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Deutschland – Nigeria 1:0

 

Schlussbemerkungen:

Wenn es noch einen Beweis bedurft hatte, dass Frauenfußball eben so ist, wie Fußball manchmal ist: Bitte, das zweite WM-Spiel des deutschen Teams hat ihn geliefert – welch ein Kampf, zeitweilig welch ein Krampf, vor allem: Welch ein unfaires Spiel.

Das Team von Sylvia Neid kann sich nach dem knappen Sieg gegen Nigeria ärgern und freuen.

Ärgerlich waren die vielen Ungenauigkeiten, besonders bei den entscheidenden Pässen. In keiner Phase des Spiels konnten die Frauen die Partie kontrollieren. Hektik und die vielen Fouls der Nigerianerinnen bestimmten den Spielverlauf. Wenn Melanie Behringer nach der Verletzung für weitere WM-Spiele ausfallen sollte, wäre das zudem eine Schwächung der ersten Elf.

Freuen über den WM-Abend dürften sich trotz der schwachen sportlichen Leistung die Organisatoren des Turniers. Noch kein WM-Spiel war ruppiger, keines spannender, als diese Partie. Wenn es bis hierher ein Drehbuch für den WM-Verlauf aus deutscher Sicht gegeben hätte, hätte seine Geschichte zu diesem Spiel gepasst: WM-Viertelfinale frühzeitig erreicht, aber langweilig war es nicht.

Die Rolle der Verliererin gehörte auch an diesem Abend Birgit Prinz. Die in der Vergangenheit beste deutsche Spielerin wütete nach ihrer Auswechslung und starrte lange enttäuscht in die Nacht. Sie spielte erneut schwächer als die junge Stürmerin Alexandra Popp. Die Bundestrainerin wird lange mit sich ringen müssen, bevor sie Birgit Prinz erneut von Anfang an aufs Feld schickt.

Apropos ringen: Annike Krahn lächelte nicht mehr, als sie nach dem Schlusspfiff ihr Fazit zog. Sie sagte: „Das eine oder andere hatte nichts mehr mit Fußball zu tun, sondern mir Ringkampf“. Wie wahr. Ansehnlich war es dennoch.

Reportagen der WM-Reporter aus dem Stadion und von der mysteriösen Fanmeile in Sinsheim folgen morgen.

Abpfiff: Deutschland gewinnt 1:0 und steht im Viertelfinale der WM.

92′ Alexandra Popp windet sich nach einem Foul auf dem Boden. Die Bundestrainerin mit Tunnelblick. Szenen, bei denen ich mich bemühen muss, keine Kriegssprachbilder aufzuschreiben.

89′ Spannende Schlussminuten. Und: Darf man(n) das sagen: Tolle Pippi-Langstrumpf-Zöpfe der einen nigerianischen Spielerin mit dem athletischen Körper.

87′ Der gewollte Star dieser WM, Bajramaj, kommt für Okoyino da Mbabi, dem werdenden Star dieser WM ins Spiel.

83′ Wer war noch gleich diese Fatmire Bajramaj? Die haben wir doppelt fürs Panini-Album. Wer hat was zum Tauschen?

80′ Die Phase, in der die Pässe nicht mehr ankommen. Kim Kulig kann besser spielen.

75′ Inka Grinks mit einem Gewaltschuss. Den hätte nur Oliver Kahn festgehalten. Ich sag Mal: Gutes Spiel!

71′ Der ARD-Kommentator: „Deutschland holzt zurück“. Meine Freundin kann nicht mehr hinschauen, und unser Kollege Fritsch, der eigentlich von der Fanmeile in Sinsheim berichten wollte, ist verschwunden. Noch 15 Minuten, ohohohoh.

65′ Felix glaubt, das die Schiedsrichterin gekauft sei. (Ja, nur von wem denn?) Ich glaube, die Frauen aus Nigeria haben etwas zu befürchten, wenn sie heute rausfliegen.

