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Kitsch trifft Kunst: „Ashes and Snow“

Ashes and Snow ist der Name eines Kunstprojekts, das der kanadische Fotograf und Filmemacher Gregory Colbert erstmals 2002 in Venedig präsentierte. Im Jahr 2005 zog das Projekt dann in Colberts „Nomadic Museum“ in New York, einer eigens gebauten Ausstellungsstätte, die aus wiederverwendbaren Materialen besteht und somit gemeinsam mit dem Projekt von Ort zu Ort weiterziehen kann. Mit mehr als zehn Millionen Besuchern gehört Ashes and Snow zu den am meist besuchtesten Ausstellungen aller Zeiten.

Die Ausstellung selbst besteht aus zahlreichen großformatigen Bild- und Filminstallationen, in denen Colbert die Symbiose zwischen Mensch und Tier ausdrücken möchte. In Expeditionen rund um die Welt hat Colbert seit 1992 versucht, Menschen und Tiere in eine poetische Beziehung zu setzen. Colberts Bilder entsprechen deshalb auch nicht etwa einem klassischen Dokumentationsstil, sondern sind stark stilisiert, man möchte sagen kitschig. „Elefantenmist“ schrieb die ZEIT deshalb zur Eröffnung im Jahr 2002. Die New York Times fand es deutlich gelungener.

Wie auch immer, das Herzstück von Ashes and Snow ist ein 60-minütiger Film, der von Oscar-Preisträger Pietro Scalia geschnitten wurde und in mehreren Sprachen läuft. Auszüge dieses längeren Films hat Colbert inzwischen auch online verfügbar gemacht. So kann sich jeder selbst ein Bild machen ob es Kitsch, Kunst oder vielleicht doch beides ist.

 

Der Ozean lebt: „The UnderWater Realm“

Im November 2011 warb der Regisseur David M. Reynolds auf Kickstarter um Unterstützung für ein Projekt namens The UnderWater Realm. Fünf kurze Filme wollte er mit der Hilfe freiwilliger Unterstützer und anderer Indie-Filmemacher produzieren. Fünf Filme, die sich, an fünf Schauplätzen gefilmt, über fünf Zeitperioden erstrecken, beginnend in der Jetztzeit bis zurück ins Jahr 149 vor Christus. 60.000 US-Dollar wollte das Team ursprünglich einsammeln, am Ende wurden es mehr als 100.000. Etwas mehr als ein Jahr später ist The UnderWater Realm online zu sehen.

Das Ergebnis ist zunächst eine vor allem visuell beeindruckende Arbeit. Gerade unter dem Gesichtspunkt, dass ausschließlich Freiwillige daran beteiligt waren und das Budget verhältnismäßig klein ist für einen Film, der an mehreren Schauplätzen gefilmt wurde und Requisiten wie ein nachgebautes Kampfflugzeug erforderte. Bereits die ersten Szenen des ersten Teils zeugen von einem hohen Anspruch an die Technik und Bildqualität – so ist etwa alles in Ultra High Definition aufgenommen. Die Macher beweisen, dass auch ein kleines Team anspruchsvolle Aufnahmesituationen meistern kann und sich nicht vor professionellen Produktionen verstecken muss.

Jeder Episode verliehen sie eine eigene Ästhetik: Der erste Teil etwa wird ausschließlich in Found-Footage erzählt, im zweiten und dritten Teil dominieren Action-Sequenzen, und die beiden letzten Teile erinnern ein wenig an den Stil historischer Dramen, Pathos eingeschlossen. Was aber alle fünf Episoden gemeinsam haben sind die großartigen Unterwasseraufnahmen, für die das Team ein spezielles Kamera- und Audio-Equipment entwarf.

Eine Geschichte, viele Interpretationen

Und doch bietet The UnderWater Realm nicht bloß schöne Bilder, sondern auch eine Geschichte, die zumindest zum Denken anregt. Basierend auf der Legende von Atlantis geht es um ein antikes Unterwasservolk, das vor den Blicken der modernen Menschheit geschützt am Meeresgrund lebt. Nur wenige Außenseiter haben sie über die Jahrtausende zu Gesicht bekommen. In jeder der fünf kurzen Episoden von The UnderWater Realm findet solch eine Begegnung statt.

Diese Begegnungen scheinen zunächst bestenfalls eine loses Motiv zu sein, das den einzelnen Filmen einen gemeinsamen Rahmen gibt, eine klassische Erzählung gibt es nicht. Und doch, bei genauerem Hinsehen zeigen sich die kleinen Details, die auf eine in sich geschlossene Geschichte hindeuten. Sucht der Zuschauer, der die Episoden von der Neuzeit bis zurück in die Antike ansieht, zunächst nach einer Erklärung für die Entstehung der mysteriösen Atlanter, sieht er in Wirklichkeit ihren Verfall: Mit jeder vergangenen Epoche scheinen sie etwas verloren zu haben. Von dem stolzen Volk bleibt am Ende  nur ein kurzes Aufflackern übrig. Fast komplett ohne Dialog auskommend, bleibt es den Zuschauern am Ende selbst überlassen, eine Lesart zu finden.

