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Neue Verzögerung im Prozess droht – Das Medienlog vom Mittwoch, 24. Januar 2018

 

Die Beweisaufnahme im NSU-Prozess ist bereits im Spätsommer des vergangenen Jahres beendet, die Anwälte halten bereits ihre Plädoyers. Doch nun haben die Anwälte des Mitangeklagten Ralf Wohlleben einen neuen Beweisantrag gestellt. Damit wollen sie beweisen, dass nicht er, sondern zwei andere Thüringer Rechtsextreme die vom NSU verwendete Pistole Ceska 83 besorgt haben. Genau deshalb aber ist Wohlleben als Mordhelfer angeklagt. Die Vorwürfe würden „nach der beantragten Beweiserhebung keinen Bestand mehr haben“, heißt es nun in einem neuen Gesuch seiner Verteidiger.

Sie forderten, die beiden Neonazis als Zeugen zu laden und Ermittlungsakten des baden-württembergischen Landeskriminalamts beizuziehen. „Wird Wohlleben also entlastet, weil nicht er die Tatwaffe besorgt haben soll? Wohl kaum“, kommentiert Eckhart Querner vom Bayerischen Rundfunk. Merkwürdig sei, dass der Antrag erst jetzt komme und nicht schon zu Prozessbeginn. Nun sei eine Verzögerung zu befürchten: Entweder durch die Zeugenbefragung oder weil auf eine eventuelle Ablehnung des Gesuchs ein Befangenheitsantrag gegen die Richter folgen wird.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Auch Frank Jansen vom Tagesspiegel weist darauf hin, dass eine abermalige Beweiserhebung Wochen dauern wird. Dass die Plädoyers im Verfahren nun ohnehin für längere Zeit unterbrochen sind, hält auch er für wahrscheinlich.

Während der Plädoyers hatte der Vortrag von Nebenklageanwältin Angela Wierig für Aufsehen gesorgt. Sie sagte unter anderem, dass die Beweislage gegen den Mitangeklagten Ralf Wohlleben nicht für eine Verurteilung wegen neunfacher Beihilfe zum Mord reicht. Zudem kritisierte sie die anderen Opfervertreter für ihre These des institutionellen Rassismus und verteidigte die Hamburger Polizei. Ihre Mandantin, die Schwester des 2001 in Hamburg ermordeten Süleyman Tasköprü, war damit nicht einverstanden – und hat sich nun als Nebenklägerin aus dem Prozess zurückgezogen, wie Wiebke Ramm in der Süddeutschen Zeitung berichtet. Zuvor hatte sie beantragt, Wierig ihr Mandat zu entziehen. Einer Entscheidung der Richter ist sie damit zuvorgekommen.

Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 25. Januar 2018.