaftsteuer, z. B. zur Finanzierung eines echten Klimaschutzes oder zur Verbesserung der Bezahlung im Sozialbereich oder aber im Zusammenhang mit einer großen Reform des Sozialsystems. In der derzeitiggen Situation würden neue Steuern allerdings nur dazu führen, dass noch mehr Geld von unfähigen Politikern aus dem Fenster geworfen wird oder alles bleibt, wie es ist. Hinzu kommt, dies nur am Rande, die Frage nach der Gerechtigkeit einer Erbschaftsteuer an sich. Ererbtes Geld wurde ja meist bereits vom Erblasser versteuert (z. B. als Betriebsgewinn, als Mieteinnahme oder über Kapitalerträge). Weshalb sollte dieses Geld dann nochmals zum Teil an den Staat gehen, weil jemand verstirbt? Und wenn der Erblasser das Geld den Angehörigen in der einen oder anderen Form schenkt, entfällt ja auch keine Steuer darauf. Wo ist also die Berechtigung, Erbe zu besteuern? Krass gefragt: Würden alle Reichen Deutschlands sich in Steuerparadiese zurückziehen und dort ihr Geld verprassen, wäre das gesellschaftlich hilfreicher als die Anlage des Geldes in Deutschland, beispielsweise in Form von Wohnraum? Ist also die Erhebung einer erhöhten oder die Wiedereinführung einer Steuer schon aus Gründen der Notwendigkeit nicht zu begründen, stellt sich nun noch die Frage nach der Moral. Man kann den Staat sozialistisch führen, indem man den Menschen alles, was über einen bestimmten Bedarfskorridor hinausgeht, wegbesteuert. Damit kann man dafür sorgen, dass die Bürger einkommensmäßig einem Wimbledonrasen gleichen. Was will man aber damit bezwecken? Hat die sozialistische Staatsform, in der der Arbeiter so viel bekam wie der Professor, die Menschheit weitergebracht?

Wenn man die Sache näher betrachtet, geht es beim Thema Erbschaft und Vermögen gar nicht um Gerechtigkeit, sondern um Neid. Die meisten Menschen fühlen sich mehr oder weniger adäquat bezahlt. Es ist auch nicht besonders schwer zu vermitteln, dass ein Chefarzt ein sechsstelliges Gehalt bezieht. Weiter ist es auch moralisch nicht verwerflich, wenn ein Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens in diesem Bereich liegt. Man kann sicher darüber diskutieren, ob ein deutlicher Einkommensunterschied zwischen einer Erzieherin und einem Facharbeiter gerechtfertigt ist. Schließlich kümmert sich die Erzieherin um die Kinder des Facharbeiters, während dieser z. B. Autos produziert. Da kann man sicher hinterfragen, was einer Gesellschaft mehr wert sein sollte. Das alles spielt sich jedoch nicht in einem finanziell relevanten Bereich ab. Es geht letztlich nur um plakative Einzelfälle: den DAX-Vorstand, der ein zweistelliges Millionengehalt kassiert und für den Bonus ein paar Tausend Arbeitsplätze opfert; oder der den Kunden betrügt und es hinterher nicht gewesen sein will. Oder man bezieht sich auf den 28-jährigen Investmentbanker, der für ein paar Hochrisikowetten einen Millionenbonus erhält. Hier handelt es sich aber um einen winzigen Anteil an der Zahl sämtlicher Beschäftigter. Ab wann ist denn jemand vermögend? Und wann darf hier von staatlicher Seite zusätzlich in die Taschen gegriffen werden? Nehmen wir das Beispiel des Chefarztes: Wer will den Job mit 80 Wochenstunden, ständigem Druck und extrem hoher Verantwortung denn noch machen, wenn ab 100000 Euro 50 % Steuer anfallen, wenn man also von den weiteren 200000 nur 100000 sieht? Jetzt kann man argumentieren, dass Geld nicht alles ist, aber man muss sich doch fragen, wofür leitende Mitarbeiter, Selbständige und Freiberufler sich abarbeiten, wenn man ihnen dann einen Großteil ihrer Einnahmen wieder nimmt. Weshalb sollte sich ein mittelständisches Unternehmen auf Wachstum verlegen und Arbeitsplätze schaffen, wenn der Eigentümer nicht vom Wachstum profitiert? Geht es nicht vielmehr darum, Erfolg in die Schranken zu weisen? Und ist man dazu auch bereit, wenn das zu einem Qualitätsverlust in der Bundesliga führt, weil keiner der guten Spieler bereit ist, große Teile seines Einkommens dem Staat zu überlassen und dann eben woanders kickt? Es gibt in Deutschland sehr reiche Menschen, die selbst oder deren Eltern zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Alle rennen zu Aldi und unterstützen damit das Ausbeutungssystem in der Lebensmittelproduktion. Ändert sich das, wenn man den Albrechts 20 Mrd. nimmt?

Letztlich geht es auch hier um Propaganda im Sinne der von Ihnen so geliebten SPD. Ich verstehe beim besten Willen nicht, was Erbschaft- und Vermögensteuer bringen sollen. Damit ändert sich gesellschaftlich nichts. Man ist auch mit einer statt zwei Milliarden reich. Da gehört einem trotzdem noch alles. Man muss deshalb auch keine Immobilien verkaufen. Nur für die Gesellschaft ist eine Milliarde leider gar nichts. Das sind bei 80 Millionen Bürgern gute 10 Euro für jeden. Und auch wenn es für jeden 10000 wären, das hilft mittelfristig nicht weiter, weil das Geld ja auch nur einmal ausgegeben werden kann. Es ist die gleiche Milchmädchenrechnung wie der Verkauf öffentlichen Wohneigentums. Einmal Kasse gemacht, dann wird das Geld verheizt. Und dann diskutiert man über Enteignung, um dem ersten Fehler einen zweiten folgen zu lassen, weil man ja immer noch kein Geld für den Unterhalt der Wohnungen hat. Gerechtigkeit würde bedeuten, dass man Arbeit per se nicht mehr so stark mit Steuern und insbesondere Sozialabgaben belastet. Unternehmensteuer rauf, dafür das Sozialsystem aus Steuern statt aus Abgaben finanzieren. Anpassung der Verbrauchersteuern. Von mir aus auch Luxussteuer auf Motorboote, Privatflugzeuge und Sportboliden. Eine CO2-Steuer, die den Dauerheizer verstärkt belastet. Aber Erbschaften und Vermögen zu besteuern ist einfach ein rein propagandistischer Irrweg und völlig nutzlos. – Dr. David Wolff


 

Leserbriefe zu „Der Weltkrieg, vier tote Brüder und das Wort vom »Vogelschiss«“ von Heinrich Wefing

Als Journalist ist Herr Beckmann durchaus in der Lage zu sinnerfassendem und kritischem Lesen. Warum hat er die laut Staatsanwältin nicht auszuschließende „und im Gesamtkontext der Rede auch nahe liegende“ Lesart ignoriert, bei Gaulands Äußerung bloß an eine „Relativierung der zeitlichen Dauer des Deutschen Reiches (1933-1945) vor dem Hintergrund der gesamten deutschen Geschichte, die ca. 1000 Jahre umfasst“, zu denken ? Gilt die Meinungsfreiheit nur für die Rezos, die Klimahüter und die Strache-Stürzer? Werden bald noch weniger als 18 % der Deutschen bereit sein, über heikle Themen im öffentlichen Raum „unkorrekt“ zu reden? – Klaus Lüßenhop

 

Für die Beckmanns eine sehr traurige Nachricht. Mit der Meinungsfreiheit stehe ich auch auf dem kriegsfuß. Aber wir haben uns für eine Gewaltenteilung entschieden. Die Gerichte sind bei der Beurteilung, was gesagt werden kann und was nicht, demokratisch legitimiert. Das ist für viele Menschen unerträglich. Und trotzdem eine demokratische Entscheidung. Die politisch interessierten Bürger kennen den Ausspruch von Winston Churchill, der die Demokratie auch verflucht hat. – Gunter Knauer

 

Hut ab vor Frau Änne und vor Reinhold Beckmann ! Angesichts von 5.2 Mill. gefallenen deutschen Soldaten im 2. Weltkrieg und über 1 Mill. Lagertoten in Gefangenschaft ein beachtliches und ehrenwertes Signal. Zum Glück werden nicht Herr Gauland und seine Gesinnungsfreunde die historische Bedeutung der 12 Hitler-Jahre beurteilen, sondern kommende Generationen. ( Quelle: ZEIT online 08-15) – Prof.Dr.med.Ulrich Krause

 

Den Vogelschiß-Satz mag ich nicht. Ich mag aber auch nicht, wie dieser von Politikern und Journalisten gegen Herrn Gauland verwendet wird. Von der Staatsanwältin könnten sie lernen, daß der Satz auch andere Bedeutungen als die unerstellte haben kann. Ich finde es es anrührend, daß Frau Beckmann nach so langer Zeit noch regelmäßig ihre Brüder erinnert. Auch ihre Empörung über Herrn Gauland kann ich verstehen. Er hat sich aber selbstverständlich nicht strafbar gemacht, nicht nur wegen seiner Meinungsfreiheit, sondern weil der Tatbestand des §§189StGB überhaupt nicht erfüllt ist. Mir ist nicht klar geworden, was H.Wefering eigentlich ausdrücken will. Sein Artikel (ausdrücklich: nicht die Erinnerungen von Fr. Beckmann und das Schicksal ihrer Brüder) ist für mich insofern ein „Vogelschiß“, der eine wertvolle ZEIT-Seite beansprucht. – Karl-Heinz Eckert

 

Trost für Änne Beckmann: Gemessen an der über tausend Jahren fragwürdigen deutschen Geschichte, in der immer wieder Hohlköpfe glaubten das Volk vertreten zu können, sind die Hirnexkremente gegenwärtigen Politiker nur ein Vogelschiss in der deutschen Geschichte! – Werner Schrupp

 

Vielen Dank für den einfühlsamen Artikel. Das hat mich sehr berührt. Besser als mit so einem Bericht kann man nicht um mehr Sensibilität im Umgang mit dieser fuchtbaren Zeit werben. Ich gehöre zur Enkelgeneration der Weltkriegsgeneration. Mich interessiert das Thema sehr und nach meinen Eindrücken auch viele andere aus meinem Lebensumfeld. Als meine Großeltern noch lebten war ich zu unreif sinnvolle Fragen zu stellen, später dann auf anderes konzentriert. – Marko Becker

 

Mit Interesse habe den dezenten Hinweis Herrn Wefings aufgenommen, dass der Kriegstod eines Soldaten früher „gefallen“ hieß, und mit Genugtuung vermerkt, dass er dieses Unwort dann in seinem Artikel sorgfältig vermieden hat. Ich habe es sofort in meine Liste verbotener Wörter aufgenommen. Ich bin der ZEIT sehr dankbar, dass sie hier und auch sonst immer wieder gewissenhaft ihre erzieherische Aufgabe wahrnimmt, den rückständigen Teil ihrer Leserinnen zu politisch korrekter und auch gendergerechter Sprache anzuhalten, auch wenn das einigen Unbelehrbaren nicht passen mag (vgl. „Zeitgeist“ in derselben Ausgabe Seite 13). – Horst F. Koops

 

Trauer, Verbitterung, Leid und auch möglicherweise Wut aufgrund ihres familiären Dramas in Folge eines der größten Menschheitsverbrechen -begangen in der Nazizeit- sind äußerst verständlich. Zur Wahrheit um das drastische Gauland-Wort „Vogelschiss“ gehört jedoch, dass er nicht der „Erfinder“ der zeitlichen Einordnung des NS-Regimes in die deutsche Geschichte ist. Diese hat der Historiker und Journalist Götz Aly bereits ein Jahr zuvor, nämlich im Sommer 2017, im „Fluter“, Magazin der Bundeszentrale für Politische Bildung Nr. 63, S. 46, von Politik und Medien ungerügt, wie folgt beschrieben: „1933 bis 1945 – zwölf Jahre, davon gehörten die ersten beiden Jahre der Konsolidierung, die letzten beiden Jahre der Abwicklung, macht acht Jahre im Kern. Das ist geschichtlich eine Sekunde und selbst lebensgeschichtlich kurz.“ Insofern halte ich das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Meiningen im Rahmen unserer Rechtsordnung für absolut korrekt. – Hans-Georg Specht

 

Jeder zur Empathie fähige Mensch wird den Schmerz der Familie Beckmann nachvollziehen können. Aber begiebt sich die ZEIT mit Beiträgen dieser Art nicht in die Nähe von Boulevard-Journalismus? Gauland-Schelte in der Form eines amtlichen Regierungsblattes entspricht eigentlich nicht dem Niveau dieser Zeitung. Eine gebotene journalistische Neutralität ist nicht zu erkennen. Faktenorientierte Gauland-Abqualifizierung hätte mir besser gefallen. – Klaus Grasenick


 

Leserbriefe zu „Der Aufstand der Jungen“ von Marc Brost

Es hätte doch alles so einfach sein können. Ein angesagter Youtuber namens „Rezo“ widmet, in seinem aktuellen Beitrag, der CDU seine volle Aufmerksamkeit – und somit seiner unbestritten großen Community jugendlicher Follower. Ein größeres Geschenk hätte sich die CDU eine Woche vor der Europawahl doch eigentlich gar nicht wünschen können. Nach Wochen einer farbloses Kampagne ohne Merkels Konterfei auf den Plakaten, ohne eine klare Aussage, ohne jegliche Euphorie, ohne jeden Esprit und Mut – nur weil die SPD es erst recht nicht besser kann – hätte diese Gelegenheit doch nicht passender kommen können. Ein Jackpot und das frei Haus. Da setzt sich also ein blauhaariger junger Mann mit dieser „langweiligen“ konservativen Partei auseinander, vermittelt deren „Leistungen“ der letzten Jahre seiner Schar an jungen Zusehern und schafft damit genau das, was der CDU historisch offenbar nicht allzu gut gelingt – nämlich für einen kurzen Moment die volle Aufmerksamkeit dieser jungen Millionen starken Zielgruppe zu bekommen. Jeder Werbestratege eines modernen Unternehmens hätte hier vermutlich sofort verzückt in die Hände geschlagen und wäre freudestrahlend durchs Büro gesprungen – nicht aber die Verantwortlichen der CDU Zentrale, die wohl erst ungläubig, dann offenbar verstört und vor allem vollkommen planlos – einfach mal gar nichts gemacht haben.

