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Austern öffnen u. deutsche Betulichkeit

 

Mit dem Fernsehen ist es genauso wie mit der Feinschmeckerei. Das Publikum ist längst nicht so blöd, wie die Macher glauben. Beim Italiener kriegt man den ganzen Fisch auf den Teller gelegt. Niemand wundert sich, der Gast macht sich an die Arbeit und alles ist prima. In der oft betulichen Sternegastronomie ist alles filiert und möglichst noch vorgekaut.

Austerngabeln haben an der einen Seite einen scharfen Rand. Das hat seinen Grund. Denn ganz übel sind vorgelöste Austern. Das Seewasser wird durch ein Sieb gekippt, die Austernschalen werden ausgewaschen, und dann kommt das vom Koch befingerte Tier wieder in die Austernschalen und das gesiebte Seewasser drüber. Widerlich!

Ist man nicht in der Lage, Austern splitterfrei zu öffnen? Ist es die Angst des Sternekochs, der Gast könnte einen kleinen Partikel Perlmutt erwischen und daran kollabieren? Klar gibt es gewisse idiotische Feinzungen, die lieber den Giftsalat akzeptieren, als an einer Blattlaus durchzuknallen. Was die Austern anbetrifft, so ist die Ursache der Perlmuttsplitter beim deutschen Werkzeug zu suchen. Beispielsweise ist der Rösle-Austernbrecher höchstens für Steinmetzarbeiten geeignet. Das wirklich einzig taugliche Instrument (ohne Ausnahme) ist der französische schmale, lanzettartige Austernöffner und nicht die breite deutsche Schaufel, die aussieht wie ein Parmesan-Stechbeutel.