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Netzfilm der Woche: „In the Pines“

Eine Stimme auf dem Anrufbeantworter. Eine junge Frau, die alleine durch die Wälder stapft. Eine besorgte Mutter am Telefon. Mehr als diese wenigen Einstellungen brauchen Zeek Earl und Chris Caldwell von Shep Films nicht, um mit ihrem Kickstarter-finanzierten Kurzfilm In the Pines die Assoziationen der Zuschauer zu wecken. In den weiteren acht Minuten spielen sie geschickt mit deren Erwartungen.

Schnell klärt sich, dass es sich bei der Stimme auf dem Band und der Frau in den Wäldern um die gleiche Person handelt. Sie erzählt, dass sie auf dem Weg zu einem Treffen sei. Doch zu welchem? Dass sie nicht böse sei, dass ihre Mutter es nicht verstehe. Was nicht versteht? Erst nach wenigen Minuten kommt die Auflösung, mit der wohl kaum jemand gerechnet hat: Es geht um ein Treffen mit Außerirdischen, die die junge Frau bereits einmal entführt haben sollen und zu denen sie nun wieder Kontakt sucht.

An dieser Stelle könnte der Film Gefahr laufen, in Unglaubwürdigkeit abzudriften. Doch In the Pines spielt geschickt mit den übernatürlichen und den psychologischen Aspekten, ohne sich auf eine definitive Antwort einzulassen. Erzählt die Frau die Wahrheit oder ist sie schlicht verrückt? Hinweise gibt es für alle Zuschauer, die genau aufpassen. Dazu die Bilder: In immer schnelleren Schnitten, gepaart mit Makros und Aufnahmen aus den Olympic Mountains nahe Seattle, entwickelt In the Pines eine packende Intensität, die durch Soundtrack von Daniel K. Caldwell und seinem post-rockigen Crescendo noch verstärkt wird.

 

Never mind the Edits: Cassetteboy vs. Obama

Mit Bad Teeth startet morgen ein neuer britischer Comedy-Kanal auf YouTube, der sich offenbar vor allem in Sachen Mashup versucht und dabei auch britische Comedians vor die Kamera holt. Zwei Videos sind mir aber schon jetzt positiv aufgefallen. Die kommen nämlich von Cassetteboy alias Mark Bolton und Steve Warlin, die um die Jahrtausendwende zunächst anonym mit obskuren Edits von Nachrichten auf sich aufmerksam machten. Die Ergebnisse war meistens alles andere als politisch korrekt und jugendfrei, aber genau deshalb auch meist sehr witzig. Vor allem, weil Cassetteboy ein gutes Gespür und technisches Geschick haben, sodass sie einzelne Sätze, Wörter und teilweise sogar Silben so zusammenschneiden, dass sie wie echte Gespräche klingen.

Inzwischen haben Cassetteboy natürlich auch YouTube entdeckt und laden dort immer mal wieder ihre Produktionen hoch. In Kooperation mit Bad Teeth haben sie außerdem bereits kurz vor US-Wahl Barack Obama gegen Mitt Romney antreten lassen.

Die Vereidigung Obamas bot jetzt die nächste Gelegenheit für das Duo, sich auszutoben. Sicher gibt es solche Edits inzwischen zuhauf im Netz, die von Cassetteboy bleiben für mich aber immer noch ein Paradebeispiel für diese Form der Satire.

Hier als Bonus noch ein großartiger Zusammenschnitt von Londons Bürgermeisters Boris Johnson im Vorfeld der Olympischen Spiele und die Playlist gleich dazu:

 

Rollin‘ Wild

Ich liebe die kurzen Animationen von Rollin‘ Wild, einer Arbeit von Kyra Buschor, Ännie Habermehl und Constantin Paeplow an der Filmakademie Baden-Württemberg. Letztes Jahr hat das Team bereits drei kurze Clips vorgestellt und dieser Tage kam die Nummer Vier, die auch gleichzeitig ein Trailer für das diesjährige Internationale Trickfilm-Festival in Stuttgart ist.

