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NPD am 1. Mai in Rostock

 

FNS-Aktivisten bei einem Aufmarsch am 01.Mai 2012 in Hof © Timo Müller
FNS-Aktivisten bei einem Aufmarsch am 01.Mai 2012 in Hof © Timo Müller

Am 1. Mai will die NPD in Mecklenburg-Vorpommern wieder aufmarschieren. Abgesehen von einigen Ausnahmen, wie dem Jahr 2013, in dem der Aufmarsch zentral in Berlin stattfand, wiederholt sich dies regelmäßig. Oft ist die Maidemonstration nur ein Geschenk an die jeweilige regionale Szene und findet parallel zu anderen Naziaufmärschen im Bundesgebiet statt. Im Wahljahr 2014 wird die Demonstration der NPD in den Rostocker Stadtteilen Dierkow und Toitenwinkel aber der größte Aufmarsch im norddeutschen Raum werden. Dagegen rührt sich nicht nur in der Zivilgesellschaft und bei den demokratischen Fraktionen der Bürgerschaft Widerstand – ein Überblick über die Gegenmobilisierungen.

Ein Gastbeitrag von Kombinat Fortschritt

Als erster meldete sich der Rostocker Migrantenrat öffentlich zu Wort und kündigte für den Vormittag des 1. Mai eine Demonstration aus der Innenstadt/Altstadt in die nordöstlich gelegenen Plattenbaugebiete Dierkow und Toitenwinkel an. In einer Pressemitteilung des Migrantenrates heißt es dazu: „Die Marschroute der Neonazis führt unter anderem nur einige 100 Meter von der Gedenkstätte Mehmet Turguts vorbei. Dies stellt eine Missachtung des Gedenkens an die NSU-Opfer dar.“ Mehmet Turgut wurde am 25. Februar 2004 in einem Imbiss auf der Grenze der beiden Stadtteile von Mitgliedern des NSU brutal ermordet. Seit dem Februar 2014 befindet sich am damaligen Tatort eine offizielle Gedenkstätte, die an den Ermordeten erinnert.

Anmelder der Nazidemonstration ist der NPD-Landtagsabgeordnete David Petereit. Er war für das Nazi-Fanzine „Der Weiße Wolf“ verantwortlich, in dem bereits 2002 eine Dankesformel für den NSU auftauchte. Die geplante Strecke Aufmarsches führt unter anderem durch die Martin-Luther-King-Allee, in der es in den vergangenen Jahren bereits zu Naziübergriffen gekommen war. Das Mahnmal für Mehmet Turgut liegt nur wenige hundert Meter von der Route entfernt. Aufgrund dieser räumlichen Nähe ruft der Migrantenrat alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich an den in Planung befindlichen vielfältigen Gegenaktionen zu beteiligen: „Gebt den Neonazis keine Plattform, um ihre Parolen zu verbreiten. Lasst nicht zu, dass das Gedenken an Mehmet Turgut verhöhnt wird.“

Die zentrale Demonstration soll um 10 Uhr von der Holzhalbinsel in der östlichen Altstadt starten. Nach Abschluss der Demo will der Migrantenrat eine Mahnwache an der Gedenkstätte für Mehmet Turgut im Neudierkower Weg durchführen, „bis die Neonazis Rostock verlassen haben“. Dieser Aufruf wird auch vom landesweiten Zusammenschluss von Antifagruppen “Nazis stoppen!” unterstützt, die ihrerseits dazu aufrufen, sich den Nazis entschlossen und offensiv in den Weg zu stellen. Der Slogan der Antifagruppen lautet dabei: „Blockiert, demonstriert, sabotiert – Alles kann, alles muss!“. In ihrem Aufruf erklären sie, dass der 1. Mai der Kampftag für die soziale und ökonomische Befreiung der ArbeiterInnenklasse sei. An diesem Tag, wie auch an jedem anderen Tag im Jahr, wende sich dieser politische Kampf gegen die faschistische Ideologie der Ungleichwertigkeit, welche die Menschen gegeneinander aufhetze. „Wir kämpfen für eine Gesellschaft des selbstbestimmten Lebens und des solidarisch bestimmten Handelns, das frei ist von Mechanismen der Ausgrenzung und jeglichen Herrschaftsverhältnissen. Eine solche kann es mit Nazis niemals geben!“.

Ein weiterer Aufruf kommt von der Greifswalder Antifa Defiant. Die Greifswalder_innen schreiben, dass die vergangenen Jahre deutlich gezeigt haben, dass es möglich ist, Naziaufmärsche zu stören, zu verkürzen oder sogar ganz zu verhindern. Gerade vor dem Hintergrund der anstehenden Europa- und Kommunalwahlen in Mecklenburg-Vorpommern sei sicher, dass die Antifas den Neonazis in Rostock etwas entgegensetzen werden. Defiant ruft daher auf: „Kommt mit uns nach Rostock! Zeigen wir ihnen einmal mehr, dass es am 1. Mai, einem Tag für den weltweiten Kampf um gleiche Rechte und ein besseres Leben für alle Menschen, keinen Platz für sie und ihren Rassismus gibt.“

Sowohl der Migrantenrat als auch das Bündnis „Nazis stoppen!“ haben darüber hinaus den Aufruf des breiten zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Rostock Nazifrei“ unterschrieben. Das Bündnis mobilisiert ebenfalls zur 10-Uhr-Demo von der Holzhalbinsel und ruft auch zu weiteren anschließenden Veranstaltungen in Dierkow und Toitenwinkel auf. „Am 1. Mai wollen wir daher gemeinsam mit allen antifaschistischen Kräften aus Vereinen, Verbänden, Gewerkschaften, Initiativen, Parteien, Jugend- und Studierendenverbänden, Kirchen sowie zahlreichen Rostocker Einwohnerinnen und Einwohner den Naziaufmarsch blockieren.“ Das Bündnis bekennt sich dabei zum „Brölliner Aktionskonsens der Aktionsbündnisse Mecklenburg-Vorpommern für die Entfaltung demokratischer Kultur und gegen Nazis.“ Im Aufruf bekennt sich Rostock Nazifrei zum so genannten „Aktionskonsens“: „Von uns wird dabei keine Gewalt und Eskalation ausgehen. Wir sind solidarisch mit allen, die sich dem Naziaufmarsch entgegenstellen wollen.“

Die Fakten

Nazidemo: ab 12 Uhr in Rostock-Dierkow und -Toitenwinkel, Anmelder David Petereit (NPD)

Gegenprotest: zentrale 10-Uhr-Demo von der Holzhalbinsel (östliche Altstadt) zum Mahnmal von Mehmet Turgut im Neudierkower Weg
Blockade- und Protest-Aufrufe von Antifa-Bündnis “Nazis stoppen!” und zivilgesellschaftlichem Bündnis “Rostock Nazifrei”
Aktionskonsens: „Von uns wird dabei keine Gewalt und Eskalation ausgehen. Wir sind solidarisch mit allen, die sich dem Naziaufmarsch entgegenstellen wollen.“