Um einen Kurzfilm für 50 britische Pfund zu drehen, muss man als Filmemacher schon extrem abgehärtet sein. Oder einfach etwas Zeit zwischen zwei Projekten übrig haben und sich vom singenden und twitternden Astronauten Chris Hadfield inspirieren lassen. Genau das hat der junge englische Regisseur Ben Aston für seinen Kurzfilm Russian Roulette getan.
Roulette ist auch gleich das Stichwort, denn es geht um Chat Roulette, die Website, die vor einigen Jahren mit ihrem Prinzip der rotierenden Gesprächspartner einen kurzen Hype entfachte, anschließend aber vor allem von nackten, masturbierenden Männern heimgesucht wurde.
Auch die junge Protagonistin Lucy kennt die Freaks auf der Plattform und nutzt sie trotzdem, schließlich könnte sich hinter der nächsten Webcam ja der Traumkerl verstecken. Und tatsächlich erscheint plötzlich Yergey auf dem Bildschirm, der mit russischem Akzent als alleiniger Ingenieur eines Weltraumteleskops im All steckt und ähnlich einsam ist wie Lucy. Ein perfektes Match – oder nicht?
Der Low-Budget-Dreh, den Aston in einem Behind-the-Scenes ganz wunderbar entwaffnend beschreibt, macht den Charme von Russian Roulette aus. Die Story ist simpel und doch clever: Die kleinen, netzkulturellen Referenzen sitzen, das Gefühl, das die beiden Hauptdarsteller erleben, kennt wohl jeder, der schon einmal Online-Dating ausprobiert hat. Und zum Schluss gibt es noch eine herrliche Pointe.
Das befand auch die Jury von Sundance London, die den Film in diesem Jahr in der Kurzfilm-Kategorie prämierte und damit bestätigte: Gute Kurzfilme brauchen kein großes Budget. Eine smarte Idee, sympathische Darsteller und etwas Pappkarton aus dem Baumarkt als Requisite tun es auch.
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