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Netzfilm der Woche: „R’ha“

Es ist der Traum  jedes Regisseurs. Einen  Film drehen, ihn online veröffentlichen und wenig später klopfen die großen Filmstudios an die Tür. Für den Berliner Studenten Kaleb Lechowski ist dieser Traum in Erfüllung gegangen. Sein 3D-animierter Science-Fiction-Kurzfilm R’ha wurde in einer Woche nicht nur über eine Million Mal abgerufen, sondern weckte auch das Interesse Hollywoods. Schon bald wird Lechowski für Gespräche nach Los Angeles fliegen.

Die Geschichte an sich wäre schon erstaunlich genug. Sie wird noch besser, wenn man sich die Umstände genauer ansieht. Denn Lechowski ist kein etablierter Filmemacher, sondern Student an der Mediadesign Hochschule in Berlin. R’ha ist erst der zweite Kurzfilm des 22-Jährigen. Abgesehen von einigen kleinen Experimenten mit der kostenlosen Software Blender hatte Lechowski kaum Erfahrung mit der Produktion eines computeranimierten Films. Sieben Monate arbeitete er weitestgehend alleine an dem Projekt, lediglich die Soundeffekte und Stimmen kamen  von Profis.

R’ha zeigt in seinen sechs Minuten nur ein Fragment eines größeren Universums. Lechowski selbst nennt The Matrix und Terminator als Einflüsse, aber auch andere klassische Science-Fiction-Zutaten haben offenbar ihren Weg in den Film gefunden: Es geht um einen Kampf zwischen Aliens und Maschinen, um ferne Planeten und eine Zerstörung galaktischen Ausmaßes. R’ha sieht dabei nicht nur gut aus, sondern funktioniert gerade deshalb, weil er nicht zuviel erzählt: Zwischen der kurzen Rückblende und dem geschickt offen gehaltenem Ende fällt es nicht schwer, sich eine komplexe Geschichte vorstellen zu können.

Und vielleicht erfährt Lechowski ja ein ähnliches Schicksal wie Neill Blomkamp: Der Südafrikaner drehte 2005 einen Kurzfilm, auf den Hollywood ebenfalls aufmerksam wurde. Einige Jahre später entstand daraus ein erfolgreicher Spielfilm. Der Titel? District 9.

ZEIT ONLINE: Sie stehen inzwischen mit Vertretern aus Hollywood in Kontakt?

Kaleb Lechowski: Ja, den ersten Kontakt hatte ich mit [dem Filmmanager, Anm.] Scott Glassgold, einen Tag vor der Online-Veröffentlichung. Ich war mehr als überrascht! Ich hätte nicht damit gerechnet, dass der Film derart erfolgreich sein würde. Inzwischen haben viele ihr Interesse bekundet. Ich bin gespannt, was sich in den kommenden Gesprächen in Los Angeles ergeben wird.

ZEIT ONLINE: Haben Sie denn bereits Ideen für einen möglichen Feature-Film auf Basis von R’ha entworfen?

Lechowski: Definitiv. Ich arbeite schon seit längerem am Konzept dieser Alienrasse, und mit dem Film ergab sich der Startschuss für ein ganz neues Universum.

ZEIT ONLINE: Welche Rolle messen Sie der Veröffentlichung von Filmen auf Vimeo und YouTube zu?

Lechowski: Vimeo ist bloß eine Plattform. Ich verdanke meinen schnellen Erfolg sicherlich vor allem dem Engagement von Scott Glassgold, der für eine breit gefächerte Veröffentlichung gesorgt hat. Festivals sind auch eine gute Methode, um Aufmerksamkeit zu gewinnen. Doch ich denke nicht, dass der Film so rasch verbreitet worden wäre, wie es jetzt der Fall war.

ZEIT ONLINE: Gehen Sie jetzt als gefeierter Filmemacher überhaupt noch an die Uni zurück?

Lechowski: (lacht) Noch hat sich nichts verändert. Ich denke, ich muss diese Phase einfach genießen.

