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Das Arbeitsministerium entschuldigt sich. Nicht.

 

 

Sorry seems to be the hardest word. Stimmt nicht, für Entschuldigungen ist es nie zu spät. Das ist zumindest der Eindruck den eine Kampagne erweckt, die folgendermaßen überschrieben ist: „Deutschland sagt Sorry!“.

Natürlich stehen Bundesregierung und das Ministerium von Andrea Nahles in Wahrheit weiter zur Agenda 2010. Der Clip stammt vom Künstlerkollektiv Peng!, das offenbar der Meinung ist, dass sich das Arbeitsministerium dringend entschuldigen müsse. Das Ergebnis: Die Kampagnen-Website, die auf den ersten Blick (Startseite) und auch auf den zweiten Blick (Impressum) so aussieht, als stamme sie wirklich aus dem Haus von Andrea Nahles. Erst der dritte Blick ins Internetregister verrät die wahren Betreiber der Satire.

Das Sorry soll jenen gelten, die durch die Agenda 2010 benachteiligt wurden, sagt im dazugehörigen Video ein Mann, der Regierungssprecher Steffen Seibert verdächtig ähnlich sieht. Er meint damit zum Beispiel Hartz-IV-Empfänger, Menschen mit Erwerbsminderung oder Arbeitslose, die von den Jobcentern streng sanktioniert werden. Sogar Bundespräsident Joachim Gauck findet demnach die Initiative angeblich toll: „Visionäre und nachhaltige Politik braucht Debatte und Reflexion. Das Benennen und Austarieren von Missständen gehört dazu. Deshalb begrüße ich diese Initiative sehr und freue mich, dass soziale Politik in Deutschland nicht bloß eine Floskel ist.“

Das Bundesarbeitsministerium ist not amused. Natürlich sei das BMAS der Auffassung, dass Satire Teil des Rechts auf freie Meinungsäußerung sei, sagte ein Sprecher ZEIT ONLINE. Allerdings: „Wir sind aber auch der Auffassung, dass Satire als solche erkennbar sein sollte.“ Die Website nutze das Logo, das Corporate Design und auch das Impressum des Ministeriums. Deshalb seien die Betreiber der Website gebeten worden, „das Impressum zu ändern und erkennbar zu machen, dass es sich um Satire handelt.“

Man lasse die Bitte durch einen Anwalt prüfen, sagt Lia Rea, Sprecherin von Peng! Aber man habe auch anderes zu tun. Viele Leuten würden anrufen, die das alles witzig und vor allem richtig finden. Denn nur spaßig ist das Sorry nicht: Die Geschichten von Betroffenen auf der Website beruhen auf echten Fällen. „Wir bekommen jetzt auch viele Nachrichten von Leuten, die uns ebenfalls ihre Situation schildern wollen“, sagt Lia. Sie sieht die Aktion auch als Plattform gegen das soziale Vergessen.

Die Satire-Initiative, die in Kooperation mit dem Schauspielhaus Dortmund arbeitet, wird übrigens von der Kulturstiftung des Bundes gefördert. Der Bund fördert damit die Kritik an seiner eigenen Arbeit.


Update: Inzwischen haben die Künstler das Impressum der Webseite geändert und geben sich zu erkennen.