„Wer auf andere Leute wirken will, der muss erst einmal in ihrer Sprache mit ihnen reden.“, wusste bereits Kurt Tucholsky, dies scheint sich indes im Kurt Adenauer Haus so noch nicht herumgesprochen zu haben. Es gibt Facebook Gruppen bei der CDU, Verantwortliche für Twitter und Zuständige für weitere Online Plattformen – wo waren denn all diese Leute – beziehungsweise wer hat es verhindert, dass diese Leute Ihren Job machen durften? Gibt es hier wirklich keinen Verantwortlichen, der diese Gelegenheit nutzen konnte oder wurde diese bewusst von Seiten der zuständigen Kontrollmechanismen verhindert? Wollte man keine politischen Fehler der Vergangenheit eingestehen oder konnte man sich nur nicht auf den richtigen Duktus einigen, bevor man das angeblich schon vorbereitete fertige Video wieder von der Plattform nahm? Es bedurfte doch lediglich einer lockeren, lustigen und vor allem sachlichen Replik auf die Aussagen eines Bloggers, die jedem erfahrenen Pressesprecher wohl allenfalls ein müdes Lächeln abgerungen hätten – erst Recht unter der Voraussetzung, dass hier eine passende Reaktion im typischen „Influencer“-Style völlig ausreichend gewesen wäre. Wäre es wohl – stattdessen als Antwort aber nur die stocksteife Aussage der AKK – zudem mit dem nötigen Abstand nach der Wahl – also alles anders als spontan – dass dies irgendwie alles gar nicht so sein darf in den freien Medien. Kopfschütteln – Augenrollen – Sprachlosigkeit und das unangenehme Gefühl am vergangenem Sonntag sein Kreuz ganz oben auf dem Wahlzettel hinterlassen zu haben. – Ein/e Leser/in

 

Abgesehen von der Kritik an seinem eigenen Berufsstand verweist Marc Brost auf zwei grundlegende Fehler unserer politischen Ordnung hin: Bei allen Verdiensten von Frau Merkel muss man nach ihrer langen Amtszeit feststellen, dass sie eben nicht – wie immer wieder gesagt wurde – „als Physikerin, die Dinge vom Ende her betrachtet hat“; vielmehr hat sie – oftmals auch mit Klugheit – jeweils auf nicht vorhersehbare Entwicklungen reagiert. Am Ende ihrer Amtszeit bleibt die Feststellung, dass dadurch auch viele zukunftsweisende, strategisch wichtige Entwicklungen nicht diskutiert und politisch nicht in Angriff genommen wurden. Daraus ergeben sich zwei Folgerungen:

  1. Es wäre zu überlegen, ob eine Kanzlerschaft – ähnlich wie das Amt des Bundespräsidenten – zeitlich terminiert werden sollte.
  2. Von Seiten der Journalisten wäre zu wünschen, dass bei aller Tagesaktualität auch die Vision von zukünftigen Entwicklungen auf breiter Ebene in die öffentliche Diskussion eingebracht wird und die Auswirkungen auf die Gesellschaft dargestellt werden. An Themen hierzu gibt es keinen Mangel. – Klaus Grieshaber

 

Im Internet ist es schwierig eine Diskussionsplattform zu etablieren. Grundsätzlich eignet sich das Internet zurMeinungsäußerung: ich sage was ich denke und dafür ernte ich Likes von meinen Followers. Der Inhalt, insbesondere Wahrheitsgehalt ist eigentlich nebensachlich, da es keine Möglichkeitgibt Stellung dazu zu nehmen. Imdiskutierten Fall ein CDU-Fan könnteetwas ähnliches gegen andere Parteien produzieren. Ob diese Aktionen wirklich die öffentliche Meinung beeinflussen kann, kann man bezweifeln: die sind durch Followers gelesen/ gehört, die Bestätigung Ihrer Meinung erwarten. Zum Thema selbst: die GroKo hat reichlich verdient so beschimpft zu werden. – Dr. Ferdinand Wagner

 

Der Beitrag lässt den Eindruck entstehen, dass die Erstwähler bzw. die jungen Menschen inzwischen die entscheidende Wählergruppe für die aktuellen Verhältnisse in der heutigen Parteienlandschaft sind, auch wenn an einer Stelle eingeschränkt wir, dass die Jüngeren gemessen an der Gesamtbevölkerung es rein zahlenmäßig „gar nicht so viele“ sind. Die langjährige Erosion der alten Volksparteien hat in der Tat vielschichtige Gründe. Es sind nicht nur die extrem hohen Lohnsteuern und Sozialabgaben im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn, ebenso die mit am höchsten Strompreise in Europa oder die unaufhaltsamen Mietpreissteigerungen, die die Einkommen belasten. Hinzu kommt der unerträglich große Niedriglohnsektor mit entsprechenden Folgen für die zukünftigen Rentner. Nicht zu vergessen sind jedoch auch die über 6 Millionen Rentner bzw. Rentenanwärter, denen SPD und CDU in die Tasche greifen, indem Ihnen auf Ihre Auszahlungen im Rahmen ihrer Lebens-(direkt-) versicherungen nach dem seit 2004 geltenden „Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“ (GMG) ab Rentenbeginn 120 Monate lang fast 19 Prozent Krankenkassen- und Pflegebeiträge abgezogen werden. Macht an Einnahmen zusammen rechnerisch rund 35 Mrd. Euro. Monat für Monat werden die Betroffenen auf ihren Kontoauszügen an diese Wegelagerei erinnert. Es ist also nicht nur der Aufstand der Jungen, sondern ebenso der Alten, die ja angeblich für Ihre Rente zusätzlich privat vorsorgen sollen und nun monatlich gleich zweifach Krankenkassenbeiträge berappen müssen. Über 6 Millionen Rentner plus ihre Angehörigen machen ihre Kreuze auf den Stimmzetteln ganz sicher nicht mehr bei der CDU und erst recht nicht bei der SPD, die unter Gerhard Schröder der Initiator war. Solange dieses GMG, das 2004 sogar rückwirkend (!) für gesetzlich Versicherte gilt, nicht abgeschafft ist, werden die betroffenen Wähler “ bei jeder Wahl den sog. „Volksparteien“ ihre Quittung verpassen.

Ich würde mich freuen, wenn mein Leserbrief in der nächsten ZEIT-Ausgabe Berücksichtigung findet, denn zulange und zuwenig wurde öffentlich auf die Belastungen durch das GVG hingewiesen nach dem Motto: das Gesetz gibt es doch schon 15 Jahre. Ich zahle nun schon das 4.Jahr, 6 Jahre stehen noch aus. Meine Frau ist seit letztem Jahr Leidtragende. Die späteren Betriebsrentenanwärter nach dem neuen „Betriebsrentenstärkungsgesetz“ („3. Säule“), sind wie die über 6 Millionen Direktversicherten, übrigens gleichfalls von dem GMG betroffen. Deshalb „diskutieren“ CDU und SPD jetzt, den zusätzlichen Beitragssatz zu halbieren. – Manfred Vossen

 

Recht haben sie, die Jungen – hoffentlich halten sie’s auch durch. Grün wählen, ja, aber auch grün leben! Kein Kurztrip nach Malle, keine Abi-Reise nach Neuseeland. Hier geblieben! Kein Kaffee togo, kein Auto mit 18, kein Schulweg mit dem SUV! Und die „Alten“? Sie haben nicht begriffen, dass sie die Verursacher der drohenden Katastrophe sind und weiter leben wie bisher: Fernflug- und Schiffsreisen, SUV’s zum Brötchenkauf. CO²-Steuer lehnen sie ab nach dem Motto: „für uns reicht’s ja noch“! Indianer waren da schlauer: „Wir haben die Erde nicht von unseren Eltern geerbt sondern von unseren Kindern geliehen“. Wie gut ging’s dem Planeten, wenn alle Menschen Indianer wären! – Walter Rücker

 

Vielen Dank für Ihren Artikel, der viele Dinge für mein Empfinden sehr richtig benennt. Sie sprechen klar aus, dass man eben genau nicht weitermachen kann wie bisher. Das hört man, wie Sie auch zu Recht beklagen, in vielen Reaktionen nicht in der Deutlichkeit. Nun kommt natürlich das Aber: Sie nennen Rezo in ihrem letzten Satz einen „jungen Amateur“. Da tappen Sie selbst in die Falle, dass Sie Rezo von der Höhe des Profijournalisten herab betrachten. Dass es schwierig ist, seine Sprechweise, Ästhetik etc. als gleichwertig und ebenbürtig zu einem gediegenen Zeitungsartikel, TV- oder Rundfunkstück zu akzeptieren, ist nicht Rezos, sondern unser Problem (und für die Jungen ist es keines). Er spricht fast eine Stunde lang (!) engagiert und substantiell über Politik und Millionen junger Menschen hören begeistert zu. Wer schafft das aus unserer ‚Profi‘-Generation (ich bin selbst 50, Radiojournalist)? Wenn wir ganz ehrlich sind: dieses Video ist hochprofessionell. Rezo ist zwar anders als gestandene Redakteure oder Politiker, aber in Sachen Professionalität mindestens auf Augenhöhe. Insofern ist sein Video auch ein wertvoller Weckruf an alle Profis: Achtung, offenbleiben und Qualität in jeder Form (an-)erkennen! Wir tun damit nicht Rezo einen Gefallen (den braucht er gar nicht), sondern uns. – Albrecht Wagner

 

Bei der Analyse der Politik von Frau Dr. Merkel hilft meines Erachtens was Prof. A. Baring in einem Interview im Deutschlandfunk am 17.07.2014 gesagt hat: „Das hat sie mal zu mir gesagt. Ihr Hauptbestreben sei, die Deutschen ruhig zu halten, weil sie den Eindruck habe, wenn die Deutschen in Erregung geraten, dann weiß man überhaupt nicht, was passiert.“
Damit war die Bundeskanzlerin durchaus erfolgreich. Vermutlich erleben wir nun was passiert, wenn Bürger/innen merken, dass sie in erster Linie ruhig gehalten werden sollten. Das ganze Interview kann man noch im Internet nachlesen https://www.deutschlandfunk.de/angela-merkel-wird-60-eine-ganz-erstaunliche-frau-und-eine.694.de.html?dram:article_id=292011Manfred Wiech


 

Leserbriefe zu „Heikler Rat“ von Mariam Lau

Ich weiß, dass ich meine Rolle verändern muss“, sagt Klein. „Nicht mehr nur leise, im Hintergrund, diplomatisch. Ich muss auch mal laut sein und Leuten auf die Füße treten.“ Zitat aus der ZEIT 25/2018. Herr Klein hat Ihre Empfehlung, was er hätte besser sagen sollen, plakativ auf den Punkt gebracht und damit nur den Rat des Zentralrates der Juden in Deutschland wiederholt. Gerade er als Nicht -Jude hat damit eine viel größere Welle erzeugt. Deshalb: weiter so, Herr Klein. – Rüdiger Weigel

 

Gut, wie differenziert Sie den Umgang mit dem Kippa – Tragen behandeln, wie das auch in anderen Medien oft der Fall ist. Warum aber behandelt die öffentliche Meinung das Kopftuch anders, überwiegend ablehnend, diffamierend, m. W. auch die ZEIT ? – Auch das Kopftuch bringt eine Zugehörigkeit zum Ausdruck, zu einer Religion, zu einem Volk, eine Identität eben. Jaaa ! werden jetzt viele rufen, das ist was ganz anderes ….! Wir könnten aber auch versuchen, das Gemeinsame zu sehen : Die Möglichkeit, auch in einem anderen Land zu seiner Herkunft zu stehen als Minderheit, zu seiner ( ihrer ) Religion, zu ihrer Tradition, zu ihrem Schamgefühl ( ohne Kopftuch ). Akzeptieren wir die Träger (innen) von Kippa und Kopftuch! – “ Wir sind alle gefragt. “ endet Ihr Artikel. Richtig. – Leonhard Martin

 

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Artikel 1 (1) unseres großartigen, 70 Jahre jungen Grundgesetzes, Basis unseres demokratischen Lebens und Miteinanders. Wer das nicht versteht und respektiert, hat die Essenz auch des eigenen menschlichen Daseins nicht verstanden, verfügt weder über zivilisiertes Wissen noch Gewissen. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, ist mitnichten für seinen warnenden Weckruf zu kritisieren. Im Gegenteil, fatal und unaufgeklärt wäre es, die sich abbildenden Zustände zu verbrämen oder gar zu ignorieren. Die von Bundeskanzlerin Merkel deklarierte Staatsräson für die Sicherheit Israels beginnt, ganz gleich, wie weit man diese fasst, zuallererst doch zweifellos in Deutschland selbst; mit dem rechtsstaatlichen und gesellschaftlichen Schutz unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. – Ira Bartsch

 

Antisemiten projizieren ihre generelle Unwilligkeit zum Dialog und die ihnen verloren gegangene Fähigkeit zu vorurteilsloser Wahrnehmung pauschal auf Juden. Mit dieser Haltung verstecken sie sich in einem vorgegebenen Muster und bilden sich gleichzeitig ein, an einem bedeutenden Ding beteiligt zu sein. Damit berauben sie sich selbst ihrer natürlichen Gaben zu aktiver Mitmenschlichkeit, sie bevorzugen die nur sich selbst bestätigende Existenz in geschlossenen Systemen – was noch nie zu etwas Positivem geführt hat.
Auf der anderen Seite sollten Juden sich fragen, was sie selbst tun können, um den Anreiz von Antisemiten, sie als Projektionsfläche zu benutzen, ad absurdum zu führen. Sie sollten nicht ihr Jüdischsein, sondern ihre Menschlichkeit als obersten Wert ihrer Identität ansehen; sie sollten das missverständliche Gerede vom „Heiligen Land“ wann immer es geht vermeiden; und sie sollten die in der Thora dargestellten Erzählungen nicht als Tatsachenberichte, sondern als Anregungen zum besseren Verständnis von Wirklichkeit erkennen. Und: Ist das Tragen der Kippa für orthodoxe Juden ein göttliches Gesetz? Nein! Es wird durch den Gottesbezug nur zur absolut einzuhaltenden Vorschrift erklärt. Das ist ein Punkt, der Anlass sein sollte, mal grundsätzlich über das jeweils eigene Religionsverständnis nachzudenken und Hinterfragungen ergebnisoffen zuzulassen. Schließlich weise ich noch auf ein Zitat aus der „Philosophie des Abendlandes“ von Bertrand Russel hin: „Die Juden unterschieden sich von allen Völkern der Antike durch ihren unbeugsamen Nationalstolz. Alle anderen Völker pflegten, wenn sie einmal besiegt waren, sich innerlich wie äußerlich zu ergeben; die Juden allein glaubten weiter an ihre eigene Überlegenheit und hielten daran fest, ihr Unglück sei nur darauf zurückzuführen, dass Gott ihnen zürne, weil sie ihren Glauben und ihr Ritual nicht rein bewahrt hätten.“ Beruht das negative internationale Echo auf den Vorschlag von Felix Klein vielleicht doch auf großer Unkenntnis über grundsätzliche Zusammenhänge? – Christoph Müller-Luckwald

 

Sicherlich ist es erschreckend und widerlich, wenn ein Kippaträger angepöbelt oder gar körperlich angegriffen wird. Wenn jemand seine Religionszugehörigkeit in der Öffentlichkeit zeigen möchte, muß das in unserem Land folgenlos möglich sein, keine Frage. Ich aber frage mich, welche Motivation dahintersteckt, eine Kippa in der Öffentlichkeit zu tragen. Außer zu zeigen, daß man jüdischen Glaubens ist, hat sie doch keinerlei Funktion, weder schützt sie vor Regen noch wärmt sie. Also könnte man sie doch auch einfach weglassen, wie es ja vorgeschlagen wurde, und damit allen Problemen aus dem Weg gehen. Wenn dann von den Orthodoxen eingewendet wird, der wahre Glaube verbiete es, ohne Kopfbedeckung in die Öffentlichkeit zu gehen, dann zeugt das von nichts anderem als von radikalem Fundamentalismus, der nicht hinterfragt wird. Ist ein derartiger Fundamentalismus zu akzeptieren und schützenswert, wie Sie es fordern, ist Fundamentalismus das überhaupt?

