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Mit Nazis reden? Die wollen nicht

 

Letzte Woche war ich wieder einmal mit meinem Buch „Moderne Nazis“ auf Lesereise – unter anderem in Freital, einem Städtchen nahe Dresden. Die örtliche SPD und ein Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus hatten mich eingeladen. Wie so oft in Ostdeutschland tauchte dann auch die Nazi-Szene auf – die lokalen Veranstalter erkannten Kader der NPD-Jugend JN und von Neonazi-Kameradschaften samt einiger Sympathisanten. Sie wollten offenbar der „Wortergreifungsstrategie“ folgen, zu der die NPD ihre Mitglieder aufruft: Wo immer möglich wolle man erzwingen, dass man nicht über Rechtsextremisten rede, sondern mit ihnen.

Ein Teil der Kameraden nahm es aber mit der Pünktlichkeit nicht so genau, die Veranstaltung hatte schon begonnen, die Türsteher ließen sie deshalb nicht mehr herein. Ein kleines Handgemenge wurde von der Security und einigen Polizisten schnell geklärt. Über einen nicht verschlossenen Hintereingang kamen doch noch vier Jungs und ein Mädchen in den Saal und störten sofort die Lesung – die Veranstalter warfen Sie deshalb wieder heraus.

In der anschließenden Diskussion meldete sich dann einer der verbliebenen NPDler zu Wort. Statt eine Frage zu stellen, hob er an zu einer längeren Rede: Es sei „eine ungeheuerliche Begebenheit“, die sich hier zugetragen habe, und „undemokratisch“, dass man Andersdenkende nicht hereingelassen habe. Deren Zuspätkommen erwähnte er nicht. Zu meinem einstündigen Vortrag sagte er nur, er habe viele Fehler über die NPD enthalten. „Welche denn?“, fragte ich. Aber darauf wollte er nicht antworten.

„Ich würde gern mit Ihnen diskutieren“, sagte ich, was von einigen Leuten im Publikum kritisiert wurde. „Stellen Sie doch bitte eine Frage!“ Aber das wollte er nicht, vielleicht weil zu viele seiner Anhänger vor der Tür geblieben waren. Häufig nämlich geht es den JN-Kadern mit ihren Auftritten gar nicht um eine argumentative Auseinandersetzung, sondern nur darum, vor ihrer eigenen Anhängerschaft als toller Hecht dazustehen. Die Wortergreifungsstrategie beschränkte sich an diesem Abend jedenfalls nur auf eine kurze Rede. „Wir werden nun“, sagte der junge Mann zum Schluss, „aus Protest gegen das undemokratische Vorgehen den Saal verlassen.“

Schade eigentlich.