60′ Erster Viertelstundecheck der zweiten Halbzeit: Das deutsche Team schafft es nicht, das Spiel zu beruhigen. Die Nigerianerinnen kämpfen mit allen Mitteln und Tritten. Eine Minute nachdem Birgit Prinz das Feld verlassen hatte, fiel das Tor. Fußball kann ein gemeines Spiel sein.

53′ Tor für Deutschland, Simone Laudehr, draufgehalten wie Nichtsgutes. 1:0.

50′ Das ungefähr 34. harte Foul und die erste gelbe Karte für Nigeria.

48′ Die Männer aus Nigeria haben im vergangenen Sommer eine miserable WM in Südafrika gespielt. Die Frauen spielen so zornig, als müssten sie es nun besser machen.

Vom DFB heißt es, Melanie Behringer habe eine Außenbandverletzung im rechten Sprunggelenk. Von mark777 heißt es im Zusammenhang mit diesem Fußballspiel, Frauen sind heute nicht mehr bindungsfähig. Kein leichter Abend.

Halbzeit, 0:0: Pfiffe gegen Deutschland. Fouls, die an Uli Borowka erinnern und ein schnelles, zerfahrenes Spiel. Die erste Halbzeit ist das Beste, was dem Turnier passieren kann. Nach einem drängenden Start der deutschen Frauen haben die Nigerianerinnen viele überrascht.

43′ I-Biffy, der Dede ist es wohl nicht. Aber wenn es so weiter geht, gibt es heute auch Tränen.

38′ Ein Foul wie ein böser Karate-Tritt: Babett Peters Knie wird zum Opfer nigerianischer Kampfeswut. Wow, jetzt ist Gift im Spiel.

34′ Der Kollege Spiller beobachtet im Stadion: Birgit Prinz versucht einen Fallrückzieher. Ambitioniert, wo derzeit nicht mal der Rest klappt.

31′ Fatmire Bajramaj macht sich warm, weil sich Melanie Behringer verletzt hat. War das ein Pferdekuss? Alexandra Popp im Spiel.

27′ Nigeria jetzt mit Vorteilen, weil den DFB-Frauen die Ruhe fehlt. Es gibt ja Verschwörungstheoretikerinnen, die sagen, Deutschlands Frauen spielen mit Absicht schlechter als sie könnten, damit diese WM spannend bleibt. So wie Sylvia Neid eben schimpfte, kann es nicht gespielt sein. Sah aus, als gibt es einen Jürgen Klopp in ihr.

17′ Erster Viertelstundecheck: Deutschland überlegen, etwas ungenaues Passspiel. Okoyino da Mbabi spielt wild. Birgit Prinz ist stets bemüht.

12′ Ab jetzt keine Mann-Frau-Vergleiche mehr. Kim Kulig kommt besser ins Spiel; erst guter Zweikampf in der Defensive, dann ein guter Distanzschuss. Sie könnte der Bastian Schweinsteiger dieser WM werden.

9′ Ein wenig erinnert mich die Sache mit der deutschen Nationalelf an die ersten Dates mit meiner Freundin. Vor dem ersten Treffen war da sehr viel Neugier, Vorfreude und ein wenig Angst, dass es doch nicht so schön werden könnte. Doch nach dem Sieg im Eröffnungsspiel gegen Kanada war das Verlangen geweckt. Das war temporeicher, ansehnlicher Fußball. Ob es passt, mit ihr und mir, das entschied sich erst nach der zweiten Verabredung. Sieht so aus, als ob die deutschen Fußballerinnen heute Fußballdeutschland erneut begeistern können. Geht flott los, schnelles Spiel…

2′ 98prozentige Chance zum 1:0 für Simone Laudehr, die 80 Zentimeter vor der Torhüterin eben diese anschießt. Ein Glück noch kein Tor. Soll doch spannend bleiben.

