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31. August 2023 – Ausgabe 37

Leserbriefe zu „»Haltung zeigen kostet gar nichts. Null«“. Gespräch mit Harald Schmidt geführt von Martin Machowecz und Elisabeth Raether

Ein schönes und interessantes Interview. Was Harald Schmidt sagt, ist für mich nachvollziehbar. Bedrohlich finde ich die heutigen Ängste und Denkverbote, die Furcht vor den Sittenwächtern – das gab es früher nicht. Erstaunt war ich darüber, dass er religiös ist. Das ist etwas, was ich nie mit Intelligenz und Bildung in einen Hut bekomme. Für mich ein ungelöstes Paradox.
Christian Fahn

Man hatte ihn eigentlich längst vergessen, doch es hat mal wieder funktioniert, er ist wieder im Gespräch, er weiß halt sehr genau, was er tun muss, damit auch die ZEIT ihm eine ganze Seite widmet. Und damit ist die Frage „Was wollten Sie bezwecken?“ auch schon beantwortet. Denn mehr ist da nicht. Ein alternder Promi, der hin und wieder ein bisschen Aufmerksamkeit generieren muss. Erstaunlich eher, dass der alte Trick immer noch klappt. Allerdings, Aiwanger und Harald Schmidt nebeneinander auf einer Doppelseite, super Kombi!!
Heinz Wohner

In Demokratien ist die Öffentlichkeit der richtige Ort für einen Hofnarren. Sein Zynismus ist in der Lage, die etablierten Zynismen in der Öffentlichkeit zu entlarven. Auch den Zynismus der Politiker, die Bekenntnisse öffentlich zelebrieren, ohne in der Sache irgendetwas damit zu erreichen. Wo Haltung zur Pose wird, ist der Hofnarr eine Sehhilfe. Toller Satz: Wir schauen auf den Rahmen, nicht aufs Bild. Wo die Bilder verblassen, geht es nur noch ums Passen. Wir lachen, bis auch der Rahmen bricht und nicht mehr hält, was er verspricht.
Reinhard Koine

Der Kern von Harald Schmidts Aussage „Haltung zeigen kostet gar nichts“ scheint mir folgender: Spart euch euer Mitgefühl, es bringt sowieso nichts. Es ist billig, sich lustig zu machen über eine Katrin Göring Eckardt, die „Tränchen“ im Flüchtlingslager vergießt, aber noch nichts konkret gegen die Flüchtlingsmisere ausrichten kann (wer kann das aktuell?). Mit derselben Logik könnte man Carola Rackete vorwerfen, dass sie „nur“ ein paar Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet hat, aber nicht diejenigen, die an der saudisch-jemenitischen Grenze erschossen worden sind. Die meisten Menschen sind tatsächlich keine Heldinnen. Das Beste, was aber die Allermeisten in der gegenwärtigen Zeit zu Stande bringen können, ist, zumindest Mitgefühl zeigen. Da möchte man den sehr gläubigen Zyniker Harald Schmidt fragen: Was ist denn der Mensch ohne Mitgefühl?
Claudia Reuter

Ich bin über den Sachaufklärungsanspruch der beiden Interviewer nur deshalb gnädig gestimmt, weil die Intelligenz und die Antworten von Schmidt die Fragen inhaltlich unberücksichtigt ließen.
Jürgen Dressler

Die Vorfreude, die neue Zeit am Donnerstag in Händen zu haben, ist mir beim ersten Blick darauf vergangen. Mein erster Gedanke war:  hat der Wahlkampf begonnen. Oder was bezwecken Sie mit dem Hinweis, dass Harald Schmidt Olaf Scholz gut findet, wenn zwei Drittel der Bevölkerung den Regierungsstil und die Ergebnisse von Scholz negativ beurteilen., Das ganzseitige Gespräch auf Seite 3 befriedigt in keinster Weise mein Interesse an Deutscher Innen- und Außenpolitik.  Übrigens habe ich zu diesen Themen von der Zeit schon öfters mehr erwartet. Ebenfalls hätte ich mir von der Zeit eine etwas tiefere Analyse im Fall Aiwanger erwartet.
Siegfried Förch

Bei der Lektüre solch eines Textes stellt sich bei mir ein kaum beherrschbarer Brechreiz ein. Harald Schmidt, die personifizierte Beliebigkeit. Ich stelle mich mit einem kritischen Fuß in irgendeine schon per se wirklich üble Gegebenheit, ok, halte aber den anderen Fuß raus, völlig egal, wo ich mit ihm stehe. Irgendeine Form von Bekenntnis ist „Kabarett mit Mission.“ „Witze übereinander zu machen, ist besser, als aufeinander zu schießen.“ ZEIT: Also der totale Nonsens? Vielleicht gibt es heute mehr Druck, all den Krisen etwas Sinnvolles, Sinnstiftendes entgegenzusetzen. Schmidt: „Vollkommen lächerlich. Was soll sinnvoll sein? … müssen Sie als Arzt oder Bauingenieur in die Sahelzone… Alles andere ist Karin Göring-Eckardt. Folklore, Geschwafel, Geschwätz. Dann lieber Carola Rakete.“ Was soll das? Ist so eine Position vor allem aktuell nicht doch überaus politisch, weil beispielgebend? „Interessiert mich nicht.“ Ja, worum geht es Ihnen denn dann, wenn „Kabarett doch nichts bewirkt, genauso wenig wie Theater.“  Till Eulenspiegel? Und gerade er ist doch nach wie vor eine überaus politische Figur. Vielleicht müssen Sie da noch mal aus Ihrem Helmut-Sessel (mit den müden Augen in irgendeiner Ferne) raus und ein wenig mehr nachdenken, Herr Schmidt.
Gerd Schillmöller

Das ganze Interview: ein wirrer Unfug. 700 schwäbische Claqueure im Stuttgarter Sportpalast verlangen den totalen Witz von ihm und der kommt dann auch zuverlässig. In jeder Hinsicht sehr arme, dafür aber sehr wundergläubige Menschen in Entwicklungsländern, die jedem absurden Trick von religiösen Scharlatanen der katholischen Kirche aufsitzen – Schmidt führt all sowas als Legitimation und Beleg für seine intellektuellen Amokläufe an. Jahrelang haben wir Schmidt-Fans ja geglaubt, all der irritierende Quatsch, den er macht und sagt, sei Satire. Das geht wohl nicht mehr. Ich glaube nicht mehr daran, dass das nur Provokationen sein sollen. Schmidt meint das alles ernst.

Er ist wohl doch am besten auf dem Traumschiff aufgehoben. Das ist ja für Leute, die schon etwas tüdelig im Kopf sind, ein angemessenes Umfeld. Da kommen dann sicher auch Maaßen, Matussek & Co. bald hinzu. Das kann für die Kumpel dann doch noch ganz nett werden…
Jan H. Kolbaum

Harald Schmidt findet Olaf Scholz gut. Gott sei Dank, können wir uns jetzt wieder beruhigen.
Matthias Möckel

Einfache Bürger sagen einander, was sie denken, manchmal mit obszönen, ungehobelten Worten, die die empfindsamen Gemüter der Zeitgeistmoralisten verletzen können. Politiker sprechen nicht aus, was sie denken, packen ihre Gedanken lieber in wattige Worthülsen, die nirgendwo anecken. Harald Schmidt steht breitbeinig zwischen diesen Fronten, sagt, was er denkt, scharf, bissig, satirisch eben, lässt sich von niemandem Vorschriften machen – von wem auch – und keilt nach allen Seiten aus, besonders in Richtung der sog. Eliten; sie wollen tatsächlich seine früheren Sendungen einem Vorwaschgang unterziehen! Zum Glück werden sie im Hauptwasch- und Schleudergang weiterhin abgebürstet bis auf ihren nackten Kern! Harald Schmidt steht da, wo er stehen muss: in der Mitte der Gesellschaft. Von dort aus kann er am besten den Mitgliedern aller Gruppierungen auf die Hühneraugen treten. Satire darf verletzen, darf wehtun!
Ulrich Pietsch

„Banalität ist die Zuflucht der geistig Schwachen.“(Zitat von Honore de Balzac, 1977-1850, französischer Philosoph & Romanautor) Der Entertainer Harald Schmidt wird weiter Haltung zeigen, das ist er sich selbst schon schuldig, und er dürfte sich weiterhin nicht aus seiner Ruhe bringen lassen. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger bleibt stur, das gefällt mir außerordentlich und die Beschuldigungen um den Sänger Till Lindemann von der Band Rammstein, konnten nicht aufrecht erhalten werden, das Verfahren gegen ihn wurde deshalb eingestellt. In allen drei „Fallen“ viel zu viel Trara um nichts! „Nichts hat im modernen Leben eine solche Wirkung, wie eine gute Banalität.“ (Zitat von Oskar Wilde, 1854-1900, irischer Schriftsteller, Lyriker, Romanautor, Dramatiker & Kritiker)
Klaus P. Jaworek

Mit erheblichem Unbehagen habe ihr Interview mit Harald Schmidt vom 30.08.2023 gelesen. Herr Schmidt beschreibt hierin, dass es für ihn völlig normal ist asiatisch „gelesene“ Menschen rassistisch herabzuwürdigen. Als Vater in einer deutsch-chinesischen Familie macht es mich betroffen, dass sie diesem menschenfeindlichen Bild eine Plattform bieten und diesem so zur Salonfähigkeit verhelfen. Ich würde mir eine Erklärung sowie eine Ergänzung dieses Artikels um eine unmissverständliche Einordnung wünschen,
Jan Peetz

Harald Schmidt spricht mir mit seinen klar formulierten Gedanken aus der Seele. Vor allem in seiner Antwort auf die Frage des wachsenden Einflusses der AFD. Wann endlich werden einerseits die an der Ampel-Koalition beteiligten Parteien und die demokratischen Oppositionsparteien CDU/CSU und die Linken andererseits begreifen, dass es 5 vor 12 ist, und sie jetzt endlich, endlich zusammenstehen müssen gegen alles, was vom rechten Rand her unsere Demokratie bedroht, statt sich im parteipolitischen Klein-Klein und Gezänk zu verlieren in der völlig irrigen Hoffnung, auch nur eine/n Wähler/in dadurch zu gewinnen? Und wann wird Herr Steinmeier aus seiner Lethargie erwachen und begreifen, dass es jetzt an ihm ist, eine Hauruck-Rede im Stile seines Kollegen Herzog zu halten – gerichtet an alle demokratisch gesinnten Bürgerinnen und Bürger, vor allem aber an die demokratischen Parteien? Gleiches gilt für die evangelische und katholische Kirche! Noch ist es wohl nicht zu spät, aber die Uhr tickt unaufhörlich!
Christoph Hensel

Hand aufs Herz: Gibt es, das Interview mit Harald Schmidt nun in gedruckter Form vor sich habend, eine, nur eine Zeile, die es wert ist, veröffentlicht und Ihren Lesern/innen zugänglich gemacht worden zu sein? Was in Gottes oder wessen Namen auch immer hat Sie veranlassen können, Herrn Schmidt den Weg zu ebnen weg von seinem „Traumschiff“ hin auf die Seite 3 der „Zeit“? An solch exponierter Stelle und eine ganze Seite in Beschlag nehmend: Eine Aneinanderreihung von Belanglosigkeiten, Nonsens, Eitelkeiten, schlicht dümmlichen, zynischen und narzisstischen Ergüssen! Und wenn dann doch: Warum haben Sie Herrn Schmidt so einfach und nicht annähernd ernsthaft hinterfragend herausgelassen aus dieser Nummer mit den Herren Matussek, Maaßen, Frau Weidel und welch auch immer “ weit rechts im politischen Spektrum stehenden Menschen“ (um die Herr Schmidt angeblich nicht weiß und wissen will, und deren Identität herauszufinden doch bitteschön Aufgabe des Rechercheverbundes des NDR und „Bäckerblume“ zu sein hat)?

Dieser Herr Schmidt ist Gast einer Veranstaltung, auf der sich ganz offenbar die Avantgarde der deutschen und schweizerischen Rechtsradikalen versammelt hat und lässt sich abbilden mit zwei der bekanntesten Protagonisten dieser „Deutschland wieder zu alter Größe“ führen wollenden Bewegung. Das war und ist ein Statement! Und die „Zeit“ lässt zu, dass Herr Schmidt sich unsinnig labernd herauswindet mit solch (mit Verlaub) dummdreisten Einlassungen wie, „… ich gehe einfach so hin zu so einem Fest“, Ich lasse mich ja nicht bei ungefähr 400 Gästen vorher briefen, was der und der vorher gemacht haben“ oder „…ich bin (doch) Autor und Bühnenkünstler“ (will und soll wohl heißen: Ich stehe über den Dingen, drum ficht mich nicht an, dass dieses Sommerfest ein Tummelplatz für Rechtsradikale war)

Das kann es nicht sein, dies umso mehr, als sich Herr Schmidt nun mit Sicherheit nicht zum ersten Mal einschlägig eingelassen hat; erinnert sei nur an dessen bestenfalls grenzwertigen Bekundungen während und im Zusammenhang mit der Pandemie, bzw. den Maßnahmen dagegen. Ich weiß nun nicht und kann nicht beurteilen, ob Herr Schmidt ein Überzeugungstäter ist und in Übereinstimmung steht mit den so kruden wie gefährlichen, menschenverachtenden und demokratiefeindlichen Überzeugungen und Positionen seiner „Fest- und Fotobekanntschaften“, oder ob sich das Ganze für ihn als „Satire“, „Kunst“, „schräger Witz“, als „Provokation“ oder was auch immer darstellt. Im zweiten Fall leistete er mit seinen Auftritten Vorschub, und die „Zeit“ war ihm behilflich mit der Veröffentlichung dieses so unsäglichen wie schlicht überflüssigen Interviews.

Wir sind nicht mehr in den Jahren 1994 bis 2014, sondern in 2023, und müssen vergegenwärtigen, dass wir es wieder mit einer Partei zu tun haben, die offen und ungehemmt rechtsradikal agiert, die längst keine „Splitterpartei“ mehr ist, sondern sich mittlerweile in Umfragen bundesweit stabil bei zwanzig Prozent Wählerstimmen fest gesetzt hat, die sich anschickt, im kommenden Jahr in drei östlichen Bundesländern Regierungsverantwortung zu übernehmen, um, nimmt man die Ankündigungen ernst, (und einen Anlass diese nicht ernst zu nehmen gibt es nicht) in der Folge über kürzer oder länger diese Republik vom Kopf auf die Füße zu stellen. Obacht muss also walten, auch bei der Auswahl der Interviewpartner. Einem Harald Schmidt gebührt eine solche Plattform nicht! Der soll zurück auf sein Traumschiff, da ist er gut aufgehoben.

Eine letzte Anmerkung noch: Auch die Aussage, „Haltung zeigen kostet gar nichts. Null“ ist in dem von Herrn Schmidt gemeinten Sinn falsch; „Haltung zeigen“, verstanden als (zunächst einmal) wahrnehmen, sich interessieren, sich kundig machen, sich positionieren, sich ereifern, meinethalben „wütend machen“ mag in der Tat nichts kosten, aber ist doch wohl unabdingbare Voraussetzung dafür, dass man sich überhaupt auf eine Weise engagieren kann, wie es die im Interview erwähnte wunderbare Carola Rackete tut.
Thomas Ladewig

Hach, könnten sie den herrn schmidt nicht bitte wöchentlich interviewen, vorzugsweise von rechtschaffenen jungen radaktionsmäusen oder mäuserichen, die aufrichtig engagiert für eine bessere welt eintreten. ich weiß: wunschdenken, aber man wird ja noch träumen dürfen.
philipp stampe

Harald Schmidt stellt leider mit beeindruckender Arroganz sogar (fast) noch Hubert Aiwanger in den Schatten und bringt das Problem der vielbeschworenen alten weißen Männer auf den Punkt. „Wenn Sie anfangen sich zu entschuldigen, ist es aus.“ Homosexualität lächerlich zu machen, fällt nicht in die Kategorie „Leuten auf die Füße zu treten“. Dafür darf man auch als Kabarett um Entschuldigung bitten – selbst wenn man immer noch in der katholischen Kirche Heimat findet.
David Radermacher

Ich las das aktuelle Interview in der „Zeit“ mit Harald Schmidt. Da wurde gefragt, ob er nicht Probleme hat sich mit Hans Georg Maaßen fotografieren zu lassen. Herr Maaßen hat eine andere berechtigte ehrliche Meinung und ist nicht kriminell oder rechtsradikal. Das sollte in einer Demokratie erlaubt und respektiert werden. Übrigens haben diese Meinung auch wesentlich mehr Menschen als sie in ihren Zeitungen glauben. Die nötigende Art und Weise, wie sie Menschen bedrängen, indem sie diese als falsch denkend darstellen ist sehr unsympathisch, anmaßend und zeigt, dass auch ihre Journalisten ein Ausgrenzungsverhalten haben. Und dieses Verhalten führt zum bekannten Leserschwund. Ich lese deswegen solche Artikel oder Zeitungen nicht mehr.
Martin Glaubitz

Dass die deutsche Einheit ohne einen einzigen Schuss ablief, lag mit Sicherheit nicht an Helmut Kohl, wie Harald Schmidt insinuiert, sondern in erster Linie am friedlich demonstrierenden Volk der DDR und in zweiter Linie auch an zwar durch das chaotische Vorgehen der SED-Funktionäre hilflos überforderten Grenzbeamten, die am 9. November aber dennoch besonnen blieben und die Nerven nicht verloren. Die „Weltwoche“ ist ein nach rechtsdraußen abgedriftetes Blatt, das u. a. eine antiziganistische Kampagne mit einem sinnentstellten Titelfoto (spielende Kinder auf einer Mülldeponie im Kosovo) gefahren hat. Derartige Veranstaltungen sollten Leute, die die Rede- und Kunstfreiheit für die Ausübung ihres Berufes ernstnehmen, grundsätzlich nicht besuchen! Auch nicht zu angeblichen „Recherche“zwecken.
Thomas Manthey

Harald Schmidt habe ich lange Zeit nicht gerade für seine Kalauer, sehr wohl aber für seine gewitzte, hochintelligente und subversive Rhetorik geschätzt, besonders in Interviews. Das aktuelle Gespräch in der ZEIT zeigt jedoch, dass er den Kompass verloren zu haben scheint, den er auf seiner kontinuierlichen Gratwanderung zuvor stets souverän benutzt hatte. Genau die Haltung, von der er im Interview behauptet, sie zu zeigen koste „gar nichts. Null“, ist ihm offenbar abhanden gekommen. Mehr noch aber trifft das auf sein Gespür zu, das ihm als kultivierter Menschen stets zu eigen war. Die Teilnahme am Sommerfest der „Weltwoche“ mit all ihren fragwürdigen Gästen und das Foto mit Maaßen und Matussek lassen zumindest vermuten, dass ihm die Gesellschaft, mit der er sich umgibt, egal geworden ist. Noch unerfreulicher wäre freilich, er suchte sie sogar bewusst. Ich frage mich, was Kay und Lore Lorentz, seine kabarettistischen Eltern, wohl dazu gesagt hätten…

Harald Schmidt versucht sich in diesem Interview mit der ihm eigenen Argumentationsdrechselei herauszuwinden, doch ihm ist da langfristig etwas entglitten: das Bodenständige und zutiefst Humane, das in seinem Auftreten stets präsent war, auch wenn er sich als anarchistischer Hofnarr stets große Mühe gab, es nicht allzu deutlich zu zeigen, weil es ihn als Menschenfreund verraten hätte. Nun scheint er – sofern er sich nicht als Kunstfigur sieht – endgültig zu einem Nihilisten erstarrt zu sein, eingehüllt in ein pseudo-mephistophelisches Gewand, in dem er sich ohne Zweifel gefällt. Diese Entwicklung bemerken offenkundig auch seine Kinder, wenn sie ihn für rassistische Äußerungen kritisieren, wie er ja selbst erzählt. Ist das die kostenfreie Haltung, die er meint? Sollte Schmidt diese Zeilen lesen, kann ich mir das spöttische Lächeln, das er sich darob allenfalls abringen wird, gut vorstellen. Es stünde für ein Abwinken im Geiste und eine Arroganz, die das Gegenteil von Mut darstellte. Das finde ich sehr bedauerlich.
Tobias Roller

Die höfliche Empfehlung, Journalisten sollen Fakten und nicht Ihre Meinung zu veröffentlichen, ist so sinnvoll, wie die der Papstsempfehlung KEIN  Kondom bei Sex zu benutzen!.
Thomas Walter

Harald Schmidt ist witzig und entlarvend wie eh und je! Ein toller Marketing-Gag die Sache mit dem Foto. Zusammen mit Antifaschisten wäre er wohl nicht zum Interview geladen worden.
Hans-Günther Vieweg


Leserbriefe zu „Wir können nicht gewinnen“ von Sophie Passmann

Auch beim X. Mal kann ich es nicht auf sich beruhen lassen. Warum eine ganze Seite des Zeit Feuilletons an Sophie Passmann verschwenden – ihrem Hadern mit dem „Blick der Anderen“ ? Sie wirft keine neue Frage auf, fügt keinen neuen Gedanken hinzu. Es gibt neue Bücher, Filme, Theaterstücke und Kunstwerke zum Thema Geschlechterstereotypen und zu anderen existenziellen Fragen. Texte von Sophie Passmann haben sicherlich ihre Leserschaft (wie mir Volker Weidermann auf einem Leserbrief antwortete), aber in einer Zeitung wie die Zeit erwarten wir mehr!
Ellen Kühn

Ja mei, jetzt sind also die Männer dran schuld, wenn der Herrgott Frau Passmann nicht nach dem Ebenbild von Marylin oder Brigitte modelliert hat! „Frauen haben keine Wahl“ dekretiert sie und mutmaßt allen Ernstes, dass Männern grotesk aufgespritzte Lippen gefallen könnten. Auf Ricarda Lang hätte sie hören sollen, denn die steht zu Ihrer Adipositas und verkündet als neues Schönheitsideal die „Body Positivity“. Wenn’s den Männern nicht gefällt, ist es deren Problem. Frau Passmann aber will partout den Männern gefallen – und die ZEIT opfert dafür eine prominente Feuilletonseite.
Martin Köhl

Ich gebe zu, ich bin ein bisschen enttäuscht. Nicht, weil (auch) Sie schön sein wollen (das kennen wir alle) – sondern weil Sie glauben, es unbedingt sein zu müssen. Was genau wollen Sie? Dass die Hasskommentare ausbleiben, weil die sie verfassenden Männer denken: OK, was sie sagt und schreibt, ist Schrott, aber immerhin sieht sie jetzt ganz fuckable aus? Echt jetzt? (By the way: Kellner achten nicht auf glatte Gesichter, sondern auf sicheres Auftreten und gutes Trinkgeld, Hilfe mit dem Kinderwagen bekommt man in der Regel von anderen Vätern, nicht von Männern, die einen sexy finden, niemand findet Mütter sexy. Und die Attraktivität, die früher einmal einen begehrten Job brachte, äußerte sich in einem bestimmten Kleiderstil und Gebaren, weniger in dicken Lippen. Ist heute aber soweit ich weiß auch passé).

Schönheit hat viel mit Ausstrahlung zu tun und relativ wenig mit Perfektion. Wenn Sie sich „in schön“ selbstbewusster, zufriedener, fröhlicher fühlen, dann strahlen Sie das auch aus und es passt. Klingt für mich aber nicht so. Und hilft dann auch nicht wirklich. Respekt verschafft sich Frau durch selbstbewusstes Auftreten. Das geht mit und ohne Schönheit. Sie sind eine Person der öffentlichen Wahrnehmung, das macht es für Sie nicht leichter, klar. Aber Sie sind auch keine schüchterne Rinnsteinpflanze. Sie sind Sophie Passman.

Ich habe als eine Frau von durchschnittlich gutem Aussehen (inzwischen jenseits der sexuellen Wahrnehmungsgrenze, also über 50), das durch handelsübliche Dekoartikel (Klamotten, Schminke) durchaus optimierungsfähig war und -mit etwas mehr Aufwand- heute noch ist, auch lange geglaubt, das muss sein, dass man sich ständig herausputzt (Wissen Sie eigentlich, dass im Tierreich immer das Männchen sich herausputzen muss für die Paarung, nie das Weibchen? Das Weibchen wählt! Nur beim Menschen ist das andersherum. Und dann auch noch im Dauerzustand, täglich grüßt das Murmeltier!). Muss nicht. Kann. Darf. Wenn man will. Wo und mit wem man will. Aber nicht muss. Vergessen Sie die Internet-Trolls. Vergessen Sie die Kellner. Schauen Sie in den Spiegel und fragen Sie sich ehrlich, was SIE haben wollen. Und das machen Sie dann. Nicht mehr und nicht weniger. Und schon haben Sie gewonnen.
Bettina Lützel

Wenn Feministinnen oder so sich Schönheitsbehandlungen unterziehen, ist das möglicherweise inkonsequent, aber ist das wirklich wichtig? Und es gibt eigentlich keinen Grund, das zu verheimlichen. Wenn aber Sophie Passmann meint, sie könnte das Problem den Männern anlasten, und Frauen müssten immer noch um männliche Aufmerksamkeit buhlen, dann hat sie wohl ein paar wesentliche feministische Anliegen nicht ganz verstanden. Der ganze Artikel, vor allem aber der letzte Absatz ist bodenlose Sch… und Verrat an der Sache der Frauen. Wer derartige Komplexe hat, sollte zuhause bleiben und sich ausweinen, aber keine Artikel über das Thema schreiben!
Sibylle Kennepohl

So so, wenn Frau Passmann sich nicht schönheitsmäßig optimiert, wird sie von Kellern unhöflich bedient und überhaupt von Männern respektlos behandelt. In welchen Kreisen sie wohl verkehrt? Nach meiner Erfahrung spielt im normalen Leben bei Frauen und Männern jenseits des Teenageralters das Aussehen gar nicht so eine wichtige Rolle. Warum auch? Es gibt doch so viel Wichtigeres!
Inga Hänsel -Nell

Klar können wir gewinnen! Aber nur, wenn wir uns eingestehen, dass das, was Frau Passmann in diesem Artikel schreibt, auch für Männer gilt. Die in der Pubertät mit ihrem sozialhierarchischen Status Probleme haben. Weil sie merken, dass sie die weibliche Aufmerksamkeit nur bekommen, wenn sie möglichst vorteilhaft dastehen. (Klamotten, Verhalten, Wortwahl, Elternhaus) Deshalb tagtäglich im Kleinen ihre Schminke im Verhalten auftragen, weil sie nur dann geliebt werden, wenn sie respektiert werden. Und so lange sich Männlein und Weiblein gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben, wie es unterschwellig in dem Artikel geschieht, wird es Teil des Problems sein, nicht aber die Lösung. Denn diese finden wir nur in einer ungeschminkten Beschreibung nackter Dynamiken.
Joachim Maulbetsch

Inzwischen sehe ich es als typisches Verhalten unserer Zeit an, dass niemand mehr für seine Handlungen Verantwortung übernehmen möchte. Als Rechtsanwalt kenne ich das aus täglichen Gesprächen mit Mandanten nur zur Genüge. Verschoben wird die Schuld auf andere, inzwischen sind dann auch für Schönheitsoperationen von Frauen Männer verantwortlich. Das eigentliche Problem – mangelndes Selbstwertgefühl – kann man hinter der Schuldverschiebung gut verstecken. Wenn ich heutige Frauen höre, frage ich mich, wie es meiner Frau ohne Schönheitsoperationen und ohne Schlafzimmer gelungen ist, zur Prokuristin und Kaufmännischen Leiterin in international agierenden Unternehmen aufzusteigen und dazu in einer Zeit als die Vereinbarung von Frau, Kind und Karriere noch unüblich war und nicht unter jeder Stellenanzeige stand, dass bei gleicher Eignung Frauen bevorzugt eingestellt würden. Möglicherweise hat das was mit ihrem Selbstbewusstsein, ihrer Kompetenz und ihrer Zuverlässigkeit zu tun.
Volker v. Moers

Ich habe als (längerer) ZEIT-Leser Einiges von Ihnen gelesen und Vieles positiv und geistreich gesehen. Dabei war mir natürlich Ihr Äußeres unwichtig (zumal ich Sie nicht persönlich kenne). Es ist schade, die eigene Selbsteinschätzung von einer „Peer-Gruppe“ und von „Männern“ abhängig zu machen. Bei mir am Lehrstuhl zählte immer nur das Argument – unabhängig von wem auch immer. Vielleicht hilft Ihnen, Frau Passmann der gute Artikel von Herrn (!) Hacke ab Seite 42: Bleiben Sie heiter und pfeifen Sie auf die „Pfeifen“ – egal, welchen Geschlechts!
Wolfgang Ströbele

Dieser Artikel ist ein Schlag ins Gesicht aller Frauen, deren Arbeit und Wirken wertgeschätzt wird, unabhängig davon, ob ihr Gesicht oder ihr Körper den gängigen Schönheitsklischees entspricht. Dass Frau Passmann sich selbst als Feministin bezeichnet, macht mich sprachlos. Mit ihrem Statement, Frauen müssten eben tun, was Männer wollen, katapultiert sie sich selbst in die Frauenrolle des vorletzten Jahrhunderts, die häufig eine Opferrolle war. Es schockiert mich ein wenig, dass die Zeitredaktion dieses vermeintlich „feministische“ Pamphlet unterster Schublade auf die erste Seite des Feuilletons bringt. Da sind wohl einige (männliche) Redakteure dem Botox-Charme von Frau Passmann erlegen…
Susanne Hellwig-Jungmann

Meine Freundinnen und ich (alle um die 50) arbeiten als Journalistin, Psychologin, Lehrerin, Architektin, Unternehmerin, Ärztin, Maskenbildnerin, Professorin, Juristin. Wir können Ihren Befund „Frauen haben nicht die Wahl, ob sie auf ihr Äußeres reduziert werden, sie haben lediglich die Möglichkeit, einen Umgang damit zu finden …“ nicht bestätigen. Das ist in einem derart exponierten Job wie dem Ihren bestimmt anders, aber bitte verallgemeinern Sie Ihre Erfahrungen nicht. Schließlich haben Sie auch eine Verantwortung für Ihre jungen Leserinnen. Und als Mutter einer Teenagerin, die ihren Platz im Leben noch sucht, macht mich das echt sauer! Frauen können sehr wohl „gewinnen“, wie Sie es ausdrücken. Zum Beispiel durch eine gute Ausbildung. Ach ja, und dann wüsste ich noch gerne, ob Sie jetzt den gewünschten Respekt bekommen und wenn ja, wofür genau?
Beatrix Lindner

Nichts gegen selbstoptimierung und die motivation ist mir auch egal, aber es gibt praktisch kein beispiel, dass botox-spritzen oder auffüllungen, geschweige denn operationen eine frau oder einen mann schöner gemacht hätten. es sind immer fratzen und cartoonkörper, die dabei herauskommen. das sieht jeder und jeder lästert darüber bei anderen und trotzdem scheint es nicht als warnung auszureichen, sich selber unters messer zu legen oder spritzen zu lassen? ist etwa der operierte typus das neue schönheitsideal? fast scheint es, als entspräche die steife oberlippe oder das betontittchen diesen großen logos oder signifikanten details auf klamotten, die jedem deppen zeigen, dass man sich etwas von versace geleistet hat bzw geld für ne op übrighatte. gerne würde ich einen artikel lesen, der diese frage beantwortet. stattdessen wird einmal mehr auf den verhältnissen rumgehakt, als würden nicht frauen genauso anfällig auf schönheit reagieren, schließlich ist sogar erforscht, dass schöne geschwister von ihren eltern bevorzugt behandelt werden.
p stampe

In einer Reportage wird eine junge Frau vor die Wahl gestellt: Sie wäre super-richtig selbstbewusst oder hätte ihre Traumbrüste.  Sie kann oder will sich zunächst nicht entscheiden, lässt sich dann aber operieren. Ich weiß, viele Untersuchungen sprechen dafür:  Schöne Menschen sind erfolgreicher.  Erfolgreicher als wer? Vermutlich erfolgreicher als weniger schöne Menschen.  Aber sind sie auch erfolgreicher als selbstbewusste, heitere, freundliche, zupackende?  Und sind sie zufriedener?     Das wäre meine Wahl, wenn ich einen Wunsch frei hätte: Zufriedenheit!  Und wenn’s noch mehr gäbe: Selbstbewusstsein, einen heiteren Sinn. Dann wäre mir nämlich egal, was irgendwelche seltsamen Menschen mir oder über mich schrieben. Dann würde ich ihnen auch nicht so viel Macht über mich einräumen, dass ich ihretwegen Kosmetika kaufte. Ich wünsche Ihnen – Frau Passmann – dieses Selbstbewusstsein!
O.Mauk

Berührt und begeistert habe ich grad Ihren Artikel ‚ Wir können nicht gewinnen ‚ gelesen – und möchte widersprechen, denn den Sieg bringt das Alter, in dem Frau unsichtbar wird und damit aus dem Männerblick der sexuellen Verwertbarkeit verschwindet. Welche Freiheit!!, auch von eigener Mühsal und Quälerei. Ich bin jetzt 71, hab wegen ein paar Kilo zuviel alle Diäten durch inkl. Abführmittelmissbrauch, alle Schminktipps probiert (nix Teures, weil früher keine Kohle), Kleidung nach gängigem Geschmack, zu klein gekauft oder sackartig zum Kaschieren, also die ganze Palette … heute bin ich durch Leid sehr schlank und kann alles essen, Ironie des Lebens, aber sehr praktisch im Alter. Trage sportliche Klamotten oft und lagern, bequeme Sneaker und fühl mich gut – und wenn ich noch mal glänzen will, dann durch mein Inneres, mein Können, klappt ganz gut! Ohne Rat kann ich die Mail nicht beenden: machen Sie einfach alles für Ihr Äußeres, was Ihnen gefällt und mit dem Sie sich wohler fühlen. Dieses Gefühl zu trennen von dem vom Männerblick auf Sie erzeugten, geht nach meiner Erfahrung gut mit echten FreundInnen und liebevoller Selbstreflektion.
Marlene Derendorf

Gewinnen – gegen wen? Sophie Passmann legt ihren Ausführungen zum Gegenstand der Schönheitseingriffe bereits in der Überschrift einen Wettkampf zugrunde und reduziert diesen auf die sexuelle Anziehungskraft von unterliegenden Frauen durch dominierende Männer. Mit einer weiteren irritierenden Grundannahme wird der Artikel eingeleitet: „Frauen haben keine Wahl“. Damit – und dem folgt der Artikel stringent – werden Frauen in der Opferrolle stilisiert und Männer, gleichsam undifferenziert, als Täter verantwortlich gemacht.