Warum nicht ohne Kippa auf die Straße gehen, nicht als bekennender Jude, sondern ganz einfach als normaler Mensch wie Du und Ich? Ich muß gestehen, daß ich etwas Angst habe vor der Veröffentlichung dieser Zeilen, weil der Holocauststachel tief in uns Deutschen steckt, zurecht natürlich. Ich selbst bin Jahrgang 1951, habe also „die Gnade der späten Geburt“. Aber diese Angst vor der Kritik an den Juden, offenbar hier ein Tabu, dürfte eigentlich auch nicht sein, oder? – Dr. Klaus Peplow

 

Zu oben genanntem Artikel: Der neue Antisemitismus ist vorwiegend Kritik und Schmähung am Staate Israel seitens ethnischer Araber und anderer Migranten mit islamischem Hintergrund. In der arabischen Welt darf es die Namen Israel und Israelis nicht geben. Man spricht dort heute noch über ein von Juden besetztes Palästina. In Deutschland gibt es über vier Millionen Menschen islamischen Glaubens und einige hunderttausend ethnischer Araber. Sie beziehen ihre Informationen aus Medien auf die die deutsche Rücksichtnahme auf Israel wegen des deutschen Schuldgefühls keinen Einfluss hat. Wer ernsthaft etwas gegen den neuen Judenhass (Araber sind auch Semiten) tun will kommt um eine Verständigung mit den in Deutschland lebenden Arabern nicht herum. Sie einfach als Antisemiten einzustufen und alle Kritik an Israel als Judenhass zu ächten und gar zu verbieten ist nicht nur dumm sondern auch gefährlich. Als erstes sollte man den Israelhassern in Deutschland sagen, dass die Juden in Deutschland keine Schuld an dem haben was im West-Jordanland geschieht. Den übereifrigen Deutschen sei geraten nicht die Flagge mit dem Davidstern zu schwenken. Für die Araber ist der Davidstern das Zeichen militärischer Gewalt und Unterdrückung. Unter dem Banner des Davidsterns wurden 1948 die 720 00 Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben. Auf jedem israelischem Panzer, jedem Flugzeug, jedem Checkpoint, jeder Kampfstellung prangt der Davidstern. – Horst Krüger


 

Leserbriefe zu „In voller Blüte“ von Matthias Geis und Robert Pausch

Ich konnte mit dem Artikel in der ZEIT Nr. 22 von Thomas E. Schmidt „Das Grün sucht seinen Weg“ nichts anfangen. Jetzt habe ich in der ZEIT Nr. 23 Seite 2 „In voller Blüte“ gleich zwei Hinweise dazu bekommen: Erstens haben die Grünen ihren Weg gefunden, nämlich sind „in voller Blüte“. Zweitens entspringt der Artikel von Herrn Schmidt dem „Vorbehalt, ihre Partei diene nur den besser Verdienenden und Lifestyle-Avantgardisten“. Ich frage mich nur, wie zwei so unterschiedliche Artikel in so kurzer Zeit veröffentlicht werden konnten. Ich schätze verschiedene Meinungen. Aber auch in der Wirtschaft-Redaktion sollte es jemanden geben, der zwischen einer Meinung und einem Sammelsurium von Vorurteilen unterscheiden kann. – Christoph Zahrnt

 

Wenn eine Wahlnachlese zum Erfolg der Grünen bzw. zum Misserfolg anderer Parteien bei der Europawahl in einem Biologismus wie »Rot riecht nach alten Männern mit Raucherhusten« kulminiert, mag man damit einen originellen metaphorischen Punkt setzen. Analytisch ist das so unterkomplex wie die zugrundeliegende Moral unterirdisch. Es provoziert gleichzeitig die Frage, inwieweit das gute Abschneiden der Grünen aufgrund des überproportionalen Anteils junger und jüngster Wähler nicht schon das Ergebnis des Pisaknicks sein könnte. Quasi der f*cking »Rezo«nanzboden für diese Entwicklung in der aufkommenden »Gesellschaft der Singularitäten«, die Bildung und Gesinnung längst nicht mehr auseinanderhalten kann. – Uwe Kaiser

 

…das ist der Stein des Anstoßes: Rot riecht nach alten Männern mit Raucherhusten. Schwarz gilt als uncool und gestrig. Grün ist die Hoffnung. In einem Kommentar hätte ich es vielleicht noch akzeptieren können, aber es ist das Titelthema und kein Kommentar! Dass Sie den Dreiklang Rot, Schwarz, Grün so hinbasteln wollen, damit „Grün ist die Hoffnung“ als Volksweisheit passt, kann ich im Prinzip verstehen. Aber bei Rot ist das danebengegangen: Die rauchenden Wehner, Brandt und Schmidt sind Geschichte, oder sind überalterte (verräucherte) Ortsgruppen in den alten Hochburgen der SPD gemeint? Egal, ich finde diese „Beschreibung“ als komplett unpassend/unsachlich in einem Titelthema! Damit kein Irrtum entsteht, ich bin Mitglied der GRÜNEN! – Jan Wallraf

 

Leider erliegen die Autoren zumindest in Teilen der Versuchung, eine Frage in den öffentlichen Fokus zu rücken, die zwar medial verwertbar aber eigentlich von untergeordneter Bedeutung ist. Der grüne Auftritt als „Bündnispartei“ ist angesichts des nebulösen Kurses der anderen Parteien in zentralen ökologischen Fragen (nicht nur Klima- sondern auch Artenschutz) mehr als nachvollziehbar. Dies ist keine „Schwachstelle“ sondern eine zielorientierte Notwendigkeit. Wer hier einen „Beliebigkeitsverdacht“ in den Raum stellt, denkt offensichtlich eher in machtpolitischen Dimensionen als in problemorientierten Kategorien. Die Grünen wurden wegen klarer inhaltlicher Positionen gewählt, machtpolitisch orientierte Stillstands-Parteien wurden abgewählt. Vielleicht kann man diese inhaltliche Orientierung respektieren oder gar fördern ohne die Partei medial zu voreiligen Bündniszusagen drängen zu wollen. – Dr. Christian Voll

 

Der Erfolg der Grünen treibt in der Tat recht prächtige, teils gar wundersame Blüten. Dass die Präferenz der Wähler für eine Partei oder Person indes mitunter einem Börsenverlauf gleicht, vieles korrelate Psychologie und gefälliger Opportunismus sind, dürfte freilich niemandem entgangen sein. So haben die Grünen den unschätzbaren Vorteil, nicht der derzeitigen Bundesregierung, gefühlt der kleinsten Großen Koalition aller Zeiten, anzugehören. Neben ihrer inzwischen sehr kompatiblen Programmatik – und natürlich der ihnen zugeschriebenen Umweltkompetenz – werden Annalena Baerbock und Robert Habeck nicht zuletzt deshalb als überaus sympathische und unverbrauchte Gesichter der zurzeit glaubwürdigsten und verantwortungsvollsten Partei in einer ansonsten rückständigen und zerstrittenen Politlandschaft wahrgenommen. Doch bei aller Sympathie, die man für eine humanistisch-soziale, ökologisch-ökonomische und proeuropäische Politik durchaus hegen kann (und sollte), sei an eine bewährte Erkenntnis von Berthold Brecht erinnert: „Vertrauen wird dadurch erschöpft, dass es in Anspruch genommen wird.“ Und exakt das gilt im ganz besonderen Maße für politische Erwartungen und Einschätzungen. Warten wir also ab, ob die Blüten der Grünen auch realpolitisch „genießbar“ sind. – Ira Bartsch


 

Leserbriefe zu „Wer hat die Macht?“ von Ulrich Ladurner

Über Inhalt und Substanz dieses Leitartikels kann man sich nur wundern.Muß man sich wirklich damit befassen,wie ein Kandidat für das Präsidentenamt der EU-Kommission dem jetzigen US Präsidenten gegenübertritt,erwirbt man Charisma über Nacht im Schlaf und kommt politische Fantasie wie von selbst angeflogen.Wo und wer sind die mächtigen Gegner,vor denen Sie eigentlich warnen woll(t)en,Herr Ladurner ?! – Ein/e Leser/in

 

Wird niemand der als SitzenkandidatInnen angetretenen KandidatInnen Kommissionpräsidet/in bleibt dem Wahlvolk nur eines übrig, nämlich sich gehörig von den Politikern verarscht (bitte entschuldigen Sie den Ausdruck) zu fühlen. Da zeigt sich, dass auch der selbsternannte Europäer Macron letztlich nur seine Interessen vertritt. – Rüdiger Weigel

 

Zu Ihren Berichten über die Folgen der Europawahl am 31. Mai, auch zu den neuen Spannungen zwischen Macron und Merkel: Kennedy sagte einst: „We all breathe the same air.” In der Bibel nennt man diese Atemluft den Heiligen Geist, der zu Pfingsten verschiedene Sprachen in Liebe eint. Europas Politiker sollten gemeinsam in Taizé Pfingsten feiern, wo Tausende junger Europäer mit der ökumenischen Fraternität, die Roger Schutz gegründet hat, gemeinsam beten, singen, essen und trinken; dann wären sie längst einiger. – Felix Evers

 

Warum wird eigentlich in einem Fort von Presse und Fernsehen versucht den europäischen Bürgern den Herrn Weber als nächsten EU-Kommissionspräsidenten einzureden? Von den genannten Kandidaten ist er doch der Ungeeignetste. Soll denn der gleiche Fehler gemacht werden, wie bei der Besetzung des EZB-Präsidenten? Man sollte doch die Beste oder den Besten nehmen und nicht den Nächstbesten. Es geht doch um die Zukunft der europäischen Gemeinschaft und nicht um irgendein Gekungel. – Günter Belschner

 

Das künstliche Konstrukt „EU“ hat eigentlich mit Demokratie, im demokratischen Sinne, nicht viel zu tun. Jedes einzelene Mitgliedsland will nur das Beste für sich herausholen, und nur das Geringste dafür in die Allgemeinheit einbringen. Eigene Landesinteressen werden daher immer an erster Stelle stehen, und so wird es in der „EU“ höchstwahrscheinlich, nie zu einer „EU first“ kommen können! Die „Macht“ in der „EU“ ist eher, so eine Art „Scheinmacht“, mehr ohnmächtig als machtvoll prachtvoll! – Klaus P. Jaworek


 

Leserbriefe zu „»Achtung, Papa, da kommt was!«“ von Lisa Nienhaus und Claas Tatje

Die Aussage von Herrn Oettinger zu dem vielzitierten Video des Youtubers Reza ist typisch und entlarvend für die Politikerriege seines Schlages. Man hat das Video und die Botschaft nicht gesehen, weiß aber ganz genau, daß es „neben den Fakten“ … auch „Halbwahrheiten und Fake-News“ beinhaltet. Das paßt zu der ganzen Geisteshaltung, die eine ganze Politikerkaste von CDU / SPD und FDP einnehmen. Runterputzen, Lächerlich machen, Bestreiten von Tatsachen, um das Versagen in der Klimapolitik zu kaschieren und um nur ja nicht zu handeln, denn es könnte ja die Wirtschaft beschädigen. Daß wir SO auf Dauer nicht weitermachen können, ist nun weiten Teilen der Jugendlichen klargeworden und die Reaktionen der etablierten Parteilen, denen die jungen Wähler abhanden gekommen sind, paßt in das bisherige Schema. Weiter so, dann profitieren die Grünen von der Wählergunst und es bewegt sich (hoffentlich) bald was in dieser Richtung. – Wolfgang Goerres

 

Das Interview bestätigt eindrucksvoll die These von Rezo, dass CDU-Politiker wie Herr Öttinger inkompetent sind. Da redet Herr Öttinger tatsächlich über das Rezo-Video, obwohl er es nur vom Hörensagen kennt. Findet er es nicht der Mühe wert, die Quelle des gegenwärtig wichtigsten Themas seiner Partei zu studieren, obwohl er darüber redet? Genauso wird Rezos These bestätigt, dass es die wichtigste CDU-Methode ist, ihre Gegner diffamieren, denn Herr Öttinger behauptet, ohne dieses geprüft zu haben, dass das Video ‚Halbwahrheiten und Fake-News‘ enthält. Ich habe ca. 50 der von Rezo angegebenen Quellen geprüft – und dies ist mein täglicher Job in der Wissenschaft. Die Güte von Rezos Quellen würde jeder wissenschaftlichen Arbeit zur Ehre gereichen. Sie ist selbst nach wissenschaftlichen Maßstäben beeindruckend.

Dank Rezo ist nun auch bewiesen, wie unchristlich die sogenannte C-DU ist. Ob es zwei, fünf oder 10 Plagen sind – geschenkt. Aber „du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten“ sollte man schon kennen. Herr Öttinger ist jetzt der sechste CDU-Politiker auf meiner (wenig intensiv recherchierten) Liste, der behauptet hat, dass das Video Fake-News enthält, ohne auch nur einen einzigen Nachweis zu bringen. Ein CDU-Politiker, der dies belegt hätte, ist mir dagegen nicht untergekommen. Damit lässt sich zeigen, dass mit 95-prozentiger Sicherheit mindestens 54% aller CDU-Politiker ihre Gegner diffamieren; genauso wahrscheinlich ist, dass dies 100% aller CDU-Politiker tun (wer’s nachrechnen will: Binomialtest). Wenn man es genauer eingrenzen will, müsste man die Stichprobe vergrößern und mehr Zeitung lesen und TV schauen und mitzählen, wie viele diffamieren und wie viele einen echten Beleg anführen. Übrigens: auch die Interviewer und DIE ZEIT haben sich nicht mit Ruhm bekleckert, als sie nicht widersprochen, nachgefragt oder kommentiert haben. Sie haben mit dieser laxen Interviewtechnik eine Unwahrheit abgesegnet und jeder kann sich jetzt darauf berufen. „Es stand ja in der Zeit, dass das Video Fake-News enthält“.
P.S.: in diesem Fall bestehe ich auf meinen akademischen Titeln, weil sie ausweisen, dass ich in der Lage bin, die Güte der Quellen zu prüfen. – Prof. Dr. Karl Auerswald

 

Wie kann es sein, dass Herr Oettinger bereits mit 14(!) Jahren einem Gemeinderat angehörte??? – Rainer Aichele

 

Das Interview mit Herrn Oettinger ist doch entlarvend, was die Problematik der CDU mit dem youtube-Klimaschutzdebakel angeht: Herr Oettinger kennt das Rezo-Video nur aus zweiter Hand und weist zugleich darauf hin, dass es ja teilweise Fake News sei, obwohl es gerade dieser Teil besagten Videos an Stichhaltigkeit nicht fehlen lässt. Dann wird die kommende Klimakrise noch als „eines von vielen Themen“ bezeichnet, als Teil der „westdeutschen Zeitgeistwelle“ – als ob es nicht die größte Herausforderung der kommenden Generation wäre, die weit mehr als die von Oettinger in den Vordergrund gerückten „Jobs, Jobs Jobs“ gefährdet. Zuletzt gibt es für Herrn Oettinger scheinbar keinen besonderen Handlungsbedarf, weil „globale Lösungen“ gefunden werden müssten. Wenn Deutschland beim Klimaschutz voranginge oder – Gott bewahre – sein Gewich in der EU für internationale Regelungen in die Waagschale würfe, würden die anderen doch nur darüber lachen. Dann lieber gar nichts tun? Darf man Herrn Oettinger daran erinnern, dass die Bundesrepublik bereits jetzt hinter den – globalen – Vereinbarungen des Pariser Abkommen hinterherhinkt? Es ist zum Heulen. Und wenn sich daran nichts ändert, erledigt sich die CDU damit selbst, zumindest als Volkspartei. Von der Politik erwarten wir Lösungen für Probleme, kein Gerede, dass die Probleme zu klein und zugleich zu groß sind. – Peter Löffelbein


 

Leserbriefe zu „Wie ich den Staat lieben lernte“ von Gero von Randow

Der Artikel von Herrn von Randow ist sicher nicht nur für jemanden wie mich, der derselben Generation angehört, interessant und diskussionswürdig. Beanstanden muss ich aber die Beschriftung des Fotos auf S. 11 rechts oben; abgesehen davon, dass darauf zweifellos Rudi Dutschke zu sehen ist, stimmt ansonsten nichts: Das Foto entstand nicht in Freiburg, nicht am 30. Januar 1968, und um eine Kundgebung handelte es sich auch nicht, wie man eigentlich schon an der Raumsituation erkennen kann. Vielmehr machte Robert Lebeck, den Sie zu Recht als Autor nennen, die Aufnahme am 9. April 1968 in der Karls-Universität zu Prag, wo Dutschke damals eine Gastvorlesung hielt, nachdem er sich schon seit Ende März in der Hauptstadt der damaligen Tschechoslowakei aufgehalten hatte. Das Foto war im vergangenen Jahr in der Robert Lebeck und dem Jahr 1968 gewidmeten Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg zu sehen, über die Sie vermutlich auch berichtet haben. Dort war auch ein Tonband-Mitschnitt des Vortrags zu hören, in dem Dutschke in seinem bekannten näselnden Prediger-Singsang in schier endlosen Sätzen über Kapitalismus und Sozialismus dozierte. Abgesehen davon, dass der Vorgang ein bezeichnendes Licht sowohl auf den „Prager Frühling“ als auch auf die Person Dutschke wirft, ist bedenkenswert, dass der Studentenführer nur zwei Tage später Opfer des Attentats auf dem Kurfürstendamm wurde.