1′ Auf geht es, noch 90 Minuten bis zum Einzug ins Viertelfinale. Mein Tipp: 4:1

20:42 Uhr Der Moment des obligatorischen oder nicht obligatorischen Mitsingens (stehen Sie bei der Hymne auf, Zuhause von der Couch, draußen im Garten, im Stadion oder im Bett?). Der Kollege Christian Spiller ist einer von 48.837 Zuschauern im Stadion und twittert sich warm. Ich zitiere: „Borsti“, „Palle“ und „BillySGE“ sind übrigens auch da. #zaunfahnenobwohlesgarkeinenzaungibt

20:40 Uhr Da, die Nummer vier der Nigerianerinnen: Perpetua Nkwocha. Wenn eine heute im Trikot der Grünen was reißt, dann diese Frau, das habe ich mir zumindest so sagen lassen. Über Birgit Prinz reden sie in diesem Land alle. Meine These: Sie ist nicht schlechter geworden, fast alle anderen Nationalspielerinnen sind nur technisch besser geworden.

20:30 Uhr Eben noch einen Kollegen im Redaktionsaufzug getroffen. Es sagte, er habe bisher noch kein WM-Spiel gesehen. Er traue sich nicht, nach allem was man so hört. So schlimm ist es ja nun auch nicht.

Die Aufstellungen:

Deutschland: Angerer – Bresonik, Krahn, Bartusiak, Peter, Laudehr, Kulig, Garefrekes, Prinz, Behringer, Okoyino da Mbabi

Nigeria: Dede – Ikidi , Ohale , Ebi , Ukaonu – Michael , Chikwelu – Mbachu , Orji – Nkwocha – Oparanozie

Vorbemerkungen

Deutschland gegen Nigeria: Es ist nur ein Fußballspiel. Jaja, schon klar. Weil es bei dieser WM doch auch immer um den Mann-und-Frau-Vergleich geht, etwas vorweg: Ich bin ein Mann! Auch ich habe die Angst in mir. Ich kann die Aufstellung der deutschen Mannschaft Elf nicht auswendig aufsagen, aber neben mir liegt das Panini-Sammelheft mit vielen Namen und Fakten. Kritisieren Sie meinen Frauenfußballsachverstand, nennen Sie mich Alice Schwarzer: Ich blogge heute und schaue mir das Spiel bis zum Ende an.

Die sportliche Ausgangssituation ist eindeutig: Deutschland ist der Favorit, in jedem WM-Spiel, in diesem sowieso. Sylvia Neid wird wohl trotz des offensichtlichen Sturm-Problems – es gibt zu viele gute Stürmerinnen – nicht die besten Angreiferinnen aufstellen, sondern Birgit Prinz statt Alexandra Popp spielen lassen. Alte Verdienste werden honoriert. „Hacke, Spitze, 4-2-3“-1 titelten die Kollegen vom Tagesspiegel heute. Soll heißen: Das taktische System der DFB-Elf ist klar und gut, gegen Nigeria soll es nun auch noch schöner aussehen. Weniger lange hohe Bolzpässe, mehr genaues Kurzpassspiel.

Die Frauen aus Nigeria haben im ersten WM-Spiel gegen Frankreich enttäuscht. Sie müssen gewinnen, um nicht zum xten-Mal in der Vorrunde einer WM rauszufliegen. Um es in einer Floskel zu sagen: Die Frauen stehen mit dem Rücken zur Wand; ganz am Ende die Trainerin, die sich gestern noch mit meinem Kollegen Christian Spiller traf, um ihre Hetze gegen lesbische Spielerinnen nicht zu wiederholen.

20:45 Uhr ertönt der Anpfiff. Wenn Sie nichts verpassen wollen, öffnen Sie den Live-Ticker in einem neuen Tab. An dieser Stelle werden ab 20:30 Uhr die Bilder der ARD verfolgt und die Tweets der Kollegen Spiller (im Stadion) und Fritsch (Auf der Fanmeile in Sinsheim, im Ernst) gesammelt. Dazu wird gebloggt. Kommentieren Sie mit.