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Die WM in Katar fordert Opfer

Nach der WM ist vor der WM. Während das Turnier in Brasilien zwar für den Gastgeber sportlich wenig erfolgreich verlief, hielten sich zumindest die Proteste in Grenzen. Spätestens bei den kommenden Turnieren 2018 in Russland und 2022 in Katar werden sie uns wieder begleiten. Vor allem aus Katar erreichen uns bereits acht Jahre vor dem Beginn – sollte die WM tatsächlich stattfinden – Nachrichten über hunderte Gastarbeiter, die bei den Bauarbeiten ums Leben kamen. Die meisten von ihnen kamen aus Nepal. ESPN blickt in einer Folge E:60 auf die Gastarbeiter und ihre Arbeitsbedingungen in Katar.

 

Hacker-Webserie: „Phreaked Out“

Im aktuellen Computerspiel Watch Dogs schlüpfen die Spieler in die Rolle eines Hackers. Über eine Software der Stadtverwaltung bekommt dieser die Kontrolle über nahezu alle Einrichtungen der Stadt, und persönliche Informationen direkt von den Smartphones der Bürger. Ein Wisch, und sie sind gehackt.

Nun ist das Hacken in Watch Dogs nicht mit der Realität zu vergleichen, doch das Spiel enthält hinter seiner überspitzten Darstellung der Großstadt im 21. Jahrhundert durchaus interessante Denkansätze. Das dachte auch das Onlinemagazin Motherboard und hat die dreiteilige Serie Phreaked Out produziert, in der es um moderne Überwachung und Hackerangriffe geht – was ist möglich und vor allem: wer weiß darüber Bescheid?

Im ersten Teil geht es um das Verkehrskontrollsystem in Los Angeles. Das wurde im Jahr 2006 gehackt. Wie in Watch Dogs konnten zwei mutmaßliche Hacker plötzlich die Ampeln steuern und die Stadt in ein Verkehrschaos stürzen. In der zweiten Folge geht es um ein Auto, das gehackt wird. Im Zeitalter des vernetzten Autos, in dem Bordcomputer immer wichtigere Funktionen übernehmen, ist auch das längst keine Fiktion mehr.

Ebensowenig wie das Hacken von Mobiltelefonen natürlich. Dass die zahlreichen Sensoren gerne schnüffeln und natürlich die Geheimdienste auf die Verkehrsdaten zugreifen können, ist spätestens seit der NSA-Affäre jedem bekannt. In der dritten Episode von Phreaked Out zeigen zwei Hacker, wie leicht es tatsächlich ist, über die Wlan-Verbindung auf Smartphones zuzugreifen und dabei persönliche Daten anzuzapfen oder falsche Inhalte wie Websites auszuspielen.

Spannend ist auch, wie sie eine Drohne kapern – vielleicht sollte Amazon seine Idee des modernen Lieferdienstes doch noch einmal überdenken.

 

Alan Turing, aus dem Leben eines Genies

Alan Turing ist dieser Tage wieder schwer angesagt. Der britische Logiker und Mathematiker formulierte 1950 den Turing-Test, in dem ein Fragesteller anhand zweier Gesprächspartner herausfinden soll, bei welchem der beiden es sich um einen Menschen und bei welchem um eine Maschine handelt. Am Wochenende dann die scheinbar große Sensation: Ein Chatbot namens Eugene Goostman habe den Turing-Test bestanden! Zum ersten Mal in der Geschichte! Die Roboter sind da und es gibt kein Entkommen!

Nun, nicht wirklich. Denn an dem Test und der Meldung gibt es durchaus berechtigte Kritik. Was aber nicht die Arbeit von Alan Turing schmälern sollte. Im Zweiten Weltkrieg hat er als Codeknacker die Nachrichten der Nazis entschlüsselt, später trug er mit seinen Schriften maßgeblich zur Entwicklung früher Computersysteme bei.

Allerdings war Turing auch eine tragische Figur. Nur zwei Jahre nachdem er den Turing-Test formulierte, wurde er aufgrund seiner Homosexualität zur „chemischen Kastration“ verurteilt, in der er mit dem weiblichen Hormon Östrogen behandelt wurde. Gezeichnet von Depressionen, nahm sich Turing am 7. Juni 1954 das Leben.

Zum 60. Todestag vergangene Woche hat die Universität von Cambridge dem Vordenker eine kurze Dokumentation spendiert. Weitere Arbeiten über Turing und sein Werk hatte ich bereits vor zwei Jahren anlässlich seines 100. Geburtstags zusammengetragen.

 

Auferstanden aus Ruinen: „Living Like Kings“

Am 22. Februar 2011 bebte die Erde im neuseeländischen Christchurch. Es war das größte Erdbeben in der Geschichte des Landes und eines, dass Christchurch schwer traf: Etwa 70.000 Menschen verließen zumindest kurzzeitig die Stadt infolge des Bebens, 100.000 Häuser waren renovierungsbedürftig. Noch heute ist Christchurch mit den Aufbauarbeiten beschäftigt.

Nur einer Gruppe Menschen hat das Erdbeben so etwas wie Glück gebracht: den Obdachlosen Christchuchs. Inmitten der verlassenen Gebäude und Ruinen fanden sie ein unerwartetes Abenteuer. Die kurze Dokumentation Living Like Kings zeigt einige von ihnen. Leider ist der neuseeländische Akzent bisweilen nahezu unverständlich. Dennoch: Die Bilder sind eindrücklich und hätten eine längere Betrachtung verdient – auch unter dem Aspekt der Plünderung, um die es natürlich trotz allem handelt.

Living Like Kings ist ein Teil der Reihe Loading Docs. In jeweils dreiminütigen Filmen geht es um verschiedene Aspekte und Personen Neuseelands.

