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„Aus Hass ein Fest machen“

Viele Journalisten kriegen Hassbriefe.

Journalisten, deren Namen auf einen nahöstlichen Migrationshintergrund deuten, bekommen allerdings besondere Hassbriefe.

Das sage ich nicht nur so, sondern aus Erfahrung. In solchen Zuschriften wird man oft gar nicht für das beschimpft, was man geschrieben hat – sondern für das, was man vermeintlich ist: Ein Muslim, ein Ausländer, ein Nicht-Deutscher, einer (oder eine) jedenfalls, der (oder die) sich hier gefälligst nicht einmischen soll.

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Vier arabische Staaten verbieten John-le-Carré-Verfilmung

John le Carré hat sich Zeit gelassen, bevor er, der Großmeister des Geheimdienst-Romans, auf die Anschläge des 11. September 2001 und den anschließenden US-geführten war on terror literarisch reagierte: Erst 2008 erschien sein Thriller A Most Wanted Man, auf Deutsch Marionetten, in dem le Carré schildert, wie ein vermeintlicher tschetschenischer Terrorverdächtiger in Hamburg anlandet und von US-Geheimdienstlern gekidnappt wird, Ausgang offen. Es ist ein Buch, das die dunklen Seiten dieses Krieges gegen den Terror auslotet, und aus dem die Sorge um die Menschenrechte, letztlich die Sorge um die kollektive Vernunft des Westens spricht. Im vergangenen Jahr erschien der Kinofilm zum Buch, Philip Seymour Hoffman und Willem Dafoe zählten zu den Darstellern.

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Wie man die Propaganda von Dschihadisten (nicht) bekämpfen kann

Westliche Freiwillige, die zum Kämpfen nach Syrien gehen und sich dort dschihadistischen Gruppen anschließen, haben teils sehr unterschiedliche frühere Leben geführt. Es sind Ex-Rapper darunter und Studenten, Arbeitslose und Schüler, frühere Gelegenheitskriminelle und ehemalige Kiffer und Trinker, es sind Konvertiten aus bürgerlichen Familien ebenso dabei wie Sprösslinge aus Hartz-IV-Familien, kurzum: Das Profil ist nicht scharf. Was es allerdings so gut wie gar nicht gibt, das sind Syrien-Kämpfer, die sich ernsthaft politisch engagiert haben, bevor sie in den Krieg zogen.

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Wie ein Pastor in einer Predigt Katholiken, Buddhisten und Muslime beleidigt

Am 18. Januar hat der Bremer Pastor Olaf Latzel in der St.-Martini-Gemeinde in Bremen eine, wie er selbst sagt, „harte“ Predigt gehalten. Jetzt hat er deswegen reichlich Ärger; so prüft zum Beispiel die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung.

Und was hat Latzel gesagt? Seine Predigt (hier zum Nachhören) kreiste um die Geschichte des Gideon aus dem Buch der Richter. Der wird von Gott aufgefordert, einen heidnischen Altar zu zerstören. „Reinigung“, nennt Latzel das. Und kommt recht schnell auf die Bedeutung zu sprechen, die das für das Leben eines Christen im Jahr 2015 in Bremen habe: „Wenn ich Christ werde“, sagt er etwa, „dann habe ich keine Talismane… auch keine Buddha-Statue.“ Auch wenn es vielleicht nett sei, so einen „dicken, fetten Herrn“ im Wohnzimmer stehen zu haben: „Das muss weg!“

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Wie Gauland den Islam fremder macht, als er ist

Was bedeutet das eigentlich: einander „kulturell völlig fremd“ zu sein?

Ich habe mal einige Tage in einer Aborigine-Community im australischen Outback verbracht. Da habe ich erhebliche kulturelle Unterschiede festgestellt. Genau genommen habe ich gar nicht begriffen, was um mich herum geschah. Es gab nicht nur eine Sprachbarriere. Ich wusste auch nicht, was wichtig ist. Oder wer. Ich hatte keine Ahnung, welche Regeln gelten. Ich verstand nicht, was die anderen in mir sahen oder nicht sahen, ob sie etwas von mir erwarteten – und wenn ja, was?

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Der „Islamische Staat“ ärgert Al-Kaida – und droht dem Westen

Es gibt Mitteilungen dschihadistischer Terrorgruppen, für die muss man nachts auch mal wach bleiben; die neue, gegen Mitternacht veröffentlichte Rede von Abu Muhammad al-Adnani, dem offiziellen Sprecher des „Islamischen Staates“, gehört nicht dazu. Seine Hauptbotschaft ist dieselbe wie immer: Die Dschihadisten werden siegen, alle anderen werden sterben. Es reicht locker, wenn Sie das heute Vormittag erfahren.

Interessanter ist, wie so oft, die Ebene unterhalb der angekündigten Apokalypse.

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Pegida ist noch lange nicht vorbei

Pegida-Orgnisator Lutz Bachmann ist über ein Hitlerbärtchen gestolpert und zurückgetreten. Und in Leipzig stellte sich den Legida-Marschierern eine Überzahl an Gegendemonstranten in den Weg, so wie zuvor schon in Hamburg, Berlin, München, Köln und anderen Orten. Schlechte Nachrichten für die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ – ohne Zweifel. Aber ist jetzt alles wieder in Butter? Pegida abgehakt, weil das Gute gesiegt hat? Wenn schon Jakob Augstein drüben bei SPIEGEL ONLINE „stolz“ ist, weil „Deutschland (…) mit diesen rechten Spinnern nichts zu tun haben (will)“ – kann man dann nicht offiziell Entwarnung geben? 