Im Einzelnen wird nun der „Schönheitswahn“, dem Frau unterliege, verallgemeinernd und m.E. nicht repräsentativ durchdekliniert. Es wird – stilistisch ermüdend, da redundant, und mit einer selbst erfahrenen Ohnmacht kokettierend – auf langer Strecke entfaltet, was frau angeblich alles tut und investiert, um dem männlichen Blick gerecht zu werden, über den sie nach Ansicht von Frau Passmann ihr eigenes Selbstbewusstsein generiert. Anders sei ein ernst zu nehmender Platz in der Gesellschaft nicht zu bekommen. Diese Annahme basiert auf der ebenso fragwürdigen Behauptung, Schlau- und Schön (und damit Attraktiv-)sein schlössen einander aus. Eine solche Lebensweise sei zudem belastet durch den beständigen Kampf der Frauen untereinander um – wahlweise – die größte Bedürftigkeit nach kosmetischen oder chirurgischen Maßnahmen oder der daraus resultierenden äußerlichen Anziehungskraft.

Frau Passmann bedient sich der Klischees, gegen die sie anschreibt. Das alles grenzt an „selbstverschuldete Unmündigkeit“ (im Sinne Kants). Dass sich das Selbst-Bewusstsein von – insbesondere jungen – Frauen gleichwohl verschiebt in der Ausrichtung auf die Wahrnehmung und Einordnung durch den Mann, kann ich bei meiner Arbeit als Lehrerin am Berufskolleg beobachten, und es ist bedenklich und darin Gegenstand unseres pädagogischen Auftrags! Umso bedauerlicher ist es jedoch, dass zusätzlich zu den omnipotenten Sozialen Medien, die eine dergestalte Verschiebung des Rollenbewusstseins in der Gesellschaft etablieren, der Relevanz eines solchen Weltbildes auch von der ZEIT (mit medialem Bildungsauftrag) Vorschub geleistet wird. Umgekehrt würde ein Schuh daraus.

Resultierend aus meiner realen, knapp 54 Jahre währenden Lebenswelt als Frau (und Mutter zweier Töchter) formt sich das weibliche Selbstbewusstsein keinesfalls nur über den Blick auf unser Äußeres. Die Wahrnehmung durch den Mann ist nicht allein der Maßstab und das Mittel, um Zufriedenheit mit sich selbst und Selbstwirksamkeit zu entwickeln. Körperliche Anziehungskraft und sexuelle Attraktivität (egal für welches Geschlecht) sind nicht exkludierendes Lebenselixier. Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist nicht abhängig von glatten Oberflächen. Banal: Es gibt innere Merkmale und Charakterzüge, mit denen frau sich die Welt eigenmächtig erschließen kann. Frauen sind keine Opfer, und ich empfehle als Kontrast die Lektüre von Svenja Flaßpöhler: Die potente Frau (Berlin/ Ullstein, 2018).
Bettina Busch

Sophie Passmanns resignierte Haltung gegenüber der Tatsache, dass Frauen auf ihr Äußeres reduziert werden, halte ich für antifeministisch. Sich den Schönheitsidealen zu unterwerfen sei bequem, man würde als Frau seine Attraktivität durch ein „Mindestmaß an Respekt“ belohnt bekommen. Das ist durchaus richtig. Ich finde jedoch, die feministische Position sollte eine Militante sein, die diese Verobjektifizierung der Frau durch den Mann aufdeckt und zu bekämpfen versucht und nicht eine, die die bestehende Ordnung akzeptiert und meint: „Wir können nicht gewinnen“. Heuchlerische Feministen, die Filler verurteilen aber nach Frisurentutorials fragen, kritisiert Passmann zurecht. Nur darf aus dieser Kritik nicht folgen, dass Filler und Frisurentutorials beide zu akzeptieren, sondern zu problematisieren sind. Schönheitseingriffe sind nicht zu unterlassen, weil die Betroffenen „es doch gar nicht nötig haben“ und auch nicht, weil „schlaue Frauen nicht schön sein wollen können.“ Diese Aussagen sind grundsexistisch. Von Schönheitseingriffen sollte man sich deshalb emanzipieren, weil es die feministische Vorstellung von Attraktivität vom konventionellen Schönheitsideal zu trennen gilt, damit wir eben doch gewinnen!
Luca Bricard-Knipp

Was andere über uns sagen, wie sie uns bewerten, ist die Aussensicht auf uns. Weil Bewertungen und Vergleiche so wichtig geworden sind, haben wir uns angeeignet, uns selber auch von aussen, mit den taxierenden Augen einer Zuschauerin zu sehen und uns als Objekte zu behandeln. Wie wir uns fühlen, was uns Freude macht, uns belebt und gut tut, lässt sich jedoch nur aus der Innensicht feststellen. Den Zugang zur Innensicht verloren zu haben ist eine schwere Störung der Beziehung zu sich selbst und durchaus einer klinischen Depression vergleichbar. Es gibt keine schnellen Lösungen. Man könnte den langen Weg zurück zu sich damit beginnen, statt Männer und Litfasssäulenbilder als gedankliche Referenzwerte zu nehmen, die eigene Katze zu fragen, ob man ihr gefalle, vom Aussehen her. Oder die Platane an der Strasse, ob es in Ordnung sei, geschminkt oder ungeschminkt ihren Schatten zu geniessen und sich vom Rascheln ihrer Blätter beruhigen zu lassen. Wenn man bereit ist, die Katze und den Baum in sich zu hören und ernst zu nehmen, statt verinnerlichten Werbebildern und Allgemeinplätzen allen Raum zu geben, ist das ein guter Anfang und mit Sicherheit ein grosser Gewinn.
Ursula Regez

Das Feuilleton der ZEIT, einstmals ein Glanzstück der Zeitung, ist mittlerweile auf das Niveau von Sophie Passmann gesunken, die sich im Hauptartikel des Feuilletons als unschuldiges Opfer männlich dominierter Schönheitsideale darstellt, um ihre jugendlichen Schönheits-OPs zu rechtfertigen. Bedauernswerte Frau, bedauernswerte ZEIT!
Udo Brückner


Leserbriefe zu „Und jetzt viel Spaß mit dem Hubert“ von Anna Mayr

Wer den Schaden hat spottet jeder Beschreibung. Das wird sich vielleicht jetzt Hubert Aiwanger, oft auch Hubsi genannt, denken. Aber das hat er sich selbst zuzuschreiben. Wer auf der braunen Fäkalienspur so ekelhaft ausrutscht wie Hubsi hat in der Politik nichts mehr zu suchen. Zu dieser Erkenntnis sollte Aiwanger schnellstmöglich kommen und die Bühne der bayerischen Landespolitik verlassen. Es würde der Demokratie nur guttun. Enttäuscht hat aber auch wieder einmal sein Kabinettschef Dr. Söder. Der Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende war ja erst vor kurzer Zeit selbst durch die Hoffotografenaffäre mit seinen Bildern für rund € 180000,– pro Jahr in den Negativschlagzeilen. Und was passiert jetzt? Söder windet sich fast noch mehr als Hubsi. Er versucht wortreich und mit viel Aktionismus über die nahenden Landtagswahlen zu kommen, um seine Wahlchancen nicht zu schmälern. Das ist zwar typisch für wandlungsfähige Politiker mit einer großen schauspielerischen Fähigkeit zur Selbstdarstellung, dient aber nur dem eigenen Machterhalt und nicht der Sache. So war auch der Fragenkatalog an Aiwanger nur eine Lachnummer. Die kann Hubsi dann in Ruhe mit den besten Juristen beantworten und so sicherstellen, dass dabei garantiert nichts herauskommt. Fazit: Stoppt diese weiß-blaue Flugblattshow, die nur einen bösen Schatten auf Bayern wirft! Dieses unwürdige Aiwangertheater haben die Menschen nicht verdient.
Claus Reis

Es ist schon erstaunlich, was einem nach Jahrzehnten auf die Füße fallen kann, was man im unreifen, jugendlichen Übermut betrieben hat. Bezogen auf den Fall Aiwanger fällt außergewöhnliche Bruderliebe auf, die Vorteile bringen kann, wenn man den bayrischen Vizepräsidenten derart unterstützt, dass er im Amt bleiben kann. Natürlich sind die Gedankengänge jenes Aiwangers seit jeher rechtslastig geprägt gewesen. Insofern steht mein Urteil diesbezüglich fest, und dieser Mann gehört weg vom Fenster. Aaaaaber …, wenn alle jugendliche Fehltritte eines jeden von uns, derart von einer Horde von Aasgeiern, durch den Dreck gezogen würden …, was und wer bliebe dann noch übrig …? JEDER hat irgendwie IMMER Dreck am Stecken, wobei Kleinigkeiten von entsprechenden Profis entsprechend medienwirksam modifiziert und aufgebauscht werden können.  Im Grunde ist dieser Fall ein Spiegel für die Schmutzigkeit der Methoden von Politik und Medien. Wer Vorteile für sich sieht, wird gnadenlos!
Kurt (Curd) Nickel

Halb oder vielleicht doch ganz Deutschland kreist z.Z. um den Buchstaben „A“ herum; „A“ wie „A“ in Aiwanger, „A“ wie „A“ in der Ampel und „A“ wie „A“ in Amberg! Markus Söder probt hier gerade in Bayern das Husarenstück „Wahlkampf für und wider Hubert Aiwanger“! Die Ampel aus Berlin will den Frieden in den eigenen Reihen und schiebt weiterhin den gezinkten „Schwarzen Peter“ hin und her! In der Stadt Amberg stellt der Künstler Georg Baselitz seine unheile Welt (in Bildern) auf den Kopf, und er macht das so geschickt, weil er das kann! Früher hat unsereins, der Mann halt, drei Dinge gebraucht, so wollte es uns die Werbung jedenfalls weiß machen. Wenn ich jetzt ein „A“ aus obiger Aufzählung für mich auswählen müsste, dann stünde ein „A“, wie das „A“ in Amberg mit der Ausstellung „Georg Baselitz – Maleland“, auf meinem persönlichen Platz „Aans“ *).*) „Aans“ ist fränkisch und steht für die „Eins“!
Klaus P. Jaworek

Eigenartig, dass gerade hier und heute all diese „sogenannten früheren Freunde“ von Hubert Aiwanger, nun aus ihren Erdlöchern kriechen! Warum gerade jetzt und hier; Jahrzehnte sind vergangen, aber nun ist sie plötzlich zurück gekehrt deren Erinnerung!? Und die, die am lautesten den Rücktritt von Aiwanger einfordern, die sollten zuerst mal lieber vor der eigenen Haustüre fegen und im eigenen Stall mal klar Schiff machen. Diese neue Scheinheiligkeit dieser Scheinheiligen, die stinkt doch ganz gewaltig bis zum Himmel hoch!
Riggi Schwarz

Mir liegt es fern, die Herren Aiwanger persönlich in Schutz zu nehmen. Aber wenn Medien – in zu vermutender Einigkeit mit politischen Gegnern – das Diffamieren auf Basis von 35 Jahre alten Begebenheiten fördern, bekomme ich große Sorge. Wem soll das nützen? Wir haben weder unterbeschäftigte Anwälte und Gerichte, noch gibt es einen nachweislichen Zusammenhang zum heutigen Charakter der Betroffenen. Vergangene Vorkommnisse lassen sich niemals objektiv aufklären oder gar schlüssig interpretieren und Menschen verändern sich innerhalb von Jahrzehnten. Durch derartige Angriffe wird niemand zu einem besseren Menschen. Das gelingt nur durch ein grundsätzlich wohlwollendes Beobachten aktueller Worte und Taten: ein Auftrag für uns alle, auch die Medien. Wenn es gewollt würde.
Barbara Rogge

Soll man Jugendsünden mit den Maßstäben der Erwachsenen betrachten? Oder gibt es Taten von Jugendlichen, die unbedingt mit dem Erwachsenenstrafrecht zu ahnden sind? Im Tagesspiegel vom 27.10.2006 steht: „Sunt pueri pueri, pueri puerilia tractant“ heißt ein lateinisches Sprichwort. Es diente den Römern als Ermahnung, die moralischen Maßstäbe gegenüber Pubertierenden nicht zu hochzusetzen. Gerade diejenigen, die in diesem Alter Dummheiten machen, sind oft die Besten, und gerade sie sollte man nicht kaputtmachen – diese Weisheit liegt dem Sprichwort zugrunde. Sie wird missachtet, wenn Jahre zurückliegende jugendliche Dummheiten in die Schlagzeilen kommen. (Zitatende) Aber es ist Wahlkampf, und die Temperatur steigt.
Alois Lienhard

Es entspricht dem Zeitgeist in der Vergangenheit nach Skandalen zu suchen. Persönlich finde ich es lächerlich, jemand jetzt vorzuwerfen 1987 ein Flugblatt mit radikalem Inhalt im Schulranzen gehabt zu haben. Wäre es nicht schlimm, wenn sich Menschen nicht weiterentwickeln? Sollte jeder seine ganze Vergangenheit offenlegen und je nach Schwere der Delikte ein Berufsverbot für gewissen Berufe vollstreckt werden? Politiker sollten nach dem, was sie momentan leisten, beurteilt werden und nicht, was sie in der Vergangenheit für Sünden begangen haben.
Oliver Wedlich

Mit einem verbalen Rundumschlag gegen Kritiker möchte sich der amtierende Wirtschaftsminister Aiwanger aus der Schlinge ziehen. Die hat er sich doch selbst gelegt und nicht „die“ anderen. Indem immer noch etwas Neues an Unappetitlichkeit nachkam, was laut Söder gar nicht mehr passieren dürfte, hat er sich inzwischen schon selbst so desavouiert, dass er in seinen Ämtern eigentlich nicht mehr zu halten ist. Die Frage „Wer sind Sie wirklich, Herr Aiwanger?“ drängt sich nun tatsächlich auf. Kein Wunder, wenn sich Zweifel an seiner Reputation weiter verselbständigen. Im Sport nennt man so einen Zustand „Angezählt“. In der Politik gibt es die Möglichkeit des freiwilligen Rücktritts, um Schaden vom Land abzuwenden und für restlose Aufklärung und Wiedergutmachung zu sorgen. Das nennt man Verantwortung übernehmen. Dazu scheint Hubert Aiwanger noch nicht bereit zu sein, weil seine Freien Wähler ihm ja aus Trotz und Schwäche den Rücken stärken, wohl wissend, dass ihr Chef nicht mehr lange zu halten ist. Denn wer sollte als Zugpferd der FW so viel Zugkraft aufbringen wie ihr Hubert Aiwanger?
Frank Stößel

Jetzt sind die Antworten da. Schriftlich.

Sie wurden mir zugespielt.

1.) Nein.

2.) Wieder Nein.

3.) Ja.

4.) Niemals.

5.) Nochmals Nein. Vollumfänglich.

6.) Nein und das wäre auch neu.

7.) Nicht ich.

8.) Noch niemals.

9.) In kleinster Weise.

10.) Nie im Leben.

11.) Nur so.

12.) Nur ich sage hier Nein.

13.) So gut wie nie.

14.) Aber Nein. Weil ich das nämlich wüsste.

15.) Nein! Wer sagt das? Ich stelle fest: Das ist eine nichtige Unterstellung.

16.) Nein, keiner.

17.) Nein. Niemandem.

18.) Neun. Nicht zehn. Öfters auch nicht. Unmöglich.

19.) Auch Nein.

20.) Auch nicht.

21.) Ich kann mich nicht erinnern. Aber wenn’s so wäre, ist es nicht meine Sache noch Streben, weder Suchen noch mein Anliegen.

22.) Da müsste ich lügen, wenn ich nicht Nein sage.

23.) Nein.

24.) Abermals Nein.

25.) Das verlangt nur eine Antwort: Nein.

Bayern, am 31. August 2023

Die 25 Fragen sollten erst noch kommen. Kenntnisstand 30. August früher Nachmittag. Aber Hubert Aiwanger wäre nicht Vizeministerpräsident ohne die – sagen wir einmal – Tugend der Intuition, die Politikern eignet, die so weit gekommen sind. 25 Antworten im Voraus – mehr Klarheit geht nicht. Er denkt womöglich auch, „es ist doch nur gscheit, und ich bin mir sicher, wenn ich gscheit vorbereitet bin. Grad‘ wo ich’s gschafft hab‘, Opfer zu sein“. Vermutlich. Ich gestehe Ihnen auch, lieber Redaktion, dass ich ziemlich erstaunt, mehr noch, ja verblüfft bin, doch, dass er sich sogar die genaue Reihenfolge der Fragen bereits hat vorstellen können. So ist sein klarer Antwortkatalog auf die fünfundzwanzig Fragen am Donnerstag schon entstanden. Also blind, und sehend. Wie wenn die von ihm kämen. Fraglos ein hohes Maß intuitiver Tugend, mehr Klarheit geht nicht. Vertrauen in eine Lösung der Affäre, in Empathie hoch geschult, vertraulich. Fertig. 25 Fragen – sind ja weit mehr als das bescheiden bis höfliche „Adam, wo bist Du“? einst am Beginn.
Roland Spur

Was ist eine Jugendsünde? Etwas Harmloses? Und wie lautet eigentlich der Gegenbegriff? Ich empfehle zur aufrichtigen Einordnung solch eines Deutebegriffs jedem den Besuch im Möllner Don-Bosco-Haus, einer heilpädagogischen Vollzeit – Therapie – und Fördereinrichtung für Menschen mit schwersten Mehrfachbehinderungen. 1968 gründete die katholische Gemeindereferentin Schwester Maria von de Berg den Verein „Don – Bosco – Haus für das behinderte Kind e.V.“, der inzwischen rund 250 Mitglieder umfasst. Ihre Motivation war es zunächst, Kindern mit schwersten Mehrfachbehinderungen für wenige Wochen ein Zuhause zu bieten, damit deren Familien sich in ihren Ferien entspannen, erholen und Kraft schöpfen konnten für die häusliche Pflege und Zuwendung.

Als langjährige und sehr enge Freunde der ökumenisch gesinnten Lübecker Familie von de Berg hatten die vier Lübecker Märtyrer die religiöse und politische Einstellung der minderjährigen, jugendlichen Maria von de Berg geprägt. Diese vier Geistlichen (drei katholische Kapläne sowie der evangelische Pastor Stellbrink) wurden ihres mutigen Auftretens gegen das NS – Regime wegen 1942 verhaftet, im Lübecker Christenprozess 1943 zum Tode verurteilt und am 10. November 1943 in Hamburg mit dem Fallbeil hingerichtet. Sie setzten sich vor allem gegen die Euthanasie ein und somit für das Leben von Menschen mit Behinderung. Schwester Maria hat diese vier Märtyrer auch vor deren Inhaftierung gemeinsam mit ihrem Bruder Franz von de Berg zeitweise im Untergrund betreut und begleitet, sie im Gefängnis besucht, Beistand geleistet und ihre Glaubenseinstellung geteilt – „Es gibt kein unwertes Leben“. Im jugendlichen Alter kopierte die spätere Gründerin des Don-Bosco-Hauses die Predigten von Galens und verteilte diese als Flugblätter!
Peter Pypelinx

Hubert Aiwanger wehrt sich gegen die Hexenjagt die gegen ihm ausgebrochen ist und er hat recht, diese ,,Sud Deutsche Zeitung, die mit diesen Vorwürfen gekommen ist, ist genauso Grün als damals in dem dreißiger Jahre die Völkische Beobachter Braun war, und die Anführer de Freie Wähler ist für diese linken Zeitung seit lange eine dorne in den Augen. Ob es ja oder nein war, ist was Aiwanger wird for geworfen ist nicht so wichtig, jeder Schüler hat das recht in seiner Pubertät (auch dumme) Fehler zu machen und jeder die behauptet er hatte das nicht gemacht ist oder einen gehirnloser idiot, oder einen geborenen Leugner. Man hat als jugendliche auch das Recht darauf diese Fehler zu machen und seine Meinung zu bilden, und Leute die man als Kind als Feind siehe, kann man später im Leben als freunden betrachten, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann. Das alles ist eine ganz normale Entwickelung und nichts, um sich über aufzuregen.

Schlimmer wird es aber wann man als erwachenden solche aussprachen macht, wie zum Beispiel für einige jäheren, als beim Kongress der Linkspartei der Anführer sich öffentlich die Frage stellt ob man alle reichen in Deutschland (etwa 3 Millionen) nicht besser abschießen kann, wo auf seinen Parteigenossen neben ihm bemerkt das es zu viel Munition und damit Co2 Ausstoß geben konnte und es vielleicht besser ist sie durch Arbeit zu vernichten…  Ins besonderes, dass sowas in das heutige Deutschland öffentlich geascht werden kann, solange man nicht zu der rechten Seite des Spektrums stehe, sagt was…. Für die Grünen sind solche aussprachen total kein Problem, die meinen selbst das wann sich Deutschland sich durch unbeschrankte Immigration aus Afrika, das Nahe Osten Und Afghanistan in Zukunft dramatisch verändere, das für Sie (die Grünen), einen Segen ist wo auf sie sehr froh sind, (und damit die Vernichtung der eigenen Kultur und Traditionen begrüßen) …

Es ist nur einen Beispiel von viele Volksverhetzende und diskriminierende aussagen von Grünen und Linken über ihren Land und gegen Politische Gegner, die aber (und ins besonders im Osten) von SPD , FDP und CDU/CSU gebilligt werden um die Macht zu behalten und gerade diese Haltung und diese Doppel Moral kommt immer mehr Wahler die Nase aus, und sie akzeptieren das nichtmehr und ich habe Verständnis dafür.

Das kann bedeuten dass beim nächste Wahlen die macht der herzende politische Parteien durchbrochen wird, und die AFD nicht nur im Osten, aber in ganz Deutschland die stärkste Kraft wird, und die Politisch aschgeschlossen  Leute so laut werden das, genau wie in 1987/88, die ins Berliner ,,Politbüro,, sitzende links liberale  undemokratische  ,,Politisch Korrekte klicke,, das nicht mehr ignorieren können und für die Deutschen endlich wieder licht in Tunnel  kommt, und Ich werde es sie vergönnen…!
Henk Klaassen

Wäre Aiwanger intelligent, dann würde er sagen, mit den „Vaterlandsverrätern“ habe er die Nazis gemeint, weil sie Deutschland zerstört, ewige Schande über es gebracht und damit verraten haben, und dass er den Nazis all das an den Hals wünschte, was sie ihren Gegnern und Juden, Sinti und Roma, Kommunisten und Sozialdemokraten, Homosexuellen und Behinderten und so vielen Weiteren mit wahrer Inbrunst angetan hatten. Dann wäre klar, dass Aiwanger weder damals noch heute ein Nazi war oder ist. Doch entweder kennen ihn von früher noch zu viele, oder ist er einfach nicht intelligent und nicht auf diese Idee gekommen, weil er Nazis partout nicht als „Vaterlandsverräter“ verstehen kann, so muss man folgen, dass er bis heute ein Nazi ist und damals erst recht einer war. qed.
Klaus Sommer

Ist es nicht merkwürdig, dass jemand, der anderen die Ermordung in Ausschwitz wünschte, so empfindlich darauf reagiert, wenn jemand auch nur seine berufliche Karriere in Gefahr bringt? Selbst Anderen die Existenzberechtigung abgesprochen zu haben und nun zu lamentieren, dass jemand durch die Aufdeckung dieser Tatsache Aiwangers berufliche Karriere gefährde, zeugt von einem Weltbild, das ausschließlich um das eigene Ego kreist. Anders gedacht: Wie will Aiwanger als stellvertretender Ministerpräsident einer anderen Person, die den Staat vertritt, Polizisten, Soldaten, Beamten, Lehrer oder wem auch immer gegenübertreten, der menschenverachtende Parolen von sich gibt und dann sagt: “War ja nur ein Scherz!” / “War ja nur betrunken.”/ “War ja gestern, heute bin ich lupenreiner Demokrat.” “Deswegen können Sie mir doch nicht meine berufliche Existenz beschädigen!” Noch mal anders gedacht: Was würde Aiwanger wohl sagen, wenn jemand dazu aufriefe, Aiwanger zu töten und sich dann hinstellt und meint: “Ja, war blöd. Aber jetzt muss auch wieder gut sein.”

Das Problem ist nicht, dass Aiwanger vor Jahrzehnten Menschenverachtendes propagiert hat. Das Problem ist sein heutiger Umgang damit, der zeigt, dass sich seit damals nichts daran geändert hat, dass er sein Ego populistisch auf Kosten anderer aufbaut – ganz flexibel, je nachdem wer gerade als Feindbild geeignet scheint. Eine Gesellschaft lebt von Menschlichkeit, Solidarität, Verbundenheit und Hilfsbereitschaft. Aiwanger demonstriert durch sein politisches Auftreten das Gegenteil und ist deshalb ungeeignet für ein gesellschaftliches Amt. Dabei wäre es so einfach: Aiwanger könnte seine Aussage, dass er in seiner Jugend Mist gebaut hat, kombinieren mit öffentlicher Dankbarkeit dafür, dass es nun wieder aufblühendes jüdisches Leben in Bayern gibt. Er könnte einen kleinen Preis ins Leben rufen, mit dem er jährlich Projekte ausgezeichnet würde, in denen jüdische und nichtjüdische Organisationen freundschaftlich zusammenarbeiten. Er könnte aufhören, sich auf Kosten anderer zu profilieren und ordentliche, positive Politik machen. Dann wäre das widerliche Flugblatt von damals so was von gestern und die obigen Probleme erledigt. Aber nachdem das oder Ähnliches ausbleibt, scheint bei Aiwanger eben doch das Grundsätzliche beim Alten geblieben zu sein. Und damit ist er politisch unerträglich.
Michael Krauß

Die Stellungnahme von Sigmar Gabriel ist – neben derjenigen des Deutschen Lehrerverbands – als einzige menschlich adäquat. Das lebenslange Haftensollen für eine Jugendsünde zerstört jede Gesellschaft und fördert pseudoaufklärerischen Sensationsjournalismus. Auch der Staat ist gut beraten, wenn er respektiert, dass (Zitat aus der Stellungnahme des Lehrerverbands: „Düll erklärte, die Gründe für „ein solches Pamphlet“ wie im vorliegenden Fall könnten unterschiedlich sein, etwa Rache, Provokation, eine extremistische Haltung oder auch Imponiergehabe. „Je nach Alter und Reife weiß man aber, welche Brisanz damit verbunden ist“). Herrn Gabriel geht es in diesem Fall ja offensichtlich um die Sache und nicht um einen Vorteil für seine Partei. Er spricht möglicherweise aus eigener Erfahrung.

Bitte distanzieren Sie sich von unseriösen und aufwieglerischen journalistischen Kampagnen und denken – wie ich auch – an Ihre eigenen Jugendsünden, seien sie aus Rache, Provokation, einer extremistischen Haltung oder auch Imponiergehabe entstanden. Dann werden Sie Herrn Aiwanger gerecht und helfen, Frieden und Gerechtigkeit wiederherstellen.
Heribert Knott

Mei, der Aiwanger Hubert, was für ein brutaler brauner Nazi-Bazi! Frau Lau hat ihn dafür schon abgewatscht, Frau Mayr ist ein wenig sanfter mit ihm umgesprungen. Solch abstoßende Sprüche wie damals werden heute noch immer tagtäglich in die asozialen Medien gekotzt; zu Aiwangers Schulzeit gab’s halt Zettelwirtschaft! Wollte er jemandem imponieren, jemanden provozieren? Lief in seiner Schule vielleicht eine Wette, wie weit man mit Unsagbarem gehen kann, ohne der Schule verwiesen zu werden? Sollten 36 lange Lebensjahre nicht genügen, um einen schwarzbraunen Jugendsünder zu einem rechtschaffenen Christen zu läutern? Vom Sau-lus zum Paulus? So machen Politiker hat man eine deutlich kürzere Rehabilitierungs- und Resozialisierungszeit eingeräumt! Die von Frau Mayr zitierte Verkäuferin hat ja recht: „Jeder hat doch seine Leichen im Keller“. Besonders viele vermutlich diejenigen, die jetzt so laut brüllen: Kreuziget ihn! Die eines Politikers werden gern kurz vor Wahlen ausgegraben, mit dem hehren Ansinnen, das tumbe Wahlvolk noch rechtzeitig aufzuklären! Das aber will sich, völlig unaufgeklärt, selbst ein Bild vom Kandidaten machen; und es ist durchaus in der Lage, in der Wahlkabine, völlig abgeklärt, eines – oder keines – der angebotenen demokratischen Kästchen anzukreuzen! Zefix!
Ulrich Pietsch

Dass Hubert Aiwanger in Festzelten zu deftiger, wenig differenzierender und noch viel weniger höflicher Redeweise neigt – das ist bekannt. Sein Auftreten, sein Verhalten und vor allem seine Sprache passen ganz einfach nicht zu seinem Auftrag, politischer Repräsentant für sein Bundesland zu sein. Wie wenig vernünftig sein Agieren ist, wurde schon durch seine Impf-Weigerung deutlich: kann so jemand ein ernst zu nehmender Gesprächspartner für die bayerische Wirtschaft sein ? Und nun kommt auch noch sein gestörtes Verhältnis zur bayerischen Presse hinzu. Wie kann jemand verantwortliche Politik machen, wenn die wichtigste Zeitung seines Landes (die SZ) zu seinen Feindbildern zählt. Der Gipfel politischer Geschmacklosigkeit ist nun erreicht: ausgerechnet die Aufdeckung der Wahrheit- also über sein schmutziges Flugblatt – als „Schmutzkampagne“ zu bezeichnen. Dabei hat er selber den allergrößten Schmutz fabriziert. Und der bleibt an ihm hängen. Und dazu nun auch noch an Herrn Söder.
Lutz Keil

Sechzehn-bis über Zwanzigjährige haben auf der ganzen Welt Narrenfreiheit, nicht nur in Deutschland. Teenager, die sich für den Krieg mit modernen Waffen begeistern, sind schwachsinnig, aber man muss dieses Deppentum als normale Entwicklungsstufe tolerieren. Sie sind begeistert in den Ersten und in den Zweiten Weltkrieg gezogen. Ich wäre sicherlich auch dabei gewesen. „Für das Vaterland“ ohne triftigen Grund in den Krieg zu ziehen, ist ein weit größeres Verbrechen als ein antisemitisches Pamphlet. Da waren Millionen mit dabei. In diesem Alter und als Student darf man auch freche, abscheuliche Lieder singen. Es dauert Jahrzehnte, bis der Mensch gescheiter wird. Mütter, die ihre Söhne in den Krieg ziehen ließen und lassen, waren und sind bedauernswerte Vollidiotinnen. Wir haben sie nie bestraft. Gott Staat und die Göttin Kirche dürfen uns alles befehlen, wir sind immer mit dabei. Jeder katholische Bayer ohne Ausnahme ist christlicher Antisemit und braucht Jahrzehnte für die Bewältigung seiner christlichen Vorurteile. Das Christentum ist das Loch, aus dem das kroch. Das will aber keiner hören.
Dieter Messner

…eher ein Stallvertreter, der mit Kühen und Kälbern kann, nicht aber Repräsentant des Wählers in Gestalt eines Vizes und Ministers. Zurück zu den Wurzeln also, Hubsi. das (Stimm)vieh braucht dich!
Harald Dupon

Hat eigentlich schon mal jemand darüber nachgedacht, dass ein Antisemit, falls tatsächlich der ältere Bruder das Schmierpamphlet verfasst hat und das nicht nur eine Schutzbehauptung ist (Hubert soll ja Hitlerposen oder -reden vor dem Spiegel einstudiert haben), Waffen verkaufen darf? Man möchte sich gar nicht vorstellen, dass da vielleicht sogar welche an andere Rechtsextremisten vertickt werden … Offen ist immer noch die Frage, wie die Flugblätter in die Tasche des jüngeren Bruders gelangt sind und was bei der Erziehung der Beiden schiefgelaufen ist. Dass man in Bayern Leichen im Keller hat und das für normal hält, überrascht mich bei der Nähe zu Österreich nicht wirklich. Offenbar glaubt man dort auch immer noch, dass Ungetaufte in die Hölle kommen (S. 17). Also: Hauptsache, getauft, falls man eine Leiche im Keller hat! Ich würde mir einen Freiflug der Freien Wähler unter die Fünfprozenthürde wünschen, befürchte aber, dass es eine Art „Trumpeffekt“ geben könnte. Die „Opfer“rolle versucht Aiwanger ja schon einzunehmen, indem er behauptet, gegen ihn laufe eine „Kampagne“.

