Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Wie eine Asiatin am Münchner S-Bahn-System verzweifelt

 

Das System des öffentlichen Nahverkehrs in München ist schon für Deutsche schwer zu verstehen. (Tarifringe, die nur für Zeitkarten gelten – unsere Münchner Leser wissen schon…) Aber wie muss das erst für eine junge asiatische Frau sein, die wahrscheinlich zum ersten Mal in Deutschland ist und die Sprache nicht gut spricht? Wie soll sie verstehen, dass in München zwei verschiedene Typen von Fahrkartenautomaten gibt? Den der Deutschen Bahn, der bereits entwertete Fahrkarten ausspuckt – und den der regionalen Gesellschaft MVG, dessen Tickets noch abgestempelt werden müssen. Dieser Systemirrsinn führte nun zu einem bemerkenswerten Vorfall, den der Münchner Journalist Michael Praetorius in einem Live-Video auf Facebook erzählt.

Praetorius‘ Version geht folgendermaßen: Er fuhr am Mittwochnachmittag mit der Flughafenlinie S8 von Ismaning nach München. Ebenfalls im Zug war eine junge Chinesin, die am Airport – offenbar mit Hilfe umstehender Passanten (das komplizierte Tarifsystem, Sie wissen Bescheid…) – für 12,40 Euro ordnungsgemäß eine Tageskarte gelöst hatte. Allerdings wohl am Automaten der MVG, dessen Tickets, genau, entwertet werden müssen. Das wusste die junge Frau aber offenbar nicht.

Für den Kontrolleur, der wenig später zustieg, war sie also eine Schwarzfahrerin. Eine Schwarzfahrerin ohne Bargeld, wohlgemerkt, mit einem chinesischen Pass. Das heißt: 60 Euro Strafe. Außerdem müsse er sie zur „Po-li-zei“ bringen, sagte der Kontrolleur Praetorius zufolge – und den Ausweis müsse er auch einbehalten. Die Frau verstand immer noch nicht, was sie falsch gemacht hatte, und fing an zu weinen, erzählt der Journalist im Clip.

Michael Praetorius versucht, die Situation per Twitter zu klären und wendet sich an die Bahn – ohne Erfolg.

Am Ende, so erzählt der Journalist, habe er an einem Geldautomat am Ostbahnhof Geld abgehoben und die 60 Euro für die Frau bezahlt. Doch das seiner Meinung nach höchst einschüchternde Verhalten des Kontrolleurs macht ihn noch immer wütend. Die S-Bahn München solle sich „in Grund und Boden schämen“, findet Praetorius – und vor allem: Sie solle sich entschuldigen. Das Video wurde auf Facebook mittlerweile fast 100.000 Mal angeschaut und mehr als 1.500 Mal geteilt.

Die Bahn hat inzwischen reagiert. Tickets müssten vor Fahrtantritt entwertet werden, schreibt das Unternehmen. Da dies nicht geschehen sei, habe der Kontrolleur die Personalien der Frau aufnehmen wollen. „Vermutlich kam es aufgrund von Verständigungsproblemen dann zu einem Missverständnis zwischen der Reisenden und dem Fahrkartenkontrolleur“, heißt es in der Stellungnahme weiter. „Wir bedauern es sehr, dass die junge Reisende in eine solch unangenehme Situation geraten ist.“ Bei der jungen Frau möchte sich die S-Bahn München persönlich entschuldigen.

Mehr Teilchen? Hier entlang.