Shepard Faireys berühmtestes Werk ist ein pastellfarbenes Stencil mit den Worten „HOPE“ und dem Konterfei Barack Obamas. Zunächst als einmalige Aktion gedacht, entwickelte sich das Motiv schnell zu einem der prägnantesten Bilder von Obamas Wahlsieg 2008. Inzwischen hängt es neben den bekanntesten Porträts der US-Geschichte in der Nationalen Porträtgalerie in Washington.
Das Obama-Poster hat Fairey weltberühmt gemacht, doch die Karriere des Streetart-Künstlers begann fast zwanzig Jahre zuvor – mit einer ähnlichen Idee. Es war das Gesicht des massigen Wrestlers André the Giant, das Fairey zu seinem ersten Durchbruch verhalf. Damals, 1990, studierte Fairey an der Rhode Island School of Design (RISD) in Providence. Die Sticker brachten es schnell zu einem gewissen Ruhm in Skater-Kreisen, der große Coup folgte später: Eines Nachts kletterte Fairey auf eine Reklametafel und kleisterte seinen Giganten über ein Wahlplakat des ebenso legendären wie gefürchteten Bürgermeisters „Buddy“ Cianci. Die Aktion war für ein Studienprojekt gedacht, doch die Folgen waren weitreichend: Praktisch jede Lokalzeitung griff die Story des „Vandalen“ auf – und Faireys Kunst war stadtbekannt.
Genau diese Geschichte erzählt der Film Obey the Giant von Julian Marshall. Im vergangenen Frühjahr suchte der 22-Jährige, der nicht zufällig ebenfalls an der RISD studierte und einst ein Praktikum unter Fairey absolvierte, per Kickstarter nach Unterstützern, um sein Abschlussprojekt fertigzustellen. 65.000 US-Dollar kamen zusammen.
Der 20-minütige Film ist bemerkenswert. Marshall hat sich nicht für das naheliegende Genre der Dokumentation entschieden, sondern für einen Spielfilm. Obey the Giant besticht durch seine exzellenten Schauspieler, durch ein bis in die Details ausgeklügeltes Set-Design und nicht zuletzt durch das große Talent des Regisseurs. Kaum jemand würde hinter Obey the Giant einen Studentenfilm vermuten.
Allerdings wird auch nicht jeder Studentenfilm mit so großem Aufwand produziert. An den acht Tage dauernden Dreharbeiten waren 150 Leute beteiligt. Und doch zeigt Obey the Giant, dass sich mit Hingabe und einer guten Idee auch ambitionierte Filme erstellen – und vor allem finanzieren – lassen.