Und dass Schulversager gerne besonders waffenaffin sind, weiß ich aus meiner eigenen Schulzeit. Man sollte vielleicht froh sein, dass Helmut Aiwanger kein Computerhacker war (S. 17), aber das war Ende der 80er auch noch nicht so in Mode. Andererseits wäre er dann eventuell im Knast gelandet, wo er für die Volksverhetzung eigentlich auch hingehört hätte. Seltsame „Aufarbeitung“ des Vorfalls durch seine damalige Schule … Erstaunlich viele „Erinnerungslücken“ im Übrigen, was Hubert Aiwangers Antworten auf Söders Fragenkatalog angeht: https://www.br.de/nachrichten/bayern/25-fragen-von-soeder-das-sind-aiwangers-antworten-im-wortlaut,TomxRMi . Aber vielleicht stand Aiwanger auch öfter vor dem Schulausschuss, da kann man schon mal leicht „vergesslich“ werden. Wenn man von dort aus weiterklickt, erfährt man, dass er in der 9. Klasse seine Kunstlehrerin nach deren eidesstattlicher Erklärung mit Säure bespritzt hat, wodurch ihre Kleidung Löcher davontrug. Auch soll eine weitere Lehrerin betroffen gewesen sein. Ich bin ungefähr genauso alt wie Hubert Aiwanger, in unserer Klasse wurde auch relativ viel Mist gebaut (zumindest bis zur 10. Klasse), aber wenigstens kein richtig krimineller Scheiß. Vor den Schulausschuss, falls es sowas bei uns überhaupt gab, ist jedenfalls niemand gekommen.
Thomas Manthey

Aiwangers fehlgeschlagene Selbstbeweihräucherung. Zu seinem Verteidigungsplädoyer fallen mir umgehend folgende Fragen ein: Mehrmals beruft er sich – meistens in Bierzelten – auf seine Jugendzeit. Meinetwegen, aber dann möchte ich gerne wissen, welche Moral in seinem Elternhaus nach dem schrecklichen Hitlerkrieg geherrscht hat, beziehungsweise wie seine Eltern versuchten, die Vergangenheit zu bewältigen und wie sie es gegenüber deren Kinder – wenn überhaupt – darstellten.  Wurde überhaupt darüber gesprochen, welch schrecklichste Verbrechen die deutschen Nationalsozialisten begangen haben, in deren Verlauf Abermillionen unschuldige Menschen bestialisch umgebracht wurden? Wurde dies und anderes mehr als bis dahin größtes Verbrechen der Menschheit erkannt? Hat man es auch ehrlich bereut, oder wurde in der Familie Aiwanger eher die Niederlage des Naziführers und seines Regimes nachgetrauert?
Hans Gamliel

Die Art und Weise, wie Herr Aiwanger auf die Enthüllung seiner „Jugendsünden“ reagiert, und seine Antworten auf Söders Fragenkatalog zeigen eine in seinem politischen Umfeld und bei seinen Wählern „ganz normale“ Geisteshaltung: Die Annehmlichkeit, in einem demokratischen System zu leben, verpflichtet in keiner Weise dazu, sich selbst an Grundsätzen der Demokratie und des Respekts gegenüber anderen Menschen zu orientieren. Sondern es wird als gutes Recht betrachtet, überall Sündenböcke zu suchen, andere Menschen verächtlich zu machen, seine Wut – beispielsweise über selbstverschuldetes Schulversagen – in Hasstiraden gegenüber den Schwachen – in diesem Fall den Opfern des nationalsozialistischen Deutschlands – auszuleben. Und diese Geisteshaltung trifft oft genug zusammen mit einem Bodensatz von Verleugnung der deutschen Schuld, die anscheinend von den Großvätern höchst erfolgreich an die Enkel weitergegeben wurde. In diesem Umfeld betrachtet man es offenbar als vollkommen akzeptabel, in seiner „Jugend“ (Aiwanger war bereits 17!) Antisemit gewesen zu sein, wenn man nur inzwischen gelernt hat, seine Aggressionen und Gewaltfantasien auf weniger brisante Objekte wie z.B. Asylbewerber zu lenken. Der Beifall, der Aiwanger bei seinen Auftritten entgegenbrandet, zeigt, wie prekär die Zustimmung zu Menschenrechten und demokratischen Prinzipien ist.
Susanne Roether

Ich lese gerade den Artikel über Aiwanger, mich verwundert sehr das „Die Zeit“ am Kampagnenjournalismus gegen Aiwanger teilnimmt. Denn die Süddeutsche Zeitung war nicht die einzige Redaktion, die im Besitz des Flugblatts war, dem Spiegel lag auch eine Kopie vor. Der Redakteur prüfte die Unterlagen, und riet von einer Veröffentlichung ab, die Vorwürfe erfüllten nicht die Mindeststandards für eine Verdachtsberichterstattung, Der Informant, ein pensionierter Gymnasiallehrer an einer bayerischen Schule, meldet sich die einer der führenden Zeitungen, natürlich anonym! Er habe etwas, was die Redaktion interessieren könnte und geeignet sei, den Ruf eines prominenten Politikers zu zerstören. Die Süddeutsche wollte den bayrischen Wirtschaftsminister unbedingt erledigen, warum weiß ich nicht. Ich weiß nur, das in Bayern am 8.10 Landtagswahlen sind.
Dieter Jacobsen

Die im Kontext der Aiwanger-Flugblatt-Affäre thematisierte „Erinnerungskultur“ muss sich nicht nur auf die Ursachen, Erscheinungsformen und Folgen der NS-Diktatur beziehen, sondern auch auf die Aufklärung der Entstehungszusammenhänge jener vier Jahrzehnte nach Nazi-Deutschland von (einem?) Schüler verfassten und verbreiteten antisemitischen Hetzschrift. Kenntnisse darüber können gerade heute, in Zeiten der zunehmenden Rechtsradikalisierung in etablierten Demokratien, hilfreiche Hinweise liefern für präventive pädagogische, sozial- und bildungspolitische Konzepte. Zudem sei Herrn Aiwanger empfohlen, bei der von ihm gewählten unsäglichen Variante einer Täter-Opfer-umkehrenden Verarbeitung seiner „Jugendsünden“ einen Blick auf zwei beispielhafte historische (bayerische!) Vorbilder zu werfen, nämlich auf die Geschwister Hans und Sophie Scholl, die bekanntlich vor acht Jahrzehnten ihre „Jugendsünden“, nämlich ihre Mitgliedschaft in den Nazi-Jugendorganisationen HJ bzw. BDM, verarbeiteten, indem sie sich vom Nationalsozialismus abwandten, aktiv Widerstand gegen das NS-Regime leisteten und dabei u.a. auch Flugblätter verfassten und verteilten – Flugblätter, die sich allerdings gegen NS-Verbrechen wandten.
F. Klaus Koopmann

Danke, dass Sie sich der Causa Aiwanger annehmen. Gerne würde ich mit einem anderen Aspekt das Thema ergänzen: Die falschen Fragen des Markus Söder. Die Pubertät ist eine Zeit, in der junge Menschen Orientierungen suchen, Vorbilder. Jetzt werden Haltungen geprägt und Weltanschauungen.

Deshalb einige meine anderen Fragen: Wer waren die Vorbilder der Brüder Aiwanger? Wie viele ehemalige Nazilehrer unterrichteten an dieser Schule? Welche Fächer unterrichteten sie? Wie wurde den Jugendlichen die Nazizeit nahegebracht? Warum wurde an der Schule aufgrund dieses Vorfalles nicht eine breite Diskussion entfacht? Während im „Unrechtsstaat“ DDR der Antifaschismus zur Staatsdoktrin erhoben wurde, die Opfer eine Ehrenente erhielten, bis zur Wiedervereinigung, konnte in der BRD der größte Teil der Nazi-Eliten ihre Karriere nahtlos fortsetzen, auch Lehrer! Der Schoß ist fruchtbar noch… Es wäre schön , wenn der Kosmos Schule dieser Zeit faktenbasiert und systematisch aufgearbeitet würde.
Annebärbel Jungbluth


Leserbriefe zu „Jetzt mal im Ernst“ von Mariam Lau

Bonjour. Anbei die Fragen eines nachdenklichen Zeitlesers: Wer hat bei den letzten Landtagswahlen in Bayern schmerzliche Verluste hinnehmen müssen? Wer musste anschließend die Macht in einer Koalitionsregierung teilen? Wer will dies nie wieder erleben? Und wann sind die nächsten Landtagswahlen in Bayern?
Kurt Eimers

Es ist mir nicht in Erinnerung, irgendwo eine Verteidigung des genannten „Flugblatts“ gesehen zu haben. Was es aber durchaus gibt, ist Mitgefühl mit einem Menschen, der in seiner Jugend (fast Kindheit) eine Dummheit gemacht hat und nun aus politischen Gründen fertig gemacht wird. Dass seine Partei bei dieser Gelegenheit in Sippenhaft genommen wird, ist unerhört. Dass sich meine „Zeit“ für eine derartige politische Agitation hergibt, macht mich fassungslos.
Siegfried Rose

Frau Lau hat den kürzlich verstorbenen Martin Walser vergessen mit seiner Rede in der Paulskirche und der „Ausschwitz Keule“. Es ist genau dieses „moralische Entsetzen“ das bei Herrn Walser damals und jetzt im „Fall Aiwanger“ sofort von den Medien und Politikern hervorgeholt wird, um uns Deutschen klarzumachen, auf welch dünnem demokratischen Eis wir uns als eventuelle Sympathisanten von AfD oder Herrn Aiwanger bewegen. Wer hier wen permanent versucht zu indoktrinieren, wird mit dem moralischen Zeigefinger geschickt verschleiert. Die Süddeutsche Zeitung ist der eigentliche Brandstifter und das ganz gezielt und bewusst – und vor allem jenseits von Moral. Vor einigen Jahren hat die SZ Ihren hervorragenden Karikaturisten Hanitzsch kaltgestellt, weil dieser es gewagt hatte, den „ehrenwerten“ Herrn Netanjahu mit „jüdischen Gesichtszügen“ zu zeichnen. Natürlich ist das Flugblatt als solches eine Schande.

Aber vor 35 Jahren verfasst von einem 16-jährigen „Pubertier“ – dessen Bruder in all den vielen Jahren in der Öffentlichkeit nicht einmal mit judenfeindlichen oder rassistischen Äußerungen aufgefallen ist – was soll uns das jetzt im Jahr 2023 sagen(?) – ein paar Wochen vor der Landtagswahl in Bayern? Ach ja, Herr Aiwanger hat mit seiner Rede zum „Heizungspfuscher“ Gesetz in Erding soviel erkennbare Zustimmung in der Bevölkerung hervorgerufen, dass sich die SZ genötigt sah, eventuelles Nazi Unbill in Person von Herrn Aiwanger mit allen Mitteln zu verhindern und das – bayerische – Wahlvolk zu „schützen“. So funktioniert also Demokratie a la SZ und Gesinnungsgenoss☆innen – darauf kann getrost verzichtet werden.
Reinhard Mayer

Geschichte wiederholt sich nicht, sie ist aber lehrreich.  Erinnert sei an die Jugendsünden der Grünen, damals längst keine Minderjährigen mehr, etwa aus derselben Zeit wie das Pamphlet aus dem Hause Aiwanger. Pädophile war in diesen Kreisen bis Anfang der 90 er salonfähig. Ein ekelhaftes Verbrechen. Gewiss, es gibt keine Gleichheit im Unrecht, was verkehrt ist, wird nicht durch anderes Unrecht aufgewogen. Doch wird offenbar mit zweierlei Maß gemessen, wenn es darum geht, einen unliebsamen Zeitgenossen zur Strecke zu bringen. Miriam Lau setzt alles daran, die Grünen als Alternative ins Spiel zu bringen. Ein durchsichtiges Manöver, auch wenn vermutlich aus Trotz das Gegenteil erreicht wird. Die AfD steht schon in den Startlöchern.
Christoph Schönberger

Der Opportunismus von Markus Söder tut so, als wäre er nah an den Menschen und nimmt sie genau darin nicht ernst, denn er ist nur bei seinem eigenen Machtbedürfnis. Zynisch, wenn er dabei die Vergesslichkeit der Menschen einkalkuliert und seine vielen Wendungen auch noch als Geradlinigkeit erscheinen lässt. Die CSU verfügt definitiv nicht mehr über den alleinigen Zugang zu bayerischen Traditionen und zur verbreiteten konservativ-rechten Gemütsverfassung. Bayern ist längst nicht mehr CSU. Den Bund mit dem Volk können auch die anderen Parteien rechts von der CSU sehr erfolgreich eingehen. Ein guter Tipp von Mariam Lau für Markus Söder: Probier’s mal mit Seriosität. Wenn es für das bayerische Selbstbewusstsein notwendig ist, dann vielleicht im Rahmen eines bundesweiten Seriositäts-Wettbewerbs, um ganz Deutschland zu zeigen, wie Seriosität eigentlich so richtig geht. Diesen Wettbewerb gewinnen zu wollen, wird sich lohnen.
Reinhard Koine

Ich bin überrascht, wie intensiv sich die Zeit an der Diskussion zum Aiwanger-Thema beteiligt.  Für eine relevante Berichterstattung sind seine aktuellen Leistungen – insbesondere in der Bayrischen Regierung – relevant, damit sich die Wähler auch vor der Wahl ein Bild machen können. Irgendwelche Jugendsünden breitzutreten, lenkt von wichtigen Themen ab. Sowas macht vielleicht die Süddeutsche Zeitung, deren journalistische Qualität aus meiner Sicht seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten massiv überschätzt wird.  Man kann diese Jungendsünden ja vielleicht berichten, was aber komplett fehlt ist die Einordnung. Haben sich solche Dinge in seinem politischen Leben – insbesondere in seiner Regierungszeit oder Parteivorsitzendenzeit – gezeigt oder nicht? Ist Herr Aiwanger ein Antisemit oder nicht? Bisher sind keine Informationen bekannt gemacht worden, die Herrn Aiwanger als Antisemit erscheinen lassen könnten.  Ich würde mich freuen, wenn die Berichterstattung schnell zu relevanten Fragen zurückkäme, insbesondere bei der Zeit.  Die Freien Wähler als Regierungspartei unter der Führung von Herrn Aiwanger habe ich in Bayern als eine Bereicherung empfunden. Falls die derzeitige Berichterstattung auf dem derzeitigen Niveau weitergehen sollte, würde ich mich freuen, wenn einige Wähler in Bayern vor diesem Hintergrund die Freien Wähler „erst recht“ unterstützen würden.
Christian Voss

In der aktuellen Politik versteckt sich eine, fast alle Krisen begleitende, wenn nicht gar vielfach auslösende unglaubliche Dimension von Inkompetenz als Folge eines fatalen, populistischen Mustern dienenden Selektionsprozesses in den Parteien. Misst man die, von der Politik inflationär eingerichteten und akademisch anmaßenden Bundesbehörden als parteipolitisch korrumpierte Sachwalter politischer Handlungspflichten hinzu, wird keine Erneuerung hin zu Seriosität deutscher Politik erkennbar. Dieser pathologische und die oberste Repräsentantin der Dummheit AFD fördernde Zustand beschränkt sich nicht auf Bayern, erst recht nicht bei einem Kanzler, der trotz Amnesie (Wirecard) mutig die Aufklärung in der Causa Aiwanger einfordert.
Jürgen Dressler

Ganz gleich welche rechtsextremen, nationalsozialistischen Äußerungen und Veröffentlichungen Herr Aiwanger getätigt hat, das Ganze hat ein G’schmäckle. Sehr viele Menschen in seinem Heimatdorf haben angeblich davon schon immer gewusst, wollen jedoch nicht darüber reden und können sich an nichts erinnern. Ein Einwohner gibt gar vor, den Namen Aiwanger nicht zu kennen. Ein ehemaliger Lehrer will eines der Veröffentlichung von Aiwanger über diese lange Zeit aufbewahrt haben. Wenn sich dies alles so zugetragen hat, warum erfolgen erst jetzt, zu diesem Zeitpunkt, in der Endphase des bayrischen Wahlkampfs diese Veröffentlichungen? Wer hat ein Interesse, das dies öffentlich gemacht wird?
Ekkehart Staritz

Russland & Rot-China terrorisieren die Welt, die Ampel fährt die deutsche Wirtschaft an die Wand, Armut, Arbeits- & Obdachlosigkeit steigen hierzulande! Und was machen Politik & Mainstream-Medien? Sich über 35 Jahre alte Flugblätter eines damals Minderjährigen unterhalten! Diese angebliche „Elite“ ist schlicht zum Kotzen!
Wolfgang Daub

Mariam Lau beendet ihren Beitrag „Jetzt mal im Ernst“, dass es Konservativen bekanntlich nicht leichtfalle, eine halbwegs gute Meinung von ihren Mitmenschen zu haben. Welch eine bösartige Unterstellung einer Journalistin, die nach eigener Aussage unter deutschen Publizisten als liberal-konservativ gilt. Die Würde des Menschen und der Respekt vor Menschen mit Anstand sind für Konservative mit christlichen Grundwerten oder humanistischer Prägung die Basis für ein positives Menschenbild. Sie alle werden pauschal als Personen dargestellt, die grundsätzlich eher keine gute Meinung über ihre Mitmenschen haben. Vielleicht sollte die Verfasserin ihr Menschenbild mal überprüfen.
Jürgen Bergmann

Vielleicht war es ungeschickt, die Lektüre der Nr. 37 ihrer Zeitung mit dem Beitrag von Axel Hacke über die segensreiche Wirkung der Heiterkeit zu beginnen, in dem er Laschets Lacher im letzten Bundestagswahlkampf als eher lässliche Sünde hinstellt. So heiter gestimmt, empfinde ich den Kommentar „Jetzt mal im Ernst“ von Mariam Lau über die Affäre Aiwanger als hart und unerbittlich. Mit meiner gesteigerten Verwirrung bin ich freilich nicht der Einzige. Mir scheint, dass sich auch die Kommentatorin wortreich um eine klare Meinung herumdrückt. Welche Auswirkungen das alles haben wird bis hin zu den Landtagswahlen in Bayern, wird man sehen. Unabhängig davon will ich auf einen Aspekt der Diskussion eingehen:

Aiwanger wird neben anderem angelastet, dass er (oder sein Bruder) Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Herrschaft Begriffe und Redewendungen aus jener Zeit gezielt verwendet hat. Damit ist er nicht alleine. Wohl nicht gezielt und auch nicht bewusst, sondern eher aus Gedankenlosigkeit wird eines der schlimmsten Wörter aus dem Nazi-Vokabular noch heute ganz offiziell verwendet, das Wort „Vernichtung“. Mord ist etwas, was Menschen anderen Menschen antun.  Mord war auch im Dritten Reich ein Kapitalverbrechen und wurde mit dem Tode bestraft. Vernichtung war im Verständnis der Täter hingegen etwas anderes, nämlich die Tötung von Personen, denen man das Menschsein zuvor abgesprochen hatte. Vernichtung wurde nicht bestraft, sie war Ziel staatlicher Handlungen. Das verbrecherische Gedankengebäude des Regimes ist in diesem einen Begriff eingeschlossen. Ich bin deshalb entschieden dafür, das Wort Vernichtung in Bezug auf die Menschheitsverbrechen der Nationalsozialisten nicht mehr zu verwenden. Die Menschen sind in den Konzentrationslagern ermordet worden – nichts anderes.
Hans Peter Basler

Der Fall Aiwanger oder: Wie in der Politik mal wieder der Berg kreiste – und eine Maus gebar. Und nun bitte – just for a change – erst das Land und die Sachpolitik. Zumal es eine Binsenwahrheit ist: Je mehr politische Grabenkämpfe und Populismus angeheizt werden, desto mehr erkaltet das unabdingbare Vertrauen in die demokratischen Strukturen.
Matthias Bartsch

Warum jetzt die Recherche und Veröffentlichung durch die Süddeutsche Zeitung? Da Wahlkampf ist in Bayern und weil Hubert Aiwanger selbst polarisiert? Eigentlich egal! Auf jeden Fall ist es richtig antisemitische Vorgänge, auch wenn sie lange zurückliegen, aufzugreifen und die handelnden Personen, als Täter, zu benennen. Damals, wie heute, muss ein 17jähriger sich im Klaren sein was zu Juden, jüdischem Leben in Deutschland gesagt und geschrieben werden darf. Vor allem darüber was eben nicht. Wenn im fraglichen Zeitraum eine Schülerin wegen eines Buttons mit der Aufforderung: „Stoppt Strauß“ sanktioniert wurde und der Urheber und/oder Verteiler des antisemitischen Flugblattes gegen Juden keine Strafe bekam ist das schon bezeichnend für das Lehrpersonal und die Schule in Bayern.

Die Erinnerungskultur an die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, Majdanek, Chelmno, Belzec, Sobibor und Treblinka muss in Deutschland angesichts des systematischen Massenmordes auf immer und ewig aufrechterhalten bleiben. Auch um über 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland zu behalten, zu fördern und zu beschützen. Das ist demokratisches Selbstverständnis. Um das zu begreifen, muss man aber auch ein echter Demokrat sein. Der verehrende Satz von Herrn Aiwanger, dass es Zeit sei, dass die schweigende Mehrheit sich die Demokratie wieder zurückholen muss, ist schon für sich problematisch. Angesichts der Tatsache das dieser Stammtischspruch so gesagt werden durfte ist ein Zeichen funktionierender Demokratie. Immer ist es, gerade für Politiker, wichtig und richtig vor dem Reden das Gehirn einzuschalten. Die „Causa Aiwanger“ ist nunmehr Markus Söder vor die Füße gefallen. Um die Macht der CSU zu erhalten, wird das „Übel“ Hubert Aiwanger in Kauf genommen. Die geneigte Wählerin und der geneigte Wähler können am 08. Oktober ihr eigenes Urteil an der Wahlurne fällen.
Felix Bicker

„man bräuchte, mit anderen Worten, eine halbwegs gute Meinung von den Mitmenschen. Und das fällt Konservativen bekanntlich nicht immer ganz leicht.“ Ich war verblüfft über diese Aussage. Solche „einfachen Wahrheiten“ sind doch eigentlich nicht ZEIT-gemäß. Mir ist jedenfalls nur bekannt, dass es selbst unter den Anhängen der Grünen Menschen gibt, die sich als konservativ bezeichnen würden. Ich wüsste gern, auf welche Fakten Frau Laus „bekanntlich“ Bezug nimmt.
Hans-Jürgen Klomp

Es ist längst überfällig: als Vize-Ministerpräsident, dessen tiefbraune Gesinnung auch heute noch hinter der Maske eines Gutmenschen brodelt (siehe jüngste Äußerungen im AfD Jargon wie „wir müssen uns unsere Demokratie wieder zurückholen“) sollte Herr Aiwanger zurücktreten: aus Respekt vor seinem hohen Amt, aus Respekt vor den Opfern und Angehörigen der Shoah, aus Respekt vor sich selbst! Und um der Demokratie in unserem Land nicht noch mehr Schaden zuzufügen! Seine Rechtfertigungsversuche („Ich war noch so jung“), seine Unfähigkeit, eigene Fehlbarkeit zu benennen, dazu ohne Wenn und Aber zu stehen und sie konsequent aufzuarbeiten, seine „nachgeschickte“ eher halbherzige Entschuldigung und sich gar als Opfer einer Hetzkampagne zu stilisieren sind ebenso unsäglich, unerträglich und beschämend wie jenes Flugblatt über den „Vergnügungspark Ausschwitz mit Freiflug“ durch gewisse Schornsteine. Dieses Verhalten ist taktlos und zutiefst respektlos den Opfern und ihren Angehörigen gegenüber, es ist verheerend für das Politikverständnis des einfachen Bürgers.

Die Trauer um Millionen von in den KZs umgebrachten Menschen, das millionenfache Leid ihrer zerstörten Familien verjährt nicht! Die Erinnerung von unzählig vielen traumatisierten Nachkommen der Opfer verjährt nicht! Das sollten wir endlich geistig und emotional lernen zu begreifen und zu verstehen. Frau Mariam Lau weist in ihrer glasklaren Sprache in ihrem Artikel „Mal im Ernst“ zu recht auf die besondere Verantwortung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder in dieser Causa hin: Sich besinnen auf den wahren politischen Auftrag: ein ehrliches Lösungsbemühen angesichts der vielfältigen Krisen nicht nur in unserem Land; kein parteipolitisches Taktieren und  bis zum Erbrechen ausgelatschte Bierzeltattitüden tun jetzt not: wir brauchen integre Vorbilder! Glaubwürdigkeit und Vertrauen in unsere politische Klasse sind unabdingbar für ein gesundes Demokratieverständnis in unserem Land.
Berta Walter-Hamza

Mariam Lau schreibt im Kommentar auf Seite 1: „Die Süddeutsche Zeitung, deren Berichterstattung über den Fall verblüffenderweise für einige der einzige Skandal ist, über den sich zu reden lohnt…“So verblüffend ist das nicht, dass die Berichterstattung der SZ als Skandal angesehen werden kann. Das Flugblatt ist widerwärtig, zynisch, menschenverachtend. Da hat die SZ recht. Das ist unbestreitbar. Und über den Politiker Hubert Aiwanger kann man sich streiten, ihn ablehnen. Ich bin kein Anhänger von Aiwanger. Trotzdem muss ich hier zu seinen Gunsten Stellung beziehen. Der Skandal ist nicht die Veröffentlichung, natürlich nicht, sondern der Zeitpunkt der Veröffentlichung, 6 Wochen vor der Landtagswahl. Neu ist das Pamphlet nicht. Dem Spiegel lag eine Kopie vor. Er verzichtete auf die Veröffentlichung, „nach eingehender Prüfung“, wie das Magazin FOCUS in seiner aktuellen Ausgabe schriebt. In den Medien ist zu lesen, dass das Pamphlet seit 1989 in einem öffentlich zugänglichen Archiv liegt und bereits 2018 einem Reporter gezeigt wurde. (DIE WELT)

Der Zeitpunkt ist es also, der einen an eine gezielte Kampagne denken lässt. Auch die Art und Weise; in der der Artikel geschrieben ist, ist ‚verdächtig‘. Er beginnt mit dem Satz „Seit Wochen steigen die Umfragewerte von Hubert Aiwanger…“ und man liest förmlich, das gedachte aber nicht geschriebene ‚Das muss geändert werden‘ mit. Der Stil des Artikels ist auch fragwürdig. Es ist keine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema, was dringend geboten wäre. Die SZ ist „besoffen von sich selbst“, wie der Medienkritiker Stefan Niggemeier auf der Internetseite ‚uebermedien.de‘ zutreffend schreibt. Die Seite Drei ist bekanntlich ein prominenter Platz in der SZ, wo Information von Meinung nicht ganz scharf getrennt wird. Dennoch, so kann man das Thema nicht präsentieren. Vor allen dann, wenn man sich seiner Sache, all die Details zu Aiwanger in dieser Causa, nicht hundertprozentig sicher zu sein scheint. „Wenn das alles stimmt…“ schreiben die Autoren nämlich etwas später.

Die Veröffentlichung trifft Aiwanger, soll aber auch den bayerischen Ministerpräsidenten Söder treffen. So kurz vor der Wahl sind seine Möglichkeiten begrenzt. Man kann also schon den Eindruck gewinnen, dass eine Zeitung hier ganz bewusst und gezielt in den Wahlkampf eingreift.
Peter Winter


Leserbriefe zum Titelthema „Wolkig aber heiter“ von Axel Hacke

Tausend Dank für den Artikel „Wolkig, aber heiter“ von Axel Hacke.  Absolut lesenswert und einfach wunderbar!
Michaela Klabunde

Der beste, aufmunternste Artikel, den ich seit langem gelesen habe.
Annette Heinbokel

Die aktuelle Ausgabe der ZEIT stellt speziell mit dem ZEIT Magazin meine „Gelassenheit trotz Krieg, Klima und Krise“ stark auf die Probe. Nicht zum ersten Mal.  Dieses ZEIT Luxus Mode Magazin scheint mir völlig aus der heutigen ZEIT/Zeit gefallen zu sein. „Nicht von dieser Welt“ steht dazu passend auf dem Titel.  Was, um alles außer Geld, veranlasst die ZEIT – trotz Krieg, Klima und Krise – mit Mode, die kein Mensch anzieht bzw. die, wie man auf dem Titel sieht, offensichtlich Rückenprobleme verursacht, tonnenweise Papier zu bedrucken. Papier, das dann sicher bei den meisten Leserinnen und Lesern sofort im Müll landet.  Gerade wegen Krieg, Klima und Krise wäre diesbezüglich von Ihrer Seite mehr (Selbst-) Kritik angebracht.  Auf solche ZEIT Magazine würde ich in Zukunft gerne verzichten.
Michael Rieke

Der Heiterkeit geht immer Ernst voraus. Im Ernst erlangen wir ein Stück Souveränität gegen eine stets übermächtige Welt. Wer in einem kurzsichtigen Ernst stecken bleibt, neigt zu Gnadenlosigkeit, gegen sich oder andere. Gnadenlosigkeit ist der verzweifelte Versuch, die Illusion der eigenen Größe zu retten. Die Sehnsucht nach Großartigkeit ist die Quelle von Unmenschlichkeit. Sie kennt nur das hämische Lachen über andere. Der Ernst, der weiter schaut, kennt auch Irrtum und Scheitern in all den eigenen Bemühungen, erkennt unsere eigene Unzulänglichkeit. Hier kann Heiterkeit entstehen. Und Menschlichkeit. Aber auch die inbrünstige Lust am Untergang, mit der wir trotz einer entfernten Ahnung von Vergeblichkeit vergeblich versuchen, unseren Stolz zu retten. Unsere wahre Größe liegt in der Gewissheit unserer Unzulänglichkeit und unserer Freiheit. Es geht nur so: Sich mit dem Schalk im Nacken immer weiter ernsthaft zu bemühen. Wie Sisyphos.
Reinhard Koine

Doch, doch, es gibt sie noch, diese Treffen voller Spaß und Heiterkeit. Aber nur noch im Verborgenen mit besten Freunden und Angehörigen auf jeden Fall ohne Presse und Politiker. Gerade hier auf dem Lande wird im Sommer viel gefeiert ohne Themen wie Klimawandel, Flüchtlinge bzw. Flugblattaffäre. Erst kürzlich in der nahen Kleinstadt; am Tag gefühlte 40°C dann um 20,00 Uhr ein wundervolles Open-Air-Konzert, da gab es nur glückliche Gesichter. Man muss nur wissen, wo.
L. Hampel

Axel Hackes Text hat mich mit HEITERKEIT erfüllt. Ich danke dem Autor mit ihm gebührenden heiteren Grüßen

Günter Grzondziel

Bravo für den Artikel Die Kunst, heiter zu bleiben „an exponierter. Stelle! Axel Hacke bereichert uns um weise, grundlegende und wegweisende Einsichten und Anstöße zu bewusster Lebensführung. Die Hinweise blieben aber m.E. ergänzungsbedürftig:   Es gibt nicht nur Jahrhunderte alte Aufforderungen dazu; vielmehr ähnlich alte Verwirklichungen eines Auswegs aus unserer eingefleischten mentalen Unruhe:  Das Endziel buddhistischer, speziell ZEN-buddhistischer Lebensweise ist Heiterkeit (im Hackeschen Sinn)
Nikolaus Kirchhoff

Wunderbar, wie Axel Hacke zeigt, dass Heiterkeit und Lebensfreude Ausdruck eines lebendigen in-der-Welt-Seins sind und das Gnadenlosigkeit dort waltet, wo die Heiterkeit nicht gelingt. Heiterkeit reicht über das Individuum hinaus und wirkt auch als Atmosphäre und Stimmung zwischen den Menschen. Das ermöglicht es, einen angenehm hoffnungsvollen Blick auf die strengen und zornberauschten, gesellschaftlichen Kämpfe zu werfen. Hacke braucht keinen Verweis auf die reduktionistische, moderne Hirnforschung, und erliegt nicht der Versuchung, Heiterkeit als „Funktion des Gehirns“ erklären zu wollen, und sie dorthin einzusperren. Leider erfüllt der Verweis auf Sigmund Freud eine ähnliche, reduktionistische Funktion. Freuds Begriff vom Ich, mit der besonderen „Instanz“ eines „Über-Ichs“, wird zur Schaltstelle, an der wir arbeiten könnten, im Sinne einer geduldigen Selbsterziehung. Und Freuds Ansicht über einen humoristischen Lustgewinn, empfinde ich verstörend.

Ist die angeblich „heitere“ Todesverachtung des Verbrechers vor dem Galgen, wie auch die KZ-und Judenwitze, nicht nur das Konstrukt eines unbeteiligten Betrachters, der das Nichtmitfühlbare von sich weist? Ob dieser Humor für die Todeskandidaten und ihre Angehörigen etwas, laut Freud, „großartiges und erhebendes“ hat, wag ich zu bezweifeln.  Es ist der eiskalte Humor totalitärer Menschlichkeit.  Es ist ein Humor, der grausamer treffen kann als jedes Gebrüll. Vielleicht können wir uns daran beteiligen, eine warmherzige, tröstliche, eine Lebendigkeit bejahende Atmosphäre zu erzeugen, in dem wir die nötige Leichtigkeit nicht „aus uns selbst schöpfen“ – wie der Autor vorschlägt – sondern in dem wir sie nicht in uns selbst verorten.