 

Jetzt online: Eine Auswahl der Sundance-Kurzfilme

Sundance2013

 

Einen Kurzfilm gleichzeitig auf Festivals und auf Plattformen wie Vimeo und YouTube zu präsentieren, das schließt sich leider für viele Filmemacher immer noch aus. Renommierte Filmfestivals wie beispielsweise Cannes oder Tribeca, aber auch viele kleinere, haben strikte Regeln, die besagen, dass Filme nur eingerecht werden dürfen, wenn sie nicht bereits im Internet gezeigt wurden. Das führt dazu, dass viele Kurzfilme zunächst den sogenannten „Festivallauf“ durchmachen müssen, bevor sie, häufig mit einigen Monaten Verspätung, den Weg ins Netz finden.

Progressiver zeigt sich seit einigen Jahren das Sundance Film Festival, das dieses Jahr vom 17. – 27. Januar in Utah stattfindet. In den vergangenen zwanzig Jahren hat es sich zu einem der bekanntesten und beliebtesten Adressen für unabhängige Filmemacher weltweit etabliert. Und nicht selten feiern Sundance-Premieren wie etwa Benh Zeitlins Beasts of the Southern Wild, dem Hauptpreisgewinner des vergangenen Jahres, später auch auf der Kinoleinwand großen Erfolg. Zwar müssen Spielfilme auch bei Sundance Premieren sein, doch die Regeln für Kurzfilme sind deutlich entspannter: Sie dürfen auch online gezeigt werden. Das Festival unterstützt die Filmemacher sogar dabei.

2012 hatte Sundance bereits mit Yahoo kooperiert, um einige der nominierten Kurzfilme im Vorfeld und während des Festivals online zu zu zeigen. Dieses Jahr gibt es eine Auswahl im Screening Room von YouTube zu sehen.

Wie zu erwarten war, sind einige sehr gelungene Produktionen dabei. Etwa die Retro-Mockumentary Catnip – Egress to Oblivion?, die sich dem Phänomen der Katzenminze auf humorvolle Weise nähert.

Oder die handgemalte Animation The Event von Julia Pott auf Basis eines Gedichts von Tom Chivers.

Doku-Freunden dürften The Roper von Ewan McNicols gefallen, die gefühlvolle Geschichte eines modernen Cowboys auf dem Weg zu seinem größten Rodeo-Erfolg.

Zwar ist die Auwahl mit gerade einmal 12 von insgesamt 65 Kurzfilmen, die Sundance dieses Jahr zeigt, noch immer sehr überschaubar. Ein erster Schritt auf dem Weg zu „Destigmatisierung von Online-Kurzfilmen“, wie es Short of the Week nennt, ist es aber allemal. Und ein gutes Beispiel für andere Filmfestivals, auch ihre Regeln, gerade für Kurzfilme, zu lockern.

 

YouTube-Netzwerke: Fluch oder Segen?

YouTuber Ray William Johnson (Bild: Federico Pesti/Flickr (CC by 2.0)
YouTuber Ray William Johnson (Bild: Federico Presti/Flickr (CC by 2.0))

Was hat die Filmszene der dreißiger Jahre mit YouTube gemeinsam? Eine ganze Menge, schrieb vergangene Woche der amerikanische Filmhistoriker Tino Balio in einem Artikel in der LA Weekly. Seiner Meinung nach macht die Videoplattform gerade eine ähnliche Entwicklung durch wie die frühen Hollywood-Studios. Damals wie heute waren zur Professionalisierung des Mediums möglichst viele exklusive Inhalte notwendig, die von meist jungen und unerfahrenen Produzenten stammen. Und wie einst in Hollywood wird auch bei YouTube der ein oder andere Produzent schlicht übers Ohr gehauen. Man könnte meinen, es sei das Lehrgeld, das die Macher für ein größeres Publikum bezahlen müssen. Doch so einfach ist es dann doch nicht.

