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Animierter Kurzfilm: „Head over Heels“

Es gibt da diese Floskel. „Man habe sich eben auseinandergelebt“. Der animierte Kurzfilm Head over Heels nimmt den Spruch wörtlich. In toller Stop-Motion und mit viel Liebe zum Detail gefertigt, erzählt der Film von Timothy Reckhart die Geschichte eines älteren Ehepaars, die zwar gemeinsam unter einem Dach leben, aber eben nicht wirklich zusammen. Die buchstäbliche Übertragung dieses Dilemmas gibt Head over Heels einen besonderen, surrealen Twist, der trotz des vorhersehbaren Endes mehr als nur schön anzuschauen ist. Das denken auch andere: Head over Heels ist für einen Oscar in der Kategorie animierter Kurzfilm nominiert.

Update: Das Video wurde von den Machern inzwischen depubliziert. Wieso?

 

Über Rassismus bei Baitar Jerusalem

Gestern erschien bei ZEIT ONLINE ein Artikel über Rassismus im israelischen Fußball. Konkret ging es darin um den Verein Beitar Jerusalem, bei dem nun erstmals in der Geschichte ein Muslim spielen soll – zum Unverständnis einiger Fans. Im vergangenen Jahr drehte der US-Journalist Jeremy Schaap für ESPN eine kurze Reportage über das gleiche Thema: Es geht um Baitar und seine Fans und herausgekommen ist ein erschreckender Film, der das Ausmaß der Gewalt und die tief verwurzelten rassistischen und antiarabischen Strömungen innerhalb der Ultras von Baitar aufzeigt.

(via)

 

Do the Harlem Shake!

Kennt noch jemand Gangnam Style? Das Lied mit den Milliarden Abrufen und dem seltsamen Tanz? Macht nix, ist ohnehin Schnee aus dem Vorjahr. In diesem Jahr tanzt man den Harlem Shake. So nämlich heißt der basslastige Song des New Yorker Produzenten Baauer, der sich gerade zum nächsten großen Internet-Hit mausert. Den hatte er zwar schon im vergangenen Sommer veröffentlicht, aber erst vor einigen Tagen ist er so richtig bekannt geworden – dank YouTube.

Die Geschichte des ursprünglichen Harlem Shakes, einem Tanz mit reichlich Schulterwackeln, geht sogar bis in die frühen Achtziger Jahre zurück. Unter dem Namen „Albee“ ist er der Überlieferung zufolge in den Clubs von Harlem entstanden, und hat sich über die Jahre immer mal wieder in einigen Hip-Hop-Videos gezeigt, ohne dadurch wirklich bekannt zu werden.

Ende Januar diesen Jahres machten sowohl der Song als auch der Tanz ein überraschendes Comeback im Netz. Der YouTuber Filthy Frank stellte ein 30-sekündiges Video online, in dem er und seine Freunde in Latex Ganzkörperanzügen zu Baauers Harlem Shake tanzen. Harmlos genug, aber in seiner Absurdität natürlich wie gemacht für den viralen Erfolg.

Das Internet ließ nicht lange mit Reaktionen auf sich warten. Innerhalb weniger Tage sind Dutzende Parodien entstanden, die stets nach dem gleichen Muster ablaufen: Alles beginnt mit einer scheinbar langweiligen Situation, etwa in einem Büro. Dann beginnt eine Person plötzlich zu tanzen und nach circa 15 Sekunden, gemeinsam mit dem Bass-Drop des Songs, wird kollektiv ausgeflippt – je kreativer und beknackter, desto besser.

Inzwischen hat das Phänomen die großen YouTube-Studios erreicht, was ihm noch einmal einen zusätzlichen Schub verpasste. Sowohl Buzzfeed als auch Maker Studios und College Humor sind inzwischen mit eigenen Versionen unterwegs, ebenso Feuerwehrleute, Schneidereien, die norwegische Armee und viele mehr.

Und damit ist noch lange nicht Schluss. Für den morgigen Dienstag ist in New York auf dem Times Square eine große Harlem-Shake-Inszenierung geplant. Da fehlt, passend zur Nachricht des Tages, eigentlich nur noch eine Version aus dem Vatikan, oder?

 

The Pirate Bay – Away from Keyboard

Fredrik Neij / CC-BY-3.0
Fredrik Neij / CC-BY-3.0

Zwei Jahre lang begleitete der schwedische Filmemacher Simon Klose die drei Verantwortlichen des Torrent-Netzwerkes The Pirate Bay für einen Dokumentarfilm, finanziert mit öffentlichen Geldern und einer Crowdfunding-Kampagne. Am Wochenende wurde The Pirate Bay – Away from Keyboard (TPB AFK) auf der Berlinale vorgestellt und dem Thema entsprechend ganz legal im Netz veröffentlicht. Innerhalb von zwei Tagen hat der Film rund 700.000 Abrufe auf YouTube bekommen – und weitere 30.000 US-Dollar durch bezahlte Downloads eingenommen.