Jürgen Pilz

In einer Zeit, in der schon Unpässlichkeiten zu Katastrophen aufgebauscht werden, in der immer mehr Menschen vor Wut schnauben oder sich in Fatalismus verkriechen, schreibt Axel Hacke über Heiterkeit, die uns plötzlich innehalten und tief durchatmen lässt! 1999 muss auch ein „Katastrophenjahr“ gewesen sein. Ich erinnere mich jedoch nur ans Abitur unserer ältesten Tochter und an unsere Silberne Hochzeit. In diesem Jahr, ebenfalls in der ZEIT, erschien von Wilhelm Schmid ein Aufsatz über die Heiterkeit. Ich habe ihn aufgehoben; er ist inzwischen völlig vergilbt, aber immer noch lesbar! Er beginnt mit dem Satz: „Wir scheinen in einer Zeit zu leben, in der die Heiterkeit nicht sonderlich am Platz ist.“ Leider scheint sie nie einen festen Platz zu haben! Das Wesen der Heiterkeit ist nur schwer zu beschreiben; Schmid vergleicht sie mit der griechischen „Euthymia“ (Wohlgestimmtheit), beide Autoren mit der lateinischen „Tranquillitas“ (Seelenruhe“). Schmid erweitert den Begriff zur heiteren Gelassenheit bzw. „gelassenen Heiterkeit“. Zur Gelassenheit gehören auch Augenblicke der „Ausgelassenheit“, zur Heiterkeit des „Angeheitertseins“! „Schon der stoische Ahnherr Chrysippos soll sich jeden Tag einen Schwips gegönnt haben“ bemerkt Schmid.

Ein großer Dank an DIE ZEIT, dass sie Axel Hacke zwei Seiten für ein unzeitgemäßes Thema eingeräumt hat! „Nachsichtig sein gegenüber anderen“ und über sich selbst lachen/lächeln können – vielleicht ließe sich Heiterkeit so, für den Hausgebrauch, kurz zusammenfassen? Wenn es auch schwer sein dürfte, uns selbst, ja die ganze Welt auf den Arm zu nehmen, so würde es paradoxerweise die Schwermut in uns leichter machen! Ich habe die zwei Seiten über die Heiterkeit zusammen mit einem Glas Weißwein/Sekt/Wasser, zu etwa gleichen Teilen, angeheitert, aber unbeschwipst genossen! Hoffentlich dauert es nicht wieder 24 Jahre, bis uns ein ZEIT-Autor erneut an die Heiterkeit erinnert!

Im heiteren Jenseits bräuchte ich dann diesen Artikel nicht mehr lesen!
Ulrich Pietsch

Danke für Ihren in vieler Hinsicht „wunderbaren“ Artikel zum Thema Heiterkeit. Was bei Ihnen – verständlich in säkularen Zeiten – nicht vorkommt, ist die Erinnerung an ein christliches Erbe, das zum Beispiel in Matthias Claudius „heiterem“ Gedicht „Täglich zu singen“ zum Ausdruck kommt:

„Ich danke Gott und freue mich / Wie‘s Kind zur Weihnachtsgabe,

Dass ich bin, bin! Und dass ich dich, / Schön menschlich Antlitz! habe;

Dass ich die Sonne, Berg und Meer, / Und Laub und Gras kann sehen,

Und abends unterm Sternenheer / Und lieben Monde gehen.

Und dass mir dann zumute ist, / Als wenn wir Kinder kamen

Und sahen, was der Heil‘ge Christ / Bescheret hatte, Amen!

(…)

Es folgen noch sechs Strophen voll irdischer Heiterkeit in Gott. Und der geneigte Leser möge sich nicht täuschen über den nur scheinbar naiven Ton. Bekannter ist dieser übrigens in dem deutschen Abendlied „Der Mond ist aufgegangen…“:  „…So sind gar manche Sachen, / Die wir getrost belachen, / Weil unsre Augen sie nicht sehn…“

Auch Sie, lieber Herr Hacke, scheinen mir in und mit Ihrem Artikel um solche „Sachen“ zu ringen und treffen insofern in mir auf einen im Geiste verwandten Leser.
Jörg Ulrich Meyer-Bothling

Endlich eine angemessene Würdigung des großen Sempé! Sein Tod vor einem Jahr war der ZEIT ja leider nur ein piefiger Kleinartikel wert.

Danke Herr Hacke
Cornelia Dittrich


Leserbriefe zu „»Viel mehr als ein Kuss«“. Gespräch mit Maria Teixidor geführt von Cathrin Gilbert

Herr Rubiales steht am Pranger. Nicht, weil er eine der mordenden Parteien in der Ukraine unterstützt, sondern vor laufender Kamera präsidialen Defilees, augenscheinlich übergriffig anmaßend in euphorischem Siegestaumel, mittels Mund-Kuss die Würde einer Weltmeisterin, ehrenrührig für Feministinnen und solche, die Hetzkampagnen geil finden, verletzt hat. Nichts rechtfertigt dieses skandalöse Verhalten. Wohlwollen verboten! Sein Kopf muss schon deshalb rollen, um endlich maskulin-arroganter Nachahmer-Dreistigkeit den Zahn zu ziehen.  Hinweg mit der Toleranz: „Was dem einen seine Eule, sei dem anderen seine Nachtigall“. Wir reden nicht nur Tacheles! Wir ergreifen das Panier. Machen aus euch gestrigen Kavalier-Machos Hampelmänner. Entrüsten euch! Wie ihr uns gestern, so wir euch heute – nur mit weniger Skrupel. Radikal-Revirement-Vorschlag: Wir machen dem Geschlechterspiel den Garaus, indem männliche Heteros zu zahnlosen Tigern kastriert werden. Paradiesische Zustände kennen kein Geschlecht. Alles Patriarchale hat endgültig ausgedient. Deshalb: Gehirngewaschene Beckmesser vor! Noch ein Eigen-Tor!

Nie mehr Sommermärchen-Freude pur! Nie mehr Jubel, Trubel Heiterkeit! Keine Bütze an Karneval! Schluss mit verlogen-niederträchtigem Überhebungs-Mitgefühl in Glück und Leid! – es sei denn, ihr habt´s schriftlich. Sonst ist Schluss mit Lustig! Der Aufruf von M. L. King, dem als Prediger Ottern und Natterngezücht geläufig war: „Wir müssen lernen, entweder als Brüder miteinander zu leben oder als Narren unterzugehen!“ scheint in trendigen Konfrontations-Zeiten auch deshalb wie vom Winde verweht, weil er die Schwestern nicht erwähnte, sondern vorgestrig unerwähnt einbezog. Ich alter Knochen verstehe die Welt nicht mehr, weil die Menschen scheinbar vergessen haben, dass bislang noch jede Revolution ihre Kinder gefressen hat. Gehirnwaschender Gesinnungsterror Usus ist. Das bezieht sich auch auf die Anlernlinge beiderlei Geschlechts in Parlamenten und Regierung, die mit neuen Besen das aufwirbeln, was zuvor als vernachlässigbar galt. Sie in der Redaktion wie auch ich zahlen die Zeche nicht nur für diesen Dilettantismus, sondern arbeiten auch für jene, denen statt Hilfe zur Selbsthilfe Almosen gerade recht kommen in einem Menschenzoo, der sich als sozialer Nationalstaat versteht und soziologische Schieflagen übereifrig schmiert, statt sie aufzuheben.

Verzeiht, wenn ich mal wieder nicht anders konnte, als aus meinem Herzen keine Mördergrube zu machen…
Andreas Weng

Die Verwirrung von Luis Rubiales, eines Großteils der Sportpresse und einiger Männer angesichts der sexuellen Aggression, deren Zeuge der ganze Planet am 20. August wurde, erinnert mich an einen Witz, den mir mein Bruder kürzlich erzählt hat: Ein Schiff geht unter und der Kapitän steigt in ein Rettungsboot, worauf in ein Besatzungsmitglied zu ihm sagt: „Kapitän, es sind noch Frauen und Kinder auf dem Schiff“, worauf der Kapitän antwortet: „Mir ist jetzt wirklich nicht nach Ficken zumute, Kumpel“.

All den Männern, die sagen, dass der „Kuss“ von Rubiales keine sexuelle Konnotation hat, dass diejenigen von uns, die ihn als sexuelle Aggression anprangern, krank, puritanisch und neugierig sind, möchte ich sagen, dass es bei Missbrauch, sexueller Aggression und Vergewaltigung nicht um Sex geht, oder nicht nur, sondern vor allem um Macht und insbesondere um deren Ungleichgewicht. Ein Ehemann, der seine Frau schlägt, tut dies nicht, weil er betrunken ist, so wie Rubiales Hermoso nicht angreift, weil er euphorisch ist. Der Ehemann könnte stattdessen seinen Chef schlagen, oder Rubiales könnte die Königin packen, als wäre sie ein Sack Kartoffeln, aber im Rausch, in der Euphorie, in der Spontaneität und in der Hitze des Augenblicks gibt es niemals einen verrückten Mangel an Kontrolle, sondern eine Berechnung, deren Ergebnis dazu führt, dass man sich dafür entscheidet, der Person zu schaden, sie zu verletzen oder zu demütigen, mit der das Machtverhältnis asymmetrisch und günstig für den Täter ist.

Das Verhalten mit der Ausrede zu verteidigen, es liege keine böswillige Absicht vor, ist ebenso problematisch, wie wenn ein Dieb, der Ihre Brieftasche stiehlt, Ihnen sagt, er wolle nicht Ihre Briefasche stehlen, sondern sie einfach nur für sich behalten, aber ohne jede böswillige Absicht. Das Recht des Einzelnen endet genau dort, wo es mit den Rechten anderer kollidiert, das Recht von Rubiales, zu knutschen, kollidiert in diesem Fall mit dem Recht von Hermoso, ihren Triumph zu feiern, ohne von irgendjemandem unerwünscht geknutscht zu werden. Rubiales, der genauso verwirrt ist wie der Kapitän in dem Witz, begreift nicht, dass er, auch wenn es nicht ausdrücklich seine Absicht war, andere anzugreifen, nicht darüber entscheidet, wie sein Verhalten bei anderen ankommt. Und die Realität ist, dass er sich so verhalten hat, wie es wortwörtlich in einer Klausel des vom RFEF genehmigten Anti-Belästigungs-Protokolls steht, das wohl von ihm selbst unterzeichnet wurde. Ich hoffe, dass er dies früher oder später einsehen wird, „wenn auch nur um seiner Töchter willen“ (so sagte er zu Jenni Hermoso, als er sie bat, in einem Video aufzutreten, um ihn zu verteidigen), und dass er aufhören wird, sich hinter Beleidigungen gegen uns alle zu verstecken.

Es stimmt, und hier stimme ich mit den Verwirrten überein, dass es diese Verhaltensweisen schon immer gegeben hat und nie etwas passiert ist, aber glücklicherweise nähern sich dank des Feminismus die gestrichelten Linien, die die Grenzen dessen, was wir als akzeptabel ansehen, ziehen, und ermöglichen es uns, immer deutlicher zu erkennen, was akzeptabel ist und was nicht. Frauen fühlen sich jetzt gesellschaftlich stärker legitimiert, ihre Meinung zu sagen, und unsere umgekehrte Berechnung, die wir seit Jahrhunderten anstellen, führt jetzt manchmal zu einem Ergebnis, das es uns erlaubt zu sagen, dass wir etwas, das wir erlebt haben, nicht hätten erleben dürfen. Verwirrte Männer müssen, wenn sie weiterhin gesellschaftlich akzeptiert werden wollen, die schwierige, aber nicht unmögliche Aufgabe bewältigen, tief verwurzelte Verhaltensweisen zu verlernen und zu akzeptieren, dass sich die Gesellschaft weiterentwickelt und dass dieser „Kuss“ bereits als so unrealistisch empfunden wird (und es auch in Zukunft sein wird) wie das Rauchen im Flugzeug oder die Verweigerung des Wahlrechts für Frauen, Themen, die viele Jahre lang einfach so waren, ohne dass jemals etwas geschah, und die uns jetzt schockieren. Ich bin ein Optimist und glaube, dass nach diesem Tor gegen den Sexismus weitere folgen werden, die ihn endgültig besiegen werden, und dass wir in der Lage sein werden, eine gerechtere Welt zu schaffen. Glückwunsch an die spanische Nationalfrauenmannschaft zum Sieg! (die Weltmeisterschaft und alles andere!).
Pepa Rubio Pueyo

Vielen Dank für Ihr interessantes Interview mit Maria Teixidor. Es bleibt aber der Eindruck zurück, dass Spanien das Macholand ist, das sich noch entwickeln muss. Dabei hat sich in Spanien der Ministerpräsident Sanches sofort hinter Jenni Hermoso gestellt. Aus Deutschland kam dagegen Unterstützung für Rubiales von Rummenigge, B. Kerner, Matthäus und Grindel. Dies wirft ein schlimmes Bild auf Deutschland, zumal der FC Bayern in keiner Weise Stellung bezogen hat. Leider hat die Zeit sich auch nicht geäußert, obwohl sie sich sonst immer für die Belange von Frauen einsetzt. Zum Glück gibt es noch die Freiburger Fußballmänner.
Dagmar Brandt

Finden Sie es angemessen, den Skandal um den spanischen Fußballpräsidenten unter der Rubrik ‘Unterhaltung’ zu behandeln? Ich finde daran nichts Unterhaltendes. Auf das ‘Unter’ hätte man hier verzichten sollen.
Karin Kirkpatrick

In Ihrem Artikel in o.g. Zeit, „Viel mehr als ein Kuss“  , ist ein manipuliertes, gefaktes Foto verwendet worden, welches durch die Art der Veränderung im Bild suggerieren soll , wie die Fußballerin Jennifer Hermoso  quasi in einer abwehrenden Haltung gezeigt werden soll, um die Art und Weise des durch Rubiales erzwungenen Kusses zu demonstrieren. Egal wie man in dieser Angelegenheit denkt und Stellung bezieht, sollte ein solches Bild von Ihrer (meiner!) Zeit nicht verwendet werden. Ich habe bewusst die mir aufgefallenen Veränderungen mit blauen Pfeilen markiert und gehe davon aus, dass die Spielerin ihre linke Hand an ihrer Wange hatte unter der rechten Hand von Rubiales. Mit solchen gefakten Fotos wird der Öffentlichkeit ein falsches Bild dargestellt!
Rainer Jonas

Das war doch nur ein Kuss, das wäre für mich nicht mal eine Erwähnung wert, denn dieser Kuss wurde dazu noch in aller Öffentlichkeit geküsst. Das nun die verärgerte Mutter zu ihrem Sohn Luis hält und für in einsteht, das ist reine und echte Mutterliebe pur. Mutter Rubiales ist sogar in den Hungerstreik getreten, um eine Rehabilitierung ihres Sohnes zu erreichen, das wäre eine Schlagzeile wert gewesen. Im Falle Sängers der Band Rammstein Till Lindemann oder Wirtschaftsminister aus Bayern Hubert Aiwanger, da genügt schon der bloße Verdacht, um einen Menschen richtig fertig machen zu können, wenn man beide ständig durch sämtliche Medien schleift. Wo soll das nur enden!

„Ich habe dir nur die Wahrscheinlichkeit meiner These bewiesen. Aber das Wahrscheinliche ist nicht das Wirkliche. Wenn ich sage, dass es morgen wahrscheinlich regnet, braucht es morgen doch nicht zu regnen.“ (Zitat dem Werk „Der Verdacht“ von Friedrich Dürrenmatt, 1921-1990, einem Schweizer Schriftsteller, Dramatiker & Maler)
Riggi Schwarz

Rubiales Kuss unter der Rubrik UNTERHALTUNG !!??
Ute Biechler

Bei der live übertragenen Siegerehrung hatte ich nicht den Eindruck, dass Luis Rubiales sich vor seinem Kuss auf den Mund von Jennifer Hermoso (CF Pachuca, WM-Rückennummer 10), darüber verbal verständigt und/oder Hermoso den Vereinspräsidenten zuvor hochgehoben und an sich gezogen hatte, wie es aus Vereinskreisen nachträglich hieß. Die beiden Aufnahmen, welche die ZEIT 1/8/23 publiziert, können allerdings weder so noch so als Beleg dienen. Das Foto auf der Titelseite zeigt die spanische Weltmeisterin Claudia Zornoca von Real Madrid, Rückennummer 21 (!). Das zum Interview von Cathrin Gilbert mit Maria Teixidor publizierte Foto zeigt die Spielerin Alexia Putellas vom FC Barcelona, WM-Rückennummer 11 (!).
Frank Müller-Thoma

Journalistisch halte ich es für ehrenrührig, wenn man zur Beurteilung einer „kritischen“ Handlung eines derzeitigen Amtsinhabers die designierte Nachfolgerin interviewt. Es sei denn, man möchte eine bestimmte Meinung hören und auch nur diese zulassen. Ich schicke vorweg, dass ich die BILD nicht mag, aber in diesem Fall empfehle ich Ihnen sich mal das Video aus dem Mannschaftsbus nach der Siegerehrung anzusehen, da bekommt die Kußszene eine deutlich andere Würdigung von der Nationalmannschaft als in Ihrem Interview. Rubiales wird hier ähnlich wie Kachelmann, Spacey etc. zum Opfer einer medialen Vernichtungskampagne, vor denen nun auch die Zeit nicht mehr haltmacht. Männerbashing ist ja Mainstream und macht sich dann auch im Feuilleton mit Frau Passmann in derselben Ausgabe gut.
Volker v. Moers

Die spanische Nationalmannschaft der Frauen soll sich mal nicht so haben: Wer sich vor dem Turnier toxisch männlich / imperialistisch verhält und sich über den Begrüßungsritus eines indigenen Volkes verächtlich lustig macht (wobei ich nicht weiß, ob Hermoso da auch mit dran beteiligt war), soll sich hinterher nicht wundern, wenn die andere Seite dieser toxischen Männlichkeit auf sexistische Art zurückschlägt. Spanien hat es gerade nötig, den Imperialismus aus der Klamottenkiste wieder auszugraben. Wohin dieser Imperialismus das Land geführt hat, kann man in Laura Spinneys „Pale Rider“ über die sogenannte „Spanische“ Grippe nachlesen. Neben den Iren (Opfer des britischen Kolonialismus) waren die Spanier mal das heruntergekommenste Land Europas. (Zufall, dass das zugleich die erzkatholischsten waren?) Wer hat sich eigentlich die ganzen Reichtümer aus den Plünderzügen eingesteckt?

Dass sich allerdings die UNO (bzw. der Sprecher des Generalsekretärs) mit diesem Vorfall der sexuellen Nötigung beschäftigt, ist einfach nur lächerlich. Die UNO soll sich lieber um russische und chinesische Kriegstreiber kümmern, um den Mullahterror des Kleinen Satans Iran (rein flächenmäßig gemeint) und die Verbrechen des Großen Satans Saudi-Arabien! Das Andere erledigt die FIFA (ausgerechnet! „Today I feel like a woman!“) schon selber (drei Monate Sperre, haha, lächerlich!) und die spanische Staatsanwaltschaft ermittelt ja auch schon. Dass Frauen nach einem WM-Gewinn schlecht behandelt werden, kennen wir schon von den Feierlichkeiten im Jahr 1974, als der DFB sich nicht gerade mit Ruhm bekleckerte. Aber gut, dass sich unsere DFB-Frauen solidarisch erklärt haben.

Eine Ohrfeige hätte nicht gereicht. Wenn ich Jennifer Hermoso gewesen wäre, hätte ich diesem Sausack in die Bälle getreten. Und zwar volley und Vollspann! Die Rubiales-Mutter kann gerne die Mater Dolorosa spielen und ihren angeblichen „Hungerstreik“ ruhig bis zum Ende durchziehen. Von Messwein und Hostien kann man sich auch ernähren. (Dank an die NDR-„Intensivstation“ für die Anregung.) Was sind das eigentlich für Eltern, die Typen wie Rubiales oder die Aiwangers hervorbringen? Da kann sie auch gerne doppelt und dreifach getauft sein, die ewige Verdammnis ist ihr dennoch gewiss, weil sie bei diesem durchsichtigen Spiel der Täter-Opfer-Umkehr mitmacht. Das wird nicht mehr funktionieren! Spanien muss das reaktionäre Pack entsorgen! Nicht nur im Fußball! Was ist an Sexismus eigentlich so „unterhaltsam“, dass Sie diese Angelegenheit unter „Unterhaltung“ subsumieren?
Thomas Manthey

Me too…, was ist das? Einige Unverbesserliche kapieren es einfach nicht. Jeder Mensch hat ein Recht auf Selbstbestimmung und ist kein Freiwild! Nicht mal im Freudentaumel. Was Herr Rubialas da veranstaltete, war für mich eine peinliche Orgie. Den Höhepunkt bildete der ungefragte Kuss auf den Mund einer Fußballspielerin. Meine Forderung: Rubialas sofortiger Rücktritt von allen Ämtern sowie Verordnung einer strengen Anti-Macho-Therapie!
Achim Bothmann

Ich möchte wirklich wissenm was Sie geritten hat, das Interview über Machtmissbrauch (nicht nur) im Sport in der Rubrik “ Unterhaltung“ zu veröffentlichen!?? Damit sich die Leser (bewusst nicht Leser:innen) auf die Schenkel klopfen können?
Sigrid Flade


Leserbriefe zu „Lehrer, ihr müsst uns vorbereiten!“ von Nuria Neubauer

Zu den Aufgaben einer allgemeinbildenden Schule gehört die Vorbereitung auf künftige Lebenssituationen, insofern hat Frau Neubauer mit ihrer Forderung Recht. Dass sie sich dabei aber gerade der Mathematik – repräsentiert durch die p-q-Formel – unterstellt, unnütz zu sein, zeugt von einer gefährlichen Fehleinschätzung: Ohne Mathematik wäre die Frage, ob sich das Klima ändert oder nur zufälligerweise ein paar Jahre das Wetter ungewöhnlich war, nicht zu beantworten. Ohne Mathematik gäbe es keine Messwerte zur CO2-Konzentration und keine effizienten Windräder. Wenn man sich die Mühe macht, in den IPCC-Berichten Details nachzulesen, wird man ohne ein Verständnis logarithmischer Skalen (die aus den Mathematiklehrplänen entfernt wurden, wohl weil zu lebensfern) oder linearer Regression nicht weit kommen. Wenn Frau Neubauer einen etwas besseren Mathematikunterricht genießen würde, der statt dem Kochrezept der p-q-Formel quadratische Ergänzung verwenden würde, könnte sie damit auch die lineare Regression und damit wiederum Klimaprognosen verstehen. Wenn sie also besser auf den Klimawandel vorbereitet werden will, sollte sie mehr und besseren Mathematikunterricht fordern, nicht weniger – und diese Forderung sollte sich auch an die Lehrerinnen richten.
Reinhard Oldenburg

Man sollte Texte wie den von Nuria Neubauer eigentlich gar nicht erst lesen. Denn man weiß schon genau, was kommt: Forderungen an Schule und Lehrer, die nachfolgende Generation lebenstüchtig zu machen. Jetzt also auch noch die Vorbereitung auf ein krisenhaftes Leben mit Wassermangel, Wetterereignissen und sozialen Problemen. Lehrer sollen junge Menschen dafür interessieren, was deren Leben beeinflusst?? Liebelein, wo sind denn Eltern und Familie, die ihren Kindern etwas beibringen? Allgemein können aber folgende Tipps gegen die Krise gegeben werden:  Weniger oft übers Wochenende nach Malle fliegen, mal darüber nachdenken, wie viel unnötige Energie durch das Versenden von WhatsApp-Nachrichten und TikTok Filmchen verschwendet und wie viel Engagement für die Gemeinschaft durch eine komfortable Work-Life-Balance vieler jungen  Leute verloren geht. – Ach ja, fast vergessen: Diejenigen mit mehr Lebenserfahrung haben das alles nicht gehabt. Da krieg´ich die Krise!
Susanne Stumm

Ich habe gerade den Beitrag Lehrer, ihr müsst uns vorbereiten! von Nuria Neubauer gelesen. Solange wir solche Jugendliche haben, ist mir um unsere Demokratie und unsere Zukunft nicht bange! (ich bin 64 Jahre alt). Ps. Die Beilage Green ist wirklich sehr gelungen und fördert mein Verständnis über Umwelt! Weiter so.
Claus Heidrich

Dies ist kaum möglich. Seit es Leben auf der Erde gibt, gab es immer wieder, und wird es geben, Naturereignisse, die (Menschen-)Leben auslöscht. Die Plattentektonik existiert, hat Erdbeben (zB San Francisco, Agadir …) mit vielen Toten erzeugt und wird es, bei bald 10 Milliarden Menschen , weiter tun. In Zelten leben? Überschwemmungen, Erdrutsche, Erntevernichtungen mit Hunger und Brände und Kriege begleiteten und begleiten das Leben weiterhin. Die dichter besiedelte Erde (wer ist dafür verantwortlich?) wird die Opferzahlen einzelner Katastrophen erhöhen. Mehr Menschen erzeugen eine größere menschengemachte Änderung der Natur. Jeder, der in der Schule lesen gelernt hat, jeder, der aus dem Fenster schaut, kann wissen, dass die Menschen heutzutage in ihrer Mehrheit nicht mehr zu einfachem Leben, zu selbstproduzierten Lebensmitteln, Kleidung, Fortbewegung zurückkehren, dass sie auf Medien-(TV, Musik, Smartphone) und anderen Konsum verzichten wollen, auch nicht die FFF-Anhänger.

In der Schule lernt man, dass sich jedes System von alleine in Unordnung und Diversität entwickelt und nur durch Energieeinsatz „in Ordnung“ gebracht werden kann. Das gilt auch für die 8 Milliarden menschlichen Individuen. Nur Zwang oder Einsicht (moralische Einsicht, Religion, Diktatur, Unterwerfung) kann Individuen dazu bringen, ihr Handeln zu einem gemeinsamen Ziel zu bündeln, und das ist seit es Menschen auf der Erde gibt, noch nie gelungen. Dass sich Milliarden Menschen einsichtig verhalten, wäre schön und paradiesisch, aber ist ein Irrglaube, den mindestens der schulische Geschichtsunterricht zeigt.  Gibt es eine weltumspannende Idee, was gut für jeden einzelnen in seinem Alltag und Kampf ums Leben ist? Und gibt es eine weltumfassende Obrigkeit, Moral, Vernunft, die das durchsetzen könnte? Diktaturen und Oligarchen handeln nur für eigene Bereicherung und Macht. Und eine Partei in einer Demokratie, die gebündelte Verhaltensänderungen fordert, muss erst gegründet und dann noch gewählt werden, eine Mehrheit haben, um Gesetze zu erlassen. In 60 Jahren werden dann wieder einzelne der 10 Milliarden großen Menschheit die Fragen an Nuria Neubauer stellen: Wie konnte es so kommen, wie es jetzt ist?
Alois Lienhard

«Das Leben mit dem Klimawandel sollte endlich Thema im Unterricht werden, fordert die Schülerin Nuria Neubauer» Sie fragt: «Wieso lernen wir, wie wir quadratische Gleichungen …lösen, aber nicht wie wir in einer zwei, drei oder vier Grad wärmeren Welt leben können?» Die Klima-Krise zeigt, dass beim Unterricht tatsächlich wichtige Themen ausgelassen wurden und werden. Ein solches Thema beträfe das Verhindern des exponentiellen Wachstums von Kopfzahl und Konsum. Die Schneeeulen im hohen Norden richten die Brutgrösse und Brutfolge nach der Verfügbarkeit von Lemmingen so ein, dass diese Ressource ausreicht und auch für die Zukunft gesichert ist. Der Menschheit gelingt ähnliches anscheinend trotz Unterreicht nicht. Ein Ansatz zur Lösung unseres Problems wäre demnach zu fragen, worin unterscheidet sich die Menschheit von der Spezies der Schneeeulen. Die Anpassung der Letzteren durch die Evolution erfolgte in einem langen Zeitraum. Die Menschheit hat nicht so lange Zeit. Schneeeulen brauchen keinen Unterricht. Hingegen, das Anwenden von erlerntem Wissen hat der Menschheit erlaubt, die Grenzen des Wachstums zu sprengen, welche die Schneeeulen einhalten mussten, um fortbestehen zu können.

Mit erlerntem Wissen müsste es der Menschheit doch möglich sein, auch ihre Überlebensfähigkeit zu sichern. Aber um welches Wissen geht es? Zum Thema Wissen schreibe ich in meinem Buch «Die Technik reicht nicht» (BoD 2016) «Für überschaubare Probleme genügt gesunder Menschen-Verstand. Für Schwierigeres braucht man „Werkzeuge“. Schliesslich, für komplexe Aufgaben, an denen viele Menschen beteiligt sind, braucht man eine „Technologie“. Die individuellen Probleme, die «extreme Dürre, Hitze, Wasserknappheit, Starkregenfälle, Fluten und Waldbrände» verursachen, können und müssen mit gesundem Menschen-Verstand gelöst werden. Die entsprechenden technischen Probleme müssen mit technologischem Know-How bewältigt werden. Den gesunden Menschenverstand und das Know-How zu fördern, ist Aufgabe des Unterrichts.

Das erwähnte Buch hat als Untertitel «Was ist nötig, damit die Menschheit noch lange gut fortbestehen kann?» Das betrifft eine komplexe Aufgabe, an der viele Menschen beteiligt sind. Doch dafür fehlt eine akzeptierte Technologie. Im erwähnten Buch wird eine solche vorgeschlagen. Ein Auftrag an die «Technologie» könnte sein: Die MENSCHHEIT MUSS sich an die REALITÄT ANPASSEN, um zu ÜBERLEBEN. Im genannten Buch werden zu jedem der fünf Stichworte aus dem Auftrag «Werkzeuge» vorgeschlagen. Zum Thema REALITÄT wird als Werkzeug vorgeschlagen, «Was wäre, wenn?»-Fragen zu stellen. Zum Thema MÜSSEN geht’s um das «Prinzip Rechtfertigung». Beim Thema MENSCHHEIT geht’s auch um weltweite Lebenserfahrungen.

Neubauer sieht die Generationen vor ihr in der Pflicht, Generationen «die einerseits mehr Lebenserfahrung haben und andererseits mehr zu dieser Krise beigetragen haben als wir, die Generation der Schülerinnen und Schüler.» Viel Lebenserfahrung hatte auch meine Großmutter Rosina, die als Magd ihre beiden ersten Kinder weggeben musste, bevor sie mit 28 Jahren meinen damals 58 Jahre alten Großvater heiratete. Dieser konnte sich erst spät durch harte Arbeit die minimale Grundlage für eine Heirat ermöglichen. Ein Hintergrund: In dem Dorf mit knapp 400 Einwohnern hatte der größte Bauer zeitweise 14 Knechte und 7 Mägde. Dies nur als Beispiel. Bis ins 20. Jahrhundert war es üblich, dass ein Sohn den Hof erbte, während seinen Geschwistern nur die Wahl blieb, als Dienstboten zu arbeiten. Dienstboten und Arme konnten keine Familie gründen. Die heutigen, weit geringeren nötigen Verhaltensänderungen sind dementsprechend zumutbar auch über die demographischen und ökonomischen Gräben der Menschheit hinweg. Denn «Die Technik reicht nicht».

Das genannte Buch ist auch im Buchhandel erhältlich. Falls gewünscht schick ich gerne ein Exemplar an Nuria Neubauer. Ich finde die Arbeit von «Fridas fror Future» gut, aber begreiflicherweise auch nur einen Teilbereich abdeckend. Wichtige Themen sind auch die Demographie und damit verbunden die demographischen und ökonomischen Gräben. Es ist leider eine offene Frage, wie die sich daraus ergebenden Probleme angesichts der Klima-Krise und der aktuell akzeptierten Sichtweise gelöst werden können.
Gernot Gwehenberger

Der Aufruf von Nuria Neubauer „Lehrer, Ihr müsst uns vorbereiten“ unterstellt, dass das Thema Klimawandel in der Schule keine Rolle spielt. Das Gegensteil ist der Fall. Meine Schüler:innen finden sogar, dass es in zu vielen Fächern thematisiert wird. Und wie wichtig Mathematik für technische Innovationen, die unsere Emissionen reduzieren, ist, müsste sie doch wissen.
Frauke Werner

Der o.g. Artikel mit dem Plädoyer für mehr Vorbereitungsstrategien in Unterricht zum Leben mit dem Klimawandel hat mich sehr bewegt, da sie hier als selbst betroffene sprechen, nicht nur als distanzierte Vertreterin von Wissenschaft, Medien oder Politik oder wie ich als identifizierter und mit verantwortlicher besorgter um die Zukunft Ihrer Generation und erst recht noch jüngerer Kinder.   Sie haben ja völlig recht, denn selbst beim jetzigen Stand des Klimas ist es bereits nötig ganz viele Strategien zum Umgang mit dem bereits eingetretenen Anteil der Erhitzung zu lernen und zu beherzigen, was selbst jetzt mit den noch recht moderaten Anforderungen nur unzureichend geschieht.  andererseits wäre es fatal anzunehmen wir könnten alle lernen auch mit ungebremsten weiteren Steigerungen „leben zu lernen“ und uns so die Mühen und Kosten und Verzichte eines Stopps der Erhitzung bei 1,5 Grad oder höchstens ein bis wenige Zehntel darüber ersparen.

Diese 1,5 Grad sind ja eben deshalb als Ziel gesetzt worden, weil etliche Wissenschaftler zunehmende Zweifel haben, ob oder für wie viele Menschen eine Anpassung darüber überhaupt möglich sein wird. Gerade hat eine Gruppe von Wissenschaftlern hingewiesen, dass die Risiken und Schäden oberhalb von 1,5 Grad noch stark steigen werden.  Luisa Neubauer hat gesagt, dass bei ca. 2 Grad Erhitzung nicht mehr die Demokratie, sondern der Notstand regieren wird.  Was das bedeutet, hat sie nicht genauer ausgeführt, aber wer sich das kundig, realistisch und ohne rosa Brille vorstellt, kann sich ausmalen, dass dann viele humanitäre und sozialstaatliche Errungenschaften nicht mehr möglich oder einer Art Recht der Stärkeren, gesünderen und mächtigeren oder reicheren weichen werden.

