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NSU-Trio gelangte rasch an Waffen – Das Medienlog vom Dienstag, 12. Mai 2015

 

Mit dem ersten Raubüberfall, der dem NSU zugeschrieben wird, beschäftigte sich das Münchner Oberlandesgericht am Montag. Am 18. Dezember 1998 sollen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt einen Edeka-Markt in Chemnitz überfallen haben. Als Zeuginnen sagten zwei Kassiererinnen aus, die den Raub mitbekamen. Bestätigt sich der Vorwurf aus der Anklage, „wäre das auch ein Hinweis darauf, dass die drei untergetauchten Rechtsextremisten – nur wenige Monate nach ihrer Flucht aus Jena Ende Januar 1998 – bereits Schusswaffen besaßen“, folgert Kai Mudra in der Thüringer Allgemeinen.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Ermittlungsakten von 1998 existieren nicht mehr, sie wurden nach Fristablauf vernichtet. Nebenklageanwalt Eberhard Reinecke wertet den Schredder-Vorgang als „Urkundenunterdrückung“ und „Strafvereitelung im Amt“, wie die Zeitung zitiert. In einem Fall schweren Raubs betrage die Vernichtungsfrist 20 Jahre, sagt der Jurist. Er erstattete deshalb bereits 2013 Strafanzeige.

Auf der Flucht aus dem Supermarkt schossen die Täter auf einen 16-Jährigen, der sie verfolgte, verfehlten ihn jedoch. „Es war das erste schwere Verbrechen der Terrorzelle NSU und beinahe wäre schon ein Mensch getötet worden“, merkt Frank Jansen vom Tagesspiegel. Die Bundesanwaltschaft wertet die Schüsse als versuchten Mord, an dem Beate Zschäpe als Mittäterin beteiligt sein soll.

Möglicherweise handelt es sich bei der Tat allerdings gar nicht um den ersten, sondern den zweiten Überfall des NSU. Das legt die Information des Brandenburger V-Manns Piatto nahe, der bereits im September 1998 in einer Meldung von einem „weiteren Überfall“ sprach.

Der Hinweis deutet an, „dass sich Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe nach ihrem Untertauchen in kürzester Zeit ein Netzwerk aus Helfern aufbauen konnten“, folgern wir auf ZEIT ONLINE. Wahrscheinlich hatten sie auch sehr früh Zugriff auf Waffen, die ihnen Unterstützer beschafften. Daher ist auch nicht auszuschließen, „dass schon früh Pläne für andere Gewalttaten gereift waren“ – wie die zehn Morde, die dem NSU zugeschrieben werden.

Das nächste Medienlog erscheint am Mittwoch, 13. Mai 2015.