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Der Wanst Gottes

 

Vorbemerkung

Oh Mama, Mama, Mama! Oh Mama, Mama, Mama! Willst Du wissen, wieso mein Herz so schlägt? Ich habe Maradona gesehen. Zugegeben, nur im Fernsehen. Doch der heilige Diego hat deutschen Boden betreten. Und Zigarre schmauchend auf der Trainerbank Platz genommen. Dass er dort jedoch an seine Spielerkarriere anknüpfen kann, ist so gut wie ausgeschlossen.

Auch wenn die Argentinier nicht in Bestform sind – für Joachim Löw ist das Spiel die Generalprobe für Südafrika. Wird er Bastian Schweinsteiger auf der 6 spielen lassen? Wer spielt neben Per Mertesacker Innenverteidiger? Gibt Löw Toni Kroos und Thomas Müller eine Chance? Als wie loyal erweist sich Kapitän Michael Ballack, dem sein Bootsmann Frings genommen worden ist? Fragen über Fragen, wer findet mit uns die Antworten?

YouTube: Napoli-Fans schlägt das Herz

Aufstellung

Deutschland Adler – Lahm, Tasci, Mertesacker, Boateng – Schweinsteiger, Ballack – Podolski, Özil, Müller – Klose

Argentinien Romero – Heinze, Samuel, Demichelis, Otamendi – di Maria, Veron, Mascherano, Gutiérrez – Higuaín, Messi

Bemerkenswert: Debüt für Thomas Müller, Miroslav Klose und Mario Gomez tauschen die Rollen aus dem Verein, Bastian Schweinsteiger spielt die 6. Oliver Kahn findet die Aufstellung der Deutschen „spannend“, sprich: zu offensiv.

20:20 Oliver Kahn gibt den Ton des Abends vor: „Zwischen Deutschland und Argentinien gibt es keine Testspiele.“

20:25 Andere Live-Blogs: Entscheidend is auf’m Platz, 11 Freunde … Wer noch?

20:30 Länderspiel in München – wäre das nicht ein idealer Ort für Jens Lehmanns Comeback gewesen? Nur so zum Spaß. Aber wir haben ja eine gute Nummer 1.

8′ Gibt es das Trikot auch in deiner Größe, Gutiérrez?

15′ Höhepunkte bislang: eine falsche Abseitsentscheidung für Deutschland und eine Rettungsaktion von Adler wie aus dem Turnunterricht: mit eingeleiteter Rotation um die x-Achse, dank Hilfestellung von Mertesacker, den „baumlangen“ (Béla Réthy).

17′ Das Münchener Publikum heute ungewohnt zurückhaltend.

22′ Lahm versucht sich mit einer Kopie seines Tores gegen Costa Rica 2006. Muss ich streichen, denn Béla Réthy sagt es in dem Moment, in dem ich das schreiben wollte.

25′ Klose versucht einen Doppelpass mit Özil, aber ohne Ball. Podolski schlägt eine Flanke auf einen Stürmer, den nur er sieht. Bezeichnende Szenen für das deutsche Angriffsspiel.

32′ Das Spiel ist so aufregend wie ein Album von Sade: Man nimmt mit leicht gesenkten Lidern davon Notiz … und fünfzehn Minuten später stellt man fest, es läuft ja immer noch.

35′ Béla Réthy heute mit ungewohnt vielen Fakten, die Wikipedia oder fussballdaten.de entstammen könnten, die wie abgelesen oder auswendig gelernt klingen.

38′ Lattenschuss der Argentinier reißt mich aus meiner Trance: di Maria, der „Portugal-Profi“ (Réthy) macht Mertesacker, Tasci und Boateng in der Telefonzelle nass, zieht vom Strafraum ab, aber Adler hält glänzend und lenkt das Spielgerät an die Latte.

45′ Tor für Argentinien Higuaín 0:1 Deutsche Innenverteidigung um Mertesacker viel zu weit aufgerückt, Adler kommt raus, kommt aber nicht in den Ball, Higuaín macht aus dreißig Metern ein „empty net goal“.

Halbzeit 0:1 Ganz maues Spiel der Deutschen: keine gelungene Aktion nach vorne, Fehlpässe, keine Abstimmung im Mittelfeld, Loch vor der Abwehr, schmalbrüstige Abwehrspieler, ganz grausamer Anfängerfehler beim Gegentor, denn die Verteidiger rückten bis über die Mittellinie auf und ermöglichten so den Argentiniern einen leichten tödlichen Pass. Stichwort Abseitsregel. Argentinien scheint fast überrascht über die Harmlosigkeit des WM-Halbfinalisten. Au Backe!

