Als Twitter im Januar des vergangenen Jahres den Kurzvideodienst Vine vorstellte, durfte man schon etwas skeptisch sein: Sechs Sekunden lange Videos? Taugt das nicht nur für Quatsch, Bewegtbilder von Mahlzeiten oder, nun ja, Pornos? Inzwischen sind wir schlauer: Mit Vine hat Twitter nicht nur eine nette Spielerei angestoßen. Der Dienst ist inzwischen ein eigenes soziales Netzwerk. Die kurzen Clips locken immer mehr kreative Filmemacher an.
Als eine der ersten traditionellen Institutionen hat das Tribeca Filmfestival das Potenzial erkannt. Der #6secfilms Wettbewerb kürte nur drei Monate nach der Veröffentlichung der App die besten Vines. Auch in diesem Jahr können Vine-Nutzer noch bis Ende März ihre Werke mit dem entsprechenden Hashtag auf Twitter einreichen. Die Gewinner werden am 15. April im Rahmen des Festivals in New York bekanntgegeben.
Einschränkung macht kreativ
Der Erfolg von Vine liegt in der Beschränkung der Videos, die gleichzeitig ein Alleinstellungsmerkmal ist: Weiterhin dürfen die Videos nur maximal sechs Sekunden lang sein. Die Möglichkeit, die sechs Sekunden nicht am Stück, sondern per Knopfdruck nacheinander aufzunehmen, ersetzt dabei den mühsamen Schnitt. Somit lassen sich auch in sechs Sekunden kurze Geschichten erzählen. Die enge Anbindung an Twitter sorgt anschließend für die entsprechende Verbreitung, auch wenn Vine seit Ende des vergangenen Jahres stärker auf eigene Profilseiten setzt und ein eigenes Netzwerk bildet.
Im August zählte Vine nach eigenen Angaben 40 Millionen registrierte Nutzer. Inzwischen dürften es durch die Android- und Windows-Phone-Versionen noch einmal mehr sein. Doch der Social-Video-Markt ist umkämpft. Facebooks Instagram führte vergangenen Sommer ebenfalls eine Kurzvideofunktion ein, woraufhin die Zahl der Vines auf Twitter zurückging. Dazu kommen Dienste wie Snapchat, die inzwischen immer größere Teile des mobilen Videomarktes dominieren.
Doch wo Snapchat private Kurzvideos zwischen vertrauten Personen ermöglicht und Instagram größtenteils von alltäglichen Schnappschüssen lebt, gibt es auf Vine inzwischen eine Diversifizierung der Inhalte. Wie auch auf YouTube haben die kreativen Köpfe erkannt, dass sie mit den kurzen Videos eigene Marken aufbauen können. Die folgende Auswahl bekannter Vine-Nutzer zeigt, wie vielfältig die kurzen Clips inzwischen genutzt werden.
Der Trickser
Zach King ist eigentlich unter dem Namen Final Cut King im Netz unterwegs. Er verdient sein Geld mit Spezialeffekten. Auch für seine Vines greift King gerne in die Trickkiste: Mit optischen Illusionen und einfachen Kameratricks hat er bis in die Talkshow von Ellen DeGeneres geschafft.
(den Ton bitte im jeweiligen Vine aktivieren)
Der Animator
Als einer der ersten hat Ian Padgham das neue Videoformat zu seinem Beruf gemacht. Wie seine Kollegen Pinot, Khoa und Jethro Ames hat er sich auf Stop-Motion-Animationen auf Vine spezialisiert und dafür sogar seinen Job in einer Agentur aufgegeben. Bis zu 10.000 US-Dollar bekommt er heute nach eigenen Angaben für Aufträge von Unternehmen. Oder für Musikvideos:
Das Unternehmen
Apropos Unternehmen: Viele nutzen Vine inzwischen, doch nur wenigen gelingt es so gut wie dem amerikanischen Mischkonzern General Electric (GE). Nicht nur engagiert GE talentierte Vine-Nutzer für den eigenen Kanal. Mit der 6-Second-Science-Fair verbindet der Konzern die kurzen Clips mit Wissenschaft und Technik.
Der Prankster
Pranks ist das englische Wort für Streiche. Was auf YouTube längst boomt, funktioniert auch in Kurzform. Logan Paul, ein Student aus Ohio, hat es mit seinen Pranks in der Öffentlichkeit inzwischen auf 3,3 Millionen Follower gebracht.
Die Künstlerin
Ein bisschen Kunst, ein bisschen Mode, gerne in Weiß oder Pastellfarben: So experimentiert die New Yorker Fotografin Meagan Cignoli auf Vine.
Der Schauspieler
Tyra Banks, Ellen deGeneres, Kat Dennings: Viele prominente Schauspieler und Moderatoren sind auf Vine. Doch nur wenige nutzen die Plattform so konsequent wie Adam Goldberg. Der Schauspieler (Der Soldat James Ryan) gehört zu den Vine-Nutzern der ersten Stunde und erinnert mit seinen Vines an sehr kurze Kurzfilme.
Die Teenie-Stars
Nicht nur YouTube-Stars sorgen regelmäßig für Chaos. Auch Nash Grier und Jerome Jarre, zwei der erfolgreichsten Vine-Nutzer, wurden kürzlich in Reykjavik von ihren Fans buchstäblich überrannt. Ganz so weit sind Jack & Jack noch nicht, doch mit 2,3 Millionen Followern sind sie auf einem guten Weg.
Das Meme
Auch wenn der sein Müsli verweigernde Ryan Gosling sehr erfolgreich war, das Vine-Meme des vergangenen Jahres war Batdad: Mit Batman-Maske und tiefer Stimme versucht der Familienvater seine Kinder zu erziehen – und hat es damit zu einem viralen Hit gebracht.
Der YouTuber
Der Rapper und Comedian DeStorm gehört zu den aufstrebenden YouTube-Stars. Seine Mischung aus Musik und kurzen Sketchen funktioniert aber auch auf Vine.
Die Vloggerin
Beim sogenannten Vlogging stehen einzelne Personen vor der Kamera und erzählen aus ihrem Alltag. Brittany Furlan verkürzt dieses Konzept auf sechs Sekunden.