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Nicht hektisch reden, sondern in Ruhe genießen

 

Raus aus den Restaurants, rein in die so viel zitierte „Eckkneipe“ – die Diskussion um das Rauchverbot nimmt teils groteske Formen an. So froh ich bin, dass wir im Adler damit keine Probleme haben, so wundere ich mich doch, warum in unserem Land oft jahrelang im Laufe eines Gesetzgebungsverfahrens in aller Breite diskutiert wird und sobald das Gesetz verabschiedet ist, die Nachhut in verloren gegangene Schlachten rennt und das Fähnlein der Aufrechten notfalls bis nach Karlsruhe tragen will.

Geradezu typisch für diese Hektik scheint mir die Geschichte um den Altbundeskanzler Helmut Schmidt zu sein, der von der Wiesbadener Nichtraucherinitiative wegen Verstoßes gegen das Rauchverbot und Körperverletzung angezeigt wurde. Ziemlich cool und keinesfalls verschnupft reagierte der rührige 89 Jahre alte Elder Statesman, der in seinem Leben weitaus schwierigere Situationen meisterte, in einem ZEIT-Interview: Auch er werde künftig dem Gesetz gehorchen. Um seinen Ruf mache er sich dabei keine Sorgen, er sei kein öffentliches Vorbild. „Politiker sollen auf ihrem Felde Vorbild sein, aber nicht auf sämtlichen Feldern menschlichen Lebens. Das ist zu viel verlangt.“ Er habe nie versucht, das Rauchen einzustellen: „Ich bin doch nicht verrückt…“. Gewiss eine erfreuliche Reaktion des Hanseaten, der, wie wir Schwaben sagen würden, ganz einfach „d’Luft rausglassa hat“. 

Ein anderes Beispiel für diese verrückte Hektik scheint mir die Fastenzeit zu sein. Selbstverständlich respektieren wir den Wunsch des Gastes, wenn er Wasser statt Wein (oder Bier) bestellt – das ganze Jahr über.

Schade finde ich allerdings, wenn Gäste ein schönes Menü bestellen und dann kalorienzählend und vom Abnehmen redend, von allem nur nippen. Kaum besser ist es, den ganzen Tag zu hungern, damit man das Dinner genießen kann. Nein, nein, nein: Die Freude am Essen sollte man sich nicht selbst nehmen. Wie man das ganze Jahr über sich vielseitig und gesund ernährt, zeigt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung  mit vielen guten Broschüren und Aktionen – bis hin zu Kita, Schule oder Kantine.

Die jüngsten Veröffentlichungen über die zu dicken Deutschen können in der Tat schocken. Doch mit dem Diäten-Wahn können wir diesen Problemen nicht zu Leibe rücken. Nur wer gutes Essen kennt, weiß es zu schätzen. Unser Land hat nicht nur Sterne-Restaurants. In vielen Restaurants und Hotels wird heute leicht und gut gekocht. Den Unterschied zu erschmecken, zu erfahren und zu genießen, das sollten wir schon unseren Kindern lernen.

Und da können wir Gastwirte einwirken, in dem wir unsere künftigen Gäste ernst nehmen.

Rot-weiß muss nicht immer Majo und Ketchup bedeuten…