Entschuldigung, ich musste mal laut werden. Geht jetzt wieder.

Das ZDF hat den Tormann als Fehlerursache für das Gegentor ausgemacht. Ich bin seit einiger Zeit für Neuer, er hat die besten Anlagen. Aber in dem Fall kann man Adler nicht mehr als eine Teilschuld vorhalten. Das ist ein Ball für die Innenverteidigung, also Mertesacker und Tasci.

Wechsel Gomez für Klose.

49′ Mertesacker „unterspringt“ schon wieder einen langen Flugball. Was ist denn los?

51′ Ah, Podolski spielt auch mit. Der Kölner heute mit ungewohnt passivem Spiel ohne Ball.

57′ Wie leicht man den Deutschen den Ball abnehmen kann! Wird vor allem Gutiérrez denken müssen. Özil führt den Ball, als ob er mit seinem Dackel Gassi ginge.

60′ Soeben ist mir der Wanst Gottes erschienen.

67′ Cacau und Neuling Toni Kroos rein, Özil und Müller raus. Argentinien musste inzwischen zwei Verteidiger (Heinze, Demichelis) wegen Verletzungen auswechseln. Das sollte sich doch jetzt bemerkbar nachen.

70′ Messi rächt sich, nach einigen Fouls an ihm, am Kleinsten: Philipp Lahm. Der ihm bislang gar nichts getan hat. Ob sich dieser dazu in seinen bevorzugten sozialen Netzwerken äußern wird. Messi mit Gelb übrigens milde bestraft.

81′ Die Zeitschrift Neon hat eine Twitter-Rubrik „Unnützes Wissen des Tages“. Ich glaube, die füttern sie mit Béla-Réthy-Zitaten. Mit dem Protokoll von heute dürften sie bis Ostern durch sein.

86′ Pfostenstoß von Argentinien nach einer Carambolage des Balles mit Adler und Burdisso. Den Freistoß schickte Veron vom Flügel auf die Reise – und zwar um die Mauer. Adler, Mauer besser stellen!

Endstand Deutschland–Argentinien 0:1 Das. War. Nichts. Taktisch, balltechnisch und in den Zweikämpfen deutlich unterlegene Deutsche verlieren chancenlos gegen Argentinier, die sich die Aufgabe sicher schwerer vorgestellt haben. Wo anfangen? Das 4:2:3:1-Konzept von Löw mag modern sein, aber es haut nicht hin. Für Podolski geht das Spiel erst los, wenn er den Ball hat. Özil ist weit entfernt von seiner Herbstform. Klose lässt sich den Ball viel zu leicht abjagen (was heißt hier jagen?) und konnte sich nicht ein einziges Mal durchsetzen.

Die Abstimmung zwischen Ballack und Schweinsteiger passt nicht, mehr als einmal muss der linke Verteidiger Lahm das Loch im Zentrum vor der Abwehr stopfen. Der aber nach vorne heute auch nicht viel hinbekommt. Resultat in der Offensive: keine Torchance. Bloß zwei Fernschüsse des eingewechselsten Cacau und ein Fast-Angriff in Halbzeit Eins, als Demichelis Özil bremste.

Beim Gegentor, um Himmels Willen!, ist die Innenverteidigung im Modus „Italien März 2006“. Mertesacker steht etwa fünf Meter in der gegnerischen Hälfte, das ist, sorry, ein Anfängerfehler. Tasci ist in dem Moment gar nicht zu sehen. Einfacher kann man es dem Gegner nicht machen, denn Torschütze Higuaín hat beim Pass schon Vorsprung, ohne Abseits zu stehen. Und Adler ist dann eben verloren, verlassen. Ohne Diskussion und Zweifel wird er bis Sommer aber nicht durchkommen.

Kein gutes Vorzeichen für Südafrika, auch wenn das reine Ergebnis harmlos klingt. Gegen den Spieler Maradona – den Größten, nein, den Einzigen – zu verlieren, war Ehrensache. Gegen den Trainer Maradona zu verlieren, tut sicher weh. Zumal Maradona nicht nur die besseren Einzelspieler hat, sondern auch an diesem Abend die schlüssigere Taktik.

Lesen Sie morgen früh den Bericht des Kollegen Steffen Dobbert, unserem Reporter in München. Gute Nacht und danke fürs Mitspielen!