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Auf einen Kaffee mit Jerry Seinfeld

 

Jerry Seinfeld (r.) mit Ricky Gervais (© Crackle)
Jerry Seinfeld (r.) mit Ricky Gervais (© Crackle)

Zwei Wochen lang spekulierten die Fans der Kultsitcom Seinfeld auf ein mögliches Comeback. Im Januar tauchten auf Twitter Bilder auf, die zeigten, wie Jerry Seinfeld und sein früherer Co-Star Jason Alexander ein geheimes Projekt in New York filmten. Nun ist bekannt, was dahinter steckt: Seinfeld und Alexander drehten passend zum Super Bowl eine Sonderepisode der Webserie Comedians in Cars Getting Coffee. Für die Abrufzahlen der Serie dürfte der Ausflug in die Vergangenheit ein Erfolg gewesen sein. Die Aktion zeigt gleichzeitig auch, dass es Seinfeld ernst meint mit seinem kleinen Online-Projekt.

Das war zur Beginn nicht abzusehen. Als Comedians in Cars Getting Coffee im Jahr 2012 erstmals erschien, glaubten viele bloß an ein einmaliges Experiment – Seinfeld inklusive. „Die Absicht war, ein paar dieser kleinen albernen Dinger zu drehen“, sagte Seinfeld dem Onlinemagazin TheWrap. Doch seit kurzem läuft die dritte Staffel, die Serie gewann einen Webby-Award und wurde im vergangenen Jahr sogar für einen Emmy nominiert. 25 Millionen Abrufe zählt die Serie inzwischen.

Worum es geht, verrät schon der Titel: In jeder Folge besucht der Autoliebhaber Jerry Seinfeld einen bekannten Comedian. In möglichst alten und ausgefallenen Autos geht es anschließend in ein Café oder Restaurant. Bekannte Namen wie Ricky Gervais, Alec Baldwin, Tina Fey und David Letterman nahmen bereits auf Seinfelds Beifahrersitz Platz, wobei zuletzt die geringe Frauenquote in der Kritik stand. Wie Seinfeld, hat auch Comedians in Cars Getting Coffee keine wirkliche Handlung. Für die Unterhaltung sorgen die entspannten Gespräche der Protagonisten – und die ein oder andere Autopanne.

Es geht auch ohne YouTube

Sowohl das Format als auch die Umsetzung sind interessant. Zum einen zeigt die Serie einmal mehr, dass Inhalte im Netz nicht den traditionellen TV-Strukturen entsprechen müssen. Die Folgen variieren zwischen sieben und 23 Minuten – selbst für eine Webserie ist das eine große Spanne. Wie Seinfeld sagt, sei es genau diese Freiheit, die ihn für das Medium begeistert hatte. Die Möglichkeit, Inhalte auf den Kern und die Aufmerksamkeitsspanne der Zuschauer hin zu schneiden. „Ich könnte mir das Format nicht im TV vorstellen“, sagt Seinfeld, „es ist eher etwas, dass man sich auf dem Smartphone ansieht.“

Zum anderen beweist Comedians in Cars Getting Coffee etwas, das trotz vieler Gegenbeispiele oft übersehen wird: Selbstproduzierte Webserien können auch ohne YouTube funktionieren. Die Serie läuft nämlich exklusiv auf der eigenen Website und dem Videoportal Crackle. Die Sony-Tochter hat sich auf Originalinhalte spezialisiert, konnte aber in der Vergangenheit kaum auf sich aufmerksam machen. Das änderte sich dank Seinfelds Show.

Die potenziell geringere Viralität im Vergleich zu YouTube gleichen Seinfeld und Crackle durch die stärkere Kontrolle über ihre Inhalte aus. Das funktioniert, weil Comedians in Cars Getting Coffee weder auf Pre-Roll-Ads noch auf Bannerwerbung angewiesen ist. Die Serie finanziert sich primär durch Produktplacement einer Automarke – das bisweilen witzig in die Episoden eingebunden ist. Etwa wenn zufällig ein Auto mit einem „Product Placement“ Schild in der Scheibe vorbeifährt. Da es unter den Videos keine Kommentare gibt, findet die Interaktion mit den Fans auf Facebook statt, wo immer wieder zusätzliche kleine Clips und Informationen veröffentlicht werden.

Comedy boomt im Netz

Vor allem aber führt Seinfeld mit seiner Serie einen Trend weiter. Comedy gehört im Webvideobereich zu einem der umsatzstärksten und beliebtesten Genres. Und Während seit einigen Jahren auf YouTube mit Smosh, Grace Helbig oder Ray William Johnson eine neue Generation von Web-Comedy-Stars herangewachsen ist, ist das Netz inzwischen auch für immer mehr etablierte TV-Comedians eine attraktive Alternative.

Louis CK etwa veröffentlicht seine Arbeiten inzwischen über seine Website. Sarah Silverman ist an dem Comedy-Kanal JASH beteiligt. Talkshowhost Jay Leno hat eine Autoshow auf YouTube. Und Jack Black produziert für Yahoo die Comedy-Serie Ghost Ghirls.

Der Erfolg von Seinfelds Webserie könnte nun weitere Kollegen inspirieren, den Weg vom großen Bildschirm ins Netz zu wagen. Auch wenn der Erfolg nicht garantiert ist. Denn trotz der einfachen Idee und Umsetzung, ist Comedians in Cars Getting Coffee natürlich von seinem populären Gastgeber abhängig, die Serie qualitativ hochwertig produziert und auch ein lukratives Sponsoring dürfte nicht jedem in die Hände fallen.

Dennoch zahlt sich die Experimentierfreudigkeit aus. Vor allem auf längere Sicht, glaubt Seinfeld: „Ich denke nicht, dass es noch allzu lange dauert, bis alle Bildschirme gleich sind“, sagt Seinfeld, „und wenn es soweit ist, habe ich meinen eigenen kleinen Platz darin.“ Und das obwohl er eigentlich nichts weiter tut, als Kaffee zu holen.