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Piraten kommen in Bewegung

 

Schon wieder gibt es Streit um fragwürdige Aussagen eines Piratenparteimitglieds. Die Kleinstpartei hat den nächsten Skandal am Hals. Im November hatte ich hier einen Beitrag veröffentlicht, welcher für viel Diskussionen und Kommentare gesorgt hat. Dies zeigt einmal mehr, dass die Debatte um das Selbstverständnis der Piraten noch nicht beendet ist. Auch im letzten Monat ist wieder viel passiert.
Aaron König, Mitglied im Bundesvorstand der Piratenpartei, hat sich in seinem Blog zur Volksabstimmung und dem Minarettverbot in der Schweiz geäußert. Zwar hat kaum ein politisches Ereignis in letzter Zeit solch kontroverse Medienbeiträge provoziert, doch Aaron König geht in seiner Bewertung mehr als nur einen Schritt zu weit.

König bezeichnet den Islam als eine politische Bewegung mit Allmachtsanspruch, welche die Gleichberechtigung der Geschlechter, die pluralistische Gesellschaft und die Demokratie explizit ablehne. Des weiteren schreibt er:

“Eine politisch-totalitäre Bewegung, die sich anderen Glaubens- und Denkrichtungen überlegen fühlt und den Anspruch hat, Andersdenkende zu bekehren und gegebenenfalls zu töten, steht hingegen nicht unter dem Schutz der Religionsfreiheit […].“

Das würde bedeuten, ein Minarett oder gar der Ruf des Muezzin wäre ein Aufruf an alle Muslime so genannte Andersdenkende zu bekehren oder zu töten – symbolisch gesehen. Herr König scheint nicht mitbekommen zu haben, dass Muslime nicht automatisch Islamisten sind. So wie Mitglieder der Piratenpartei nicht automatisch Rechtspopulisten sind. Der Funktionär bedient sich hier genau der Sprachwahl, wie sie auch von NPD und anderen rechtsextreme Gruppen verwendet wird. Zu allem Überfluss hatte er auch noch auf eine Argumentationshilfe gegen den Islam verlinkt, die von der rechtspopulistischen „Bürgerbewegung Pax Europa“ erstellt wurde. Inzwischen wurde der Verweis kommentarlos gelöscht. Zwar hat König vor zwei Tagen einen neuen Beitrag hinterhergeschoben – eine Distanzierung sieht aber anders. Bleibt abzuwarten, was sich an dieser Front noch tun wird.

Der Fall von Aaron König, so brisant er auch ist, ist zum Glück der einzige Fall, bei welchem die Piraten in letzter Zeit mit Rechtspopulismus in Verbindung gebracht wurden. Es gibt auch durchaus Positives zu berichten: viele Piraten scheinen registriert zu haben, dass Sie sich klarer als bisher von rechtsextremem Gedankengut abgrenzen müssen. So hat sich etwa im Landesverband Schleswig-Holstein die Initiative „Piraten gegen Rechtsextremismus“ gegründet. Auch die Aufnahme der ehemaligen grünen Rechtsextremismus-Spezialistin und ehemaligen Europaparlamentarierin Angelika Beer ist ein klares Zeichen – die Piratenpartei hat aus Fehlern der Vergangenheit gelernt.

Im Frühjahr bei Ihrem Bundesparteitag hat die Piratenpartei jetzt die Chance sich ein für alle Mal klar von jeder rechtsextremen Ideologie abzugrenzen (und zwar nicht nur mit dem immer wiederkehrenden Verweis auf die eigene Satzung). In meinem Begriff von Freiheit haben Rechtsextreme Einstellungsmuster nichts verloren, ich hoffe in dem der Piratenpartei bald auch nicht mehr.