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Neonazis wollen auch dieses Jahr wieder in Dortmund marschieren

 

"Autonome Nationalisten" beim "Antikriegstag" 2011 in Dortmund © Jan Walther

Der sogenannte „Nationale Antikriegstag“ ist ein zentrales Event der Autonomen Nationalisten. Seit 2005 demonstrieren jährlich am Ersten Septemberwochenende Hunderte Neonazis aus dem ganzen Bundesgebiet in Dortmund. Auch in diesem Jahr ist wieder ein Aufmarsch geplant. Bei den Gegenprotesten werden tausende Nazigegner erwartet.

Mittlerweile zum achten Mal soll der Naziaufmarsch nun in Dortmund stattfinden. Es ist die Kontinuität des „Nationalen Antikriegstag“, der ihn zu einem der wichtigsten Aufmärsche für Neonazis macht. Dass ausgerechnet Dortmund Schauplatz hierfür dient, ist kein Zufall: Schließlich gilt die Ruhrgebietsstadt schon seit langer Zeit als Nazi-Hochburg. Daher ist es nicht überraschend, dass im Jahr 2009 über 1000 Neonazis den Weg nach Dortmund fanden und den Aufmarsch damit zu einem der größten in Europa machte. Danach sanken die Teilnehmerzahlen allerdings, was damit zu erklären ist, dass den Nazis in den beiden darauf folgenden Jahren nur stationäre Kundgebungen auf einem Parkplatz außerhalb der Stadt genehmigt wurden. Im letzten Jahr durfte dann wieder richtig demonstriert werden, 750 Neonazis zogen 2011 durch die von der Polizei komplett abgeriegelte Dortmunder Nordstadt.

Den Antikriegstag, einen ursprünglich von Gewerkschaften ins Leben gerufenen Gedenktag, um an den deutsche Überfall auf Polen am 1. September 1939 zu erinnern, nutzen die Neonazis, um ihre geschichtsrevisionistische Ideologie zu propagieren. Der dabei vermeintlich vorgetragene Pazifismus, ist jedoch im Kern antisemitisch und antiamerikanisch. Wie die Neonazis sich ihren Frieden vorstellen, verdeutlicht die Parole: „Nach unserem Sieg, nie wieder Krieg“.

Ursprünglich planten die Organisatoren des „Nationalen Antikriegstag“ dieses Jahr erneut einen Aufmarsch durch die Innenstadt. Doch die Polizei spielte bei diesem Vorhaben nicht mit. Sie genehmigte den Neonazis nur eine verkürzte Route in dem Dortmunder Stadtteil Hörde. Doch auch mit dieser Option dürften die Nazis zufrieden sein: In Hörde wird demnächst eine Moschee errichtet und bietet damit ein willkommenes Feindbild für den Rassismus der Autonomen Nationalisten.

Auch der Gegenprotest soll diesmal anders verlaufen. Im letzten Jahr war es nicht möglich aufgrund der Absperrungen in die Nähe des Aufmarsches zu kommen, selbst Anwohnern wurde zum Teil der Zutritt verweigert. Dieses Jahr soll es allerdings laut dem neuen Polizeipräsidenten Norbert Wesseler möglich sein, Protest in Sicht- und Hörweite zu äußern. Das Alerta Bündnis, ein Zusammenschluss aus verschiedenen antifaschistischen Gruppen, organisiert zur Zeit Proteste gegen den Naziaufmarsch. „Wir werden versuchen den Nazi-Aufmarsch zu verhindern“ sagte Alerta-Sprecherin Sonja Brünzels. Bei den Aussagen des Polizeipräsidenten ist man aber noch skeptisch: „Wir denken, dass Wessler vor allem politisch genehmen bürgerlichen Protest in der Nähe der Nazis zulassen wird.“ Auch andere Gruppen planen Aktionen. Der DGB will in der Woche vor dem Naziaufmarsch ein Friedensfestival in der Innenstadt veranstalten. Das Bündnis „Dortmund Nazifrei“ malte jüngst ein durchgestrichenes Hitlerporträt vor den Dortmunder Hauptbahnhof um auf die Nazi-Demo aufmerksam zu machen.

Zudem wollen Antifaschisten ein „Antifa-Camp“ in Dortmund veranstalten, um sich auch vor dem Aufmarsch gegen Nazis zu engagieren. In den letzten Jahren waren Neonazis auch schon in dieser Zeit aktiv und verteilten Flyer oder hielten Kundgebungen ab. Dabei war es längere Zeit unklar, ob das Camp überhaupt stattfinden kann. Denn die Stadt wollte zunächst keinen politische Charakter in dem Camp sehen, zudem gestaltete sich die Suche nach einem geeignetem Platz schwierig. Ebenso seien „gewalttätige Auseinandersetzungen zu befürchten“, hieß es seitens der Stadt. Bei den Organisatoren des Camps sah man das anders: „Mit ihrer Position spielt die Stadt Dortmund den Neonazis in die Hände und bestätigt deren Sicht, Dortmund-Dorstfeld sei ihr Stadtteil.“ sagte Tobias Schmidt, Pressesprecher des Antifacamps. Nachdem sich jedoch unter anderem auch die Grünen und das Internationale Auschwitz-Komitee für das Antifa-Camp aussprachen, wuchs der Druck auf die Stadt. Die Organisatoren des Camps teilten in diesen Tagen mit, dass man kurz vor einer Einigung mit der Stadt stehen würde.

Die Neonazis hingegen wollen sich nicht auf ihren Aufmarsch am 1. September beschränken. Sie kündigten für den Vorabend ein Konzert mit den Rechtsrock Band „Libertin“ und „Projekt Vriel“ an. Ähnliche Konzerte wurden auch schon in den Vorjahren abgehalten. Musik hat in der Naziszene einen hohen Stellenwert, insbesondere um Jugendliche zu politisieren. „Das Konzert ist wichtig für die Nazis, sie können so ein rechtsrockaffines Publikum zu ihrem Aufmarsch locken“ sagte Sonja Brünzels. Das Konzert soll im Dortmunder Vorort Lüttgendortmund stattfinden. Der Ort ist offenbar nicht zufällig gewählt: „Mit der Standortwahl versuchen die Nazis so einen weiteren Stadtteil politisch zu besetzen.“ erklärte Brünzels weiter. Ein weiterer Grund sei, dass ein Flüchtlingsheim in Lüttgendortmund beheimatet ist. Gegen dieses haben Neonazis bereits demonstriert.