Im Mittelpunkt der Diskussion stehen die sogenannten YouTube-Netzwerke. Sie bilden einen Zusammenschluss vieler einzelner Kanäle. Wie ein Filmstudio oder Fernsehsender bündeln sie unterschiedliche Inhalte und übernehmen die Funktionen, mit denen die meist jungen Produzenten nicht vertraut sind: Talentförderung, Produktionshilfe, die Klärung von Rechten und die zielgruppengerechte Vermarktung. Für diese Leistungen und die im Idealfall erlangte Reichweitensteigerung behalten sie einen Teil der Werbeeinahmen ein. In Deutschland zählt das Kölner Unternehmen Mediakraft zu den erfolgreichsten dieser Netzwerke. Mehr als 150 Kanäle zählt es zu seinem Portfolio, die insgesamt mehr als 100 Millionen Abrufe im Monat generieren.

Im Vergleich zu den USA sind diese Zahlen gering. Das auf Videospiele spezialisierte amerikanische Netzwerk Machinima etwa unterhält inzwischen über 5.000 Partner und kam damit im Dezember auf rund 2,6 Milliarden Abrufe pro Monat. Bei Maker Studios sind es 2 Milliarden Abrufe mit 3.000 Partnern. Zu ihren Investoren zählen Großunternehmen wie Google oder Time Warner, die Millionenbeträge in die Netzwerke pumpen. Doch genau diese beiden großen Netzwerke sorgten in den vergangenen Monaten vermehrt für negative Schlagzeilen.

Knebelverträge und schlechte Konditionen

Im Mai vergangenen Jahres gab ein junger Brite namens Ben Vacas, ein als „Braindeadly“ bekannter Videospieler, in einem kurzen – inzwischen gelöschten – Video seinen Abschied von der Plattform Machinima bekannt. Die Entscheidung kam, nachdem er herausgefunden hatte, dass das Netzwerk per Vertrag über die Rechte an seinen Videos verfügte – und zwar für immer. Was auch immer Vacas unter seinem Namen auf YouTube hochladen würde, wäre ein Teil des Machinima-Netzwerkes und damit dessen Kontrolle unterworfen.

machinima Die YouTube-Szene reagierte prompt. In zahlreichen Videoantworten meldeten sich Partner von Netzwerken, die ähnliche Erfahrungen mit Knebelverträgen und schlechten Konditionen bei der Verteilung der Werbeeinnahmen machten. YouTuber wie der Belgier Athene, der selbsternannte „beste Gamer der Welt“, drohte aus Solidarität damit, Machinima ebenfalls zu verlassen. Andere wiesen dagegen nur hämisch darauf hin, dass man vor dem Unterzeichnen besser das Kleingedruckte lesen sollte.

Probleme mit dem Kleingedruckten hatte im Oktober auch Ray William Johnson. Der 31-Jährige ist einer der erfolgreichsten YouTuber aller Zeiten. Mit seiner Show =3 („Equals Three“), in der er virale Videos auf die Schippe nimmt, hat er es inzwischen auf fast sieben Millionen Abonnenten gebracht. Es wird vermutet, dass Johnson als einer der ersten Menschen überhaupt inzwischen über eine Million US-Dollar mit Werbeeinnahmen auf YouTube eingenommen hat.

Der Erfolg weckt Begehrlichkeiten. Wie Johnson im Dezember schrieb, kontaktierte ihn Maker Studios zu Beginn des Jahres 2012 mit der Aufforderung, einen neuen Vertrag zu unterzeichnen. Dieser spräche dem Netzwerk eine höhere Beteiligung (40 Prozent) an den Werbeeinnahmen und die Hälfte der Urheberrechte von Johnsons YouTube-Kanal zu. Johnson lehnte ab, was Maker dazu brachte, die Produktion eines geplanten Musikalbums von Johnson zu stoppen. Im Oktober entschied sich Johnson schließlich, das Netzwerk zu verlassen, um eine eigene Produktionsfirma zu gründen. Dabei gibt es jedoch ein Problem: Maker ist noch immer im Besitz von Johnsons Google-AdSense-Account, über den die Werbeeinnahmen laufen. Das Studio betont, dass man Johnson hätte ziehen lassen und sich an die Vertragsrechte halte, die mit einer Kündigung einhergehen. Inzwischen kommunizieren beide Seiten nur noch über ihre Anwälte.

