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Gericht schmettert Extremismusklausel ab

 

Seit Monaten protestieren zivilgesellschaftliche Initiativen gegen die umstrittene Klausel

Das Verwaltungsgericht Dresden hat die sogenannte Extremismusklausel für rechtswidrig erklärt. Die Richter vertreten die Ansicht, mehrere Sätze der umstrittenen Förderbestimmung seien „zu unbestimmt“ formuliert, wie aus der Urteilsbegründung hervorgeht.

Von Tilman Steffen

Geklagt hatte das Alternative Kultur- und Bildungszentrum AKuBiZ e.V. aus dem sächsischen Pirna. Damit der Verein finanzielle Unterstützung aus einem Bundesförderprogramm erhalten kann, hatte der Landkreis von dem Vorstand und seinen Kooperationspartnern verlangt, sich mittels dieser Klausel zum Grundgesetz zu bekennen. Die Vereinsführung aber hielt die Bestimmung für rechtswidrig und verweigerte deren Unterzeichnung. Infolgedessen erhielt das AKuBiZ eine für 2011 beantragte Förderung von 600 Euro nicht. Der Verein zog vor Gericht.

Das Bundesfamilienministerium hatte die Demokratieerklärung zur Bedingung für finanzielle Unterstützung von Initiativen im Kampf gegen Extremismus gemacht. Die Intention ist, zu verhindern, dass öffentliches Geld Verfassungsgegnern zugute kommt. Initiativen und Vereine beklagten seither, sie stünden unter Generalverdacht. Auch SPD, Grüne und die Linkspartei hatten die Regierung aufgefordert, die Erklärung zu streichen. Juristen prüften die Klausel, unter anderem im Auftrag des Bundestages. Doch Autoren mehrerer Gutachten kamen zu unterschiedlichen Schlüssen.

Das Verwaltungsgericht in Dresden erklärte nun mehrere Sätze der Klausel für zu unkonkret formuliert. Darin geht es darum, dass der geförderte Verein „im Rahmen seiner Möglichkeiten und auf eigene Verantwortung“ dafür sorgen muss, dass seine Kooperationspartner, Auftragnehmer oder Referenten sich im Sinne dieser Klausel grundgesetzkonform verhalten. Die Richter erläuterten, es sei unklar, wer etwa Partner eines Vereines ist. Zu unverständlich bleibe, welches Verhalten dem Verein konkret abverlangt wird.

Die Bedingung, dass der Verein selbst sich vorbehaltlos zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen muss, um Bundesgeld zu erhalten, zog das Gericht dagegen nicht in Zweifel.

Damit hat der Pirnaer Verein einen Teilerfolg errungen. „Die Auffassung des Gerichts bestätigt, dass Demokratiearbeit nicht mit Misstrauen begegnet werden darf“, sagte Steffen Richter, Vorsitzender des AKuBiZ.

Die Klausel könnte nun Gegenstand einer Prüfung durch das sächsische Oberverwaltungsgericht Dresden werden, denn die Richter ließen „wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache“ die Revision zu. Zudem dürften sich andere Initiativen ermutigt fühlen, ebenfalls gegen die Klausel vorzugehen.

Friedemann Bringt von der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus appellierte an Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU), einzulenken. „Demokratie muss gelebt werden“, sagte er. „Frau Schröder ist aufgefordert, diese rechtswidrige Klausel sofort zurückzunehmen.“

Für das AKuBiZ dürfte sich der Richterspruch finanziell nicht mehr auswirken, da der Förderzeitraum abgelaufen ist und sich das Geld nicht rückwirkend einfordern lässt. Es besteht kein Rechtsanspruch auf Förderung.