Die „Kundgebung“ in Freiburg i. Br., die Sie im Blick hatten, fand nicht in einem Saal statt, sondern unter freiem Himmel, nämlich vor der Stadthalle auf dem alten Messplatz, in der vom 29. bis 31. Januar 1968 der durchaus historische FDP-Parteitag stattfand, auf dem u.a. Erich Mende von Walter Scheel als Vorsitzender abgelöst und viel über die Große Koalition einerseits, die Protestbewegung andererseits diskutiert wurde. Nicht am 30. Januar, wie Sie schreiben, sondern bereits am Nachmittag des ersten Sitzungstages, also des 29. Januar, kam es vor der Stadthalle zu einer Demonstration, weil die FDP eine zunächst beabsichtigte Diskussion mit Vertretern der Studenten im Saal abgesagt hatte. Professor Ralf Dahrendorf, damals intellektueller Kopf der Partei, ging aber hinaus auf den Platz und diskutierte dort vor etwa 2000 Zuhörern unter durchaus zivilisierten Umständen mit dem ebenfalls angereisten Rudi Dutschke; nach dem Eindruck vieler Beobachter schlug sich der Liberale dabei nicht schlecht. Auch von diesem Ereignis gibt es mehrere Fotos, die aber nicht Robert Lebeck gemacht hat. Ihre Dokumentation sollte sorgfältiger arbeiten und der Autor an der Bildauswahl beteiligt werden. Ich erwarte eine Richtigstellung, möglichst schon in der nächsten Ausgabe der ZEIT; bitte informieren Sie mich über den Erscheinungstermin. Und grüßen Sie Herrn von Randow von mir; ich würde mich freuen, auch von ihm eine Antwort zu bekommen. – Dr. Horst-Dieter Freiherr von Enzberg

 

Ihr „Entwicklungs-Essay“ ist eindrucksvoll, aber auch ein Beispiel dafür, wie die Erinnerung einem einen Streich spielen kann. Sie schreiben, dass im Bundestagswahlkampf 1966 Kurt Georg Kiesinger CDU-Spitzenkandidat war und dann Bundeskanzler wurde. Nach meiner Erinnerung (ich in Jahrgang 1946) – und bestätigt durch „Brockhaus – Chronik des 20.Jahrhunderts“ – war Kiesinger bei der Bundestagswahl am 28.9.1969 CDU-Spitzenkandidat (Slogen: „Auf den Kanzler kommt es an“), die CDU erhielt zwar die meisten Stimmen, aber dennoch wurde der SPD-Kandidat Willy Brandt mit Unterstützung der FDP Bundeskanzler. Bei der Bundestagswahl zuvor, am 19.9.1965 , war noch Ludwig Erhard (die „Wahlkampflokomotive“) gewählt worden. Wegen eines Haushaltsdefizits verließ die FDP gut ein Jahr später die Koalition, die Bonner Parteifreunde drängten Erhard zum Rücktritt, konnten sich aber intern nicht auf einen Nachfolger aus den eigenen Reihen einigen und holten daher Ministerpräsident Kiesinger aus der Provinz. Am 1.12.1966 wurde Kiesinger zum Bundeskanzler gewählt.

Ich hatte 1957 bis 1965 – beeinflusst durch das Umfeld – gedanklich immer für CDU gestimmt. 1965 hatten die Oberklassen vom Gymnasium in Petershagen/Weser – obwohl noch nicht wahlberechtigt – für eine Wahlkampfrede von Erhard in Minden frei bekommen. Ende 1966 durch das „Absägen“ von Erhard durch seine „eigenen Leute“ von der CDU enttäuscht, lernte ich die neuen Ideen der SPD (insbesondere von Prof. Schiller) schätzen, war aber entsetzt von dem „Schwafeln“ und Handeln der „Linken“. 1969, nun wahlberechigt, wählte ich „sozial-liberal“ (=Erststimme FDP, Zweitstimme SPD). Wenige Tage danach begann mein Studium in Göttingen. Dies bestärkte meine Abneigung gegen die Linken, die Argumentation, die vielen Handzettel am Mensa-Eingang, das wilde Plakatieren etc.. Aber auch den Verbindungen konnte ich nichts abgewinnen. Dies führte mich zur „Mitte“, zur FDP, 1976 vom Kreisvorsitzenden als Kandidat für die Kommunalwahl geworben, dann als Mitglied. In der Ostpolitik auf Seiten von Brandt, dann Schmidt, und gegen Barzel, Kohl, Strauß etc. , unterstützte ich den Schwenk der Landes-FDP zu Albrecht (in Niedersachsen), weil ich ihn für relativ liberal hielt. Als die Bundes-FDP sich dann von Schmidt (letztlich wegen der mangelnden Unterstützung durch die eigenen Parteigenossen) abwandte und Kohl zuwandte, war dies eine weitere Enttäuschung. Schließlich trat ich aus der Partei aus. Als Gerhard Schröder in Niedersachsen eine wenig linke Politik betrieb, wählte ich ihn auch im Bund, um endlich Kohl abzulösen. Die (Steuer-) Reformvorschläge der Kandidatin Angela Merkel in 2005 überzeugten mich nicht, wohl aber ihr Agieren in der Finanz- und später in der Flüchtlingskrise. So bin ich wieder bei der CDU gelandet (endgültig?). Sehr geehrter Herr von Randow, Ihre Artikel in der ZEIT habe ich immer mit Interesse gelesen, anfangs wohl auch, weil ich einen Autor der ZEIT gleichen Namens schätzte (ich bin seit 1971 Abonnent). Vielleicht ist Ihre Argumentation als ZEIT-Redakteur so überzeugend, weil Sie vorher vorher – aus meiner Sicht – einige Irrwege ausprobiert haben. Da ich auf einen Kleinbauernhof und nicht in eine „mittelschichtige Klassenlage“ geboren wurde, hatte ich schon ab meinem 5.Lebensjahr mit für das täglich Brot zu sorgen („Kinderarbeit“). Der Aufstieg zur Mitte wurde später mein Ziel. Vielleicht hatte ich einfach auch Glück, andere Lehrer (als Sie sie hatten) erlebt zu haben. Aber im dörflichen Milieu wurde die Wirtschafts-, insbesondere die Landwirtschaftspolitik der Nazis sehr positiv dargestellt. Insofern war damals CDU Mitte, nicht rechts. – Adolf Ronnenberg

 

Die Protagonisten irren schon wieder. Der Sozialismus ist die Gesinnung des Versagens. Manche Menschen lernen das nie. – Gunter Knauer

 

Die Erinnerungen meines ein Jahr jüngeren Zeitgenossen Gero von Randow an die Schulzeit in Hamburg kann ich nur bestätigen: Viele Lehrerinnen und Lehrer hatten ein verklemmtes Verhältnis zu ihrem Arbeitgeber. Im Geschichtsunterricht klaffte eine Lücke vom Untergang der Weimarer Republik bis zur Gründung der Bundesrepublik. Und auch in den Familien herrschte meist Schweigen über die braunen Jahre – die Generation meiner Großeltern siezte sich auf Familienfesten vor allem deshalb, weil alle genau wussten, dass ehemals überzeugte Nationalsozialisten mit ehemals „rassisch Verfolgten“ den Geburtstagkuchen teilen mussten und jede Auseinandesetzung mit der Vergangenheit in einem Eklat enden würde. – Dr. Wolfgang Ram


 

Leserbriefe zu „Eldorado unter Wasser“ von Tim Kalvelage und Jelka Lerche

Statt Bulldozer bzw. Planierraupen o.ä. als Kollektor zu benutzen, die großflächigen Schaden auf dem Meeresboden für Jahrzehnte verursachen, sollte es möglich sein Schreitroboter mit Greifarm einzusetzen, die die Manganknollen einzeln pflücken und zu Sammelstellen bringen. Von dort können sie an die Oberfläche verbracht werden. Wie das genau realisiert werden kann, komplizierte Technik in großer Tiefe, sollte genauer erforscht werden. – Thomas Miesel

 

Nach der Umweltbelastung durch Kohle und Öl rollt das nächste Rohstoff-Desaster auf uns zu: der Abraum von Mangan, Nickel und Cobalt bedeutet ein noch viel größerer Eingriff in die Natur. Bei einer Reise entlang der Ostküste der Philippinen vor 5 Jahren konnte ich die komplette Abholzung der Wälder und nacktbraune Berghänge besichtigen, durchzogen von schlammigen Zufahrtstraßen, auf denen reihenweise Schwerlade-Transporter dahinkrochen. Bei einem Halt an der öffentlichen Küstenstraße oberhalb einer kilometerlangen rostbraunen Meeresbucht, in die der Abraum-Schlamm floss, kam eine chinesische Patrouille auf uns zu mit der Frage, was wir hier machten, wir dürften hier nicht fotografieren. Weitere Kollateralschäden: Enteignung von Ureinwohnern, Zwangsumsiedlungen, Armut, Hunger und Krankheiten. Nutznießer: Politiker und Großkonzerne. Jedenfalls keine Politiker, die langfristig an ihr Land denken. Was soll ich dazu noch sagen. – Dr. Martin Grau

 

Ein Übel zieht das nächste Übel nach sich; nichts ist umsonst, alles kostet (s)einen Preis.

Irgendwann einmal, wird der letzte Diesel, der letzte Benziner seine klimaschädlichen Abgase in die Atmosphäere geblasen haben. Irgendwann einmal, wenn der letzte Rohstoff abgebaut und verarbeitet worden ist, dann wird der Mensch wohl endlich seine ambitionierten Umweltziele erreicht haben! – Klaus P. Jaworek

 

Als Sympathisant Ihrer Zeitung erhielt ich von einem Nachbarn diese Ausgabe mit dem Beitrag zu den Manganknollen (mit dem Schwerpunkt Kobalt) in den Tiefsee-Arealen der Weltozeane. Seit Mitte der 70er Jahre wird diese Thematik stets wiederkehrend in unterschiedlicher Qualität populärwissenschaftlich vorgestellt (in Ost und West). Auch dieser Artikel zu den Tiefsee-Trüffeln umfasst sachkundig in Text und Illustration die gesamte Prozesskette von der geologischen Prospektion bis zur komplizierten Verhüttung, ökologische und seerechtliche Fragen eingeschlossen.

Einen (kleinen) Kinken der Verfasser (Kalvelage & Lerche) – um im marinen Bild zu bleiben – gilt es jedoch zu korrigieren. Die Wassertiefen der Mangankollen-Entstehung liegen ozeanweit, von Becken zu Becken variierend, zwischen 4000 m und 6000 m. In diesen Tiefen wird biologisches Material aus Calciumkarbonat – physiko-chemisch und temperaturseitig bedingt – aufgelöst. Die Schalen von Muscheln – so eingangs im Text – (ihr Habitat liegt ohnehin nicht in diesen übergroßen Wassertiefen, sondern mehrheitlich auf den Weltschelfgebieten) bestehen aus Kalk und können nicht oder nur selten als Kernbildner von Manganknollen dienen. Als Kerne findet man in diesen sog. Karbonatlösungszonen im Mikrobereich von mm- bis cm-Größe anorganisches Gesteinsmaterial, überwiegend Basalt, vulkanisches Glas, auch umgewandelt in Palagonit, Quarzsplitter, aber auch nichtkalkiges organisches Substrat, wie Haizähne, Gehörknöchelchen von Walen (Otholithe) oder Skelette aus Opal von Strahlentierchen (Radiolarien). Auch Fragmente älterer Knollengenerationen stellen die Kerne der begehrten Knollen.
Dieser Leserbrief ist i. w. als Ergänzung gedacht, zu einem insgesamt ausgesprochen infomativen und zutreffenden Inhalt eines immer noch (oder wieder) spannenden und hochaktuellen Themas. – Prof. Dr. Johann Mrazek


 

Leserbriefe zu „Außen liederlich, innen liberal“ von Jan Ross

Jan Roß versucht, das politische Chamäleon Boris Johnson als jemanden zu verkaufen, der „ei­ne Mi­schung aus Ka­pi­ta­lis­mus und Tra­di­ti­on“ vertreten würde und ein ebenso gu­ter bri­ti­scher Pre­mier­mi­nis­ter werden könnte wie Winston Churchill. Doch Johnson ist die Gallionsfigur jenes Teils der Konservativen Partei, der das soziale Mitgefühl von David Cameron und Theresa May verachtete und stattdessen von einer Rückkehr zu der von Margaret Thatcher befreiten Marktwirtschaft träumt, staatliche Fürsorge weiter zurückstutzen und öffentliche Dienstleistungen den Gesetzen des Marktes unterwerfen will. Churchills Verständnis von Konservatismus ist das nicht. – Jürgen Thiede

 

Bin ich doch froh, dass endlich einmal ein seriöser Journalist eine Lobeshymne auf Boris Johnson hält. Zuvorderst hat er in seiner Zeit als Bürgermeister Londons ein beachtenswertes Buch mit dem Titel „72 Jungfrauen“ geschrieben, von dem es heißt „eine spannende und unterhaltsame Geschichte“. Schaut man in die damaligen Rezensionen der Frankfurter Allgemeinen und der Süddeutschen Zeitung, wird dieses Hochgefühl doch arg gelindert. Gott sei Dank werden einige seiner Peinlichkeiten aufgezählt, aber wie erwartet als besonders liebenswerte Charaktereigenschaften dargestellt. Dies gipfelt im „Hurra“, dass die derzeit heikle Politiksituation von Johnson mit seiner „provozierenden Unbeschwertheit“ und damit zur staatsmännischen Qualität führen kann.“Lustvolle Verstöße gegen jede politische Korrektheit“, Formulierungen, die jedem Leser das Herz öffnen.

