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Neonazi-Gruppe „Kollektiv Nordharz“ löst sich auf

 

Kundgebung des „Kollektiv Nordharz“ am 12.8.2017 in Goslar. Foto: David Janzen

Am 2. Juni 2018 soll im niedersächsischen Goslar der diesjährige bundesweite Naziaufmarsch „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ) stattfinden. Vor wenigen Tagen hat nun die organisierende Struktur vor Ort, das „Kollektiv Nordharz“, seine Auflösung bekanntgegeben. Kurz danach gründeten Aktivisten einen „Großkreisverband Süd-Ost-Niedersachsen“ der Partei Die Rechte.

„Hiermit geben wir, das Kollektiv Nordharz, unsere Auflösung bekannt“. Diese kurze Ankündigung erschien Ende letzter Woche auf der Homepage des erst Anfang 2017 gegründeten „Kollektiv Nordharz“. Die Gruppe orientierte sich im militanten Habitus und in ihrer „revolutionär-antikapitalistischen“ Rhetorik am bundesweiten Netzwerk des „Antikapitalistischen Kollektiv“. Dem „Kollektiv Nordharz“ gehörten ca. ein Dutzend Neonazis aus der niedersächsischen Harzregion an. Nur kurz nach der Bekanntgabe der Auflösung der Gruppe verkündete die Partei „Die Rechte“, dass am Samstag, den 6. Januar, in Bad Harzburg ein „Großkreisverband Süd-Ost Niedersachsen“ gegründet worden sei, der bis auf den Landkreis Hildesheim die gesamte Region zwischen Harz und Heide, Hannover und der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt umfasse.

„Tag der deutschen Zukunft“ 2017 in Karlsruhe © Christian Martischius

Taktische Umstrukturierung

Zu den Mitbegründern des „Großkreisverbandes“ gehören vor allem auch Aktivisten des kurz zuvor aufgelösten „Kollektiv Nordharz“. So sind auf einem von der Partei veröffentlichen Bild sowohl Joost N. als auch Ulf R. zu sehen, die beide zuletzt als Teil des „Kollektiv Nordharz“ in Erscheinung traten. Zwar gab es in den letzten Wochen auch immer wieder Gerüchte über interne Streitereien und Querelen innerhalb des „Kollektiv Nordharz“, die Auflösung der Gruppe dürfte aber eher aus taktischen Überlegungen erfolgt sein. Offensichtlich befürchteten die Aktivisten ein mögliches Verbot ihrer Gruppe und versuchen nun durch die Verlagerung ihrer Aktivitäten in die Partei Die Rechte den rechtlichen Schutzmantel des Parteienstatus zu nutzen – dies auch in Hinblick auf die Durchführung des „Tag der deutschen Zukunft“ am 2. Juni in Goslar. Bereits in den Jahren zuvor, in Dortmund und Karlsruhe, erfolgte die Organisation des TDDZ, der ursprünglich als Projekt „Freier Nationalisten“ um den Hildesheimer Neonazi Dieter Riefling entstanden war, maßgeblich durch Funktionäre der Partei. Und auch der neugegründete „Großkreisverband“ bewirbt auf seiner Facebook-Seite den TDDZ. So wird dort auch eine Infoveranstaltung mit „musikalischen Begleitprogramm“ und einer Rede von Dieter Riefling über „10 Jahre TDDZ“ für 3. Februar in Sachsen-Anhalt angekündigt. Die Veranstaltung sollte ursprünglich bereits im August im Anschluß an eine Kundgebung in Goslar im nahegelegenen Bad Harzburg stattfinden, wo das „Kollektiv Nordharz“ eine Lagerhalle als Treffpunkt nutzte. Allerdings untersagten die Behörden eine entsprechende Nutzung der Halle im Gewerbegebiet Bündheim. An der Kundgebung nahmen statt der angemeldeten 100 Personen nur ca. 35 Neonazis teil. Da Dieter Riefling von der Versammlungsbehörde untersagt wurde, eine Rede zu halten, hielten die Neonazis im Anschluss weitere Protestkundgebung in Vienenburg und Wolfenbüttel ab. In Wolfenbüttel erteilte ihnen die Polizei dann ein Versammlungsverbot für ganz Niedersachsen.

Brachliegende Parteistrukturen

Mit der Gründung des „Großkreisverbandes Süd-Ost Niedersachsen“ versucht die Partei Die Rechte ihre zuletzt brachliegenden Strukturen in Niedersachsen wieder aufzubauen. Der Landesverband, der zuvor aus 40-50 Mitgliedern bestand, war in den letzten Monaten weitgehend inaktiv gewesen. Der Kreisverband „Braunschweiger Land“ hatte sich 2015 aufgelöst, nachdem die Frau des dortigen Kreisvorsitzenden, die außerdem Schatzmeisterin im Bundesvorstand war, mit dem Vorwurf der Veruntreuung von Parteigeldern ausgeschlossen wurde und ihr Mann kurze Zeit später öffentlich seinen Austritt aus der rechten Szene erklärte. Im Hildesheimer Kreisverband führten interne Streitigkeiten Ende 2015 zum Austritt des Kreisvorsitzenden in dessen Folge es auch hier zum erliegen der Parteiarbeit kam. Zuletzt waren nur noch vereinzelte Aktivitäten des Kreisverbandes Verden festzustellen.