(Es empfiehlt sich unbedingt das Abspielen in HD-Qualität: Dafür im Youtube-Player auf das kleine Zahnrad klicken und 720p oder 1080p auswählen. Hier der Link auf Vimeo)

The UnderWater Realm hat aber noch eine dritte Besonderheit, die einmal mehr die Stärke des Online-Mediums zeigt: Es ist vielleicht eines der bis dato am besten dokumentierten Netzfilmprojekte überhaupt. Über die gesamten Dreharbeiten dokumentierten die Macher ihren Fortschritt nahezu wöchentlich mit Behind-the-Scenes-Videos. Das summiert sich auf mehrere Stunden Material und gibt einen spannenden Einblick hinter die Kulissen einer Filmproduktion. Ob es sich um die typischen Probleme handelt, die einer Filmcrew begegnen oder um die Erklärung technischer Details vom Requisiten und Effekten, wie auch diese Zusammenfassung zeigt:

Die fünf Kurzfilme sollen übrigens nicht das Ende von The UnderWater Realm gewesen sein. Denn sollte das Projekt beim Publikum gut ankommen, sind bereits die Drehbücher für drei Spielfilme geschrieben. Einmal mehr könnte ein Online-Projekt das Sprungbrett für eine größere Produktion sein.

 

Hochseiltanz im Mondschein

Tolles Video von Michael Schaefer, der am Cathedral Peak im Yosemite-Nationalpark den Extremsportler Dean Potter auf dem Hochseil der Highline filmte. Durch die Einstellung und große Entfernung (die Kamera stand über einen Kilometer weit weg) kommt die sogenannte Mondtäuschung besonders stark zum Zuge. Der Clip ist ein Auszug aus einer längeren Arbeit für National Geographic.

Update: Wolfgang weist in den Kommentaren darauf hin, das es sich dabei nicht um ein Hochseil, sondern um eine Highline handelt. Ich dachte immer, das sei das Gleiche in neudeutsch, ist aber nicht so. Mea culpa.

 

Die Abenteuer von Tim Maia

Tim Maia war der vielleicht beste Soulsänger, von dem Sie niemals gehört haben.“ So heißt es in der Beschreibung zur Animation The Existential Adventures of Tim Maia. Für meinen Teil jedenfalls stimmt es, ich kannte den Namen bis eben nicht. Dabei war Tim Maia vor allem in Lateinamerika und seiner Heimat Brasilien in den Siebziger und Achtziger Jahren ein regelrechter Star und wurde vom Rolling Stone sogar als bester brasilianischer Sänger aller Zeiten gekürt. Neben seiner Musik machte Maia auch durch zahlreiche Eskapaden Schlagzeilen, sei es durch irrwitzige Verschwörungstheorien, seine zeitweilige Kult-Zugehörigkeit oder den üblichen Exzentrizitäten, die das Showgeschäft so mit sich bringt. Die folgende Animation ist als Teaser zu einem kommenden Best-Of-Album des Sängers entstanden. Erzählt wird die kurze Geschichte von Sänger Devandra Banhart.

 

Ze Frank erklärt die Tierwelt

Ze Frank macht nun auch in Tiervideos. Seit Dezember hat er mehrere Episoden aus der Reihe „Echte Fakten über…“ hochgeladen. Mit dabei sind bis jetzt so possierliche Kreaturen wie der Ameisenigel, das Faultier und – mein Favorit – der Anglerfisch.

 

Zitierte Popkultur in Tarantino-Filmen

Noch ein kleiner Nachtrag zu dem Beitrag über die Supercuts: Collegehumor hat alle Popkultur-Zitate aus den Filmen Quentin Tarantinos chronologisch zusammengeschnitten, inklusive einer (groben) Anzeige der Ära, aus der sie stammen. Zugegeben, gerade die ersten entgehen mir bis auf einige Ausnahmen wie etwa King Kong.

 

Steve Cutts „MAN“

Schöne überspitzte Animation vom Engländer Steve Cutts über die Menschheit und ihr zerstörerisches Wesen, die sich zum Ende hin dann noch einmal furios aufschaukelt.

