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Das nicht allzu überraschende vorzeitige Aus von Schwarz-Grün in Hamburg

 

Die Koalition von Christdemokraten und der sich in Hamburg „Grün-Alternative Liste“ (GAL) nennenden Grünen funktionierte über mehr als zwei Jahre relativ reibungslos. Ein Grund dafür wird im guten Koalitionsklima gesehen, dass maßgeblich durch die relevanten Personen in einer Koalition bestimmt wird: Mit Ole von Beust als dem Musterexemplar eines liberalen Christdemokraten konnten die Grünen in der Hansestadt vertrauensvoll regieren, was mit von Beusts Nachfolger, dem häufig „Law and Order“-Mann bezeichneten Christoph Ahlhaus, von Beginn an wesentlich schwieriger war.

Doch war nach der Bürgerschaftswahl vom Februar 2008 eine Koalition aus CDU und GAL überhaupt das optimale Ergebnis des Koalitionsbildungsprozesses? Oder wären andere Parteienkombination, die sich aus der vier Fraktionen (CDU, SPD, GAL und Linke) umfassenden Hamburger Bürgerschaft hätten ergeben könnten, von Anfang an wahrscheinlicher gewesen? Auf der Grundlage aller Regierungsbildungen in den Bundesländern von 1990 bis zur Hamburg-Wahl im Februar 2008 lassen sich mit Hilfe statistischer Verfahren die Determinanten der Koalitionsbildung ermitteln und auf dieser Basis auch die Wahrscheinlichkeiten für alle potentiell möglichen Koalitionen in der Hamburgischen Bürgerschaft für die Legislaturperiode von 2008 bis 2012 berechnen. Die Ergebnisse zeigen, dass „Schwarz-Grün“ einen starken Konkurrenten hatte: gemäß den in der Tabelle abgetragenen Wahrscheinlichkeiten war eine große Koalition aus CDU und Sozialdemokraten mit einer Chance von 48,5% nur geringfügig unwahrscheinlicher als ein Bündnis von Christdemokraten und GAL. Daran ändert sich auch nichts, wenn man die Koalitionsaussage der SPD und ihres damaligen Spitzenkandidaten Michael Naumann, kein Bündnis mit der „Linken“ einzugehen, nicht in der Analyse berücksichtigt: Noch immer dominieren Schwarz-Grün und Schwarz-Rot das Koalitionsspiel.

Koalitionsoption SPD schließt Koalition mit der „Linken“ aus SPD schließt Koalition mit der „Linken“ nicht aus
CDU und GAL 48,9% 42,2%
CDU und SPD 48,5% 41,9%
CDU-Minderheits-
regierung
1,9% 1,6%

 

Ein Grund für den „Gleichstand“ beider Parteikombinationen liegt in den programmatischen Unterschieden zwischen den Hamburger Parteien. Trotz der – im Vergleich zu anderen Landesverbänden der Union – sehr moderat ausgerichteten Hamburger CDU waren die Schnittmengen zwischen GAL und Union aufgrund ihrer Wahlprogramme deutlich geringer als zwischen SPD und Grün-Alternativen. Dies gilt sowohl für wirtschafts- und sozialpolitische Fragen als auch für das Politikfeld Gesellschaft, das auch die insbesondere für Hamburg relevante Bildungspolitik mit abdeckt. Wenn sich die programmatischen Positionen von CDU und Grünen nicht maßgeblich annähern, worauf momentan nichts hindeutet, dann wird Schwarz-Grün mittelfristig keine stabile Konstellation sein. Ob dies auch für „Jamaika-Koalitionen“ gilt, wird die Entwicklung des Bündnisses aus CDU, FDP und Grünen an der Saar in den kommenden Monaten zeigen.