Es gibt mal wieder Ärger in den amerikanischen Kinos. Der Grund sind nicht zu teure Eintrittskarten oder labbriges Popcorn, sondern die Streaming-Dienste, genau genommen Netflix. Das Unternehmen hatte unlängst bekannt gegeben, dass man sich mit dem unabhängigen Filmstudio Weinstein Company auf einen besonderen Deal geeinigt hätte: Im August 2015 erscheint der Nachfolger von Crouching Tiger, Hidden Dragon, Ang Lees preisgekröntem Wuxia-Film aus dem Jahr 2000. Und zwar nicht nur im Kino, sondern am gleichen Tag auch auf Netflix.
Crouching Tiger, Hidden Dragon: The Green Legend, so der komplette Titel, soll einer von mehreren kommenden Spielfilmen sein, die Netflix zeitgleich mit dem Kinostart in sein Angebot aufnimmt. Das ist eine mittelgroße Sache, denn die klassische Wertschöpfungskette sieht das eigentlich nicht vor. Filme von großen Studios und mit einem großen Budget kommen erst ins Kino, dann auf Blu-Ray und dann, irgendwann, darf auch ein VoD-Dienst um die Rechte buhlen.
Netflix umgeht dieses, viele sagen veraltete Modell der unterschiedlichen Veröffentlichungsfenster bewusst. Ähnlich wie es der Dienst mit TV-Serien und Dokumentationen bereits versucht und sich mit der Veröffentlichung seiner eigenen Serien gegen die traditionelle lineare Ausstrahlung widersetzt. Dass sich die größeren Filmstudios langsam den Online-Diensten öffnen, zeigte zu Beginn des Jahres der Fall von Veronica Mars. Der per Crowdfunding finanzierte Film erschien per Video-on-Demand und lief trotzdem in über 270 ausgewählten Kinos.
Zwei Kinoketten wollen den Film nicht zeigen
Es hätten mehr sein können, doch die Kinobetreiber sind hartnäckiger. Verständlich, schließlich ist es ihnen im Gegensatz zu den Studios nicht egal, ob die Menschen den Film zuhause oder im Kino gucken. Die beiden großen Kinoketten Regal Cinemas und Cinemark haben deshalb bereits angekündigt, das Sequel von Crouching Tiger, Hidden Dragon nicht in ihren Sälen zu zeigen (ebensowenig wie Veronica Mars): „Wir nehmen an keinem Experiment teil, an dem man das Produkt auf einem drei Zoll großen Bildschirm ansehen kann“, sagt ein Sprecher von Regal der New York Times.
Es ist ein Zitat, das die elitäre Einstellung der Kinobetreiber entblößt. Statt auf den Medienwandel zu reagieren, wird darüber entschieden, auf welcher Leinwandgröße die Filmfans gefälligst die Inhalte zu gucken haben. Streaming-Dienste? Nichts als Experimente.
Ob sich diese Einstellung rechnet, bleibt abzuwarten. Netflix und die Weinstein Company haben jedenfalls einen Vertrag mit Imax abgeschlossen. Das System wird in den USA wiederum vor allem in Kinos eingesetzt, die von den oben genannten beiden Ketten betrieben werden. Eigentlich darf Imax bestimmen, welche Filme auf ihrem System gezeigt werden, doch im Fall von Crouching Tiger, Hidden Dragon habe man die Rechte abgegeben, sagt ein Imax-Sprecher. Was das für den Film bedeutet, ist unklar. Für Veronica Mars hatte Warner komplette Kinos vorab angemietet.
Aber vielleicht will nächsten Sommer ohnehin niemand den Film mehr im Kino sehen. Mehr als 30 Millionen Netflix-Abonnenten in den USA sind schließlich auch ein großes Publikum. Und einige von ihnen haben bestimmt auch Bildschirme, die größer sind als drei Zoll.