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Der doppelte Kauder

 

CDU-Fraktionschef Volker Kauder hat der Welt ein Interview zum Thema Pegida gegeben, das ich unter mehreren Gesichtspunkten sehr interessant finde. Ohne dass dieses Problem explizit zur Sprache käme, erzählt das Interview zum Beispiel sehr beredt von den Schwierigkeiten der Union, eine Linie im Umgang mit den Pegida-Demonstranten zu finden. Kauder redet über die Abgrenzung zur AfD, zur NPD, zum Rechtsextremismus allgemein – aber er entwickelt keine eindeutige Haltung zu Pegida. Er warnt die Teilnehmer davor, sich mit Rechten gemein zu machen, sagt aber auch, dass es vollkommen normal sei, in einer Demokratie zu demonstrieren. Das ist nicht einmal widersprüchlich. Eine Partei hat ja auch das gute Recht, eine Position in Ruhe zu entwickeln.

Auf einer anderen Ebene ist Kauder in dem Gespräch allerdings seltsam mehrdeutig. So sagt Kauder zum Beispiel mit Blick auf das gestrige Weihnachtsliedersingen der Pegida-Demonstranten in Dresden:

„Wer Weihnachtslieder singt, wird etwa daran erinnert, dass Jesus Christus im Stall geboren wurde, weil er keine Herberge gefunden hat. Ein Weihnachtsgebot lautet: Gebt Herberge. Deswegen ist es doch gut, dass die Menschen in Dresden Weihnachtslieder gesungen haben.“

Fast scheint es, als wolle Kauder damit sagen: Da sollten die mal drüber nachdenken, diese Pegida-Leute!

Ein paar Antworten später fragen die Welt-Redakteure Kauder allerdings nach der Institution des Kirchenasyls. Kauders Antwort:

„Das Motiv dieser Christen ist ehrenwert. Ich sage aber ganz klar: Wir leben in einem Rechtsstaat. Der Staat sollte nicht daran gehindert werden, einen abgelehnten Asylbewerber abzuschieben. Deswegen halte ich Kirchenasyl für eine höchst problematische Sache.“

Natürlich muss man das nicht als Widerspruch werten. Wenn Kauder davon ausgeht, dass eben unser Rechtsstaat diejenige Institution ist, die „Herberge gibt“, und die Kirchen das deshalb nicht brauchen, stimmt das sogar. Aber man kann – und ich glaube: man darf – das auch anders sehen. Ich glaube nämlich, Kauder will das Kunststück vollbringen, sich von Pegida zu distanzieren, ohne sich von Pegida zu distanzieren.

Ein weiteres Beispiel. Die Welt-Redakteure wollen wissen: „Droht uns Islamisierung?“ Kauders Antwort:

„Es gibt keine Gefahr einer Islamisierung unserer Kultur.“

Ein paar Absätze später gibt Kauder dann jedoch dieser Sorge Ausdruck:

„Es darf nicht dazu kommen, dass in Deutschland eine islamische Partei entsteht. Es ist schon bedenklich genug, dass es in Deutschland einen Ableger von Erdoğans AKP gibt.“

Keine Gefahr – bedenklich genug. Gebt Herberge – problematische Sache. Ja, Nein, Jein.

Mag sein, dass manche Leser und Leserinnen Kauders Aussagen besonders differenziert finden. Ich weiß am Ende nicht mehr als vorher über seine Haltung gegenüber Pegida.