Es fehlen leider noch die biografischen Hinweise auf den türkischen Urgroßvater und auf die über viele Ecken bestehende Verwandtschaft mit dem britischen Königshaus. Leider fehlen auch jegliche Aussagen zu der einzigartigen Lügenkampagne des Herrn Johnson, die maßgeblich, sehr maßgeblich zu der katastrophalen derzeitigen politischen Lage in Groß Britannien und damit in Europa geführt hat..Aber vielleicht ist der Artikel von Jan Ross nur eine Persiflage auf den immer noch in der Pupertät steckenden Protagonisten. – Ulrike Wolf

 

Nach der Lektüre des Artikels von Herrn Ross wundere ich mich, warum der „Vorzeigeliberale“ Boris Johnson noch nicht zum Ritter geschlagen wurde, wie es dem Johnson‘schen Helden Churchill 1953 widerfuhr. Mit seinen Lügen in bester Trump-Manier sowie der absurden „to get back control“-Kampagne hat Johnson wesentlich zu jenem Desaster beigetragen, in dem sich das ehemalige britische Imperium derzeit befindet. Nicht um das Wohl des Landes geht es ihm, sondern worum es allen Populisten geht: um die eigene Machtoption. Sollte Boris Johnson Theresa May nachfolgen und für einen vertragslosen Brexit anstelle des mit Herrn Barnier ausgehandelten fairen Deals eintreten, dann wird Schottland höchstwahrscheinlich das Vereinigte Königreich verlassen und aus Großbritannien würde „Klein“britannien. Ich hoffe, dass dieses Szenario im Mutterland der Demokratie nicht Wirklichkeit wird! – Jürgen Rohlfshagen

 

Donald Trump würde Boris Johnson sicherlich wählen, wenn er das in „UK“ nur dürfte! Aus „trump´scher Sicht“, könnte dieser äußerst blonde Typ, der größte Politiker der Insel werden. Vielleicht braucht „GB“ tatsächlich diesen Haudegen, um das Vereinigte Königreich, entweder aus dem Brexit-Sumpf herauszuziehen, oder mit „Mann, Frau und Maus“, endgültig und auf Nimmerwiedersehen, in diesem „englischen“ Sumpf zu versinken! – Klaus P. Jaworek


 

Leserbriefe zu „Es geht auch anders“ von Mark Schieritz

Es sollten vier Konzepte vorgestellt werden, um die Vermögen gleicher zu verteilen. Leider wurde kein einziges Konzept vorgestellt, außer das Bestehende aufrechtzuerhalten und eine Steuererleichterung einzuführen, die den Vermögenden zugute kommen würde. – Luca Sprick

 

Einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer in Deutschland steht zur Zeit auch der Umstand entgegen, daß man mit einigermaßen risikofreien Geldanlagen nur noch sehr niedrige Renditen erzielen kann. Als die Vermögenssteuer noch erhoben wurde (sie wurde erst 1997 abgeschafft), lag ihr Spitzensatz bei 1%, und mit risikoarmen Anlageformen konnten Renditen von 6% und mehr erwirtschaftet werden. Durch die Vermögens- steuer wurde so nur ein kleiner Teil des Kapitalertrags verzehrt, wes- halb sie nicht allzu sehr schmerzte. Heute dagegen würde auch ein nie- driger Vermögenssteuersatz unter dem Strich zu einer negativen Kapital- rendite führen, jedenfalls bei risikoarmer Anlage, und folglich die Be- troffenen ungleich stärker zwicken. – Michael Sölter

 

Erste Anmerkung: Ein „Bürgerfonds“ mit Aktien oder Unternehmensanteilen ließe sich meines Erachtens nicht nur über Kredite aufbauen, sondern teilweise auch dadurch, dass man Aktien- bzw. allgemein Unternehmensbesitz beim Vererben weder verkaufen muss noch von der Erbschaftssteuer freistellen lassen kann, sondern gemäß der Höhe der Erbschaftssteuer in den „Bürgerfonds“ überführt. Zweite Anmerkung: Das Ziel, Immobilienbesitz zu fördern, und zwar selbst genutzte Eigentumswohnungen oder das eigene, selbst genutzte Haus, beißt sich mit der Forderung vieler Politiker(innen) und Wirtschaftsvertreter(innen) nach größerer Mobilitätsbereitschaft der Arbeitnehmer(innen). Drittens: Noch wichtiger als die Besitzverhältnisse bei einem Unternehmen scheint mir die Frage zu sein, wer die Aktivitäten des Unternehmens im Sinne einer ausreichenden Berücksichtigung des Gemeinwohls kontrolliert. – Dr. Ulrich Willmes


 

Leserbriefe zu „Schutzlose Artenschützer“ von Win Schumacher

Wieder so ein Dritte Welt-Bericht des wir sind die Guten dort die Umweltzerstörer. Afrika ist auch unsere Umwelt! Eine Umwelt, die wir betreten wie einen Zoo, ohne dort Eintritt zu bezahlen. Dessen Erhalt auf deren Kosten wir fordern, mit moralischen Vorwürfen und Besserwisserei die Zerstörung anprangern, ohne auch nur einen Hauch der uns verfügbaren Mitteln dafür „opfern“ zu wollen, für deren Welt, die sicher auch unsere Umwelt ist. Mit Brunnenbau, Klappstühlen für Schulen und erhobenen Zeigerfinger alberne Zeichen setzen und zeigen, wie sie es machen sollen, diese „dummen“ Leute. Solange die reiche Industriewelt es sich auch auf deren Kosten gut gehen lässt und nicht bereit ist, für den Nutzungsausfall der von uns geforderten „lasst die Regenwälder in Ruhe“ Geld und zwar in vielen Milliarden anstatt diese Klecker-Millionen, auf den Tisch zu legen, wird sich gar nichts ändern und sollten wir einfach den Mund halten und uns auch solche Berichte ersparen. – Dr. Bernhard Jung

 

Der Artikel ist – einfach ärgerlich. Statt die Gelegenheit zu ergreifen, sauber recherchiert das Für und Wider eines hoch kontroversen großen Wasserkraftwerks darzulegen, wird nur ein einzelner Aspekt – der Artenschutz – betrachtet. Informationen zum Wasserkraftwerk Selous (außer der Kapazität von 2,1 GW) fehlen fast völlig: Allen voran die Bedeutung für die gesicherte Energieversorgung und soziale Entwicklung Tansanias. Was sind die Alternativen für dies (ressourcen)arme Land? Kann die von Deutschland geförderte dezentrale Wind- und Solarkraft wirklich ein großes Wasserkraftwerk ersetzen? Ist das Vorhaben wirtschaftlich? Erst mit dieser Analyse lassen sich Eingriffe in die Natur, die solch ein Staudamm mit sich bringt, beurteilen. (Sind drei Prozent Landverbrauch im Schutzgebiet nun viel oder wenig?). Das teilweise veröffentlichte positive Umweltgutachten für die UNESCO wird erwähnt aber nicht näher ausgeführt; hat es sie überzeugt? Hinsichtlich akuter Bedrohung einzelner Arten durch den Staudamm bleibt der Artikel bemerkenswert feuilletonistisch, vage und unpräzise. Stattdessen wird generalisierend auf Erfahrungen in Europa und den USA verwiesen, wonach „der Bau von Staudämmen schwerwiegende Konsequenzen für ein Ökosystem“ habe. Heißt das, dass man sich grundsätzlich von dieser Art regenerativer Energieprojekte verabschieden soll? Was sind die Alternativen? – Peter Brinkmann

 

Der Mensch, der braucht einfach das Artensterben; und das Wasser, das braucht einfach den künstlichen Megastaudamm, um sich dadrinnen ganz kunstvoll sammeln zu können! – Riggi Schwarz


 

Leserbriefe zu „Die Sehnsucht nach Restauration“ von Adam Soboczynski

Die Intellektuellen sind schon eine besondere Fraktion. Die streiten ständig um Kaisersbart. Ich bin in Loschwitz aufgewachsen. Ich erinnere mich nur an die Zeit wo wir auf den Elbwiesen, Nähe Buchladen, Fußball gekickt haben. Ihr Autor gefällt mir, weil er einen unaufgeregten Blick auf die Welt. Und zur Sache sei gesagt: Uwe Tellkamp hat für mich den besseren Blick auf die ehemalige DDR. Vor allen Dingen dann, wenn der eigene Vater ins Gefängnis musste, wegen nichts. Er wollte nur keine politischen Schulungen in seinem Betrieb veranstalten. Er wurde von seinen eigenen Leuten verpetzt. – Gunter Knauer

 

Natürlich gibt es nur Rechtspopulisten. Welch eine selbstgerechte Torheit. Herr Soboczyinski macht aus seinem Herzen keinen Tresor, wenn er anmerkt, dass wir – also er – glaubt in einer „neuen, grünen und ziemlich freundlichen Welt “ zu leben. Was ist das für eine unglaubliche Meinungsmache, nach der jeder sich sofort ertappt fühlen muß, wenn er das Gegenteil empfindet, nämlich in einer ideologisch überformten links/grünen Meinungsvorherrschaft leben zu müssen, der er kaum mehr entrinnen kann, und die er eben nicht als „ziemlich freundlich“ empfindet ? Unter „liberal“ verstehe ich jedenfalls etwas anderes, oder hat die „Zeit“ den Seitenwechsel bereits vollzogen ? – Thomas Schröder

 

„Kaum jemand erklärt die Umbrüche unserer Zeit so glänzend wie die Soziologin Cornelia Koppetsch.“ So leitet DIE ZEIT ihre Besprechung des neuen Buches der Autorin ein, anknüpfend an deren bisherige Sehweise: „Man steckt das eigene Kind in die ethnisch homogene Privatschule und erhebt sich bebend gegen Rechtspopulisten.“ Erst vor kurzem zitierte DER SPIEGEL Frau Koppetsch mit dem Satz: „Und natürlich ist es eine Form von Rassismus, wenn man das eigene Kind nicht in einer Schule mit zahlreichen Migranten wissen will.“ (Heft 20 vom 11.05.2019, S. 40/41). Damit fordert Frau Koppetsch Widerspruch und Empörung heraus. Migrantenkinder sind nicht notwendig Kinder einer anderen Rasse. Deshalb fehlt es in Bezug auf Schulkinder derselben Rasse schon an der ethnischen Voraussetzung dafür, ihre Eltern unter den Generalverdacht des Rassismus‘ zu stellen, unabhängig von der grundsätzlichen Unzulässigkeit des Generalverdachts. Aber es ist eine Tatsache, dass ein hoher Migrantenanteil aus unterschiedlichen Kulturen und mit unterschiedlichen Muttersprachen für Lehrkräfte und Kinder (von diesen sind manchmal nur 20 % deutschsprachig) eine große Herausforderung in Schulklassen ist, für die die Schulträger nicht genügend qualifiziertes Personal bereitgestellt haben. Wem es unter diesen Umständen nur um eine solide Schulbildung seines eigenen Kindes in einer Privatschule geht, die keineswegs „ethnisch homogen“ sein muss, handelt nicht aus rassistischer Gesinnung, sondern im Interesse des Kindeswohls. In diesem Sinne fürsorgliche Eltern öffentlich als potentiell heuchelnde Rassisten zu verunglimpfen, ist kein Glanzlicht in der Soziologie, sondern unwissenschaftlich, irreführend und beleidigend. – Werner Naujoks


 

Leserbriefe zum Titelthema „Ist Grün jetzt die Hoffnung“

Durch den kampagnenartigen Hype um Klima-Greta, rein zufällig wenige Monate vor der EU-Wahl, wurde von der sehr viel größeren Gefahr der anhaltenden und ungebremsten Zuwanderung aus islamischen Staaten in ein immer noch argloses Europa erfolgreich abgelenkt. Diese von EU und UNO forcierte anstatt kontrollierte Einwanderung wird in fast ganz Europa das Lebensumfeld künftiger Generationen sehr viel negativer und nachhaltiger beeinflussen als der Klimawandel. Die Grünen verdanken Greta ihren Siegeszug und auch deren Mentor George Soros wird seine Freude haben. Am Klimawandel als Folge und nicht Ursache einer durch erhöhte Sonnenaktivität bedingten Erderwärmung werden auch die Grünen nichts ändern können. An der Islamisierung wollen sie nichts ändern. Nur Deutschland wird sich bis zur Unkenntlichkeit verändern. – Eva Maria Griese

 

Ich setze meine Hoffnung in meinen “ Schöpfergott der Bibel „. In der Gründerphase der Grünen war ich damals als junger Idealist mit dabei. Und das “ Umweltthema “ musste dringend auf die Agenda. Doch machen wir uns nichts vor. Die heutigen Grünen hetzen gegen die demokratische AfD und sind bei den Themen “ Naher Osten “ , der Inneren Sicherheit und einem sozialverträglichen technischen Fortschritt bis auf weiteres völlig inkompetent. Als “ bekennender Christ mit jüdischen Wurzeln “ stelle ich leider bei den Grünen auch eine immer zunehmende Abkehr von den absolut wertvoll und befreienden “ christlichen Werten “ fest . – Erwin Chudaska


 

Leserbriefe zu „Manchmal ist Gewalt zwingend“ von Evelyn Finger

Vielen Dank für das interessante Interview über Pazifismus und staatliche Gewalt aus der Sicht eines Militärbischofs. Zweitausend Jahre lang wurde im Christentum über solche Fragen nachgedacht und diskutiert und nach Lösungen eines menschlich schier unlösbaren Konflikts gesucht: Einerseits trat Jesus, der Sohn des Allmächtigen Gottes, bei seinem Aufenthalt auf dieser Erde als Mensch eindeutig als gewaltfreier Friedensbringer auf. Andererseits bestand angesichts der tatsächlich herrschenden Gewalt auch die Notwendigkeit, andere am Töten zu hindern. Die Christen selbst werden in der Bibel aufgefordert, Nächsten- und sogar Feindesliebe zu üben und eher selber zu leiden als das Leid anderer zu verursachen, was sie auch Hunderte von Jahren während der Christenverfolgungen im Römischen Reich getan haben.

Doch schon im Römerbrief wird auf ein staatliches Gewaltmonopol verwiesen, um Unrecht und illegale Gewalt einzuschränken. Letztendlich wird aber betont, dass Gott der oberste Richter ist. Miroslav Wolf, ein aus Kroatien stammender Theologe an der Yale-Universität, sagte einmal: „Die einzige Möglichkeit, jeden Einsatz von Gewalt durch uns Menschen zu ächten, besteht darin, darauf zu bestehen, dass Gewalt nur dann legitim ist, wenn sie von Gott kommt.“ Er war überzeugt, dass praktizierte Gewaltlosigkeit den Glauben an die Vergeltung durch Gott voraussetze und der Nichtglaube an einen Gott der Vergeltung der geheime Nährboden für Gewalt sei. Czeslaw Milosz, polnischer Dichter und Nobelpreisträger, wies in seinem Essay „Der dezente Zauber des Nihilismus“ darauf hin, dass „echtes Opium für das Volk darin bestehe, sich einzureden, dass unser Verrat, unsere Gier, Feigheit und Morde keinen Richter finden werden.“ Der Glaube an Gottes Gericht sei geradezu eine notwendige Vorbedingung für ein Leben der Liebe und des Friedens. In dieser Spannung leben Christen. Sie haben wesentliche Motive, als Nachfolger eines Gottes, der sich in menschlicher Gestalt für die Schuld der Menschen selbst geopfert hat, bedingungslose Liebe zu üben und gleichzeitig für Wahrheit und Gerechtigkeit einzutreten und legitimierte staatliche Gewalt zum Schutz der Schutzlosen zu unterstützen. Die christliche Weltsicht hat das Ziel, durch Schulderkenntnis und Vergebung, zunächst den inneren Frieden mit Gott und den Menschen und mit sich selbst zu erfahren, der gleichzeitig und allmählich in einem dauerhaften Prozess nach außen seine Wirkung zeigt. – Gerhard Jahnke

 

In dem nuancenreichen Interview bezieht sich Militärbischof Rink auf das Diktum des ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, EKD, Bischof Wolfgang Huber: „Das Gebot ‚Du sollst nicht töten‘ beinhaltet auch das Gebot ‚Du sollst nicht töten lassen‘.“ Es wird im Zusammenhang mit der Schutzverantwortung, Responsibility to protect erwähnt, friedensethisch auch bekannt unter dem Thema Nothilfe. Das Wort von Bischof Huber ist in mindestens vier Hinsichten unterbestimmt:
1. Wenn es stimmt, dass es heißt, ‚du sollst nicht töten lassen‘, dann gilt das auch für jeden, der dieses sagt, d. h. dass er nicht andere für sich töten lässt. Dann erwarte ich von demjenigen, der das sagt, dass er oder sie selbst die Waffe in die Hand nimmt und nicht andere für sich das tun lässt.
2. Hält das Wort der Überprüfung stand, wenn es auf sich selbst angewendet wird? Person A wird von Person B lebensgefährlich bedroht. Es besteht, so Sigurd Rink, „die Pflicht, Menschen zu schützen.“ Unter Androhung von Gewalt wird B von C bedroht. Nicht nur A, sondern auch B muss jetzt um sein Leben fürchten. Da die Pflicht besteht, Menschen zu schützen, ist es also Aufgabe eines Vierten, D, B vor dem Angriff von C zu schützen. Das kann ins Unendliche fortgesetzt werden, erweist sich also als unvernünftig.
3. Die Erweiterung des Fünften Gebotes „Du sollst nicht töten“ um den Passus, „du sollst nicht töten lassen“ stimmt nur dann mit dem Tötungsverbot überein, wenn zum Schutz von bedrohten Personen nicht zur tötenden Gewalt gegriffen wird. Dass also ausschließlich mit gewaltfreien Methoden und Mitteln Menschen geschützt und andere nicht getötet werden. Dies gilt es einzuüben und auszuweiten.
4. Der Militärbischof führt dieses Diktum zum besseren Verständnis für Einsätze der Bundeswehr an. Fand eine Überprüfung der Einsätze der Bundeswehr und ihrer Ausbildung und Ausrüstung statt, inwieweit sie solcher Nothilfe dienten und dienen? In welchem Sinn ist dann die nukleare Teilhabe Deutschlands innerhalb der NATO zu verstehen, dass deutsche Piloten den Abwurf von Atomwaffen der Vereinigten Staaten von Amerika üben? Findet diese Überprüfung nicht in der Öffentlichkeit statt, kommt das Wort Hubers in dieser Verwendung einer Ideologie nah, das Behauptete tritt an die Stelle des Faktischen.

