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Holocaust-Leugnerin Haverbeck vor Festnahme

 

Ursula Haverbeck, hier bei einem Gerichtstermin im November 2017 vor dem Landgericht Detmold © Bernd Thissen/dpa

Sie gilt als bekannteste Holocaust-Leugnerin Deutschlands – und steht nun kurz vor der Festnahme: Ursula Haverbeck ist trotz Haft-Urteils nicht im Gefängnis erschienen.

Von Roland Kaufhold

Auch Urteile konnten sie nicht hindern, öffentlich die Verbrechen des Dritten Reichs zu leugnen: Immer wieder hat die 89-jährige Ursula Haverbeck öffentlich den organisierten deutschen Völkermord bestritten. „In Auschwitz hat es keine Vergasungen gegeben. Auschwitz war kein Vernichtungslager“, sagte sie etwa dem NDR-Magazin Panorama.

Zuletzt wurde im Februar dieses Jahres ein Urteil gegen sie rechtskräftig: zwei Jahre Haft ohne Bewährung. Zum Antritt der Strafe sollte sie sich selbst stellen. Doch die Frist zur Meldung bei der JVA Bielefeld-Senne am 2. Mai ließ sie verstreichen. Wie das Westfalen-Blatt berichtet, soll sie nun zur Fahndung ausgeschrieben werden.

Eine lange nationalsozialistische Karriere

Das Urteil hatte bereits im August 2017 das Landgericht Verden gefällt. Im Februar wurde es vom Oberlandsgericht Celle bestätigt. Die 1928 geborene Haverbeck spekulierte offenbar darauf, dass sie wegen ihres Alters nicht mehr in den Strafvollzug muss – und intensivierte ihre öffentlichen Leugnungen in den vergangenen Monaten sogar noch.

Haverbeck, Ehefrau des 1999 verstorbenen rechtsextremen Priesters und Publizisten Werner Georg Haverbeck, blickt auf eine lange rechtsextreme und geschichtsleugnende Karriere zurück: 1963 gründete sie mit ihrem Ehemann das Collegium Humanum. Dieses wurde unter ihrer Leitung zu einem Zentrum des völkischen Nationalismus, 2008 wurde es aufgrund „fortgesetzter Leugnung des Holocaust“ vom damaligen Innenminister Schäuble verboten. Auch war Haverbeck stellvertretende Leiterin des 2008 als verfassungsfeindlich verbotenen Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten.

Immer wieder Urteile

Haverbeck wurde vielfach wegen Shoahleugnung, Volksverhetzung und vergleichbarer Delikte verurteilt, so erstmals 2004 vom Landgericht Bad Oeynhausen. Ausdruck ihrer antisemitischen Einstellung dürfte ihre 2014 eingereichte Anzeige gegen den Zentralrat der Juden wegen „Verfolgung Unschuldiger“ sein.

Je öfter sie angeklagt und verurteilt wurde, desto stärker wurde sie in den vergangenen Monaten zum Märtyrer der deutschen Leugner aus dem Umfeld von NPD und der rechtsextremen Partei Die Rechte. Auf den Gerichtsfluren sowie bei öffentlichen Auftritten wurde sie enthusiastisch mit Blumen und Beifall von Dutzenden von Anhängern gefeiert.

Eine Karriere bei Die Rechte

Viele der Prozesse riefen Empörung hervor. Es entstand der Eindruck, dass die Justiz kein sonderliches Interesse an einer Inhaftierung der vitalen 89-Jährigen habe. Nach einem Urteil des Landgerichts Hamburg über zehn Monate auf Bewährung vom November 2015 schleppte sich ein Revisionsverfahren über zwei Jahre hin.

Haverbeck bezeichnete sich in mehreren Videointerviews mit Rechtsradikalen immer wieder als haftunfähig. Für ihre politische Arbeit blieb aber offenbar noch genug Energie: Anfang April ließ sie sich zur Spitzenkandidatin von Die Rechte wählen. Sie reiste auch nach Dortmund und hielt dort eine mehrminütige Rede. Von „gesundheitlichen Beeinträchtigungen“ war bei ihr nichts zu erkennen.

Wie krank ist Haverbeck wirklich?

Am 25. April schickte der Grünen-Politiker Volker Beck daraufhin ein Schreiben an die Staatsanwaltschaft Verden, in dem er sich beschwerte, dass Haverbeck rechtsstaatliche Verfahren „vorsätzlich missbrauche“. Beigefügt waren Dokumente, die ihre Rednertätigkeit belegen. Ihre bundesweite öffentliche Vortragstätigkeit zeige, dass Haverbeck „bei klarem Verstand“ und für ihr Alter „in außergewöhnlich guter körperlicher Konstitution“ sei.

Am 30. April, zwei Tage vor dem Ablauf der Gefängnis-Frist, kam erneut ein Lebenszeichen der Verurteilten: Zwei Mitglieder von Die Rechte veröffentlichten ein auf einem Friedhof aufgenommenes Interview mit Haverbeck, in dem sich diese triumphierend als ein Opfer einer Kampagne darstellt.