 

„Berlin 12685“: Willkommen in Marzahn

Berlin-Marzahn hat keinen guten Ruf in der öffentlichen Wahrnehmung. Die Plattenhäuser, die Arbeitslosigkeit, die Nazis, Cindy, solche Geschichten eben. Viele Anwohner widersprechen diesem Bild nur allzu gerne. Denn Marzahn bietet auch bezahlbaren Mietraum und die Brandenburger Natur nur wenige Meter entfernt. Und Marzahn hat noch etwas, das die vielen zugezogenen Neu-Berliner in den hippen Stadtteilen gar nicht kennen: Eine Insel, ein Dorf inmitten der Plattenbauten: Willkommen in Alt-Marzahn.

Genau um dieses Verhältnis zwischen Dorf und Stadt geht es in Berlin 12685, einer Webdoku der Electronic Media School in Potsdam. Die Volontäre porträtieren Marzahn und seine Bewohner. In Videos kommen alteingesessene Marzahner und neue Bewohner zu Wort, die in dem ungleichen Stadtteil mehr als nur eine Heimat fanden:

„Sie sind ein ungleiches Paar, das historische Dorf und der einst moderne Neubau. Getrennt durch sechsspurige Straßen – und doch sind sie in den vergangenen 35 Jahren zusammengewachsen. Durch Kinder aus dem Neubau, die im Dorf in die Kita gehen. Durch Menschen, die im Dorf arbeiten, aber in der Platte wohnen. Durch Produkte, die in Alt-Marzahn für internationale Auftraggeber entstehen. Ein unsichtbares Netzwerk spannt sich durch das Dorf und verknüpft es mit der Platte, mit Berlin, mit der Welt.“

Berlin 12685 ist ein schönes Stück Lokaljournalismus und eigentlich doch mehr: Die zahlreichen Videoporträts, Karten und Illustrationen räumen nicht nur mit den Vorurteilen auf, mit denen Marzahn zu kämpfen hat, sondern geben auch einen kleinen Einblick in das Stadtleben der Zukunft. Am Ende geht es nicht nur um das jetzige Zusammenleben, sondern um die Frage, welchen Weg Marzahn nehmen könnte – und was das möglicherweise für den Rest Berlins bedeutet.

 

„This Place“: Vignetten von der Küste Oregons

Manchmal fragt man sich, was zuerst da war: Die Website oder die Idee für einen Film. Oder anders gefragt: Wie würde es aussehen, wenn Hipster einen Kurzfilm über die Küste Oregons drehen sollten? Ich schätze, This Place kommte der Antwort schon recht nahe. Eine schicke responsive Website und ein Kurzfilm, in dem wenig gesprochen wird und stattdessen kurze Momentaufnahmen aufeinandertreffen, stets begleitet vom beruhigenden Rauschen des Pazifiks. Man wolle die Küste Oregons in einer Serie von Vignetten und einem Kurzfilm abbilden, heißt es in der Beschreibung. Ein bisschen arty ist das schon, aber immer noch besser als das zehntausendste Timelapse-Video.

 

re:publica 2014: „Wo das Internet lebt“

Dass es die letzte Woche hier etwas ruhiger war, lag auch daran, dass ich auf der re:publica unterwegs war. Natürlich ging es dort vor allem um das Internet, bisweilen um Webvideo, und auch ein wenig um die Liebe.

Besonders eine Präsentation hat mir persönlich sehr gefallen: Der Berliner Radiojournalist Moritz Metz stellte in einem 30-minütigen Vortrag vor, wo das Internet lebt. Metz ist dafür um die Welt gereist, und hat die Orte besucht, an denen die Internet-Infrastruktur zusammenläuft: Unter anderem war er am DE-CIX Knoten in Frankfurt, in einem Tunnel in Gibraltar und an einem Strand in Großbritannien.

Wo das Internet lebt ist kein ganz neues Projekt. Metz hatte die Recherche bereits vergangenes Jahr auf und Breitband als Audioreportage veröffentlicht. Ich habe mir damals die Frage gestellt, ob das Format nicht falsch gewählt sei, schließlich möchte man bei diesem Thema doch auch sehen, wo das Internet denn nun lebt. Auf der anderen Seite bin ich aber ohnehin ein Typ, der lieber Geschichten liest und sieht als sie hört.

Jedenfalls hat Metz für Leute wie mich die ganze Sache für Arte Future, sowie jetzt für die re:publica noch einmal als Slideshow mit zahlreichen Fotos aufbereitet. Das Ergebnis ist eine sehr kurzweilige Präsentation, wie ich sie mir öfters auf der re:publica gewünscht hätte: Witzig und informativ, multimedial und ohne viel theoretisches Geschwafel.

Mehr Mitschnitte von der re:publica gibt es im YouTube-Kanal.

 

Mit dem Fahrrad durch die Cordillera Huayhuash

Ich sehe einen Trend. Den Trend, mit dem Fahrrad durch die entlegensten Gegenden der Welt zu touren. Manche fahren dazu alleine durch Kirgisistan, die Abenteurer und Filmemacher Joey Schusler, Sam Seward und Thomas Woodson wollten dagegen die Cordillera Huayhuash umrunden, einen Gebirgszug in den Anden, der kaum erschlossen ist. Sie kamen zar nicht ganz so weit, wie sie geplant hatten, aber zwischen waghalsigen Abfahrten, atemberaubender Aussicht und einigen schweren Stürzen war der Trip im Winter dann doch ein Erfolg, wie der folgende Film zeigt. Auf der Website von Bikemag gibt es auch noch ein sehr schönes Multimedia-Feature über die Reise.