Bilder von der Titanic, die Tragödie der Hindenburg, Interviews mit Marylin Monroe und Originalaufnahmen aus den beiden Weltkriegen: Das gibt es ab heute auch auf YouTube. Gemeinsam mit dem deutschen Multi-Channel-Netzwerk Mediakraft stellt das British Pathé Archiv seine gesamte Sammlung historischer Aufnahmen auf die Plattform: Insgesamt handelt es sich dabei um rund 80.000 Videos mit 3.500 Stunden Gesamtlaufzeit.
Das Pathé Archiv wurde ursprünglich als Pathé News vom französischen Filmpionier Charles Pathé gegründet und produzierte ab 1910 Wochenschauen für die Kinos, kurze Nachrichtenüberblicke aus dem Weltgeschehen. 1933 erwarb eine britische Filmgesellschaft die Rechte, später gehörte das Archiv unter anderem zu Warner und EMI. Seit 2009 ist British Pathé wieder eigenständig und vertreibt seine Archivaufnahmen über die eigene Website und an exklusive Partner wie den britischen Guardian.
Jetzt sollen diese Aufnahmen einem größeren Publikum vorgestellt werden. Mit den Videos sollen Studenten, Dozenten, Lehrer oder Journalisten die Möglichkeit haben, die geschichtsträchtigen Aufnahmen zu sichten und weiter zu verbreiten, heißt es. „Wir glauben fest daran, dass die Welt von heute und künftige Generationen in großem Maße davon profitieren können, aus der Vergangenheit zu lernen“, sagt der Mediakraft-CEO Spartacus Olsson.
Schon jetzt gibt es die Videos auf der Website von British Pathé – allerdings nur als Preview-Version mit entsprechendem Hinweis. Auf YouTube gibt es diese Hinweise nicht. „Die Zuschauer können die Videos ansehen, teilen und auch auf anderen Webseiten einbetten“, heißt es in der Pressemitteilung. Das bedeutet aber nicht, dass die Aufnahmen deshalb frei verfügbar sind, also etwa Szenen von anderen YouTubern in ihre Beiträge aufgenommen werden dürfen. Mediakraft unterstütze British Pathé beim Rights Management, sagt ein Sprecher des Netzwerks.
Eigene Produktionen geplant
Zwar haben die Aufnahmen durch ihre Exklusivität ein gewisses Alleinstellungsmerkmal auf der Plattform. Doch sowohl Mediakraft als auch British Pathé dürfte es kaum darum gehen, bloß einen Service zu bieten.
Tatsächlich planen beide Unternehmen, zusätzliche Inhalte und Formate um die Archivaufnahmen herum zu produzieren. Dazu gehört offenbar ein langjähriges Projekt, das sich mit dem 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegs decken soll. Jeweils einmal pro Woche und für die kommenden vier Jahre soll in einer Sendung ein Moderator die Aufnahmen aus den Jahren 1914 bis 1918 analog zum damaligen Geschehen neu aufbereiten und in einen historischen Kontext setzen. Das berichtet jedenfalls die Website VideoInk. Auf Nachfrage von ZEIT ONLINE bestätigte Mediakraft diese Pläne. Der Starttermin wird vermutlich „nah am Datum des tatsächlichen Kriegsbeginns“ liegen, was ungefähr Ende Juli sein dürfte.
Die Idee ist spannend, zeigt sie doch zwei Entwicklungen: Zum einen öffnen sich renommierte Archive wie eben British Pathé zunehmend den neuen Medien. Statt die Archivaufnahmen lediglich einem kleinen Kreis aus Universitäten und Medienhäusern anzubieten, glauben sie an den Nutzen für ein weltweites Publikum.
Zum anderen könnten die geplanten Projekte zeigen, wie sich aus vermeintlich angestaubtem Material neue Formate schaffen lassen: Bis jetzt gibt es kaum eigene YouTube-Inhalte, die auf dieser Form der Geschichtsvermittlung basieren. Möglicherweise auch, weil bis jetzt noch kein Archiv mit einem dezidierten YouTube-Netzwerk zusammengearbeitet hat.
In jedem Fall profitieren die Nutzer: Nun können sie auf der bekanntesten Videoplattform der Welt nun auch viele der bekanntesten Aufnahmen der Weltgeschichte finden. Und zur Not gibt es in den Archiven auch Videos, die den Geschmack des Internets treffen: Hunde im Hochzeitskleid zum Beispiel.