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„Mit einer Zeitung am rechten Rand will ich nichts zu tun haben.“ – Prof. Flaig IV

 

Am 30. April 2008 trafen wir uns mit Prof. Flaig in Rostocks Weinwirtschaft, um über zentrale Aspekte hiesiger Erinnerungskultur und Geschichtspolitik zu diskutieren. Im Folgenden veröffentlichen wir den letzten Teil des Gesprächs.

ENDSTATION RECHTS.: Kennen Sie eigentlich die rechtskonservative Wochenzeitung „Junge Freiheit“ (JF)? Schließlich werden Ihre Beiträge dort aufmerksam registriert und umfangreich besprochen.

Prof. Flaig: Ich weiß, dass sie existiert.

ENDSTATION RECHTS.: Sie gehören also nicht zu ihren Lesern?

Prof. Flaig: Nein.

ENDSTATION RECHTS.: Wollen Sie wenigstens die Besprechung zu Ihrem Lévi-Strauss-Aufsatz zur Kenntnis nehmen?

Flaig nimmt das mitgebrachte Exemplar der JF und beginnt zu lesen.

Prof. Flaig: Die haben sich zwar rausgesucht, was sie brauchen, aber es ist zumindest nichts verfälscht.

ENDSTATION RECHTS.: Es würde mich nicht wundern, wenn die JF bereits versucht hätte Sie zu interviewen.

Prof. Flaig: Stimmt. Ich wurde freundlich um ein Interview gebeten.

ENDSTATION RECHTS.: Und?

Prof. Flaig: Ich habe ebenso freundlich abgelehnt.

ENDSTATION RECHTS.: Warum?

Prof. Flaig: Ich will mit einer solchen Zeitung am rechten Rand einfach nichts zu tun haben.

ENDSTATION RECHTS.: Können Sie sich denn erklären, warum die JF so hinterher ist Sie zu interviewen?

Prof. Flaig: Ehrlich gesagt: Nein.

ENDSTATION RECHTS.: Dann werde ich es mal versuchen. Mir scheint, es gibt drei Gründe. Zunächst formulieren Sie äußerst scharf. Sie provozieren. Und die Provokation ist bekanntlich in der Politik die Waffe der Schwachen, zumal dann so feine, aber entscheidende Differenzen zwischen Ihnen und diesem Spektrum unerkannt bleiben. Auf einer dieser Seiten wurden Sie bspw. als mein „Feind“ bezeichnet, woraus man wohl schließen muss, dass sie in Ihnen einen „Freund“ sehen. Dann sind Sie ein Professor und bringen als solcher symbolisches Kapital mit. Und zum Schluss: Man könnte Sie gut im Rahmen der Redaktionspolitik als Anti-Islamist positionieren. Es wird ja immer wieder behauptet, die JF würde eine eindeutig menschenrechtskritische Linie verfolgen, Carl Schmitt huldigen etc. Aber das ist in dieser simplen Form einfach Unfug. Natürlich gibt es Anklänge an Schmitt und ethnopluralistische Autoren, die die Menschenrechte ablehnen – wie eben z.B. den Stammautor Alain de Benoist. Aber nicht weniger häufig finden Sie die Verteidigung der europäischen Aufklärung im Rahmen anti-islamischer Attacken. Da würden Sie vorzüglich hinein passen. Nicht weniger spannend ist natürlich die Frage, warum es diese beiden Linien in der Redaktionspolitik gibt. Sind sich die Redakteure selbst nicht einig? Ist dies gewollte Pluralität innerhalb der Rechten? Das ist von außen letztlich nicht zu beurteilen, zumal die JF keine gewöhnliche Zeitung ist. Man hat irgendwie immer das Gefühl eine Parteizeitung zu lesen – paradoxerweise nur ohne Partei.

Prof. Flaig: Wenn Sie richtig liegen mit Ihrer Einschätzung, dann brauche ich mir nicht mehr lange darüber Sorgen machen, mit welchen höflichen Formulierungen ich Interviews dieser Zeitung ablehnen kann. Denn dann wird die Redaktion in wenigen Jahren auseinander brechen.

ENDSTATION RECHTS.: Ein Auseinanderbrechen der Redaktion halte ich für höchst unwahrscheinlich. Immerhin könnten die unterschiedlichen Linien auch Ausdruck einer gewissen Pluralität innerhalb der Redaktion selbst sein. Aber um das alles herauszufinden, müsste man wohl ein halbes Jahr in den Redaktionssitzungen Mäuschen spielen. Und diese Gelegenheit werden wir beide nicht haben.

Prof. Flaig: Das ist letztlich auch unerheblich. Ich wollte lediglich Folgendes sagen: Die großen Kämpfe der nächsten Jahre auf europäischem Boden werden um die Selbstbehauptung einer Kultur geführt werden, die längst keine nationale mehr ist. Ein europäischer ‚Ethnopluralismus’ macht keinen Sinn. Wer die europäische Kultur verteidigen will, muss sich davon verabschieden und muss notwendig seine Waffen beim Universalismus holen. Der Feind dieser Kultur höhnt über solches ethnopluralistische ‚Klein-Klein’ wie er über das multikulturalistische höhnt ; er höhnt völlig zu Recht – als universale Religion mit dem Auftrag, das Haus des Krieges zu zerschlagen und das Haus des Islam über die Erde zu verbreiten. Und wo er siegt, ist es sowohl mit Ethnogeplärre als auch Multigekreische sofort vorbei. Wir befinden uns längst in diesem Krieg. Kulturkriege finden statt, auch wenn die angegriffene Seite ihn gar nicht haben will, ja die Augen verschließt und ihn leugnet, wie Daladier und Chamberlain gegenüber Hitler. Zur Liebe gehören zwei Partner, zum Krieg reicht eine Seite, die ihn will. Kriege haben zumindest ein Gutes: sie klären und bringen Klarheit. Nichts schmerzt intellektuellenfeindliche Gutmenschen so sehr wie geistige Klarheit und die Nötigung zu politischen Entscheidungen, denen man nicht ausweichen kann. Da hat denn alles Geplapper ein Ende. Deshalb das Gezeter so vieler Gutmenschen, man dürfe nicht den ‚Kulturkrieg’ herbeireden. Wenn ein Intellektueller etwas verachten muß, dann das.

ENDSTATION RECHTS.: Herr Prof. Flaig, wird danken für das Gespräch.

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Und für Interessentierte der Wein des Abends, der sich als eine echte Entdeckung entpuppte:

Martin Wassmer
Markgräflerland
Spätburgunder Rotwein trocken
Jahrgang 2006
http://www.weingut-wassmer.de

Im Gault Millau hat sich Wassmer bereits seine dritte Traube erarbeitet. Der Markgräfler des Jahres 2005 erhielt 83 von 100 Punkten. Der Wein erinnert geschmacklich an einen im Barrique ausgebauten Wein.

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Die Flaig-Debatte in ganzer Pracht:

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