Vielleicht ist  das auch  der Grund für die mangelnde Befassung  mit dem Thema nicht nur in den Schulen,  sondern in der Gesellschaft insgesamt,  weil es  so vielen peinlich ist oder  sie davor den Kopf in den Sand stecken,  es so weit haben kommen lassen  oder die dafür verantwortlichen gewählt zu haben oder in den Medien nicht mehr dagegen informiert und appelliert zu haben,  dass es inzwischen so weit gekommen ist, dass wir nur noch einige Jahre von den 1,5 Grad und damit wohl auch der ersten Klima-Kippunkte  entfernt sind.  Alle wollen es angeblich verhindern, stellen aber derart viele Bedingungen für den Klimaschutz oder machen so illusionäre von Hybris getriebene Strategie-Vorschläge, dass damit kaum eine Besserung der Wissenschaft-seitig und vom Klima-Expertenrat als insuffizient bewerteten derzeitigen Klimaschutz-Politik zu erwarten ist.  All das, obwohl Sie Recht haben, dass wir — noch — wesentliche Aspekte beeinflussen könnten, natürlich nur mit wesentlich besseren Kompetenzen oder der Bereitschaft solch kompetenten Ratgebern zu folgen, auch wenn es Mühen, Kosten, Verzichte und Verhaltensänderungen erfordert.

Diese alle wollen allzu viele Wähler und ihre politischen Vertreter sich aber unbedingt ersparen und verdrängen, ignorieren oder gar akzeptieren dabei, dass sie damit Ihnen von der nachrückenden Generation um ein Vielfaches schlimmere Übel zumuten.  Selbst im grünen Wahlkampf wurde die These vertreten, man könne ohne besonderen Vorrang fürs Klima alles zusammen erreichen:  Klimaschutz, Gerechtigkeit, mehr soziale Leistungen und gleichzeitig unangetastet bleibender oder gar weiter gesteigerter Wohlstand, vielleicht sogar mit bedingungslosem Grundeinkommen. Das man für die Rettung der Zukunft, nicht nur aber besonders beim Klima, auch Opfer an sonstigen Wünschen akzeptieren müsste, davon wollte niemand etwas hören — oder lesen.

Ich fürchte, dass selbst die von Ihnen genannte PQ-Formel den allermeisten kaum bekannt ist, wie auch sonst eine Ausbildung in den sogenannten MINT-Fächern ja leider wenig ist, was allein nicht unwesentlich zum Fachkräftemangel gerade auch bei Klimaschutz-Projekten beiträgt.   Das Problem der einseitigen und oft insuffizienten Lehrinhalte in Schulen ist uralt:  Ich selbst musste mir als Schüler und Student in den 60er und 70er Jahren und noch im Beruf vieles an Lebenskunst, politisch und beruflich wichtigen Inhalten selbst in Eigenstudien erarbeiten, was eigentlich in die Lehrpläne gehört hätte:  In Physik, in Laborpraxis, in Kommunikation, in der Klimaproblematik und in der Berufspraxis als Arzt und Psychotherapeut.  Es gilt eben immer wieder der Satz „Es geschieht nichts Gutes, außer man tut es (selbst).  Für die von ihnen gewünschten Lehrinhalte müssten die allermeisten Lehrkräfte sicher erst einmal selbst geschult werden und vielfach sich auch einig werden, was denn da zu lehren akzeptabel, richtig oder ethisch vertretbar ist; z.B.  wenn es Entscheidungen im Sinne einer Triage geben wird oder wenn jemand, um selbst zu überleben, jemand anderem notwendiges, sei es Arbeit oder Dinge, auch von dem gebrauchtes vorenthalten muss.

Da folgen die derzeitigen Lehrpläne wohl eher dem Prinzip „es kann nicht sein, und kann auch nicht behandelt werden, was nicht sein darf“. Zu dem von Ihnen aufgezählten Katastrophen-elementen kann man sicher noch die ankommenden großen Zahlen an Klimaflüchtlingen hinzufügen aus Ländern, die die Erderhitzung noch viel schlimmer trifft als unser Land.  Mit all dem kann auch ich Ihnen leider nur wenig Hoffnung oder „Lösungen“ anbieten, wenn man unter Lösung die Behebung der Probleme versteht statt nur ihres bestmöglichen Managements und einer Milderung für möglichst viele.  Greta Thunberg hat auch eher illusionärer Hoffnung, wenn sie nicht auf realen Fakten und Logik beruht abgelehnt, wohl auch da damit ggf. Energie von der Verhinderung solcher Szenarien abgezogen würde.

Dennoch haben sie Recht, dass die Themen im Unterricht behandelt werden sollen, nicht zuletzt auch dafür die Motivation für die Verhinderung der Katastrophenszenarien bei allen beteiligten gewaltig wachsen zu lassen und ggf. nicht hilfloser als nötig zu sein.  Im P.S.  übersende ich ihnen noch ein Gedicht von mir, das ich als Antwort auf verschiedene Äußerungen geschrieben habe, dass sowohl irgendein Wohlstands-Verzicht als auch baldige Reduktion des Bevölkerungswachstums auf Kosten von Wäldern und anderem völlig unrealistisch sei.
Peter Selmke

Zunächst finde ich es schade, dass mal wieder die Mathematik genannt wird als ein für Schüler und Schülerinnen vermeintlich sinnloses Fach. Ich vermutete, dass Sie ein Gymnasium besuchen. Und das fachliche Ziel (neben den Zielen in der Persönlichkeitsbildung) dieser Schulform ist nun mal die Hochschulreife, also die Fähigkeit, ein Studium in einem beliebigen Fach aufnehmen zu können. Bekanntlich sind mathematische Grundkenntnisse in einem Großteil aller Studiengänge erforderlich und dazu gehört auch das Lösen einer quadratischen Gleichung.

Weiterhin gilt es die Frage zu klären, worauf die Schule vorbereiten will oder muss. Kann die Schule auf alle Fragen des Lebens eingehen und wo beginnt dagegen die Verantwortung der Eltern und der Gesellschaft als Ganzes? In der Schule geht es vor allem um Grundkompetenzen; Deutsch ist wohl das Fach der Fächer. Schüler und Schülerinnen sollen in die Lage versetzt werden, Probleme selbst zu begreifen und zu lösen. Prinzipien und allgemeine Gesetzmäßigkeiten helfen dabei, nicht möglichst viel Wissen.

Und zuletzt stimme ich auch zu:  Lehrer und Lehrerinnen können und sollen den Klimawandel mit allem, was dazugehört in den Unterricht bringen. Informieren und diskutieren ist das Gebot der Stunde. Sorgen und Ängste müssen sehr ernst genommen werden. Möglichkeiten gibt es in nahezu allen Fächern. Aber als Lehrer weiß ich, dass in meiner Zunft genauso viele Menschen arbeiten, denen das Thema schlicht und einfach egal ist, wie in anderen Branchen. Intellekt schützt vor Dummheit nur bedingt. Es muss der Herzog’sche Ruck durch die Gesellschaft gehen. Alle Fragen, die den Klimawandel betreffen, gehören mitten in die Gesellschaft. Täglich und überall. Nicht nur in die Schule.
Martin Gmelch

Hallo Nuria, ich habe Ihren Text in der Zeit gelesen und möchte Ihnen etwas dazu schreiben. Ich verstehe Ihr Anliegen sehr gut. Und Ihre Forderung an die Schule ist verständlich. Das Dumme ist nur, dass weder Schule noch Lehrer noch am Ende die Politik wirkliche Lösungen für die Probleme haben. Letztere versuchen ihr Bestes in der Hoffnung, dass es wirkt. Aber wann und ob, das wissen die auch nicht. Deswegen will ich Ihnen hier versuchen, eine Sichtweise zu vermitteln, mit der Sie, so hoffe ich, besser umgehen können. In einer Doku hörte ich kürzlich, dass die Erde vor ca 30 tsd Jahren noch deutlich wärmer war als heute und demnächst. Bemerkungen dazu: Es gab damals schon Menschen, die das wohl eher nicht verursacht haben und das offensichtlich auch überlebt haben. Die Temperatur hat sich wohl von selbst wieder eingependelt. Die Natur hat’s auch überlebt.

Da wir beide nicht wissen, was die Zukunft bringen wird, versuchen wir einen pragmatischen Ansatz: Um bei einer moderaten Katastrophe Vorbereitungen zu treffen, dazu gibt es beim Innenministerium eine Broschüre. Für die ganz großen Katastrophen gibt es nichts, weil keiner heute weiß, welche Ausmaße die annehmen. An dieser Stelle greift dann die Erkenntnis, dass der Mensch eben doch nicht alles in der Hand hat. Sehr viele Arten sind schon ausgestorben, viele weitere werden ihnen folgen. Warum nicht auch der Mensch irgendwann? Es gibt dazu sicher viele Sichtweisen. Meine ist, dass es viel zu viele Menschen auf der Erde gibt. Googeln Sie mal die Entwicklung der Erdbevölkerung der letzten tausend Jahre. Irgendwie muss das korrigiert werden. Und mit welchem Recht nehmen wir für uns in Anspruch, zu den Überlebenden zu gehören? Betrachten wir uns also als Teil der Menschheit, tun das, was wir für richtig halten und lassen die Dinge auf uns zukommen. Und ja, ich gebe zu, ich kann gut reden: Ich bin 73 Jahre alt und habe gelebt. Dass Sie das mit Ihren 15 Jahren anders sehen, kann ich gut verstehen. Nur leider ändert das überhaupt nichts an dem Gang der Dinge. Ich würde Ihnen wünschen, dass Sie die Dinge etwas entspannter sehen können und hoffe, hiermit einen kleinen Beitrag dazu geleistet zu haben.

Während des Abendessens fiel mir eben noch etwas ein, was Ihnen helfen könnte, die Dinge einzuordnen. Vor etwa 12 tsd Jahren konnte man noch zu Fuß vom heutigen Festland zum heutigen London gehen. Dann stieg der Meeresspiegel an und eine ganze Kultur versank mit Mann, Frau und Kindern in der Nordsee. Meine Erkenntnis in der Sache, und das dürfen Sie gerne anders sehen: Wir haben keine Chance, maßgeblich Einfluss zu nehmen auf die kurzfristige Entwicklung des Klimas. Und ob wir langfristig etwas erreichen können, hängt am Ende von der Größe der Erdbevölkerung ab. Es gab da mal einen Song: In the year 2525, if man is still alive, …. Googeln Sie mal den Text, wenn es Sie interessiert.
Hendrik Takes

Der Gastbeitrag der 15-jährigen Gymnasiastin Nuria Neubauer aus Hamburg sollte in der Tat als verzweifelter Hilfeschrei einer tiefbesorgten Schülerin verstanden werden, bevor es zu spät ist. Mit Blick auf die Klimakrise bringt ihre unverhohlene existenzielle Angst das Grundproblem des desolaten deutschen Schulsystems auf den Punkt: weil die Schule weiterhin am alten Bildungsmodell des Industriezeitalters klammert, steht sie einer Bildung der Zukunft zugunsten von Schülerschaft und Land starr im Wege. Kein Wunder, dass sie zutiefst erschrickt, als sie entdeckt, dass die Schule im Unterricht auf jeglichem Umgang mit der Klimakrise in praktischer Hinsicht verzichtet. Vergeblich sucht sie nach einem Fach, das Schülerinnen und Schüler “ …auf Krisenmanagement und extreme Dürre, Hitze, Wasserknappheit, Starkregenfälle, Fluten und Waldbrände…“ vorbereitet. Ein solches Fach könnte z.B. Fähigkeiten auf dem Gebiet des Krisenmanagements vermitteln, darunter Notfallplanung, Evakuierungsstrategien und die Organisation von Hilfsmaßnahmen.

Die integrale Einbeziehung der Schülerschaft in eine Strategie zur Implementierung der Bildung der Zukunft wäre eine unabdingbare Voraussetzung und würde einen klaren Fokus auf Effizienz und die Nutzung der sehr begrenzten Zeitressource von schätzungsweise nur 10 Jahren erfordern. Neben der Klimakrise kämen andere Herausforderungen hinzu wie etwa der Umgang mit der Künstlichen Intelligenz. Schülervertretungen und Arbeitsgruppen müssten auf lokaler, Landes- und Bundesebene die Rechte der Schülerinnen und Schüler auf Augenhöhe mit der Wirtschaft und Politik vertreten und durchsetzen. Als Auftakt für die hier skizzierte Entwicklung könnte eine Task Force, bestehend aus der Autorin Nuria Neubauer, der Verlagsgruppe DIE ZEIT und meiner Kinderpsychologischen Praxis Garmisch, dienen.
Dr. Peter Pohl


Leserbriefe zu „Eine Billion fürs Nichtstun“ von Kolja Rudzio

Es ist wohl eine nachrichtenarme Zeit, dieses Thema aus der Mottenkiste zu holen. Man muss nicht über akademischen Weihen verfügen oder Nachhilfe vom DIW beziehen, um das Resultat an den 5 Fingern abzuzählen. Wenn auf allen Ebenen über Arbeitskräftemangel lamentiert wird, zu Recht, ist dieses Thema aus der Welt gefallen. Gibt es, verflixt, keine andere Sau, die man durchs Dorf treiben könnte?
Christoph Schönberger

Das Universum entfaltete sich aus dem Nichts von Selbst. Wir profitieren vom Nichtstun; außer die Wirtschaftstheorie erklärt, wie Sie den Urknall auslöste. Weiterhin erklärungsbedürftig ist; warum wir eine Wirtschaftstheorie akzeptieren, die die naturgegebene Angebotsökonomie von menschlicher Nachfrageökonomie spaltet. Im Zeitablauf leben wir zwischen zwei Schöpfungsquellen aus dem Nichts. Beide Quellen konstituieren zweierlei Akkumulationssysteme; mit unterschiedlichen Zahlenräumen, Zielen und gesellschaftlichen Nutzen. Politisch wollen Wirtschaftstheoretiker ihren Einfluss wahren: daher diskutieren Sie jede Nachfrage, die nicht den Kern ihrer falschen Wirtschaftsaxiome bedroht. Natürlich könnten wir auch für beide Quellen eine Symbiose finden; was ein besserer Ansatz als ein monetäres Grundeinkommen ist.
Matthias Losert

Das Grundeinkommen ist – vielleicht – doch finanzierbar. Was für eine gute Nachricht. Als Kritikpunkt wird erwähnt, dass dann möglicherweise manche Menschen nicht mehr so viel arbeiten wollen, wie es vermeintlich notwendig wäre.  Aber auch das könnte eine gute Entwicklung sein, denn genau das war doch mal die Grundidee von Fortschritt. Wozu erfinden wir all die technischen Erleichterungen, wenn wir trotzdem alle immer weiter Vollzeit arbeiten müssen? Durch das Grundeinkommen fielen ja auch einige Tätigkeiten weg, da weniger Bürokratie notwendig wäre. Sämtliche Behörden, die heute mit Transferleistungen beschäftigt sind, könnten aufgelöst und die Mitarbeiter in andere Arbeitsbereiche, wo Fachkräftemangel herrscht, umgeleitet werden. Auch die Besteuerung könnte vereinfacht werden. Juchu.

Der Arbeitsmarkt könnte umgebaut werden. Unangenehme Arbeiten müssten besser bezahlt und könnten vielleicht in Teilzeit erledigt werden. Und generell würde die Freude an der Arbeit und damit die Qualität und Effektivität möglicherweise steigen, wenn niemand mehr existenziell auf sie angewiesen ist. Wir könnten vermehrt dort arbeiten, wo wir Freude und Sinn erfahren. Ich vermute, dass sich Befürworter und Kritiker dieses Ansatzes vor allem durch ihr Menschenbild unterscheiden. Wer den Menschen für von Natur aus faul hält, wird sich nicht so leicht überzeugen lassen. Wer jedoch davon ausgeht, dass wir nach Kreativität und Sinnstiftung strebende Wesen sind, könnte im Grundeinkommen einen potenziellen Segen sehen, der sich auf viele Lebensbereiche positiv auswirken könnte: mehr Gesundheit, Zufriedenheit, Zeit für Gemeinschaft, nachhaltiges Leben und ehrenamtliche Tätigkeiten usw.  Wirklich nur eine Utopie? Vielleicht sollten wir es einfach mal ausprobieren.
Barbara Rogge

In welcher Traumwelt befinden sich hier einige Ökonomen? Glauben die wirklich, dass jemand morgens noch ihren Müll abholt, wenn er für sich, die Partnerin und die beiden Kinder 2×1200 €+ 2×600 €, also 3600 € netto erhält (und ein Zusatzeinkommen mit 50% besteuert wird) ??? Besonders ärgerlich finde ich, wenn wie erwähnt, ein Ökonom vom DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) hierzu noch eine Studie erstellt. DIW ist ein Institut, das weit überwiegend von Steuergeldern finanziert wird. Steuergelder für solche Spinnereien rauszuwerfen, finde ich unerträglich.
Raimund Helbrich

„Einen Billion fürs Nichtstun“ geht davon aus, dass Menschen zur Faulheit neigen. Das Gegenteil ist der Fall! Dies sehen wir an den unzähligen Arbeitsstunden, die von Bürgerinnen und Bürgern freiwillig geleistet, aber nicht anerkannt bzw. bezahlt werden. Ohne diesen idealistischen Mehrwert wäre unser Gemeinwesen nicht existenzfähig: elterliche Kindererziehung, Nachbarschaftshilfe, Engagement in Vereinen oder kulturellen Veranstaltungen. Die Komplexität der Gesellschaft überfordert uns zunehmend und Arbeitsprozesse machen Menschen zur Ware. Wie wollen wir Arbeit jenseits kapitalistischen Denkens neu definieren?  Ein nicht ganz bedingungsloses Grundeinkommen könnte Anreiz sein, unserer Arbeit wieder mehr Sinn und Würde zu geben, damit das Gemeinwohl davon auch ökologisch, sozial und kulturell profitieren kann. Machen wir uns frei von einer Wachstumsgesellschaft voller Illusionen, die krank macht und unendlich viel Leiden produziert!
Walter Moritz

Ich finde es schade, dass bei Diskussionen über ein bedingungsloses Grundeinkommen meistens die Frage, ob es nun umsetzbar ist oder nicht, im Vordergrund steht. Mir ist durchaus bewusst, dass dies eine der zentralen Fragen ist, jedoch wird es immer zwei Gruppen von Antworten geben: Diejenigen, die dafür sind, werden einen Weg zur Umsetzung finden, während es für diejenigen, für die eine solche Transformation des Staatsprinzips zu drastisch erscheint, eine Utopie bleiben wird.

Sollte die Debatte nicht vielmehr auch die Frage nach einer nachhaltigen Gesellschaftsentwicklung einschließen? Ich sehe gesellschaftliche Strukturen, zum Beispiel Grundsicherung durch Erwerbsarbeit, die sich zwar ständig weiterentwickeln, aber dennoch auf den gleichen alten Normen und Werten basieren. Es wird jedoch immer offensichtlicher, dass mit den neuen Generationen auch ein Wandel der Werte einhergeht, auf den einzugehen immer schwieriger wird, da einerseits gesellschaftliche Strukturen stark verkrustet sind und andererseits Entscheidungsträger, die immer noch ihren alten Werten verhaftet sind.

Die Arbeitswelt befindet sich bereits seit der Digitalisierung, Automatisierung und Globalisierung im Wandel. Hinzu kommt ein wachsendes Bedürfnis nach Flexibilität, Selbstverwirklichung im Beruf und Fairness. Kann das derzeitige System all diese Veränderungen bewältigen, oder sollten wir vielleicht auch auf dieser Grundlage in Frage stellen, ob das bestehende Staatsprinzip diesen Anforderungen gerecht wird? Es ist offensichtlich, dass ein solcher Transformationsprozess nicht über Nacht geschehen kann. Die Gesellschaft muss darauf vorbereitet werden, damit die resultierenden Freiheiten nicht missbraucht werden und die Chancen und Möglichkeiten, die sich für jeden Einzelnen eröffnen, in den Vordergrund rücken. Daher geht es nicht nur darum, ob ein bedingungsloses Grundeinkommen finanzierbar ist, sondern auch darum, welche Ziele damit erreicht werden können und wie die Gesellschaft darauf vorbereitet werden muss.
Johanna Spiegl

Zunächst einmal möchte ich Ihnen meine aufrichtige Anerkennung für Ihre umfangreiche Aus- und Weiterbildung sowie Ihre zweifellose Intelligenz aussprechen. Ihre Fachkenntnisse und Ihr Engagement sind zweifellos bemerkenswert, und ich bin überzeugt, dass sie einen wertvollen Beitrag zur Diskussion und Entwicklung unseres gesellschaftlichen Lebens leisten. Als Mitarbeiter der Thomas-Sonnenburg-Akademie arbeite ich seit nunmehr sieben Jahren engagiert mit Langzeitarbeitslosen aller Altersgruppen zusammen. Unsere Akademie hat sich im Laufe der Jahre als äußerst erfolgreich erwiesen und vermittelt regelmäßig eine Mehrzahl unserer Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer direkt in neue Berufe, Arbeitsplätze oder Weiterbildungen. Der Start eines 10-wöchigen Kurses ist zweifelsohne eine immense Herausforderung für den Kursleiter, aber die Ergebnisse sprechen für sich, insbesondere wenn man bedenkt, dass wir teilweise eine Vermittlungsquote von 100 Prozent erzielen konnten. Dabei sind besonders die Fälle hervorzuheben, in denen Menschen mit über 20 Jahren Arbeitslosigkeit erfolgreich reintegriert wurden. Die Arbeit mit jungen und älteren Menschen stellt gleichermaßen hohe Anforderungen an uns.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Ihnen von meiner Enttäuschung über Ihren Artikel zum Grundeinkommen zu berichten. Der Artikel hat in den Kommentaren leider viele Reaktionen von unterirdischer Qualität hervorgerufen. Doch anstatt mich über diese Äußerungen zu beklagen, möchte ich vielmehr die Diskussion vertiefen und mich mit Ihnen austauschen. In Ihrem Artikel argumentieren Sie, dass das Grundeinkommen eine reine Versorgungsleistung darstellt, die zum Nichtstun anstiften könnte und ohnehin nicht finanzierbar sei. Dies steht in starkem Kontrast zu meiner Wahrnehmung, Erfahrung und meiner wissenschaftlichen Arbeit im Bereich der Gesundheitssystemforschung. Aus meiner Sicht (und der vieler anderer Befürworter) handelt es sich beim Grundeinkommen um eine Vorsorgeleistung, die die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt, unabhängiger von staatlicher Unterstützung zu sein und eine gewisse wirtschaftliche Sicherheit zu gewinnen. Diese Idee lässt sich gut mit der US-Gesundheitsreform unter Barack Obama vergleichen.

Politikwissenschaftlich betrachtet ähneln die mit diesem Programm verstrickten Strukturen, die Vorgeschichte und die Meinungsbildungsprozesse denen der Gesundheitsreform in den USA. Auch hier wurde die Gegnerschaft oft auf die vermeintlichen „Taugenichtse“ projiziert, besonders aber auf die „unfinanzierbaren“ Kosten – während es eigentlich um die Korrektur technischer Faktoren ging, um das teure und ineffiziente Gesundheitssystem zu verbessern. Natürlich haben die Befürworter mit ihrer hauptsächlich philosophisch gestützten Argumentation denselben Fehler begangen, es kann ja aber nie zu spät sein, diese Perspektive zu überprüfen und zu korrigieren. Ich möchte Sie aufrichtig darum bitten, Ihre Sicht auf das Grundeinkommen noch einmal zu überdenken und es möglicherweise in bester politikwissenschaftlicher Manier als Teil einer klassischen Dreiteilung zu betrachten. Damit könnten wir Gesellschaft, Staat und Wirtschaft die gleiche Unabhängigkeit voneinander geben, wie es bei der Gewaltenteilung zwischen Legislative, Judikative und Exekutive der Fall ist. Dies würde unserer Gesellschaft eine zusätzliche Stabilität verleihen und die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzen, aktivere Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Arbeitsmarkt zu sein.
Frank Martis

«Das bedingungslose Grundeinkommen ist eine grosse Utopie mit einem grossen Haken: Es gilt als unbezahlbar. Anhänger versuchen nun, das Gegenteil zu beweisen.» Allerdings gibt’s beim bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) auch noch andere Haken. Das BGE muss auch vor folgendem Hintergrund beurteilt werden: Das Zukunfts-Problem der Menschheit ist eine Folge des exponentiellen Wachstums von Kopfzahl und Konsum. Seit 1900 hat sich die Weltbevölkerung verfünffacht und die Wirtschaftsleistung pro Kopf versiebenfacht. Die Klima-Krise aber auch die Zunahme der Migration zeigen, dass das exponentielle Wachstum nicht weiter gehen kann. Offen ist nur, ob die Landung gesteuert und weich oder brutal hart ist.

BGE könnte bei der Landung einen doppelten Beitrag leisten. Einen positiven und einen negativen. Zunächst zum Positiven. Wirtschaftswachstum ist aus zwei Gründen nötig. Einmal, um die weltweit wachsende Bevölkerung zu versorgen. Und ausserdem um Arbeitsplätze zu schaffen, insbesondere als Ersatz für Arbeitsplätze, die durch den technischen Fortschritt verloren gehen. Arbeitsplätze sind nötig, um die Lebensgrundlagen zu verteilen. BGE ist eine Möglichkeit, Lebensgrundlagen zu verteilen, ohne dass dafür Arbeitsplätze nötig sind. Damit fiele ein Grund für die Notwendigkeit von Wirtschaftswachstum weg.

Nun zur negativen Wirkung von BGE. Von der breiten Einführung von BGE wäre die Eigenverantwortung betroffen. Das betrifft zwei Punkte. Einerseits geht’s um die Eigenverantwortung dafür, bei der Berufswahl auch die Bedürfnisse der Gesellschaft zu berücksichtigen. Ohne BGE sollte es ja so sein, dass dort wo diese Bedürfnisse gross sind, auch die Berufsaussichten, insbesondere die finanziellen gut sind. Zum zweiten Punkt: Durch BGE würde die Eigenverantwortung für die Wahl der Familiengrösse reduziert. Denn es entfiele die Notwendigkeit, diese so zu begrenzen, dass das selbst erarbeitete Einkommen ausreicht.

Die in den zwei Punkten genannten Entwicklungen finden zwar auch ohne BGE statt, doch würden sie durch BGE verstärkt. Ein Beispiel zum ersten Punkt findet sich in der Basler Zeitung vom 4. September 2023 unterm Titel «Enormer Zuwachs an Kulturschaffenden». Dort steht: «Basel. Der Zuwachs an Schauspielern, Musikern oder bildenden Künstlern ist landesweit enorm. Allein von 2011 bis 2021 stieg die Zahl der Kulturschaffenden im engeren Sinn um satte 30 Prozent an.» Einerseits ist es positiv zu werten, wenn dadurch weniger produziert und wegen des geringeren Durchschnitts-Einkommens auch weniger konsumiert wird. Andererseits können dadurch Lücken entstehen, etwa durch Mangel an Lehrern oder bei den medizinischen Berufen.

Ein Beispiel zum zweiten Punkt liefern die hohen Geburtenraten in vergleichsweise armen Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit. Dort fehlen die Perspektiven, die mit der Teilnahme am Erwerbsleben verbunden sind und werden ersetzt durch Perspektiven, die mit hohen Geburtenraten verbunden sind. Die Menschen sind, um überleben zu können, auf internationale Unterstützung angewiesen (etwa Entwicklungshilfe, Überweisungen von erfolgreichen Migranten), also auf eine Art BGE. Aber auch das Ausbeuten von Bodenschätzen hat die Wirkung von BGE, falls es nicht gelingt, ausreichend Arbeitsplätze zu schaffen. Denn dann müssen die Erlöse zum guten Teil für die Unterstützung der Arbeitslosen verwendet werden.

Fazit: Es ist nötig von der positiven Wirkung von BGE zu profitieren. Dabei müssen aber Wege gefunden werden, die genannten negativen Wirkungen zu vermeiden. Es gilt, die Notwendigkeit von Eigenverantwortung wirksam werden zu lasse, die auch nötig ist, um den Klima-Wandel unter Kontrolle zu bringen.
Gernot Gwehenberger


Leserbriefe zum ZEIT Magazin, allgemeine Kritik

Es ist schrecklich, dass Sie – neben den Annoncen über z.T. luxuriöseste Mode   – auch die Mehrzahl der Artikel über Angelegenheiten in Bezug Kleider-Mode bringen!!

Walther Moser

Was für eine überflüssige Ausgabe.  Wenn ich mich für Mode interessiere, kaufe ich mir ein Modemagazin. Außer dem Zeichner aus der Ukraine, Martenstein und Prüfer nichts Interessantes, leider.
Wiebke Robl

So schätzenswert es ist, dass die ZEIT unterschiedlichen Meinungen und Sichtweisen Platz einräumt, so irritierend ist es doch, dass das Zeit-Magazin Nr. 37 von 90 immerhin ca. 50 Seiten Themen widmet, die sich um Gucci, Prada, Louis Vuitton, Chanel und dergleichen bzw. deren betuchte Konsumenten drehen. Es gibt zweifellos eine überschaubare Zielgruppe, die das interessieren mag, doch dieser sei die VOGUE oder BAZAAR empfohlen, weniger Betuchten könnte die BUNTE genügen. Von der ZEIT erwarte ich, dass Themen von wirklicher Relevanz aufgegriffen und kontrovers beleuchtet werden. Dass Werbung von den oben genannten Edelmarken in der ZEIT willkommen ist, kann man nachvollziehen, da sie einen finanziellen Beitrag zur Deckung der Kosten des ZEIT-Betriebs leisten. Aber im redaktionellen Teil haben sie doch nichts verloren. Erstaunlicherweise findet sich in derselben ZEIT-Ausgabe der Artikel „Bis zum letzten Fetzen“, der sich – zu Recht – mit der gigantischen Überproduktion der Textilbranche auseinandersetzt. Das passt irgendwie nicht zusammen. Hat die ZEIT evtl. ihren Kompass verloren?
Uwe Reuter

Ich bin nun seit gut anderthalb Jahren ziemlich zufriedener Abonnent der Zeit-Zeitung und damit natürlich auch des Zeitmagazins. Mir gefallen ihre ausgewogenen, häufig pointierten und gut durchdachten Artikel, Reportagen sowie Zusammenstellungen und der menschliche Grundton. Seit etwa vier Wochen gibt es allerdings eine Entwicklung, die mir weniger gut gefällt. Die „Heiter bis Glücklich“ Kategorie wurde kommentarlos entnommen!! (ja, das ist tatsächlich zwei Ausrufezeichen Wert) Damit stellt sich natürlich die Frage: Ist das eine dauerhafte Entscheidung oder nur eine lediglich urlaubsbedingte Notwendigkeit? Ich hoffe letzteres wünsche aber bei ersterem zumindest über den Grund informiert zu werden. Die Rubrik mag nebensächlich erscheinen, ist aber doch ein Panoptikum der Welt, ihrer Zustände, Menschen und Geschichten und mir ans Leserherz gewachsen. Ich bitte also um Wiederherstellung des gewohnten Zustandes.
Lasse Scherer

„nicht von dieser Welt“ ist der Titel des aktuellen Magazins, „Nicht von dieser Zeit“ wäre vielleicht der bessere. 90 attraktive Seiten werden mit Werbegeldern von Gucci, Dolce & Gabbana, Chanel, Armani Akris, Hermes & Co für seichte Inhalte – ok: es ist „saure Gurken-Zeit“? – verschleudert. Im hohen Bogen habe ich das aktuelle Haft in den Papierkorb entsorgt. Ist vom ZEIT-Magazin nichts Tiefergehendes, ZEIT-gemäßes, Nachhaltigeres mehr zu erwarten? Wäre es nicht höchste Zeit, die Werbegelder von Firmen zu lukrieren, die an der positiven Transformation des Planeten mitwirken und die Inhalte des Magazins ebenfalls in diese Richtung zu lenken?

