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Besser spät, als nie: HDJ verboten

 

Was seit einem Jahr im Gespräch ist, wurde schließlich gestern vollzogen: Innenminister Schäuble (CDU) verbot am Dienstag die neonazistische Kaderorganisation „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ). Die HDJ sei vor allem wegen ihrer Ferienlager gefährlich, da dort Kinder und Jugendliche mit rassistischem und antisemitischen Gedankengut geimpft und militärisch gedrillt würden.

Die „Heimattreue Deutsche Jugend“ war als neonazistischer Jugendverband bundesweit aktiv und gewann vergleichbar mit der seit 1994 verbotenen „Wiking Jugend“ unter dem Deckmantel unpolitischer Zeltlager und Fahrten Kinder und Jugendliche für die nationalsozialistische Ideologie. Dies wurde unter anderem als Begründung für das Verbot des Vereins vom Innenmisnisterium herangezogen. Belege für die nationalsozialistische Betätigung wurden bereits bei einer bundesweiten Razzia im vergangenen Oktober gegen Aktivisten und Strukturen der HDJ in ausreichendem Maße gefunden.

Eine Traditionslinie: Hitler-Jugend, Wiking Jugend, Heimattreue Deutsche Jugend

Die HDJ hatte sich 1990 als Abspaltung vom „Bund Heimattreuer Jugend“ gegründet. Mit mehreren hundert Mitgliedern ist die Organisation nach Erkenntnissen der Geheimdienste ein fester Bestandteil der Extremen Rechten. Sie unterhalte Kontakte sowohl zur NPD als auch zu neonazistischen Kameradschaften, an ihren Zeltlagern nähmen teils ganze Familien teil. In den Schriften der HDJ werde der Nationalsozialismus verherrlicht, auch zeigten sich antisemitische Einstellungen. Nicht zu übersehen ist zudem die offensichtlich gewollte Nähe zur Hitler Jugend (HJ), die sich im Namen und in der Art der Propaganda gegenüber Kindern und Jugendlichen manifestiert.

Was bringt das Verbot?

In der Nazi-Szene sieht laut einer Meldung bei „Mut gegen Rechte Gewalt“ die Mehrheit das Verbot zwar als Rückschlag, aber nicht als Niederlage an: „Organisationen kann das System verbieten. Die Einstellung nicht“, schreibe beispielsweise ein User in einem rechten Forum, ein anderer schlage vor, die Mitglieder der HDJ bei der JN einzugliedern: „Um sie so durch das Parteienprivileg zu schützen.“ Ins gleiche Horn blase bezeichnenderweise die NPD: „“Die Idee lebt in den Menschen weiter“, schrieb die Partei in einer Pressemitteilung.

Problematisch ist sicherlich, dass die Nazis durch das lange Zögern der Behörden ausreichend Zeit hatten, sich auf das Verbot vorzubereiten, Akten, Gelder und Material zu beseitigen und womöglich schon den nächsten Verein in die Startlöcher zu heben. Dennoch bedeutet das Verbot ein weiteres Mal die Schwierigkeit, neue Strukturen aufzubauen. Erfahrungsgemäß dauert dies eine Weile.

Wichtig ist jedoch, dass nicht bei diesem Verbot als Alibi-Funktion bleibt. Auch wenn hier der Wunsch Vater meines Gedankens ist: Weitere Verbote, insbesondere gegen die NPD, sind notwendig – flankiert von einer gesellschaftlich breit angelegten Diskussion gegen ausgrenzende, rassistische, antisemitische und menschenfeindliche Ideologien.