TPB AFK konzentriert sich in seinen 82 Minuten auf das Gerichtsverfahren gegen The Pirate Bay, das im Februar 2009 begann. Drei Jahre zuvor stürmten Polizisten mehrere Rechenzentren in Schweden und beschlagnahmten die Hardware der Pirate Bay. Die drei Betreiber, der Programmierer Gottfrid Svartholm Warg, der IT-Experte Fredrik Neij und der Sprecher Peter Sunde wurden daraufhin wegen der Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung angeklagt. Der Film begleitet das Trio während des Prozesses und der anschließenden Berufung, die im November 2010 mit der Bestätigung des Urteils endet: mit Haftstrafen bis zu einem Jahr für die Betreiber, sowie Schadenersatzzahlungen in Höhe von rund 5,4 Millionen Euro.

Kein Propagandafilm für The Pirate Bay

Regisseur Simon Klose
Regisseur Simon Klose / CC-BY-3.0

Soweit die Fakten. Neue Erkenntnisse darüber hinaus liefert Klose in seinem Film nicht. Stattdessen bringt er den Zuschauern die Menschen hinter dem Netzwerk näher. Abgesehen von etwas Technikpornografie in Form von Aufnahmen aus dem Pionen Serverzentrum in Stockholm und obligatorischen Nachtaufnahmen von blinkenden Computern stehen vor allem die Protagonisten im Fokus. Klose folgt ihnen in den Gerichtssaal, begleitet sie auf Pressekonferenzen und fährt sogar zu Neijs Hochzeit nach Fernost, stets bemüht, Distanz zu wahren. Denn TPB AFK ist trotz der Verbreitung auf der gleichnamigen Plattform kein Propagandafilm für The Pirate Bay, und die Frage nach den moralischen Grundsätzen des Filesharings wird nur durch die Zitate der beteiligten Parteien beantwortet.

Dazu kommt, dass TPB AFK nicht nur Sympathieträger im Kampf gegen die Justiz zeigt. Gerade in der zweiten Hälfte des Films ändert sich zunehmend der Ton: Svartholm Warg wird von Sunde als Junkie bezeichnet, Neij als rassistischer Alkoholiker. Der wiederum nennt Sunde in einem feuchtfröhlichen Interview einen Träumer, der sein Leben nicht auf die Reihe bekommt. Zwar zeigen sich die Protagonisten stets als Verfechter der Meinungsfreiheit und als Opfer der Unterhaltungsindustrie und nicht zeitgemäßer Urheberrechtspolitik. Doch hört man in den Interviews stets auch eine gewisse Selbstgefälligkeit heraus. Etwa, wenn Svartholm Warg die Frage gestellt wird, wieso man einen bekannten ehemaligen Rechtspopulisten als Geldgeber akzeptiert hat oder wenn Sunde herablassend mit einem Gerichtsboten spricht. Klose sagt in einem Interview mit Süddeutsche.de, dass er die Menschen zeigen wolle. Und so ist TPB AFK auch in den Momenten am stärksten, in denen es ihm gelingt, hinter die stets etwas lakonische Fassade des Trios zu blicken.

Kritik von Sunde

Nicht alle Beteiligten unterstützen diesen von Klose gewählten Ansatz. In seinem Blog schrieb Peter Sunde kurz vor der Veröffentlichung, dass einige Szenen des Films unglücklich geschnitten seien und einen falschen Eindruck erweckten. Nämlich den, dass er und seine Mitstreiter zunehmend deprimiert seien. Stattdessen hätte er sich gewünscht, dass der Film einen stärkeren Fokus auf die schönen Momente hätte legen sollen sowie auf die weltweite Unterstützung, die das Trio während des Prozesses erfahren habe. Klose entschloss sich letztlich gegen dieses Material, auch wenn sich der 37-jährige studierte Jurist selbst eine Urheberrechtsreform wünscht.

Am Ende bietet TPB AFK dennoch einen gelungenen Einblick in die Geschichte der größten Torrent-Seite der Welt, auch wenn der Film von der Gegenwart längst eingeholt wurde. Gottfrid Svartholm Warg wurde im vergangenen Jahr in Kambodscha verhaftet und nach Schweden abgeschoben, wo er seitdem wegen eines mutmaßlichen Hacker-Angriffs in Untersuchungshaft sitzt. Fredrik Neij lebt weiterhin mit seiner Familie in Laos, wo er ebenfalls Probleme mit den Behörden hat. Peter Sunde tingelt als Aktivist und Sprecher durch Europa. Bis heute verbüßte keiner der drei seine Haftstrafe. Mit dem Betrieb von The Pirate Bay selbst will offiziell keiner der drei mehr etwas zu tun haben. Dem Erfolg der Seite tut das offensichtlich keinen Abbruch.