Cordula Loidl-Reisch

Ich habe seit Jahrzehnten die ZEIT abonniert, weil ich sie für liberal, vielseitig, an Frauenrechten interessiert halte – wäre da nicht – abgesehen von Martensteins gegen den Strich gebürsteten Kolumnen und dem süchtig machenden Kreuzworträtsel – das Magazin mit seinen z.T. unsäglichen Modefotos. Einige der Fotos im Magazin vom 31.8. (Armani, vor allem aber Dolce & Gabbana) könnten ohne weiteres in einer Bordellzeitung verwendet werden: Appetitlich angerichtetes Fleisch, fertig zum Verzehr – meilenweit entfernt vom Bild einer selbstbestimmten Frau, selbst wenn man S. Passmann zustimmen mag, dass „eine Attraktivität, die sich nicht aufdrängt“, für Frauen nützlich ist. Welche Intention verfolgen Sie mit diesen Fotos???
Erika Nakaten


Leserbriefe zu „Jede dritte Ehe“ von Nadine Ahr

Leider kennt wohl jede und jeder von uns solche Geschichten aus dem Bekanntenkreis. Ist es wirklich nötig, diesem Einzelfall solch einen Raum zu geben, ohne irgendeine Aussage über den Fall hinaus zu treffen? Soweit es sich um zwei individuelle Persönlichkeiten handelt, die nicht zueinander passen, ist es ein tragischer Einzelfall. Aber es schimmern zahlreiche gesellschaftliche Zwänge durch den Text, die bedauerlicherweise nicht beleuchtet werden. Institutionelle Mängel in der Kinderbetreuung auf dem Land, weshalb die Familie umziehen und sich verschulden muss. Unzureichende Vergütung von „weiblicher“ Erwerbsarbeit, weshalb eine andere Aufteilung der Lohnarbeit der Beteiligten finanziell herausfordernd ist. Patriarchale Erziehung, gegen die eine andere Aufteilung der Care-Arbeit schwer durchzusetzen ist. Ungesunder Fokus auf die „Kernfamilie“, der verschärft die ungleiche Aufteilung der Care-Arbeit verschärft. Veraltete Rollenbilder, wegen derer gerade Männer nicht lernen, ihre Bedürfnisse zu erkennen und zu artikulieren. Fehlende gesellschaftliche Anerkennung für paartherapeutische Angebote und eine massive Unterversorgung in diesem Bereich. Fehlender Zugang zum Wissen über Selbstfürsorge und bedürfnisorientierte Kommunikation. Die familiäre Tragik ereignet sich eben nicht „einfach so“ und ist auch nicht „irgendwie unvermeidbar“. Es liegt vielmehr auch an uns allen, die Strukturen zu verändern, die zu solchen Ereignissen beitragen.
Paula Zschoche

„Alle glücklichen Familien ähneln einander; jede unglückliche aber ist auf ihre eigene Art unglücklich.“ So lautet der erste Satz in Tolstois „Anna Karenina“.  Also ist der Lerneffekt der „Geschichte von Frank und Janine“ beschränkt. Bei der Lektüre schwankt der Eindruck: „Ja, das konnte nicht ewig gut gehen“, bis: „Sie hatten ihre Chancen und auch schöne Zeiten miteinander“.  Eine gute Idee, die Geschichte vom Ende her zu erzählen. Das verdeutlicht auch, dass objektiv die „Gesamtbilanz“ so übel nicht ist.  Gewiss, wenn Kinder da sind, sollte die Verantwortung für sie im Vordergrund stehen. Wenn das aber alles ist, reicht es oft nur für eine beschränkte Zeit (ca. bis zur Silberhochzeit) – in der sich eine Menge Frust emotional anstauen kann.  Ist es aber nicht eine große beiderseitige (!) Leistung, ein Leben lang gut zusammen zu leben? Das kann einfach nicht jede/r schaffen. Und doch vollbringt es die Mehrheit. Das Glas ist mehr als halb voll.
Friedrich Schweikert

Ich vermisse ein Statement zur Situation der Kinder bei Trennung/Scheidung der Eltern. Belegt ist, dass viele Kinder, besonders in der Pubertät, unter der Trennung der Eltern psychisch leiden. Manche werden dadurch sogar ein Leben lang bindungsunfähig. Um des Kindeswohls willen raten daher Familienrichter Scheidungswilligen immer wieder: „Bitte halten Sie es noch solange miteinander aus bis ihr Kind volljährig ist!“ Eine gesunde Kinderseele ist doch wohl wichtiger als der Frust über „Umräumen der Spülmaschine“ oder „Wäschewaschen 60 statt 40 Grad“!
Brigitte Kästle

Danke für das gut aufgebaute Dossier, was mich gegen Ende zu Tränen gerührt hat. Bei meiner ersten Heirat (meine Jugendliebe) war ich so sicher, dass es ewig hält – sie scheiterte; „zum Glück“ kinderlos. Bei meiner jetzigen Ehe bin ich nüchterner, was den Ewigkeitsfaktor angeht, was uns beiden auch hilft, nichts als selbstverständlich zu betrachten und für alles eine gute Balance zu finden oder es zu versuchen. Auch unsere Kinder profitieren davon.
Ramona Grohs

Die aktuelle ZEIT-Ausgabe ist wieder sehr gut gelungen – danke! –, aber der Dossier-Artikel über das Ende von Ehen endet sehr unvermittelt und auch ohne die sonst übliche Abschlusszeile. Ist das Absicht oder fehlt hier tatsächlich der Schlussteil, was ich hoffe.
Andreas Beaugrand


Leserbriefe zu „Über das Denunziantentum“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Fast im Wochentakt stellt sich Harald Martenstein an die Seite derer, zur deren Freiheitsverständnis das Recht auf die Diskriminierung anderer Menschen zu gehören scheint. Die letzte Kolumne, in der er Gesetze des Dritten Reichs mit den heutigen Meldestellen vergleicht, ist meiner Meinung nach ein absoluter Tiefpunkt. Klar, man kann es übertrieben finden, dass dort auch „antifeministische Zwischenrufe“ oder „antikommunistische Sticker“ gemeldet werden können, allerdings unterscheiden die Meldestellen in der Regel sehr genau zwischen solchen sogenannten Propaganda-Delikten und etwa Beschimpfungen und tätlichen Angriffen gegen Homosexuelle oder Juden, die es leider unverändert gibt. Der Vergleich nationalsozialistischer Methoden zur Einschüchterung der Bevölkerung mit dem hehren Versuch staatlicher Behörden, Diskriminierungen zu bekämpfen, ist infam. Und es erstaunt mich, so etwas in der Zeit zu lesen.
Oliver Gehrs

Mir tun die Beschäftigten der Meldestellen jetzt schon leid. Ich wünsche ihnen gute Nerven und die Gabe zwischen Denunziation und „echten“ Meldungen unterscheiden zu können. Darf auch anonym gemeldet werden, kommt vermutlich eine Flut von Meldungen auf die Stellen zu, denn Anonymität lockt ja nicht immer und unbedingt die guten Seiten der Menschen hervor. Ich finde, dass Anonymität nur dann gerechtfertigt ist, wenn eine Person durch eine Anzeige oder Meldung massiv mit persönlichen oder beruflichen Repressalien zu rechnen hätte. Diese Regelungen sehen die Meldestellen aber nicht vor und allein dadurch befördern sie sich für mich in eine rechtliche Grauzone. Bei politisch motivierten Meldestellen wird es ohnehin besonders heikel. Nur ein Beispiel: Wenn sich jemand zum Gendern kritisch äußert, handelt es sich um eine freie Meinungsäußerung, die weder kriminell noch gesellschaftlich geächtet ist. Was gibt es da denn zu melden?  Ich glaube nicht, dass man die Menschen mit Meldestellen zu besseren Menschen macht, falls das auch ein Ziel sein sollte. Eine Gesellschaft muss immer auch damit klarkommen, dass es hässliches Verhalten und bösartige Meinungsäußerungen gibt. Eine Gesellschaft muss zudem akzeptieren, dass zu einer freiheitlichen Gesellschaft die Meinungsvielfalt gehört. Das mag nicht jedem passen, aber wer kann eigentlich ehrlich von sich behaupten, mit seiner Sichtweise immer auf der “richtigen“ Seite zu stehen? Bei strafbaren Handlungen haben natürlich die Strafverfolgungsbehörden in Aktion treten und ich gehe mal davon aus, dass sie ihren Job können. Das steht aber auf einem ganz anderen Blatt.
Regina Stock

Bereits zu Beginn des ZEIT-MAGAZIN streckt sich lasziv und schwarz vernetzt mit höchsten Stöckelschuhen sowie roten langen Fingernägelkrallen die Modelady von DOLCE& GABBANA in den Blickpunkt des Betrachtenden, zweiseitig aufgezäumt und es fehlt nur noch die textliche Wahrnehmbarkeit: Fick mich! Eindeutig unverkennbar diese Aufforderung an das männliche Publikum und darüber hinaus die Vision an die Frauen und Kundinnen: So rar umkleidet werdet ihr jeden Mann an die Kandare nehmen können – steht deren Schwanz und der Verstand ist im Arsch! Der RvM-Leserbriefschreiber muss diese Erkennbarkeit so genau verdeutlichen, denn genau dieses unzweideutige Gesamtbild des schönen Modells von D&G ist letztlich die einzig bewahrende Kunstbeteiligung (fotografiert von Steven Meisel), um absolut klarzustellen: dass auf dem Hochsektor der Verführungskunst es so stylistisch und sinnlich ablaufen kann, wenn die äußeren und beschönigenden Möglichkeiten dazu vorhanden seien… Sicherlich kann auch eine fette Frau sich dort räkelnd präsentieren – doch wäre das eher ein Lachnummer, wenngleich so viele Frauen eben schwere Figuren mit sich rumschleppen aus welchen (komplizierten Seelen) Begründungen und Gründen auch immer… Aber komme mir niemand mit den Stoffwechselstörungen beim Fressen und in der Mode – ein wunderbarer Stoff ist doch auch die Seide, und überhaupt: der Luxus in der Mode, das luxuriöse Leben in prächtigen Villen, mit Luxusschlitten und pompösem Gehabe auf der Erde, zu Wasser und in der Luft… Mit anderen Worten – das, was das ZEIT-MAGAZIN Nr. 37 auf uns Betrachtende projiziert: ist das Spiegelbild dieser möglichen Anwesenheiten im (einzigen) Leben und den Auslebbarkeiten – falls mann/frau mit dabei sein kann und die entsprechenden Mittel, aufgeblasenen Titel oder körperlichen Attribute (zur einseitigen oder gegenseitigen Lusterfüllung) mitbrächte und auch das Entertainment dementsprechenden beherrscht…

Frauen müssen (zumeist, wenn nicht reichlich unabhängig) eben ihre Reize auf den Markt der Eitelkeiten mit einbringen und sich auch verkaufen können, wenn die (nicht nur spekulative) Liebe nicht ausreicht, um den Sugardaddy attraktiv zu finden außer seinem materiellen Reichtum… Wir machen UNS doch alle auf irgendeinem persönlichen Level etwas (miteinander-durcheinander) vor – und sollten uns nicht als jenseits von aller Verführbarkeit des äußeren Luxus so aufspielen: zumeist fehlt es doch an den entsprechenden Voraussetzungen, um mit Dabei zu sein. Nicht jede/jeder ist eben schön und attraktiv (falls dies zielbewusst eingesetzt werden wollte), hat sich dementsprechend zu „begnügen“ und in seinem begrenzten Milieu sich dabei möglichst nicht „die Show“ stehlen zu lassen… Früher hieß es eher (von oben oder nebenan) herab – Schuster bleib bei Deinen Leisten: doch die anderen zumeist konnten sich ja auch nichts leisten… Giacomo Girolamo Casanova (1725-1798) ist im 18. Jahrhundert durch Europa gereist, zumeist in eigener Kutsche – aus dem Nichts kommend und dann durch seinen Einfallsreichtum und seine Kunst zu Unterhalten und mit seinem berühmten großen Glied, Furore und Aufsehen zu erregen: besonders bei der Damen-und-Frauenwelt… Ein durchtriebener, raffinierter, geistreicher Gauner, Connaisseur und Faszinator der „Liebe“ und gleichzeitig auch ein innerer Rebell gegen den Zeitgeist, vielleicht sogar ein getarnter Revolutionär: der sich in das arrogante, dekadente Adelsmilieu einschlich, um mit denjenigen Abgehobenen seine (oft für ihn reichhaltig-einbringenden) Possen zu treiben… Zudem weiß man längst schon: dass Casanova der wohl bedeutendste Erzähler und Dokumentator jenes 18. Jahrhunderts war: seine Lebensbeschreibungen zur ganz großen autobiographischen Literatur zu zählen sind!

Zurück zum Luxus in diesem ZEIT-MAGAZIN Nr. 37: fast Seite für Seite modische Arroganz bis hin zu der Sängerin Carolin Polachek – die sich ebenfalls in die Haute Couture-Klamotten schmeißt, um sich darzustellen auf mehreren ganzseitigen-doppelseitigen Ablichtungen und dabei in den verschiedenen Posen und Mimiken in die Kamera äugelt: voila – „ein Vulkanausbruch über vier Oktaven“: für den RvM-Betrachter eher ein scheues Huhn, dass sich irgendwie nicht wohl fühlt in dieser modefeschen Aufmotzerei mit einem seidenweichen Haarfellafghanischen Beistellhund.

Aber kommen wir zu Harald Marten und zu seiner Glosse „Über das Denunziantentum“: alles tiefgründig und sinnvoll beschrieben und in der Schnittmenge überzeugend dargestellt – ein kluger Kopf mit der Inhaltlichkeit für das wesentliche Menschsein oder zumindest in der Vorbereitung seines Schreibens: auf die Merkmale des positiven Miteinanders jeweils intensiv eingestimmt. Wie wahr: Organisierte Denunziation ist ein Mittel von Diktaturen! Aber: so wenig wir ohne Voyeurismus in den kapitalistischen Vorhandenheiten auskommen, wie auch ohne die Werbung nichts laufen würde, sind die Denunziationen oder anders benannt: die Unübereinstimmungen mit dem jeweiligen Vorhandenen in dieser ungerechten Gesellschaft, quasi die Auswirkungen für das Abducken und Devotsein-müssen in der Masse der „Sklaven der Moderne“. Schauen wir doch nur in die Modeseiten dieses ZEIT-MAGAZINS – die massenhafte Außenwelt der nicht DIE ZEIT/ das ZEIT-MAGIZIN Lesenden und Beschauenden könnten sich doch nur die Nasen plattdrücken und staunen, was da auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten so alles angeboten wird… Vollkommen abseits unvorstellbar für die Masse des Volkes und zudem: absolut insgesamt unerreichbar! Ebenso ist es mit den Texten in DIE ZEIT und zumeist im ZEIT-MAGAZIN: absolut geistvoll abgehoben von den regulären Hirninhalten der breiten Bevölkerung in unserem doch so seltsam unkultivierten Deutschland… Man bringe es auf den Punkt: die BILD-Zeitung bildet und hat das Monopol für die deutsche schlichte (entgeisterte) Einfältigkeit! Und DIE ZEIT füttert ihre Klientel bis in die vielleicht letzte Gehirnzelle mit geistigem Luxus! Der überaus gescheite (aber von der Natur optisch benachteiligte und damit vielleicht besonders sehr sarkastische) Georg Christoph Lichtenberg hat im 18.Jahrhundert zeitlos vermerkt: „Dass der Mensch das edelste Geschöpf sei, lässt sich auch schon daraus entnehmen, dass ihm noch kein anderes Geschöpf dies widersprochen hat.“

Und blättern wir weiter auf eine der letzten Seite, genauer: die Seite 89 zu der Überschrift PRÜFERS TÖCHTER im Untertext: „Luna ist 23 Jahre. Ihr Vater Tillmann Prüfer schreibt hier im wöchentlichen Wechsel über sie und seine anderen drei Töchter im Alter von 18, 16 und zehn Jahren…“ – Und die 23jährige Tochter Luna stellt fest: „Achselhaare sind eigentlich ganz schön.“ Zu dieser Unterüberschrift wäre genauer zu vermerken – persönlicher Originaltext der Tochter: „Ich finde Achselhaare eigentlich ganz schön. Und sehr weiblich. Es sei doch seltsam, dass es heute als normal gelte, sich als Frau unter den Armen zu rasieren…“ Nun dürfe man doch die 23jährige Tochter Luna sicherlich fragen, warum Frauen sich die Haare an den Beinen rasieren und auch die Haare an den Armen? Auch diese Frage sei berechtigt und überdenkbar für Männlein wie Weiblein! Neulich sah ich eine Frau um die 30 mit kurzem Rock und unrasierten Beinen mir in der S-Bahn gegenübersitzen, die volle Behaarung „prallte“ einem entgegen – und wahrhaft: dem Leserbriefschreiber war nicht bewusst, dass Frauen überhaupt (so massiv) lange Haare an den Beinen haben von (heutiger) Natur aus… Das war dann irgendwie schon ein Schock, und diese Frau bemerkte dies sofort – sagte dann zu mir: „Glotz nicht so dämlich (eigentlich- Herr-lich): Du hast doch bestimmt auch schon Muschis mit Vollbehaarung gesehen, was also ist so ungewöhnlich zu Frauenbeinen mit Haaren? Meinst Du etwa: dass wir auch allesamt mit dem „Hollywoodschnitt“ zwischen den Beinen rumlaufen…“ Diejenige mit ihrer frechen Aufrichtigkeit stieg dann aus und zeigte mir noch den gestreckten Mittelfinger – woraufhin der andere Gegenüber mir lachend mitteilte: „Alter, die hat es Dir aber ordentlich gegeben!“ Über das Thema: was so zwischen den zumeist rasierten Frauen-Beinen „a la Mode“ sich zeitanteilig un/haarig aufzeigt, gäbe es anderweitig zu berichten…

Gleichwohl sind Achselhaare als Büschel bei Frauen eher als eine zeitanteilige Erinnerung vorstellbar: dass wir vollbehaart einst vom Affen abstamm(t)en: und ebenso auch erklärbar bei den Männern mit oftmaliger Vielbehaarung am Körper und unter den Achseln, im Gesicht als Barthaare… Andererseits mögen die Männer im Allgemeinen ihre Haare auf den Köpfen nicht gerne der unausweichlichen Evolution „opfern“ – lieber wohl auf die Achselhaare verzichten und oben auf dem fast Kahlkopf von der (Testosteron-aufgefüllten) Natur beständig einverpflanzt wissen mögen. Verbleibt noch die Frage: Hat der väterlich Autor Tillmann Prüfer mit seinen heranwachsenden und erwachsenen Töchtern irgendwann mal über die Körpergesamtbehaarung der Frau (und des Mannes) einige Jahrzehntausende zurückschauend, deutlicher gesprochen – damit wäre doch eigentlich dieser Resthaarbestand am weiblichen Korpus nur noch eine minimale geistige Beanspruchung für das Dafür oder das Dawider des Rasierens oder des Wachsenlassens… Sorry – die Beinhaare hatte ich hierbei im Moment ganz vergessen! Also doch ein längerer Zeitaufwand mit den Glattrasuren oder dem DWaxing, Sugaring und Epilieren – doch möglichst vorher warm duschen , weil die Haare dadurch weicher werden… Tillmann Prüfer scheint etwas überrascht zu sein, als ob er zu selten mitten im Leben verweilt und nicht nur abgehoben schreibt und schreibt und schreibt – wenn er in dieser Kolumne aufzeigt: „Mir führen solche Gespräche wie jene mit Luna vor Augen, wie vielen Konventionen Frauen noch immer in unserer Gesellschaft begegnen. Wie viele Gedanken habe ich mir selbst bislang um meine Behaarung gemacht. Kaum welche. Denn bei Männern wird das überhaupt nicht diskutiert. Welcher Mann denkt darüber nach, ob seine fehlende Rasur als Protestbotschaft verstanden werden könnte? An solchen Beispielen merke ich immer wieder wie unterschiedlich die Gesellschaft auf Männer und Frauen blickt und wie weit entfernt wir davon sind, dass Gleichheit herrscht.“

Werter Tillmann Prüfer – wie kann eine Gesellschaft auf Männer und Frauen blicken: eher doch die Frauen und Männer auf die Gesellschaft, in der sie leben und sie gleichanteilig von der geschlechtlichen Aufteilung, mitbestimmen und bestimmen… Und die Achselhaare (von der weiteren Behaarung am Körper schien nicht die Rede im Text – den Kopf mal ausgenommen) waren ja in dieser Kolumne federführender Anlass, dass Sie mit erkennen durften: dass keine Gleichheit herrscht. Somit besten Dank für Ihre Aufklärung zur Lage der Nation bezüglich der weiblichen Achselhaare und der Folgeerscheinungen! Wobei ich noch auf der letzten Seite vor den beiden Glanzbildern, Ines Geipel gerne zitieren darf (weg von den Haaren hin zu den unbeschuhten Füßen), was sie erst spät begriffen habe…: „Die Geschichte im Rückblick und die Geschichte, in der man steckt, sind zwei verschiedene Paar Schuhe.“ Ja: das sollte frau/mann sich vor Augen halten – wie versteckt in zwei verschiedenen Paar Schuhen sich die Geschichte doch lange Zeit unkenntlich vor Augen (und Hühneraugen) führen läßt mit oder ohne Achselbehaarung auch im Rückblick… Damit schaut den RvM-Leserbriefschreiber auf der allerletzten Seite in Glanzdruck eine sehr aparte Frau als Model von Louis Vuitton charmant verführerisch an, umglitzert von Goldsternen (mit kleinen Brillanten) an dem linken Ohr und an drei Fingern der linken Hand – aber Achselhaare sind hierzu nicht erkennbar! Ob dieses „Fine Jewelry-Label“ in dieser kostbaren Aufmachung auch wirklich mit der Zeit werblich in DIE ZEIT geht? Aber auch das eine Frage des (nicht nur luxuriösen) Betrachtens und der gesellschaftlichen Betrachtungen und auch Verachtungen… Eines aber bleibt letztlich dann doch in all den Zusammenhängen von Kultur, Luxus und weniger (zudem geistig) komfortablen Lebensbedingungen – philosophisch-animalisch für uns alle aushaltbar und bereits von Aristoteles (?) deklamiert: „Omne animal post coitum triste.“
Rumpf von Mansfeld

Mir ist bewusst, dass das behandelte Thema ein Minenfeld ist. Aber gerade deshalb möchte ich zum nötigen Diskurs beitragen und hoffe, dass dieses Thema weiter diskutiert wird. Gleich vorweg: Ich finde den Begriff „Denunziantentum“ so vorbelastet, so eindeutig negativ konnotiert, dass ich ihn nur als politisch, gesellschaftlichen Kampfbegriff verstehen kann, was ich meine hier unzulässig ist. Gerade auch in einem Kommentar der Zeit. Denn denkt man diesen Begriff weiter, so ist demnach unser Staat, unsere Organe und Institutionen eine Diktatur, die Denunzianten die Bösen und die Gemeldeten die Guten. Das können sie nicht wirklich meinen.

Die Sachverhalte, die hinter diesem Begriff stehen, sind dergestalt, dass in erster Linie Rechtsbrüche den zuständigen Stellen zur weiteren Verfolgung gemeldet werden.Wird hier auf eine Mitwirkung von Bürgern verzichtet, überlässt man alles den zuständigen Behörden. Klar ist, dass die Behörden ohne die Mitwirkung der Bürger nur einen kleinen Teil der Rechtsverstöße bemerken. Man denke z.B. nur an Wohnungseinbrüche. Hier gilt es die Rolle der Bürger in einer Demokratie zu definieren.- Besteht sie aus Weggucken, Wegducken und Sahne abschöpfen oder auch aus Mitwirkung und Einsatz für unser Gemeinwohl? In diesem Zusammenhang bringen sie in bester neoliberalistischer Manier den Freiheitsbegriff ein. Ich meine, dass sich die Freiheit der Bürger nicht darin beschränken sollte, das Beste für sich aus dem Staat herauszusaugen, egal welche Konsequenzen das hat. Wir haben auch die Freiheit mitzuwirken und anderen auf die Füße zu treten, um unseren Beitrag zu leisten. Die Form und das Maß, in der das geschehen soll, muss diskutiert werden. Gerade deswegen finde ich es falsch, dass sie an dieser Stelle den nötigen Diskurs mit einem völlig falsch benutzten Begriff beenden wollen.

Ein Beispiel aus meiner Praxis als Jugendarbeiter: Ein Kind wurde missbraucht. Ich bekomme es mit und werde es melden. Bin ich dann ein Denunziant?

Ach ja, ich verstehe mich als Demokrat, wohl wissend, dass es nicht nur Demokraten und Demokratiezweifler gibt. Das ist mir zu bipolar.
Detlef Bertram


Leserbriefe zu „Wer ist schuld an der Wohnungsnot?“ Streit von Rolf Buch und Klara Geywitz geführt von Anne Hähnig und Marcus Rohwetter

Eine fast rhetorische Frage. Die marktwirtschaftliche Balance von Angebot und Nachfrage ist außer Kraft gesetzt. Weil die Baupreise explodieren und obendrein die auf dem Reißbrett entworfenen neue Energiestandards incl. Wärmepumpe den Wohnungsbau zum Luxusgut machen. Niemand plädiert für Einfachverglasung, wie sie europaweit noch immer verbreitet ist. Brauchen wir aber Energiesparhäuser vom Feinsten, die nur noch für wenige erschwinglich sind, oder brauchen wir bezahlbaren Wohnraum? Vorrang sollte die Grundversorgung haben. Vor diesem Paradigmenwechsel drücken sich die umweltbewegten Einfamilienhausbesitzer im Prenzlauer Berg. Unverständlich dagegen die Einsilbigkeit jener Partei, für die Kostenmieten von demnächst 15.- und mehr Enteignungsphantasien provozieren.
Christoph Schönberger

In und neben ihrem Artikel zitieren Sie die Behauptung von Rolf Buch von Vonovia „Wenn ein Haus eine Million Euro kostet, fließen knapp 40 Prozent davon an den Staat“. Davor sprach er von der Grunderwerbssteuer (laut Wikipedia 3,5 bis 6.5 %) und der Mehrwertsteuer 19%. Bis knapp 40% fehlt noch viel. Woraus setzt sich die Differenz zusammen?

Klaus-Eberhard Braatz

Billiger bauen senkt keine Miete, es erweitert den Spielraum der Spekulanten und erhöht deren Gewinne. Staatliche Eingriffe wären am Ende wie immer wirkungslos und erhöhten nur das Bürokratiegestrüpp. Mieten von Spekulationen entkoppeln geht nur wenn den Grund und Boden, so wie auch Wasser und Luft als Gemeinnützigkeit behandelt werden – d.h. Gemeineigentum werden. Die Nutzung wäre genauso wie bisher möglich. Es gäbe nach gewissen Übergangsfristen Pacht statt Kauf.
H. Giller

Schon die Überschrift lenkt von den zentralen Ursachen ab. Es gibt keine allgemeine Wohnungsnot in Deutschland, so wie es auch keine allgemeine Hungersnot gibt. Es gibt zweifellos Wohnungsnöte in vielen Einzelfällen, die mit sozialstaatlichen Mitteln gelöst werden können, wie zum Beispiel mit einem Wohngeld, wenn die Miete zu hoch ist. Es gibt so viel Wohnraum wie noch nie in historischer Zeit, er ist „nur“ nicht bedarfsgerecht verteilt. Bei bundesweit 47 Quadratmetern je Kopf sind es in Berlin und Hamburg jeweils noch ca. 40 Quadratmeter, wobei die 54 % der Hamburger 1-Personenhaushalte im Schnitt auf 60 Quadratmetern (!) wohnen. Braucht es da noch mehr Wohnraum? Was es braucht, ist Bewegung in total verfestigten Teilmärkten. Helfen könnten eine Förderung von Wohnungstausch und/oder gegebenenfalls eine Abgabe bei übermäßigem Wohnflächenkonsum.

Es sind im Übrigen nicht die (angeblich) zu hohen Baukosten, die waren zu allen Zeiten relativ hoch, es sind auch nicht die Zinsen. Die Wohnungswirtschaft hat in den Nachkriegsjahren bis zur fast zinslosen Zeit mit 5, 6 oder 7 % Zinsen auskömmlich gelebt. Wobei allerdings zu beachten ist, dass eine Steigerung um einen Prozentpunkt im Mietwohnungsbau zu einer Erhöhung der monatlichen (Kosten-) Miete um ca. 2 Euro pro Quadratmeter führt. Und die immer wieder beschworene Bürokratie trägt zum großen Teil auch einer Gesellschaft Rechnung, die mitbestimmen will, wo, was und wie gebaut wird. Das führt vor dem Hintergrund einer immer dichteren Bebauung in den Städten zwangsläufig zu immer aufwendigeren gesellschaftlichen Abstimmungsprozessen, die auf kommunaler Ebene meistens von Feierabendpolitikern bewältigt werden müssen. Die vielzitierte Bauakte in digitaler Form hilft da auch nicht weiter, wenn dann Personal zur Bearbeitung nicht ausreichend verfügbar ist.

Wer ist nun schuld an der vermeintlichen Wohnungsnot? Wem gebührt der Schwarze Peter? Es ist das Zusammenspiel von Menschen mit immer weiter steigenden Ansprüchen an Wohnraum, zusammen mit einer auf Gewinn ausgerichteten Bau- und Wohnungswirtschaft, hinter der renditenorientierte Kapitalanleger stehen und die schon mal wie bei Vonovia & Co sogar Buchgewinne ausschüttet. Es fehlt eine am Gemeinwohl orientierte (gemeinnützige?) Wohnungswirtschaft, die ihre Gewinne nicht in erster Linie ausschüttet, sondern reinvestiert, wie beispielsweise kommunale Wohnungsunternehmen oder Baugenossenschaften. Ein weiterer Akteur ist eine Wohnungspolitik, die sich an hohen Wohnungsbauzahlen „berauscht“ und dabei übersieht, dass sie mit der Förderung von hochpreisigem Wohnungsneubau die Mieten in die Höhe treibt, da in den Mietenspiegeln über die Jahre die relativ hohen Neubaumieten immer mehr an Gewicht zunehmen. Da außerdem das Bauen und Wohnen mit ca. einem Drittel an den CO2-Emissionen beteiligt ist, müssen der Bau und das Wohnen als herausragende Klimasünder gelten. „Verbietet das Bauen!“ lautet der Titel einer leider zu wenig gelesenen Streitschrift aus den letzten Jahren.

PS Wie eine (ökologisch-soziale) Wohnflächenabgabe für Hamburg funktionieren könnte, entnehmen Sie bitte dem Anhang.
Helgo Klatt


Leserbriefe zu „»Ich verbrenne den Koran, bis er verboten wird«“ von Hamed Abdel-Samad, Seren Appelgaard, Evelyn Finger und Mouhanad Khorchide

Lieber Salwan,

deine Trauer, deine tiefe Empörung, deine Leidensgeschichte unter dem Islam und die deiner Mitchristen verstehe ich. Aber wie du darauf als Christ reagierst, verstehe ich nicht. Du machst Fehler. Du lässt dich von deiner Wut leiten. Das ist nicht gut.

  1. Es geht dir um die Freiheit. Darum ging es auch den Christen in Korinth. Paulus zitiert sie 1. Kor. 6,12: „Alles ist erlaubt“ – das war ihr Verständnis von der neuen christlichen Freiheit. Paulus antwortet: Jawohl, aber nicht alles dient dem Guten, und nichts soll Macht über euch gewinnen“.

Was du tust und weiter tun willst in der Freiheit, die Schweden dir gibt, dient weder den Menschen dort noch den Mitchristen im islamischen Bereich zum Guten. Du wirst von deiner Wut beherrscht, und die ruft wieder neue Wut hervor.

  1. Damit verlässt du ganz klar den Weg Jesu. Jesus verkündete ein gewaltfreies Evangelium, wie du z. B. in der Bergpredigt nachlesen kannst. Da steht von Feindesliebe; für die Feinde beten; segnen, die euch verfluchen usw. So auch klar in den 7 echten Briefen des Apostels Paulus.
  1. Auch außerhalb des Christentums haben wir uns auf ein humanistisches Zusammenleben verstanden. Die griechischen und römischen Denker haben uns viel gelehrt und das Fundament dafür gelegt. Sie raten uns, Ärger und Hass, Wut und Verachtung, Feindseligkeit und Rache aus unseren Gedanken und Gefühlen zu verbannen. Diese Dinge verbessern nichts, sie verschlimmern nur und legen uns auf böse, schädliche und unproduktive Wege fest. Stattdessen sollen wir die Ruhe und Ausgeglichenheit der Seele üben; dazu Güte, Freundlichkeit… Damit schaffen wir in uns und zwischen uns Raum, bessere und produktive Möglichkeiten im Miteinander zu entdecken.
  1. Wenn du Koranbücher verbrennst, kannst du gleich auch Bibeln mitverbrennen. Auch in der Bibel stehen schlimme Dinge. Wir sehen im Koran, wie sich der tolerante Prophet Mohammed aus der ersten Zeit in Mekka und seine freundliches Gottesbild in der Zeit in Medina verwandeln in den strafenden, rachsüchtigen und mörderischen Staatslenker mit einem ebensolchen Gott. Diesen Absturz des Gottesbildes finden wir auch in der Bibel. Z. B. Der freundlich schenkende Schöpfergott wird in den Kapiteln des Deuteronomiums (5. Buch Mose) zu einem neurotisch eifersüchtigen und brutal strafenden Gott. Der Jesus der Bergpredigt und der Gleichnisse in den Evangelien wird in der Offenbarung des Johannes zum gnadenlos rächenden Feldherrn der endzeitlichen Schlacht, watet im Blut der besiegten Feinde, und seine Gläubigen sollen über dieses Massaker jubeln. Was die Frauen betrifft: In den echten Paulusbriefen sind sie gleichberechtigt, auch in der Leitung der Gottesdienste; in den sog. Pastoralbriefen (1. und 2. Tim, Tit, alle sicher nicht von Paulus; lies z. B. 1. Tim 2,8ff) wird ihnen das Predigen klar untersagt und geradezu diffamierend über sie gesprochen.

