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Menschheitsgeschichte: sechs Minuten – Welterobern: 20 Sekunden

 

 

Moment, diese Kurve hat man schon mal gesehen! Achte Klasse, Biologieunterricht, auf dem Plan steht alles, was keinen Zellkern hat. Latenzphase, exponentielle Phase, stationäre Phase. Bazillen, sagt das Schulbuch, vermehren sich schneller, als man gucken kann. Nur handelt dieses Video vom American Museum of Natural History (AMNH) nicht vom Klassiker E. Coli, sondern vom Menschen. Genauer: vom Wachstum der menschlichen Bevölkerung.

Der Bevölkerungsbalken kriecht erst mal unglaublich lange vor sich hin. Latenz bis zum Anschlag. Als Rom die Antike Welt dominierte, leben weniger Menschen auf dem Planeten als heute in Brasilien. Kein Wunder, dass Cicero weltberühmt wurde! Der hatte ja auch keine Konkurrenz! Großbritannien ist noch lange eine Bevölkerungswüste, erst um 900 ploppt der erste Dot auf: Die erste Million ist geschafft.

Doch mit dem Mittelalter durchbricht seichtes Knattern die sanfte New-Age-Hintergrundmusik. Ein Geigerzähler? Sehr subtil. Das Knacksen ertönt pro Bevölkerungspunkt, der auf der Weltkarte aufploppt. Als der schwarze Tod über die Landkarte zieht, geht das erste und einzige Mal die Zahl der Menschen auf der Erde signifikant zurück. Selbst die Weltkriege vermochten nicht am Homo Sapiens zu rütteln.

Denn seit der industriellen Revolution befindet sich die Kurve in der exponentiellen Phase und das Geigerzählerknacksen wird zum Dauerrauschen. Gleichzeitig verfärbt sich die Weltkarte gelb. Die Menschheit hat die Erde endgültig erobert. 200.000 Jahre brauchte sie für eine Milliarde Erdenbewohner, doch nur 200 Jahre für die restlichen sechs.


Das AMNH stoppt im Heute, wagt einen Ausblick und setzt auf die stationäre Phase. Das bedeutet Sättigung, die Population verbraucht so viel wie sie produziert, das ideale Gleichgewicht. In Mittelerde läge das eventuell woanders, denn da ist der Sauerstoffgehalt höher, die Ressourcen andere. Was mit Populationen passiert, die ihre Ressourcen aufbrauchen, weiß wiederum das Schulbuch: Absterbephase, Bevölkerungsrückgang. Bleibt zu hoffen, dass der Mensch – da er ja weiß, wo er ist – sich schlauer verhält, als das Bakterium.