 

Netzfilm der Woche: „People of the Coral Triangle“

In Südostasien, im Archipel zwischen Indonesien, Malaysia und den Philippinen leben die Bajau, ein indigenes Volk von Fischern. Sie sind sogenannte Seenomaden: Einen Großteil ihres Lebens verbringen sie in ihren Booten und haben über Generationen ihren Lebensstil an den des Meeres und seine Bewohner angepasst.

Doch inzwischen schwindet ihre Zahl, und mit ihr die Tradition. Probleme mit Behörden und von den Regierungen initiierte Projekte haben viele der ehemals nur auf See heimischen Bajau in den vergangenen Jahren aufs Festland getrieben. Die verbliebenen Familien sehen sich zunehmend dem globalen wirtschaftlichen Druck ausgesetzt. Um überleben zu können, sind die Bajau auf den Fischfang angewiesen. Davon gibt es zwar reichlich im sogenannten Korallendreieck, denn im Seegebiet mit der höchsten biologischen Vielfalt der Erde sind rund zwei Drittel aller bekannten Korallenarten und zahlreiche Fischarten beheimatet. Doch die Nachfrage und Konkurrenz sind groß. So groß, dass die Bajau immer häufiger zu Methoden greifen, die gegen ihre Tradition verstoßen.

Das musste auch der britische Fotograf James Morgan feststellen, als er vor einigen Jahren die Bajau im Korallendreieck besuchte. Er sah, wie die Bajau mit selbst gebauten Sprengkörpern die Korallenriffe sprengten, um damit die Fangquote zu erhöhen. Die Dynamitfischerei ist offiziell verboten, weil sie die Riffe und damit den Fisch- und Korallennachwuchs zerstört. Andere Bajau greifen deshalb zu Natriumcyanid , einer Chemikalie, die ganze Fischschwärme bewegungsunfähig macht und dabei oft auch die Fischer selbst körperlich schädigt. Die Bajau gehen dieses Risiko ein, denn nur wer viel Fisch liefert, wird auch bezahlt.

Um diesen Teufelskreis geht es James Morgan in seinem Film People of the Coral Triangle. Was ursprünglich als Fotoreportage geplant war, hat Morgan anschließend noch einmal mit Bewegtbildern und Animationen zu einem Film erweitert, der nicht bloß das Dilemma der Bajau offenbart, sondern auch die Frage stellt, wie nachhaltige Fischerei aussehen kann. Die eindrucksvollen Aufnahmen aus dem Leben der Bajau schneidet Morgan in der zweiten Hälfte zusammen mit Aufnahmen aus der weiten Reise, die ein Fisch aus dem Korallendreieck bis zum Markt in den USA nehmen muss. Die Botschaft ist deshalb ähnlich stark wie die Bilder: Ein Umdenken ist erforderlich, sowohl bei den Bajou, die mit den umstrittenen Fangmethoden ihre eigene Existenz zerstören, als auch bei den Industrienationen, die mit ihrer unersättlichen Nachfrage an Fisch das Problem noch verstärken.

 

Neue Filme aus dem Animation Workshop

Auch in diesem Jahr gibt es wieder sechs Abschlussfilme des dänischen Animation Workshop zu bestaunen. Vor einem Jahr sprach ich mit der Koordinatorin Anja Perl über die Arbeit der Studenten und die Kenntnisse, die ein solches Projekt von ihnen erfordert. Und wie die diesjährige Auswahl zeigt, hat sich die Arbeit gelohnt.

Alle Filme angucken? Hier geht’s zum YouTube-Kanal.

 

Kunst: „82nd & Fifth“

Das Metropolitan Museum of Art in New York stellt in diesem Jahr 100 ihrer Kunstwerke in einer Webserie vor. 82nd & Fifth heißt das Projekt, in Anlehnung an die Adresse des Museums. In den zweiminütigen Episoden werden nicht nur die Kunstwerke vorgestellt, sondern auch von den jeweiligen Kuratoren eingeordnet. Leider ist das Interface auf der Website gewöhnungsbedürftig, was das Durchsuchen und Abspielen etwas mühsam macht. Embeds gibt es ebenfalls nicht, daher hier nur der Trailer. Alle Episoden gibt es hier.

 

Wer nicht reimt, ist schon tot: „Cadaver“

Makaber, makaber, das ist Cadaver,
ein Kurzfilm mit auferstandenen Toten,
ganz ohne Palaver.
Dafür vorgetragen in Reimen
mit Liebe, Herzen, Blut und Weinen.

Eine clevere Story, morbide verpackt,
über einen einsamem Alten,
der seine Sachen noch einmal schnappt,
um seiner Frau ein letztes Mal
Tschüss zu sagen, Adieu, Baba.

Doch wie so oft ist am Ende
die Wahrheit schwer zu fassen,
selbst für die toten Hände.
Aber keine Angst vor einem traurigen Schluss,
denn der ist bittersüß –
und dieser Film ein Muss.