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„Wende vor Gericht“ – das Medienlog vom Dienstag, 5. November 2013

 

Vor dem Oberlandesgericht in München geht es heute um den Mord an Mehmet Kubaşık. Unter anderem soll seine Tochter, Gamze Kubaşık, vor Gericht aussagen. Im Gespräch mit der Deutschen Welle kündigt sie an, vom Leid ihrer Familie durch die Ermittlungen der Polizei zu berichten. Denn auch im Fall Kubaşık wurde von vornherein ein rechtsextremer Hintergrund ausgeschlossen.

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Frank Jansen vom Tagespiegel blickt noch einmal auf die vergangenen Verhandlungstage zurück. Für ihn war der 22. Prozesstag eine Wende. Denn an diesem Tag habe Pinar Kilic, die Witwe des ermordeten Habil Kilic, ausgesagt, und niemals zuvor sei so deutlich geworden, was die Terrorzelle angerichtet habe. „Bei Richter Götzl jedenfalls ist nach dem Auftritt der Witwe Pinar ein Lernprozess zu erkennen. Er herrscht keinen Angehörigen mehr an, gefälligst höflich zu antworten“, schreibt Jansen. Weiter resümiert der Autor: „Zum Auftakt demonstrierte Götzl noch rabiat seine Sitzungsgewalt, jetzt ist seine Dominanz vielschichtig geworden. Er ist noch stur, teilt ruppig aus, hat aber auch sensible Momente, die ihm vor einem halben Jahr kaum jemand zugetraut hätte. Immer wieder fragt er Hinterbliebene und Zeugen, welche Folgen die Tat für sie hatte. Die Antworten sind erschütternd.“

Zwei Jahre nach dem Bekanntwerden des NSU seien noch immer viele Fragen offen, stellt Patrick Gensing vom SWR fest. Antworten seien jedoch kaum möglich, solange die Hauptangeklagte schweige. Viele Hinweise würden außerdem für einen vierten Mann sprechen. Und wie Beate Zschäpe vom Tod ihrer beiden Komplizen Mundlos und Böhnhardt erfahren habe, sei ebenfalls unklar. Genauso wie die Frage, welche Rolle die V-Leute im NSU-Komplex spielten.

Ähnlich sieht das die türkische Tageszeitung Sabah: „Gab es noch eine vierte Person und wer war diese?“ Ebenfalls ungeklärt: Was sollte durch die Vernichtung von Akten vertuscht werden? Der Autor zählt die für ihn offenen Fragen auf: „Haben die Mörder Selbstmord begangen oder wurden sie getötet? Schweigt Zschäpe aus Angst? Wer schützt den Agenten T.? Wo sind die Unterstützer des NSU?“

Andreas Speit von der taz geht auf den N24-Beitrag zur NSU ein, der am gestrigen Montag ausgestrahlt wurde. Die Reportage werfe bekannte Fragen zu dem zufälligen Auffliegen des Trios auf.

In der N24-Reportage verfolgt die Autorin Nadine Mierdorf die Spur eines unbekannten Verstecks des NSU. Sie zitiert den Geheimdienstexperten Bodo Wegmann, der es für unwahrscheinlich hält, dass in der Zwickauer Wohnung tatsächlich drei Personen gelebt haben. Dagegen würden unter anderem der geringe Verbrauch von Strom und Wasser sprechen. Knapp drei Kilometer von der Frühlingsstraße entfernt hat die Autorin einen Funkmast mitten im Wald entdeckt. Die Entdeckung sei deshalb interessant, erklärt die Autorin im Interview, weil sich das Trio über CB-Funk verständigt habe und die Ermittler ein CB-Funkgerät in der Frühlingsstraße gefunden haben.

Keine Berichte in englischsprachigen Onlinemedien.

Das nächste Medienlog erscheint am Mittwoch, 6. November 2013