Das Interview wirft – wie die jüngste Veröffentlichung des Militärdekans Hartwig von Schubert, Pflugscharen und Schwerter, Leipzig 2018 – die Frage auf: Sind Militärseelsorgerinnen und Militärseelsorger Vertreter der Kirche in der Armee und rufen dort zur Umkehr auf oder sind die Vertreter der Armee in der Kirche und legitimieren hier tötende Gewalt? Friedenstheologisch wirft das Gewaltmonopol des Staates, sofern ein Staat auch das Recht für sich beansprucht über Leben und Tod anderer bestimmen zu wollen, die Gottesfrage auf. Für die Gewalt nach innen haben europäische Staaten inzwischen das Monopol über tötende Gewalt abgelegt, indem die Todesstrafe abgeschafft wurde. Für die Gewalt nach außen wird dieses Recht weiterhin in Anspruch genommen. Damit aber kleidet sich der Staat in ein religiöses Gewand, indem er für sich ein Recht beansprucht, dass ihm nicht zusteht und verwandelt sich in einen Götzen. Wenn Zwangsmittel angewandt werden, dann nur unter dem Vorbehalt der Vorläufigkeit, das Töten von Menschen aber schafft Endgültigkeit. Die christliche Eschatologie ermahnt Vorläufiges nicht mit Endgültigem zu vertauschen, sonst macht sich der Abgott zum Gott und erhebt sich über das Erste Gebot. – Matthias-W. Engelke


 

Leserbriefe zu „Gottes Werk und AKKs Beitrag“ von Peter Dausend

  1. Mose 7,14ff erzählt zwar von zehn Plagen , aber auch in Psalm 105, 28ff kommen die ägyptischen Plagen vor. Hier werden die folgenden, auch bei Mose vorkommenden Plagen aufgeführt: Finsternis, Wasser wird zu Blut, Frösche, Stechmücken und – fliegen, Hagel, Heuschrecken, Tod aller Erstgeborenen. Und aus den zehn werden – sieben. Wenn AKK dann von den „sieben Plagen, die es damals in Ägypten gab“ spricht, was ist daran so falsch? Wenn jetzt Heerscharen von Journalisten Hohn und Spott über sie ausgießen, wissen sie denn nicht – anders als vielleicht AKK -,dass auch die Psalmen zur Bibel gehören? Nix für ungut, Herr Dausend. Wenn auch nicht ganz ausrecherchiert, witzig ist Ihr Beitrag allemal. – Bernd Link

 

Den Aussagen von Herrn Dausend muss ich in einem Punkt klar widersprechen. Natürlich gibt es ein 11. Gebot. Allerdings gilt es nur für Tennisspieler und steht auf der Rückseite der zweiten Tafel. Das untenstehende Kürzel bwT wird meist übersehen. Es lautet: Du sollst deine Rückhand nicht umlaufen. – Reinhard Fabis


 

Leserbriefe zu „Einen Schritt weiter“ von Verena Friederike Hasel

Der Artikel über die Familientrennung hat mich sehr berührt und an mein eigenes Schicksal vor 11 Jahren erinnert. Nachdem ich, von der außerehelichen Beziehung meines Mannes erfahren habe und den Schmerz, die Trauer und die Enttäuschung danach in einer schweren Zeit nach vielen Monaten

überwunden habe und nun mit meinem Mann ein sehr gutes, freundschaftliches Verhältnis habe, sind wir gleichermaßen für unsere mittlerweile erwachsenen Kinder da. Das geht nur, weil wir uns noch verbunden fühlen und uns das Wohl unserer Kinder wichtig ist. Somit haben wir es geschafft, dass den Kindern eine Wochenendpendelei erspart blieb, die Familienfeste zusammen und harmonisch gefeiert wurden und gemeinsame Urlaube stattfanden. Das ist nicht selbstverständlich, aber ich bin froh, den Kindern über die Jahre eine neue Art von Familienleben zu bieten und das macht die Kinder glücklich. Es war nicht einfach, ich habe viele Tage unter Eifersucht und Schmerz gelitten – aber das Durchhalten hat sich gelohnt! Ich hätte mir meine Familienleben anders vorgestellt, aber wie heißt es so schön: Jammere nicht über Dinge die Du nicht beeinflussen kann, sondern mach das Beste aus deinem Schicksal und es wir wieder Gutes zu Dir kommen! – Ein/e Leser/in

 

Vielen Dank für diesen schönen Artikel! Wenn nur öfter zu lesen wäre, dass für Kinder eine Trennung nicht nur schädlich sein muss. Schädlich bei einer Trennung ist Streit der Eltern – oftmals noch massiv gefördert durch Gerichte und Ämter. Warum muss man bei Streitigkeiten der Eltern heute immer vor Gericht und dort zum Teil monatelang auf Entscheidungen warten? Ja, der Ersttermin muss 6 Wochen nach Antragsstellung stattfinden, aber danach zieht es sich oft ewig hin – bis die Fronten völlig verhärtet sind. Warum sind Verfahrensbeistände so schlecht ausgebildet, dass sie in der Regel noch Öl ins Feuer gießen? Warum müssen vor Gericht Kinder befragt werden – erst vom Verfahrensbeistand, dann vom Jugendamt, dann vom Richter – damit wird Kindern eine Verantwortung aufgebürdet, die sie so nicht tragen können. Und damit wird Kindesmanipulation Tür und Tor geöffnet. Warum dürfen viele Väter an der Erziehung ihrer Kinder nur noch teilhaben, wenn es die Mutter erlaubt? Es gibt unzählige Fälle, wo Frauen den Kindern den Kontakt zum Vater verbieten – Facebook ist voll davon (wenn die Männer dort auch oft sehr frustriert sind), auch wenn der Vater ein inniges Verhältnis zu den Kindern hatte. Manchmal kommt es sogar zu PAS, einer völligen Entfremdung mit verheerenden Auswirkungen auf die Kinder.

Nein, aus meiner Sicht müsste a) das Cochemer Modell in jedem Gerichtssal verpflichtend sein und b) während des Trennungsjahres eine Mediation verpflichtend sein. c) sollte das Wechselmodell die Regel sein – es sei denn, die Eltern einigen sich auf etwas anderes. Damit sind Eltern nämlich gleichberechtigt, damit wird sich auch was an der beruflichen Gleichstellung der Frau verbessern und damit lassen sich Konflikte auf Augenhöhe lösen. Ich bin mir sehr sicher, dass es Kindern damit besser ginge – und aus Trennungskindern keine emotionalen Krücken werden. – Ramona Scherrer


 

Leserbriefe zu „Über ein umstrittenes Bauvorhaben und Berlin als Welthauptstadt der Langsamkeit“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Seit über zehn Jahren bin ich Abonnent der ZEIT. In diesen Jahren habe ich mich oft gefreut über tolle, profunde Artikel und Reportagen, habe mich an Meinungen gerieben und auch über den einen oder anderen Fehlgriff geärgert. Doch ob ich nun zustimmend, lernend oder eher ablehnend einem Artikel gegenüberstehe, in all den Fällen ist m.E. ein Qualitätsmerkmal der ZEIT neben ihrer Vielstimmigkeit zweifelsohne ihre Sprache, das geschriebene Wort und das Ringen um den richtigen Ausdruck, den richtigen Ton, um ein Phänomen, ein Sachverhalt möglichst adäquat, komplex und transparent darzustellen, sowie das Wissen um die Verantwortung, die damit einhergeht. Dass nun eine Kolumne etwas anderen sprachlichen und argumentativen „Regeln“ folgt, ist in hiesigen Gefilden eine Selbstverständlichkeit und macht den Reiz dieser Textgattung ja auch aus. Dass Ihr Kolumnist H. Martenstein sich seit vielen Monaten hinter Polemik und Sarkasmus verschanzt, sich dem ernsthaften Austausch verweigert und dabei geflissentlich seine machtvolle Position ausnutzt, ist zwar zweifelsohne sein gutes Recht, aber ist ärgerlich, macht ihn und seine Kolumne uninteressant und ist bedauerlich wegen des prominenten und auf diese Weise verlorenen Platzes. Doch ist mit der aktuellen Kolumne im ZEITmagazin Nr. 23 vom 29. Mai 2019 (S. 6) ein Tiefpunkt erreicht, an dem Sie sich als ZEITmagazin (und damit ja als Teil der „Qualitätszeitung“ ZEIT) fragen sollten, ob Sie dahinterstehen können, und wenn das kein gültiges Kriterium ist, weil es ja die Kolumne eines „freien Geistes“ ist, ob Sie dieser gesellschaftlichen Verrohung, die H. Martenstein zweifelsohne betreibt, weiter Raum geben wollen. Von einem Platz, an dem Menschen leben – Menschen wie Martenstein, nur dass sie i.d.R. weniger privilegiert sind als dieser und weniger weiß – zu sagen, „ein Flächenbombardement würde es aufwerten“, ist an Verachtung und geistig-sprachlicher Verrohung kaum mehr zu überbieten. Es ist weder „witzig“ noch „spitz formuliert“, weder „scharfsinnig“ noch irgendwie „kritisch“, es ist verachtend, ignorant, verrohend, dumm und gefährlich. Zu Recht weist auch DIE ZEIT immer wieder daraufhin, wie der öffentliche Diskurs sich in den letzten Jahren verschoben hat, wie er „rauer“ geworden ist, wie Dinge öffentlich sagbar und salonfähig wurden, die vormals nur am sagenumwobenen Stammtisch vermutet wurden.

Und nun steht in Ihrer Zeitung ernsthaft, ein „Flächenbombardement würde“ einen Platz „aufwerten“, an dem Menschen leben. Doch H. Martenstein denkt ja nicht nur laut über den Einsatz von Kriegsmaschinen gegen Menschen zu Zwecken ihrer Verdrängung nach, auch die von diesen Menschen betriebenen Gewerbe seien ob ihrer vermeintlichen ästhetischen Wertlosigkeit gleich mitzubeseitigen. Und als wäre das Propagieren von Bomben und Be- wie Verurteilen von Gewerbetypen nicht bereits ausreichend, um seiner Verachtung Ausdruck zu verleihen, fabuliert H. Martenstein noch über umzusiedelnde „Ratten“. Mag dieser Satz auch – anders als die vorhergehenden – mehrdeutig sein, so legt er doch eine Lesart nah, nämlich Menschen und Ratten gleichzusetzen. Denn H. Martenstein gibt ja selbst zu verstehen, unweit des Platzes zu leben, weshalb er wissen wird, dass auf diesem Platz Wohnungslose und Strauchelnde leben. Und allein dass eine Lesart nahe liegt, die Menschen mit Ratten gleichsetzt, sollte den Autoren für diese Zeitung disqualifizieren. Ich bin ehrlich entsetzt und hege die leise Hoffnung, diese Zeilen H. Martensteins mögen in der ZEIT (auch in gedruckter Form) nicht unwidersprochen bleiben und vielleicht auch die letzten in diesem Ihrem Format sein. – Christoph T. Burmeister

 

Vorausschicken möchte ich, dass ich noch nie einen Leserbrief geschrieben habe und dass ich die Kolumne von Harald Martenstein seit Jahren maximal überfliege, weil sie inzwischen eine immer populistischere politische Richtung einnimmt. Die Kolumne im Zeit Magazin Nr. 23 vom 29.05.2019 habe ich ausnahmsweise durchgelesen, da sie sich mit meinem unmittelbaren Wohnumfeld befasst. Ich will nicht mit Herrn Martenstein darüber streiten, ob der Hermannplatz der hässlichste Platz in Berlin ist, ob nur Ratten auf diesem Platz leben und ob man Ratten leicht umsiedeln könnte. Aber sein Statement „Selbst ein Flächenbombardement würde es (dieses Umfeld) aufwerten.“ geht entschieden zu weit und darf in einer Zeitung mit Ihrem Anspruch nicht stehen.Seine Aussage ist in ihrer Menschenverachtung fast mit dem berühmt berüchtigten „Vogelschiss in der deutschen Geschichte“ von Herrn Gauland zu vergleichen. Als nahezu tägliche Nutzerin des Hermannplatzes und als „Fachfrau“ kann ich die Anforderung des Stadtbaurats von Kreuzberg-Friedrichshain, die sozialpolitischen Folgen eines Abrisses des Karstadtgebäudes und seiner aufwändigen Rekonstruktion gut nachvollziehen, denn der Hermannplatz erfüllt mit seinem Umfeld heute sehr gut die vielfältigen Bedürfnisse seiner heterogenen Anwohner und Besucher. – Inken Baller


 

Leserbriefe zu „Ohne Kohle geht’s auch“ von Andreas Molitor

Nicht sehr wichtig, nur ein Hinweis, daß die Grafik-Karte nicht vollständig ist. Das Gelände des ehem. KRUPP Hüttenwerkes in Rheinhausen, heute LOGPORT I liegt linksrheinisch , an einem Rheinbogen, südlich dem eigentlichen „alten“ Hafen auf der rechten Rheinseite. Ich kann sonst dem Report voll zustimmen. Die Firma in der ich arbeitete, NYK Nippon Yusen Kaisha ( die größte japanische Schiffahrtslinie ) hatte ihre Speditionsabteilung mit großem Lagerhaus mit als einer der ersten Mieter seit dem Jahr 2000 auf dem Gelände in Betrieb. Ich habe bis zu meiner Pensionierung 14 Jahre auf dem Gelände die Entstehung des Logistikzentrums, Schritt für Schritt, beobachten können. Richtig ist auch, daß Herr Staake eine ausgezeichnete Publicity für „seinen“ DUISPORT macht. Er war oder er ist in großen überregionalen Zeitungen und selbst im kleinsten Lokalblättchen mit seinem optimistischen Lächeln und entsprechenden Beiträgen regelmäßig vertreten. – Hartmut Wagener

 

Die „Erfolgsgeschichte“ des Duisburger Hafens hat auch den großen von der Natur gegebenen Standortvorteil an der wichtigen „Rhein-Schiene“ mit guten Verbindungen zu allen Verkehrswegen in jede Richtung in einem bedeutenden Wirtschaftraum. Das schmälert die Leistung von Herrn Staake nicht, erklärt aber, dass das gleiche Modell nicht zwingend woanders funktionieren muss. – Prof. emer. Dr. Wolfgang Ströbele


