Lesezeichen
‹ Alle Einträge

„Dann verlieren wir alle“

 

 

Für Meryl Streep ist es eigentlich schon fast Routine, einen Preis entgegenzunehmen und sich dafür zu bedanken. Niemand wurde häufiger für einen Oscar nominiert, insgesamt drei Mal erhielt sie die Auszeichnung. Acht Mal bekam die 67-Jährige einen Golden Globe. Als Streep bei der diesjährigen Golden-Globe-Verleihung mit dem Cecil-B.-Demille-Preis für ihr Lebenswerk geehrt wurde, war es aber alles andere als Routine.

Zu Beginn ihrer Rede entschuldigte Streep sich für ihre angeschlagene Stimme, es habe viel zu diskutieren gegeben. Auch ihren Verstand habe sie verloren, schob sie hinterher, und das schon seit einer Weile. Den Grund dafür sprach sie nicht explizit aus, aber ließ schnell klar werden: Es geht um die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten.

Hollywood sei voll von Außenseitern und Ausländern, sagte Streep, und zählte auf, woher einige der anwesenden Stars kommen. „Wenn wir sie alle aus dem Land werfen, gibt es für uns nichts mehr zu sehen außer Football und Kampfkunst – was nicht die Kunst ist.“

Die eindrücklichste Szene dieses Jahr sei für sie nicht in einem Film gewesen, sondern als Trump in einer Wahlkampfrede die Bewegungen eines körperlich Behinderten nachäffte, sagte Streep, inzwischen den Tränen nahe. Sie könne das nicht aus dem Kopf bekommen, weil es kein Film, sondern Realität war. Im Saal war es mittlerweile still geworden. „Dieser Instinkt, andere zu demütigen, zieht sich in den Alltag von uns allen“, sagte Streep. „Respektlosigkeit lädt zu Respektlosigkeit ein, Gewalt animiert zu Gewalt.“

„Wenn die Mächtigen ihre Position benutzen, um andere zu tyrannisieren, dann verlieren wir alle“, warnte Streep. Sie rief dazu auf, dem etwas entgegenzusetzen und sich einzusetzen – und damit aus der Routine auszubrechen.


Donald Trump reagierte umgehend auf die Kritik: Meryl Streep sei eine der am meisten überschätzten Schauspielerinnen, schrieb er bei Twitter. Und sie sei eine Clinton-Hofschranze. Der designierte US-Präsident wies den Vorwurf zurück, sich über die Behinderung eines Reporters lustig gemacht zu haben.