Die Kritik an Netzwerken wächst

Von solchen Erfahrungen weiß Christoph Krachten aus der deutschen YouTube-Szene nichts. Der Chief Operating Officer von Mediakraft glaubt, dass die Partner in Deutschland besser geschützt seien: „In Deutschland dürfen Verträge eine Laufzeit von maximal fünf Jahren haben. Bei uns ist die Vertragsdauer deutlich geringer, das unterscheidet sich aber von Partner zu Partner“, sagt Krachten auf Nachfrage von ZEIT ONLINE. Und auch die Rechte seien klar definiert: „Wir bekommen lediglich die Nutzungsrechte für die Onlinenutzung übertragen“, sagt Krachten, „die Urheberrechte bleiben immer bei den Urhebern, und nach Ablauf des Vertrags gehen auch die Nutzungsrechte an sie zurück.“

Und doch wächst die Kritik an den YouTube-Netzwerken und an ihrer Mittlerrolle im sich stetig weiter entwickelnden YouTube-Ökosystem auch in Deutschland: Unter dem Titel „Mein YouTube Netzwerk bringt mich um“ diskutierte etwa der YouTuber Videoamt im November in einem Google Hangout mit anderen Nutzern über den Sinn und Unsinn von Netzwerken. Wirklich schlechte Erfahrungen kamen dabei zwar nicht zusammen, wohl aber wurden kritische Fragen diskutiert, was denn ein Netzwerk für seine Partner leisten solle, ob die Netzwerke tatsächlich die häufig minderjährigen Produzenten ausnützten? Ob YouTuber, die bereits über viele Fans verfügen, überhaupt noch ihre Hilfe benötigten? Steven Oh vom einflussreichen Politik-Kanal The Young Turks sagte jüngst: „YouTube [war] ursprünglich ein Ort für „wilden Individualismus […], inzwischen ist es immer schwieriger, Erfolg ohne die Unterstützung großer Unternehmen zu haben.“ Und auch Paul Tassi von Forbes glaubt, dass die Professionalisierung YouTubes es immer schwerer für den „kleinen Mann“ mache, entdeckt zu werden. Deshalb nähmen junge YouTuber auch lieber einen schlechten Vertrag als gar keinen an.

Frisst die YouTube-Revolution also tatsächlich ihre Kinder?

Die Szene wehrt sich

Nein, sagt der US-Anwalt David Lisi, der sowohl YouTuber als auch Netzwerke in Rechtsangelegenheiten vertritt. Er sagt zwar wie Tino Balio, dass viele Netzwerke im Rahmen des schnellen Aufstieges ähnliche Geschäftspraktiken wie die Filmstudios aus Hollywood adoptiert hätten, diese sich aber auf Dauer nicht durchsetzen würden: „Die jungen Videomacher sind mit dem Internet aufgewachsen, sie senden nicht nur an ein Publikum, sondern schauen sich gegenseitig an, sind Fans voneinander und kommunizieren miteinander. Wie eine Gewerkschaft können sie kollektiv in Aktion treten.“

YouTube ist im Gegensatz zur Filmszene kein exklusiver Kreis. Auch wenn eine Professionalisierung der Inhalte stattfindet und etablierte Filmunternehmen wie Disney und Time Warner, Ufa und Endemol inzwischen eigene Originalkanäle betreiben, sind viele der bekanntesten Produzenten immer noch die jungen Enthusiasten, die mit nicht viel mehr als einer Videokamera und einer guten Idee begannen. Wie die Proteste im Fall von Ben Vacas und Ray William Johnson zeigten, sprechen sich unlautere Praktiken schnell herum.

