Die Regierung Birmas hat angekündigt, demnächst Tausende Gefangene freizulassen. Es sind zaghaft gute Nachrichten aus einem Land, das zwischen 1962 und 2010 unter Militärherrschaft stand und noch immer zu den strengsten Diktaturen weltweit zählt. Neben der Einschränkung von Freiheitsrechten, strenger Propaganda- und Zensurpolitik leidet die Bevölkerung Birmas auch unter anderen, alltäglicheren Problemen. Benzin wird vonseiten der Regierung noch immer stark rationiert, SIM-Karten gelten unter den Bewohnern als exklusive Geldanlage (da sicherer als die staatlichen Banken), und eine einfache Übernachtung bei Freunden muss teilweise offiziell abgesegnet werden – all das sind Kuriositäten, denen die Macher der 30-minütigen Dokumentation Happy World während ihres Besuches begegneten.
Tatsächlich war es eine dieser vielen Absurditäten, das „Museum der Drogenbekämpfung“, das den französischen Blogger Tristan Mendès inspirierte, Birma zu besuchen. Gemeinsam mit dem Kameramann Gaël Bordier machte er sich, noch vor den ersten freien Wahlen, als Tourist getarnt auf die Reise. Herausgekommen ist mit Happy World eine Doku, die auf der Idee des Hypervideos basiert: Wer den Film auf der Website ansieht, bekommt Links und andere weiterführende Inhalte zum jeweiligen Aspekt angezeigt. Happy World ist damit kein statischer Film, sondern verbindet unterschiedliche Informationsformen sehr dynamisch – dank HTML5 auch auf dem iPad oder Smartphone.
Mendès nähert sich den Auswüchsen der Diktatur mit einer Mischung aus Neugier und Unverständnis. Das mag zunächst naiv wirken, entfaltet aber zunehmend seine Wirkung, eben weil die Herangehensweise nicht den Erwartungen der klassischen Dokumentation entspricht. Denn auch wenn Happy World, anders als die Oscar-nominierte Dokumentation Burma VJ, keine Bilder von den Unruhen im Land zeigt, täuschen die vermeintlich heitere Aufmachung des Films und seine Animationen nicht über den Ernst des Themas hinweg.
Die Zwickmühle, in der sich die beiden Macher während des Drehs befanden, wird im Making-of deutlich. Während der Aufnahmen musste Mendès eine fröhliche Miene aufsetzen, um den überall anwesenden Polizisten nicht als Journalist aufzufallen. Ähnlich wie die Bevölkerung Birmas mussten die Filmemacher sich mit den teils bizarren Gegebenheiten des Landes arrangieren. So ist Happy World auf seine eigene Weise eine sehr nachdenklich machende Dokumentation über ein Land geworden, das trotz zaghafter Reformen seine Vergangenheit nur schwer ablegen kann.