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Was bedeutet das Bekennervideo von Al-Kaida zum Anschlag von Paris?

Am Mittwochvormittag hat die Filiale des Terrornetzwerks Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel, deren Operationszentrale im Jemen liegt, ein elf Minuten langes Video veröffentlicht. Darin übernimmt die Organisation die Verantwortung für den Anschlag auf die Redaktion des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo vergangene Woche. Ich habe mir das Video angesehen und die wichtigsten Fragen und Antworten dazu zusammengestellt.

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„Die Führung von Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel hat diese Operation angeleitet….“

Nur wenige Stunden nachdem die beiden mutmaßlichen Mörder der Charlie-Hebdo-Mitarbeiter in Paris am Ende einer Geiselnahme selbst ums Leben gekommen sind, hat die Filiale des Terrornetzwerks Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) auf mehreren Kanälen beansprucht, für den Anschlag verantwortlich zu sein.

Gegen 22 Uhr am Freitagabend deutscher Zeit meldete sich in arabischer Sprache ein mutmaßliches hochrangiges Mitglied der Organisation auf Twitter zu Wort. „Die Führung von Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel hat diese Operation angeleitet“, erklärte er dort. „Das Ziel war Frankreich, wegen der offensichtlichen Rolle des Landes im Kampf gegen den Islam.“ Osama bin Laden, der 2011 getötete Al-Kaida-Gründer, habe Frankreich noch zu Lebzeiten gewarnt.

Fast zeitgleich sandte ein AQAP-Kader (vielleicht handelt es sich um dieselbe Person) eine englische Übersetzung dieser Tweets nach meinen Recherchen an mehrere internationale Medien. Als erster berichtete der Enthüllungsjournalist Jeremy Scahill darüber.

Ebenfalls fast zeitgleich veröffentlichte AQAP auf YouTube eine Audioansprache ihres „Scharia-Beauftragten“ Harith al-Nasari, der ebenfalls auf den Anschlag Bezug nahm, ihn allerdings nicht explizit als Tat von Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel bezeichnete.

AQAP ist eine von drei Filialen des Terrornetzwerks Al-Kaida und mit Abstand die schlagkräftigste. Sie hat in den vergangenen Jahren mehrfach Anschläge auf Ziele im Westen verübt – auf Frachtflugzeuge ebenso wie auf einen US-Passagierjet auf dem Weg von Amsterdam in die USA. Im letzteren Fall gelang es dem Attentäter an Bord der Maschine allerdings nicht, seinen Sprengsatz zur Zündung zu bringen.

Der Chef von AQAP, Nasir al-Wuhaishi, ist der stellvertretende Anführer von Al-Kaidas Mutterorganisation und damit die Nummer zwei hinter dem Ägypter Aiman al-Sawahiri, der 2011 auf Osama bin Laden folgte und im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet vermutet wird.

Beide Erklärungen – das Video und die Tweet-Sammlung – liegen ZEIT ONLINE vor. Es spricht viel dafür, dass sie authentisch sind. Aber beide Erklärungen enthalten kein Täterwissen. Weder werden die Pariser Attentäter namentlich erwähnt, noch wird Bezug genommen auf den genauen Vorgang des Anschlags oder sein Ende oder auch nur auf das Magazin Charlie Hebdo. Das stimmt skeptisch. Aber es wäre nicht untypisch, wenn AQAP in Bälde nachlegt – und in einigen Tagen zum Beispiel Videoaufnahmen mit Abschiedsbotschaften der Attentäter oder Bilder vom Training im Jemen nachreicht. So war es zum Beispiel bei dem nigerianischen Attentäter, der 2009 den US-Passagierjet zum Absturz bringen sollte.

Plausibel ist die Erklärung noch aus zwei anderen Gründen. So hat französischen Medienberichten zufolge ein Augenzeuge des Anschlags auf die Redaktion von Charlie Hebdo erklärt, dass einer der Angreifer ihm gesagt habe, er agiere im Auftrag von AQAP. Am Freitagabend wurde zudem bekannt, dass die beiden Attentäter während der finalen Geiselnahme außerhalb von Paris mit einem französischen Fernsehsender Kontakt hatten – und den Reportern ebenfalls ausgerichtet hatten, sie seien von AQAP finanziert und angeleitet worden.

AQAP hat zudem im vergangenen Jahr einen der ermordeten Karikaturisten auf einer Wanted-Liste namentlich erwähnt. Einer der beiden Pariser Attentäter soll sich 2011 zudem im Jemen bei AQAP aufgehalten haben.

AQAP agiert vor allem im Jemen. Die Gruppe, deren Kämpferzahl auf eine niedrige vierstellige Zahl geschätzt wird, existiert seit fast zehn Jahren. In ihrer Führung finden sich einige sehr erfahrene Dschihad-Veteranen und Bombenbauer. Die Gruppe verübt regelmäßig schwere Anschläge im Jemen, vor allem gegen Sicherheitsbehörden und schiitische Gruppen; immer wieder hat sie aber auch Anschläge gegen westliche Ziele geplant – und gegen Ziele in Saudi-Arabien, dessen Regime AQAP bekämpft.

Wenn man alle diese Informationen übereinanderlegt, ergeben sie ausdrücklich keinen Beweis, dass AQAP für den Anschlag in Paris verantwortlich war. Aber eine plausible Indizienkette.

Es ist damit zu rechnen, dass in den kommenden Tagen weitere Erklärungen von AQAP veröffentlicht werden.

Wir werden weiter berichten.