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Brandenburger Staatsschutz im Zwielicht

 

Nach dem Neonazi-Skandal beim Fußballklub TuS Sachsenhausen soll ein Beamter in Oranienburg Demokratieberater diffamiert haben.

Von Alexander Fröhlich

Nach dem Skandal um rechte Umtriebe beim Fußballverein TuS Sachenhausen in Oranienburg (Oberhavel) geriet der polizeiliche Staatsschutz ins Zwielicht. Gegen einen Beamten hat es nach Beschwerden interne Ermittlungen gegeben. Es geht um einen schweren Vorwurf: Ein Staatsschützer soll sich abfällig über das örtlich zuständige Mobile Beratungsteam, das Kommunen und Vereine bei Problemen mit Rechtsextremisten berät, geäußert und den von Neonazi-Aktionen erschütterten Fußballverein von einer Zusammenarbeit abgeraten haben.

Der Fall ist an oberster Stelle als so brisant eingestuft worden, dass sich Brandenburgs neuer Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) noch als Innenminister persönlich einschaltete. Ermittelt wurde polizeiintern, weil der Verdacht laut geworden war, der Staatsschützer hätte das Mobile Beratungsteam als linksextrem bezeichnet. Die 1998 gegründeten sechs Mobilen Beratungsteams des Gemeinweseninstituts demos gelten als wichtigster Baustein im Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ der Landesregierung. „Das Modell ist ein Exportschlager und wurde von anderen Bundesländern übernommen“, sagt Angelika Thiel-Vigh, Leiterin der Koordinierungsstelle im Bildungsministerium. „Sie leisten wichtige Arbeit im Kampf gegen Rechtsextremismus und zur Stärkung von Zivilgesellschaft und Demokratie. Sie haben eine guten Ruf bei Landräten und Bürgermeistern.“ Jonas Frykman, Geschäftsstellenleiter des landesweiten Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, sagt: „Die Mobilen Beratungsteams sind in Brandenburg entwickelt worden und nicht ohne Grund von anderen Bundesländern übernommen worden. Sie haben sich bewährt.“

Schon nach der ersten Aktion von Rechtsextremen im Sachsenhauser Stadion im Mai (siehe Kasten) wurden nicht nur die Sicherheitsbehörden, Staatsanwaltschaft, Polizei und Verfassungsschutz aktiv. Auch das landesweite Beratungs- und Eingreifsystem fuhr hoch, das im Rahmen von „Tolerantes Brandenburg“ beim Verdacht auf braune Umtriebe aktiv wird. Zumal der TuS Sachsenhausen seit Jahren Rechtsextreme in den eigenen Reihen duldete, mit mehreren braunen Propagandaaktionen aus den eigenen Reihen in die Schlagzeilen geriet und sich erstmals die Chance bot, das zu ändern.

Augenzeugenberichten zufolge soll ein Staatsschützer bei einem Treffen mit Vertretern von Verein, Polizei und Kommune TuS Sachsenhausen von einer Kooperation mit dem Mobilen Beratungsteam abgeraten haben. „Ziemlich deutlich sogar“, wie ein Augenzeuge berichtet. Der Staatsschützer soll sich selbst als Ansprechpartner zur Aufklärung über rechtes Gedankengut angeboten haben. Ob der Staatsschützer die Mitarbeiter des MBT auch als linksextrem bezeichnet hat, darüber gegen die Aussagen der Teilnehmer auseinander. „Man konnte ihn missverstehen“, erklärt ein Teilnehmer. Selbst Woidke erfuhr noch als Innenminister davon, interne Ermittlungen wurden eingeleitet, der Beamte musste einen Bericht an den Ex-Innenminister verfassen. Das Verfahren wurde aber eingestellt. Die Vorwürfe seien vollständig entkräftet worden, sagt ein Sprecher des Polizeipräsidiums. Der Beamte habe sich nach Einschätzung des Präsidiums sach- und fachgerecht verhalten und in die Diskussion eingebracht. „Sofern es dabei zu Missdeutungen oder Missverständnissen bei anderen Gesprächsteilnehmern gekommen sein sollte, so waren diese durch den Beamten in keiner Weise beabsichtigt“, teilt das Präsidium mit. Für die Polizei sei die Zusammenarbeit mit dem MBT unverzichtbarer Bestandteil ihrer Strategie zur Bekämpfung des Rechtsextremismus.

Der Darstellung widersprechen Augenzeugen. Demnach soll der Beamte sich ganz klar gegen eine Zusammenarbeit des Vereins mit dem MBT gestellt haben. Für Angelika Thiel-Vigh von „Tolerantes Brandenburg“ ein Affront. „Es reicht schon, wenn jemand davon abrät. Wenn jemand leichtfertig so etwas sagt, muss man alles tun, um sich dagegenzustellen.“ Sie kenne die Beratungsteams als „lösungsorientiert und nicht ideologisch geprägt“.

Tatsächlich fällt der Staatsschutz in Oranienburg nicht zum ersten Mal auf. Im Rathaus ist von fehlender Kommunikation und mangelhaftem Informationsaustausch die Rede. Das örtliche „Forum gegen Rassismus und rechte Gewalt“ berichtet von Zerwürfnissen. „Wir würden uns freuen, wenn die Polizei deutlicher ihr Interesse an einer Zusammenarbeit mit uns zeigen würde“, teilt der Sprecherrat des Forums mit. Der Staatsschutz sei nicht unumstritten und Angriffe von Neonazis auf Veranstaltungen des Forums „selten hilfreich“ gewesen. Ein „Nationales Jugendzentrum“ hätte nicht „zu erkennbaren Gegenmaßnahmen“ geführt.

Die Spitze der Polizeidirektion Nord mit Sitz in Neuruppin wusste von all dem lange nichts – und schaltete sich im Zuge der PNN-Recherchen ein.