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Netzfilm der Woche: „La Carnada“

 

© Josh Soskin
© Josh Soskin

Durchschnittlich sechseinhalb Meter hoch ist der Zaun, der weite Strecken der Grenze zwischen Mexiko und den USA befestigt. Seine Länge ist beachtlich, sein Nutzen dagegen umstritten. Etwa 5.000 Menschen starben seit dem Jahr 2000 während ihres Versuchs, diese Grenze zu überwinden. Ein paar von ihnen waren Drogenschmuggler aus Mexiko im Dienst der Kartelle, die meisten Migranten, die auf dem Weg durch die Wüste verdursteten oder im Rio Grande ertranken.

Der amerikanische Filmemacher Josh Soskin greift den Drogen- und Grenzkonflikt in seinem Kurzfilm La Carnada auf. Im Mittelpunkt steht der 13-jährige Mexikaner Manny. Als seine große Schwester mit den letzten Ersparnissen der Familie abhaut und seiner Mutter die Medikamente ausgehen, sucht Manny nach Arbeit – und findet sie ausgerechnet bei einem zwielichtigen Freund der Familie. Der schickt Manny auf den Weg: durch ein Loch im Grenzzaun in die USA. Nur eine kleine Bestellung abliefern, sagt er. Einfach verdientes Geld.

La Carnada lohnt aus zweierlei Gründen. Zum einen besticht der per Crowdfunding finanzierte Film durch seine Bilder. Obwohl Soskin und sein Team auf einer gewöhnlichen Spiegelreflexkamera (wer’s genau wissen möchte: eine Canon 5D Mark III) filmten und die Körnigkeit in der Post-Produktion hinzufügten, ist die Qualität beeindruckend. Die Szenen aus Tijuana und der Wüste sowie die schauspielerische Leistung ließen auf ein höheres Budget schließen, als Soskin tatsächlich zur Verfügung hatte.

Zum anderen überzeugt La Carnada erzählerisch. In den zwölf Minuten gelingt es den Machern, sowohl die Geschichte von Manny und seiner offensichtlich zerrütteten Familie zu erzählen, als auch einen spannenden Plot aufzuziehen: Mannys Trip durch die Wüste wird mit jeder Minute beklemmender, sein Schicksal bleibt ungewiss bis zum überraschenden Ende.