Zur Genauigkeit: Einmal, nämlich 1. Kor. 14, hört es sich an, als ob in einem echten Paulusbrief den Frauen doch das Schweigen geboten wird. Aber: Es handelt sich um ein Zitat, das bei den Herren in den Korinther Gemeinden umläuft und z. T. wörtlich die patriarchalischen Überzeugungen von Cato und Titus Livius aufnimmt, um dann gleich von Paulus abgebügelt zu werden: „Ist etwa das Wort Gottes bei euch entstanden oder nur zu euch gekommen?“ Zwei englische Übersetzungen kennzeichnen die Verse 34 und 35 entsprechend als Zitat. Also, lieber Salwan, wenn du wirklich Christ sein willst und in den Spuren Jesu gehen, dann benutze als Waffe nur das Wort. Und wenn es geht: nicht in Feindseligkeit und Wut, sondern immer mit der Hoffnung auf Versöhnung und Frieden. Mit deinen Aktionen dienst du leider nur dazu, die Fronten zu verhärten und die Wut und Feindseligkeit zu steigern. Friede sie mit dir und mir und allen Menschen. Dein Bruder in Christus
Karsten Sohrt

Aus dem Kontext meiner Beobachtungen zur Türkeiberichterstattung möchte ich Ihnen die Beobachtung schreiben, dass in dem Artikel „Koranverbrennung in Schweden: ‚Ich verbrenne den Koran, bis er verboten wird'“ von Evelyn Finger und Ko-Autoren (vgl. https://www.zeit.de/2023/37/schweden-koranverbrennung-salwan-momika-aktivismus/komplettansicht) wieder einmal die „wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit“ (Pressekodex) unterbleibt. Die Darstellung der Forderungen der Türkei an Schweden ist nicht korrekt: Die Forderung nach Auslieferungen beziehen sich, wie Ihnen sicher bekannt ist, einerseits auf „PKK“-Terroristen, andererseits auf „Fetö“-‚Terroristen‘, von denen der Journalist Bülent Kenes auch direkt namentlich genannt wurde (worauf sogar in einem Dokument der Parlamentarischen Versammlung des Europarats reagiert wurde: Resolution 2509 (2023) „Transnational repression as a growing threat to the rule of law and human rights“ vom 23. Juni 2023, Abs. 16, vgl. auch Abs. 6: https://pace.coe.int/en/files/32999/html). In der schönen einfachen Welt der „Zeit“ heißt es:

„[…] Wer Momikas mögliche Motive und die politische Tragweite seiner Aktionen verstehen will, der muss die Rolle der Türkei beim Nato-Beitritt der Schweden mitdenken. Schweden hatte im Mai 2022 die Nato-Mitgliedschaft beantragt. Die Türkei machte ihre Zustimmung davon abhängig, dass Schweden „Terroristen“ ausliefert – Unterstützer der PKK und einfach auch Erdoğan-kritische Kurden. Zügig unterschrieben die Türkei und die Beitrittskandidaten Schweden und Finnland ein Abkommen. […]“

Ich kann nicht erkennen, inwiefern es presseethischen Standards entspricht, der Leserschaft der „Zeit“ nur diese falsche, weil offenkundig unvollständige Information zu kommunizieren, und behalte mir eine Beschwerde beim Presserat vor. Im gegebenen Fall dürfte Evelyn Finger als Redakteurin für die Seite „Glauben & Zweifeln“ das Problem der Verfolgung der sog. Gülen-Bewegung in der Türkei durchaus bewusst sein. Lassen Sie mich jedoch darauf hinweisen, dass auch der Journalist Bülent Mumay in seiner aktuellen Kolumne wie üblich die Verfolgung der Gülen-Bewegung ausblendet, wenn er schreibt:

„[…] Wollen Sie wissen, wen das Palastregime, das mindestens 44 Journalisten, kurdische Politiker wie Selahattin Demirtaş und Menschenrechtsverfechter wie Osman Kavala im Gefängnis festhält, letzte Woche auf freien Fuß setzte? […]“ („Brief aus Istanbul: All inclusive, nur nicht für Türken“, vom 1. September 2023; https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/brief-aus-istanbul/brief-aus-istanbul-erdogan-treibt-die-tuerken-in-die-armut-19140491.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2).Nach aktuellem Stand beträgt die Zahl der nach wie vor Inhaftierten aus der Gülen-Bewegung 15.050 Personen, so nach einem Artikel auf „Turkish Minute“ vom 24. August 2023: https://www.turkishminute.com/2023/08/24/turkey-seek-extradition-of-1269-from-112-countries-over-alleged-gulen-links/ Ich bedaure wie stets, dass die „Zeit“ – und auch Herr Mumay – es nicht für nötig halten, die Verfolgung der Gülen-Bewegung in ihrer Berichterstattung über die Türkei zu berücksichtigen.
Christoph Bultmann.

Mit den Koranverbrennungen wendet Salwan Momika die gleichen Methoden an, die er den Verfechtern eines autoritären Religionsverständnisses vorwirft: aus absolutistischem Denken abgeleitete Berechtigungen zu destruktiver Exklusivität und Bekämpfung Andersgläubiger. Das sollte er aus individuellen und gesamtgesellschaftlichen Gründen nicht tun und sich lieber über den Stand der seriösen Religionskritik in Bezug auf den Islam informieren.
Christoph Müller-Luckwald

Vielen Dank für Ihren Artikel zur Salwan Momika und den Koranverbrennungen in Schweden. Als Leser finde ich mich in der Position eines Zuschauers der geschilderten Szenen und inszenierten Videos. Sie geben dem Aktivisten eine weitere Plattform. Wo bleibt die Einordnung in die politische und rechtliche Diskussion? Mich hätte interessiert, wie die schwedische Politik reagiert, nicht bloß mit einer Aufzählung einzelner Maßnahmen, sondern mit welchen Standpunkten und Argumentationen. Auch Perspektiven der Rechtswissenschaften, Religionswissenschaften oder Theologien wären hilfreich. Positionen und Stellungnahmen bleiben aus, wiewohl die internationale Brisanz angedeutet wird. Wenn schon die vier Verfasser/innen nicht zu einer eigenen Einordnung des Geschehens gelangen, hätten Sie mir als Leser zumindest mehr als Chronologie und Personality-Show bieten können.

Ich schätze die Rubrik “Glauben und Zweifeln” für die meist profunden, engagierten Beiträge. Diesmal wäre noch einiges zu sagen gewesen zu Glauben und Zweifeln, etwa zu den in ihrem Glauben verletzten Beobachtern der geschilderten Szenen (auch christlicherseits beim Auftritt der Frau mit Holzkreuz), ebenso wie zur Verbindung von Glaubensüberzeugungen und politischen Motiven in der Person und den Handlungen von Salwan Momika sowie am Beispiel der Schwedischen Gesellschaft in einem europäischen Staat. Artikulierter Zweifel wäre ebenso angebracht, das erwarte ich von der ZEIT, um dann meine eigene Einschätzung entwickeln zu können. Was bleibt? Der schale Nachgeschmack, Zuschauer einer Show zu sein, für die die ZEIT eine Bühne geboten hat.
Tilman Reger


Leserbriefe zu „Junge, komm bald wieder“ von Marc Widmann

In Ihrem Beitrag weisen Sie zunächst zu Recht darauf hin, dass die hohen Kosten (und damit die aktuellen Probleme) des Hamburger Hafens zumindest teilweise selbstgemacht sind. Später beklagen Sie dann das Fehlen einer nationalen Hafenstrategie. Was lässt Sie glauben, dass in einer solchen Strategie ein Hafen unterstützt würde, der nur durch ständiges Ausbaggern der 100km langen Fahrrinne am Leben erhalten werden kann, das mit erheblichen Beeinträchtigungen von ausgewiesenen Schutzgebieten verbunden ist? Und der dabei anfallende Schlick wird ja dann auch noch in andere Bundesländer bzw. auf die hohe See verbracht – aus den Augen, aus dem Sinn? Vielleicht würde sich eine solche Strategie ja auf zukunftsfähigere Häfen konzentrieren?
Sabine Möhler

Die Ladungsverluste des Hafen Hamburg im Containerverkehr kommen nicht ganz überraschend, nachdem bereits aus den Westhäfen Rotterdam und Antwerpen massive Rückgänge gemeldet wurden. Beunruhigend ist jedoch, dass die Ladungsrückgänge in den deutschen Seehäfen, an der Spitze in Hamburg deutlich höher ausgefallen sind als in den Westhäfen. Die sinkenden Marktanteile der deutschen Häfen haben sich dadurch weiter verstetigt. Als dieser Trend vor zwei bis drei Jahren deutlich wurde, sollte auf Vorschlag der Hamburger Hafen und Lagerhaus Gesellschaft (HHLA) durch ein Kooperationsangebot an Bremerhaven und Wilhelmshaven gegengesteuert werden.  (Die Zeit berichtete darüber) Gleichzeitig sollten die Produktionsabläufe im Containerumschlag durch Automatisierung wettbewerbsfähiger gestaltet werden.  Was ist seitdem geschehen?

Nach mehreren Verhandlungsrunden beschränkt sich nunmehr die Kooperation zwischen den Häfen auf die gemeinsame Forderung an den Bund nach höheren Zahlungen, im Rahmen des Finanzausgleichs (Hafenlasten). Die Forderung nach einer Stärkung der systemrelevanten Infrastruktur der Häfen kann nur sinnvoll sein, wenn dem Bund gleichzeitig ein größeres Mitspracherecht bei den Infrastruktur Investitionen in den Häfen eingeräumt wird. Nur so kann sichergestellt werden, das der Standort Wettbewerb, insbesondere zwischen den Häfen Hamburg und Bremerhaven nicht zu weiteren unwirtschaftlichen Überkapazitäten am falschen Ort führt.  Die Forderung nach zusätzlichen Finanziellen Mitteln an den Bund allein wird nicht zu einer entscheidenden Stärkung der Wettbewerbsposition der Seehäfen führen. Zielführend wäre nur ein weitergehender kartellrechtlich relevanter Zusammenschluss der Häfen zu einem Konsortium „Deutsche Bucht „, als Gegengewicht zu der marktbeherrschenden Stellung der Reederei Konsortien und den Westhäfen. Eine so umfassende Lösung wäre nur erfolgversprechend, wenn sie vom Bund mit dem Ziel zur Sicherung der kritischen Infrastruktur moderiert wird.
Rolf Stuchtey

Als Binnenhafen mit Seeanschluss hat doch der Hamburger Hafen einen prinzipiellen Nachteil gegen die Konkurrenz in den Niederlanden oder Belgien. Was Deutschland braucht, ist ein Tiefseehafen, vielleicht in Bremerhaven o.ä. Den Hamburger Hafen kann man dann doch in ein Industriedenkmal umwandeln, ähnlich der Völklinger Hütte.
Peter Pielmeier


Leserbriefe zu „Kartoffel trägt Pantoffel“ von Daniel Haas

In Ihrem Beitrag beklagen Sie, dass „der moralische Charakter eines Produkts stärker bewertet wird als ein ästhetischer“. Ich glaube nicht, dass die Birkenstock Schuhe überwiegend wegen ihrer Moral gekauft werden. Besorgen Sie sich doch einfach einmal ein Paar „schicke“ Damenschuhe (spitz zulaufend, höher dünner Absatz) in Ihrer Größe (in entsprechenden Geschäften werden Sie sicher fündig) und tragen Sie  sie einen Tag. Dann denken Sie vielleicht anders über den Wert der „Ästhetik“ bei Schuhen.
Sabine Möhler

Ich habe einen Alptraum (hat jetzt nichts mit Martin Luther Kings Rede, die gerade 60 Jahre her ist, zu tun): Alice Weidel und Harald Schmidt (nicht Hugo Egon Balder, wie kürzlich vorgeschlagen) machen Carpool Karaoke mit Rammstein und alle tragen Birkenstock und sind in Barbiepink gekleidet.
Thomas Manthey

Mit großem Amüsement habe ich Ihren o.g. Artikel gelesen. Neben den interessanten Informationen zum Börsengang der „Pantoffel“ haben Sie so gekonnt Ironie und Witz gesetzt – ich bin sicher, dass ich noch nie bei einem Artikel aus dem Wirtschaftsteil lauthals gelacht habe. Vielen Dank dafür.
Christa Breidert


Leserbriefe zu „Ein Fall für Putin“ von Michael Thumann

Warum nur glaubt DIE ZEIT, dass man nie die Ursache für den Absturz von Prigoschins Flugzeug erfahren wird? Immerhin hat Putin persönlich eine Untersuchungskommission eingesetzt, um den Fall zu klären.
Rolf Schikorr

Es ist ja nicht neu, dass Putin jeden aus dem Weg räumen lässt, der seinen absoluten Machanspruch in Frage stellt oder gar gefährdet. Treffen kann es kritische Journalisten, politische Widersacher oder in Ungnade gefallene Weggefährten. Es folgen absurde Anklagen, aberwitzig lange Haftstrafen, Giftanschläge oder tödliche „Unfälle“. Dass Prigoschins Flugzeugabsturz ein Unfall gewesen sein soll, glaubt doch niemand. Putin weiß das und er weiß auch, dass jeder weiß, dass er es weiß. Putins Treffen mit Prigoschin im Kreml war nur ein Teil dieser Scharade. Mit Prigoschin trifft es allerdings keinen Unschuldigen, er war ein übler Kriegsverbrecher und Mörder. Bei solchen Leuten versagt mir als Christenmensch tatsächlich die Vergebung. Michael Thumann bemerkt zu Recht, dass Putin mit dieser und anderen Säuberungsaktionen seine Macht jetzt stärken kann. Die Geschichte zeigt, dass die Tage von Gewaltherrschern schneller gezählt sind als die anderer. Es ist eine Frage der Zeit, zugegeben, im Moment ein sehr schwacher Trost.
Regina Stock

Das frühzeitige Ableben Prigoschins ist in der Tat weder eine Überraschung noch eine Offenbarung.

Und die abermaligen Todesgrüße aus Moskau, die zweifellos die Handschrift des russischen Präsidenten tragen, sind auch ein eindeutiges Zeichen für die Ukraine und den Westen.

Der unnachgiebige Kriegsverbrecher Putin muss entmachtet werden, sonst wird es keinen Frieden mit Russland geben können.
Matthias Bartsch


Leserbriefe zu „Wir schon schiefgehen“ von Christian Endt

Als Medizinstudent bzw. als Arzt lernt man, in Ursache-Wirkungszusammenhängen zu denken. Die Wirkung wird im Medizinischen als Symptom bezeichnet. Üblicherweise behandelt man kausal, d. h. versucht die Ursache zu beeinflussen bestenfalls zu beseitigen. Ggfs. behandelt man symptomatisch, wenn dies vordringlich ist und kümmert sich später um die Ursache. Der Artikel hat Medizin zum Gegenstand und beschreibt ausführlich und sicher auch zutreffend Symptome (Digitalisierung etc.). Die Frage, warum das so ist, wird nicht gestellt. Warum haben England oder Dänemark entsprechende Einrichtungen oder Daten und wir nicht?  Zwei Beispiele: Vor einiger Zeit wurde im Deutschen Ärzteblatt eine Studie über das Sexualverhalten der Deutschen abgedruckt. Dem Text war zu entnehmen, dass es sich um die erste (!) Studie dieser Art in Deutschland überhaupt handele. Aus dem Artikel ging auch hervor, dass dies in Großbritannien seit Jahrzehnten durchgeführt würde (alle drei Jahre). In Schweden wird jeder Jahrgang von Wehrpflichtigen gründlich untersucht und man untersucht die Kohortenmitglieder dann in bestimmten Zeitabständen wieder und erhält dadurch z. B. wichtige Informationen über das Auftreten von Krankheiten. Geschieht so etwas in Deutschland? Vermute, nein. Warum nicht, ist die Frage. Sie hatten vor ein paar Wochen einen Artikel veröffentlicht mit der Überschrift „Im Schlaraffenland“. Ist dies die Ursache? Wie dem auch sei, sowohl die öffentliche Gesundheitsfürsorge (denken Sie bitte mal an die Cholera-Epidemie in HH und wie das dann geregelt wurde) als auch der universitär-medizinische Bereich sind in einigen Bereichen als insuffizient zu bezeichnen. Conclusio: Erstmal symptomatisch behandeln, dann Ursachenforschung betreiben und die Ursache beseitigen.
Gerd-Rüdiger Erdmann

Nach dem Skandal um die Bezahlung von Dr. Hirschhausen gestatten Sie mir die Frage, ob und wenn ja wieviel Geld die Zeit für diesen Artikel von wem bekommen hat.
Volker v. Moers

Es braucht nicht viel Fantasie, wo der Weg der digitalen Krankenakte mittelfristig hinführten wird. Das größte und teuerste Problem für den Gesundheitssektor sind Lebensstilerkrankungen: Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, einige Krebsarten, Drogenmissbrauch, insbesondere Alkohol und Nikotin hervorgerufen durch Bewegungsmangel und falsche Ernährung sowie Stress. Wenn all die Daten erst einmal zentral gespeichert sind, wird es nicht lange dauern, bis Empfehlungen zur Gewichtsreduktion oder Raucherentwöhnung hinzukommen, später ein Zwang. Dann werden große Teile der Bevölkerung gesünder leben, die Kosten werden sinken.
Bettina Lemke


Leserbriefe zu „Der Mann, der vom Himmel fiel“ von Roberto Saviano

Primitiver, oberflächlicher, reißerischer, „Bild-Zeitung“-hafter geht es wohl nicht! Ist also der weltweite Schlamassel auf zu kleine (oder zu große) Penisse zurückzuführen? Wenn ein so heikles und komplexes Thema einem Saviano anvertraut wird, braucht man sich über das Niveau der “Recherche“ nicht zu wundern. Allerdings wundert man sich über “DIE ZEIT”, die solche Beiträge (im Feuilleton!!) veröffentlicht.
Michaela Bohmig

Man stelle sich als Erweiterung des Drehbuchs vor, dass sich Jewgeni einen Chip implantieren lässt und nur noch der Strategie einer Künstlichen Intelligenz folgt, nachdem seine erfolgreiche Lebensperiode beginnt aus den Fugen zu geraten. – Der Horror, dem die Welt möglicherweise in Zukunft ausgesetzt ist?!
Walter Moritz

Beim Lesen Ihres Artikels kam mir der Gedanke, dass Prigoschins Privatarmee vielleicht nach der Pizzamarke benannt wurde. Ein interessanter Einblick in das Leben des Feiglings Jewgeni Prigoschin, der durch den Feigling Vladimir Putin ermordet wurde. Ein Cliffhanger vom Allerfeinsten. Ein bisschen fühlt man sich an J.R.s und Bobbys „Tode“ in „Dallas“ erinnert. Da irgendwann ALLES dazu verwurstet wird (bis auf Hitler, aber „Adolf Hitler Superstar“ kommt garantiert auch noch, „The Producers“ handelt wohl mehr vom Showgeschäft), warte ich jetzt auf das Musical „Prigoschin“. Sie könnten ja das Libretto schreiben! Und Mel Brooks, der laut der aktuellen Ausgabe der „cinema“ noch lebt, könnte die Fastfood-Hanswurstiade dann verfilmen. Ein Lied wüsste ich schon: „Flieg nicht so hoch, mein kleiner Feind“.
Thomas Manthey


Leserbriefe zu „Wie China uns täuscht“. Gespräch mit Janka Oertel geführt von Alice Bota und Peter Dausend

Allein die Überschrift suggeriert: der gute Westen (USA/EU) – das böse China, das die Guten wieder mal „reinlegen“ will. Geht es auch etwas professioneller? Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass der Konflikt im Kern entlang der Schiene unipolare versus multipolare Welt verläuft. Das ist ein Konflikt, der durchaus besteht und über den man reden sollte. Darüber fundiert reden zu können, setzt voraus, dass man genügend Informationen und Hintergrundwissen hat, um den Konflikt verstehen zu können. Ich sehe es als Aufgabe einer freien Presse, dazu beizutragen, dass diese Informationen einer möglichst breiten Bevölkerung zur Verfügung stehen. Um diesen Beitrag leisten zu können ist es notwendig die am Konflikt beteiligten Parteien objektiv und unvoreingenommen zu betrachten und die Komplexität des Konflikts nicht auf „Gut gegen Böse“ zu reduzieren, sondern Entstehung und Entwicklung des Konflikts nachzuzeichnen, indem man die jeweiligen Anteile der Beteiligten aufzeigt. Es sollte aufgezeigt werden, wie stark die USA diesen Konflikt angeheizt haben, was sie damit erreichen wollten und warum sie Taiwan nicht als innerchinesische Angelegenheit sehen. Erst wenn man auch diese Informationen hat, kann eine vernunftbasierte Diskussion des Themas erfolgen. Ich wünsche mir, dass die Zeit die emotionalisierte Berichterstattung gegenüber China und Russland aufgibt und zurückfindet zu professionellem Journalismus, der solche Konflikte objektiv beleuchtet und damit hilft eine kontraproduktive Emotionalisierung des Konflikts zu vermeiden.
Birgit Moeller

Die Kommunistische Partei verfolgt eine Ideologie, die das staatliche Handeln bestimmt. Welche Rolle Verträge und das internationale Recht spielen zeigen Hongkong und das Südchinesische Meer.

Für die im rücksichtslosen Wettbewerb untereinander stehende kapitalistische Wirtschaft steht die Gewinnmaximierung im Vordergrund. Sie hat eigentlich keine Chance, den Wettbewerb mit China zu bestehen.
R. Reiger

Als jemand, der China ein wenig kennt <12 Jahre> kann man sich nur wundern, dass das Thema – jetzt der Chefredaktion eine ganze Seite wert ist. Die Qualität der Fragen ist es bestimmt nicht. (Ich denke, DIE ZEIT verfügt über geeignetere Journalisten.) Die Aussagen der Autorin spiegeln die Kurz-sichtigkeit der wahl-opportunistische Denke unserer politischen Intelligenz wider. Bleibt als Grund für die aufwendige Darstellung die Position der Autorin, deren Job es ist, sich mit den Aktualitäten Chinas professionell zu beschäftigen. (Lückenfüller kann ich mir bei der ZEIT nicht vorstellen.)

Wer sich mit China beschäftigt und den systemischen Unterschied (hier 4 Jahre bis zur eventuellen Wiederwahl – dort eine langfristige etablierte 1-Mann Machtstruktur) nicht in die Analyse einbezieht, kann keine substantielle Analyse vorlegen. Das ist an Ihrem Beitrag leider erkennbar. Zum Unterschied der Positionen: China hat und verfolgt eine erkennbare langfristige geopolitische und Wirtschaftswachstum-bezogene Strategie. China kann jederzeit entscheiden und verfügt über das jeweils erforderliche Kapital. D.h. China ist jederzeit global und ökonomisch handlungsfähig und erzeugt Abhängigkeiten <Seidenstraße, Griechenland nach Finanzkrise>.  –  In Europa sieht das ganz anders aus. Europa hat keine geopolitische Strategie. Das, was als EU-Strategie bezeichnet wird, ist eine nach innen-gerichtete Nabelschau. Entscheidungen in Europa sind schwierig bis unmöglich <Einstimmigkeit>. Geld wird von der EU nach vertraglichen Regeln verteilt. Die EU geriert sich als DIN-Norm Institution Europas.

Fragen wie: Welche Beziehung zu China strebt Europa in den nächsten 10 Jahren an? Auf welchen Gebieten will man kooperieren und in welchen Bereichen soll Wettbewerb herrschen? Was ist die Rolle Europas bzgl. der weltweit aufkommenden politischen und ökonomischen Blockbildung? Fazit: Europa ist dabei, noch etwas Zeit zu kaufen, bis die Abhängigkeiten in Europa beginnen, Strukturen nachhaltig zu verändern und die Abhängigkeit zum Chinesisch-geführten Block weiter verstärken. Und was lesen wir in der ZEIT? Frage der ZEIT-Journalisten an die „Expertin“: „Welche drei Fehlannahmen können Sie nicht mehr hören?“ Die „Expertin“ spricht von „Zaubermitteln der Chinesischen Führung <“ein bisschen Infrastruktur hier, ein bisschen Stimulus dort“>. Wer so chinesisches Wachstum von bis zu 10% p.a. in der Vergangenheit kommentiert, desavouiert sich als China-Experte. Aber Experte muss man ja nicht sein, um ein Buch als derzeit notwendig erscheinende Vorbereitung auf den nächsten Wahlkampf zu schreiben.
Klaus Spicher


Leserbriefe zu „»Der Verkehr ist bei uns ein Drama«“. Gespräch mit Jörg Hofmann geführt von Max Hägler und Carla Neuhaus

Im Interview mit Jörg Hofmann lese ich die treffendsten Analysen des aktuellen Zustands der deutschen Wirtschaft und des politischen Reformbedarfs seit langer Zeit. Ängstliche, konservative Besitzstandswahrer in den Konzernzentralen sowie den Entscheidungsknoten der Politik – es gibt so viel zu tun und Deutschland bewegt sich keinen Millimeter, duckt sich ins Einfamilienhaus mit Gärtchen und hofft das der Veränderungsdruck irgendwie ohne eigenen Beitrag verschwinden wird. Dafür ernsthaft Milliarden an Steuergeld als „Wirtschaftshilfe“ bereitstellen? Denn Innovation findet mittlerweile definitv woanders statt… Dabei liefert Jörg Hofmann zu jedem Thema auch noch einen klar abgesteckten Handlungsrahmen – guter Mann, wirklich, Chapeau.
Alexander Fassbender

Der IG-Metall-Vorsitzende Hofmann meint, Gewerkschafter könnten verunsicherten Leuten helfen, indem sie erklären. Nur: dazu müssten Gewerkschaften auch gesellschaftliches Gehör finden. Abgesehen von den Dauernervensägen, den Eisenbahngewerkschaften und den Pilot*innenvereinigungen, welche Gewerkschaft ist denn heute noch bekannt und / oder relevant? Herr Hofmann ist doch das beste Beispiel: Jetzt, kurz vor seiner Rente, höre ich seinen Namen zum allerersten Mal. Das war früher mal anders, da kannte man die meisten Gewerkschaftsbosse noch. Die Vorgänger Peters und Huber, die ich kürzlich in der „Tagesschau vor 20 Jahren“ sehe, sind mir auch kein Begriff. Aber vielleicht liegt das auch an mir. Ich könnte nicht einmal mehr alle Minister*innen der Bundesregierung aufsagen und bei den Ministerpräsident*innen ist es genauso. Da sind auch viele drunter, auf die man gut und gerne verzichten könnte, weil man eh nichts Substanzielles von ihnen hört, von vielen Bundestagsabgeordnet(inn)en mal abgesehen.

Achtung, jetzt kommt noch einer meiner beliebten Rundumschläge! (Dadurch erspare ich Ihnen und mir mindestens drei weitere Leserbriefe.) Wahrscheinlich sind die alle bei TikTok unterwegs, so wie Ihr angeblicher „Superstar“ Caroline Polachek im ZEIT MAGAZIN, von der ich noch nie auch nur irgendwas gehört habe. Immerhin ein netter Vorname, weil das auch ein Songtitel von Camp Cope ist. Georgia Maq, der eigentliche Superstar, hat auch mal ihre Stimme verloren, ich glaube aber nicht, dass sie Journalist(inn)en mit zur Untersuchung geschleppt hat, dafür dürften ihre Achselhaare Luna Prüfer gefallen. Die Frauen hören auf, sich zu rasieren, dafür versucht jetzt ein bekannter Klingenhersteller, uns Männern Intimrasierer aufzuschwatzen. Irgendwoher muss das Geld ja kommen. Deswegen machen Sie ja auch Ihre langweiligen Modehefte, damit Geld durch Werbung reinkommt.

Ist das eigentlich ein Stilmittel? Immer wenn ein Modemagazin mit ziemlich düster dreinschauenden, hungerleidenden Models erscheint (diesmal wenigstens nicht ganz so schlimm wie beim letzten Mal, ab und zu war sogar ein Anflug eines „Lächelns“ zu erahnen), sind Depressionen das Thema (bei Sophie Passmann, dem Jugendlichen, der Selbstmord verübte (S. 57) und in der „chrismon“-Beilage bei Ronja von Rönne, die an der „lächerlichen Uni“ in Hildesheim u. a. Kreatives Schreiben studiert hat, nimm das, Maxim Biller!). Wenn Frauen nicht im ständigen Konkurrenzkampf untereinander stünden, nicht jedem Modetrend hinterherliefen und ihre Achselhaare sprießen ließen (wenn sie es denn wollen, Self-Empowerment!), litten sie vermutlich auch weniger unter Depressionen oder die wären etwas leichter zu ertragen …
Thomas Manthey

Der IG-Metall Chef und VW-Aufsichtsrat Jörg Hofmann ist sicher ein braver Mann, aber nicht alles, was er so von sich gibt, stimmt. Als Gewerkschafter auf dieser Position muss er wissen, dass nicht nur die Verantwortlichen der deutschen Automobilindustrie zu lange geschlafen bzw. geträumt haben, sondern die IG-Metall hat immer mitgespielt -sozusagen schlafwandlerisch. Man erinnert sich noch gut an den früheren Daimler-Vorstandschef Zetsche, der nichts von dem sich abzeichnenden Trend weg vom Verbrennungsmotor wissen wollte und sich stattdessen lieber auf das autonome Auto konzentrierte. Elektroantrieb, egal ob batterieversorgt oder per Brennstoffzelle, da tat man so, als ob das für die Zukunft vielleicht in Frage kommt und werkelte daran herum, um nicht in den Verdacht zu geraten, fortschrittsfeindlich zu sein. Stattdessen wurden Armaturenbretter kreiert, die über ihre gesamte Breite mit mindestens 2 Bildschirmen ausgestattet waren und deren Studium bzw. Entzifferung einen Halt an der nächsten Autobahnraststätte ratsam erschienen ließen -nämlich aus Gründen der allgemeinen Verkehrssicherheit. Was nehmen, gerade die älteren Autofahrer, noch wahr vom Verkehrsgeschehen um sich herum, wenn man gezwungen ist nur noch auf Bildschirme zu stieren?

Zetsche und Co. setzen mit Biereifer auf das autonom fahrende Fahrzeug, ohne über die technologische Kompetenz amerikanischer Konzerne zu verfügen. Das elektrisch angetriebene Fahrzeug interessierte die Herren der deutschen Automobilindustrie wenig oder gar nicht.    Selbst Elektroauto-Pionier Elon Musk schafft den 2-Sprung von Elektroantrieb und autonomer Technik für das selbstfahrende Auto bis heute nicht. Die immer wieder vorkommenden Unfälle mit dieser -noch unausgereiften Technik- beweisen das. Aber auf dem Gebiet des Batterieautos hat er der europäischen Automobilindustrie die lange Nase gezeigt. Deutsche Vorzeigekonzerne wie Bosch, BASF, Linde oder Daimler dachten gar nicht daran, in die elektrochemische Weiterentwicklung von Auto-Batterien zu investieren.  Das überließ man-sträflicher weise, und nicht zum ersten Mal- den Chinesen und anderen technologisch versierten asiatischen Ländern. Deutsche Ingenieurskunst konzentrierte sich lieber auf das Verfeinern und Verbessern herkömmlicher Antriebstechnologien wie den Verbrennungsmotor und sein Anhängsel, das Getriebe. Sicherheitstechnik und intelligente Fahrwerksysteme wie ABS und Fahrstabilitätsregelung dagegen blieben herausragende Kompetenzfelder der deutschen Automobilingenieure.

Leider für die Zukunft zu wenig, da Umwelt und Klimakatastrophen die Abkehr vom Verbrenner mit seinem zu hohen CO2 Ausstoß immer deutlicher verlangen. Auch ein Skandal ist, wenn die erfolgsgewohnte deutsche Automobilindustrie sich in die Gewinnecke verzieht und ihr Heil darin sucht, nur noch große, schwere und entsprechende teure Autos an den Mann bzw. Frau bringen will. Kleine Autos zu entwickeln und im Preis niedrig zu halten ist bei Firmen wie z.B. Daimler nahezu unbekannt. Was zum Beispiel VW mit seiner Kompetenz schafft und weiter können muss ist Massenautos zu bauen.  Die Familien Piech und Porsche würden viel lieber superteure Sportwagen und Luxuslimousinen verkaufen. Da müssen die anderen Anteilseigner (z.B. Land Niedersachsen), der Aufsichtsrat sowie die IG-Metall höllisch auf der Hut sein. Von der Politik kann man hier kaum etwas erhoffen. BMW hat es in Jahrzehnten geschafft, den Erzrivalen Daimler technologisch zu überholen. Gerade auf dem Gebiet des Elektroautos scheint BMW der deutsche Vorreiter zu sein. Das lässt für den Automobilstandort Deutschland hoffen.
Klaus Reisdorf


Leserbriefe zu „Wir sind keine Götter“. Gespräch mit Bjorn Stevens geführt von Laura Cwiertnia

Es ist wohltuend, zu lesen, dass dem CO2 nicht alles in die Schuhe geschoben wird. Auch ist klar dargestellt worden, dass wir vieles nicht wissen. Besonders hat es für mich als Physiker aber gefallen, dass Physik relativ einfach ist. Das stimmt: Mit einem „Daten-Modell“ aus nur zwei Temperaturwerten der Erde kann berechnet werden, ob CO2 oder die nächtliche Wolkendecke eine Gegenstrahlung erzeugen können, damit die Erde nicht 255 K kalt, sondern 288 K warm ist. Angenommen: Die Temperatur der Erde am Tag beträgt 293 K und nachts 283 K (die geringe Differenz von 10 K wird z.B. von Wetter-Apps angezeigt). Mit Hilfe des Stefan-Boltzmann-Gesetzes wird für die Oberflächenstrahlungen der Tag-Halbkugel ein Wert von 418 Wm-2 und der Nacht-Halbkugel ein Wert von 364 Wm-2 (bezogen auf die Fläche der jeweiligen Halbkugel) berechnet.

In der Nacht kühlt die Erde ab. Die nächtliche Abstrahlung der Erde beträgt nur 54 Wm-2 (= 418 Wm-2 – 364 Wm-2) (Differenz der Werte der Oberflächenstrahlung am Tag und in der Nacht). Schon bei Wikipedia kann man lesen, dass die Wolken in der Nacht die Erde bedecken und „warm“ halten.  Die Wolken bewirken eine Gegenstrahlung von 310 Wm-2 (= 364 Wm-2 – 54 Wm-2 ) (Differenz von nächtlicher Oberflächenstrahlung und nächtlicher Abstrahlung). Die Summe der Ausstrahlung der Erde bei Tag und bei Nacht beträgt 472 Wm-2 = (418 Wm-2 + 54 Wm-2) und entspricht nahezu dem Wert der Einstrahlung auf der Tag-Halbkugel von 470 Wm-2. CO2 greift also nicht ein.

