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Keine Waffenscheine mehr für Rechtsextreme

 

Die Affinität zu Gewalt und Waffen ist fester Bestandteil rechtsextremer Ideologie © Kai Budler

Sie hetzen gegen Flüchtlinge, wollen die Demokratie abschaffen und besitzen Schusswaffen – ganz legal. Rund 750 Rechtsextreme haben in Deutschland einen offiziellen Waffenschein. Das soll sich jetzt ändern. Die Innenministerkonferenz berät am Dienstag über Möglichkeiten die Szene zu entwaffnen.

Eingebracht hat das Thema Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). In seinem Bundesland schoss Ende August 2016 ein sogenannter Reichsbürger während der Räumung seines Hofes um sich. Zwei SEK-Beamte wurden verletzt. Jetzt steht der Mann wegen versuchten Mordes und Verstoßes gegen das Waffengesetz in Halle vor Gericht. Die meisten Waffen besaß er ganz legal, er hatte einen kleinen Waffenschein. Nur wenige Wochen später schoss ein Reichsbürger im bayerischen Georgensmünd während einer Hausdurchsuchung auf Polizisten. Vier Beamte wurden verletzt, einer von ihnen tödlich. Auch hier war der Schütze legaler Waffenbesitzer.

Stahlknecht fordert, dass zukünftig der Verfassungsschutz seine Informationen an die Waffenbehörden weitergeben muss. Bei Verdachtsfällen soll es dann eine „Tiefenprüfung“ der Person geben, die zum Ergebnis haben kann, dass die Waffen eingezogen werden oder die Erlaubnis gar nicht erst erteilt wird. Die Innenminister der SPD-geführten Bundesländer wollen am liebsten Rechtsextremen grundsätzlich den Waffenschein entziehen. Die CDU hingegen setzt auf individuelle Einzelfallprüfungen.

Die Landesbehörden können den Waffenschein einziehen, wenn die Besitzer „unzuverlässig“ sind. Nach dem Waffengesetz (§ 5 Abs. 2 Nr. 3) gelten Personen als waffenrechtlich unzuverlässig, wenn sie in den vergangenen fünf Jahren rechtsextremistische Bestrebungen aktiv unterstützt haben. Umgesetzt wird diese Regelung bislang aber kaum. Selbst Personen, die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen, müssen ihre Waffen nicht abgeben.

Die 28 steht für das verbotene Nazi-Netzwerk „Blood and Honour“ © Sören Kohlhuber

Szene-Kenner beobachten schon länger eine Radikalisierung und zunehmende Bewaffnung der Szene. Tatsächlich steigen die Zahlen. Waren es 2014 noch 400 Rechtsextreme mit Waffenschein, stieg die Zahl bis 2016 fast auf das Doppelte. Gleichzeitig nehmen Angriffe auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte mit Schusswaffen zu. 2015 gab es nur 30 Angriffe, 2016 waren es schon 79. Auch Parteibüros und alternative Jugendzentren werden immer häufiger mit Schusswaffen attackiert. Zwölfmal sollen zudem, laut der Bundesregierung, allein im vergangenen Jahr Rechtsextreme zu Schießtrainings ins Ausland gefahren sein. Auch Recherchen von ZEIT ONLINE haben gezeigt, wie viele Bundesbürger sich bei einem rechtsextremen Versandhändler im Ausland verbotene Hartgummi-Schusswaffen kaufen.

 

Erst vor wenigen Wochen durchsuchten 120 Polizisten in München elf Wohnungen von zehn Personen der Bayerischen Schießsportgruppe München. Grund dafür war ein Ermittlungsverfahren der Generalbundesanwaltschaft wegen des Verdachts der Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung. „Wir haben die Sorge, dass die Bayerische Schießsportgruppe München die verfassungsfeindlichen Ziele von Pegida München kämpferisch aggressiv verwirklichen will“, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann.

Die Innenministerkonferenz hofft, solche Vorfälle in Zukunft durch strengere Regeln zu verhindern. Unterstützung erhalten die Landesminister von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), der bereits eine Verschärfung des Waffenrechts ankündigte.

Kritik kommt von der Linkspartei. „Ausgerechnet der Verfassungsschutz, der fern jeder demokratischen Kontrolle kriminelle Neonazis führt und bei deren Bewaffnung zugesehen hat, soll nun darüber entscheiden, wer eine Waffe tragen darf“, sagt die Bundestagsabgeordnete Martina Renner. „Richtig ist: Wir brauchen eine konsequente Anwendung des Waffenrechts und dazu motivierte Vollzugsbehörden. Richtig ist aber auch: Wir brauchen weniger Verfassungsschutz.“

Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei befürwortet den Vorstoß in der Innenministerkonferenz. „Wenn man Hinweise darauf hat, dass jemand rechtsextrem oder Reichsbürger ist und damit möglicherweise nicht zuverlässig, dann muss der Behörde diese Information auch vorliegen.“ Wer als gewaltbereit auffällt, dürfe grundsätzlich keinen Waffenschein bekommen.