 

„The Story of Mojang“: Vom Klötzchenbauer zum Millionär

Markus "Notch" Persson (© 2 Player Productions/Mojang)

Als der schwedische Spieleentwickler Markus „Notch“ Persson im September 2010 mit Mojang sein eigenes Studio gründete, besaß er ein bestenfalls halbfertiges Spiel und einige Tausend treuer Fans. Mehr als ein Jahr zuvor hatte er die Alpha-Version von Minecraft veröffentlicht, einem Spiel, bei dem die Spieler ähnlich einem Lego-Baukasten aus Pixel-Klötzchen ihre eigene Welt bauen konnten. Mit Mojang wollte er das Spiel, das sich in der Szene langsam einen Namen machte, endlich weiter- und fertigentwickeln.

Zwei Jahre später ist Mojang eine erfolgreiche Firma mit über 30 Mitarbeitern. Minecraft hat sich auf allen Plattformen inzwischen mehr als 17 Millionen mal verkauft und Persson damit zum Millionär und einem der bekanntesten Gesichter und gefragtesten Sprecher der Indie-Games-Szene gemacht.

Der ideale Zeitpunkt für einen Dokumentarfilm

Die Dokumentation The Story of Mojang verfolgt den Aufstieg Mojangs im vielleicht wichtigsten Jahr seiner Entstehungsgeschichte: Durch das Jahr 2011 begleiten die Macher von 2 Player Productions Persson auf dem Weg zu seinem eigenen Studio und Minecraft auf dem Weg zu internationalem Erfolg. Es war ein Aufstieg, der nicht etwa durch Werbekampagnen und große Titelstorys in Magazinen begründet ist, sondern vor allem durch Mundpropaganda und auch durch YouTube: Hier nämlich sammelten sich schnell Videos von Fans, die so ziemlich alles in Minecraft nachbauten und das Spiel damit binnen weniger Monate einem größeren Publikum vorstellten.

The Story of Mojang erzählt diesen Aufstieg deutlich behutsamer. Bekannte Entwickler wie Peter Molyneux und Tim Schafer sprechen von ihren ersten Begegnungen mit Minecraft und erläutern den Erfolg des Spielprinzips, während angesehene Games-Journalisten erklären, wie das Spiel eine bis dato nahezu unbekannte Szene plötzlich ins Rampenlicht rückte. Dazwischen kommt immer wieder Persson zur Wort, zurückhaltend, huttragend, gleichermaßen überzeugt von seiner Idee, aber doch auch angespannt ob der Zukunft und dem Erfolg seines Studios.

Von der Crowd finanziert, zum Gratis-Download angeboten

Bereits Anfang 2011 über eine Kickstarter-Kampagne finanziert, feierte der fertige Film erst kurz vor Weihnachten diesen Jahres auf der Xbox seine Premiere. Wenig später gab es ihn auch als DRM-freien Download (für circa 6 Euro), auf DVD (circa 15 Euro) und auf einem weiteren Wege: als kostenlosen Download via Torrent auf The Pirate Bay. Dort nämlich haben ihn die Macher selbst angeboten.

„Wir wollten die ersten sein, weil wir wussten, dass der Film sowieso irgendwann hier landen würde“, schreiben sie. Und sagen weiter: „Torrents und Filesharing wird es weiterhin geben. Viele wollen Euch dafür bestrafen, aber wir haben einen realistischeren Blick auf die Dinge.“ Tatsächlich gilt die Torrentbörse der Musik- und Filmindustrie als Dorn im Auge, doch sämtliche Versuche, den Service abzuschalten blieben bisher erfolglos.

Dass sich Mojang für diesen Schritt entschieden hat, ist ebenso ungewöhnlich und doch typisch für das schwedische Studio, das seit jeher eine unkonventionelle Haltung sowohl gegenüber Filesharern als auch der Werbe- und Spieleindustrie einnimmt. Eine Einstellung, die auch den Zuschauern im Verlauf von The Story of Mojang deutlich wird und vielleicht ein weiteres Puzzleteil des Erfolgs ist: Denn bei der Kommunikation und Interaktion mit den Machern gab Minecraft seinen Spielern schon immer das Gefühl, nicht nur Käufer, sondern ein Teil der Community zu sein.

Neben dem überaus erfolgreichen Indie Game: The Movie ist The Story of Mojang bereits die zweite Feature-Dokumentation über die Indie-Games-Szene in diesem Jahr. Und beide Filme haben etwas gemeinsam. Ihnen gelingt es, selbst Außenstehenden diese blühende und immer noch recht verschlossene Szene näherzubringen. Sieht man von einigen etwas langatmigen und beweihräuchernden Passagen ab, ist The Story of Mojang nämlich mehr als die Dokumentation eines Videospiels. Es ist die Dokumentation einer Idee und Kreativität, die durch Arbeit, Leidenschaft und auch etwas Glück zu einem kulturellen Phänomen wurde.