 

Leserbriefe zu „Die Besucherin“ von Sonja Hartwig

Der Artikel stimmt. Die Beschreibung spiegelt die Wirklichkeit. Der Takt bleibt gewahrt. Nicht aufgedeckt wird, daß alles völlig verantwortungslos geschieht und damit inhuman, im wahren Wortsinn unmenschlich. Der MdK entscheidet nie, entscheidet nichts, er berät nur die Krankenkassen. Sr. Birgit wird den verwirrten alten Mann nie mehr sehen, wird nie Antwort geben müssen, wenn ein Kranker etwa infolge einer Fehlbeurteilung vermeidbar leidet, wenn die Pflegenden ausbrennen, da der Hilfsbedarf zu niedrig angesetzt worden ist. Sr. Birgit erlebt nie, was sie erreicht hat, was sie angerichtet. Sie flieht in ‚Psychohygiene‘, ein Verhalten, ein Verfahren, das wir aus den dunkelsten Zeiten deutschen medizinischen Begutachtens kennen. Mancher meiner Kranken hat unter dem MdK gelitten, ihr Hausarzt, Humanmediziner, mit. Der Fehler steckt im System. – Dr. Thomas Lohmann

 

Dass im Zuge der Konzertierten Aktion Pflege nun auch in der Der Zeit vermehrt Artikel zum Thema „Pflege“ erscheinen, begrüße ich sehr. Vermutlich lese ich diese kritischer als nicht „vorgeprägte“ Leserinnen und Leser und entdecke so tatsächlich auch in fast jedem Artikel etwas, das ich „schwierig“ finde. Dies behalte ich dann jedoch zumeist für mich, da es sich zumeist um die „Stimmung“ eines Berichtes handelt und die ist ja – sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen – subjektiv geprägt. Wenn jedoch etwas faktisch Falsches geschrieben wird, muss dies meiner Ansicht nach angesprochen werden. In der aktuellen Ausgabe der Zeit S. 53 (Z) wird über Birgit Gelse berichtet. In der „Unterüberschrift“ (ich kenne den Fachbegriff nicht, weiß aber, dass es dafür einen gibt :-) steht „… Von ihrem Urteil hängt ab, wie viel Pflegegeld die Krankenkasse …“. Das dies sachlich nicht ganz genau ist: geschenkt.

Was aber gar nicht geht: Die PFLEGEkasse zahlt das Pflegegeld, nicht die Krankenkasse. Es gibt den Unterschied zwischen Pflege- und Krankenkasse nun einmal und auch wenn es den Pflegebedürftigen vermutlich „egal“ ist , wo das Geld herkommt, so finde ich es doch angemessen, dass der Leserschaft der Zeit der Sachverhalt richtig dargestellt wird (Zumal sich viele Pflegeberaterinnen etc. sich seit Jahren bemühen, Bürgerinnen und Bürgern diesen Unterschied deutlich zu machen. Dies wird erschwert, wenn selbst ein „intellektuelles“ Medium wie die Zeit „dagegenarbeitet“). Bitte zukünftig auf solche Feinheiten achten. – Martin Schieron


 

Leserbriefe zu „»Es geht ans Eingemachte«“ von Peter Kümmel

David Schalko soll lieber auswandern. Aber wohin? Der Mann wird keinen Frieden finden. In anderen Ländern wird er noch mehr mit Sorgen zu kämpfen haben. Die Schauspieler und andere Film- und Theaterleute haben eine moralische Sichtweise, die mit Politik wenig zu tun hat. Das hat Thomas Mann schon gesagt. David Schalko sollte lieber in seinem Beruf gute Arbeit abliefern, von Politik hat er wenig Ahnung. – Gunter Knauer

 

Fas Gespräch mit David Schalko über die österreichische Intrigenmentalität gewährt einen tiefen und beängstigenden Blick in die politische Seelenlandschaft unserer kulturell so sympathisch kraftvoll und bunt aufspielenden Nachbarn (gekoppelt natürlich an die bange Frage nach den latenten hiesigen Verhältnissen). Ein Glück, dass den Straches und wie sie heißen mögen beherzte Menschen wie David Schalko, Elfriede Jelinek und Robert Menasse gegenüberstehen; schade nur, dass Thomas Bernhard nicht mehr lebt! – Ludwig Engstler-Barocco


 

Leserbriefe zu „Torten der Wahrheit“ von Katja Berlin

In der im Betreff genannten Ausgabe gibt es von Katja Berlin die Torten der Wahrheit. Gibt es dafür eine Quellenangabe oder woher stammen die Angaben? – Peter Weidmann

 

In der Ausgabe stellen sich mir zu der genannten Grafik verschiedene Fragen, z. B.:
1. Welche Mengen stehen hinter den Tortensegmenten ?
2. Wer hat diese erfasst, bzw. von wem stammen die Daten?
3. Ist für die Grafik eine Quellenangabe möglich?
Gerne höre ich von ihnen. Weiterhin den Macherrinnen und Machern der ZEIT viel Erfolg.
PS: Wenn diese Grafik stimmt, würde die wöchentliche Demonstration der Schüler/innen einige Fragen aufwerfen. – Bernd M. Abel


 

Leserbriefe zu „»Gezatter«“ von Martin Bärenz

Auch mein Vater, Jahrgang 2005, geborener und lange gelebter Berliner wandte sich mit Widerwillen, und unter verächtlicher Verwendung eben des Wortes „GEZATTER“ab, wenn es bei uns Fleischliches gab, das man zum Genießen in die Hand nehmen und nicht mit „Messer und Gabel“ umgangs-gerecht sezieren mußte. Nicht nur bei Hähnchen oder Ähnlichem, sondern auch zum Beispiel bei „durchwachsenem Bauchfleisch“ in Eintöpfen, was ich so liebte und für alle Esser im Vorfeld zu zerteilen hatte. Nichts ging und geht mir über solche „Halbfleischgebilde“ mit viel Fett …………. köstlich bis heute. Vaters berliner Wurzeln und „det Jezatter“ lassen also die „sprachliche Herkunft“ dieses Wortes vermuten, womit die Frage von Herrn Bärenz möglicherweise beantwortet ist. – Roland Vogelhaupt

 

In der Zeit schrieb eine Leserin über Gezatter. Dazu eine Ergänzung: Bei uns (meine Eltern stammen aus Uslar/ Südniedersachsen) heißen die unangenehmen, zähen Sehnen oder Fettstreifen Zadderzeug. Das waren die unkaubaren Reste, die man als Kind in den Mülleimer ausspucken durfte. Sogar mein Mann, obwohl Mittelfranke, hat diesen Ausdruck übernommen. Allerdings liebt er das Zadderzeug im Gegensatz zu mir, vor allem bei Lamm- bzw. Schaffleisch. Ich hoffe, diese Kolumne wird es noch lange geben, die regionalen Dialektausdrücke erfreuen mich jedes Mal. Wie schön, dass sich so viele davon erhalten und weiter gegeben werden. – Renate Heinold


 

Leserbriefe zu „Platz da für die Uni“ von Niclas Seydack

Der Platz, der wäre schon da, der wäre vorhanden, dafür müsste „nur“ die wieder gewachsene Natur, weichen. Der „Flächenfraß“ steht schon bereit, der alte Betonierergeselle. Die geistige Elite will studieren, die geistige Elite nimmt total vergeistigt, die Naturzerstörung voll in Kauf. Irgendwann einmal, vielleicht sogar schon bald, im Jahre „X“, da werden nur noch studierte „Leiharbeiter“ unser zubetoniertes Lande bevölkern, und zwar in allen „Segmenten“! – Klaus P. Jaworek

 

Wieder mal ein grauslicher Artikel im Ressort Chancen; wieso schafft es Chancen nicht, mit dem Rest der Zeit mitzuhalten? Einiges was schlecht ist: Ein Artikel über eine Uni-Neugründung startet mit dem BUND-Ortsgruppenchef, weil das zweifellos das größte Problem der Neugründung ist und man bei jedem x-beliebigen Bauprojekt nicht ebenfalls Probleme mit Naturschutz hätte und hat. Nicht erwähnt wird, dass auf diese Art bei der Neugründung viel weniger Fläche versiegelt werden muss, was aus Umweltgesichtspunkten gut ist. Auch lassen sich in einem Uni-Gelände ganz andere umweltpolitische Zugeständnisse durchsetzen als, sagen wir, bei einem neuen Flughafen oder der Vollversiegelung für Parkplätze. Das scheint ja die Alternative zu sein, s.u. — und das ist dann ok? Nicht ein Wort dazu, was überhaupt gebaut und geplant wird! Das ist eine aufregende Sache, wenn in Deutschland endlich wieder eine neue Uni startet. Wo ist der Bebauungsplan bzw. eine Visualisierung der Architektur? Wo stehen die Fakten zu den geplanten Studiengängen? Wo genau liegt die Uni? Was ist mit der Anbindung, Fahrradwege, öffentlicher Nahverkehr? Nicht ein Wort dazu, wie wichtig Unis für die Entwicklung einer Region sind. Und dass eine zusätzliche Uni der Entwicklung von Nürnberg sicher nicht schaden wird… Fragen über Fragen, aber wenig Fakten. Das zieht sich durch den ganzen Artikel. Wie wäre es mit ein wenig Recherche? Die übliche „Alles wird schlechter!“ Panikmache. Wieso sollte eine neue Uni dem „Bildungsstandort Mittelfranken schaden“? Das macht auch bei dreimaligem Nachdenken keinen Sinn. Gibt es irgendwelche Belege, dass das irgendwann irgendwo passiert ist? TUM und LMU sind beide exzellent, FU und HU auch ganz vorn dabei — wie kommt der Autor zu solch einer steilen und verwegenen These? Geht es in Wahrheit um die (durchaus berechtigte) Angst, dass eine Technische Uni natürlich lieb Kind des Landes sein wird, und vielleicht den anderen Hochschulen was wegnimmt? Das schadet dann aber nicht dem Bildungsstandort, sondern der FAU; und deren Präsident ist zu recht etwas besorgt.

Die (unterschwellig) aggressive Schreibweise, das geht schon mit dem Titel los. „Und Wolfgang Herrmann? träumt weiter.“ — den Ausspruch „träum weiter“ kennt wohl jeder, wenn es nicht genau so gemeint war, war es dumm formuliert. „Andere Unis ächzen unter einem Verhältnis von 1:60.“ — Wie können die von der neuen Uni die Frechheit haben, nicht gleich den Notstand fest mit einzukalkulieren? Und dann so ein sagenhaftes Betreuungsverhältnis von 1:25, geht ja gar nicht, da hilft nur offener Hass. „Wenn der Platz begrenzt ist, aber der Anspruch grenzenlos“ — das ist dann schon nicht mehr unterschwellig aggressiv. „Es wir in den nächsten Jahren eng in Nürnberg“ — wie kommen die da auf die Schnapsidee, das gute Bauland für eine Uni zu verschwenden? Oder auch: „drunter machen sie es in Bayern nicht“. Was soll dieser Quatsch? Wenn ich keine Argumente habe, dann diffamiere ich halt durch sprachliche Spitzen? „Ein Ingenieur soll Die Physiker von Dürrenmatt gelesen haben“ — wer hat das wann zu wem gesagt? Oder hat sich das der Autor einfach selber ausgedacht, weil er zwar von Ingenieurswissenschaften keine Ahnung hat, aber halt Dürrenmatt gelesen hat, und dann müssen es alle anderen eben auch lesen. „Klingt nicht besonders witzig, ist es auch nicht.“ (Neo Magazin Royal zu Die Physiker) Naja und so weiter und so fort. Was für eine verschenkte Chance. 2-3 Seiten mit Fakten und Informationen zur neuen Uni wären wirklich willkommen gewesen. Ich hätte gern gewusst, was da in der Pipeline ist. – Sebastian Böcker


 

Leserbriefe zu „Treten Sie an?“ von Marc Brost und Peter Dausend

Das Interview mit Herrn Schulz habe ich mit großem Interesse gelesen. Martin Schulz ist ein Politiker mit Temperament und Leidenschaft, der bei der Lösung sozialer und wirtschaftlicher Fragen über den deutschen Tellerrand hinausblickt und für ein starkes Europa eintritt. Sein Vision, wie sich die europäischen Institutionen weiter entwickeln sollen, unterscheidet ihn von vielen anderen Politikern, die sich auf die Abwehr französischer Vorschläge beschränken. Schade, dass Herr Schulz nicht Außenminister geworden ist. – Hans-Peter Rumler

 

Die Sache ist doch ganz simpel: Umweltschutz wollen alle. Jetzt sogar die Jungen der AfD. Aber die Marke „Öko“ ist von den Grünen. Diese Kinder von CDU-Eltern haben da Routine. Linke und SPD laufen denen nur nach. Das merken die Dümmsten der Wähler. Ein Tipp: In den Städten steigen die Mieten, holen alte Leute sich leere Flaschen aus Abfallkörben und machen sich kriminelle Großfamilien aus dem Orient breit. Dort liegen die SPD/Linke-Themen im wahrsten Sinne auf der Straße! Da können diese sozial abgesicherten schwarz-rot-grünen Akademiker mit vollem Magen wieder lernen, auch das Siegen. Denn ich komme nochmal auf die schlichten Denker unter den Wählern: CO2 ist in der Luft und überschreitet ungehindert Grenzen, z.B. aus Richtung Polen mit den Kohlekraftwerken. Und noch was. Die Forderungen von Frau le Pen decken sich großenteils mit denen der früheren KPF und CGT. Dies nur als Denkhilfe für Linke. Also weg vom Missionieren in Sachen CO2 und der Frage, ob bei Worten genug *innen angefügt wird oder ob genug Frauen in Vorständen sind. Es reicht, wenn ihr hart genug um gleiche Bezahlung von Supermarktangestellten und -gestelltinnen kämpft. – Wolfgang Frings


 

Leserbrief zu „Worauf muss man beim Automieten achten?“ von Stefan Nink

Die Reishinweise von Stefan Nink lese ich sehr gern, bestätigen sie doch immer wieder eigene Erfahrungen und bringen manchmal noch einen Tipp, den man noch nicht kennt! Im oben erwähnten Bericht über die Autovermieter ist alles Wichtige enthalten, nur das Versicherungsthema wäre noch unbedingt zu ergänzen im Grenzverkehr: Ich fliege öfters nach Toulouse, hole dort einen Mietwagen und fahre über die Grenze nach Spanien. Bei der Buchung muss man sehr darauf achten, dass die Versicherung auch für Spanien gilt! Das ist oft schwer erkennbar bei günstigen Angeboten, manchmal ist ein Aufpreis fällig! Also genau hinschauen und nicht erst das Problem mit erheblichen Mehrkosten am Schalter lösen – oder generell zu übersehen! Bei billigen Angeboten muss man auch schauen, wo der Autovermieter am Flughafen sitzt! Gerade am Beispiel Toulouse sind sehr lange Wege und eine schlechte Beschilderung ein großes Ärgernis mit entsprechendem Zeitaufwand! Letzte Ergänzung wäre noch der Hinweis, schon nach dem Start am Flughafen zu schauen, wo die nächste Tankstelle ist, bei der man vor der Abgabe des Wagens möglichst nahe am Flughafen den Tank füllen kann! – Bernd Rost


 

