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Statistik für Seuchenbekämpfer

 

Es wird geschätzt, geraten oder bewusst manipuliert – wer sich Statistiken zu Afrikas Wirtschaftslage ansieht, merkt schnell: Weder die Rohdaten noch deren Auswertung ist wirklich brauchbar. Welche Branchen boomen? In welchen Ländern wächst die Wirtschaft? „Wissen wir nicht“, sagt der Ökonom Morton Jerven, der sich intensiv mit Afrikas Poor Numbers – so auch der Titel seines Buches – befasst hat. Falsche Zahlen oder verfälschende Zahlenakrobatik können die Öffentlichkeit in die Irre führen, warnt er. Der heutige Blog-Beitrag befasst sich mit der Frage, ob uns auch ehrliche Zahlen belügen können. Lügen mit der Wahrheit könnte man das dann nennen.

Nehmen wir ein Beispiel, das zur aktuellen Lage passt, der Ebola-Epidemie in Westafrika. Derzeit gibt es noch kein erwiesenermaßen wirksames Arzneimittel gegen das Ebola-Virus. Einige experimentelle Medikamente sind in der Testphase. Doch wie berechnet man eigentlich, ob ein Mittel wirkt? Im Fall des aktuellen Ebola-Erregers, der in Guinea, Liberia, Sierra Leone und Nigeria umgeht, liegt die Sterblichkeit der Infizierten ohne Therapie bei mehr als 50 Prozent. Nur eine Hand voll Patienten bekam bisher überhaupt Arzneimittel, die direkt auf den Erreger wirken sollen. Einige überlebten daraufhin, andere nicht. Zufall? Oder ein wirksames Medikament?

An einem Rechenbeispiel lässt sich zeigen, dass beim Testen der Wirksamkeit von Arzneimitteln paradoxe mathematische Probleme auftreten können. Denn auch wahre Zahlen können lügen.

Wir denken das Ganze einmal mit fiktiven Zahlen durch:

Angenommen, ein Pharmaunternehmen hat ein neues Medikament gegen eine bestimmte Krankheit auf den Markt gebracht und zuvor einen Abschlusstest mit 112 gleich stark erkrankten Personen durchgeführt, 56 Frauen und 56 Männern. Einige Versuchspersonen nahmen das Medikament ein, andere blieben freiwillig unbehandelt. Hier sind die Ergebnisse:

4 von 16 Männern (also 25 Prozent), die das Mittel genommen hatten, wurden geheilt, genau wie 11 von 40 Männern (27,5 Prozent), die nicht behandelt wurden.

29 von 40 mit dem Medikament therapierten Frauen (72,5 Prozent) wurden gesund. Bei 12 von 16 Frauen (75 Prozent), die ohne Arzneimittel auskamen, trat die Heilung ein.

Fasst man die Zahlen zusammen, ergibt sich, dass 33 von 56 (58,9 Prozent) der behandelten Menschen geheilt wurden, aber nur 23 von 56 (41,1 Prozent) der nicht behandelten Menschen. Das Pharmaunternehmen würde dies vermutlich als großen Erfolg werten und die letzte Aussage in seiner Werbung verwenden.

Schaut man sich die Gruppen der Männer und Frauen aber separat an, erkennt man, dass sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern die Heilungsquoten der Behandelten gegenüber den Unbehandelten niedriger sind. Bei Männern 25 Prozent gegenüber 27,5 Prozent, bei Frauen 72,5 Prozent gegenüber 75 Prozent.

Die gültigen Schlussfolgerungen scheinen also zu sein:

Bist du eine Frau, verzichte auf das Medikament.

Bist du ein Mann, verzichte auf das Medikament.

Bist du ein Mensch, nimm das Medikament.

Was geht hier vor? Belügen uns einige der Zahlen?

Wie ist das Medikament einzuschätzen? Ist es wirksam?

Was denken Sie?