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Veröffentlichung von EU-Agrarsubventionen gestoppt

 

Karte Fischerei Subventionen EU
fishsubsidy.org veröffentlicht EU Fischerei Subventionen

Die von der Europäischen Kommission angestrenge „Transparenzinitiative“ steckte am Dienstag eine Niederlage ein: Ein landwirtschaftlicher Betrieb und ein Bauer aus Bayern hatten gegen die detaillierte Veröffentlichung der Zahlungen von EU-Agrarsubventionen geklagt und vorgestern vom EU-Gerichtshof Recht erhalten. Die Entscheidung des Gerichts besagt, dass die Informationen über natürliche Personen, die Empfänger von EU-Geldern sind, in der Form zukünftig nicht veröffentlicht werden dürfen.

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs legt den Finger auf einen wunden Punkt in der Diskussion um OpenData: Wieweit kann das Transparenzinteresse an Datensätzen reichen?

Die Herausgabe der Informationen stelle eine „Verletzung des Rechts der betroffenen Empfänger auf Achtung ihres Privatlebens im Allgemeinen und auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten im Besonderen dar“, urteilten die Richter. Zwar müssten „in einer  demokratischen Gesellschaft die Steuerzahler einen Anspruch darauf haben, über die Verwendung der öffentlichen Gelder informiert zu werden“. Pauschale Veröffentlichungen aber seien unverhältnismäßig, da diese nicht so ausgestaltet seien, „nach einschlägigen Kriterien wie den Zeiträumen, während deren sie solche Beihilfen erhalten haben, der Häufigkeit oder auch Art und Umfang dieser Beihilfen zu unterscheiden“.

Das gesamte Urteil findet sich hier.

Obwohl nur die Veröffentlichung der Daten über natürliche Personen moniert worden war, wurde unter anderem in Deutschland sofort die gesamte Liste der Empfänger von Agrarsubventionen von der dafür vorgesehenen Website entfernt. Erst im Sommer des vergangenen Jahres hatte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) nach Androhung von Strafzahlungen seitens der EU schließlich die Informationen freigegeben.

Dadurch wurde eines der Vorzeigeprojekte der OpenData-Initiative erst möglich, eine Datenbank, dank derer die Subventionen dargestellt und aufbereitet werden können. Dieses farmsubsidy.org, stellt die bislang veröffentlichen Datensätze zu den Agarbsubventionen auch weiterhin zur Verfügung. Nur neue Daten gibt es erst einmal nicht. Bei der NGO EU Transparency, die das Portal betreibt, wird nun erwartet, dass eine ausgefeiltere Gesetzgebung die seitens des Gerichtshofes monierten Aspekte berücksichtigt.

Unlängst hatte die Organisation ihr Angebot zu den EU-Subventionen im Fischereiwesen, fishsubsidy.org, mit einer interaktiven Karte zur Finanzierung von Fischereischiffen erweitert.

Solche Angebote müssen nun überdacht werden. Denn es ist zu einfach, zu sagen, alle Empfänger von staatlichen Geldern müssen eben einen Preis dafür zahlen und als Gegenleistung einverstanden sein, namentlich genannt zu werden. Zwar klingt das bei Agrarsubventionen einleuchtend. Nicht zuletzt, weil gerne unterstellt wird, die Landwirtschaft würde viel zu viele davon erhalten. Würde aber vorgeschlagen, alle Empfänger von staatlichen Transferleistungen, etwa Hartz IV, in einer öffentlichen Datenbank einzutragen, gebe es vermutlich großen Lärm.

Wobei die Ursache für einen solchen Aufschrei vor allem in der hierzulande herrschenden Kultur zu suchen ist. In Schweden beispielsweise ist es seit hunderten Jahren selbstverständlich, dass staatliche Unterlagen allen zugänglich sind – dazu gehören auch die Steuererklärung jedes Einzelnen.

Das Urteil des Gerichthofs bedeutet daher ersteinmal einen Rückschlag: Transparenz im Umgang mit Geldern des Steuerzahlers – ob Subventionen, Sozialtransfers oder Steuer – wäre letztlich ein demokratischer Fortschritt. Auch wenn einem selbst bei dem Gedanken erst einmal etwas unwohl wird.