Fleisch ist nicht gleich Fleisch und welcher Verbraucher wüsste kein Lied davon zu singen, wie ratlos er vor mancher Theke stand. Unsicher darüber was Herkunft, Güte, Zartheit, und Wohlgeschmack des beäugten Stückleins tierischen Muskelgewebes anbelangt.
Es wäre ja hübsch einfach, mit wenigen messbaren Kriterien zufrieden zu sein: Wenn es nur regional genug wäre. Oder wenigsten bio. Oder besser gleich: bio und von hier. Nachhaltig wäre es dann bestimmt ja auch irgendwie.
Doch wie schon an anderer Stelle dieses Blogs beschrieben, sind hier gerade die einfachen Wahrheiten schwierig. Die Crux: Zu oft wird die Kette der Verantwortlichkeiten unterbrochen. Erzeuger, Bauern, Händler, Verarbeiter, ja nicht mal Verbraucher kennen sich. Geschäfte werden via email, Fax und Telefon gemacht, niemand schaut sich dabei in die Augen.
Die messbaren Grundlagen im großen Fleischgeschäft heissen Kilogramm, Euro, MHD. Komplexe Sachverhalte werden auf einzelne Parameter zurechtgestutzt und dem Willen des Gesetzgebers und des Verbrauchers wird Genüge getan. An dieser Stelle werde ich mal altmodisch und lobe mir die handwerklichen Strukturen, wie sie noch vor wenigen Jahrzehnten Gültigkeit besessen haben. Natürlich war damals nicht pauschal alles besser, doch die Ehre eines Bauern und die eines Metzgers, das lange gewachsene Vertrauen zur Kundschaft und die Mischung aus fachlicher Könnerschaft und Gespür für das gute Produkt machten es möglich, besser einzukaufen als das heute möglich ist. Der Fachmann stand im besten Wortsinne hinter seinen Waren.
Einer der letzten seiner Art ist mein Vater, Küchen- und Metzgermeister alter Schule. Ich habe ihm zwei Lämmer angeschleppt, die ein befreundeter Tierarzt aufgezogen hat. Ein imposanter Suffolk-Widder wurde dazu mit einem einheimischen Mutterschaf gekreuzt. Männliche Suffolk-Schafe sind als excellente Kreuzungs-Widder bekannt, deren Gene für feinfaseriges, mageres und wohlschmeckendes Fleisch sorgen. Dies ist deshalb notwendig, weil unsere einheimischen Schafe über Generationen vorrangig zur Wollerzeugung gezüchtet wurden, Fleischqualität war lange Zeit kein wesentliches Kriterium. Der Suffolk-Widder, ein Prachtbursche wie aus dem Bilderbuch, hilft hier der einseitigen fränkischen Schafs-Genetik ein bisserl auf die Sprünge. Gefressen haben die Tiere alleine nur Gras und Heu von ungedüngten Wiesen. Genetik, Ernährung, Schlachtalter als wesentliche Garanten für beste Qualität waren also schonmal richtig eingestellt.
Zwei dieser wunderbaren Lämmer habe ich bereits vor Ostern bekommen, die anderen beiden nun letzte Woche. Auf dem Hofgut geschlachtet und für einige Tage abgehangen wurden sie von meinem Vater meisterlich entbeint und zu Rollbraten gebunden. Aus den Knochen und den Abschnitten hat er eine intensive Soße hergestellt. Die Lammrollbraten selbst wurden in feste Beutel verschweisst und zum richtigen Zeitpunkt ihrer Fleischreife für einige Tage tiefgefroren.
Fleisch und Soße haben wir mit nach Le Mans genommen, wo wir für Audi die 24h von Le Mans catern. Das Fleisch wird hier noch kurz angebraten und dann zuerst bei 120°C und dann bei 70°C so lange im Ofen geschoben, bis es eine Kerntemperatur von gleichmäßig 52°C erreicht hat. Sämtliche Fleischteile der Lämmer (ausser den Haxen), seien es Schultern, Rücken, Flanke oder Keule, eignen sich für diese Garmethode. Das Fleisch kann vorher noch ein wenig mit einer Mischung aus Olivenöl, Rosmarin , Knoblauch, Meersalz und schwarzem Pfeffer eingerieben werden.
Falls zum Soßenkochen keine Zeit ist, funktioniert auch dieser etwas ungewöhnliche Weg:Aus den Knochen und Abschnitten wird zusammen mit viel Gemüse eine Brühe gekocht. Perlgraupen, Polenta oder CousCous werden dann mit dieser Brühe hergestellt. So bleibt der gute Geschmack erhalten und der Tierkörper wird vollständig und sinnvoll verarbeitet.
Wenn ich nun hier in Frankreich hinter meinem Buffet stehe, so kann ich mit bestem Gewissen ein Produkt anbieten, dessen Herkunft und Verarbeitungsweg mir lückenlos vertraut ist. Und schmecken tut´s auch.