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Jammernde Hetzer – wie die NPD auf Facebook ihre Anhänger anheizt

 

JN-Kampagne „Identität - Werde, wer DU bist“ © Screenshot von der NPD-Homepage
Die NPD ist in sozialen Netzwerken äußerst aktiv © Screenshot

Bereits vor einem Jahr hat die NPD ihre für den 1. Mai geplante Großkundgebung in Frankfurt vor der Europäischen Zentralbank unter dem Motto „Raus aus dem Euro“ angemeldet. Bislang hat die Stadt noch nicht über den Antrag entschieden. Geht es nach OB Peter Feldmann (SPD), wird der Nazi-Aufmarsch verboten. Der NPD-Bundesvorsitzende Holger Apfel kennt das Procedere, müsste sich einmal mehr juristisch dagegen zur Wehr setzen und die Gerichte beschäftigen. Schließlich sieht er sich als Volksvertreter einer demokratisch legitimierten Partei. Wird ein solches Verbot zugunsten der NPD gekippt, bekommt sie eine ihrer liebsten Propaganda-Waffen gereicht.

Vor allem auf Facebook wissen die netzaffinen Nazis diese zu führen. Mit ihrer verbalen Munition sind sie nicht zimperlich. Ein Parteivergleich zeigte, dass die NPD bei der Anzahl ihrer Posts den etablierten Parteien um Längen vorausmarschiert. Beinahe im Minutentakt feuert sie Salven volksverhetzender, rassistischer und kapitalismuskritischer Parolen gegen alle, die nicht mit der Ideologie im Gleichschritt gehen. „Das Verbot für die morgige Kundgebung wurde erwartungsgemäß aufgehoben. Eine schallende Ohrfeige für die Feinde der Demokratie“, packt sie gerne auch die Gerichtsurteile aus. Selbst die Veröffentlichung von Fotos ausländischer Kinder, die sie als „aufgehetzte ausländische Dreikäsehochs“ beschimpft, ist ihr ein probates Mittel, um gezielt die Emotionen ihrer Fans zu wecken – und deren Hasstiraden zu provozieren.

Das und mehr zeigen Beobachtungen ihrer Propagandatätigkeit auf ihrem Facebook-Profil und in ihrem dortigen Netzwerk. Zig parteieigene und parteinahe Fanseiten sind dort miteinander verknüpft. Meist von der NPD-Hauptseite aus verbreiten sich Beiträge, Foto-Montagen und Videos mit nur einem Klick auf anderen netzwerkanhängigen Seiten. Zeitgleich werden die Inhalte von den Fans weiterpubliziert. Facebooks Schneeballsystem, die „Statusmeldung teilen“-Funktion, macht’s möglich. Die NPD weiß das. Dazu ruft sie ihre Anhänger regelmäßig auf.

Aufwiegeln durch gezieltes Emotionalisieren wirkt eben. Nicht immer geschieht das mit dumpfen Sprüchen. Das schafft die NPD längst unradikaler. Sie dreht den Spieß einfach um. Da werden in ihren Fotoalben dann Bilder von Steine werfenden Gegendemonstranten gepostet oder die eines lachenden Holger Apfels, an dessen Kopf ein rohes Ei zerschellte. Kernaussage: „Wir als demokratisch legitimierte Partei(vertreter) wollen nur unser verfassungsmäßiges Recht wahrnehmen. Seht, von wem die Gewalt ausgeht.“

Eben so war es auf dem NPD-Profil zu beobachten, als sie im Sommer 2012 auf „Deutschlandtour“ war. „Aufgehetzt vom Bürgermeister der Stadt fanden sich zahlreiche gewalttätige Gegendemonstranten am Kundgebungsort ein, die ihre Demokratiefähigkeit durch das Werfen von Farbbomben und Eiern ausdrückten“, beschrieb ein Profil-Administrator die Aufenthalte in Leipzig oder Nürnberg. Von den friedlichen Protesten in Wiesbaden oder Frankfurt berichtete er nicht. Kein Mobilisierungspotential.

Äußerst gerne stilisieren sich die Rechtsextremen auf Facebook zu Gesinnungsverfolgten. Die Selbstdarstellung als unterdrückte Partei wirkt eben auch. Bei den Gesinnungsgenossen. Und bei manchem Normalbürger, der sich an die Seite der jammernden Hetzer stellt. Schließlich seien die „die eigentlich Provozierten“. Repressiert , in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt. Als Grundrecht fordern sie, was sie anderen absprechen. Und was sie abschaffen wollen: den Schutzmantel aller Grundrechte, das Grundgesetz. „Die BRD abwickeln“, wie Udo Voigt formulierte, gehe nur über die Wahlurne. Ein scheinbar guter Motivationsgrund, weshalb sich die Partei in schier unermüdlicher Zielstrebigkeit auf Stimmenfang im Internet und auf der Straße befindet – entscheidende Orte, zumal wenn es um die Meinungsbeeinflussung unaufgeklärter Bürger geht.

Besonderns werbewirksam, wissen die Rechtsextremen, erweisen sich dafür ihre vermeintlich bürgernahen Themen – alles, wozu man doch bitte mal seine Meinung sagen dürfe, oder? Eurokrise, Zuwanderung, Ausländer-Kriminalität, sexueller Missbrauch – die Themenliste, mit denen die gesellschaftliche Mitte unterwandert wird, ist lang.  Wie man heimliche, NPD-nahe Facebook-Seiten erkennt? Wo „Raus aus dem Euro“, „Todesstrafe für Kinderschänder“, „Multi-Kulti-Wahn“ oder „Deutschland gegen Kindesmissbrauch“ draufsteht, ist das Grundsatzprogramm drin. Das knapp 20-seitige „Bamberger Programm“ muss man allerdings schon etwas näher kennen, um die parteipolitische Linie auf entsprechenden Fanseiten entlarven zu können.

Zurück nach Frankfurt. Für OB Feldmann steht fest: Die Mainmetropole ist keine Bühne für rechtsextremes Gedankengut. Schon früh macht sie zum friedlichen Gegenprotest mobil. Doch selbst wenn der 1. Mai friedlich verläuft, dürfte klar sein: Die NPD wird trotzdem über „linke Chaoten sowie einen von der Polizei aufgepeitschten Pöbel“ berichten und so ihre Kameraden anheizen. „Erfolg vor Wahrheit“, dieses Motto wirksamer Propaganda beherzigte schon Joseph Goebbels. Und woran sich das geistige Niveau instinktgeleiteter Propaganda zu orientieren hatte, gab Adolf Hitler vor: „An der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen, an die sie sich zu richten gedenkt.“