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Netzfilm der Woche: „WIND“

 

Im animierten Kurzfilm WIND des Berliner Animationsfilmers Robert Löbel bestimmt der Wind das Leben der Menschen. Die scheinen sich mit der stetig steifen Brise im Gesicht abgefunden zu haben. Mit einer Mischung aus Desinteresse und Langeweile gehen sie ihrem Alltag nach und hinterfragen nicht, woher der Wind eigentlich kommt. Denn dahinter steckt nicht etwa die Natur, sondern ein tieferes Geheimnis.

Im Interview erklärt Löbel die Idee hinter WIND und wieso er sich auf die Online-Veröffentlichung gefreut hat.

ZEIT ONLINE: Wo und wann ist der Film entstanden?

Robert Löbel: WIND ist im Rahmen meines Diplomsemesters im letzten Jahr an der HAW Hamburg entstanden. Die Idee dafür hatte ich schon länger im Kopf. Es hat aber vier bis fünf Monate gedauert, bis ich mich entschlossen habe, diese Idee umzusetzen. Das Schlimme ist, dass man in diesem Zeitraum nicht wirklich sieht, was man erarbeitet hat. Wenn ich ein Möbelstück aufbaue, sehe ich den Erfolg sofort. Beim Ausdenken von Geschichten muss man darauf vertrauen, dass sie am Ende irgendjemand gut findet.

ZEIT ONLINE: Hatten Sie von Anfang an geplant, den Film nach dem Festival-Run ins Netz zu stellen?

Löbel: Festivals sind toll und ich bin überglücklich, dass mein Film so gut ankommt. Einige Festivals legen großen Wert darauf, dass der Film noch nicht online verfügbar ist. Exklusivität ist ein großer Werbefaktor und zieht die Leute ins Kino. Jedoch erreicht man dadurch nur ein gewisses Spartenpublikum. Die große Masse findet man heutzutage im Netz. Und da WIND mein erster eigenkonzipierter Film ist, konnte ich es kaum erwarten zu sehen, wie er im Internet aufgenommen wird.

ZEIT ONLINE: Hatten Sie sich für die Online-Veröffentlichung informiert, den Film etwa vorab an bestimmte Blogs geschickt oder ihn einfach nur hochgeladen und gewartet?

Löbel: Ich habe mich nicht direkt informiert, eher die Tools genutzt, die ich vorher schon kannte. Eine große Hilfe war natürlich die achtmonatige Festivaltour, und auf Vimeo gab es vorab bereits einen Trailer. Nachdem ich den Film hochgeladen hatte, kamen die Social Networks ins Spiel. Freunde, Bekannte, Studienkollegen und Festivals haben den Film sofort geteilt – die Welle kam ziemlich schnell ins Rollen.

ZEIT ONLINE: Der Film hat trotz des Humors eine ernste, durchaus kulturkritische Message. Wie kamen Sie auf die Idee?

Löbel: Den ersten Impuls bekam ich während einer Architekturvorlesung an der TU Berlin. In der Vorlesung ging es um informelle Siedlungen und deren Strukturen und Lebensweisen. Interessant fand ich, wie die ärmste Bevölkerung der Welt es schafft, an menschenunwürdigen Orten zu überleben. Es gelingt, weil es leider ihr Alltag geworden ist. Sie müssen mit den Widrigkeiten umgehen.

ZEIT ONLINE: Wie die Menschen in WIND?

Löbel: Wenn ich dies nun übertrage und frage, wie leben wir in der zivilisierten Gesellschaft, fällt mir auf, dass wir uns an einen digitalisierten und mechanisierten Alltag gewöhnt haben. Alles läuft seine geregelten Bahnen, so wie der Wind in meinem Film ständig weht. Die Bevölkerung im Film denkt, der Wind sei natürlich, womöglich kennen sie gar nichts anderes. Sie hinterfragen es nicht mehr und machen das Beste daraus. Bis das gewohnte Umfeld ihnen plötzlich unter den Füßen weggerissen wird.