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Nintendo will bei „Let’s Plays“ mitverdienen

 

Sie nennen sich Gronkh und Commander Krieger, Sarazar und PietSmiet und sie alle haben das gleiche Hobby: Videospiele spielen und gleichzeitig lustig kommentieren. Das scheint zunächst ungewöhnlich: Wieso sollte man anderen Menschen beim Spielen zusehen? Tatsächlich aber gehören die sogenannten „Let’s Plays“ zu einem der beliebtesten Formate auf YouTube. Über 800.000 Abonnenten haben die Macher von PietSmiet, sogar 1,5 Millionen sind es bei Gronkh. Damit gehören sie zu den erfolgreichsten deutschen YouTubern. Sie verdienen ihr Geld buchstäblich mit Zocken. Denn bei jedem Video bekommen sie einen Teil der Werbeeinnahmen.

Für die meisten Let’s Player spielt es keine Rolle, was sie spielen: Egoshooter und Strategiespiele, Puzzle- und Rollenspiele, alles wird angespielt. Das könnte sich nun ändern. Nintendo hat gleich mehrere Kanalbetreiber informiert, dass sie durch den Upload von Szenen aus Nintendo-Games Urheberrechtsverletzungen begehen. Doch statt die Videos löschen zu lassen, haben sich die Japaner für eine andere Lösung entschieden: Sie schalten künftig eigene Werbung vor die Videos. Mit dem Ergebnis, dass die Kanalinhaber an diesen nichts mehr verdienen können. Auch Microsoft hatte im vergangenen Herbst ähnliche Schritte angekündigt. Nun diskutiert die YouTube- und Spielerszene: Wer profitiert eigentlich am meisten von Let’s Plays?

Kritik an Content-ID

Dass Nintendo überhaupt Inhalte von YouTubern monetarisieren kann, macht das sogenannte Content-ID-System möglich. Teilnehmende Rechtinhaber können ihre Inhalte in einer Bibliothek speichern, YouTube vergleicht diese mit neu hochgeladenen Videos und informiert die Rechteinhaber, falls eine vermeintlich rechtswidrige Nutzung vorliegt. Dann gibt es drei Optionen: erlauben, löschen lassen oder mitverdienen.

Das System steht in der Kritik. Immer wieder werden Videos fälschlicherweise gesperrt. Sei es, weil das System Inhalte falsch erkennt, oder weil Dritte falsche Ansprüche geltend machen. Das musste etwa die Nasa erfahren, als Unternehmen plötzlich die Rechte an den Aufnahmen der Marssonde Rover Curiosity einforderten.

Im Fall von Nintendo scheint der Fall zumindest aus technischer Sicht eindeutig. Let’s Plays bestehen ausschließlich aus langen, abgefilmten Spielszenen, nicht selten zeigen die Kanäle die kompletten Spiele über mehrere Episoden hinweg. Deshalb greift in diesem Fall eine Fair-Use-Regel nicht. Doch sind sie deshalb mit Filmen zu vergleichen, die unerlaubt aufgeführt werden?

Nein, sagt Zach Scott. Der Amerikaner, dessen YouTube-Kanal knapp 70 Millionen Abrufe hat, hatte die Entscheidung jüngst in Beiträgen auf Facebook und Reddit öffentlich gemacht. Erste Nachrichten an Kanalbetreiber hatte Nintendo aber bereits im März verschickt und seitdem wurden die Entwicklungen auch in der deutschen Let’s-Play-Szene diskutiert.

Von Let’s Plays profitieren Spieler und Studios

Für Scott – und die meisten anderen Let’s Player – ist die Sache klar: Die Videos stellen keinen unerlaubten Trailer dar, sondern ein subjektives Spielerlebnis. Wenn 1,4 Millionen Menschen innerhalb von vier Tagen Gronkh bei seiner 1000. Folge Minecraft zuschauen, dann nicht, weil sie Szenen aus dem Spiel sehen möchten. Sie kommen des Kommentars wegen. Bis ein Spieler erst einmal in den Bereich kommt, in dem er mit den Werbeeinnahmen Geld verdient, vergehen nicht selten Jahre der Community-Pflege.

Gleichzeitig können auch die Spielestudios von Let’s Plays profitieren: Kaum ein Spieler wird ein Spiel, das ihn interessiert, nicht kaufen, nur weil er Szenen bereits in einem Let’s Play gesehen hat. Stattdessen, so Scott, möchten viele Zuschauer anschließend selbst das Spiel für sich erleben. Als Gronkh im vergangenen Jahr das fünf Jahre alte Adventure Edna bricht aus durchspielte, war die Hamburger Spieleschmiede Daedalic quasi über Nacht um einiges bekannter. Viele Spieleentwickler und Publisher erlauben den YouTubern deshalb die Aufnahmen, einige liefern ihnen sogar kostenlos Vorabexemplare neuer Titel.

Die YouTuber wollen Nintendo boykottieren

Kurioserweise möchte auch Nintendo offenbar nicht auf diese Art der Berichterstattung verzichten, sondern lediglich daran mitverdienen. „Wir möchten auch weiterhin, dass Fans Nintendo-Inhalte auf YouTube mit anderen teilen“, heißt es in der Stellungnahme des Unternehmens, aber eben „auf eine angemessene Art“.

Die Spieler sehen das anders. Viele Let’s Player haben angekündigt, in Zukunft keine Nintendo-Titel mehr spielen zu wollen. Nicht nur, weil sie an den Videos nichts mehr verdienen. Es kratzt auch an der Authentizität der Kanäle, wenn die Entwickler eigene Werbung über die Besprechungen ihrer Spiele legen können. Und was passiert eigentlich, wenn ein Let’s Play einmal nicht positiv ausfällt? Gut möglich, dass Nintendo dann zur zweiten Option greift und die Inhalte kurzerhand löschen lässt.

 

Jenn Frank schreibt auf Gameranx, dass Nintendo nie gelernt habe, „den Spielern zu vertrauen“. Der Angriff auf die Let’s-Play-Szene ist ein gewagter Schritt, der für das Unternehmen, das im zweiten Jahr in Folge Verluste einfährt, nach hinten losgehen könnte.