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„Inside Jaws“: Jäger der verlorenen Filmszenen

 

"Inside Jaws"

Dun-dun, dun-dun, dun-dun-dun-dun-dun-dun-dun, da-na-na … na, erkannt? Jetzt aber. Die Titelmelodie von Steven Spielbergs Der Weiße Hai aus dem Jahr 1975 gehört schließlich zu den bekanntesten Tonfolgen der Filmgeschichte. Weniger bekannt ist dagegen die turbulente Entstehungsgeschichte des Klassikers. Etwa die Rivalität der Hauptdarsteller Robert Shaw und Richard Dreyfuss am Set. Glücklicherweise gibt es Filmfans wie Jamie Benning. Der Brite sammelt seit einigen Jahren seltene Interviews, Audios und gelöschte Szenen seiner Lieblingsfilme und schneidet sie neu zusammen. Für seine neuste Arbeit Inside Jaws ist Benning tief die Historie des Weißen Hais eingetaucht.

„Filmumentary“ nennt Benning seine Arbeiten, die einen Zwitter aus Dokumentation, Making-Of und Audiokommentar darstellen. Anders als klassische Dokumentarfilme enthalten Bennings Werke keine selbstgedrehten Aufnahmen, keine Rahmenerzählung oder wertende Kommentare. Stattdessen nimmt Benning die Originalfilme und reichert sie mit dem gefundenen Material an. Benning sieht sich als Fan und Sammler und nicht als Filmemacher. Man könnte ihn aber auch einen Remixer nennen, der aus bestehendem Material eine neue, informative Erfahrung bastelt – und das nicht nur für die Hardcore-Filmfans.

Es begann mit Star Wars

Die Idee für dieses Format hatte Benning erstmals 2006. Er befand, dass die Audiokommentare auf den DVDs der Star-Wars-Trilogie zu klinisch seien und fragte sich, ob es nicht eine Möglichkeit gäbe, das zahlreiche Extramaterial besser aufzubereiten. Er begann zu sammeln. Monatelang studierte er Bücher, Internetforen, Archive und unterschiedliche DVD-Versionen, ordnete das Material und stellte Verknüpfungen her. Am Ende hatte er den Film Building Empire fertig, seine persönliche Hommage an Das Imperium schlägt zurück.

Zigtausende Klicks auf YouTube und das größtenteils positive Feedback hartgesottener Star-Wars-Fans animierten Benning dazu, das Projekt fortzusetzen. 2008 und 2011 komplettierten Returning to Jedi und Star Wars Begins die Original-Trilogie der Filmumentaries.

2012 betrat Benning mit seiner Indiana-Jones-Filmumentary Raiding the Lost Ark neues Gebiet. Statt sich nur auf bereits verfügbares Material zu stützen und dieses neu anzuordnen, ging er erstmals selbst auf die Macher zu. Er schrieb Personen an, die bei den Dreharbeiten beteiligt waren, führte Interviews über Skype und brachte somit neue Informationen zutage. Warfen ihm bei Star Wars noch einige Kritiker vor, er verwurste bloß die Arbeit von anderen, konnte sich Benning nun als akribischer Filmforscher etablieren.

Das Projekt lebt vom Austausch mit anderen Fans

Trotzdem sieht sich Benning nicht als professioneller Filmemacher. Zwar habe er Medienproduktion studiert und einige Jahre beim Fernsehen gearbeitet, zum Filmen sei aber erst mit dem Projekt gekommen, sagt er. Bis heute sind die Filmumentaries bloß ein Hobby für den Familienvater. Ein zeitraubendes Hobby: 16 Monate lang war er mit der Produktion von Inside Jaws beschäftigt.

Doch darum geht es gar nicht. Benning schätzt vor allem den Austausch mit anderen Fans auf Twitter, Vimeo und Facebook. Schon Raiding the Lost Ark war ein kollaboratives Projekt, wie Benning in einem Interview erzählt. Nicht nur traten viele Filmfans an ihn heran und versorgten ihn mit exklusivem Material von der Entstehung des Films. Viele boten ihn auch gleich Hilfe an. So bekam die Filmumentary erstmals ein eigenes Artwork mit Postern und Postkarten.

Geld verdient Benning mit seinen Arbeiten nicht. Denn urheberrechtlich bewegt er sich in einer gefährlichen Grauzone. Eine einzige Mail der Rechteinhaber könnte die Arbeit mehrerer Monate zunichte machen. Bis jetzt haben sich die Unternehmen von George Lucas und Steven Spielberg noch nicht direkt gemeldet, auch wenn Benning die Star-Wars-Episoden auf Bitten von 20th Century Fox inzwischen von YouTube nehmen musste. Allerdings schrieb ihm ein anonymer Mitarbeiter von George Lucas Unternehmen ILM vor einigen Jahren eine E-Mail: Er und seine Kollegen fanden die Star-Wars-Filmumentary schlicht großartig.