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Schwein oder nicht Schwein

 

Den „Lübecker Nachrichten“ von Montag ist zu entnehmen: Die CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag sorgt sich, weil es in den Kantinen des Landes anscheinend immer seltener Gerichte mit Schweinefleisch gibt. Erleichterung soll ein Antrag bringen, den die Konservativen im Landesparlament einbringen wollen. Dem Bericht zufolge heißt es darin: „Die Landesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass insbesondere Schweinefleisch auch weiterhin im Nahrungsmittelangebot sowohl öffentlicher Kantinen als auch in Kitas und Schulen erhalten bleibt.“

Es ist aufschlussreich, wie dieser Einsatz für das Schweinefleisch begründet wird. Zum einen befördere Schweinefleisch eine „gesunde und ausgewogene Ernährung“, steht da. Zum zweiten geht es der CDU um nicht weniger als unsere Grundwerte: „Toleranz bedeutet in einer pluralistischen Gesellschaft auch die Anerkennung und Duldung anderer Esskulturen und Lebensweisen“, heißt es dem Bericht zufolge in dem Antrag nämlich weiter.

Die Lübecker Nachrichten ergänzen, dass der CDU-Landwirtschaftsexperte Heiner Rickers, offenbar die treibende Kraft hinter dem Antrag, die sinkende Präsenz von Schweinefleisch in den öffentlich Küchen vor allem auf den zunehmenden Einfluss von Vegetariern, Veganern und Muslimen zurückführt. In einer Berufsschulkantine in Itzehoe, so Rickers, seien sogar Mettbrötchen aus dem Angebot verschwunden. Und CDU-Fraktionschef Daniel Günther weiß zu berichten, dass er und seine Leute aus jedem Wahlkreis von mindestens einer Kita gehört hätten, die aus Rücksicht auf muslimische Kinder auf Schweinefleischhaltige Angebote verzichte.

Es gilt hier fairerweise zu ergänzen, dass es der CDU-Fraktion fern liegt, einen „Pork-Day“ einzurichten oder Muslime zu zwingen, Schwein zu essen. Auch das berichten die „Lübecker Nachrichten“ gewissenhaft.

Ich bin selbst Norddeutscher, und zwar aus Niedersachsen. Ich weiß, wie identitätsstiftend der Verzehr von Schweinefleisch sein kann. Hier wird die Sau geschlacht‘, hier wird die Wurst gemacht: Das singt man auch am Südhang des Teutoburger Waldes.

Allerdings weiß ich auch, wie wichtig die Schweineindustrie als Arbeitgeber ist. Ich nehme an, das gilt für Schleswig-Holstein fast im selben Maße.

Könnte es also sein, dass es bei dem Vorstoß der CDU-Fraktion nicht ausschließlich um hehre Werte wie Ernährungsausgewogenheit und Toleranz geht, sondern auch um schnöden Zaster? Und dass dieser Grund nicht aufgeführt wird? Denn natürlich kostet es Umsatz und Absatz, wenn Kantinen, die ja Großabnehmer sind, immer weniger Schwein verarbeiten.

Ja, ich vermute sogar: Das haut mehr rein als das Gefühl, fremd im eigenen Land zu sein, weil es für die Drittklässler kein Kassler gibt oder Berufsschüler ihr Mettbrötchen von zuhause mitbringen müssen.

Ich bin natürlich keineswegs für ein Verbot von Schweinefleisch, verstehen Sie mich nicht falsch. Ich glaube nur nicht, dass ein Teil der deutschen Kultur oder der Identitätskern des Abendlandes bedroht sind, wenn der Markt auf sinkende Nachfrage reagiert.

Aber das ist natürlich nur so ein Gedanke, und dies hier nur ein kleines Blog.

Seien Sie trotzdem versichert: An dem Tag, an dem man in Deutschland Schweinefleisch nur noch unter der Ladentheke bekommt, bin ich der Erste, der dagegen auf die Straße geht!