Schlussfolgerung: Wir brauchen uns nicht vor einem CO2-Anstieg zu fürchten. Warum ist aber die Erdtemperatur von 1968 bis 1998 um 0,6 K gestiegen? Eine Vermutung: In dieser Zeit sind in der Industrie vermehrt Filteranlagen eingesetzt wurden, so dass vor 1968 der Staub und Aerosole einen kleinen Anteil der Einstrahlung in den Weltraum zurückstrahlte. In der Anlage „Diskussion zwischen CO2 und Wolken“ ist beschrieben, wie das „Daten-Modell“ entstanden ist. Den Einfluss von Staub und Aerosolen und auch eine Änderung der Solarkonstante kann in dem Albedo (Standardwert = 0,3) versteckt werden. Mit dem „Daten-Modell“ wurde ermittelt, dass bei einem Albedo von 0,32 die Erdtemperatur „nur“ 287,4 K betragen würde.
Arno Kuck

Ein „Champions-League-Forscher“ spricht offen über bestehende Unsicherheiten und Unvollkommenheiten der Wissenschaft: Danke für solche selbstverständliche Ehrlichkeit. Umgekehrt sehen „Expert*innen“ der 3. oder 4. Liga exakt, wie die Weltrettung ganz einfach geht; wissen aber kaum die Ergebnisse der CoP7 im Jahr 2001 (Marrakesch) oder dass nach dem berühmten Pariser Abkommen 2015 hunderte neuer Kohlekraftwerke weltweit gebaut werden durften. Und von Technik und Kohlenstoffkreislauf haben sie auch keine Ahnung. Wie viele der „LG-Aktivist*innen“ kennen wenigsten drei der wichtigsten Treibhausgase und den alleine für Deutschland benötigten Jahresbedarf an „grünem“ Wasserstoff (etwa gemäß dem Wuppertal-Gutachten vom Oktober 2020 für „FFF“ rund 20 Mill t p.a.)? Wer selbst das nicht weiß, könnte sich selbst allenfalls in der Kindergartengruppe einordnen. Es gibt noch viel zu lernen. Unsere Regierung verfolgt zwar die „Energiewende-Politik“, hat aber bisher kein Gesamtkonzept, wie das ganze (bisher: zu 90 % elektrische) System technisch und ökonomisch funktionieren kann. WEM sollen dann die Bürger*innen zuhören und folgen?
Wolfgang Ströbele

Leider bleiben im Interview Vorhersagezeiträume gepaart mit geographischer Präzision (10km oder 10m?) unklar. Dinge, die in 100 Jahren passieren werden, sind für Standortentscheidungen von Menschen so gut wie irrelevant, Ausnahme: Atommülllager – hoffentlich. Dinge, die in 10 Jahren passieren werden, sind schon eher entscheidungsrelevant: Investitionen an Küsten oder ggf. im Ahrtal. Wenn meine Stadt in 2 Tagen überschwemmt wird, bleibt mir nur die Flucht mit mobilem Hab und Gut. Wenn mein Haus (10m) in den nächsten Minuten von einem lokalen Tornado getroffen wird, bleibt mir nicht einmal die Flucht. Langfristige Vorhersagen (10 Jahre) – egal wie zuverlässig und geographisch genau – würden wahrscheinlich ignoriert oder infrage gestellt, kurzfristige (2 Tage) würden Angst und ggf. Panik auslösen.
Wolfgang Reisdorf


Leserbriefe zur Infografik „Mehr als nur Flagge zeigen“ von Matthias Schütte

Die dritte abgebildete Geste (Myanmar, Thailand… entlehnt den „Tributen von Panem“) ist ein weltweites Zeichen der Pfadfinder, und damit wesentlich älter als die angegebenen Ereignisse. Die drei ausgestreckten Finger deuten dabei auf Inhalte des Pfadfinderversprechens und der Daumen als der Stärkere schützt den kleinen Finger, den Schwächeren. Benutzt wird die rechte Hand.
Christa Emde-Bringenberg

Schade, dass Sie nicht auch das Zeichen der DDR Friedensbewegung Frieden schaffen ohne Waffen: Schwerter zu Pflugscharen mit aufgenommen haben. Ist es nicht mehr zeitgemäß!!??!! Für mich war und bleibt es der Kern meiner Identität.
Brigitte Schubert

Das Symbol „Drei Finger“ mag ja in „Die Tribute von Panem“ vorkommen, doch die Macher haben ein viel älteres Symbol übernommen. Es handelt sich dabei um den international gebräuchlichen Pfadfindergruß. Der geht zurück auf den Gründer der Pfadfinderbewegung, Robert Baden Powell (1857 – 1941). Die übrigens „Fünf Finger“ bedeuten: „Treu Gott, treu den Nächsten, treu dem Pfadfindergesetz. Der Große schützt den Kleinen.“
Eberhard Hüttig


Leserbriefe zu „Ruin einer einmaligen Idee“ von Jan Ross

Es ist schon erstaunlich, dass Jann Ross in seinem Artikel über die Krise in Israel mit keinem Wort die Besatzung erwähnt, die die Demokratie mindestens ebenso gefährdet wie die vorgesehenen Veränderungen im politischen System. Gerade haben über 2000 israelische und jüdische Wissenschaftler eine Petition unterzeichnet, in der es heisst „Es kann keine Demokratie in Israel geben so lange Palästinenser unter einem Regime der Apartheid leben, wie sie von israelischen Rechtsexperten beschrieben wurde. Der ultimative Zweck der juristischen „Reformen“ ist es, die Blockade in Gaza zu verschärfen, den Palästinenser sowohl innerhalb wie außerhalb der grünen Linie gleiche Rechte zu verwehren, mehr Land zu annektieren und alle Gebiete unter israelischer Herrschaft ethnisch zu säubern.“ Diese Petition wurde von renommierten jüdischen Historikern und Akademikern wie Saul Friedländer, Benny Morris, Omri Böhm und Meron Mendel unterzeichnet. Es scheint vor allem in den USA ein Umdenken einzusetzen, was die Haltung zu Israel angeht. Die Proteste in Israel haben vielen die Augen über die Realitäten vor Ort geöffnet und die blinde Unterstützung bröckelt. Endlich geht es auch um die Menschenrechte der Palästinenser.
Claus Walischewski

Herzl, den Sie hier als Visionär feiern, träumte in seinen Tagebüchern bereits von der ethnischen Säuberung Palästinas, zu der es ab 1948 dann auch kam. Der Zionismus, also die Idee eines rein jüdischen Staats, ist im Kern rassistisch, da er zu Gesetzen und Praktiken führt, die Palästinenser systematisch diskriminieren. Zu diesem Schluss kommt nicht nur Professor Avi Shlaim („Zionism is racism“), sondern auch jede nennenswerte NGO (Stichwort „Apartheidsstaat“) und viele Juden – auch in Deutschland – die sich klar vom Zionismus distanzieren. Dass diese Ideologie in der ZEIT als „siegreich“ verklärt wird, muss für hunderttausende vertriebene Palästinenser ein Schlag ins Gesicht sein.
Fabian Lang


Leserbriefe zu „Stiller Tod im Blumenbeet“ von Hannah Purner

Mitunter hat man auch bei der Zeit nicht nur auf der letzten Seite ein Déjà-vu-Erlebnis: da werden in einem Artikel die schädlichen Thujen angeprangert und man fordert heimische Pflanzen für den Garten. Fast wie in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts! Waren damals noch Thuja-Hecken Standard, so dürfte ihr Verkauf seit dieser Zeit weit zurück gegangen sein. Sie sind auch aus Gründen des sich verändernden Klimas nicht mehr anzuraten. Aber schädlich für die Umwelt? In unserem Schau- und Lehrgarten freuen sich die Eichhörnchen darüber, sich in der großen Riesen-Thuje (Thuja plicata) verstecken zu können. Vielleicht versauern die herunterfallenden Nadeln den Boden ja etwas. Aber das tun unsere einheimischen Nadelgehölze auch, zumal sie seit dem Hitzesommer 2018 immer mehr davon verlieren.

Das Argument, heimische Tiere profitieren nur von heimischen Pflanzen, ist, wie viele andere einfache „Wahrheiten“ auch, leider nicht aus der Welt zu räumen. Tiere, z. B. aus den Reihen der Bestäuber, sind nicht xenophob veranlagt noch besitzen sie ein ausgeprägtes Über-Ich. Sie nutzen diejenigen Pflanzen, die ihnen Nektar und Pollen bieten – und die sie mit Ihren Saugwerkzeugen erreichen können. Es geht also nicht um die Frage, ob die Pflanze ursprünglich diesseits oder jenseits der deutschen Grenze beheimatet ist. Sondern es geht darum, dass der Blütenbau eine Beerntung für die Bestäuber erlaubt. Bei Bienen ist das so: etwa 70 % sind polylektisch – nehmen also alles was ihnen angeboten wird bzw. was sie erreichen können. Die übrigen sind oligolektisch, beschränken sich als auf bestimmte taxonomische Gruppen wie Familien, selten Gattungen. Also Pflanzen mit ähnlichem Blütenbau. Um das zu verdeutlichen: Bienen, die sich hauptsächlich von Lamiaceae (Lippenblütlern) ernähren, ist es egal, ob sie eine heimische Taubnessel oder einen heimischen Dost vor sich haben, oder aber einen Lavendel aus dem Mittelmeer oder einen Thai-Basilikum. Sie fragen nicht nach der Staatsangehörigkeit. Viele Garten- und Balkonbesitzer werden das bestätigen können.

Wir sollten daher aufhören Menschen, die gerne Gärtnern und sich an Pflanzen erfreuen auch noch mit einem Kanon moralisch korrekten Handelns zu verunsichern. Dass Geranien keinen Wert für Bestäuber haben, ist bekannt. Und dass gefüllte Blüten wenig Pollen anbieten, sollte auch jedem klar sein. Aber ist es wirklich so schlimm, dass da mal eine Blüte darunter ist, an der man sich ausschließlich erfreut? Solche Botschaften spielen höchstens den Werbestrategen der Baumärkte in die Hände: sie haben schon längst begriffen, dass sich mit dem Etikett „bienenfreundlich“ die Pflanzen besser verkaufen lassen und kleben es ohne Skrupel an jeden Topf.

Wie die Autorin ganz richtig schreibt, ist die Hauptbedrohung für die Biodiversität der Verlust an Lebensraum durch Straßen, Gebäude, Infrastruktur – und das weltweit. Dazu kommt der Klimawandel, in den Städte auch der Hitze-Insel-Effekt, der die Lebensbedingungen für heimische Tiere und Pflanzen schon jetzt auf eine nie gekannte Probe stellt. Der Austausch von Waren, aber auch unsere Mobilität spült unbeabsichtigt neue Pflanzen und Tiere ins Land. Viele von diesen verschwinden sehr bald wieder. Andere bleiben, können sich etablieren, weil wir die Umwelt verändert und die Bedingungen dafür geschaffen haben, dass sie überleben. Sie sind sozusagen die Antwort der Natur auf uns und den Klimawandel. Und über manche können wir auch froh sein, überleben sie doch trotz Hitze und Trockenheit, spenden uns Schatten und kühlen die Luft durch ihre Verdunstung. Man sollte also immer auf die wirklich Verantwortlichen schielen – und sehr vorsichtig damit sein, Pflanzen moralischen Kategorien zuzuordnen.
Norbert Kühn

Wir haben Ihren Artikel mit Interesse und viel Zustimmung gelesen, möchten jedoch darauf hinweisen, dass Geranium nicht Geranium ist und deshalb nicht in die Subheadline von ‚Stiller Tod im Blumenbeet‘ gehört. Unter den botanischen Name Geraniaceae fallen bekanntlich die Storchenschnabelgewächse, zu denen Geranien und Pelargonien gehören. Ihre kritischen Anmerkungen betreffen aber die nicht winterharten Pelargonien, deren Begriff in Ihrem Artikel leider nicht auftaucht. Geranium betreffend empfehlen Sie als Öko-Alternative echten Storchenschnabel, der aber (botanisch) korrekt Geranium heißt, u.a. mit den ökologisch wertvollen Sorten Geranium macrorrhizum, Geranium cinereum, Geranium sanguineum. Es wäre schade, wenn manche Leser nun davon ausgehen, dass auch Geranien (im Blumenbeet) Insekten schmählich verhungern lassen, wo doch genau das Gegenteil zutrifft.
Lothar Nalbach


Leserbriefe zu „»Sie wollen immer wissen, wo sie stehen«“. Gespräch mit Jürgen Trautwein geführt von Jeannette Otto und Martin Spiewak

Überzeugend legt der Beitrag die Fragwürdigkeit der Schulnoten dar. Umso unverständlicher ist das Festhalten des Autors an diesem untauglichen System. Noten sind ungeeignet, Lernfortschritte zu dokumentieren: Die Verbesserung von 12 auf 10 Fehler im Diktat müsste ja eine bessere Note bekommen als die Verschlechterung von 2 auf 4 Fehler. Noten sind auch ungeeignet, das Erreichen von Lernzielen zu belegen. Würden (fast) alle Schüler ein gestecktes Ziel erreichen – eigentlich das Anliegen der Lehrkräfte und des Unterrichts -, müssten (fast) alle Prüflinge die Note 1 bekommen, die Arbeit würde aber als zu leicht oder zu gut bewertet kassiert. Denn gute Noten gibt es nur, wenn es auch schlechte gibt. Was bleibt, ist die Funktion der Noten, die Leistung des Einzelnen in das Gesamtspektrum der Gruppe einzuordnen. Einer Gruppe, deren Mitglieder in allgemeinbildenden Schulen allein aufgrund ihres Lebensalters und ihrer Wohngegend zugeordnet wurden, ohne Rücksicht auf Entwicklungsstand, Leistungsfähigkeit, häusliche Lernbedingungen. Die Frage ist: Brauchen wir diese Leistung der Schulnoten, Schüler zu sortieren, in gute und schlechte abzustempeln? Das Problem ist nicht, dass dann – wie der Volksmund sagt – mancher Einäugige unter Blinden König ist, sondern dass einer – und sei er noch so engagiert – immer der Letzte sein muss, den der Hund beißt. Wann also machen sich Bildungsforscher endlich einmal stark gegen dieses unpädagogische und ungerechte System der Schulnoten!
Dieter Marenbach

Welch unterschiedliche Aussagen die Bildungsforschung zu einer Schule für alle macht, wird durch das Gespräch von Jeanette Otto und Martin Spiewak mit Ulrich Trautmann deutlich. Fast als naturgegeben klingt es an, dass es innerhalb der Schülerschaft Hauptschüler, Realschüler und Gymnasiasten gibt. Ganz so als würden Schülerinnen und Schüler durch eine Empfehlung nach der Grundschule nicht in die jeweilige Schublade eingeordnet. Die Objektivität dieser Grundschulempfehlung wird innerhalb der pädagogischen Wissenschaft stark angezweifelt. Davon abgesehen hat Martin Spiewak in dem Artikel „Mit dem ersten Schrei“ aufgezeigt, wie Herkunft die Bildungskariere bestimmt und dass es in Bremen, wo die sozialen Verhältnisse besonders krass sind, Versuche gibt, Kinder, aus bildungsfernen Familien vom Lebensanfang an zu fördern.

Ganz davon abgesehen kommt es doch darauf an, welches Ziel man mit Bildung verfolgen will. Ist es vorrangig, bessere Noten in Deutsch, Englisch, Mathe zu haben? Der Kenntnisstand in diesen zweifellos wichtigen Fächern wird oft als Grundlage eines Vergleichs genommen. Und es gibt unterschiedliche Aussagen der Wissenschaft, inwiefern ein länger gemeinsames Lernen, das miteinander und voneinander lernen, wie in Finnland, Vorteile für die Fachkompetenz bringt. Sieht man allerdings die Fähigkeit sich gleichberechtigt um die Gestaltung der Demokratie zu bemühen als wichtig an, so gewinnt das länger gemeinsame Lernen einen hohen Stellenwert. Michael Sandel, den Elisabeth von Thadden interviewt hat, weist daraufhin, wie wichtig es ist, Plätze zu schaffen, wo sich die Menschen über alle sozialen Schranken hinweg treffen. Und an erster Stelle nennt er in dem lesenswerten Artikel die Schulen. (Die Zeit,27.7.2023, S.43)

Eine Schule für alle gewinnt für eine Demokratiefähigkeit eine große Bedeutung und etwas muss bei  einer Schule für alle und deren Beitrag für einen allgemeinen Bildungserfolg auch daran sein. Selbst Ulrich Trautmann weist auf die Unterrichtsqualität der Länder Kanada und Singapur hin. Nicht erwähnt wird aber in dem Gespräch, dass in den Schulsystemen dieser Länder gemeinsames Lernen aller Begabungen bis Klasse neun und zehn selbstverständlich ist.
Helmut Gattermann


Leserbriefe zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

„Achselhaare sind eigentlich ganz schön „Diese Aussage macht Luna. Also Luna, um gleich mal Klartext zu reden, Ihre Achselhaare interessieren doch keine Sau. Aber es gibt Damen, die haben Haare an der Oberlippe, auch Damenbart genannt. Für Männer kein Problem, die lassen sich einen Schnurbart wachsen, im Volksmund auch Rotzbremse genannt. Aber bei Damen?  Da hilft nur ein Hautarzt, kein Kurpfuscher, der tolle Ergebnisse verspricht, die nichts bringen. Übel sind auch Haare an den Beinen. Wenn ein Minirock getragen wird. Auch dabei den Hautarzt fragen. Männer sehen immer gern auf die Beine von Frauen, und da Haare. Viel wichtiger und unerlässlich sind Haare auf den Zähnen. Damit kann man gut diskutieren, argumentieren und sich durchsetzen. Also Zahnbürste raus und die Haare auf den Zähnen gut bürsten. So macht man das.
Hans-Emil Schuster

Jede Woche ärgere ich mich ziemlich über Ihre Rubrik „Prüfers Töchter“. Zum einen ist es doch sehr merkwürdig, dass es in der Regel Männer sind, die meinen in seriösen Medien mitteilen zu müssen, was es mit ihrem Nachwuchs auf sich hat: Georg Cadeggianini, Jan Weiler… und eben Tilman Prüfer. Eine ähnliche Rubrik, v.a. in einer Zeitschrift mit einem gewissen kulturellen Anspruch, in der Frauen über so lange Zeit über ihren Nachwuchs berichten, ist mir nicht bekannt. Man kann vermuten, dass es eben immer noch für selbstverständlicher gehalten wird, dass Frauen sich intensiv um ihre Kinder kümmern und dem nicht allzu viel Beachtung beizumessen ist. Daneben aber frage ich mich immer: Stimmt es, was da aus dem Familienleben geplaudert wird? Wenn ja, dann finde ich das indiskret und einen Verstoß an den Rechten der Töchter auf Intimität. Wenn nicht stimmt, was da so kolportiert wird, dann finde ich das ebenso fragwürdig: Dann ist es ein bestenfalls ein nettes „Vorletzteseitengeplänkel“ – und damit verzichtbar. Insofern meine dringende Bitte: Beenden Sie endlich diese Rubrik und nutzen Sie die Seite für etwas Substanzielleres!
Martina Lutz


Leserbrief zu „Mit Granaten auf Flüchtlinge“ von Andrea Böhm

Die globale Wirklichkeit sind Gesellschaften mit sehr unterschiedlichen Kulturen, Traditionen, Sprachen, Strukturen und Wertvorstellungen. Zu dieser Wirklichkeit gehören ebenso die souveränen Staaten, in denen sich die jeweiligen Gesellschaften im Laufe ihrer langen Geschichte entwickelt haben. Wer diese Wirklichkeit, die Souveränität der Staaten, infrage stellt, träumt davon, die gesellschaftliche Entwicklung in anderen Gesellschaften beeinflussen zu können. Das ist weder dem unmenschlichen Kolonialismus noch der Kommunistischen Internationale, noch den Großmächten nach dem 2. Weltkrieg gelungen.

Das Überqueren einer Landesgrenze kann aus meiner Sicht nicht die willkürliche Entscheidung eines jeden Individuums, einschließlich Menschenhändler, Terroristen und gewalttätiger Verbrecher sein.  Die Infragestellung der Ausbildung von saudischen Grenzschützern durch die Bundespolizei ist m. E. ebenso fragwürdig wie die Beurteilung der gesellschaftlichen Probleme in anderen Kulturen (aktuell z. B.  in Niger, Gabun und anderen Ländern). Wer die soziale und kulturelle Anthropologie dieser Länder nicht kennt, ihre Sprache nicht spricht, ist blind und taub für die wirklichen Probleme dort. Darüber hinaus sollten wir nicht vergessen, daß offene Grenzen Voraussetzung für das sehr einträgliche Geschäft der Schleuser und der Geschleusten ist. Wenn Tausende Euro für eine Schleusung bezahlt werden, geht es nicht um Menschenrechte, sondern um Geschäfte. Die Migranten investieren nicht das Jahreseinkommen einer Familie im Herkunftsland für Menschenrechte, sondern für Rendite.
R. Reiger


Leserbrief zu „Die Wut war größer als die Angst“ von Luisa Hommerich

Gesellschaftliche Veränderungen im Ausland vollziehen sich maßgeblich durch die innere Opposition, nicht von außen. Das sollte sowohl der Opposition bewusst sein, wie ebenso dem Asyl gewährenden Ausland. Opfer haben Anrecht auf Asyl, jedoch keinen Anspruch auf Einmischung in den gesellschaftlichen Konflikt ihres Heimatlandes.
R. Reiger


Leserbrief zu „Stau am Bauvon Zacharias Zacharakis

In seinem Beitrag beklagt Herr Zacharakis die Lage der deutschen Bauwirtschaft und schlägt als Lösung milliardenschwere Subventionen für den privaten Wohnungsbau vor. Es soll also die Mehrheit der Deutschen, die zur Miete wohnt, auch weil sie sich Immobilien nicht leisten kann, jenen helfen, die sich das leisten wollen. Sein Argument für eine solche Umverteilung ist die Rettung der Arbeitsplätze in der Baubranche, deren Verbände seiner Aussage nach vor „reihenweisen“ Pleiten warnen. Ich habe aus Neugier daher in der Webseite des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie nach solchen Schreckensszenarien gesucht und stattdessen folgendes gefunden „Wegen der negativen Konjunkturprognose gehen wir davon aus, dass das Bauhauptgewerbe im laufenden Jahr die Zahl der Beschäftigten nicht mehr weiter aufstocken, sondern stabil bei 927.000 halten wird.“ Dort wird außerdem weiterhin ein Mangel an Fachkräften erwähnt. Also keine Rede von Massentlassungen oder -pleiten, vor denen der Autor warnt. Auch würde ich Warnungen von Verbänden vor Pleitewellen mit Vorsicht genießen – schon zu oft wurde in den vergangenen Jahrzehnten der Untergang deutscher Wirtschaftszweige vorhergesagt, die immer noch existieren. Aus solchen Warnungen eine derart dreiste Klientelpolitik abzuleiten, fällt hoffentlich in der Regierung niemandem ein.
Sabine Möhler 


Leserbrief zu „Eine Frage der Ähre“ von Markus Rohwetter

Ich möchte Ihrem Herrn Rohwetter nicht zu nahetreten, und wahrscheinlich ist er durchaus sachkundig, aber Sprache produziert nun mal zwangsläufig Bilder. Wenn ich lese „Hilft es, Getreide künftig zwischen Bäumen zu pflanzen“, erzeugt dies vor meinem geistigen Auge einen auf dem Boden knieenden Menschen, der vorgezogene Getreidepflanzen zwischen Baumreihen in der Erde verscharrt. Die Methode des Pflanzens von Getreide dürfte nicht mal bei den allersten Ackerbauern Anwendung gefunden haben, sie waren bereits klug genug, Getreidekörner und andere Sämereien in den aufgeritzten Boden zu säen. Leider handelt es sich beim Pflanzen/Säen nicht um eine singuläre Ungenauigkeit, weiter geht es mit dem Thema „Arten und Sorten“. In Medien aller Art können/müssen Sie beinahe zu 100 % z.B. lesen/hören: Die Ernährung auf den Genuss unterschiedlichster Gemüsesorten umzustellen, wird allgemein empfohlen. Nun, hoffentlich liege ich nicht falsch, aber gemeint sind doch wohl generell die Gemüsearten. Die gemeine Karotte beispielweise ist so eine Gemüseart, durch züchterischen Einfluss spaltet diese Art in genetisch unterschiedlichste Sorten auf, so z.B. in „Lange rote stumpfe ohne Herz“, „Rotin“, „Neptun“ usw. Ich glaube nicht, dass sich der eingefleischte Gemüseesser bewusst ist, welche Gemüsesorte er gerade verzehrt. Es ist extrem zu befürchten, dass sich durch permanentes Wiederholen von Falschbenennungen Gewöhnung einschleicht, die letztlich zum Standard wird.

Weiter höre und lese ich sehr häufig von teuren und billigen Preisen. Nach meiner Kenntnis kann ein Produkt teuer oder billig sein, ein Preis ist allenfalls hoch oder niedrig. Diese Reihe der Verballhornung unserer wunderbaren, bildhaften Sprache ließe sich leider beliebig fortsetzten. Nur nebenbei ist hier der Siegeszug der Anglizismen, den auch Sie durchgehend forcieren, zu nennen. Wording, Gamechanger, Challenge, ehrlich gesagt, bei diesem fast food to go dreht es mir regelmäßig den Magen um, denn wir haben einen angestammten Wortschatz, der diesen unwohlklingenden „Neophyten“ ganz, ganz leicht das Wasser reichen kann. Bitte, liebe ZEIT, statt das Gendern einzuführen und die Anglizismen zu fördern, sollte es Ihre edelste Aufgabe sein, das Kulturgut „deutsche Sprache“ zu hegen und zu pflegen. Wer, wenn nicht ein Printmedium der höheren Klasse, sollte das tun?
Konrad Gold


Leserbrief zu „Avocados am Ätna“ von Claudio Rizzello

Schön, dass Sie entdecken, dass die Landwirtschaft in Sizilien jetzt auf tropische Früchte kommt. Nicht anders ist es in Süddeutschland, auch dort erleben wir bereits einen extremen Klimawandel und stellen uns den Herausforderungen. So ist Landwirtschaft übrigens an vielen Orten der Welt gestrickt. Wir schauen immer nach vorne und planen und arbeiten generationenübergreifend. Hierzu nur drei Beispiele: Sojabohnen wachsen mittlerweile auf mehr als 10 TSD ha in Süddeutschland, die Forschung züchtet neue Sorten, die besser mit nächtlicher Kälte zurechtkommen und höhere Erträge unter den Bedingungen in Süddeutschland bringen, die Landwirte machen ihre Erfahrungen mit dem Anbau und lernen viel dazu. Zweites Beispiel ist die Süßkartoffeln, die derzeit noch auf wenigen ha wächst, aber auch dort steigen die Flächen. Drittes Beispiel ist der Waldumbau, auch dort setzen wir Mithilfe moderner Techniken auf neue Baumarten, die Potential haben, die vorhandenen und kommenden Änderungen durch den fortschreitenden Klimawandel zu bestehen, als Dauerkultur. (Wäre alles mindestens genauso berichtenswert und der Urlaub in Bayern ist besser als in Sizilien.)

Damit möchte ich auch sagen, dass wir zwar wertkonservativ sind aber eben gleichzeitig auch findige, innovative Unternehmer mit Blick nach vorne in die Zukunft. Sobald sich allerdings die Medien und dann die Politik einmischen wird es meist absurd, da dort an vielen Stellen statt dem Wagnis und den positiven Erfahrungen mehr die möglichen Probleme gesehen werden (die dann oft auch noch auf Halbwissen oder Ideologie basieren). Derzeit erleben wir in Deutschland/Europa insgesamt eine von den Medien und der Politik konzertierte Aktion zum Abgewöhnen von Innovation und dem Eingehen von Wagnissen. Aus meiner Sicht auch einer der Gründe, warum wir gerade wieder erleben wie es wohl bergab geht mit Deutschland. Stattdessen bräuchten wir eine innovationsfreundliche Kultur, die mehr auf die Chancen statt auf die Risiken schaut, so wie es die Amerikaner schon immer machen, und da haben die Medien eine große Verantwortung, dass dies gelingt! Wie bekannt braucht es 5 (wahlweise auch 7) positive Nachrichten pro schlechter Nachricht!
Stefan Thurner


Leserbrief zu „Die Körper sind bei sich und beieinander, sie müssen nichts erzählen – nur vom Sex“ von Katja Nicodemus

Was haben Sie denn der guten Frau Nicodemus da bloß in den Tee getan? In dem seltsam betitelten Bericht – Die Körper sind bei sich und beieinander, sie müssen nichts erzählen – nur vom Sex“ -über den Film „Passages“ wird es gegen Ende immer kurioser. So wird von einer der Hauptdarstellerinnen gesagt: „Agathe hichtet“-??!! Ihr Partner Tomas trägt u.a. „schwarze Netzpulli, blasssgrüne durchbrochene Häkelei, Tanktop mit goldengegen mag eng anliegende Kleidung“. Diese „verströme Selbstbewusstsein, die schöne Autorität der Ernsthaftigkeit“. Im nächsten Satz heißt es dann plötzlich: “ das merken auch die…. Kinder, die sie als Lehrerin unterri schimmernden asiatischen Drachen.“ Weiterer Unsinn folgt. Es wäre schön, wenn Sie diese Rezension nochmals überarbeiten könnten.
Eberhard Bauer


Leserbrief zu „Sultan1966 und seine Beute“ von Tobias Timm

Eine umfassende Erfassung aller Objekte ist natürlich der Dreh- und Angelpunkt zur Vermeidung von Diebstählen. Das ist aber bis zur Vollständigkeit sehr aufwendig und teuer. Für Erhaltung oder gar Restaurierung fehlt dann das Geld. Ist die Inventarisierung oder die Erhaltung wichtiger? Eigentlich müssten die Bujets der Museen erhöht werden. Ich hab lang genug in staatlichen Museen gearbeitet, um zu erfahren, dass es relativ einfach gewesen wäre, irgend etwas ohne Spuren zu entfernen. Ich hab mich eher geadelt gefühlt, dass man mir diese Werten praktisch ohne Kontrolle zugänglich gemacht hat. Mit etwas krimineller Energie wäre viel möglich gewesen. Meine Tochter, Köchin in der Spitzengastronomie, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Angela Merkel, Barack Obama, Königin Sylvia, immer gab es umfassend Sicherheitschecks, die meine Tochter lachend entlarvte. Hartwig Fischer tut mir wirklich leid. Ich glaube, dass es immer möglich sein wird, die Lücken einer Verwaltung zu entlarven und mit der entsprechenden kriminellen Energie für sich zu nutzen. Gott sei Dank ist wohl die Mehrheit der Museumsmitarbeiter anders gepolt.

PS: Besonders spannend find ich in dem Zusammenhang die Diskussion über die angeblich nicht sicheren Restitutionen nach Afrika
Christiane Ott-Berger


Leserbrief zu „Bis zum letzten Fetzen“ von Carmen Maiwald und Vanessa Materla

Interessanter Artikel über KIK und deren Versuch, den Fast-Fashion-Wahnsinn wenigstens ein bisschen einzudämmen. Und dann das ZEIT-Magazin. 90 Seiten Werbung für Mode… Ich fände es toll, wenn die ZEIT die Option anbieten würde, die gedruckte ZEIT ohne das Magazin zu beziehen. Der Preis dafür könnte von mir aus gleichbleiben, Hauptsache der Umwelt und mir bliebe der Resourcenverbrauch des Magazins, der unnötige Müll und die noch unnötigeren Kaufanreize erspart.
Wolfram Leonhardt


Leserbrief zu „Du siehst aus, wie ich mich fühle“ Folge 377

Wo sind denn bei dem Eichhörnchen Chupa die Eichhörnchenöhrchenhärchen geblieben? Fellwechsel?
Jürgen Moser


Leserbrief zu „Endlich eine Stimme für die Tiere“ von Merlin Theile in ZEIT leo, die Seite für Kinder

Den lobenswerten Artikel zum Tierschutz auf der Kinderseite haben Sie mit einem niedlichen Foto illustriert, das jedoch in gewissem Widerspruch zum Text steht. Denn der Junge hält seine Katze in einer für das Tier unangenehmen Weise. Katzen und auch Hunde mögen es nicht, wie Menschenbabys gehalten zu werden. Besser wäre es, sie so zu fassen, dass der Rücken oben und der Bauch unten ist.
Bettina von Bülow


Leserbrief zu „Carolin Polachek“ Bilder von Steph Wilson, Text von Claire Beermann im Zeit Magazin

Wow. Wow wow wow. Stark, einfühlsam, ein Text so sphärisch und vielseitig wie die Künstlerin, die Sie beschreiben! Ich liebe es, wenn beim Lesen eine ganze Gefühls- und Bilderwelt entsteht. Das macht mein Leben reicher. Ganz herzlichen Dank für dieses Kleinod!
Hartmut Haubrich


Leserbrief zu „Was ich gern früher gewusst hätte“ von Ines Geipel im ZEIT Magazin

Mit der o.a. Rubrik habe ich schon länger meine Probleme, aber der genannte Beitrag toppt alle bisherigen Bedenken. Was bitte schön soll ich daraus lernen, dass „Chanel-Sonnenbrillen (nötiger sind) als Chanel-Schuhe“? Entweder bin ich selten dämlich (was nicht völlig auszuschließen ist) oder es ist diese Aussage! Bekommen die Autoren dieser Seite eigentlich ein Honorar? Und wenn ja, von wem…?
Matthias Wilke