Leserbrief zu „Die Tragödie einer bedingungslosen Liebe“ von Erik Fosnes Hansen

Skandalisieren und moralisieren ist der Zeitgeist der Medien. Das ist alles zum kotzen. Wie stellt sich ein kleinbürgerliches Akademie-Mitglied eine Verwaltung vor. Wird sie an Haaren gepackt und zu Boden gerissen, die Schenkel amputiert oder ist sie nur berührt worden. Katarina Frostenson und ihr Mann waren unter den verknöcherten Mitgliedern. wahrscheinlich der Zeit voraus. Das trifft auch auf Deutschland zu. Der bekannteste Fall war Kachelmann, der Fernsehmoderator und Wetterexperte, alles nur erlogen und erstunken. – Gunter Knauer


 

Leserbrief zu „»Der Preis ist angemessen«“ von Marcus Rohwetter

Wie gern hätte ich Ihr Gesicht während des Interviews beobachtet! Köstlich Ihre Skepsis und Ihre Nachfragen. Ich wäre zu gern dabei gewesen und hätte mich gehögt an dem Anblick der ungleichen Partner. Ihr Beitrag hat mir schon beim Lesen großen Spaß gemacht. Vielen Dank! – Gesa Pansch


 

Leserbrief zu „In voller Blüte“ von Matthias Geis und Robert Pausch und zu „Der Aufstand der Jugend“ von Marc Brost

Der Artikel von Marc Brost bringt es auf den Punkt, woran auch der Artikel von Matthias Geis und Rodert Pausch krankt: Da fabuliert eine Journalistenschaft, die auch noch nicht gemerkt zu haben scheint, wo es kracht, über Dinge, die eigentlich wenig bis gar nicht interessieren, derweil die eigentlich brennenden Themen einfach links liegen gelassen werden. Das Thema der Europawahl, das den Grünen den krachenden Erfolg gebracht hat, heißt „Klimawandel – jetzt tut doch endlich wirklich was dagegen!“, stattdessen wird wieder mal über Lifestyle und mögliche Positionierungen räsoniert und sogar noch den alten Kämpfen zwischen Realos und Fundis bei den Grünen nachgeweint, die auch dann noch Haupt-Thema der Medienkommentare waren, als es sie schon gar nicht mehr gab.. Nein, was die jungen Leute (und auch nicht ganz so junge wie ich) ganz klar sehen, ist, dass der Klimawandel eine wirklich tödliche Gefahr darstellt, die seit über 20 Jahren allgemein bekannt ist – und trotzdem steigen die CO2-Emissionen nach wie vor. Das Thema wird ungeachtet seiner enormen Bedeutung auch journalistisch eher nebensächlich behandelt, im Bundestagswahlkampf kam es so gut wie nicht vor – stattdessen stritt man sich lieber über die Flüchtlingspolitik, und das mit heftiger Beteiligung der vereinten Journalistenschaft.

Ich muss Marc Brost vollkommen Recht geben: Die Politiker nehmen das Problem nicht ausreichend ernst (die CDU wohl immer noch nicht) und die Journalisten fragen nicht danach. Nicht nur bei Kanzlerin Merkel, sondern auch bei anderen Interviewpartnern gefallen sich Journalisten viel zu oft in der Rolle des Stichwortgebens, statt kritisch nachzufragen und mit auch unliebsamen Fakten und Meinungen zu konfrontieren. Auf der Pressekonferenz der Grünen nach der Europawahl hat Sven Giegold das schön thematisiert: Im ganzen Wahlkampf sei er total andere Sachen gefragt worden als jetzt die Journalisten an ihn richteten, die nur wieder wissen wollten, mit wem die Grünen denn jetzt gingen und ob sie jetzt nicht doch eine Volkspartei seien.

Und die Berichterstattung der ZEIT über die Europawahl ist ehrlich gesagt auch ziemlich schwach – neben den beiden erwähnten Artikeln einmal die in einen Artikel verpackte Empfehlung auf der Titelseite, doch wieder den EVP-Kandidaten zum Kommissionspräsidenten zu wählen – obwohl dieser sehr blasse CSU-ler selbst hier in Deutschland gerade mal noch etwas mehr als ein Viertel der Wählerschaft hinter sich gebracht hat und als Deutscher eigentlich keine so herausragende Position besetzen sollte – ansonsten keine weitere Informationen über das, was die Wahl in den anderen europäischen Ländern ergeben hat, welche Tendenzen und Strömungen da zutage traten – das hätte ich zum Mindesten von der ZEIT erwartet, nachdem auch unsere öffentlich-rechtlichen Medien sich da total bedeckt hielten, die europäische Dimension dieser Wahl kam wieder total zu kurz. Und zu allem Überfluss muss ich als zahlender Abonnent der ZEIT wieder einmal feststellen, dass beide Artikel online in den Bezahl-Bereich verschoben sind und obwohl ich einen schönen Batzen Geld für Ihre Zeitung ausgebe, ich da nicht drankomme – das ist herabsetzend und ich muss mir doch nal intensiv überlegen, ob ich nicht das Abo kündige und mir das Blatt nur die paar Mal im Jahr kaufe, wenn ich es tatsächlich ausgiebig lesen kann. – Bodo Schneider-Schrimpf


 

Leserbrief zu „Wann wird rechts extrem?“ von Robert Pausch

Rechts, populistisch, extrem(istisch), reaktionär, nationalistisch. Hat sich schon mal jemand Gedanken darüber gemacht, wer/wieviele das alles noch versteht/hen? M.E. der „gemeine Bürger“, sprich die Mitte, kaum ! Diese Multiplikatoren sind sehr aber wichtig. In dieser kompakten Ausdifferenziertheit muß man schon sein gesamtes Gehirnschmalz bemühen und sich disziplinieren. Und das gilt ähnlich für sehr viele Themen, mit denen man heute medial überfrachtet wird. – Ernst Hankammer


 

Leserbrief zu „»Zu viel Wissen macht krank«“ von Thomas Assheuer

Die Aussagen von Frau Professorin Buyx bedürfen einer Korrektur ( Spalte 1, Abs. 10 ) wie folgt : „ In der Medizin darf es ruhig um Leistung, Fall – ( nicht Kopf- )- Pauschalen und Erlöse gehen – aber diese dürfen die klinische Ent- scheidungsfindung nicht beeinflussen.“ ( statt :“ nicht zu sehr…“) Prof. Eckard Nagel, Gesundheitsökonom aus Bayreuth – ebenfalls Mitglied des Ethikrats – hat es auf den Punkt gebracht :“ Die Entscheidung über die richtige Therapie für den Einzelnen muss von wirtschaftlichen Erwägungen entkoppelt werden.“ Dieser früher selbstverständliche ethische Standpunkt der Ärzteschaft sollte nicht durch unbedachte Äußerungen relativiert werden – auch nicht aus philosophischem Munde. – Prof.Dr.med. Ulrich Krause


 

Leserbrief zu „Wie lange läuft »Germany’s Next Topmodel«?“

Diese Fernsehsendung mit der Dauer des Krimkrieges und dem durch diesen Krieg verursachten unendlichen Leid zu vergleichen ist einfach geschmacklos bzw. unanständig. – Veronika Berg


 

Leserbrief zu „»Wir fuhren den Porsche zu zweit und teilten uns einen Führerschein«“ von Stephan Lebert und Stefan Willeke im ZEIT Magazin

Herrliches Interview! Soviel Gelassenheit und feinen Humor würde man sich bei manchen aktuellen Fußballspielern wünschen. Habe an einigen Stellen herzhaft gelacht. – Norbert Schwenk


 

Leserbrief zu „Ein Gangster-Paradies“ von Fabio de Masi

Wie auch Herr de Masi in seinem Artikel feststellt, fließt Schwarzgeld in Deutschland, wie vermutlich überall auf der Welt, nicht zuletzt in den Immobiliensektor. Dort heizt dieser Geldfluß auch die Nachfrage nach Wohnimmobilien an – und leistet so einen Beitrag zu dem Preisanstieg, der in den letzten Jahren in diesem Markt zu beobachten war und den mittlerweile auch die Politik als Problem entdeckt hat! Eine bessere Bekämpfung des Schwarzgeldzuflusses dürfte darum auch eine dämpfen- de Wirkung auf den Anstieg der Wohnungspreise in Deutschland haben! Evtl. wäre es bereits hilfreich, wenn die Zahlung des Kaufpreises einer Wohnung regelmäßig wieder über ein Notaranderkonto erfolgte, wie das früher der Fall war. Daß ein Notaranderkonto beim Immobilienkauf heute nur noch in besonderen Fällen zum Einsatz kommt, entspricht, wenn ich mich richtig an Gelesenes erinnere, dem Wunsch der Notare, durch ihre Einbindung in die Bekämpfung der Geldwäsche nicht zu sehr belastet zu werden. Könnte es sein, daß man ihnen mit der entsprechenden Reform des Beurkundungsgesetzes zu weit entgegengekommen ist? Jedenfalls hätten die Wähler hierzulande, soweit sie an erschwinglichem Wohnraum interessiert sind, Grund, sowohl bei Landtags- als auch bei Bundestagswahlen darauf zu achten, wie die jeweils zur Wahl stehenden Parteien die Probleme bei der Geldwäschebekämpfung in den Griff bekommen wollen – und ob sie dieses Thema überhaupt schon entdeckt haben! – Michael Sölter


 

Leserbrief zu „Volkes Stimm’ und Grimm“ von Josef Joffe und zu „Gottes Werk und AKKs Beitrag“ von Peter Dausend

Die Beiträge von Josef Joffe (Volkes Stimm) und Peter Dausend (Gottes Werk): Sensationell!! Hab Tränen gelacht bei den 5 apokalyptischen Reitern, die, in Anlehnung an Andi Scheuer, bei mir nur Club der BeScheuerten heißen! Macht weiter so! Freu mich schon auf No 24! – Klaus W. Müller


 

Leserbrief zu „Was will Kurz?“

„Baba, ich bin dann „kurz“ mal weg!“ Sebastian Kurz (Ex-Bundeskanzler von Österreich) ist nicht „blindlings“, sondern eher mit sehr „offenen Augen“, (ziemlich) ganz radikal, in den braunen Tümpel gehechtet! Vielleicht hat er wirklich nicht bedacht, dass er zu einer „(schweiß)gebadeten Maus“ werden könnte. Mittlerweile hat in Österreich ein „Experten-Team“ das Sagen, das völlig „undemokratisch“, irgendwie durch die „Hintertür“, in Amt und Würden gehievt worden ist, so ganz ohne Beteiligung des Wählers! – Klaus P. Jaworek


 

Leserbrief zu „Verpasst“ von Matthias Kalle im ZEIT Magazin

Ich schätze das ZEITMagazin als Abonnentin sehr, allerdings habe ich mich über Ihren letzten Artikel doch sehr geärgert, besonders über die Einleitung. Da ich selbst gerne Serien schaue, sprach mich das Thema Ihres Artikels „Binge Watching: Verpasst“ durchaus an. Sehr ärgerlich fand ich allerdings, dass sie vollkommen unvermittelt und ohne Vorwarnung direkt im ersten Halbsatz Ihres Artikels das langerwartete Ende von Game of Thornes verraten. Dies ist für alle LeserInnen, die noch nicht Gelegenheit hatten, das Finale der Serie zu sehen, überaus ärgerlich und mir hat es erheblich die Spannung der letzten Folgen und damit des Serienvergnügens genommen. Ich kann verstehen, dass Sie für Ihre Artikel um einen griffigen Einstieg bemüht sind, entscheidet er doch häufig darüber, ob der Leser dran bleibt. Bei mir hat dieser Einstieg und unerwartete Spoiler aber für großer Verärgerung gesorgt und dazu, dass ich das Magazin enttäuscht weggelegt habe. – Annegret Kunde


 

Leserbrief zu „Das versteckte Atelier“ von Anna von Münchhausen

Kunst entsteht immer erst im Kopf, und die Umsetzung der Kunst in die reale Welt, die überlässt der denkte Künstler immer öfters dem versiertem (Kunst)Handwerker, der eine Vision in das „Jetzt“ hieven soll, der die Gedanken sichtbar und „begreifbar“ machen soll. (Kunst) Handwerk hat bestimmt doch einen goldenen Boden; und auch ein Joseph Beuys, der würde dazu bestimmt nickend zustimmen. – Klaus P. Jaworek


 

Leserbrief zu „Rache!“ von Ulrich Greiner

Herr Ulrich schreibt, dass die alttestamentarische Regel Auge um Auge, Zahn um Zahn „die Anfänge rechtsstaatlichen Denkens“ bezeichne. Die Anfänge liegen mehr als 1000 Jahre zuvor. Die Regel ist schon im Codex Hammurabi um etwa 1700 v. Chr. (§ 196 bis § 201) enthalten und noch vorher im Kodex Eschnunna (circa 1920 v. Chr.). Wissenslücke oder bewusste Streicheleinheit für das Judentum? – Christoph Zahrnt


 

Leserbrief zur Grafik „Männerleben“ von Doreen Borsutzki und Tin Fischer

Eine Weile habe ich schon geschwankt, ob es sich überhaupt lohnt, meine Bedenken zur grafischen Gestaltung der Seite ‚Männerleben‘ aufzuschreiben, aber nun muss es doch sein, da mir ein sich immer stärker zu beobachtendes Prinzip dahinter zu verstecken scheint: der ‚ Primat ‚ der Zahlen, um die es geht – und die hoffentlich richtig sind, was ich nicht zu überprüfen versucht habe – und die grafisch einleuchtend umgesetzt werden sollen, verschwindet hinter ‚designten‘ Darstellungen, die nach meinem Dafürhalten unangemessen sind oder völlig in die Irre führen. In Kürze und konkret:
– die ‚Lebenserwartung‘ führt zu einer Linie, die als Band dargestellt wird. Was aber sollen die Schraffierungen am Anfang und Ende mit zurückspringender Linie, was sollen die Schraffierungen bei jeder Steigungsänderung (‚Knick in der Kurve‘), die einen dreidimensionalen Verlauf suggerieren ? ‚Vor und Zurück‘ statt ‚Rauf und Runter‘?
– ‚ Verkehrsunfälle‘ : eine ‚Zickzacklinie‘ , die drei herausgegriffene Daten besonders herausstellen soll. Aber was ist die Ordinate, was Abszisse? Offensichtlich ist die Steigung konstant gewählt, so dass die ‚Unfallanzahl an einem Tag‘ sowohl horizontal als auch vertikal ‚abgelesen‘ werden kann. Das kann z.B. ein Balkendiagramm einleuchtender darstellen. liebe
– ‚Suizide‘: da werden zwei Dreiecke zur Darstellung herangezogen. Was gilt: die ‚Höhe‘ oder die eingeschlossene ‚Fläche‘ symbolisiert die jeweilige Zahl (s.u.). Warum überhaupt eine räumliche Darstellung.
– ‚Arbeitsunfälle‘: hier sollen wohl die beiden ‚Quadratflächen‘ die Anzahlen der Fälle repräsentieren, nicht die Kantenlängen.
Hier höre ich auf, da es generell in den Darstellungen das Problem gibt: sollen die FLÄCHEN der gewählten Figuren die genannten Zahlen visualisieren oder die ‚HÖHEN/DURCHMESSER‘ ? Deshalb sehe ich Inkonsequenzen bei den dargestellten Kreisen und Dreiecken. Bei den dargestellten Bändern ist nicht einzusehen, warum sie ‚räumlich‘ abknickend gezeichnet sind – eine weitere Dimension andeutend – , die es aber in den Daten nicht gibt.
Zusammenfassend: ich finde diese Grafiken sehr unglücklich und den angesprochenen Problemen nicht angemessen. Hier scheint mir das Design einer klaren Darstellung vorgezogen worden zu sein; das ist schade und sollte möglichst keine Nachahmer finden. Als Experimentalphysiker, lange auch in der Lehre tätig, möchte ich auf diese in meinen Augen falsche Priorisierung besonders hinweisen. – Dr. H. D. Rüter