Außerdem sind anders als im Film- und TV-Bereich  die Macher nicht auf ein Studio oder Netzwerk angewiesen, um an ein Publikum zu gelangen. Im Gegenteil: Die Produzenten haben die Macht, die Netzwerke verstärken sie allenfalls noch. Schon deshalb dürften sie daran interessiert sein, in einen Dialog mit ihren Partnern zu treten.

Im Fall von Machinima hat sich bereits etwas getan. Seit Beginn des Jahres sind sämtliche Verträge des Netzwerks nur noch auf drei Jahre befristet. Ben Vacas und Athene sind schon weitergezogen: Sie gehören nun der Union for Gamers an, einem neuen Netzwerk, das sich für faire Verträge und Konditionen einsetzen möchte.

 

Collective Cadenza: Die Kunst des schönen Medleys

Als „musikalische Videoexperimente“ bezeichnen Collective Cadenza ihr Projekt. Collective Cadenza, kurz CDZA, das sind eigentlich drei junge Herren aus New York: Joe Sabia, der „Video-Typ“, bringt jahrelange Erfahrung in der Erstellung von Online-Inhalten mit. Michael Thurber ist ein Absolvent der renommierten Julliard School und professioneller Musiker. Matt McCorkle, der Mann für den Sound, ist von Haus aus Musikproduzent. Rein zufällig haben sie sich vor einigen Jahren kennengelernt. Nach einigen gemeinsamen geschäftlichen Projekten hatten sie im Herbst 2011 schließlich die Idee, auch mal etwas zum Spaß zu machen, das ihre Liebe zu Musik und Webvideo verbindet.

Herausgekommen ist dabei ihr Opus No. 1: „Die Geschichte von Liedtexten, die gar keine sind“. Eine Auswahl der bekanntesten „Ahh Ahh Ahhs“ und „Na Na Nas“ von den Beatles bis zu Blink 182, exklusiv vorgesungen:

Nach dem Erfolg des Videos überlegten die drei Macher, wie sie diese Idee noch weiter und besser ausführen können. Und sie wurden schnell fündig. Seit Frühjahr vergangenen Jahres veröffentlichen CDZA in regelmäßigeren Abständen Videos mit professionellen Musikern und Sängern, die vor allem, aber nicht ausschließlich, Medleys sind und nicht selten eine kreative Choreografie und zusätzliche Requisiten enthalten, wie etwa in der „Geschichte der missverstandenen Songtexte“.

Die Videos von CDZA sind viral gerade deshalb so erfolgreich, weil sie die alte Idee des Medleys in einer Weise darstellen, die gleichermaßen kreativ wie einnehmend ist. Der Zuschauer merkt, dass sich die Leute Gedanken gemacht haben und darüberhinaus talentiert sind. Gepaart mit genügend Witz kommt das offenbar an: Über 7 Millionen Abrufe zählt der Kanal inzwischen.

Längst haben CDZA aber nicht nur Medleys im Repertoire, sondern auch eigene Kompositionen wie das Mark Zuckerberg Musical. Und für ihr neustes Opus No. 16 haben sie sich einen Klassiker der Sitcom-Geschichte geschnappt: Den Titelsong von Der Prinz von Bel-Air, einmal durch sämtlich Sprachen des Google-Translators gejagt und anschließend gerappt. Quasi eine neue Form der stillen Post.

 

Kurzfilm: „Malaria“

Origami, Kirigami, Timelapse und Illustration sind nur drei der Techniken, die der brasilianische Filmstudent Edson Uda in seinem Kurzfilm Malaria verwendet. Im klassischen Western-Saloon-Setting erzählt Uda die Geschichte eines Auftragskillers, der dem Tod (ja, dem Tod) auf den Fersen ist, was natürlich früher oder später zu einer bizarren Situation führt: denn was ist ein Mörder wert, wenn es keinen Tod mehr gibt? Diese und andere Fragen entfalten sich in Malaria buchstäblich vor den Augen der Zuschauer. Ursprünglich als Beitrag für einen Filmwettbewerb zum Film Django Unchained gedacht, hat Uda die Arbeit doch noch etwas sitzen und gedeihen lassen. Wir finden: es hat sich gelohnt.